Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 529/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 167/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juli 2009.
Der am 1961 geborene bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherte Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als angelernter Gipser versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 7. Januar 2003 war er arbeitsunfähig. Seither hat er keine versicherungspflichtige Tätigkeit mehr aufgenommen und bezieht seit 2004 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 seit dem 23. September 2013 ist anerkannt.
Seinen ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 11. August 2003 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juni 2004 mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Seine hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Ulm (SG) mit Urteil vom 16. Februar 2007 (S 8 RJ 1717/04, später S 5 R 2438/05) ab. Die zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung (L 6 R 1522/07) nahm der Kläger zurück.
Nach einer Wirbelsäulenoperation vom 9. April 2008 führte der Kläger in der Zeit vom 5. bis 26. Mai 2008 eine Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik B. B. durch. Im Entlassungsbericht vom 28. Mai 2008 diagnostizierte Orthopäde Dr. T. eine cervicale Anschlussinstabilität nach Spondylodese C 5 bis 7 (2004) mit Zustand nach Verlängerungsspondylodese C 4/5 (4/2008), ein chronisches Cervicalsyndrom bei Bandscheibenvorfall C 3/4 mit Radikulopathien bei Zustand nach Implantation einer Bandscheibenprothese (4/2008), ein chronisches Lumbalsyndrom mit Zustand nach Interposition eines Wallis-Interspinalimplantats L 4/5 (9/2005), chronisch rezidivierende Gonalgien beidseits bei Zustand nach mehreren Arthroskopien und Patellaspitzensyndrom sowie einen Zustand nach Operation der Schulter links (1998) bei Schulterluxationsfraktur. Der Kläger sei arbeitsunfähig entlassen worden, wobei er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gipser dauerhaft nicht mehr ausüben könne. Drei bis vier Monate postoperativ habe er leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr wieder verrichten können.
Am 22. Juli 2009 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und legte ärztliche Befundberichte vor. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. N ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 19. August 2008, das er nach einer Untersuchung des Klägers vom 13. August 2008 unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten ärztlichen Befundberichte erstellte, einen Zustand nach Spondylodese der Halswirbelsäule, zuletzt C 4/5, ergänzend C 5/6 bis C 6/C7 (4/2008) und Bandscheibenprotheseneinlage C 3/4 (4/2008) mit entsprechend eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und Belastbarkeit ohne nachweisliches sensomotorisches/elektrophysiologisches Defizit nennenswerter Ausprägung, ein chronisches Zervicalsyndrom, einen Zustand nach Interspinalimplantateinlage L 4/5 (9/2005), eine Bandscheibenvorwölbung L 4/5, L 2/3 ohne aktuelle diesbezügliche Wurzelreizsymptomatik oder ableitbarer wesentlicher Belastungsminderung, einen Zustand nach diversen arthroskopischen Knievoroperationen mit zuletzt Patelladenervierung und Deperiostierung der rechten Kniescheibe (12/2007) bei mäßiger Retropatellararthrose und Patellaspitzensyndrom sowie Innenmeniskusvolumenreduktion ohne aktuelle Reizzeichen oder Bewegungseinschränkung, einen Zustand nach lateraler Retinaculumspaltung und Plicaresektion des linken Kniegelenks (2/2003) ohne aktuelle Bewegungseinschränkung oder Reizzeichen, eine vorbeschriebene traumatische Schulterluxation links (1/1998) mit arthroskopischer Labrumteilresektion ohne aktuelle nennenswerte Bewegungseinschränkung und ohne ableitbare Funktionsminderung, einen Zustand nach Homann´sche Operation bei Epikondylitis links (4/2003) ohne erkennbare Residuen, einen Zustand nach mehrfacher Ganglionentfernung streckseitig linkes Handgelenk ohne aktuelle Rückwirkung auf das Leistungsvermögen und einen initialen Hallux Valgus beidseits ohne Rückwirkung auf das Leistungsvermögen. Zu leichten körperlichen Wechseltätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei er unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine einseitigen Wirbelsäulenhaltungen, keine Arbeiten mit Vibration oder Erschütterung, keine Heben und Tragen von Lasten von mehr als fünf bis acht kg, keine besonderen Kniebelastungen) vollschichtig in der Lage.
Mit Bescheid vom 21. August 2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.
Der Kläger erhob Widerspruch. Wegen einer schmerzhaften Wirbelsäulenerkrankung, seinen schmerzbedingten Schlafstörungen und Depressionen sowie einem algogenen Psychosyndrom könne er auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht im Umfang von sechs Stunden täglich verrichten. Aufgrund der Nebenwirkungen der Schmerzmedikation sei seine Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt. Wegen seiner Sprachprobleme und dem algogenen Psychosyndrom könnten ihm auch geistige Tätigkeiten nicht abverlangt werden; körperliche Tätigkeiten schieden ohnehin aus. Aufgrund seiner Leistungsbeeinträchtigungen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch keine leichten körperlichen Tätigkeiten zu den üblichen Bedingungen finden. Für ihn kämen allenfalls noch Schonarbeitsplätze in Betracht, die nur innerbetrieblich vergeben würden. Er könne höchstens eine halbe Stunde sitzen und zehn Minuten stehen. Der Wechsel zwischen Sitzen und Stehen sei aufgrund seiner schmerzhaften Knieschädigung von ihm nicht regelmäßig abverlangbar. Neben seinen gravierenden körperlichen Beschwerden bestehe eine ausgeprägte Erschöpfungssymptomatik. Bereits nach kurzen häuslichen Tätigkeiten fühle er sich gezwungen, sich auszuruhen. Aufgrund seiner Sprachschwierigkeiten und des algogenen Psychosyndroms habe er auch eine erhebliche Anpassungsstörung, so dass mit besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und der Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz und dessen Umfelds zu rechnen sei. Aus diesen Gründen sei der Arbeitsmarkt für ihn verschlossen.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 27. Oktober 2009, das er nach einer Untersuchung des Klägers vom 14. Oktober 2009 erstellte, auf nervenärztlichem Fachgebiet eine Beschwerdefehlverarbeitung auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung. Die Einnahme der vom Kläger angegebenen Medikamente hätten sich laborchemisch nicht nachweisen lassen. Hinweise auf eine tiefergehende depressive Verstimmung im Sinne einer endogenen Depression bzw. eines algogenen Psychosyndroms seien ebenso wenig feststellbar gewesen wie charakteristische Merkmale für eine somatoforme Schmerzstörung. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkungen aufgrund der orthopädischen Erkrankungen sei der Kläger zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig in der Lage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und hielt daran fest, dass der Klägerin nicht erwerbsgemindert sei.
Der Kläger erhob am 18. Februar 2010 Klage zum SG. Die Beklagte habe nicht alle seine Erkrankungen berücksichtigt. Aufgrund der Vielzahl seiner Erkrankungen sei er nicht mehr erwerbsfähig. Er müsse inzwischen zahlreiche Medikamente einnehmen. Hierdurch habe sich eine erhebliche Depression eingestellt. Aufgrund von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten habe er das Schmerzmittel Katadolon absetzen müssen, mit der Folge, dass seine Schmerzen unerträglich würden und er daher keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Der Kläger legte weitere Befundberichte seiner behandelnden Ärzte vor, u.a. die Befundberichte des Orthopäden Dr. M., Klinik A. E., vom 7. und 22. Februar 2011. Dieser berichtete, bei einer klinischen Untersuchung vom 3. Februar 2011 habe sich ein paravertebraler Druckschmerz bei deutlichen Myogelosen im Bereich der unteren Halswirbelsäule beidseits mit Schmerzausstrahlung in das Dermatom C 7 beidseits mit Hyp- und Parästhesien gezeigt. Dabei hätten weder ein motorisches Defizit, noch Muskelatrophien bestanden. Bei der durchgeführten Computertomographie habe sich die Spondylodese C 4 bis 7 inzwischen konsolidiert und die Bandscheibenprothese C 3/4 sowie der intervertebrale Spacer C 4/5 nicht ossär integriert gezeigt. Darüber hinaus habe eine minimale knöcherne Foraminalstenose C 7 beidseits bestanden. Er empfahl eine Schmerzmedikation sowie Krankengymnastik, Massage und Fango. Bei einer klinischen Untersuchung vom 18. Februar 2011 habe kein grob sensomotorisches Defizit im Bereich der oberen Extremitäten bestanden und an der Halswirbelsäule hätten sich die Schrauben fest einliegend ohne Lockerungszeichen bei knöcherner Konsolidierung im Bereich C 4 bis C 7 gezeigt. Es seien weiterhin konservative Therapiemaßnahmen geboten gewesen.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid sowie unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahmen des Chirurgen Dr. R. vom 6. September und 8. Oktober 2010 sowie vom 14. Februar 2011 entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte Facharzt für Anästhesiologie Dr. M. und Chirurg Dr. B. als sachverständige Zeugen. Dr. M. gab unter dem 12. Mai 2010 an, der Kläger werde seit 2008 in vierwöchigen Intervallen wegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms bei Chronifizierungsstadium 3, einer chronischen Cervicocephalgie-Cervicobrachialgie, eines Zustands nach Spondylodese C5/C7 mit anschließender Instabilität und Verlegung der Osteosynthese auf C4, eines Zustands nach lumbaler Nukleotomie, eines Zustands nach mehrfachen Arthroskopien, eines myofascialen Triggersyndroms und einer chronischen Lumboischialgie schmerztherapeutisch behandelt. Dr. B. führte unter dem 21. Juni 2010 aus, der Kläger habe sich letztmals am 10. Mai 2010 mit geklagten massiven Beschwerden im rechten Kniegelenk vorgestellt. Die klinische Untersuchung habe kein wesentliches pathologisches Ergebnis gezeigt.
In der Zeit vom 14. Juni bis 5. Juli 2010 wurde der Kläger in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Fachpsychiatrie C. G. stationär behandelt. Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Priv.-Doz. Dr. H. gab in seinem Entlassungsbericht vom 27. Juli 2010 folgende Diagnosen an: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, mittelgradige depressive Episode, Suizidgedanken, anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung, Verdacht auf narzistische Persönlichkeitsstörung, Augeninnendruckerhöhung und andere Kontaktanlässe mit Bezug auf den engeren Familienkreis. Seit einigen Monaten würden beim Kläger innerfamiliäre Konflikte bestehen, die wenige Wochen zuvor eskaliert seien. Dem Kläger falle es aufgrund von persönlichkeitsstrukturellen Störungen nicht leicht, sich an Veränderungen anzupassen. Er habe deutliche Somatisierungstendenzen und eine ausgeprägte Aggressionshemmung gezeigt, die zu einem wesentlichen Teil zur chronischen Schmerzsymptomatik beitrügen. Er empfahl eine psychosomatische Weiterbehandlung.
Nach zwei weiteren Wirbelsäulenoperationen im Oktober und November 2010 führte der Kläger in der Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2010 eine stationäre medizinische Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik Bad Boll durch. Dr. T. gab im Entlassungsbericht vom 31. Dezember 2010 folgende Diagnosen an: Instabilität L 4/5 bei Zustand nach Spondylodese dorsal am 12. Oktober 2010 und ventral am 17. November 2010, Zustand nach Spondylodese C 5 bis 7 (2004), Verlängerungsspondylodese C 4/5 und Implantation einer Bandscheibenprothese C 3/4 (2008), chronisch rezidivierende Gonalgien beidseits, Zustand nach mehreren Arthroskopien, Patellaspitzensyndrom, Zustand nach Operation der Schulter links (1998) bei Schulterluxationsfraktur und mittelgradige reaktive Depression (7/2010). Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gipser sei die Leistungsfähigkeit des Klägers aufgehoben. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er hingegen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben, wobei er aufgrund von fehlenden Lese- und Schreibfähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt vermittelbar sei.
In einer Dokumentation Ambulantes Stabilisierungs-Programm (ASP) vom 12. April 2011 führte Dr. T. aus, es sei in der Zeit vom 5. Januar bis 31. März 2011 eine indikationsspezifische und symptombezogene Physiotherapie im Rahmen gerätegestützter Krankengymnastik in Kleingruppen nach individueller Anweisung und im Anschluss daran Bewegungstherapie im Thermalmineralbad durchgeführt worden. Etwa einen Monat nach Beginn des ASP seien beim Kläger zunehmende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule aufgetreten, so dass das ASP unterbrochen und eine medikamentöse Schmerztherapie eingeleitet worden sei. Am 21. Februar 2011 sei eine angepasste Krankengymnastik verordnet worden, die bis 31. März 2011 fortgeführt worden sei. Aufgrund von fortbestehenden neuropathischen Schmerzen sei das ASP endgültig abgebrochen worden.
Das SG veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch Orthopäden Dr. He ... In seinem Gutachten vom 3. Juni 2011, das er nach einer Untersuchung des Klägers vom 21. April 2011 erstellte, diagnostizierte er schmerzhafte Funktionsstörungen der Hals- und Lendenwirbelsäule nach Versteifung zwischen dem dritten und siebten Halswirbel aufgrund degenerativer Veränderungen und nach Versteifung zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbel aufgrund diskreter Bandscheibendegenerationen in Verbindung mit einer etwas vermehrten Beweglichkeit in diesem Segment ohne objektivierbare gravierende neurologische Begleitschäden, schmerzhafte Funktionsstörungen der linken Schulter nach Verrenkung 1998 mit Labrumläsion und schmerzhafte Funktionsstörungen des rechten Kniegelenks ohne Hinweise auf gravierende Gelenkknorpelschäden. Aufgrund der im Vordergrund stehenden Wirbelsäulenbeschwerden sei der Kläger nur noch in der Lage, leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Arbeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine längeren Zwangshaltungen, keine Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, keine Akkord- oder Fließbandarbeiten, kein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen) zu verrichten. Aufgrund der Schulterbeschwerden seien anhaltende, mechanisch belastende Überkopfarbeiten mit der linken Hand nicht mehr möglich. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger eine leidensgerechte Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
In der Zeit vom 9. bis 13. Juni 2011 wurde der Kläger in der Rems-Murr-Klinik Schorndorf aufgrund seiner Wirbelsäulenbeschwerden erneut stationär behandelt. Unfallchirurg und Orthopäde Dr. No. berichtete im Entlassungsbericht vom 12. Juni 2011, beim Kläger sei aufgrund eines Kissing spine-Syndroms und eines lumbalen Postpondylodese-Syndroms ein Dornfortsatztrimming durchgeführt worden. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos und die Schmerzen des Klägers seien deutlich rückläufig gewesen. Ein weiterer stationärer Aufenthalt in der R.-M.-Klinik S. erfolgte aufgrund einer Impingement-Symptomatik der linken Schulter in der Zeit vom 8. bis 10. September 2011. Dr. No. berichtete im Entlassungsbericht vom 10. September 2011, die arthroskopische Schultergelenksrevision und subacromiale Dekompression sei ohne Komplikationen durchgeführt worden. Am 15. November 2011 wurde der Kläger ebenfalls komplikationslos wegen eines Karpaltunnelsyndroms links ambulant operiert (Operationsbericht des Dr. B. vom 17. November 2011).
Mit Urteil vom 23. November 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten von Dr. He. vom 3. Juni 2011, den Gutachten von Dr. G. vom 28. Oktober 2009 und von Dr. N. vom 19. August 2009 sowie aus sämtlichen Entlassungsberichten der Rehaklinik B. B ... Die im Vordergrund stehenden Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers und seine Schulterbeschwerden führten zwar zu einer qualitativen, nicht jedoch zu einer quantitativen Leistungseinschränkung. Zu keiner anderen Beurteilung führten die nach der Begutachtung durch Dr. He. durchgeführten Operationen. Zwar seien durch die wiederholten Operationen der Wirbelsäule und der Schulter des Klägers vorübergehend Verschlechterungen in seinem Gesundheitszustand eingetreten, jedoch seien diese nicht von Dauer gewesen. Leistungseinschränkende Befunde oder Funktionsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet würden nicht vorliegen.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 14. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Januar 2012 Berufung eingelegt. Das SG sei von einem falschen Gesundheitszustand ausgegangen. Er sei aufgrund seiner verschiedenen Erkrankungen nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die mehrfachen Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen seien nicht durchweg erfolgreich gewesen und es sei keine Besserung seiner Beschwerden eingetreten. Seine Lendenwirbelsäule sei schwer beeinträchtigt und er leide hochgradig an einer depressiven Erkrankung, aufgrund derer er eine erhebliche Menge an Tabletten einnehmen müsse. Seine behandelnden Ärzte hätten mitgeteilt, dass weitere Operationen zur Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation nicht mehr in Betracht kämen und er mit seinen Schmerzen leben müsse. Der Kläger hat u.a. folgende Berichte über unmittelbar vor und während des Berufungsverfahrens stattgefundene operative Behandlungen sowie Arztbriefe vorgelegt:
Am 24. und 29. November 2011 ist der Kläger in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Am Eichert wegen einer Lockerung der Bandscheibenprothese C 3/4 und intervertebraler Cage C 4/5 nach Drei-Fach-Operation der Halswirbelsäule und ventraler Plattenspondylodese sowie wegen ödematöser Weichteilschwellung nach Halswirbelsäulen-Operation mit Hämatom operiert worden (Operationsberichte des Dr. T. und des Dr. M. vom 1. und 5. Dezember 2011). Intensivmediziner Dr. Ra. hat unter dem 2. April 2012 berichtet, nach dem Eingriff am 24. November 2011 sei der Verlauf initial regelgerecht gewesen. Am vierten postoperativen Tag hätten beim Kläger Schluckstörungen bestanden und es sei aufgrund einer nuchalen Schwellung am 29. November 2011 eine Revisionsoperation durchgeführt worden. Im Anschluss habe der Kläger neun Tage sediert und intubiert werden müssen. Im weiteren Verlauf habe der Kläger am 7. Dezember 2011 problemlos extubiert und am 14. Dezember 2011 auf die Allgemeinstation verlegt werden können. Seine Schluckbeschwerden hätten sich unter intensiver logopädischer Therapie gebessert. In der Zeit vom 10. Januar bis 7. Februar 2012 hat der Kläger eine Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik B. B. durchgeführt. Dr. T. hat im Entlassungsbericht vom 7. Februar 2012 eine Lockerung der Bandscheibenprothese C 3/4 bei intervertebralem Cage C 4/5, einen Zustand nach Revisionsspondylodese (11/2011), postoperative Schluckbeschwerden, einen Zustand nach Spondylodese C 5 bis 7 (2004) und Verlängerungs-spondylodese C 4/5 mit Implantierung einer Bandscheibenprothese C 3/4 (2008), ein Karpaltunnelsyndrom links bei Zustand nach Operation (11/2011), einen Zustand nach Schulter-Operation links (1998) bei Schulterluxationsfraktur und einen Zustand nach arthroskopischer subacromialer Dekompression bei Impingement der linken Schulter (9/2011) diagnostizert. Der Kläger sei für die Dauer von drei bis vier Monaten postoperativ arbeitsunfähig entlassen worden. Aufgrund von vielfältigen Einschränkungen wegen degenerativ bedingter Erkrankungen des Bewegungsapparats sei das Leistungsvermögen des Klägers in qualitativer und quantitativer Hinsicht auf Dauer eingeschränkt, wobei eine endgültige Beurteilung des Restleistungsvermögens noch nicht möglich, jedoch zu befürchten sei, dass er auf Dauer nicht in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit über drei Stunden täglich nachzugehen.
Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Th. hat in einem Arztbrief vom 26. April 2012 ausgeführt, er habe beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung bei gegenwärtig mittel- gradiger Episode, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit langjähriger Abstinenz, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus und ein Tabakabhängigkeitssyndrom diagnostiziert. Er sei stark beschwerdefixiert, freudlos und depressiv bei ausgeprägtem Krankheitsgefühl. Im Arbeitsleben sei er nicht mehr einsetzbar.
Am 18. Oktober 2012 ist der Kläger wegen einer Leistenhernie links (Bericht des Prof. Dr. Ri. vom 29. November 2012) und am 4. Dezember 2012 wegen eines Carpaltunnelsyndroms links (Operationsbericht des Dr. B. vom 6. Dezember 2012) ambulant operiert worden.
Radiologe Dr. G. hat in einem vom Kläger vorgelegten Befundbericht vom 5. August 2013 festgestellt, es bestehe gegenüber 2012 unverändert eine hyperlordotische Fehlhaltung und statik der Lendenwirbelsäule bei per Spondylodese korrigierter Gefügestörung ohne Nachweis eines Rezidivs oder neuen dorsalen Bandscheibenpro- oder -extrusionen.
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. Sc. hat im Kläger vorgelegten Ambulanzbrief vom 27. Juni 2013 eine Dislokation des Osteosynthesematerials ausgeschlossen, die Beschwerden des Klägers als funktioneller Natur bezeichnet und bei aktuell klinischem Befund mit Besserung durch bereits durchgeführte krankengymnastische Übungsbehandlungen ein weiteres Rezept zur Krankengymnastik sowie Fango ausgestellt. Im weiteren Ambulanzbrief vom 15. Oktober 2013 hat er berichtet, bei einer klinischen Untersuchung des Klägers vom 1. Oktober 2013 habe sich ein Druckschmerz über L 4/5 mittig, nicht über den Schraubenköpfen, gezeigt. Die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien intakt gewesen. Es hätten sich 5/5 Kraftgrade der Kennmuskeln der unteren Extremität sowie eine voll erhaltene Sensibilität gefunden. Der Finger-Boden-Abstand habe ca. 20 cm betragen und dem Kläger sei eine spontane Aufrichtung ohne Hilfe problemlos möglich gewesen. In der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 5. August 2013 habe sich ein regelhaft in situ befindliches Schrauben-Stabmaterial gezeigt. Eine Spinalkanalstenose, eine Anschlussdegeneration oder ein Bandscheibenprotrusion bzw. Bandscheibenvorfälle hätten nicht erkannt werden können, ebenso wenig eine hypertrophe Spondylarthrose oder sonstige Schmerzgeneratoren. Auch in der am 12. September 2013 durchgeführten Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule habe sich kein anderer Status gegenüber den Voraufnahmen, insbesondere keine Lockerung oder Migration und kein Implantatbruch gezeigt.
In dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2014 vorgelegten Arztbrief der Dr. Ri. vom 4. März 2014 hat diese über eine einmalige Vorstellung des Klägers vom 24. Februar 2014 berichtet und angegeben, aufgrund des unter anderem diagnostizierten chronischen Schmerzsyndroms eine multimodale Schmerztherapie empfohlen zu haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, seit dem 1. Juli 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und die Ausführungen im Urteil des SG. Sie hat die weiteren sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. R. vom 7. Mai und 12. November 2012 vorgelegt, der ausgeführt hat, aufgrund der im November 2011 durchgeführten Spondylodesen-Operation sei mit einer Beschwerdebesserung zu rechnen. Die postoperativ aufgetretene Weichteilschwellung, die eine Revision und eine mehrtägige Beatmung erforderlich gemacht habe, führe zu keiner dauerhaften Leistungseinschränkung. Eine postoperative mehrmonatige Rehabilitationszeit sei normal, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Rehabilitationsklinik B. B. geäußert habe, dass der Kläger auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit über drei Stunden täglich nachzugehen.
Der Senat hat die den Kläger behandelnden Dr. B. und Unfallchirurgen Prof. Dr. U. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. B. hat unter dem 24. August 2012 angegeben, er habe den Kläger seit Februar 1999 an etwa 400 Tagen behandelt. Zuletzt sei am 6. Juni 2012 eine Lockerung der Bandscheibenprothese im Abschnitt C 3/4 festgestellt worden. Prof. Dr. U. hat auf Anforderung des Senats von ihm und Ärzten seiner Klinik erstellte Arztbriefe und Operationsberichte übersandt sowie am 29. November 2012 ausgeführt, er habe am 7. Juli 2011 eine Schulterprellung links und eine Prellung der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Am 16. November 2011 sei eine Lockerung der Bandscheibenprothese festgestellt und eine Operationsindikation gestellt worden. Am 9. Februar 2012 habe der Kläger angegeben, seine Halswirbelsäulenbeschwerden hätten sich deutlich gebessert. Bei einer Untersuchung am 29. Februar 2012 nach durchgeführter Kernspintomographie vom 21. Februar 2012 sei eine Degeneration der lumbalen Bandscheiben mit bulging disc L 3/4 und L 4/5 ohne nennenswerte raumfordernde Wirkung festgestellt worden. Der Spinalkanal sei nicht eingeengt gewesen. Es habe sich eine mäßige Spondylarthrose ohne muskuläre Läsion gefunden. Es sei Krankengymnastik rezeptiert worden. Zuletzt habe sich der Kläger am 27. Juni 2012 vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beweglichkeit der Halswirbelsäule endgradig und die Entfaltung der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule stark eingeschränkt gewesen. Ferner hat auf Anforderung des Senats das Sportblick M. F. eine Aufstellung über die Tage der Teilnahme des Klägers am Rehabilitationsport vom 18. Juli bis 5. Oktober 2012 übersandt. Im Juli 2013 hat der Kläger seiner Tochter eine Niere gespendet. Dem operativen Eingriff vom 16. Juli 2013 hat sich eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers in der Zeit vom 20. August bis 10. September 2013 in der M. S. Klinik angeschlossen. Im von der Klinik übersandten Entlassungsbericht vom 16. September 2013 hat Chefarzt R. ausgeführt, der Kläger sei unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat hat darüber hinaus das nach einer Untersuchung des Klägers vom 30. Januar 2013 erstellte Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. Da. vom 18. März 2013 erhoben. Dieser hat auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen des Klägers festgestellt: &61485; etwa 50%-ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung der Bewegungssegmente C3/C4 bis C6/C7 ohne Nachweis motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, &61485; etwa 20%-ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, &61485; etwa 20%-ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule nach operativer Versteifung des Bewegungssegments L4/5 ohne Nachweis sensibler oder motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, &61485; endgradig eingeschränkte Streckung im rechten Zeige- und Kleinfinger sowie im linken Zeige- Mittel und Ringfinger sowie endgradig eingeschränkte Streckung im rechten Daumengrundgelenk, &61485; endgradig eingeschränkte Beugung im rechten Hüftgelenk wegen dann auftretender Beschwerden in der Lendenwirbelsäule sowie endgradig eingeschränkte Beugung im linken Hüftgelenk infolge der dann auftretenden Leistenschmerzen nach operativer Sanierung eines Leistenbruchs links und &61485; klinischer Verdacht auf eine Außenmeniskusschädigung im linken Kniegelenk ohne relevante Funktionseinschränkung. Unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (kein regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über sieben kg, keine Arbeiten mit häufigem Bücken oder in gebückter Zwangshaltung, keine Überkopfarbeiten und keine Arbeiten mit häufigem In-die-Hocke-Gehen oder Arbeiten auf Gerüsten und Leitern) in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr auszuüben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit 1. Juli 2009.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung vom 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger seit Stellung des Rentenantrags vom 22. Juli 2009 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er ist nach der Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies den Sachverständigengutachten des Dr. Da. vom 18. März 2013 und des Dr. He. vom 3. Juni 2011 sowie dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. G. vom 28. Oktober 2009.
Der Schwerpunkt der Leiden des Klägers liegt auf orthopädischem Fachgebiet, wobei die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule im Vordergrund stehen. Er leidet an einer etwa 50%-igen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung der Bewegungssegmente C3/C4 bis C6/C7 ohne Nachweis motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, einer etwa 20%-igen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, einer etwa 20%-igen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule nach operativer Versteifung des Bewegungssegments L4/5 ohne Nachweis sensibler oder motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, einer endgradig eingeschränkten Streckung im rechten Zeige- und Kleinfinger sowie im linken Zeige-, Mittel- und Ringfinger sowie einer endgradig eingeschränkten Streckung im rechten Daumengrundgelenk, einer endgradig eingeschränkten Beugung im rechten Hüftgelenk wegen dann auftretender Beschwerden in der Lendenwirbelsäule sowie einer endgradig eingeschränkten Beugung im linken Hüftgelenk infolge der dann auftretenden Leistenschmerzen nach operativer Sanierung eines Leistenbruchs links und einem klinischen Verdacht auf eine Außenmeniskusschädigung im linken Kniegelenk ohne relevante Funktionseinschränkung. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen und überzeugenden Sachverständigengutachten von Dr. Da. vom 18. März 2013. Auch der den Kläger behandelnde Orthopäde Prof. Dr. Sc. hat in seinen Ambulanzbriefen vom 27. Juni und 15. Oktober 2013 keine weiter gehenden Funktionseinschränkungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet benannt. Schließlich beinhalten auch das Sachverständigengutachten des Dr. He. vom 3. Juni 2011 und der Entlassungsbericht des Chefarztes R. vom 16. September 2013 keine abweichenden Befunde und Funktionseinschränkungen hinsichtlich des orthopädischen Fachgebiets.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet leidet der Kläger rentenrelevant lediglich an einer Beschwerdefehlverarbeitung auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung. Sonstige dauerhafte psychiatrische Erkrankungen liegen bei ihm nicht vor. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. G. vom 28. Oktober 2009. Während der Untersuchung durch Dr. G. wirkte der Kläger in seiner Stimmung weit gehend ausgeglichen, ausreichend schwingungsfähig, gut auslenkbar und insgesamt nicht tiefergehend depressiv verstimmt. Sein Antrieb war ungestört und es bestanden keine wesentlichen Beeinträchtigungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit. Er zeigte auch keine charakteristischen Merkmale einer somatoformen Schmerzstörung. Auch der Entlassungsbericht des Chefarztes R. vom 16. September 2013 enthält keine Befunde, die auf Funktionseinschränkungen bezüglich des nervenärztlichen Fachgebiets hindeuten könnten. Soweit Priv.-Doz. Dr. H. im Entlassungsbericht vom 27. Juli 2010 und Dr. Th. im Arztbrief vom 26. April 2012 jeweils eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert haben, handelte es sich jeweils um lediglich vorübergehende Krankheitsphasen. Insbesondere die stationäre Behandlung in der Zeit vom 12. Juni bis 5. Juli 2010 erfolgte aufgrund eines eskalierten innerfamiliären Konflikts, wie sich dem Entlassungsbericht von Priv.-Doz. Dr. H. vom 27. Juli 2010 entnehmen lässt. Anhaltspunkte für eine regelmäßige psychiatrische oder gar psychotherapeutische Behandlung liegen nicht vor. Auch bei Dr. Ri. hat sich der Kläger erst ein Mal am 24. Februar 2014 vorgestellt, wie sich deren Arztbrief vom 4. März 2014 entnehmen lässt.
Aus den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach der Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Er kann Lasten über sieben kg ohne Hilfsmittel nicht mehr regelmäßig heben, tragen oder bewegen, keine Arbeiten mit häufigem Bücken oder in gebückter Zwangshaltung, keine Überkopfarbeiten und keine Arbeiten mit häufigem In-die-Hocke-Gehen oder auf Gerüsten und Leitern mehr verrichten. Sonstige krankheitsbedingten qualitativen Leistungseinschränkungen bestehen nicht. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten von Dr. Da. vom 18. März 2013. Damit liegt auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - m.w.N; auch Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -; alle in juris) nicht vor. Die beim Kläger vorliegenden Einschränkungen können zwar das Spektrum der für ihn in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründeten aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen ist der Kläger seit Stellung des Rentenantrags vom 22. Juli 2009 noch in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt diese Überzeugung auf die Beurteilung von Dr. Da. in seinem Sachverständigengutachten vom 18. März 2013, die er für den Senat auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar begründet hat. Soweit Dr. T. im Reha-Entlassungsbericht vom 7. Februar 2012 ausgeführt hat, das Leistungsvermögen des Klägers sei dauerhaft auch quantitativ eingeschränkt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine prognostische Beurteilung unmittelbar nach zwei Wirbelsäulenoperationen mit anschließendem intensivmedizinischen stationären Aufenthalt handelte, so dass die Einschätzung von Dr. T. nicht nachvollziehbar ist, zumal bereits während der Rehabilitationsmaßnahme sowohl hinsichtlich der Schmerzintensität als auch hinsichtlich der Wirbelsäulenbeweglichkeit eine zumindest gewisse Besserung eingetreten war. Die negative Prognose von Dr. T. hat sich dann letztlich auch nicht bestätigt, wie sich aus den von Dr. Da. am 30. Januar 2013 erhobenen Befunden sowie dem Entlassungsbericht des Chefarztes R. vom 16. September 2013 entnehmen lässt. Auch Prof. Dr. Sc. hat in seinen Ambulanzbriefen vom 27. Juni und 15. Oktober 2013 eine Befundstabilisierung beschrieben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juli 2009.
Der am 1961 geborene bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherte Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als angelernter Gipser versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 7. Januar 2003 war er arbeitsunfähig. Seither hat er keine versicherungspflichtige Tätigkeit mehr aufgenommen und bezieht seit 2004 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 seit dem 23. September 2013 ist anerkannt.
Seinen ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 11. August 2003 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juni 2004 mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Seine hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Ulm (SG) mit Urteil vom 16. Februar 2007 (S 8 RJ 1717/04, später S 5 R 2438/05) ab. Die zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung (L 6 R 1522/07) nahm der Kläger zurück.
Nach einer Wirbelsäulenoperation vom 9. April 2008 führte der Kläger in der Zeit vom 5. bis 26. Mai 2008 eine Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik B. B. durch. Im Entlassungsbericht vom 28. Mai 2008 diagnostizierte Orthopäde Dr. T. eine cervicale Anschlussinstabilität nach Spondylodese C 5 bis 7 (2004) mit Zustand nach Verlängerungsspondylodese C 4/5 (4/2008), ein chronisches Cervicalsyndrom bei Bandscheibenvorfall C 3/4 mit Radikulopathien bei Zustand nach Implantation einer Bandscheibenprothese (4/2008), ein chronisches Lumbalsyndrom mit Zustand nach Interposition eines Wallis-Interspinalimplantats L 4/5 (9/2005), chronisch rezidivierende Gonalgien beidseits bei Zustand nach mehreren Arthroskopien und Patellaspitzensyndrom sowie einen Zustand nach Operation der Schulter links (1998) bei Schulterluxationsfraktur. Der Kläger sei arbeitsunfähig entlassen worden, wobei er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gipser dauerhaft nicht mehr ausüben könne. Drei bis vier Monate postoperativ habe er leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr wieder verrichten können.
Am 22. Juli 2009 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und legte ärztliche Befundberichte vor. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. N ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 19. August 2008, das er nach einer Untersuchung des Klägers vom 13. August 2008 unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten ärztlichen Befundberichte erstellte, einen Zustand nach Spondylodese der Halswirbelsäule, zuletzt C 4/5, ergänzend C 5/6 bis C 6/C7 (4/2008) und Bandscheibenprotheseneinlage C 3/4 (4/2008) mit entsprechend eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und Belastbarkeit ohne nachweisliches sensomotorisches/elektrophysiologisches Defizit nennenswerter Ausprägung, ein chronisches Zervicalsyndrom, einen Zustand nach Interspinalimplantateinlage L 4/5 (9/2005), eine Bandscheibenvorwölbung L 4/5, L 2/3 ohne aktuelle diesbezügliche Wurzelreizsymptomatik oder ableitbarer wesentlicher Belastungsminderung, einen Zustand nach diversen arthroskopischen Knievoroperationen mit zuletzt Patelladenervierung und Deperiostierung der rechten Kniescheibe (12/2007) bei mäßiger Retropatellararthrose und Patellaspitzensyndrom sowie Innenmeniskusvolumenreduktion ohne aktuelle Reizzeichen oder Bewegungseinschränkung, einen Zustand nach lateraler Retinaculumspaltung und Plicaresektion des linken Kniegelenks (2/2003) ohne aktuelle Bewegungseinschränkung oder Reizzeichen, eine vorbeschriebene traumatische Schulterluxation links (1/1998) mit arthroskopischer Labrumteilresektion ohne aktuelle nennenswerte Bewegungseinschränkung und ohne ableitbare Funktionsminderung, einen Zustand nach Homann´sche Operation bei Epikondylitis links (4/2003) ohne erkennbare Residuen, einen Zustand nach mehrfacher Ganglionentfernung streckseitig linkes Handgelenk ohne aktuelle Rückwirkung auf das Leistungsvermögen und einen initialen Hallux Valgus beidseits ohne Rückwirkung auf das Leistungsvermögen. Zu leichten körperlichen Wechseltätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei er unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine einseitigen Wirbelsäulenhaltungen, keine Arbeiten mit Vibration oder Erschütterung, keine Heben und Tragen von Lasten von mehr als fünf bis acht kg, keine besonderen Kniebelastungen) vollschichtig in der Lage.
Mit Bescheid vom 21. August 2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.
Der Kläger erhob Widerspruch. Wegen einer schmerzhaften Wirbelsäulenerkrankung, seinen schmerzbedingten Schlafstörungen und Depressionen sowie einem algogenen Psychosyndrom könne er auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht im Umfang von sechs Stunden täglich verrichten. Aufgrund der Nebenwirkungen der Schmerzmedikation sei seine Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt. Wegen seiner Sprachprobleme und dem algogenen Psychosyndrom könnten ihm auch geistige Tätigkeiten nicht abverlangt werden; körperliche Tätigkeiten schieden ohnehin aus. Aufgrund seiner Leistungsbeeinträchtigungen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch keine leichten körperlichen Tätigkeiten zu den üblichen Bedingungen finden. Für ihn kämen allenfalls noch Schonarbeitsplätze in Betracht, die nur innerbetrieblich vergeben würden. Er könne höchstens eine halbe Stunde sitzen und zehn Minuten stehen. Der Wechsel zwischen Sitzen und Stehen sei aufgrund seiner schmerzhaften Knieschädigung von ihm nicht regelmäßig abverlangbar. Neben seinen gravierenden körperlichen Beschwerden bestehe eine ausgeprägte Erschöpfungssymptomatik. Bereits nach kurzen häuslichen Tätigkeiten fühle er sich gezwungen, sich auszuruhen. Aufgrund seiner Sprachschwierigkeiten und des algogenen Psychosyndroms habe er auch eine erhebliche Anpassungsstörung, so dass mit besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und der Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz und dessen Umfelds zu rechnen sei. Aus diesen Gründen sei der Arbeitsmarkt für ihn verschlossen.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 27. Oktober 2009, das er nach einer Untersuchung des Klägers vom 14. Oktober 2009 erstellte, auf nervenärztlichem Fachgebiet eine Beschwerdefehlverarbeitung auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung. Die Einnahme der vom Kläger angegebenen Medikamente hätten sich laborchemisch nicht nachweisen lassen. Hinweise auf eine tiefergehende depressive Verstimmung im Sinne einer endogenen Depression bzw. eines algogenen Psychosyndroms seien ebenso wenig feststellbar gewesen wie charakteristische Merkmale für eine somatoforme Schmerzstörung. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkungen aufgrund der orthopädischen Erkrankungen sei der Kläger zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig in der Lage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und hielt daran fest, dass der Klägerin nicht erwerbsgemindert sei.
Der Kläger erhob am 18. Februar 2010 Klage zum SG. Die Beklagte habe nicht alle seine Erkrankungen berücksichtigt. Aufgrund der Vielzahl seiner Erkrankungen sei er nicht mehr erwerbsfähig. Er müsse inzwischen zahlreiche Medikamente einnehmen. Hierdurch habe sich eine erhebliche Depression eingestellt. Aufgrund von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten habe er das Schmerzmittel Katadolon absetzen müssen, mit der Folge, dass seine Schmerzen unerträglich würden und er daher keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Der Kläger legte weitere Befundberichte seiner behandelnden Ärzte vor, u.a. die Befundberichte des Orthopäden Dr. M., Klinik A. E., vom 7. und 22. Februar 2011. Dieser berichtete, bei einer klinischen Untersuchung vom 3. Februar 2011 habe sich ein paravertebraler Druckschmerz bei deutlichen Myogelosen im Bereich der unteren Halswirbelsäule beidseits mit Schmerzausstrahlung in das Dermatom C 7 beidseits mit Hyp- und Parästhesien gezeigt. Dabei hätten weder ein motorisches Defizit, noch Muskelatrophien bestanden. Bei der durchgeführten Computertomographie habe sich die Spondylodese C 4 bis 7 inzwischen konsolidiert und die Bandscheibenprothese C 3/4 sowie der intervertebrale Spacer C 4/5 nicht ossär integriert gezeigt. Darüber hinaus habe eine minimale knöcherne Foraminalstenose C 7 beidseits bestanden. Er empfahl eine Schmerzmedikation sowie Krankengymnastik, Massage und Fango. Bei einer klinischen Untersuchung vom 18. Februar 2011 habe kein grob sensomotorisches Defizit im Bereich der oberen Extremitäten bestanden und an der Halswirbelsäule hätten sich die Schrauben fest einliegend ohne Lockerungszeichen bei knöcherner Konsolidierung im Bereich C 4 bis C 7 gezeigt. Es seien weiterhin konservative Therapiemaßnahmen geboten gewesen.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid sowie unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahmen des Chirurgen Dr. R. vom 6. September und 8. Oktober 2010 sowie vom 14. Februar 2011 entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte Facharzt für Anästhesiologie Dr. M. und Chirurg Dr. B. als sachverständige Zeugen. Dr. M. gab unter dem 12. Mai 2010 an, der Kläger werde seit 2008 in vierwöchigen Intervallen wegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms bei Chronifizierungsstadium 3, einer chronischen Cervicocephalgie-Cervicobrachialgie, eines Zustands nach Spondylodese C5/C7 mit anschließender Instabilität und Verlegung der Osteosynthese auf C4, eines Zustands nach lumbaler Nukleotomie, eines Zustands nach mehrfachen Arthroskopien, eines myofascialen Triggersyndroms und einer chronischen Lumboischialgie schmerztherapeutisch behandelt. Dr. B. führte unter dem 21. Juni 2010 aus, der Kläger habe sich letztmals am 10. Mai 2010 mit geklagten massiven Beschwerden im rechten Kniegelenk vorgestellt. Die klinische Untersuchung habe kein wesentliches pathologisches Ergebnis gezeigt.
In der Zeit vom 14. Juni bis 5. Juli 2010 wurde der Kläger in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Fachpsychiatrie C. G. stationär behandelt. Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Priv.-Doz. Dr. H. gab in seinem Entlassungsbericht vom 27. Juli 2010 folgende Diagnosen an: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, mittelgradige depressive Episode, Suizidgedanken, anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung, Verdacht auf narzistische Persönlichkeitsstörung, Augeninnendruckerhöhung und andere Kontaktanlässe mit Bezug auf den engeren Familienkreis. Seit einigen Monaten würden beim Kläger innerfamiliäre Konflikte bestehen, die wenige Wochen zuvor eskaliert seien. Dem Kläger falle es aufgrund von persönlichkeitsstrukturellen Störungen nicht leicht, sich an Veränderungen anzupassen. Er habe deutliche Somatisierungstendenzen und eine ausgeprägte Aggressionshemmung gezeigt, die zu einem wesentlichen Teil zur chronischen Schmerzsymptomatik beitrügen. Er empfahl eine psychosomatische Weiterbehandlung.
Nach zwei weiteren Wirbelsäulenoperationen im Oktober und November 2010 führte der Kläger in der Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2010 eine stationäre medizinische Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik Bad Boll durch. Dr. T. gab im Entlassungsbericht vom 31. Dezember 2010 folgende Diagnosen an: Instabilität L 4/5 bei Zustand nach Spondylodese dorsal am 12. Oktober 2010 und ventral am 17. November 2010, Zustand nach Spondylodese C 5 bis 7 (2004), Verlängerungsspondylodese C 4/5 und Implantation einer Bandscheibenprothese C 3/4 (2008), chronisch rezidivierende Gonalgien beidseits, Zustand nach mehreren Arthroskopien, Patellaspitzensyndrom, Zustand nach Operation der Schulter links (1998) bei Schulterluxationsfraktur und mittelgradige reaktive Depression (7/2010). Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gipser sei die Leistungsfähigkeit des Klägers aufgehoben. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er hingegen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben, wobei er aufgrund von fehlenden Lese- und Schreibfähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt vermittelbar sei.
In einer Dokumentation Ambulantes Stabilisierungs-Programm (ASP) vom 12. April 2011 führte Dr. T. aus, es sei in der Zeit vom 5. Januar bis 31. März 2011 eine indikationsspezifische und symptombezogene Physiotherapie im Rahmen gerätegestützter Krankengymnastik in Kleingruppen nach individueller Anweisung und im Anschluss daran Bewegungstherapie im Thermalmineralbad durchgeführt worden. Etwa einen Monat nach Beginn des ASP seien beim Kläger zunehmende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule aufgetreten, so dass das ASP unterbrochen und eine medikamentöse Schmerztherapie eingeleitet worden sei. Am 21. Februar 2011 sei eine angepasste Krankengymnastik verordnet worden, die bis 31. März 2011 fortgeführt worden sei. Aufgrund von fortbestehenden neuropathischen Schmerzen sei das ASP endgültig abgebrochen worden.
Das SG veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch Orthopäden Dr. He ... In seinem Gutachten vom 3. Juni 2011, das er nach einer Untersuchung des Klägers vom 21. April 2011 erstellte, diagnostizierte er schmerzhafte Funktionsstörungen der Hals- und Lendenwirbelsäule nach Versteifung zwischen dem dritten und siebten Halswirbel aufgrund degenerativer Veränderungen und nach Versteifung zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbel aufgrund diskreter Bandscheibendegenerationen in Verbindung mit einer etwas vermehrten Beweglichkeit in diesem Segment ohne objektivierbare gravierende neurologische Begleitschäden, schmerzhafte Funktionsstörungen der linken Schulter nach Verrenkung 1998 mit Labrumläsion und schmerzhafte Funktionsstörungen des rechten Kniegelenks ohne Hinweise auf gravierende Gelenkknorpelschäden. Aufgrund der im Vordergrund stehenden Wirbelsäulenbeschwerden sei der Kläger nur noch in der Lage, leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Arbeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine längeren Zwangshaltungen, keine Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, keine Akkord- oder Fließbandarbeiten, kein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen) zu verrichten. Aufgrund der Schulterbeschwerden seien anhaltende, mechanisch belastende Überkopfarbeiten mit der linken Hand nicht mehr möglich. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger eine leidensgerechte Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
In der Zeit vom 9. bis 13. Juni 2011 wurde der Kläger in der Rems-Murr-Klinik Schorndorf aufgrund seiner Wirbelsäulenbeschwerden erneut stationär behandelt. Unfallchirurg und Orthopäde Dr. No. berichtete im Entlassungsbericht vom 12. Juni 2011, beim Kläger sei aufgrund eines Kissing spine-Syndroms und eines lumbalen Postpondylodese-Syndroms ein Dornfortsatztrimming durchgeführt worden. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos und die Schmerzen des Klägers seien deutlich rückläufig gewesen. Ein weiterer stationärer Aufenthalt in der R.-M.-Klinik S. erfolgte aufgrund einer Impingement-Symptomatik der linken Schulter in der Zeit vom 8. bis 10. September 2011. Dr. No. berichtete im Entlassungsbericht vom 10. September 2011, die arthroskopische Schultergelenksrevision und subacromiale Dekompression sei ohne Komplikationen durchgeführt worden. Am 15. November 2011 wurde der Kläger ebenfalls komplikationslos wegen eines Karpaltunnelsyndroms links ambulant operiert (Operationsbericht des Dr. B. vom 17. November 2011).
Mit Urteil vom 23. November 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten von Dr. He. vom 3. Juni 2011, den Gutachten von Dr. G. vom 28. Oktober 2009 und von Dr. N. vom 19. August 2009 sowie aus sämtlichen Entlassungsberichten der Rehaklinik B. B ... Die im Vordergrund stehenden Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers und seine Schulterbeschwerden führten zwar zu einer qualitativen, nicht jedoch zu einer quantitativen Leistungseinschränkung. Zu keiner anderen Beurteilung führten die nach der Begutachtung durch Dr. He. durchgeführten Operationen. Zwar seien durch die wiederholten Operationen der Wirbelsäule und der Schulter des Klägers vorübergehend Verschlechterungen in seinem Gesundheitszustand eingetreten, jedoch seien diese nicht von Dauer gewesen. Leistungseinschränkende Befunde oder Funktionsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet würden nicht vorliegen.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 14. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Januar 2012 Berufung eingelegt. Das SG sei von einem falschen Gesundheitszustand ausgegangen. Er sei aufgrund seiner verschiedenen Erkrankungen nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die mehrfachen Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen seien nicht durchweg erfolgreich gewesen und es sei keine Besserung seiner Beschwerden eingetreten. Seine Lendenwirbelsäule sei schwer beeinträchtigt und er leide hochgradig an einer depressiven Erkrankung, aufgrund derer er eine erhebliche Menge an Tabletten einnehmen müsse. Seine behandelnden Ärzte hätten mitgeteilt, dass weitere Operationen zur Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation nicht mehr in Betracht kämen und er mit seinen Schmerzen leben müsse. Der Kläger hat u.a. folgende Berichte über unmittelbar vor und während des Berufungsverfahrens stattgefundene operative Behandlungen sowie Arztbriefe vorgelegt:
Am 24. und 29. November 2011 ist der Kläger in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Am Eichert wegen einer Lockerung der Bandscheibenprothese C 3/4 und intervertebraler Cage C 4/5 nach Drei-Fach-Operation der Halswirbelsäule und ventraler Plattenspondylodese sowie wegen ödematöser Weichteilschwellung nach Halswirbelsäulen-Operation mit Hämatom operiert worden (Operationsberichte des Dr. T. und des Dr. M. vom 1. und 5. Dezember 2011). Intensivmediziner Dr. Ra. hat unter dem 2. April 2012 berichtet, nach dem Eingriff am 24. November 2011 sei der Verlauf initial regelgerecht gewesen. Am vierten postoperativen Tag hätten beim Kläger Schluckstörungen bestanden und es sei aufgrund einer nuchalen Schwellung am 29. November 2011 eine Revisionsoperation durchgeführt worden. Im Anschluss habe der Kläger neun Tage sediert und intubiert werden müssen. Im weiteren Verlauf habe der Kläger am 7. Dezember 2011 problemlos extubiert und am 14. Dezember 2011 auf die Allgemeinstation verlegt werden können. Seine Schluckbeschwerden hätten sich unter intensiver logopädischer Therapie gebessert. In der Zeit vom 10. Januar bis 7. Februar 2012 hat der Kläger eine Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik B. B. durchgeführt. Dr. T. hat im Entlassungsbericht vom 7. Februar 2012 eine Lockerung der Bandscheibenprothese C 3/4 bei intervertebralem Cage C 4/5, einen Zustand nach Revisionsspondylodese (11/2011), postoperative Schluckbeschwerden, einen Zustand nach Spondylodese C 5 bis 7 (2004) und Verlängerungs-spondylodese C 4/5 mit Implantierung einer Bandscheibenprothese C 3/4 (2008), ein Karpaltunnelsyndrom links bei Zustand nach Operation (11/2011), einen Zustand nach Schulter-Operation links (1998) bei Schulterluxationsfraktur und einen Zustand nach arthroskopischer subacromialer Dekompression bei Impingement der linken Schulter (9/2011) diagnostizert. Der Kläger sei für die Dauer von drei bis vier Monaten postoperativ arbeitsunfähig entlassen worden. Aufgrund von vielfältigen Einschränkungen wegen degenerativ bedingter Erkrankungen des Bewegungsapparats sei das Leistungsvermögen des Klägers in qualitativer und quantitativer Hinsicht auf Dauer eingeschränkt, wobei eine endgültige Beurteilung des Restleistungsvermögens noch nicht möglich, jedoch zu befürchten sei, dass er auf Dauer nicht in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit über drei Stunden täglich nachzugehen.
Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Th. hat in einem Arztbrief vom 26. April 2012 ausgeführt, er habe beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung bei gegenwärtig mittel- gradiger Episode, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit langjähriger Abstinenz, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus und ein Tabakabhängigkeitssyndrom diagnostiziert. Er sei stark beschwerdefixiert, freudlos und depressiv bei ausgeprägtem Krankheitsgefühl. Im Arbeitsleben sei er nicht mehr einsetzbar.
Am 18. Oktober 2012 ist der Kläger wegen einer Leistenhernie links (Bericht des Prof. Dr. Ri. vom 29. November 2012) und am 4. Dezember 2012 wegen eines Carpaltunnelsyndroms links (Operationsbericht des Dr. B. vom 6. Dezember 2012) ambulant operiert worden.
Radiologe Dr. G. hat in einem vom Kläger vorgelegten Befundbericht vom 5. August 2013 festgestellt, es bestehe gegenüber 2012 unverändert eine hyperlordotische Fehlhaltung und statik der Lendenwirbelsäule bei per Spondylodese korrigierter Gefügestörung ohne Nachweis eines Rezidivs oder neuen dorsalen Bandscheibenpro- oder -extrusionen.
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. Sc. hat im Kläger vorgelegten Ambulanzbrief vom 27. Juni 2013 eine Dislokation des Osteosynthesematerials ausgeschlossen, die Beschwerden des Klägers als funktioneller Natur bezeichnet und bei aktuell klinischem Befund mit Besserung durch bereits durchgeführte krankengymnastische Übungsbehandlungen ein weiteres Rezept zur Krankengymnastik sowie Fango ausgestellt. Im weiteren Ambulanzbrief vom 15. Oktober 2013 hat er berichtet, bei einer klinischen Untersuchung des Klägers vom 1. Oktober 2013 habe sich ein Druckschmerz über L 4/5 mittig, nicht über den Schraubenköpfen, gezeigt. Die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien intakt gewesen. Es hätten sich 5/5 Kraftgrade der Kennmuskeln der unteren Extremität sowie eine voll erhaltene Sensibilität gefunden. Der Finger-Boden-Abstand habe ca. 20 cm betragen und dem Kläger sei eine spontane Aufrichtung ohne Hilfe problemlos möglich gewesen. In der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 5. August 2013 habe sich ein regelhaft in situ befindliches Schrauben-Stabmaterial gezeigt. Eine Spinalkanalstenose, eine Anschlussdegeneration oder ein Bandscheibenprotrusion bzw. Bandscheibenvorfälle hätten nicht erkannt werden können, ebenso wenig eine hypertrophe Spondylarthrose oder sonstige Schmerzgeneratoren. Auch in der am 12. September 2013 durchgeführten Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule habe sich kein anderer Status gegenüber den Voraufnahmen, insbesondere keine Lockerung oder Migration und kein Implantatbruch gezeigt.
In dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2014 vorgelegten Arztbrief der Dr. Ri. vom 4. März 2014 hat diese über eine einmalige Vorstellung des Klägers vom 24. Februar 2014 berichtet und angegeben, aufgrund des unter anderem diagnostizierten chronischen Schmerzsyndroms eine multimodale Schmerztherapie empfohlen zu haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, seit dem 1. Juli 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und die Ausführungen im Urteil des SG. Sie hat die weiteren sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. R. vom 7. Mai und 12. November 2012 vorgelegt, der ausgeführt hat, aufgrund der im November 2011 durchgeführten Spondylodesen-Operation sei mit einer Beschwerdebesserung zu rechnen. Die postoperativ aufgetretene Weichteilschwellung, die eine Revision und eine mehrtägige Beatmung erforderlich gemacht habe, führe zu keiner dauerhaften Leistungseinschränkung. Eine postoperative mehrmonatige Rehabilitationszeit sei normal, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Rehabilitationsklinik B. B. geäußert habe, dass der Kläger auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit über drei Stunden täglich nachzugehen.
Der Senat hat die den Kläger behandelnden Dr. B. und Unfallchirurgen Prof. Dr. U. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. B. hat unter dem 24. August 2012 angegeben, er habe den Kläger seit Februar 1999 an etwa 400 Tagen behandelt. Zuletzt sei am 6. Juni 2012 eine Lockerung der Bandscheibenprothese im Abschnitt C 3/4 festgestellt worden. Prof. Dr. U. hat auf Anforderung des Senats von ihm und Ärzten seiner Klinik erstellte Arztbriefe und Operationsberichte übersandt sowie am 29. November 2012 ausgeführt, er habe am 7. Juli 2011 eine Schulterprellung links und eine Prellung der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Am 16. November 2011 sei eine Lockerung der Bandscheibenprothese festgestellt und eine Operationsindikation gestellt worden. Am 9. Februar 2012 habe der Kläger angegeben, seine Halswirbelsäulenbeschwerden hätten sich deutlich gebessert. Bei einer Untersuchung am 29. Februar 2012 nach durchgeführter Kernspintomographie vom 21. Februar 2012 sei eine Degeneration der lumbalen Bandscheiben mit bulging disc L 3/4 und L 4/5 ohne nennenswerte raumfordernde Wirkung festgestellt worden. Der Spinalkanal sei nicht eingeengt gewesen. Es habe sich eine mäßige Spondylarthrose ohne muskuläre Läsion gefunden. Es sei Krankengymnastik rezeptiert worden. Zuletzt habe sich der Kläger am 27. Juni 2012 vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beweglichkeit der Halswirbelsäule endgradig und die Entfaltung der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule stark eingeschränkt gewesen. Ferner hat auf Anforderung des Senats das Sportblick M. F. eine Aufstellung über die Tage der Teilnahme des Klägers am Rehabilitationsport vom 18. Juli bis 5. Oktober 2012 übersandt. Im Juli 2013 hat der Kläger seiner Tochter eine Niere gespendet. Dem operativen Eingriff vom 16. Juli 2013 hat sich eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers in der Zeit vom 20. August bis 10. September 2013 in der M. S. Klinik angeschlossen. Im von der Klinik übersandten Entlassungsbericht vom 16. September 2013 hat Chefarzt R. ausgeführt, der Kläger sei unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat hat darüber hinaus das nach einer Untersuchung des Klägers vom 30. Januar 2013 erstellte Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. Da. vom 18. März 2013 erhoben. Dieser hat auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen des Klägers festgestellt: &61485; etwa 50%-ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung der Bewegungssegmente C3/C4 bis C6/C7 ohne Nachweis motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, &61485; etwa 20%-ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, &61485; etwa 20%-ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule nach operativer Versteifung des Bewegungssegments L4/5 ohne Nachweis sensibler oder motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, &61485; endgradig eingeschränkte Streckung im rechten Zeige- und Kleinfinger sowie im linken Zeige- Mittel und Ringfinger sowie endgradig eingeschränkte Streckung im rechten Daumengrundgelenk, &61485; endgradig eingeschränkte Beugung im rechten Hüftgelenk wegen dann auftretender Beschwerden in der Lendenwirbelsäule sowie endgradig eingeschränkte Beugung im linken Hüftgelenk infolge der dann auftretenden Leistenschmerzen nach operativer Sanierung eines Leistenbruchs links und &61485; klinischer Verdacht auf eine Außenmeniskusschädigung im linken Kniegelenk ohne relevante Funktionseinschränkung. Unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen (kein regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über sieben kg, keine Arbeiten mit häufigem Bücken oder in gebückter Zwangshaltung, keine Überkopfarbeiten und keine Arbeiten mit häufigem In-die-Hocke-Gehen oder Arbeiten auf Gerüsten und Leitern) in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr auszuüben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit 1. Juli 2009.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung vom 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger seit Stellung des Rentenantrags vom 22. Juli 2009 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er ist nach der Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies den Sachverständigengutachten des Dr. Da. vom 18. März 2013 und des Dr. He. vom 3. Juni 2011 sowie dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. G. vom 28. Oktober 2009.
Der Schwerpunkt der Leiden des Klägers liegt auf orthopädischem Fachgebiet, wobei die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule im Vordergrund stehen. Er leidet an einer etwa 50%-igen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung der Bewegungssegmente C3/C4 bis C6/C7 ohne Nachweis motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, einer etwa 20%-igen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, einer etwa 20%-igen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule nach operativer Versteifung des Bewegungssegments L4/5 ohne Nachweis sensibler oder motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, einer endgradig eingeschränkten Streckung im rechten Zeige- und Kleinfinger sowie im linken Zeige-, Mittel- und Ringfinger sowie einer endgradig eingeschränkten Streckung im rechten Daumengrundgelenk, einer endgradig eingeschränkten Beugung im rechten Hüftgelenk wegen dann auftretender Beschwerden in der Lendenwirbelsäule sowie einer endgradig eingeschränkten Beugung im linken Hüftgelenk infolge der dann auftretenden Leistenschmerzen nach operativer Sanierung eines Leistenbruchs links und einem klinischen Verdacht auf eine Außenmeniskusschädigung im linken Kniegelenk ohne relevante Funktionseinschränkung. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen und überzeugenden Sachverständigengutachten von Dr. Da. vom 18. März 2013. Auch der den Kläger behandelnde Orthopäde Prof. Dr. Sc. hat in seinen Ambulanzbriefen vom 27. Juni und 15. Oktober 2013 keine weiter gehenden Funktionseinschränkungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet benannt. Schließlich beinhalten auch das Sachverständigengutachten des Dr. He. vom 3. Juni 2011 und der Entlassungsbericht des Chefarztes R. vom 16. September 2013 keine abweichenden Befunde und Funktionseinschränkungen hinsichtlich des orthopädischen Fachgebiets.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet leidet der Kläger rentenrelevant lediglich an einer Beschwerdefehlverarbeitung auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung. Sonstige dauerhafte psychiatrische Erkrankungen liegen bei ihm nicht vor. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. G. vom 28. Oktober 2009. Während der Untersuchung durch Dr. G. wirkte der Kläger in seiner Stimmung weit gehend ausgeglichen, ausreichend schwingungsfähig, gut auslenkbar und insgesamt nicht tiefergehend depressiv verstimmt. Sein Antrieb war ungestört und es bestanden keine wesentlichen Beeinträchtigungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit. Er zeigte auch keine charakteristischen Merkmale einer somatoformen Schmerzstörung. Auch der Entlassungsbericht des Chefarztes R. vom 16. September 2013 enthält keine Befunde, die auf Funktionseinschränkungen bezüglich des nervenärztlichen Fachgebiets hindeuten könnten. Soweit Priv.-Doz. Dr. H. im Entlassungsbericht vom 27. Juli 2010 und Dr. Th. im Arztbrief vom 26. April 2012 jeweils eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert haben, handelte es sich jeweils um lediglich vorübergehende Krankheitsphasen. Insbesondere die stationäre Behandlung in der Zeit vom 12. Juni bis 5. Juli 2010 erfolgte aufgrund eines eskalierten innerfamiliären Konflikts, wie sich dem Entlassungsbericht von Priv.-Doz. Dr. H. vom 27. Juli 2010 entnehmen lässt. Anhaltspunkte für eine regelmäßige psychiatrische oder gar psychotherapeutische Behandlung liegen nicht vor. Auch bei Dr. Ri. hat sich der Kläger erst ein Mal am 24. Februar 2014 vorgestellt, wie sich deren Arztbrief vom 4. März 2014 entnehmen lässt.
Aus den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach der Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Er kann Lasten über sieben kg ohne Hilfsmittel nicht mehr regelmäßig heben, tragen oder bewegen, keine Arbeiten mit häufigem Bücken oder in gebückter Zwangshaltung, keine Überkopfarbeiten und keine Arbeiten mit häufigem In-die-Hocke-Gehen oder auf Gerüsten und Leitern mehr verrichten. Sonstige krankheitsbedingten qualitativen Leistungseinschränkungen bestehen nicht. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten von Dr. Da. vom 18. März 2013. Damit liegt auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - m.w.N; auch Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -; alle in juris) nicht vor. Die beim Kläger vorliegenden Einschränkungen können zwar das Spektrum der für ihn in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründeten aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen ist der Kläger seit Stellung des Rentenantrags vom 22. Juli 2009 noch in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt diese Überzeugung auf die Beurteilung von Dr. Da. in seinem Sachverständigengutachten vom 18. März 2013, die er für den Senat auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar begründet hat. Soweit Dr. T. im Reha-Entlassungsbericht vom 7. Februar 2012 ausgeführt hat, das Leistungsvermögen des Klägers sei dauerhaft auch quantitativ eingeschränkt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine prognostische Beurteilung unmittelbar nach zwei Wirbelsäulenoperationen mit anschließendem intensivmedizinischen stationären Aufenthalt handelte, so dass die Einschätzung von Dr. T. nicht nachvollziehbar ist, zumal bereits während der Rehabilitationsmaßnahme sowohl hinsichtlich der Schmerzintensität als auch hinsichtlich der Wirbelsäulenbeweglichkeit eine zumindest gewisse Besserung eingetreten war. Die negative Prognose von Dr. T. hat sich dann letztlich auch nicht bestätigt, wie sich aus den von Dr. Da. am 30. Januar 2013 erhobenen Befunden sowie dem Entlassungsbericht des Chefarztes R. vom 16. September 2013 entnehmen lässt. Auch Prof. Dr. Sc. hat in seinen Ambulanzbriefen vom 27. Juni und 15. Oktober 2013 eine Befundstabilisierung beschrieben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved