Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 3 Kr 74/89
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 35/02 R
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sind in einem Rechtsstreit Regelungen des Gemeinschaftsrechts entscheidungserheblich die bereits Gegenstand eines laufenden Vorlageverfahrens nach Art 234 EG sind kann der Rechtsstreit in entsprechender Anwendung von § 114 SGG ausgesetzt werden ohne dass es einer weiteren Vorlage bedarf.
Das Revisionsverfahren wird in entsprechender Anwendung des § 114 Abs 2 SGG bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den verbundenen Rechtssachen C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01 ausgesetzt.
Gründe:
Die von den Klägern geforderte Endentscheidung in der Sache ist dem Bundessozialgericht derzeit durch Art 234 Abs 3 EG-Vertrag (EGVtr) verwehrt. Danach ist ein letztinstanzliches nationales Gericht nicht befugt, Zweifelsfragen in der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, von deren Beantwortung die Entscheidung abhängt, selbst zu entscheiden. Die verbindliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist vielmehr dem EuGH vorbehalten. Er ist insoweit der gesetzliche Richter iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) (vgl BVerfGE 73, 339; 75, 223). Zu einer eigenen Entscheidung ist das nationale Gericht nur befugt, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81 - EuGHE 1982 S 3415, 3431 f.; BVerfG, Beschluss vom 9. November 1987 - 2 BvR 808/82 - NJW 1988 S 1456).
Im vorliegenden Verfahren ist die nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilende Frage, ob die Festsetzung von Festbeträgen nach den Vorschriften des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere mit dem EGVtr, vereinbar ist, entscheidungserheblich. Dies hat der erkennende Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 GG vom 14. Juni 1995 deutlich gemacht. Nach dem Ausgang des Vorlageverfahrens nach Art 100 GG vor dem BVerfG hat sich an dieser Einschätzung nichts geändert. Zu dieser Frage liegt eine Entscheidung des EuGH bislang nicht vor. Die Antwort auf die Frage ist auch nicht offenkundig. Schon die Tatsache, dass diese Frage Gegenstand einer vom Bundesgerichtshof (BGH) initiierten Vorlage nach Art 234 EGVtr ist, deren Ergebnis nicht vorauszusehen ist, macht deutlich, dass eine zweifelsfreie Prognose, die für eine Entscheidung durch den Senat erforderlich wäre, zurzeit nicht gestellt werden kann.
Im Regelfall verpflichtet Art 234 Abs 3 EGVtr das nationale Gericht, den EuGH zur Klärung einer entscheidungserheblichen und zweifelhaften Frage des Gemeinschaftsrechts anzurufen. In diesem Falle ist der Rechtsstreit jedoch ohne Vorlage an den Gerichtshof in entsprechender Anwendung des § 114 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszusetzen. Im Einklang mit der Praxis anderer oberster Bundesgerichte (vgl BVerwGE 112, 166 = NVwZ 2001, 319; BFH, Beschluss vom 14. Oktober 1998 - VII R 56/97 - BFH/NV 1999, 840 zu § 74 FGO; BAG, Urteil vom 24. September 1996 - 3 AZR 698/95 - nicht veröffentlicht, mwN zu § 148 ZPO; vgl auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 408/97 - MDR 1999, 670, BGHR ZPO § 148 - EuGH-Verfahren 1) hält es der Senat unter den hier gegebenen Umständen für zulässig und sachgerecht, den Rechtsstreit auszusetzen, ohne zugleich eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs einzuholen, weil die im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen bereits Gegenstand des beim EuGH anhängigen Verfahrens sind. Die erneute Anrufung in einem Vorlageverfahren würde zum einen den Gerichtshof zusätzlich belasten, ohne dass davon irgendein zusätzlicher Erkenntniswert zu erwarten wäre; weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht verlässt das vorliegende Verfahren den Rahmen, der Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens ist. Zum anderen bestünde die Gefahr, dass sich durch ein weiteres Vorlageverfahren die Beantwortung der entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen sogar noch hinauszögern könnte. Unter diesen Umständen verbietet der Grundsatz der Prozessökonomie im jetzigen Zeitpunkt die Anrufung des EuGH durch den Senat.
Unter diesen Voraussetzungen können die Kläger eine Entscheidung des Senats zurzeit auch nicht unter Berufung auf ihren Justizgewährungsanspruch durchsetzen. Im Übrigen ist mit einer erheblichen Verzögerung nicht zu rechnen, weil in dem in Bezug genommenen Verfahren vor dem EuGH bereits die mündliche Verhandlung stattgefunden hat und in absehbarer Zeit mit einem Abschluss des Verfahrens gerechnet werden kann.
Gründe:
Die von den Klägern geforderte Endentscheidung in der Sache ist dem Bundessozialgericht derzeit durch Art 234 Abs 3 EG-Vertrag (EGVtr) verwehrt. Danach ist ein letztinstanzliches nationales Gericht nicht befugt, Zweifelsfragen in der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, von deren Beantwortung die Entscheidung abhängt, selbst zu entscheiden. Die verbindliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist vielmehr dem EuGH vorbehalten. Er ist insoweit der gesetzliche Richter iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) (vgl BVerfGE 73, 339; 75, 223). Zu einer eigenen Entscheidung ist das nationale Gericht nur befugt, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81 - EuGHE 1982 S 3415, 3431 f.; BVerfG, Beschluss vom 9. November 1987 - 2 BvR 808/82 - NJW 1988 S 1456).
Im vorliegenden Verfahren ist die nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilende Frage, ob die Festsetzung von Festbeträgen nach den Vorschriften des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere mit dem EGVtr, vereinbar ist, entscheidungserheblich. Dies hat der erkennende Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 GG vom 14. Juni 1995 deutlich gemacht. Nach dem Ausgang des Vorlageverfahrens nach Art 100 GG vor dem BVerfG hat sich an dieser Einschätzung nichts geändert. Zu dieser Frage liegt eine Entscheidung des EuGH bislang nicht vor. Die Antwort auf die Frage ist auch nicht offenkundig. Schon die Tatsache, dass diese Frage Gegenstand einer vom Bundesgerichtshof (BGH) initiierten Vorlage nach Art 234 EGVtr ist, deren Ergebnis nicht vorauszusehen ist, macht deutlich, dass eine zweifelsfreie Prognose, die für eine Entscheidung durch den Senat erforderlich wäre, zurzeit nicht gestellt werden kann.
Im Regelfall verpflichtet Art 234 Abs 3 EGVtr das nationale Gericht, den EuGH zur Klärung einer entscheidungserheblichen und zweifelhaften Frage des Gemeinschaftsrechts anzurufen. In diesem Falle ist der Rechtsstreit jedoch ohne Vorlage an den Gerichtshof in entsprechender Anwendung des § 114 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszusetzen. Im Einklang mit der Praxis anderer oberster Bundesgerichte (vgl BVerwGE 112, 166 = NVwZ 2001, 319; BFH, Beschluss vom 14. Oktober 1998 - VII R 56/97 - BFH/NV 1999, 840 zu § 74 FGO; BAG, Urteil vom 24. September 1996 - 3 AZR 698/95 - nicht veröffentlicht, mwN zu § 148 ZPO; vgl auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 408/97 - MDR 1999, 670, BGHR ZPO § 148 - EuGH-Verfahren 1) hält es der Senat unter den hier gegebenen Umständen für zulässig und sachgerecht, den Rechtsstreit auszusetzen, ohne zugleich eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs einzuholen, weil die im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen bereits Gegenstand des beim EuGH anhängigen Verfahrens sind. Die erneute Anrufung in einem Vorlageverfahren würde zum einen den Gerichtshof zusätzlich belasten, ohne dass davon irgendein zusätzlicher Erkenntniswert zu erwarten wäre; weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht verlässt das vorliegende Verfahren den Rahmen, der Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens ist. Zum anderen bestünde die Gefahr, dass sich durch ein weiteres Vorlageverfahren die Beantwortung der entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen sogar noch hinauszögern könnte. Unter diesen Umständen verbietet der Grundsatz der Prozessökonomie im jetzigen Zeitpunkt die Anrufung des EuGH durch den Senat.
Unter diesen Voraussetzungen können die Kläger eine Entscheidung des Senats zurzeit auch nicht unter Berufung auf ihren Justizgewährungsanspruch durchsetzen. Im Übrigen ist mit einer erheblichen Verzögerung nicht zu rechnen, weil in dem in Bezug genommenen Verfahren vor dem EuGH bereits die mündliche Verhandlung stattgefunden hat und in absehbarer Zeit mit einem Abschluss des Verfahrens gerechnet werden kann.
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