Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 15 KR 136/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 31/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei den zeitgeringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV gilt eine monatliche Arbeitsentgeltgrenze, wenn eine Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats beginnt oder endet.
Der Ansatz einer anteiligen Arbeitsentgeltgrenze ist mit Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar.
Der Ansatz einer anteiligen Arbeitsentgeltgrenze ist mit Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar.
Die Berufung der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. bis 36. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Versicherungspflicht von Beschäftigten des Klägers und die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig.
Der Kläger betreibt einen Kräuterhof und beschäftigte im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 beim Vorliegen von Arbeitsspitzen verschiedene Arbeitnehmer als Erntehelfer (Ernten, Sortieren von Pflanzen, Blüten und Wurzeln) und als landwirtschaftliche Aushilfskräfte.
Am 16. und 18. Februar 2009 erfolgte durch die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Nach der Anhörung des Klägers im Rahmen der Schlussbesprechung am 16. Februar 2009 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2009 von dem Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.589,82 EUR nach. Ein Teil der von dem Kläger beschäftigten Arbeitnehmer sei für die aufgeführten Zeiträume als versicherungspflichtig einzustufen, da diese in den Beschäftigungszeiträumen Entgeltersatzleistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezogen oder bei dieser als arbeitssuchend oder als ausbildungssuchend gemeldet gewesen seien (berufsmäßige Beschäftigung) und das erzielte Entgelt die anteilige Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe. Dies betraf die nachfolgend benannten Arbeitnehmer und Beschäftigungszeiträume (Tabelle 1):
Name Zeitraum
D., D. 22.04. - 30.04.2005; 02.05. - 10.05.2005
01.06. - 10.06.2005; 04.07.-25.07.2005
01.08.-08.08.2005
U., U. 23.09.-30.09.2005; 22.04.-27.04.2006
02.05.-09.05.2006; 21.06.-26.06.2006
01.07.-11.07.2006; 08.08. - 10.08.2006
21.09.- 17.10.2006; 15.05.-29.05.2007
15.06.-25.06.2007; 06.07,-10.07.2007
10.08.-15.08.2007; 14.09.-18.09.2007
10.10.-18.10.2007; 02.11.-06.11.2007
25.04. - 30.04.2008; 23.05.-28.05.2008
20.06.-25.06.2008; 03.07.-07.07.2008
22.08. - 27.08.2008
H., H. 24.06. - 28.06.2005; 01.08. - 15.08.2005
R., R. 22.07. - 30.07.2005; 24.07. - 30.07.2006
S., S. 01.06. - 10.06.2005; 04.07.-25.07.2005
01.08.-08.08.2005
F., O. 20.04. - 26.04.2005; 02.05.-10.05.2005
01.06. - 10.06.2005; 04.07. - 25.07.2005
01.08.-08.08.2005; 23.09, - 30.09.2005
04.10.-12.10.2005; 21.04.-10.05.2006
12.06.-21.06.2006; 15.07.-08.08.2006
01.10.-11.10.2006; 20.04.-09.05.2007
04.06.-14.06.2007
E., E. 19.06. - 21.06.2006 ; 24.07. - 24.07.2006
L., L. 24.06. - 26.06.2006; 01.07. - 03.07.2006
02.05. - 07.05.2007; 22.06. - 25.06.2007
15.07. - 18.07.2007; 28.08. - 31.08.2007
27.09. - 29.09.2007; 01.10. - 04.10.2007
25.04. - 29.04.2008; 02.05. - 05.05.2008
M., M. 08.07. - 07.08.2007
G., G. 02.06. - 12.06.2007; 10.08. - 14.08.2007
02.05.-15.05.2008
F., F. 09.07. - 20.07.2007; 01.08. - 10.08.2007
C., C. 09.07. - 08.08.2007; 22.05. - 31.05.2008
01.06. - 11.06.2008; 17.07.-28.07.2008
T., T. 17.06.-23.06.2006; 07.07. - 11.07.2006
04.08. - 08.08.2006
V., V. 21.07. - 29.07.2006; 03.08. - 08.08.2006
K., K. 12.06. - 14.06.2006; 30.06. - 30.06.2007
06.07. - 07.07.2007
P., P. 18.06. - 23.06.2006; 24.07. - 25.07.2006
I., I. 03.08. - 08.08.2006
W., W. 22.06.-23.06.2006
Q., Q. 14.07.- 18.07.2006; 04.08. - 08.08.2006
01.10.-06.10.2006; 03.11.-06.11.2006
01.12.-04.12.2006; 26.04. - 30.04.2007
02.05.-07.05.2007; 15.06.-18.06.2007
21.07.-23.07.2007; 17.08.-20.08.2007
21.09.-24.09.2007; 13.10.-17.10.2007
02.11.-05.11.2007; 27.04. - 30.04.2008
02.05. - 06.05.2008; 26.06. - 30.06.2008
03.07. - 07.07.2008; 22.08.-26.08.2008
19.09.-22.09.2008; 27.10.-29.10.2008
01.11.-03.11.2008
X., X. 08.07. - 24.07.2006; 04.08. - 14.08.2006
14.09. - 23.09.2006; 14.10. - 23.10.2006
J., J. 15.06.-23.06.2006
Für einen weiteren Teil der von dem Kläger beschäftigten Arbeitnehmer sei für die aufgeführten Zeiträume das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung aufgrund von Berufsmäßigkeit ebenfalls zu verneinen. Da das erzielte Arbeitsentgelt die anteilige Geringfügigkeitsgrenze jedoch nicht überschritten habe, seien geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV mit der Verpflichtung zur Abführung pauschaler Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge festzustellen. Dies betraf die nachfolgend genannten Arbeitnehmer und Beschäftigungszeiträume (Tabelle 2):
Name Zeitraum
H., H. 04.07. - 27.07.2005
L., L. 21.04.-28.04.2006; 02.05. - 10.05.2006
23.09.-10.10.2006
I., I. 12.06. - 29.06.2006; 06.07. - 25.07.2006
R., R. 14.06.-24.06.2006
K., K. 18.07.-30.07.2006
Z. Z. 22.07.-31.07.2006
J., J. 24.07.-07.08.2006
Q., Q. 15.09.-30.09.2006
Q., Y. 12.05.-10.06.2008
G., G. 12.06.-30.06.2008
F., O. 20.07.-31.07.2007
Hiergegen erhob der Kläger am 15. April 2009 Widerspruch. Eine anteilige Geringfügigkeits- oder Verdienstgrenze sei ihm nicht bekannt und ergebe sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut. Zudem führe diese zu systemfremden Ergebnissen. Mit Datum vom 13. Juli 2009 erließ die Beklagte einen Abhilfebescheid, der zu einer Verringerung der Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf 9.760,38 EUR führte. Für die in Tabelle 2 aufgeführten Arbeitnehmer wurde die Nachberechnung von pauschalen Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen aufgehoben. Für die Beschäftigte H., H. erfolgte eine Aufhebung der Nachberechnung von Pflichtbeiträgen für die Zeit vom 1. August bis zum 15. August 2005. Die anteilige Geringfügigkeitsgrenze sei nicht überschritten worden. Dies habe zur Folge, dass Versicherungsfreiheit aufgrund kurzfristiger Beschäftigung und demzufolge Beitragsfreiheit vorgelegen habe. Zudem habe für die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Arbeitsentgelt innerhalb der Gleitzone gelegen habe, eine Neuberechnung der Sozialversicherungsbeiträge in Anwendung der Gleitzonenregelung zu erfolgen. Dies betraf die folgenden Arbeitnehmer und Zeiträume (Tabelle 3):
Name Zeitraum
M., M. 08.07. - 07.08.2007
G., G. 02.06. - 12.06.2007; 02.05. - 15.05.2008
C., C. 09.07. - 08.08.2007
V., V. 21.07. - 29.07.2006; 03.08. - 08.08.2006
T., T. 17.06. - 23.06.2006; 07.07. - 11.07.2006
04.08.-08.08.2006
I., I. 03.08.-08.08.2006
R., R. 24.07. - 30.07.2006
X., X. 08.07. - 24.07.2006; 04.08. - 14.08.2006
14.09. - 23.09.2006; 14.10.-23.10.2006
J., J. 15.06.-23.06.2006
Den von dem Kläger weiter aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 zurück. Übten Personen, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) bezögen oder bei der Agentur für Arbeit für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als arbeitssuchend gemeldet seien, eine Beschäftigung aus, so sei diese als berufsmäßig anzusehen und ohne Rücksicht auf ihre Dauer versicherungspflichtig, es sei denn, dass die (anteilige) Arbeitsentgeltgrenze von 400,00 EUR nicht überschritten werde. Nach den Richtlinien für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Bundesagentur für Arbeit Geringfügigkeitsrichtlinien – vom 24. August 2006 sei in dem Fall, in dem eine Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats beginne oder ende, von einem anteiligen Monatswert auszugehen, der nach der Formel
400,00 EUR x Kalendertage des Beschäftigungsverhältnisses
30 Kalendertage
zu berechnen sei. Insoweit seien nicht die tatsächlichen Arbeitstage, sondern die Kalendertage des Beschäftigungsverhältnisses zu den Kalendertagen eines vollen Kalendermonats ins Verhältnis zu setzen. Eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht könne der Beklagten zudem nicht vorgeworfen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 22. März 2010 Klage bei dem Sozialgericht Gießen erhoben. Die beanstandeten Beschäftigungen der Arbeitnehmer würden zwischen den Beteiligten unstreitig als kurzfristig eingestuft, da entsprechende Rahmenarbeitsverträge bestünden. Dass die Beklagte gleichwohl zu einer Sozialversicherungspflicht für diese komme, sei nicht nachvollziehbar. Ein Überschreiten der im Gesetz genannten Entgeltgrenze von 400,00 EUR im Monat (absolut) liege nicht vor. Eine anteilige Verdienstgrenze nenne das Gesetz nicht. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem von der Beklagten herausgegebenen Informationsmaterial. Der Gesetzgeber habe für die Definition des (zeit-)geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses und der daraus folgenden Versicherungsfreiheit alleine auf die Verdienstgrenze von 400,00 EUR im Monat abgestellt. Die Hochrechnung der Vergütung auf ein fiktives Monatseinkommen bei Teilmonaten widerspreche dem gesetzgeberischen Willen, kurzfristige Aushilfen, die im Rahmen des Saisongeschäfts klassischerweise weniger als einen Monat arbeiteten, sozialversicherungsrechtlich zu privilegieren. Der Gesetzgeber habe gerade keine tägliche Verdienstgrenze eingeführt. Durch den "anteiligen Monatswert" erfolge eine fiktive Hochrechnung, bei der dem Arbeitnehmer abverlangt werde, dass er einen durchschnittlichen Tagesverdienst von 13,33 EUR (400,00 EUR geteilt durch 30 Kalendertage) nicht überschreiten dürfe. Soweit die Beklagte ausführe, dass die neu gefassten Geringfügigkeitsrichtlinien vom 14. Oktober 2009 eine Streichung der anteiligen Verdienstgrenze lediglich für die geringfügig entlohnten Dauerbeschäftigungen, die mitten im Monat begonnen oder beendet würden, vorsehen würden, sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Verdienstgrenzen von § 8 Abs. 1 Nr. 2 zu § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorhanden. Durch die fiktive Berechnung würden Beschäftigte zudem über die Gleitzonenregelung gehoben und so der vollen Sozialversicherungspflicht unterstellt. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Kläger u. a. Auszüge aus den Geringfügigkeitsrichtlinien vom 14. Oktober 2009 vorgelegt. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass eine Versicherungspflicht der betreffenden Arbeitnehmer vorliege, festgehalten. Die Anwendung der anteiligen Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze ergebe sich unmittelbar aus den Geringfügigkeitsrichtlinien. Für den zugrunde liegenden Prüfzeitraum 2005 bis 2008 würden die Geringfügigkeitsrichtlinien vom 25. Februar 2002 (Stand: 1. April 2003) sowie vom 24. August 2006 (Stand: 1. Juli 2006) gelten. Sie sei an die von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung vorgegebenen Anordnungen und Besprechungsergebnisse gebunden. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30. September 2011 dem Verfahren die DAK, die Bundesknappschaft, die AOK Hessen, die AOK Bayern, die BKK Gesundheit, die BEK und die BKK vor Ort notwendig beigeladen und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2011 den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 13. Juli 2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2010 aufgehoben und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass bei den betroffenen Arbeitnehmern keine Versicherungspflicht vorliege. Weitere Ermittlungen zur Frage der Berufsmäßigkeit der Beschäftigungen seien vorliegend entbehrlich, da die Frage der Berufsmäßigkeit nicht streitentscheidend sei. Hinsichtlich aller betroffenen Arbeitnehmer ergebe sich, dass sie die weitere Voraussetzung für das Entfallen einer geringfügigen Beschäftigung wegen Kurzfristigkeit nicht erfüllten. Sie hätten kein monatliches Entgelt erzielt, welches über 400,00 EUR gelegen habe. Die Richtlinien der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger bänden lediglich diese, nicht jedoch die Gerichte. Der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sei eindeutig, indem er bei einem Entgelt von 400,00 EUR und höher im Monat im Falle einer berufsmäßigen Tätigkeit die Geringfügigkeit entfallen lasse. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV regele gerade den Sachverhalt der Ausübung einer Beschäftigung, die nicht regelmäßig in vollständigen Monaten, sondern auf das Kalenderjahr bezogen nur an einzelnen Tagen oder längstens zwei Monate am Stück ausgeübt werde. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb gerade in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV auf eine monatliche Grenze Bezug genommen werden solle, wenn es sich nicht um eine solche handeln solle, da diese dann meist nicht zur Anwendung käme. Die anteilige Entgeltgrenze führe auch zu widersinnigen Ergebnissen, da für die betroffenen Arbeitnehmer des Klägers bei einem Entgelt von z. B. 200,00 EUR volle Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssten. Auf kleine Arbeitsentgelte, die gerade vollständig von einer Verbeitragung befreit sein sollten, würden deutlich höhere Beiträge erhoben, als wenn eine geringfügige Beschäftigung regelmäßig nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausgeübt worden wäre oder ein entsprechender Arbeitsvertrag mit einer Teilzeitbeschäftigung innerhalb der Gleitzone geschlossen worden wäre. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 9.760,38 EUR festgesetzt.
Gegen das der Beigeladenen zu 1. am 30. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat diese am 27. Januar 2012 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Gerügt werde insoweit die unrichtige Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IV in der ab dem 1. April 2003 geltenden Fassung. Entsprechend den Geringfügigkeitsrichtlinien gelte zwar im Fall einer regelmäßigen Beschäftigung die monatliche Entgeltgrenze von 400,00 EUR auch dann, sofern die Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats beginne oder ende. Sei eine Beschäftigung hingegen auf weniger als einen Zeitmonat befristet, müsse von einem anteiligen Monatswert ausgegangen werden. Dies beruhe auch auf einer entsprechenden Anwendung der allgemeinen Beitragsberechnungsgrundsätze in der Sozialversicherung (seit 2006 nach der Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages Beitragsverfahrensverordnung – BVV –). Da die wirtschaftliche Bedeutung entscheidend für die Bewertung der Berufsmäßigkeit sei, widerspreche es der Definition von Berufsmäßigkeit, wenn diese unabhängig von der Dauer der Beschäftigung immer nur bei einem Arbeitsentgelt von mehr als 400,00 EUR im Monat zum Ausschluss einer beitragsfreien kurzfristigen Beschäftigung führe.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass sich auch aus den allgemeinen Beitragsberechnungsgrundsätzen in der Sozialversicherung eine anteilige Entgeltgrenze nicht entnehmen lasse. Die BVV stelle zudem eine Ausgestaltung des § 28n SGB IV dar und solle die Art und Weise der Berechnung eines Gesamtsozialversicherungsbeitrags regeln. Dabei werde vorausgesetzt, dass überhaupt ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzuführen sei, was im vorliegenden Fall aber gerade Streitgegenstand des Verfahrens sei.
Die Berichterstatterin des Senats hat am 27. Juni 2013 einen Erörterungstermin durchgeführt und dem Verfahren mit Beschluss vom 20. September 2013 die betroffenen Arbeitnehmer, die Bundesagentur für Arbeit, die DAK Pflegekassen, die AOK Pflegekassen, die Barmer GEK Pflegekasse und die BKK vor Ort Pflegekasse beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009, abgeändert durch den Bescheid vom 13. Juli 2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2010, aufgehoben. Dieser ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Für die Beigeladenen zu 8. – 29. waren Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2008 nicht nachzufordern. Diese waren bei dem Kläger aufgrund von Zeitgeringfügigkeit versicherungsfrei beschäftigt.
Personen, die im Sinne des § 7 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 SGB IV regelmäßig der Versicherungspflicht der gesetzlichen Sozialversicherung. Spezialgesetzlich folgt dies bezogen auf die einzelnen Zweige der Sozialversicherung aus §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SGB III für den Bereich der Arbeitsförderung, aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) für die gesetzliche Krankenversicherung, aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) für die gesetzliche Rentenversicherung und aus § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 1. Halbsatz Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung.
Die Beschäftigten übten im streitgegenständlichen Zeitraum bei dem Kläger zwar eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV aus. Die Tätigkeiten erfüllten nach ihrer Art sämtliche Merkmale einer nicht selbstständigen Arbeit. Die Beigeladenen zu 8. – 29. waren in den Betrieb des Klägers eingegliedert und unterlagen dessen Weisungsrecht. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Eine Gesamtsozialversicherungspflicht und damit eine Beitragspflicht besteht jedoch dann nicht, wenn ein Beschäftigungsverhältnis nur geringfügig ist (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 Abs. 1 SGB V, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB XI und § 7 Abs. 1 SGB V).
Eine geringfügige Beschäftigung liegt gemäß § 8 Abs. 1 SGB IV in der Fassung des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I, S. 4621) mit Wirkung vom 1. April 2003 vor, wenn
1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt (so genannte Entgeltgeringfügigkeit),
2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahrs auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt (so genannte Zeitgeringfügigkeit).
Die Beschäftigungen der Beigeladenen zu Ziffer 8. – 29. erfüllten im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen der Zeitgeringfügigkeit.
Die Beigeladenen zu 8. – 29. übten bei dem Kläger eine nicht regelmäßige Beschäftigung aus.
Die Geringfügigkeit nach Nr. 1 des § 8 Abs. 1 SGB IV unterscheidet sich von derjenigen nach Nr. 2 der Vorschrift dadurch, dass die Beschäftigung bei Nr. 1 regelmäßig und bei Nr. 2 nur gelegentlich ausgeübt wird (Bundessozialgericht, Urteile vom 11. Mai 1993, 12 RK 23/91; vom 23. Mai 1995, 12 RK 60/93 und vom 16. Februar 1983, 12 RK 23/81 juris -). Regelmäßig ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Beschäftigung, die von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist. Es muss eine hinreichende Vorhersehbarkeit von Dauer und Zeitpunkt der einzelnen Arbeitseinsätze bestehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Einsatz der Beigeladenen zu 8. – 29. diente dem Ausgleich der Auftragsspitzen. Es gab keine bestimmten wiederkehrenden Termine, die zeitlich genau vorhersehbar waren. Der Einsatz erfolgte saisonabhängig in wechselnder Dauer und richtete sich nach den saisonal unterschiedlichen Anforderungen des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers. Dies ergibt sich für den Senat aus den vorliegenden Lohnunterlagen und ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Ausweislich des vorliegenden (Rahmen-)Arbeitsvertrages, der Art der Beschäftigung (Abdecken von Auftragsspitzen), der Zusammenstellung der abgerechneten Stunden und nach den Entgeltabrechnungen handelte es sich auch um zeitgeringfügige Beschäftigungen, die auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegten bzw. im Voraus vertraglich begrenzt waren. Dies ist zwischen den Beteiligten gleichfalls nicht streitig.
Die Versicherungsfreiheit der Beschäftigungen der Beigeladenen zu 8. – 29. ist vorliegend auch nicht durch die weiteren - negativen - Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausgeschlossen. Eine Versicherungsfreiheit kommt nicht in Betracht, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt.
Eine Beschäftigung oder Tätigkeit wird dann berufsmäßig ausgeübt, wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die durch die Arbeitslosmeldung belegte Bereitschaft, eine abhängige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ist zwar ein Indiz für die Berufsmäßigkeit einer Aushilfsbeschäftigung. Diese ist jedoch unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls (ausgeübte Beschäftigung, Erwerbsverhalten, anderweitige Inanspruchnahme der Aushilfskraft, Typisierung des Berufsbildes, gesamte wirtschaftliche Verhältnisse einer Person usw.) zu beurteilen (Bundessozialgericht, Urteil vom 30. November 1978, 12 RK 32/77 und vom 11. Mai 1993, 12 RK 23/91 - juris -).
Ob die von den Beigeladenen zu 8. – 29. ausgeübten Beschäftigungen im Einzelfall als berufsmäßig einzustufen sind, kann vorliegend dahinstehen. Ausweislich des Gesetzeswortlauts "und" handelt es sich bei der Frage der Berufsmäßigkeit und dem Überschreiten der Entgeltgrenze um Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, um eine Versicherungsfreiheit auszuschließen (Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Band I, Stand: März 2013, § 8 Rdnr. 18).
Das Entgelt der Beschäftigungen der Beigeladenen zu 8. – 29. überstieg bereits jeweils nicht die Entgeltgrenze von 400,00 EUR im Monat.
Dass - absolut gesehen - das Arbeitsentgelt der Beigeladenen zu 8. – 29. in den streitgegenständlichen Beschäftigungszeiträumen 400,00 EUR im Monat nicht überstieg, ist angesichts der von der Beklagten dokumentierten Prüfergebnisse zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des monatlichen Arbeitsentgelts unter Zugrundelegung einer anteiligen Arbeitsentgeltgrenze bzw. eines anteiligen Monatswerts ist mit den gesetzlichen Vorschriften nicht vereinbar.
Bereits nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liegt tatbestandlich eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn "die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt". Eine anteilige Arbeitsentgeltgrenze, ein anteiliger Monatswert oder ein Zeitmonat ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Zudem differenziert der Gesetzeswortlaut insoweit systematisch explizit zwischen Kalenderjahr, Monat(en) und Arbeitstagen.
Die Entgeltgrenze für geringfügige Beschäftigungen kann zudem nicht losgelöst von anderen Entgeltgrenzen beurteilt werden. So führt das Bundessozialgericht für den Bereich der so genannten unständigen Beschäftigungen bereits in seiner Entscheidung vom 11. Mai 1993 (12 RK 23/91) aus:
"Nach den oben aufgezeigten gesetzlichen Regeln über die Beitragsbemessung bei unständigen Beschäftigungen ist bei der Prüfung der absoluten Entgeltgrenze das im jeweiligen Monat insgesamt erzielte Entgelt dem jeweiligen monatlichen Grenzbetrag gegenüberzustellen, denn eine Umrechnung auf Tage ist mit den übrigen für diese Art der Beschäftigung geltenden Vorschriften nicht vereinbar. ( ) Dass nach § 445 Abs. 1 RVO (§ 232 Abs. 1 SGB V) die Beitragsbemessung und deren Grenze für unständig Beschäftigte dem Monatsprinzip unterworfen wurden, spricht unter diesen Umständen dafür, auch die Entgeltgrenze in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV bei unständigen Beschäftigten monatsweise zu bestimmen."
Eine Anwendung anderer Vorschriften, die eine anteilige Berechnung für Sozialversicherungstage vorsehen, wie etwa die BVV oder § 123 SGB VI, kommt entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1. nicht in Betracht. Bei der BVV handelt es sich um eine Rechtsverordnung auf der Grundlage der §§ 28n und 28p Abs. 9 SGB IV, die lediglich (vorliegend von Relevanz) die Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages bzw. der Beitragsbemessungsgrenzen regelt. Auch § 123 SGB VI stellt eine reine Berechnungsvorschrift dar, die heranzuziehen ist, wenn es um die Berechnung von Geldbeträgen für einen Teilzeitraum geht (Dankelmann in: jurisPK – SGB VI, 2. Auflage 2013, § 123 SGB VI, Rdnr. 20f; Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Oktober 1996, 8 RKn 19/95 – juris -). Dass eine solche Berechnung zu erfolgen hat, regeln diese Normen gerade nicht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschriften ist lediglich bei dem Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke möglich, die jedoch nach der Auffassung des Senats der Auslegung nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Sinn und Zweck des Gesetzes folgend nicht vorliegt. Ein Gesetz ist nur dann lückenhaft, wenn es angesichts der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers "planwidrig" unvollständig ist, die Gerichte also nur das vom Gesetzgeber versehentlich unterbliebene Regelungsstück einfügen müssen (vgl. zur Regelungslücke Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 354 f).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Zu Sinn und Zweck der Anordnung von Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung finden sich in den Gesetzesmotiven wenige Hinweise (vgl. Begründung im Gesetzentwurf zum SGB IV, BT-Drucksache 7/4122, S. 31 und Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines SGB IV, BT-Drucksache 7/4122, S. 43 jeweils zu § 8 SGB IV). Als Hauptgrund für die Versicherungsfreiheit geringfügig Beschäftigter wird jedoch das Fehlen eines Schutzbedürfnisses dieser Personen angesehen, da die Einkünfte, weil sie geringfügig sind, in der Regel nicht die Existenzgrundlage darstellen, wie andererseits durch die Sozialversicherung auch ungewöhnlich hohe Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht in die Versicherungspflicht einbezogen werden. Sozialversicherungsschutz in den einzelnen Versicherungszweigen soll bei typisierender Betrachtungsweise nur dem zugutekommen, der, in einem Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt stehend, seinen Lebensbedarf und den seiner unterhaltsbedürftigen Familienangehörigen aus dem Entgelt der Beschäftigung sicherstellen muss. Mit der Ausklammerung geringfügiger Beschäftigungen bietet das Gesetz im Ergebnis einen sachlich eng begrenzten und hinsichtlich der Rechtsfolgen eingegrenzten Bereich freier ökonomischer Entfaltung zum Zweck des Erwerbs von Einkommen, das nicht die Hauptquelle des Lebensunterhaltes ist und bietet auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht erhebliche Vorteile für die Unternehmen (Seewald, a.a.O., § 8 SGB IV Rdnr. 3; Knospe in: Hauck/Haines, SGB IV, Kommentar, Stand: Mai 2013, § 8 Rdnrn. 1, 7 ff; Schlegel in: jurisPK – SGB IV, 2. Auflage 2011, § 8 SGB IV, Rdnr. 22 ff; Marschner in: Kreikebohm, SGB IV, Kommentar, 2008, § 8 Rdnr. 1; Lüdtke in: Winkler, SGB IV, Kommentar, 1. Auflage 2007, § 8 Rdnr. 4 und Rdnr. 20). Die Begründung geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse stellt nach der Rechtsordnung einen zulässigen Akt der Vertragsgestaltung dar. Hiermit korrespondiert, dass der Gesetzgeber im Rahmen der so genannten zeitgeringfügigen Beschäftigung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine Tätigkeit privilegiert, die "im Kalenderjahr" längstens u.a. auf "50 Arbeitstage" begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, bei der also eine Ausübung für Zeiten, die weniger als einen Monat betragen, gerade systemimmanent ist. Dies wird typischerweise bei Saisonarbeitskräften, wie auch im vorliegenden Fall, relevant. Im Gegensatz zu den bereits früh erkannten Gefahren eines Missbrauchs der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und einer damit einhergehenden Erosion der Bemessungsgrundlagen in der Sozialversicherung, die unter anderem zur Einführung von Pauschalbeiträgen zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung für entgeltgeringfügige Beschäftigungsverhältnisse führte und zur Möglichkeit für entgeltgeringfügige Beschäftigte, in der Rentenversicherung auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten, sollten kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse (zwei Monate oder 50 Arbeitstage im Laufe eines Jahres) wie bisher bei Einhaltung der Entgeltgrenze versicherungsfrei bleiben (vgl. hierzu ausführlich: Gesetzentwurf zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 19. Januar 1999, BT-Drucksache 14/280, S. 11 für das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999, BGBl I 1999, S. 388). Aufgrund der Kurzfristigkeit ist im Verhältnis zu Dauerbeschäftigungen die Einführung bzw. Aufrechterhaltung einer bestehenden Sicherung gerade dort wenig sinnvoll. Insoweit ist das fehlende Gleichgewicht von Beiträgen und Leistungen durch die Kurzfristigkeit evident (Knospe, a.a.O., § 8 Rdnr. 10). Der Gesetzgeber ist in Kenntnis der unter Umständen nur für begrenzte Tage erfolgenden Beschäftigungen bei einer monatlichen Entgeltgrenze geblieben und hat gerade keinen anteiligen Monatswert statuiert. Durch die Rechtsänderungen mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (u.a. Einführung des Maßstabes eines Kalenderjahres im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, Wegfall der 15-Stunden-Grenze in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV; Gleitzonenregelung usw.) sollten zudem im Wesentlichen Tätigkeiten im Niedriglohnbereich und Teilzeitbeschäftigungen gefördert werden (Knospe, a.a.O., § 8 Rdnr. 11 f; Kazmierczak, Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse zum 1. April 2003, NZS 4/2003, S.186).
Die Zugrundelegung einer anteiligen Arbeitsentgeltgrenze bzw. eines anteiligen Monatswerts führt zudem in der praktischen Anwendung zu systemfremden Ergebnissen, die nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen. Es erfolgt eine Verbeitragung von Kleinbeträgen, die der Gesetzgeber gerade versicherungsfrei stellen wollte. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dies exemplarisch bei der Beigeladenen zu 16., die im Juni 2007 für einen Tag (30. Juni 2007) in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und hierfür ein Entgelt von 50,00 EUR erhalten hat, dazu führt, dass für die Beigeladene aus 50,00 EUR volle Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssten. Unter Zugrundelegung eines anteiligen Monatswerts liegt eine Überschreitung der anteiligen monatlichen Entgeltgrenze von 13,33 EUR für einen Tag
(400,00 EUR x 1 Kalendertag des Beschäftigungsverhältnisses
30 Kalendertage)
vor. Durch die entsprechende Hochrechnung der Beklagten auf das monatliche Arbeitsentgelt (50,00 EUR - anteiliges Arbeitsentgelt - x 30: 1 – Kalendertage - = 1.500,00 EUR; vgl. insoweit das Rundschreiben der Spitzenverbände vom 2. November 2006 für die beitragspflichtigen Einnahmen in Teilmonaten 4.3.2.3) entfällt zudem die Gleitzonenregelung des § 20 SGB IV.
Angesichts des insoweit klaren Wortlauts in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV besteht nach der Auffassung des Senats kein Raum für eine einschränkende Auslegung. Die Grenze der Auslegung ist dann erreicht, wenn diese sich zum Wortlaut der Norm und dem Willen des Gesetzgebers in Widerspruch setzt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10 - juris -).
Die insoweit von der Beklagten zu Grunde gelegten Geringfügigkeitsrichtlinien bilden für die Gerichte keine verbindlichen Regelungen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 22. Oktober 2008, L 13 KN 16/08; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 9. April 2008, L 5 R 2125/07; Marschner in: Kreikebohm, a.a.O., § 8 Rdnr. 4). Insbesondere stellen diese keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für eine Verengung des Gesetzeswortlautes des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV dar.
Die betroffenen Arbeitnehmer waren dem Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG beizuladen (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Oktober 1990, 12 RK 22/90).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. – 36. sind nicht erstattungsfähig, da diese keine Anträge gestellt haben, § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Revision war aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. bis 36. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Versicherungspflicht von Beschäftigten des Klägers und die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig.
Der Kläger betreibt einen Kräuterhof und beschäftigte im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 beim Vorliegen von Arbeitsspitzen verschiedene Arbeitnehmer als Erntehelfer (Ernten, Sortieren von Pflanzen, Blüten und Wurzeln) und als landwirtschaftliche Aushilfskräfte.
Am 16. und 18. Februar 2009 erfolgte durch die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Nach der Anhörung des Klägers im Rahmen der Schlussbesprechung am 16. Februar 2009 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2009 von dem Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.589,82 EUR nach. Ein Teil der von dem Kläger beschäftigten Arbeitnehmer sei für die aufgeführten Zeiträume als versicherungspflichtig einzustufen, da diese in den Beschäftigungszeiträumen Entgeltersatzleistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezogen oder bei dieser als arbeitssuchend oder als ausbildungssuchend gemeldet gewesen seien (berufsmäßige Beschäftigung) und das erzielte Entgelt die anteilige Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe. Dies betraf die nachfolgend benannten Arbeitnehmer und Beschäftigungszeiträume (Tabelle 1):
Name Zeitraum
D., D. 22.04. - 30.04.2005; 02.05. - 10.05.2005
01.06. - 10.06.2005; 04.07.-25.07.2005
01.08.-08.08.2005
U., U. 23.09.-30.09.2005; 22.04.-27.04.2006
02.05.-09.05.2006; 21.06.-26.06.2006
01.07.-11.07.2006; 08.08. - 10.08.2006
21.09.- 17.10.2006; 15.05.-29.05.2007
15.06.-25.06.2007; 06.07,-10.07.2007
10.08.-15.08.2007; 14.09.-18.09.2007
10.10.-18.10.2007; 02.11.-06.11.2007
25.04. - 30.04.2008; 23.05.-28.05.2008
20.06.-25.06.2008; 03.07.-07.07.2008
22.08. - 27.08.2008
H., H. 24.06. - 28.06.2005; 01.08. - 15.08.2005
R., R. 22.07. - 30.07.2005; 24.07. - 30.07.2006
S., S. 01.06. - 10.06.2005; 04.07.-25.07.2005
01.08.-08.08.2005
F., O. 20.04. - 26.04.2005; 02.05.-10.05.2005
01.06. - 10.06.2005; 04.07. - 25.07.2005
01.08.-08.08.2005; 23.09, - 30.09.2005
04.10.-12.10.2005; 21.04.-10.05.2006
12.06.-21.06.2006; 15.07.-08.08.2006
01.10.-11.10.2006; 20.04.-09.05.2007
04.06.-14.06.2007
E., E. 19.06. - 21.06.2006 ; 24.07. - 24.07.2006
L., L. 24.06. - 26.06.2006; 01.07. - 03.07.2006
02.05. - 07.05.2007; 22.06. - 25.06.2007
15.07. - 18.07.2007; 28.08. - 31.08.2007
27.09. - 29.09.2007; 01.10. - 04.10.2007
25.04. - 29.04.2008; 02.05. - 05.05.2008
M., M. 08.07. - 07.08.2007
G., G. 02.06. - 12.06.2007; 10.08. - 14.08.2007
02.05.-15.05.2008
F., F. 09.07. - 20.07.2007; 01.08. - 10.08.2007
C., C. 09.07. - 08.08.2007; 22.05. - 31.05.2008
01.06. - 11.06.2008; 17.07.-28.07.2008
T., T. 17.06.-23.06.2006; 07.07. - 11.07.2006
04.08. - 08.08.2006
V., V. 21.07. - 29.07.2006; 03.08. - 08.08.2006
K., K. 12.06. - 14.06.2006; 30.06. - 30.06.2007
06.07. - 07.07.2007
P., P. 18.06. - 23.06.2006; 24.07. - 25.07.2006
I., I. 03.08. - 08.08.2006
W., W. 22.06.-23.06.2006
Q., Q. 14.07.- 18.07.2006; 04.08. - 08.08.2006
01.10.-06.10.2006; 03.11.-06.11.2006
01.12.-04.12.2006; 26.04. - 30.04.2007
02.05.-07.05.2007; 15.06.-18.06.2007
21.07.-23.07.2007; 17.08.-20.08.2007
21.09.-24.09.2007; 13.10.-17.10.2007
02.11.-05.11.2007; 27.04. - 30.04.2008
02.05. - 06.05.2008; 26.06. - 30.06.2008
03.07. - 07.07.2008; 22.08.-26.08.2008
19.09.-22.09.2008; 27.10.-29.10.2008
01.11.-03.11.2008
X., X. 08.07. - 24.07.2006; 04.08. - 14.08.2006
14.09. - 23.09.2006; 14.10. - 23.10.2006
J., J. 15.06.-23.06.2006
Für einen weiteren Teil der von dem Kläger beschäftigten Arbeitnehmer sei für die aufgeführten Zeiträume das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung aufgrund von Berufsmäßigkeit ebenfalls zu verneinen. Da das erzielte Arbeitsentgelt die anteilige Geringfügigkeitsgrenze jedoch nicht überschritten habe, seien geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV mit der Verpflichtung zur Abführung pauschaler Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge festzustellen. Dies betraf die nachfolgend genannten Arbeitnehmer und Beschäftigungszeiträume (Tabelle 2):
Name Zeitraum
H., H. 04.07. - 27.07.2005
L., L. 21.04.-28.04.2006; 02.05. - 10.05.2006
23.09.-10.10.2006
I., I. 12.06. - 29.06.2006; 06.07. - 25.07.2006
R., R. 14.06.-24.06.2006
K., K. 18.07.-30.07.2006
Z. Z. 22.07.-31.07.2006
J., J. 24.07.-07.08.2006
Q., Q. 15.09.-30.09.2006
Q., Y. 12.05.-10.06.2008
G., G. 12.06.-30.06.2008
F., O. 20.07.-31.07.2007
Hiergegen erhob der Kläger am 15. April 2009 Widerspruch. Eine anteilige Geringfügigkeits- oder Verdienstgrenze sei ihm nicht bekannt und ergebe sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut. Zudem führe diese zu systemfremden Ergebnissen. Mit Datum vom 13. Juli 2009 erließ die Beklagte einen Abhilfebescheid, der zu einer Verringerung der Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf 9.760,38 EUR führte. Für die in Tabelle 2 aufgeführten Arbeitnehmer wurde die Nachberechnung von pauschalen Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen aufgehoben. Für die Beschäftigte H., H. erfolgte eine Aufhebung der Nachberechnung von Pflichtbeiträgen für die Zeit vom 1. August bis zum 15. August 2005. Die anteilige Geringfügigkeitsgrenze sei nicht überschritten worden. Dies habe zur Folge, dass Versicherungsfreiheit aufgrund kurzfristiger Beschäftigung und demzufolge Beitragsfreiheit vorgelegen habe. Zudem habe für die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Arbeitsentgelt innerhalb der Gleitzone gelegen habe, eine Neuberechnung der Sozialversicherungsbeiträge in Anwendung der Gleitzonenregelung zu erfolgen. Dies betraf die folgenden Arbeitnehmer und Zeiträume (Tabelle 3):
Name Zeitraum
M., M. 08.07. - 07.08.2007
G., G. 02.06. - 12.06.2007; 02.05. - 15.05.2008
C., C. 09.07. - 08.08.2007
V., V. 21.07. - 29.07.2006; 03.08. - 08.08.2006
T., T. 17.06. - 23.06.2006; 07.07. - 11.07.2006
04.08.-08.08.2006
I., I. 03.08.-08.08.2006
R., R. 24.07. - 30.07.2006
X., X. 08.07. - 24.07.2006; 04.08. - 14.08.2006
14.09. - 23.09.2006; 14.10.-23.10.2006
J., J. 15.06.-23.06.2006
Den von dem Kläger weiter aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 zurück. Übten Personen, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) bezögen oder bei der Agentur für Arbeit für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als arbeitssuchend gemeldet seien, eine Beschäftigung aus, so sei diese als berufsmäßig anzusehen und ohne Rücksicht auf ihre Dauer versicherungspflichtig, es sei denn, dass die (anteilige) Arbeitsentgeltgrenze von 400,00 EUR nicht überschritten werde. Nach den Richtlinien für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Bundesagentur für Arbeit Geringfügigkeitsrichtlinien – vom 24. August 2006 sei in dem Fall, in dem eine Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats beginne oder ende, von einem anteiligen Monatswert auszugehen, der nach der Formel
400,00 EUR x Kalendertage des Beschäftigungsverhältnisses
30 Kalendertage
zu berechnen sei. Insoweit seien nicht die tatsächlichen Arbeitstage, sondern die Kalendertage des Beschäftigungsverhältnisses zu den Kalendertagen eines vollen Kalendermonats ins Verhältnis zu setzen. Eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht könne der Beklagten zudem nicht vorgeworfen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 22. März 2010 Klage bei dem Sozialgericht Gießen erhoben. Die beanstandeten Beschäftigungen der Arbeitnehmer würden zwischen den Beteiligten unstreitig als kurzfristig eingestuft, da entsprechende Rahmenarbeitsverträge bestünden. Dass die Beklagte gleichwohl zu einer Sozialversicherungspflicht für diese komme, sei nicht nachvollziehbar. Ein Überschreiten der im Gesetz genannten Entgeltgrenze von 400,00 EUR im Monat (absolut) liege nicht vor. Eine anteilige Verdienstgrenze nenne das Gesetz nicht. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem von der Beklagten herausgegebenen Informationsmaterial. Der Gesetzgeber habe für die Definition des (zeit-)geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses und der daraus folgenden Versicherungsfreiheit alleine auf die Verdienstgrenze von 400,00 EUR im Monat abgestellt. Die Hochrechnung der Vergütung auf ein fiktives Monatseinkommen bei Teilmonaten widerspreche dem gesetzgeberischen Willen, kurzfristige Aushilfen, die im Rahmen des Saisongeschäfts klassischerweise weniger als einen Monat arbeiteten, sozialversicherungsrechtlich zu privilegieren. Der Gesetzgeber habe gerade keine tägliche Verdienstgrenze eingeführt. Durch den "anteiligen Monatswert" erfolge eine fiktive Hochrechnung, bei der dem Arbeitnehmer abverlangt werde, dass er einen durchschnittlichen Tagesverdienst von 13,33 EUR (400,00 EUR geteilt durch 30 Kalendertage) nicht überschreiten dürfe. Soweit die Beklagte ausführe, dass die neu gefassten Geringfügigkeitsrichtlinien vom 14. Oktober 2009 eine Streichung der anteiligen Verdienstgrenze lediglich für die geringfügig entlohnten Dauerbeschäftigungen, die mitten im Monat begonnen oder beendet würden, vorsehen würden, sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Verdienstgrenzen von § 8 Abs. 1 Nr. 2 zu § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorhanden. Durch die fiktive Berechnung würden Beschäftigte zudem über die Gleitzonenregelung gehoben und so der vollen Sozialversicherungspflicht unterstellt. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Kläger u. a. Auszüge aus den Geringfügigkeitsrichtlinien vom 14. Oktober 2009 vorgelegt. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass eine Versicherungspflicht der betreffenden Arbeitnehmer vorliege, festgehalten. Die Anwendung der anteiligen Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze ergebe sich unmittelbar aus den Geringfügigkeitsrichtlinien. Für den zugrunde liegenden Prüfzeitraum 2005 bis 2008 würden die Geringfügigkeitsrichtlinien vom 25. Februar 2002 (Stand: 1. April 2003) sowie vom 24. August 2006 (Stand: 1. Juli 2006) gelten. Sie sei an die von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung vorgegebenen Anordnungen und Besprechungsergebnisse gebunden. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30. September 2011 dem Verfahren die DAK, die Bundesknappschaft, die AOK Hessen, die AOK Bayern, die BKK Gesundheit, die BEK und die BKK vor Ort notwendig beigeladen und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2011 den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 13. Juli 2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2010 aufgehoben und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass bei den betroffenen Arbeitnehmern keine Versicherungspflicht vorliege. Weitere Ermittlungen zur Frage der Berufsmäßigkeit der Beschäftigungen seien vorliegend entbehrlich, da die Frage der Berufsmäßigkeit nicht streitentscheidend sei. Hinsichtlich aller betroffenen Arbeitnehmer ergebe sich, dass sie die weitere Voraussetzung für das Entfallen einer geringfügigen Beschäftigung wegen Kurzfristigkeit nicht erfüllten. Sie hätten kein monatliches Entgelt erzielt, welches über 400,00 EUR gelegen habe. Die Richtlinien der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger bänden lediglich diese, nicht jedoch die Gerichte. Der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sei eindeutig, indem er bei einem Entgelt von 400,00 EUR und höher im Monat im Falle einer berufsmäßigen Tätigkeit die Geringfügigkeit entfallen lasse. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV regele gerade den Sachverhalt der Ausübung einer Beschäftigung, die nicht regelmäßig in vollständigen Monaten, sondern auf das Kalenderjahr bezogen nur an einzelnen Tagen oder längstens zwei Monate am Stück ausgeübt werde. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb gerade in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV auf eine monatliche Grenze Bezug genommen werden solle, wenn es sich nicht um eine solche handeln solle, da diese dann meist nicht zur Anwendung käme. Die anteilige Entgeltgrenze führe auch zu widersinnigen Ergebnissen, da für die betroffenen Arbeitnehmer des Klägers bei einem Entgelt von z. B. 200,00 EUR volle Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssten. Auf kleine Arbeitsentgelte, die gerade vollständig von einer Verbeitragung befreit sein sollten, würden deutlich höhere Beiträge erhoben, als wenn eine geringfügige Beschäftigung regelmäßig nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausgeübt worden wäre oder ein entsprechender Arbeitsvertrag mit einer Teilzeitbeschäftigung innerhalb der Gleitzone geschlossen worden wäre. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 9.760,38 EUR festgesetzt.
Gegen das der Beigeladenen zu 1. am 30. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat diese am 27. Januar 2012 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Gerügt werde insoweit die unrichtige Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IV in der ab dem 1. April 2003 geltenden Fassung. Entsprechend den Geringfügigkeitsrichtlinien gelte zwar im Fall einer regelmäßigen Beschäftigung die monatliche Entgeltgrenze von 400,00 EUR auch dann, sofern die Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats beginne oder ende. Sei eine Beschäftigung hingegen auf weniger als einen Zeitmonat befristet, müsse von einem anteiligen Monatswert ausgegangen werden. Dies beruhe auch auf einer entsprechenden Anwendung der allgemeinen Beitragsberechnungsgrundsätze in der Sozialversicherung (seit 2006 nach der Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages Beitragsverfahrensverordnung – BVV –). Da die wirtschaftliche Bedeutung entscheidend für die Bewertung der Berufsmäßigkeit sei, widerspreche es der Definition von Berufsmäßigkeit, wenn diese unabhängig von der Dauer der Beschäftigung immer nur bei einem Arbeitsentgelt von mehr als 400,00 EUR im Monat zum Ausschluss einer beitragsfreien kurzfristigen Beschäftigung führe.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass sich auch aus den allgemeinen Beitragsberechnungsgrundsätzen in der Sozialversicherung eine anteilige Entgeltgrenze nicht entnehmen lasse. Die BVV stelle zudem eine Ausgestaltung des § 28n SGB IV dar und solle die Art und Weise der Berechnung eines Gesamtsozialversicherungsbeitrags regeln. Dabei werde vorausgesetzt, dass überhaupt ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzuführen sei, was im vorliegenden Fall aber gerade Streitgegenstand des Verfahrens sei.
Die Berichterstatterin des Senats hat am 27. Juni 2013 einen Erörterungstermin durchgeführt und dem Verfahren mit Beschluss vom 20. September 2013 die betroffenen Arbeitnehmer, die Bundesagentur für Arbeit, die DAK Pflegekassen, die AOK Pflegekassen, die Barmer GEK Pflegekasse und die BKK vor Ort Pflegekasse beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009, abgeändert durch den Bescheid vom 13. Juli 2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2010, aufgehoben. Dieser ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Für die Beigeladenen zu 8. – 29. waren Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2008 nicht nachzufordern. Diese waren bei dem Kläger aufgrund von Zeitgeringfügigkeit versicherungsfrei beschäftigt.
Personen, die im Sinne des § 7 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 SGB IV regelmäßig der Versicherungspflicht der gesetzlichen Sozialversicherung. Spezialgesetzlich folgt dies bezogen auf die einzelnen Zweige der Sozialversicherung aus §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SGB III für den Bereich der Arbeitsförderung, aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) für die gesetzliche Krankenversicherung, aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) für die gesetzliche Rentenversicherung und aus § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 1. Halbsatz Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung.
Die Beschäftigten übten im streitgegenständlichen Zeitraum bei dem Kläger zwar eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV aus. Die Tätigkeiten erfüllten nach ihrer Art sämtliche Merkmale einer nicht selbstständigen Arbeit. Die Beigeladenen zu 8. – 29. waren in den Betrieb des Klägers eingegliedert und unterlagen dessen Weisungsrecht. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Eine Gesamtsozialversicherungspflicht und damit eine Beitragspflicht besteht jedoch dann nicht, wenn ein Beschäftigungsverhältnis nur geringfügig ist (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 Abs. 1 SGB V, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB XI und § 7 Abs. 1 SGB V).
Eine geringfügige Beschäftigung liegt gemäß § 8 Abs. 1 SGB IV in der Fassung des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I, S. 4621) mit Wirkung vom 1. April 2003 vor, wenn
1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt (so genannte Entgeltgeringfügigkeit),
2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahrs auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt (so genannte Zeitgeringfügigkeit).
Die Beschäftigungen der Beigeladenen zu Ziffer 8. – 29. erfüllten im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen der Zeitgeringfügigkeit.
Die Beigeladenen zu 8. – 29. übten bei dem Kläger eine nicht regelmäßige Beschäftigung aus.
Die Geringfügigkeit nach Nr. 1 des § 8 Abs. 1 SGB IV unterscheidet sich von derjenigen nach Nr. 2 der Vorschrift dadurch, dass die Beschäftigung bei Nr. 1 regelmäßig und bei Nr. 2 nur gelegentlich ausgeübt wird (Bundessozialgericht, Urteile vom 11. Mai 1993, 12 RK 23/91; vom 23. Mai 1995, 12 RK 60/93 und vom 16. Februar 1983, 12 RK 23/81 juris -). Regelmäßig ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Beschäftigung, die von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist. Es muss eine hinreichende Vorhersehbarkeit von Dauer und Zeitpunkt der einzelnen Arbeitseinsätze bestehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Einsatz der Beigeladenen zu 8. – 29. diente dem Ausgleich der Auftragsspitzen. Es gab keine bestimmten wiederkehrenden Termine, die zeitlich genau vorhersehbar waren. Der Einsatz erfolgte saisonabhängig in wechselnder Dauer und richtete sich nach den saisonal unterschiedlichen Anforderungen des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers. Dies ergibt sich für den Senat aus den vorliegenden Lohnunterlagen und ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Ausweislich des vorliegenden (Rahmen-)Arbeitsvertrages, der Art der Beschäftigung (Abdecken von Auftragsspitzen), der Zusammenstellung der abgerechneten Stunden und nach den Entgeltabrechnungen handelte es sich auch um zeitgeringfügige Beschäftigungen, die auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegten bzw. im Voraus vertraglich begrenzt waren. Dies ist zwischen den Beteiligten gleichfalls nicht streitig.
Die Versicherungsfreiheit der Beschäftigungen der Beigeladenen zu 8. – 29. ist vorliegend auch nicht durch die weiteren - negativen - Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausgeschlossen. Eine Versicherungsfreiheit kommt nicht in Betracht, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt.
Eine Beschäftigung oder Tätigkeit wird dann berufsmäßig ausgeübt, wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die durch die Arbeitslosmeldung belegte Bereitschaft, eine abhängige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ist zwar ein Indiz für die Berufsmäßigkeit einer Aushilfsbeschäftigung. Diese ist jedoch unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls (ausgeübte Beschäftigung, Erwerbsverhalten, anderweitige Inanspruchnahme der Aushilfskraft, Typisierung des Berufsbildes, gesamte wirtschaftliche Verhältnisse einer Person usw.) zu beurteilen (Bundessozialgericht, Urteil vom 30. November 1978, 12 RK 32/77 und vom 11. Mai 1993, 12 RK 23/91 - juris -).
Ob die von den Beigeladenen zu 8. – 29. ausgeübten Beschäftigungen im Einzelfall als berufsmäßig einzustufen sind, kann vorliegend dahinstehen. Ausweislich des Gesetzeswortlauts "und" handelt es sich bei der Frage der Berufsmäßigkeit und dem Überschreiten der Entgeltgrenze um Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, um eine Versicherungsfreiheit auszuschließen (Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Band I, Stand: März 2013, § 8 Rdnr. 18).
Das Entgelt der Beschäftigungen der Beigeladenen zu 8. – 29. überstieg bereits jeweils nicht die Entgeltgrenze von 400,00 EUR im Monat.
Dass - absolut gesehen - das Arbeitsentgelt der Beigeladenen zu 8. – 29. in den streitgegenständlichen Beschäftigungszeiträumen 400,00 EUR im Monat nicht überstieg, ist angesichts der von der Beklagten dokumentierten Prüfergebnisse zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des monatlichen Arbeitsentgelts unter Zugrundelegung einer anteiligen Arbeitsentgeltgrenze bzw. eines anteiligen Monatswerts ist mit den gesetzlichen Vorschriften nicht vereinbar.
Bereits nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liegt tatbestandlich eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn "die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt". Eine anteilige Arbeitsentgeltgrenze, ein anteiliger Monatswert oder ein Zeitmonat ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Zudem differenziert der Gesetzeswortlaut insoweit systematisch explizit zwischen Kalenderjahr, Monat(en) und Arbeitstagen.
Die Entgeltgrenze für geringfügige Beschäftigungen kann zudem nicht losgelöst von anderen Entgeltgrenzen beurteilt werden. So führt das Bundessozialgericht für den Bereich der so genannten unständigen Beschäftigungen bereits in seiner Entscheidung vom 11. Mai 1993 (12 RK 23/91) aus:
"Nach den oben aufgezeigten gesetzlichen Regeln über die Beitragsbemessung bei unständigen Beschäftigungen ist bei der Prüfung der absoluten Entgeltgrenze das im jeweiligen Monat insgesamt erzielte Entgelt dem jeweiligen monatlichen Grenzbetrag gegenüberzustellen, denn eine Umrechnung auf Tage ist mit den übrigen für diese Art der Beschäftigung geltenden Vorschriften nicht vereinbar. ( ) Dass nach § 445 Abs. 1 RVO (§ 232 Abs. 1 SGB V) die Beitragsbemessung und deren Grenze für unständig Beschäftigte dem Monatsprinzip unterworfen wurden, spricht unter diesen Umständen dafür, auch die Entgeltgrenze in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV bei unständigen Beschäftigten monatsweise zu bestimmen."
Eine Anwendung anderer Vorschriften, die eine anteilige Berechnung für Sozialversicherungstage vorsehen, wie etwa die BVV oder § 123 SGB VI, kommt entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1. nicht in Betracht. Bei der BVV handelt es sich um eine Rechtsverordnung auf der Grundlage der §§ 28n und 28p Abs. 9 SGB IV, die lediglich (vorliegend von Relevanz) die Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages bzw. der Beitragsbemessungsgrenzen regelt. Auch § 123 SGB VI stellt eine reine Berechnungsvorschrift dar, die heranzuziehen ist, wenn es um die Berechnung von Geldbeträgen für einen Teilzeitraum geht (Dankelmann in: jurisPK – SGB VI, 2. Auflage 2013, § 123 SGB VI, Rdnr. 20f; Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Oktober 1996, 8 RKn 19/95 – juris -). Dass eine solche Berechnung zu erfolgen hat, regeln diese Normen gerade nicht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschriften ist lediglich bei dem Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke möglich, die jedoch nach der Auffassung des Senats der Auslegung nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Sinn und Zweck des Gesetzes folgend nicht vorliegt. Ein Gesetz ist nur dann lückenhaft, wenn es angesichts der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers "planwidrig" unvollständig ist, die Gerichte also nur das vom Gesetzgeber versehentlich unterbliebene Regelungsstück einfügen müssen (vgl. zur Regelungslücke Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 354 f).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Zu Sinn und Zweck der Anordnung von Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung finden sich in den Gesetzesmotiven wenige Hinweise (vgl. Begründung im Gesetzentwurf zum SGB IV, BT-Drucksache 7/4122, S. 31 und Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines SGB IV, BT-Drucksache 7/4122, S. 43 jeweils zu § 8 SGB IV). Als Hauptgrund für die Versicherungsfreiheit geringfügig Beschäftigter wird jedoch das Fehlen eines Schutzbedürfnisses dieser Personen angesehen, da die Einkünfte, weil sie geringfügig sind, in der Regel nicht die Existenzgrundlage darstellen, wie andererseits durch die Sozialversicherung auch ungewöhnlich hohe Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht in die Versicherungspflicht einbezogen werden. Sozialversicherungsschutz in den einzelnen Versicherungszweigen soll bei typisierender Betrachtungsweise nur dem zugutekommen, der, in einem Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt stehend, seinen Lebensbedarf und den seiner unterhaltsbedürftigen Familienangehörigen aus dem Entgelt der Beschäftigung sicherstellen muss. Mit der Ausklammerung geringfügiger Beschäftigungen bietet das Gesetz im Ergebnis einen sachlich eng begrenzten und hinsichtlich der Rechtsfolgen eingegrenzten Bereich freier ökonomischer Entfaltung zum Zweck des Erwerbs von Einkommen, das nicht die Hauptquelle des Lebensunterhaltes ist und bietet auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht erhebliche Vorteile für die Unternehmen (Seewald, a.a.O., § 8 SGB IV Rdnr. 3; Knospe in: Hauck/Haines, SGB IV, Kommentar, Stand: Mai 2013, § 8 Rdnrn. 1, 7 ff; Schlegel in: jurisPK – SGB IV, 2. Auflage 2011, § 8 SGB IV, Rdnr. 22 ff; Marschner in: Kreikebohm, SGB IV, Kommentar, 2008, § 8 Rdnr. 1; Lüdtke in: Winkler, SGB IV, Kommentar, 1. Auflage 2007, § 8 Rdnr. 4 und Rdnr. 20). Die Begründung geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse stellt nach der Rechtsordnung einen zulässigen Akt der Vertragsgestaltung dar. Hiermit korrespondiert, dass der Gesetzgeber im Rahmen der so genannten zeitgeringfügigen Beschäftigung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine Tätigkeit privilegiert, die "im Kalenderjahr" längstens u.a. auf "50 Arbeitstage" begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, bei der also eine Ausübung für Zeiten, die weniger als einen Monat betragen, gerade systemimmanent ist. Dies wird typischerweise bei Saisonarbeitskräften, wie auch im vorliegenden Fall, relevant. Im Gegensatz zu den bereits früh erkannten Gefahren eines Missbrauchs der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und einer damit einhergehenden Erosion der Bemessungsgrundlagen in der Sozialversicherung, die unter anderem zur Einführung von Pauschalbeiträgen zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung für entgeltgeringfügige Beschäftigungsverhältnisse führte und zur Möglichkeit für entgeltgeringfügige Beschäftigte, in der Rentenversicherung auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten, sollten kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse (zwei Monate oder 50 Arbeitstage im Laufe eines Jahres) wie bisher bei Einhaltung der Entgeltgrenze versicherungsfrei bleiben (vgl. hierzu ausführlich: Gesetzentwurf zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 19. Januar 1999, BT-Drucksache 14/280, S. 11 für das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999, BGBl I 1999, S. 388). Aufgrund der Kurzfristigkeit ist im Verhältnis zu Dauerbeschäftigungen die Einführung bzw. Aufrechterhaltung einer bestehenden Sicherung gerade dort wenig sinnvoll. Insoweit ist das fehlende Gleichgewicht von Beiträgen und Leistungen durch die Kurzfristigkeit evident (Knospe, a.a.O., § 8 Rdnr. 10). Der Gesetzgeber ist in Kenntnis der unter Umständen nur für begrenzte Tage erfolgenden Beschäftigungen bei einer monatlichen Entgeltgrenze geblieben und hat gerade keinen anteiligen Monatswert statuiert. Durch die Rechtsänderungen mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (u.a. Einführung des Maßstabes eines Kalenderjahres im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, Wegfall der 15-Stunden-Grenze in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV; Gleitzonenregelung usw.) sollten zudem im Wesentlichen Tätigkeiten im Niedriglohnbereich und Teilzeitbeschäftigungen gefördert werden (Knospe, a.a.O., § 8 Rdnr. 11 f; Kazmierczak, Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse zum 1. April 2003, NZS 4/2003, S.186).
Die Zugrundelegung einer anteiligen Arbeitsentgeltgrenze bzw. eines anteiligen Monatswerts führt zudem in der praktischen Anwendung zu systemfremden Ergebnissen, die nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen. Es erfolgt eine Verbeitragung von Kleinbeträgen, die der Gesetzgeber gerade versicherungsfrei stellen wollte. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dies exemplarisch bei der Beigeladenen zu 16., die im Juni 2007 für einen Tag (30. Juni 2007) in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und hierfür ein Entgelt von 50,00 EUR erhalten hat, dazu führt, dass für die Beigeladene aus 50,00 EUR volle Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssten. Unter Zugrundelegung eines anteiligen Monatswerts liegt eine Überschreitung der anteiligen monatlichen Entgeltgrenze von 13,33 EUR für einen Tag
(400,00 EUR x 1 Kalendertag des Beschäftigungsverhältnisses
30 Kalendertage)
vor. Durch die entsprechende Hochrechnung der Beklagten auf das monatliche Arbeitsentgelt (50,00 EUR - anteiliges Arbeitsentgelt - x 30: 1 – Kalendertage - = 1.500,00 EUR; vgl. insoweit das Rundschreiben der Spitzenverbände vom 2. November 2006 für die beitragspflichtigen Einnahmen in Teilmonaten 4.3.2.3) entfällt zudem die Gleitzonenregelung des § 20 SGB IV.
Angesichts des insoweit klaren Wortlauts in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV besteht nach der Auffassung des Senats kein Raum für eine einschränkende Auslegung. Die Grenze der Auslegung ist dann erreicht, wenn diese sich zum Wortlaut der Norm und dem Willen des Gesetzgebers in Widerspruch setzt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10 - juris -).
Die insoweit von der Beklagten zu Grunde gelegten Geringfügigkeitsrichtlinien bilden für die Gerichte keine verbindlichen Regelungen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 22. Oktober 2008, L 13 KN 16/08; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 9. April 2008, L 5 R 2125/07; Marschner in: Kreikebohm, a.a.O., § 8 Rdnr. 4). Insbesondere stellen diese keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für eine Verengung des Gesetzeswortlautes des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV dar.
Die betroffenen Arbeitnehmer waren dem Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG beizuladen (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Oktober 1990, 12 RK 22/90).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. – 36. sind nicht erstattungsfähig, da diese keine Anträge gestellt haben, § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Revision war aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
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