Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 678/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 160/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 236/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 31. Januar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1952 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Seit 01.08.1970 ist sie als Verwaltungsangestellte im Bürodienst bei der O. M. , Z. Prüfungs- und Lehranstalt beschäftigt, zuletzt eingestuft nach Bewährungsaufstieg in BAT VI b. Von 26.11.1975 bis November 1976 hat sie einen Lehrgang als EDV-Sachbearbeiterin erfolgreich abgeschlossen. Die außerordentliche Kündigung vom 28.10.1999 hat das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 05.02.2002 für unwirksam erklärt. Seit 01.01.2002 ist die Klägerin in Teilzeit (12/23) am alten Arbeitsplatz wieder beschäftigt. Wegen eines Arbeitsunfalls vom 12.03.1988 bezieht sie von der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Seit 26.10.1995 bestand Arbeitsunfähigkeit, Krankengeld wurde von 19.04.1996 bis 29.07.1997 gezahlt. Nach der Beitragslücke vom 30.07.1997 bis 31.12.2001 sind ab 01.01.2002 bis 31.12.2002 Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf vom 06.06. 2003 verzeichnet. Auf Antrag vom 03.04.1996 wegen Sprunggelenksarthrose und Schwindelanfällen ließ die Beklagte die Klägerin orthopädisch untersuchen und begutachten (vgl. Gutachten Dr. B. vom 17.05.1996, Untersuchung: 14.05.1996).
Mit Bescheid vom 02.08.1996 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (Knorpelschaden im rechten Sprunggelenk mit Funktionsbehinderung beim Gehen sowie Übergewicht bei noch ausreichend erhaltener allgemeiner Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten im Innendienst ohne längere Gehstrecken und Besteigen von Leitern oder Gerüsten) sei die Klägerin noch in der Lage, im bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsfeld weiterhin vollschichtig tätig zu sein. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die festgestellte Wegeunfähigkeit könne durch das Tragen von orthopädischen Schuhen behoben werden (vgl. Widerspruchsbescheid vom 21.05.1997).
Zur Begründung der zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, aufgrund der gravierenden Beschwerden auf orthopädischem Gebiet könne eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte in der Bibliothek auch nicht mehr halbschichtig ausgeführt werden. Ein Privatgutachten des Orthopäden Dr. K. vom August 1997 ist vorgelegt worden. Nach Ansicht der Berufsgenossenschaft sei mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit wegen der Unfähigkeit, als Bibliothekarin öfters auf Leitern zu steigen, nicht mehr zu rechnen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG Befunde auf orthopädischem, chirurgischem, nervenärztlichem, röntgenologischem, internistischem, augenärztlichem und frauenärztlichem Gebiet sowie eine Arbeitgeberauskunft beigezogen. Im Auftrag des SG haben im November 1998 der Internist Dr. M. (vgl. Gutachten vom 24.11.1998), im Januar 1999 der Orthopäde Dr. L. (vgl. Gutachten vom 26.01.1999) sowie - auf Antrag nach § 109 SGG - im August 1999 der Orthopäde Prof. R. (vgl. Gutachten vom 10.11.1999, Röntgen - Zusatzgutachten vom 28.09.1999) die Klägerin untersucht und begutachtet. Übereinstimmend wird ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Verwaltungsangestellte und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für zumutbar erachtet.
Durch Urteil vom 31.01.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und sich auf das medizinische Beweisergebnis gestützt. Nach Ansicht aller Sachverständigen könne die Klägerin als Verwaltungsangestellte mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein.
Die zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung stützt die Klägerin im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen. Der Sachverhalt sei unzureichend ermittelt, insbesondere sei auch ein Bandscheibenvorfall nicht berücksichtigt worden. Ein orthopädische Gutachten vom 20.04.1999 mit Ergänzung vom 16.12.1999, ein röntgenologisches Zusatzgutachten vom 09.08. 1999, jeweils erstattet gegenüber dem Landgericht München I (23 O 12154/98), ein weiteres orthopädisches Gutachten vom 20.11.2000, erstattet gegenüber dem Arbeitsgericht München (20 Ca 15439/99), sowie Befunde auf chirurgischem, nervenärztlichem, orthopädischem, augenärztlichem und hausärztlichem Gebiet werden vorgelegt. Es bestehe zumindest Berufsunfähigkeit, da die bisherige Tätigkeit als Bibliothekarin aufgrund der Leistungseinschränkungen (kein Steigen auf Leitern, kein Bücken und Tragen von schweren Lasten) nicht mehr möglich sei. Aufgrund des äußerst schmerzhaften Karpaltunnelsyndroms könnten die übertragenen Arbeiten, z.B. das Einsortieren von Loseblattsammlungen, nicht mehr ausgeführt werden.
Der Senat hat Arbeitgeberauskünfte vom 30.01.2001 und 04.04. 2003 sowie einen Leistungsauszug der Krankenkasse beigezogen. Der Senat hat Beweis erhoben und den Orthopäden Dr. M. (vgl. Gutachten vom 26.06.2001, Untersuchung vom 04.04.2001 und 09.05.2001), den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. (vgl. Gutachten vom 30.04.2002, Untersuchung vom 23.04.2002), sowie die Internistin Dr. H. (vgl. Gutachten vom 10.09.2002, Untersuchung vom 13.08.2002) zu Sachverständigen bestellt, die die Klägerin untersucht und begutachtet haben.
Während Dres. M. und S. ein vollschichtiges Leistungsvermögen von 8 Stunden bejahen, schlägt Dr. H. ein Leistungsvermögen von weniger als 8 Stunden, jedoch mindestens 6 Stunden vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die erstatteten Gutachten, die den Beteiligten jeweils in Ablichtung übersandt worden sind, verwiesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.01.2000 sowie den Bescheid vom 02.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr gemäß Antrag vom 03.04.1996 Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Nach Ansicht der Beklagten sei die Klägerin unter Berücksichtigung des Restleistungsvermögens noch in der Lage, die Tätigkeit einer Verwaltungsmitarbeiterin in der Lehrgangsbücherei zu verrichten.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 03.04.1996) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, soweit ein Anspruch vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).
Rechtsgrundlage sind die §§ 43, 44 SGB VI. Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 44 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI erfüllt.
Die Klägerin ist aber nicht berufsunfähig im Sinne der Begriffsbestimmung des § 43 Abs. 2 SGB VI. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig (bis 31.12. 2000, acht Stunden, ab 01.01.2001, sechs Stunden) ausüben kann. Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2001, B 13 RJ 61/00 R).
Zur Beurteilung des zunächst nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI festzustellenden Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die vom SG gehörten Sachverständigen Dres. M. , L. und Prof. R. (vgl. das internistisches Gutachten vom 24.11. 1998, das orthopädische Gutachten vom 26.01.1999, sowie das weitere orthopädische Gutachten vom 10.11.1999) sowie die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der vom Senat gehörten Sachverständigen Dres. M. , S. und Frau Dr. H. , soweit ihr gefolgt werden konnte. Die Sachverständigen haben die Klägerin persönlich untersucht, eine ausführliche Anamnese erhoben und das umfangreiche Befundmaterial sorgfältig ausgewertet.
Als Ergebnis seiner Begutachtung hat der Orthopäde Dr. M. überzeugend dargestellt, dass die Klägerin an einem leichten HWS-Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits, einem leichten LWS-Syndrom mit Verschleißerscheinungen am lumbosacralen Übergang ohne Nachweis eines Bandscheibenvorfalls, einer Meralgia paraesthetica rechts (= Gefühlsstörung an der Oberschenkelstreckseite rechts), einer leichten Arthrose beider Hüftgelenke, einer beginnenden Arthrose beider Kniegelenke sowie einer ausgeprägten Arthrose des rechten oberen Sprunggelenkes mit Funktionsbehinderung leidet.
Auf nervenärztlichem Gebiet führt der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. ein Karpaltunnelsyndrom beidseits, eine Meralgia paraesthetica (Engpasssyndrom) am rechten Oberschenkel, eine rezidivierende Lumboischialgie, ein Kopfschmerzsyndrom unklarer Genese und eine rezidivierende depressive Störung mit phobisch-ängstlicher Komponente leichter Ausprägung auf. Das Karpaltunnelsyndrom ist nach der Messung der Nervenleitgeschwindigkeit operationswürdig. Eine gravierende Beeinträchtigung ist nach Dr. S. damit nicht verbunden, da die Klägerin nach ihren Angaben Handarbeiten durchführt, ohne dass sie durch das Karpaltunnelsyndrom wesentlich beeinträchtigt wäre. Zudem konnten Atrophien der Handmuskulatur nicht nachgewiesen werden.
Auf internistischem Gebiet bestehen nach der Internistin Dr. H. ein arterieller Bluthochdruck, der noch nicht zu Schädigungszeichen an anderen Organen geführt hat, sowie anamnestisch eine Nahrungsmittelallergie.
Der Senat stimmt den Sachverständigen Dres. M. und S. zu, die ein vollschichtiges Leistungsvermögen von 8 Stunden bejahen. Soweit die Sachverständige Dr. H. ein Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden, nicht aber 8 Stunden pro Tag vorschlägt, wird ihr nicht gefolgt. Denn sie beurteilt überwiegend Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und psychischem Gebiet, die Dres. M. und S. bereits fachkompetent gewürdigt haben. Internistisch besteht ein Bluthochdruck ohne Hinweise auf sekundäre Organkomplikationen. Die ergometrische Belastbarkeit bis zu 50 Watt reicht für leichte Bürotätigkeiten aus. Unerheblich ist auch, dass nach der augenärztlichen Bescheinigung vom 13.06.2001 starke Bedenken gegen eine längere Bildschirmtätigkeit vorliegen. Denn dass die Klägerin bei ihrer Arbeit in der Lehrgangsbücherei davon betroffen ist, ist bisher nicht vorgetragen worden und ergibt sich auch nicht aus den Auskünften des Arbeitgebers.
Wie die Sachverständigen überzeugend darlegen, bestehen qualitative Einschränkungen, als nur noch leichte körperliche Arbeiten in Wechselhaltung überwiegend im Sitzen und ohne Zwangshaltung und ohne Heben und Tragen schwerer Gegenstände ausgeübt werden können. Aufgrund des Karpaltunnelsyndroms ist die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht mehr gegeben. Dies betrifft insbesondere die Fähigkeit zur permanenten Kraftentfaltung sowie Tätigkeiten, die mit einem Überstrecken bzw. einer starken Beugung der Hände im Handgelenk verbunden sind. Schließlich sind Tätigkeiten mit erhöhter nervlicher Belastung, in Akkord, in Wechsel- und Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten sowie mit dauernder Lärmeinwirkung und Einwirkung von Nässe, Kälte, Hitze oder Reizstoffen nicht mehr möglich. Aufgrund der umfassenden Beweiserhebung sieht sich der Senat entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht gedrängt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Ein Antrag nach § 109 SGG ist nicht gestellt worden.
Die Klägerin kann die zuletzt ausgeübte Arbeit als Verwaltungsangestellte in der Lehrgangsbücherei, die nicht der Tätigkeit einer ausgebildeten Bibliothekarin entspricht, nach Ansicht der im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter und aller in den Rechtszügen gehörten Sachverständigen, denen sich der Senat anschließt, weiter ausüben. Nach den Angaben des Arbeitgebers hat die Klägerin die Aufgabe, in der Lehrgangsbücherei Handausgaben für Lehrzwecke und andere Loseblattwerke zu berichtigen, Vorschriften für Lehrgänge bereitzustellen und sonstige Fachbücher und Zeitschriften zu verwalten. Die Aus- und Rückgabe dieser Unterlagen bei Lehrgängen gehört ebenfalls zum Tätigkeitsbereich. Wie den Auskünften des Arbeitgebers weiter zu entnehmen ist, handelt es sich um eine überwiegend sitzend verrichtete Tätigkeit, die die Möglichkeit zum Haltungswechsel bietet. Die Arbeit ist weder mit schwerem Heben und Tragen, längerem Gehen oder Stehen noch mit häufigem Bücken, Knien oder Treppensteigen verbunden. Ob die Klägerin den - auf Wunsch und in Abstimmung - beschafften Tritt benutzt, ist allein ihr überlassen. Eine Pflicht, Leitern zu besteigen, besteht nicht. Die Arbeit in Bibliotheken wird nicht unter besonderem Zeitdruck verrichtet. Auch Expositionen gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft bestehen nicht. Besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände und Finger sowie eine Dauerbelastung der Hände bestehen ebenfalls nicht.
Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bzw. betriebsüblicher Pausen liegen nicht vor. Nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht des SGB VI (vgl. §§ 43, 240 SGB VI n.F.) hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn eine Versicherte - wie die Klägerin - den bisherigen Beruf vollschichtig ausüben kann.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie aufgrund von lang anhaltender Arbeitsunfähigkeit nicht mehr leistungsfähig sei. Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung liegt vor, wenn der Versicherte infolge einer Krankheit seiner zuletzt ausgeübten oder einer ähnlich gearteten Erwerbstätigkeit entweder überhaupt nicht mehr oder nur noch auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, nachgehen kann. Anders als bei der Erwerbsminderung i.S.d. gesetzlichen Rentenversicherung müssen die gesundheitlichen Einschränkungen bei der Arbeitsunfähigkeit nicht für einen längeren Zeitraum vorliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 580 RVO Nr. 1). Ein Versicherter, der häufig arbeitsunfähig ist, ist deshalb noch nicht erwerbsgemindert (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 12). Etwas anderes kann gelten, wenn der Versicherte so häufig arbeitsunfähig ist, dass die von ihm während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderungen, welche ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt ist, erfüllen, so dass die Einstellung oder Weiterbeschäftigung praktisch ausgeschlossen ist (vgl. BSG SozR § 1247 RVO Nr. 14).
Nach dem Versicherungsverlauf vom 06.06.2003 sind Pflichtbeiträge wegen Krankheit vom 19.04.1996 bis 29.07.1997 verzeichnet. Danach besteht eine Lücke bis zum 01.01.2002. Das im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht München eingeholte Gutachten vom 20.11.2000 hat festgestellt, dass die Klägerin seit 31.01.1996 arbeitsfähig sei, wenn sie eine Tätigkeit ausübe, die nicht mit Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg und nicht mit häufigem Aufstehen und Wiederhinsetzen (Aufstehen und Hinsetzen über 20 mal pro Arbeitsschicht) verbunden sei und das Besteigen von Leitern bzw. Begehen von Treppen nicht abverlange. Dass die Klägerin einen solchen Arbeitsplatz, wie oben dargestellt, inne gehabt hat und weiterhin inne hat, belegen die Auskünfte des Arbeitgebers, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat. Nachdem das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 05.02.2002 die außerordentliche Kündigung vom 28.10.1999 für unwirksam erklärt hat, ist die Klägerin wieder in Teilzeit (12/23) am alten Arbeitsplatz beschäftigt. Für das Jahr 2002 (01.01.2002 - 31.12.2002) ist ein Entgelt von 14.923,00 Euro im Versicherungsverlauf bestätigt, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sind nicht aufgeführt. Anhaltspunkte, dass die Klägerin dabei auf Kosten der Restgesundheit arbeitet, ergeben sich daraus nicht.
Gegen das Vorliegen von Berufsunfähigkeit spricht weiter die tatsächliche Arbeitsleistung der Klägerin als Verwaltungsangestellte in der Lehrgangsbücherei. Dadurch hat sie gezeigt, dass ihre Erwerbsfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Fähigkeiten und Kenntnissen gesunken ist, wie es von § 43 Abs. 2 Satz 1 a.F. SGB VI gefordert wird.
Nach alledem ist die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden und die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1952 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Seit 01.08.1970 ist sie als Verwaltungsangestellte im Bürodienst bei der O. M. , Z. Prüfungs- und Lehranstalt beschäftigt, zuletzt eingestuft nach Bewährungsaufstieg in BAT VI b. Von 26.11.1975 bis November 1976 hat sie einen Lehrgang als EDV-Sachbearbeiterin erfolgreich abgeschlossen. Die außerordentliche Kündigung vom 28.10.1999 hat das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 05.02.2002 für unwirksam erklärt. Seit 01.01.2002 ist die Klägerin in Teilzeit (12/23) am alten Arbeitsplatz wieder beschäftigt. Wegen eines Arbeitsunfalls vom 12.03.1988 bezieht sie von der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Seit 26.10.1995 bestand Arbeitsunfähigkeit, Krankengeld wurde von 19.04.1996 bis 29.07.1997 gezahlt. Nach der Beitragslücke vom 30.07.1997 bis 31.12.2001 sind ab 01.01.2002 bis 31.12.2002 Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf vom 06.06. 2003 verzeichnet. Auf Antrag vom 03.04.1996 wegen Sprunggelenksarthrose und Schwindelanfällen ließ die Beklagte die Klägerin orthopädisch untersuchen und begutachten (vgl. Gutachten Dr. B. vom 17.05.1996, Untersuchung: 14.05.1996).
Mit Bescheid vom 02.08.1996 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (Knorpelschaden im rechten Sprunggelenk mit Funktionsbehinderung beim Gehen sowie Übergewicht bei noch ausreichend erhaltener allgemeiner Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten im Innendienst ohne längere Gehstrecken und Besteigen von Leitern oder Gerüsten) sei die Klägerin noch in der Lage, im bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsfeld weiterhin vollschichtig tätig zu sein. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die festgestellte Wegeunfähigkeit könne durch das Tragen von orthopädischen Schuhen behoben werden (vgl. Widerspruchsbescheid vom 21.05.1997).
Zur Begründung der zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, aufgrund der gravierenden Beschwerden auf orthopädischem Gebiet könne eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte in der Bibliothek auch nicht mehr halbschichtig ausgeführt werden. Ein Privatgutachten des Orthopäden Dr. K. vom August 1997 ist vorgelegt worden. Nach Ansicht der Berufsgenossenschaft sei mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit wegen der Unfähigkeit, als Bibliothekarin öfters auf Leitern zu steigen, nicht mehr zu rechnen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG Befunde auf orthopädischem, chirurgischem, nervenärztlichem, röntgenologischem, internistischem, augenärztlichem und frauenärztlichem Gebiet sowie eine Arbeitgeberauskunft beigezogen. Im Auftrag des SG haben im November 1998 der Internist Dr. M. (vgl. Gutachten vom 24.11.1998), im Januar 1999 der Orthopäde Dr. L. (vgl. Gutachten vom 26.01.1999) sowie - auf Antrag nach § 109 SGG - im August 1999 der Orthopäde Prof. R. (vgl. Gutachten vom 10.11.1999, Röntgen - Zusatzgutachten vom 28.09.1999) die Klägerin untersucht und begutachtet. Übereinstimmend wird ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Verwaltungsangestellte und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für zumutbar erachtet.
Durch Urteil vom 31.01.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und sich auf das medizinische Beweisergebnis gestützt. Nach Ansicht aller Sachverständigen könne die Klägerin als Verwaltungsangestellte mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein.
Die zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung stützt die Klägerin im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen. Der Sachverhalt sei unzureichend ermittelt, insbesondere sei auch ein Bandscheibenvorfall nicht berücksichtigt worden. Ein orthopädische Gutachten vom 20.04.1999 mit Ergänzung vom 16.12.1999, ein röntgenologisches Zusatzgutachten vom 09.08. 1999, jeweils erstattet gegenüber dem Landgericht München I (23 O 12154/98), ein weiteres orthopädisches Gutachten vom 20.11.2000, erstattet gegenüber dem Arbeitsgericht München (20 Ca 15439/99), sowie Befunde auf chirurgischem, nervenärztlichem, orthopädischem, augenärztlichem und hausärztlichem Gebiet werden vorgelegt. Es bestehe zumindest Berufsunfähigkeit, da die bisherige Tätigkeit als Bibliothekarin aufgrund der Leistungseinschränkungen (kein Steigen auf Leitern, kein Bücken und Tragen von schweren Lasten) nicht mehr möglich sei. Aufgrund des äußerst schmerzhaften Karpaltunnelsyndroms könnten die übertragenen Arbeiten, z.B. das Einsortieren von Loseblattsammlungen, nicht mehr ausgeführt werden.
Der Senat hat Arbeitgeberauskünfte vom 30.01.2001 und 04.04. 2003 sowie einen Leistungsauszug der Krankenkasse beigezogen. Der Senat hat Beweis erhoben und den Orthopäden Dr. M. (vgl. Gutachten vom 26.06.2001, Untersuchung vom 04.04.2001 und 09.05.2001), den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. (vgl. Gutachten vom 30.04.2002, Untersuchung vom 23.04.2002), sowie die Internistin Dr. H. (vgl. Gutachten vom 10.09.2002, Untersuchung vom 13.08.2002) zu Sachverständigen bestellt, die die Klägerin untersucht und begutachtet haben.
Während Dres. M. und S. ein vollschichtiges Leistungsvermögen von 8 Stunden bejahen, schlägt Dr. H. ein Leistungsvermögen von weniger als 8 Stunden, jedoch mindestens 6 Stunden vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die erstatteten Gutachten, die den Beteiligten jeweils in Ablichtung übersandt worden sind, verwiesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.01.2000 sowie den Bescheid vom 02.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr gemäß Antrag vom 03.04.1996 Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Nach Ansicht der Beklagten sei die Klägerin unter Berücksichtigung des Restleistungsvermögens noch in der Lage, die Tätigkeit einer Verwaltungsmitarbeiterin in der Lehrgangsbücherei zu verrichten.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 03.04.1996) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, soweit ein Anspruch vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).
Rechtsgrundlage sind die §§ 43, 44 SGB VI. Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 44 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI erfüllt.
Die Klägerin ist aber nicht berufsunfähig im Sinne der Begriffsbestimmung des § 43 Abs. 2 SGB VI. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig (bis 31.12. 2000, acht Stunden, ab 01.01.2001, sechs Stunden) ausüben kann. Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2001, B 13 RJ 61/00 R).
Zur Beurteilung des zunächst nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI festzustellenden Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die vom SG gehörten Sachverständigen Dres. M. , L. und Prof. R. (vgl. das internistisches Gutachten vom 24.11. 1998, das orthopädische Gutachten vom 26.01.1999, sowie das weitere orthopädische Gutachten vom 10.11.1999) sowie die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der vom Senat gehörten Sachverständigen Dres. M. , S. und Frau Dr. H. , soweit ihr gefolgt werden konnte. Die Sachverständigen haben die Klägerin persönlich untersucht, eine ausführliche Anamnese erhoben und das umfangreiche Befundmaterial sorgfältig ausgewertet.
Als Ergebnis seiner Begutachtung hat der Orthopäde Dr. M. überzeugend dargestellt, dass die Klägerin an einem leichten HWS-Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits, einem leichten LWS-Syndrom mit Verschleißerscheinungen am lumbosacralen Übergang ohne Nachweis eines Bandscheibenvorfalls, einer Meralgia paraesthetica rechts (= Gefühlsstörung an der Oberschenkelstreckseite rechts), einer leichten Arthrose beider Hüftgelenke, einer beginnenden Arthrose beider Kniegelenke sowie einer ausgeprägten Arthrose des rechten oberen Sprunggelenkes mit Funktionsbehinderung leidet.
Auf nervenärztlichem Gebiet führt der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. ein Karpaltunnelsyndrom beidseits, eine Meralgia paraesthetica (Engpasssyndrom) am rechten Oberschenkel, eine rezidivierende Lumboischialgie, ein Kopfschmerzsyndrom unklarer Genese und eine rezidivierende depressive Störung mit phobisch-ängstlicher Komponente leichter Ausprägung auf. Das Karpaltunnelsyndrom ist nach der Messung der Nervenleitgeschwindigkeit operationswürdig. Eine gravierende Beeinträchtigung ist nach Dr. S. damit nicht verbunden, da die Klägerin nach ihren Angaben Handarbeiten durchführt, ohne dass sie durch das Karpaltunnelsyndrom wesentlich beeinträchtigt wäre. Zudem konnten Atrophien der Handmuskulatur nicht nachgewiesen werden.
Auf internistischem Gebiet bestehen nach der Internistin Dr. H. ein arterieller Bluthochdruck, der noch nicht zu Schädigungszeichen an anderen Organen geführt hat, sowie anamnestisch eine Nahrungsmittelallergie.
Der Senat stimmt den Sachverständigen Dres. M. und S. zu, die ein vollschichtiges Leistungsvermögen von 8 Stunden bejahen. Soweit die Sachverständige Dr. H. ein Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden, nicht aber 8 Stunden pro Tag vorschlägt, wird ihr nicht gefolgt. Denn sie beurteilt überwiegend Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und psychischem Gebiet, die Dres. M. und S. bereits fachkompetent gewürdigt haben. Internistisch besteht ein Bluthochdruck ohne Hinweise auf sekundäre Organkomplikationen. Die ergometrische Belastbarkeit bis zu 50 Watt reicht für leichte Bürotätigkeiten aus. Unerheblich ist auch, dass nach der augenärztlichen Bescheinigung vom 13.06.2001 starke Bedenken gegen eine längere Bildschirmtätigkeit vorliegen. Denn dass die Klägerin bei ihrer Arbeit in der Lehrgangsbücherei davon betroffen ist, ist bisher nicht vorgetragen worden und ergibt sich auch nicht aus den Auskünften des Arbeitgebers.
Wie die Sachverständigen überzeugend darlegen, bestehen qualitative Einschränkungen, als nur noch leichte körperliche Arbeiten in Wechselhaltung überwiegend im Sitzen und ohne Zwangshaltung und ohne Heben und Tragen schwerer Gegenstände ausgeübt werden können. Aufgrund des Karpaltunnelsyndroms ist die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht mehr gegeben. Dies betrifft insbesondere die Fähigkeit zur permanenten Kraftentfaltung sowie Tätigkeiten, die mit einem Überstrecken bzw. einer starken Beugung der Hände im Handgelenk verbunden sind. Schließlich sind Tätigkeiten mit erhöhter nervlicher Belastung, in Akkord, in Wechsel- und Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten sowie mit dauernder Lärmeinwirkung und Einwirkung von Nässe, Kälte, Hitze oder Reizstoffen nicht mehr möglich. Aufgrund der umfassenden Beweiserhebung sieht sich der Senat entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht gedrängt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Ein Antrag nach § 109 SGG ist nicht gestellt worden.
Die Klägerin kann die zuletzt ausgeübte Arbeit als Verwaltungsangestellte in der Lehrgangsbücherei, die nicht der Tätigkeit einer ausgebildeten Bibliothekarin entspricht, nach Ansicht der im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter und aller in den Rechtszügen gehörten Sachverständigen, denen sich der Senat anschließt, weiter ausüben. Nach den Angaben des Arbeitgebers hat die Klägerin die Aufgabe, in der Lehrgangsbücherei Handausgaben für Lehrzwecke und andere Loseblattwerke zu berichtigen, Vorschriften für Lehrgänge bereitzustellen und sonstige Fachbücher und Zeitschriften zu verwalten. Die Aus- und Rückgabe dieser Unterlagen bei Lehrgängen gehört ebenfalls zum Tätigkeitsbereich. Wie den Auskünften des Arbeitgebers weiter zu entnehmen ist, handelt es sich um eine überwiegend sitzend verrichtete Tätigkeit, die die Möglichkeit zum Haltungswechsel bietet. Die Arbeit ist weder mit schwerem Heben und Tragen, längerem Gehen oder Stehen noch mit häufigem Bücken, Knien oder Treppensteigen verbunden. Ob die Klägerin den - auf Wunsch und in Abstimmung - beschafften Tritt benutzt, ist allein ihr überlassen. Eine Pflicht, Leitern zu besteigen, besteht nicht. Die Arbeit in Bibliotheken wird nicht unter besonderem Zeitdruck verrichtet. Auch Expositionen gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft bestehen nicht. Besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände und Finger sowie eine Dauerbelastung der Hände bestehen ebenfalls nicht.
Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bzw. betriebsüblicher Pausen liegen nicht vor. Nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht des SGB VI (vgl. §§ 43, 240 SGB VI n.F.) hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn eine Versicherte - wie die Klägerin - den bisherigen Beruf vollschichtig ausüben kann.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie aufgrund von lang anhaltender Arbeitsunfähigkeit nicht mehr leistungsfähig sei. Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung liegt vor, wenn der Versicherte infolge einer Krankheit seiner zuletzt ausgeübten oder einer ähnlich gearteten Erwerbstätigkeit entweder überhaupt nicht mehr oder nur noch auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, nachgehen kann. Anders als bei der Erwerbsminderung i.S.d. gesetzlichen Rentenversicherung müssen die gesundheitlichen Einschränkungen bei der Arbeitsunfähigkeit nicht für einen längeren Zeitraum vorliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 580 RVO Nr. 1). Ein Versicherter, der häufig arbeitsunfähig ist, ist deshalb noch nicht erwerbsgemindert (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 12). Etwas anderes kann gelten, wenn der Versicherte so häufig arbeitsunfähig ist, dass die von ihm während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderungen, welche ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt ist, erfüllen, so dass die Einstellung oder Weiterbeschäftigung praktisch ausgeschlossen ist (vgl. BSG SozR § 1247 RVO Nr. 14).
Nach dem Versicherungsverlauf vom 06.06.2003 sind Pflichtbeiträge wegen Krankheit vom 19.04.1996 bis 29.07.1997 verzeichnet. Danach besteht eine Lücke bis zum 01.01.2002. Das im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht München eingeholte Gutachten vom 20.11.2000 hat festgestellt, dass die Klägerin seit 31.01.1996 arbeitsfähig sei, wenn sie eine Tätigkeit ausübe, die nicht mit Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg und nicht mit häufigem Aufstehen und Wiederhinsetzen (Aufstehen und Hinsetzen über 20 mal pro Arbeitsschicht) verbunden sei und das Besteigen von Leitern bzw. Begehen von Treppen nicht abverlange. Dass die Klägerin einen solchen Arbeitsplatz, wie oben dargestellt, inne gehabt hat und weiterhin inne hat, belegen die Auskünfte des Arbeitgebers, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat. Nachdem das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 05.02.2002 die außerordentliche Kündigung vom 28.10.1999 für unwirksam erklärt hat, ist die Klägerin wieder in Teilzeit (12/23) am alten Arbeitsplatz beschäftigt. Für das Jahr 2002 (01.01.2002 - 31.12.2002) ist ein Entgelt von 14.923,00 Euro im Versicherungsverlauf bestätigt, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sind nicht aufgeführt. Anhaltspunkte, dass die Klägerin dabei auf Kosten der Restgesundheit arbeitet, ergeben sich daraus nicht.
Gegen das Vorliegen von Berufsunfähigkeit spricht weiter die tatsächliche Arbeitsleistung der Klägerin als Verwaltungsangestellte in der Lehrgangsbücherei. Dadurch hat sie gezeigt, dass ihre Erwerbsfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Fähigkeiten und Kenntnissen gesunken ist, wie es von § 43 Abs. 2 Satz 1 a.F. SGB VI gefordert wird.
Nach alledem ist die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden und die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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