Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 2241/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2372/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.04.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für das tägliche Anziehen von Kompressionsstrümpfen als Leistung der häuslichen Krankenpflege im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011.
Die 1929 geborene Klägerin leidet nach einem Apoplex unter einer Hemiparese, zerebralen Krampfanfällen, Varikosis und Hypertonie. Die Beklagte bewilligte mit Schreiben vom 03.03.2010 häusliche Krankenpflege in Form von täglichem Anziehen von Kompressionsstrümpfen zunächst für die Zeit vom 18.02.2010 bis 30.06.2010 und sodann mit Schreiben vom 28.07.2010 auch für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2010.
Mit Folgeverordnung vom 16.12.2010 verordneten die Ärzte für Allgemeinmedizin Dres. U. erneut das tägliche Anziehen von Kompressionsstrümpfen für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011. Mit Bescheid vom 07.01.2011 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für diesen Zeitraum ab, weil eine nahestehende Person im Lebensumfeld die Pflegeleistung durchführen könne.
Die Klägerin legte dagegen am 13.01.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, wenn der Pflegedienst komme, sei ihre Tochter auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen im Stall. Die Kompressionsstrümpfe müssten vor dem Aufstehen angezogen werden, ein späterer Zeitpunkt komme daher nicht in Frage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Tochter der Klägerin ihre Tätigkeit auf dem familieneigenen landwirtschaftlichen Betrieb für das Anziehen der Kompressionsstrümpfe nicht unterbrechen könne. Es sei möglich, dass die Tochter ihre Arbeit so koordiniere, dass sie der Klägerin morgens vor dem Aufstehen die Kompressionsstrümpfe anziehen könne. Gegebenenfalls müsse der Einsatz der Pflegestation entsprechend abgestimmt werden.
Am 19.05.2011 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Zur Begründung ließ sie vortragen, ihre im selben Haushalt lebende Tochter betreibe einen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie nehme die Tätigkeit zwischen 5 Uhr und 5.30 Uhr auf, arbeite ca. drei Stunden und richte anschließend das Frühstück für die Klägerin. Zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr komme der Pflegedienst, wasche die Klägerin, ziehe sie an und verabreiche Medikamente. Währenddessen seien die Kompressionsstrümpfe anzuziehen. Die Tochter der Klägerin müsste dazu ihre Stallarbeit unterbrechen, sich reinigen, die Kompressionsstrümpfe anziehen und ihre Arbeit wieder aufnehmen. Dies sei nicht zumutbar. Der Leistungsausschluss des § 37 Abs. 3 SGB V greife im Übrigen nicht schon dann, wenn Hilfe durch Haushaltsangehörige geleistet werden könne, sondern wenn diese Hilfe auch tatsächlich erbracht werde. Der Leistungsausschluss bestehe nur, wenn einerseits die zu Pflegende bereit sei, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen und wenn andererseits auch der pflegende Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden sei. Die Tochter der Klägerin übernehme bereits jetzt einen erheblichen Pflegeaufwand und sei zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes auf den Einsatz der Diakoniestation angewiesen. Die Diakoniestation A. habe die Kosten aufgrund der finanziellen Lage der Klägerin bisher dieser gegenüber gerichtlich nicht geltend gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.04.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Voraussetzung für die geltend gemachte Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V sei zum einen, dass ein Anspruch auf die Sachleistung bestehe, weil der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter gehe als der Sachleistungsanspruch. Zum anderen müssten Kosten tatsächlich entstanden sein. Das ergebe sich aus dem Wortlaut und aus Sinn und Zweck der Vorschrift, den Versicherten so zu stellen, wie er bei Erbringung der Sachleistung durch die Krankenkasse stünde. Der Versicherte müsse einer Forderung seitens des Leistungserbringers tatsächlich ausgesetzt sein (BSG, Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R). Eine Zahlungspflicht des Versicherten folge dabei nicht schon aus der Tatsache, dass die Krankenkasse die Zahlung verweigere. Erforderlich sei vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des BSG die wirksame bürgerlich-rechtliche Verpflichtung, die in Anspruch genommene Leistung zu bezahlen (BSG, Urteil vom 27.03.2007 - B 1 KR 25/06 R; Urteil vom 17.03.2005 - B 1 KR 35/04 R). Nehme der Leistungserbringer den Versicherten ausdrücklich nicht in Anspruch, bestehe auch kein Anspruch auf Kostenerstattung. Nach den vorgelegten Rechnungen habe der Pflegedienst ausdrücklich darauf verzichtet, die Klägerin in Anspruch zu nehmen. Die Rechnungen wiesen jeweils 0,00 EUR als Einzel- und Gesamtpreis für die erbrachte Leistung des täglichen Wechsels der Kompressionsstrümpfe aus. Ein Anspruch auf Kostenerstattung scheide daher aus. Im Übrigen sei der Sachleistungsanspruch vorliegend nach § 37 Abs. 3 SGB V begrenzt, weil eine im Haushalt lebende Person die häusliche Krankenpflege übernehmen könne. Hinsichtlich der Einzelheiten folge das Gericht insoweit der Begründung des angegriffenen Bescheides (§ 136 Abs. 3 SGG). Der klägerische Vortrag, eine Koordination der Leistungen des Pflegedienstes mit dem Anziehen der Kompressionsstrümpfe seitens der Tochter der Klägerin sei nicht möglich, sei trotz Nachfrage des Gerichts unsubstantiiert geblieben. Das Gericht gehe davon aus, dass der Pflegedienst als Dienstleister in Konkurrenz zu anderen Leistungserbringern stehe und sich nach den zeitlichen Vorgaben des Auftraggebers richte. Wenn der Pflegedienst um 8 Uhr komme, nachdem die Tochter der Klägerin ihre Stallarbeit beendet habe, sei eine Koordination der Pflegeleistungen ohne Weiteres möglich. Es sei daher nicht ersichtlich, dass das Anziehen von Kompressionsstrümpfen für die Tochter der Klägerin oder die Klägerin selbst unzumutbar wäre.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 03.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am Montag, dem 04.06.2012 Berufung eingelegt. Es bestehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Kostenerstattung. Denn die Beklagte habe von den Rechnungen der Diakoniestation für die Monate Januar bis August 2011 stets die Behandlungspflege der Gruppe I sowie die Sonn- und Feiertagszuschläge nicht erstattet. Die Differenzen seien der Klägerin jeweils in Rechnung gestellt worden. Die Klägerin ließ hierzu folgende Rechnungen der Diakoniestation vorlegen:
Rechnung vom 15.03.2011 Januar 2011 151,75 EUR Rechnung vom 15.04.2011 Februar 2011 213,96 EUR Rechnung vom 15.05.2011 März 2011 240,12 EUR Rechnung vom 31.05.2011 April 2011 242,46 EUR Rechnung vom 23.06.2011 Mai 2011 232,57 EUR Rechnung vom 02.08.2011 Juni 2011 236,40 EUR Rechnung vom 31.08.2011 Juli 2011 244,04 EUR Rechnung vom 30.09.2011 August 2011 234,04 EUR
Der Kostenerstattungsanspruch sei nicht nach § 37 Abs. 3 SGG begrenzt. Nach dem hierzu ergangenen Urteil des BSG vom 30.03.2000 (B 3 KR 23/99 R) greife der Leistungsausschluss nur, wenn der Pflegende bereit sei, sich vom Angehörigen pflegen zu lassen, und der Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden sei. Eine Ausnahme komme nur dann zum Tragen, wenn sich der Versicherte ohne nachvollziehbare Gründe weigere. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin müssten dieser die Kompressionsstrümpfe bereits im Bett angezogen werden, da sich ansonsten an den Füßen behandlungsbedürftige Ödeme bilden würden. Die Kompressionsstrümpfe müssten nach dem Waschen und teilweisen Ankleiden der Klägerin angezogen werden, sodann erfolge das weitere Ankleiden der Klägerin. Die Tochter der Klägerin müsste daher während des Einsatzes der Diakoniestation hinzukommen und das Anziehen der Kompressionsstrümpfe übernehmen, bevor die Klägerin dann vom Pflegedienst fertig angezogen würde. Dieser Ablauf sei lebensfremd. Außerdem müsste die Tochter der Klägerin vom zeitlichen Ablauf her ihre Tätigkeit im Stall unterbrechen, sich einer Grundreinigung unterziehen, ihre Kleidung wechseln, die Kompressionsstrümpfe anziehen, um dann erneut die Kleidung zu wechseln und die Arbeit im Stall fortzusetzen. Diese Vorgehensweise sei ebenfalls lebensfremd. Die Weigerung der Tochter, die ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehe und durch den Pflegedienst bereits entlastet werden müsse, sei daher nachvollziehbar. Sie wolle die Leistung nicht erbringen und könne dazu auch nicht verpflichtet werden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts könne der Klägerin auch nicht vorgeschrieben werden, welchen Pflegedienst sie zu beauftragen habe. Alle Pflegedienste hätten feste Routen einzuhalten. Verschiebungen seien nur unter einem erheblichen Aufwand möglich. Eine Verpflichtung zur Abstimmung mit dem Pflegedienst sei nicht von § 37 Abs. 3 SGB V gedeckt. Es komme vielmehr allein darauf an, ob es im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen konkret möglich und zumutbar sei, die Pflegeleistung auszuführen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Kosten für das Anziehen der Kompressionsstrümpfe durch den Pflegedienst in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011 in Höhe von 1.317,26 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass es der Tochter der Klägerin möglich sei, ihre Zeit so einzuteilen, dass sie das Anziehen der Kompressionsstrümpfe übernehmen könne. Das Bundessozialgericht habe den Vorrang der Eigenhilfe vor der Inanspruchnahme von Hilfe durch die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung bestätigt und darauf hingewiesen, dass das Gesetz hierbei an familienrechtliche Fürsorge- und Unterhaltspflichten sowie an sittliche Beistandspflichten anknüpfe. Häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 3 SGB V sei dann ausgeschlossen, wenn einerseits der Versicherte sich ohne nachvollziehbaren Grund weigere, Maßnahmen der Behandlungspflege von ehrenamtlichen Personen in Anspruch zu nehmen, insbesondere solchen, die ihn ohnehin zur Sicherstellung der Pflege als Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld aus der Pflegeversicherung versorgten und es sich um einfache Maßnahmen handele, andererseits wenn ein kollektives Zusammenwirken von Pflegebedürftigen und Haushaltsangehörigen angenommen werden müsse, wenn etwa beide sich ohne nachvollziehbare Gründe weigerten, Pflegemaßnahmen vornehmen zu lassen bzw. durchzuführen. Die Tochter der Klägerin erbringe bereits einen erheblichen Pflegeaufwand im Rahmen der Grundpflege. Dies gehe zum einen aus der Klagebegründung vom 16.06.2011 hervor, zum anderen würden von der A.-Pflegekasse Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegestufe 2) und zwar sowohl Pflegesachleistungen, als auch anteilige Pflegegeldzahlungen erbracht, die aus der Pflege der Tochter resultierten. Es werde von der Klägerin nicht näher begründet, warum die Tochter die Leistung nicht erbringen wolle. Gründe, weshalb es für die Tochter nicht zumutbar sei, die landwirtschaftliche Tätigkeit für die Dauer des Anziehens der Kompressionsstrümpfe zu unterbrechen, würden ebenfalls nicht angegeben. Beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe handele es sich deshalb um eine für die Tochter zumutbare Verrichtung. Auch das Sozialgericht habe eine Koordination mit dem Pflegdienst für möglich gehalten.
Die Berichterstatterin hat am 06.03.2013 einen Erörterungstermin in dieser Sache durchgeführt. Der Vertreter der Klägerin hat darin erklärt, dass der Kostenerstattungsanspruch nur für die Zeit von Januar bis Juni 2011 geltend gemacht werde. Von Seiten der Beklagten wurde geltend gemacht, dass das Anziehen der Kompressionsstrümpfe unter die große Morgentoilette falle, die vom Pflegedienst über die Pflegekasse abgerechnet werde, so dass eine gesonderte Abrechnung im Wege der häuslichen Krankenpflege schon deshalb nicht in Betracht komme.
Die Klägerin hat dazu mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 05.04.2013 noch vortragen lassen, die große Morgentoilette umfasse das Anziehen der Kompressionsstrümpfe gerade nicht, sondern dies unterfalle der Krankenversicherung. Zum Urteil des Senats vom 16.05.2012 (L 5 KR 5889/10), auf das die Berichterstatterin hinsichtlich der Maßstäbe für die Zumutbarkeit von Pflegeleistungen durch Angehörige hingewiesen hatte, führte der Kläger-Vertreter aus, daraus ergebe sich, dass die Tochter der Klägerin nicht verpflichtet werden könne, Urlaub für die Pflege der Klägerin zu nehmen. Um die Behandlungspflege zu übernehmen, müsse die Tochter aber ihre Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb unterbrechen. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob die Klägerin in einem eigenen Betrieb oder außerhalb ihres Grundstücks tätig sei. In letztem Fall könne es ihr erst recht nicht zugemutet werden, ihre Tätigkeit zu unterbrechen, um die Behandlungspflege durchzuführen. Nichts anderes könne bei einer Tätigkeit im heimischen Hofbetrieb gelten.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.05.2013 ausgeführt, es handele sich beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe doch nicht um eine Leistung im Rahmen der großen Morgentoilette. Sie bleibe aber dabei, dass die Tochter der Klägerin diese Leistung übernehmen könne, so dass kein Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist überschritten, da Gegenstand des Rechtsstreits ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1.317,26 EUR ist. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zwar fehlt es nicht bereits deshalb an einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - SGB V -, weil die Klägerin - wie das Sozialgericht angenommen hat - einer Kostenforderung von Seiten des Pflegedienstes nicht ausgesetzt sei. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren Rechnungen des Pflegedienstes für die Monate Januar bis Juni 2011 vorgelegt, mit denen der Pflegedienst ihr die von der Beklagten nicht übernommenen Kosten für die streitgegenständliche Pflegeleistung - tägliches Anziehen der Kompressionsstrümpfe - persönlich in Rechnung gestellt hat. Damit ist eine zivilrechtliche Forderung des Pflegedienstes gegenüber der Klägerin belegt. Ob die Rechnungen zwischenzeitlich beglichen wurden, ist für die Frage des Kostenerstattungsanspruchs unerheblich.
Der Klägerin steht allerdings ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege für das tägliche An-ziehen der Kompressionsstrümpfe nicht zu. Die Beklagte hat die Kostenerstattung zu Recht abgelehnt.
Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus. Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche selbst beschafften Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch.
Die Voraussetzungen für einen solchen Sachleistungsanspruch sind nicht erfüllt.
Gem. § 37 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die häusliche Krankenpflege stellt eine akzessorische Nebenleistung zur Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) dar. Sie ist vom behandelnden Arzt nach Maßgabe der Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege - HKP-Richtlinien - des Gemeinsamen Bundesausschusses zu verordnen (§§ 73 Abs. 2 Nr. 8, 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und bedarf außerdem der Bewilligung durch die Krankenkasse (vgl. § 15 Abs. 3 SGB V bzw. § 27 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä).
Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung häuslicher Krankenpflege ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie zugleich Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung erhält. Das Verhältnis des Anspruchs aus § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V zu Ansprüchen aus den §§ 36 ff Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ist in § 13 Abs. 2 und § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI geregelt. Nach § 13 Abs. 2 SGB XI bleiben die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V beim Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung unberührt; nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI kann es nur zu einem Ruhen des Anspruchs aus der sozialen Pflegeversicherung kommen, wenn im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auch Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung besteht. Letzteres kommt allerdings nur bei der sog. Krankenhausvermeidungspflege (§ 37 Abs. 1 SGB V) in Betracht; bei der hier betroffenen Behandlungssicherungspflege (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V) sind Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach dem Eintritt des Versicherungsfalls der Pflegebedürftigkeit nicht zulässig (BSG, Urteil vom 30.03.2000 - B 3 KR 23/99 R -, in Juris).
Gemäß § 37 Abs. 3 SGB V besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege jedoch nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann. Die Vorschrift knüpft an familienrechtliche Fürsorge- und Unterhaltspflichten sowie an sittliche Beistandspflichten unter zusammenlebenden Hausangehörigen außerhalb des Familienverbundes im engeren Sinne an und konkretisiert den Grundsatz des Vorrangs der Eigenhilfe vor der Hilfe durch die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung, das Subsidiaritätsprinzip (§ 1 Satz 2 SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V). Der erkrankte Versicherte und die mit ihm im Haushalt lebenden Familienangehörigen müssen alles in ihren Kräften Stehende und Zumutbare tun, um zur Behebung des Krankheitszustandes beizutragen (Urteil des Senats vom 16.05.2012 - L 5 KR 5889/10 -, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2005, - L 24 KR 49/03 -).
§ 37 Abs. 3 SGB V enthält einen Ausschlusstatbestand und damit eine Ausnahmevorschrift, die nicht über den Wortlaut hinaus zu Lasten des Versicherten weit ausgelegt werden darf, zumal bei der Auslegung des SGB sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden (§ 2 Abs. 2 2. Halbsatz SGB I). Es genügt nicht, wenn die Hilfe durch Haushaltsangehörige geleistet werden könnte; sie muss tatsächlich geleistet werden. Der zu Pflegende muss bereit sein, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen, und der pflegende Angehörige muss mit der Durchführung der Pflege einverstanden sein. Im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs zahlreicher pflegerischer Maßnahmen in Intimbereichen lässt Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ein Einverständnis auf beiden Seiten, also die aktive wie auch die passive Pflegebereitschaft, als unverzichtbar erscheinen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Versicherte sich ohne nachvollziehbaren Grund weigert, Maßnahmen der Behandlungspflege von ehrenamtlichen Pflegepersonen in Anspruch zu nehmen, insbesondere solchen, die ihn ohnehin zur Sicherstellung der Pflege als Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld aus der Pflegeversicherung versorgen, und es sich um einfache Maßnahmen ohne Berührung der Intimsphäre handelt, wie es etwa bei der Medikamentengabe regelmäßig der Fall sein dürfte (BSG, Urt. v. 30.03.2000, a.a.O.).
Über die Zumutbarkeit der Pflege durch Haushaltsangehörige ist im Rahmen einer Abwägung der jeweiligen Einzelfallumstände zu entscheiden. Für diese Abwägung kommt es (u.a.) auf die Art der für den Kranken zu erbringenden Pflegeleistung und auf die persönlichen Verhältnisse des pflegenden Haushaltsangehörigen an. Hinsichtlich der Art der Pflegeleistung sind die Zumutbarkeitsanforderungen um so geringer, je weniger die Pflegeleistung den Intimbereich des Kranken betrifft. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Haushaltsangehörigen kommt es auf dessen (physische, ggf. auch psychische oder pflegefachlich-technische) Fähigkeit zur Erbringung der Pflegeleistung an. Außerdem sind ggf. seine familienrechtlichen Beziehungen zum Kranken zu berücksichtigen. Schließlich dürfen der Pflege durch Haushaltsangehörige keine anderen Verpflichtungen entgegenstehen. So muss der Haushaltsangehörige für die Krankenpflege Arbeit oder Ausbildung nicht aufgeben. Die Erbringung von Pflegeleistungen während der arbeits- bzw. schulfreien Zeit bzw. im Urlaub wird aber regelmäßig zumutbar sein, unbeschadet dessen, dass dem Haushaltsangehörigen ein gewisses Maß an jährlichem Erholungsurlaub ohne Verpflichtung zur Krankenpflege zugebilligt werden muss (Urteil des Senats vom 16.05.2012 - L 5 KR 5889/10 - mit Hinweis auf Padé in: jurisPK-SGB V, § 37 Rdnr. 59 ff.).
Davon ausgehend hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, der Klägerin die streitige Leistung - tägliches Anziehen von Kompressionsstrümpfen - als Leistung der häuslichen Krankenpflege zu gewähren, und die Klägerin zu Recht auf die Erbringung dieser Leistungen durch ihre im Haushalt lebende Tochter verwiesen. Das Anziehen der Kompressionsstrümpfe ist unproblematisch und stellt keine besonderen pflegefachlich-technischen Anforderungen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tochter der Klägerin dazu physisch oder psychisch nicht in der Lage wäre. Nachvollziehbare Gründe, die die Erbringung der streitigen Pflegeleistungen durch die Tochter als unzumutbar erscheinen lassen könnten, liegen nicht vor. Für die Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle ist im Ausgangspunkt maßgeblich, dass es sich bei der Haushaltsangehörigen i. S. d. § 37 Abs. 3 SGB V hier um die Tochter handelt, die in engster familienrechtlicher und sittlicher Beziehung zur Klägerin steht und von der deshalb von Vornherein eine höhere Pflegebereitschaft erwartet werden muss als von anderen Haushaltsangehörigen. Außerdem handelt es sich, worauf die Beklagte zuletzt noch hingewiesen hat, um eine Pflegeperson, deren Pflegetätigkeit Grundlage der Gewährung von Pflegegeld durch die Pflegekasse ist.
Maßgeblich ist dafür auf die konkreten Verhältnisse im Haushalt der Klägerin abzustellen. Wie sich die Situation darstellen würde, wenn die Tochter der Klägerin nicht vor Ort im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten würde, ist dagegen unerheblich. Die Argumentation der Klägerin, das Anziehen der Kompressionsstrümpfe sei ihrer Tochter nicht zumutbar, weil diese dafür die Arbeit im Stall unterbrechen müsse, überzeugt den Senat nicht. Hierbei handelt es sich letztlich nur um eine Frage der konkreten Organisation und zeitlichen Planung der Pflegeleistung, für die sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht die Klägerin bereits darauf verwiesen haben, dass eine Abstimmung mit einem geeigneten Pflegedienst insoweit zumutbar ist. Der von der Klägerin geschilderte Ablauf, dass ihre Tochter die Arbeit im Stall zu unterbrechen, sich umzukleiden, dann die Pflegeleistung zu erbringen und sich sodann erneut umzukleiden und ihre Arbeit fortzusetzen habe, mag zwar umständlich sein, dürfte aber zum einen die Schwelle der Zumutbarkeit nicht überschreiten und zum anderen auch nicht zwingend sein. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es ohne Weiteres in Betracht kommt, den Einsatz des Pflegedienstes zeitlich so zu vereinbaren, dass dessen Pflegeleistung und das Anziehen der Kompressionsstrümpfe erst nach dem Ende der Stallarbeit der Tochter verrichtet werden. Auch der Senat hält darauf gerichtete organisatorische Maßnahmen durchaus für zumutbar und auch keinesfalls für zwingend, dass das Waschen und Anziehen der Klägerin bereits zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr durchgeführt wird. Die Klägerin hat dem lediglich entgegen gehalten, dass die Pflegedienste feste Routen hätten, von denen nicht ohne erheblichen Aufwand abgewichen werden könne. Sie hat aber nicht geltend gemacht, sich bereits erfolglos mit der Diakoniestation oder einem anderen Pflegedienst um eine entsprechende zeitliche Gestaltung des Einsatzes überhaupt bemüht zu haben.
Die Klägerin muss sich daher den Ausschlusstatbestand des § 37 Abs. 3 SGB V entgegen halten und sich darauf verweisen lassen, dass die streitgegenständliche Behandlungspflege von ihrer Tochter durchgeführt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für das tägliche Anziehen von Kompressionsstrümpfen als Leistung der häuslichen Krankenpflege im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011.
Die 1929 geborene Klägerin leidet nach einem Apoplex unter einer Hemiparese, zerebralen Krampfanfällen, Varikosis und Hypertonie. Die Beklagte bewilligte mit Schreiben vom 03.03.2010 häusliche Krankenpflege in Form von täglichem Anziehen von Kompressionsstrümpfen zunächst für die Zeit vom 18.02.2010 bis 30.06.2010 und sodann mit Schreiben vom 28.07.2010 auch für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2010.
Mit Folgeverordnung vom 16.12.2010 verordneten die Ärzte für Allgemeinmedizin Dres. U. erneut das tägliche Anziehen von Kompressionsstrümpfen für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011. Mit Bescheid vom 07.01.2011 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für diesen Zeitraum ab, weil eine nahestehende Person im Lebensumfeld die Pflegeleistung durchführen könne.
Die Klägerin legte dagegen am 13.01.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, wenn der Pflegedienst komme, sei ihre Tochter auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen im Stall. Die Kompressionsstrümpfe müssten vor dem Aufstehen angezogen werden, ein späterer Zeitpunkt komme daher nicht in Frage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Tochter der Klägerin ihre Tätigkeit auf dem familieneigenen landwirtschaftlichen Betrieb für das Anziehen der Kompressionsstrümpfe nicht unterbrechen könne. Es sei möglich, dass die Tochter ihre Arbeit so koordiniere, dass sie der Klägerin morgens vor dem Aufstehen die Kompressionsstrümpfe anziehen könne. Gegebenenfalls müsse der Einsatz der Pflegestation entsprechend abgestimmt werden.
Am 19.05.2011 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Zur Begründung ließ sie vortragen, ihre im selben Haushalt lebende Tochter betreibe einen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie nehme die Tätigkeit zwischen 5 Uhr und 5.30 Uhr auf, arbeite ca. drei Stunden und richte anschließend das Frühstück für die Klägerin. Zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr komme der Pflegedienst, wasche die Klägerin, ziehe sie an und verabreiche Medikamente. Währenddessen seien die Kompressionsstrümpfe anzuziehen. Die Tochter der Klägerin müsste dazu ihre Stallarbeit unterbrechen, sich reinigen, die Kompressionsstrümpfe anziehen und ihre Arbeit wieder aufnehmen. Dies sei nicht zumutbar. Der Leistungsausschluss des § 37 Abs. 3 SGB V greife im Übrigen nicht schon dann, wenn Hilfe durch Haushaltsangehörige geleistet werden könne, sondern wenn diese Hilfe auch tatsächlich erbracht werde. Der Leistungsausschluss bestehe nur, wenn einerseits die zu Pflegende bereit sei, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen und wenn andererseits auch der pflegende Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden sei. Die Tochter der Klägerin übernehme bereits jetzt einen erheblichen Pflegeaufwand und sei zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes auf den Einsatz der Diakoniestation angewiesen. Die Diakoniestation A. habe die Kosten aufgrund der finanziellen Lage der Klägerin bisher dieser gegenüber gerichtlich nicht geltend gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.04.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Voraussetzung für die geltend gemachte Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V sei zum einen, dass ein Anspruch auf die Sachleistung bestehe, weil der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter gehe als der Sachleistungsanspruch. Zum anderen müssten Kosten tatsächlich entstanden sein. Das ergebe sich aus dem Wortlaut und aus Sinn und Zweck der Vorschrift, den Versicherten so zu stellen, wie er bei Erbringung der Sachleistung durch die Krankenkasse stünde. Der Versicherte müsse einer Forderung seitens des Leistungserbringers tatsächlich ausgesetzt sein (BSG, Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R). Eine Zahlungspflicht des Versicherten folge dabei nicht schon aus der Tatsache, dass die Krankenkasse die Zahlung verweigere. Erforderlich sei vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des BSG die wirksame bürgerlich-rechtliche Verpflichtung, die in Anspruch genommene Leistung zu bezahlen (BSG, Urteil vom 27.03.2007 - B 1 KR 25/06 R; Urteil vom 17.03.2005 - B 1 KR 35/04 R). Nehme der Leistungserbringer den Versicherten ausdrücklich nicht in Anspruch, bestehe auch kein Anspruch auf Kostenerstattung. Nach den vorgelegten Rechnungen habe der Pflegedienst ausdrücklich darauf verzichtet, die Klägerin in Anspruch zu nehmen. Die Rechnungen wiesen jeweils 0,00 EUR als Einzel- und Gesamtpreis für die erbrachte Leistung des täglichen Wechsels der Kompressionsstrümpfe aus. Ein Anspruch auf Kostenerstattung scheide daher aus. Im Übrigen sei der Sachleistungsanspruch vorliegend nach § 37 Abs. 3 SGB V begrenzt, weil eine im Haushalt lebende Person die häusliche Krankenpflege übernehmen könne. Hinsichtlich der Einzelheiten folge das Gericht insoweit der Begründung des angegriffenen Bescheides (§ 136 Abs. 3 SGG). Der klägerische Vortrag, eine Koordination der Leistungen des Pflegedienstes mit dem Anziehen der Kompressionsstrümpfe seitens der Tochter der Klägerin sei nicht möglich, sei trotz Nachfrage des Gerichts unsubstantiiert geblieben. Das Gericht gehe davon aus, dass der Pflegedienst als Dienstleister in Konkurrenz zu anderen Leistungserbringern stehe und sich nach den zeitlichen Vorgaben des Auftraggebers richte. Wenn der Pflegedienst um 8 Uhr komme, nachdem die Tochter der Klägerin ihre Stallarbeit beendet habe, sei eine Koordination der Pflegeleistungen ohne Weiteres möglich. Es sei daher nicht ersichtlich, dass das Anziehen von Kompressionsstrümpfen für die Tochter der Klägerin oder die Klägerin selbst unzumutbar wäre.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 03.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am Montag, dem 04.06.2012 Berufung eingelegt. Es bestehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Kostenerstattung. Denn die Beklagte habe von den Rechnungen der Diakoniestation für die Monate Januar bis August 2011 stets die Behandlungspflege der Gruppe I sowie die Sonn- und Feiertagszuschläge nicht erstattet. Die Differenzen seien der Klägerin jeweils in Rechnung gestellt worden. Die Klägerin ließ hierzu folgende Rechnungen der Diakoniestation vorlegen:
Rechnung vom 15.03.2011 Januar 2011 151,75 EUR Rechnung vom 15.04.2011 Februar 2011 213,96 EUR Rechnung vom 15.05.2011 März 2011 240,12 EUR Rechnung vom 31.05.2011 April 2011 242,46 EUR Rechnung vom 23.06.2011 Mai 2011 232,57 EUR Rechnung vom 02.08.2011 Juni 2011 236,40 EUR Rechnung vom 31.08.2011 Juli 2011 244,04 EUR Rechnung vom 30.09.2011 August 2011 234,04 EUR
Der Kostenerstattungsanspruch sei nicht nach § 37 Abs. 3 SGG begrenzt. Nach dem hierzu ergangenen Urteil des BSG vom 30.03.2000 (B 3 KR 23/99 R) greife der Leistungsausschluss nur, wenn der Pflegende bereit sei, sich vom Angehörigen pflegen zu lassen, und der Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden sei. Eine Ausnahme komme nur dann zum Tragen, wenn sich der Versicherte ohne nachvollziehbare Gründe weigere. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin müssten dieser die Kompressionsstrümpfe bereits im Bett angezogen werden, da sich ansonsten an den Füßen behandlungsbedürftige Ödeme bilden würden. Die Kompressionsstrümpfe müssten nach dem Waschen und teilweisen Ankleiden der Klägerin angezogen werden, sodann erfolge das weitere Ankleiden der Klägerin. Die Tochter der Klägerin müsste daher während des Einsatzes der Diakoniestation hinzukommen und das Anziehen der Kompressionsstrümpfe übernehmen, bevor die Klägerin dann vom Pflegedienst fertig angezogen würde. Dieser Ablauf sei lebensfremd. Außerdem müsste die Tochter der Klägerin vom zeitlichen Ablauf her ihre Tätigkeit im Stall unterbrechen, sich einer Grundreinigung unterziehen, ihre Kleidung wechseln, die Kompressionsstrümpfe anziehen, um dann erneut die Kleidung zu wechseln und die Arbeit im Stall fortzusetzen. Diese Vorgehensweise sei ebenfalls lebensfremd. Die Weigerung der Tochter, die ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehe und durch den Pflegedienst bereits entlastet werden müsse, sei daher nachvollziehbar. Sie wolle die Leistung nicht erbringen und könne dazu auch nicht verpflichtet werden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts könne der Klägerin auch nicht vorgeschrieben werden, welchen Pflegedienst sie zu beauftragen habe. Alle Pflegedienste hätten feste Routen einzuhalten. Verschiebungen seien nur unter einem erheblichen Aufwand möglich. Eine Verpflichtung zur Abstimmung mit dem Pflegedienst sei nicht von § 37 Abs. 3 SGB V gedeckt. Es komme vielmehr allein darauf an, ob es im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen konkret möglich und zumutbar sei, die Pflegeleistung auszuführen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Kosten für das Anziehen der Kompressionsstrümpfe durch den Pflegedienst in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011 in Höhe von 1.317,26 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass es der Tochter der Klägerin möglich sei, ihre Zeit so einzuteilen, dass sie das Anziehen der Kompressionsstrümpfe übernehmen könne. Das Bundessozialgericht habe den Vorrang der Eigenhilfe vor der Inanspruchnahme von Hilfe durch die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung bestätigt und darauf hingewiesen, dass das Gesetz hierbei an familienrechtliche Fürsorge- und Unterhaltspflichten sowie an sittliche Beistandspflichten anknüpfe. Häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 3 SGB V sei dann ausgeschlossen, wenn einerseits der Versicherte sich ohne nachvollziehbaren Grund weigere, Maßnahmen der Behandlungspflege von ehrenamtlichen Personen in Anspruch zu nehmen, insbesondere solchen, die ihn ohnehin zur Sicherstellung der Pflege als Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld aus der Pflegeversicherung versorgten und es sich um einfache Maßnahmen handele, andererseits wenn ein kollektives Zusammenwirken von Pflegebedürftigen und Haushaltsangehörigen angenommen werden müsse, wenn etwa beide sich ohne nachvollziehbare Gründe weigerten, Pflegemaßnahmen vornehmen zu lassen bzw. durchzuführen. Die Tochter der Klägerin erbringe bereits einen erheblichen Pflegeaufwand im Rahmen der Grundpflege. Dies gehe zum einen aus der Klagebegründung vom 16.06.2011 hervor, zum anderen würden von der A.-Pflegekasse Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegestufe 2) und zwar sowohl Pflegesachleistungen, als auch anteilige Pflegegeldzahlungen erbracht, die aus der Pflege der Tochter resultierten. Es werde von der Klägerin nicht näher begründet, warum die Tochter die Leistung nicht erbringen wolle. Gründe, weshalb es für die Tochter nicht zumutbar sei, die landwirtschaftliche Tätigkeit für die Dauer des Anziehens der Kompressionsstrümpfe zu unterbrechen, würden ebenfalls nicht angegeben. Beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe handele es sich deshalb um eine für die Tochter zumutbare Verrichtung. Auch das Sozialgericht habe eine Koordination mit dem Pflegdienst für möglich gehalten.
Die Berichterstatterin hat am 06.03.2013 einen Erörterungstermin in dieser Sache durchgeführt. Der Vertreter der Klägerin hat darin erklärt, dass der Kostenerstattungsanspruch nur für die Zeit von Januar bis Juni 2011 geltend gemacht werde. Von Seiten der Beklagten wurde geltend gemacht, dass das Anziehen der Kompressionsstrümpfe unter die große Morgentoilette falle, die vom Pflegedienst über die Pflegekasse abgerechnet werde, so dass eine gesonderte Abrechnung im Wege der häuslichen Krankenpflege schon deshalb nicht in Betracht komme.
Die Klägerin hat dazu mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 05.04.2013 noch vortragen lassen, die große Morgentoilette umfasse das Anziehen der Kompressionsstrümpfe gerade nicht, sondern dies unterfalle der Krankenversicherung. Zum Urteil des Senats vom 16.05.2012 (L 5 KR 5889/10), auf das die Berichterstatterin hinsichtlich der Maßstäbe für die Zumutbarkeit von Pflegeleistungen durch Angehörige hingewiesen hatte, führte der Kläger-Vertreter aus, daraus ergebe sich, dass die Tochter der Klägerin nicht verpflichtet werden könne, Urlaub für die Pflege der Klägerin zu nehmen. Um die Behandlungspflege zu übernehmen, müsse die Tochter aber ihre Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb unterbrechen. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob die Klägerin in einem eigenen Betrieb oder außerhalb ihres Grundstücks tätig sei. In letztem Fall könne es ihr erst recht nicht zugemutet werden, ihre Tätigkeit zu unterbrechen, um die Behandlungspflege durchzuführen. Nichts anderes könne bei einer Tätigkeit im heimischen Hofbetrieb gelten.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.05.2013 ausgeführt, es handele sich beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe doch nicht um eine Leistung im Rahmen der großen Morgentoilette. Sie bleibe aber dabei, dass die Tochter der Klägerin diese Leistung übernehmen könne, so dass kein Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist überschritten, da Gegenstand des Rechtsstreits ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1.317,26 EUR ist. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zwar fehlt es nicht bereits deshalb an einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - SGB V -, weil die Klägerin - wie das Sozialgericht angenommen hat - einer Kostenforderung von Seiten des Pflegedienstes nicht ausgesetzt sei. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren Rechnungen des Pflegedienstes für die Monate Januar bis Juni 2011 vorgelegt, mit denen der Pflegedienst ihr die von der Beklagten nicht übernommenen Kosten für die streitgegenständliche Pflegeleistung - tägliches Anziehen der Kompressionsstrümpfe - persönlich in Rechnung gestellt hat. Damit ist eine zivilrechtliche Forderung des Pflegedienstes gegenüber der Klägerin belegt. Ob die Rechnungen zwischenzeitlich beglichen wurden, ist für die Frage des Kostenerstattungsanspruchs unerheblich.
Der Klägerin steht allerdings ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege für das tägliche An-ziehen der Kompressionsstrümpfe nicht zu. Die Beklagte hat die Kostenerstattung zu Recht abgelehnt.
Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus. Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche selbst beschafften Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch.
Die Voraussetzungen für einen solchen Sachleistungsanspruch sind nicht erfüllt.
Gem. § 37 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die häusliche Krankenpflege stellt eine akzessorische Nebenleistung zur Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) dar. Sie ist vom behandelnden Arzt nach Maßgabe der Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege - HKP-Richtlinien - des Gemeinsamen Bundesausschusses zu verordnen (§§ 73 Abs. 2 Nr. 8, 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und bedarf außerdem der Bewilligung durch die Krankenkasse (vgl. § 15 Abs. 3 SGB V bzw. § 27 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä).
Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung häuslicher Krankenpflege ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie zugleich Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung erhält. Das Verhältnis des Anspruchs aus § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V zu Ansprüchen aus den §§ 36 ff Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ist in § 13 Abs. 2 und § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI geregelt. Nach § 13 Abs. 2 SGB XI bleiben die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V beim Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung unberührt; nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI kann es nur zu einem Ruhen des Anspruchs aus der sozialen Pflegeversicherung kommen, wenn im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auch Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung besteht. Letzteres kommt allerdings nur bei der sog. Krankenhausvermeidungspflege (§ 37 Abs. 1 SGB V) in Betracht; bei der hier betroffenen Behandlungssicherungspflege (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V) sind Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach dem Eintritt des Versicherungsfalls der Pflegebedürftigkeit nicht zulässig (BSG, Urteil vom 30.03.2000 - B 3 KR 23/99 R -, in Juris).
Gemäß § 37 Abs. 3 SGB V besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege jedoch nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann. Die Vorschrift knüpft an familienrechtliche Fürsorge- und Unterhaltspflichten sowie an sittliche Beistandspflichten unter zusammenlebenden Hausangehörigen außerhalb des Familienverbundes im engeren Sinne an und konkretisiert den Grundsatz des Vorrangs der Eigenhilfe vor der Hilfe durch die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung, das Subsidiaritätsprinzip (§ 1 Satz 2 SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V). Der erkrankte Versicherte und die mit ihm im Haushalt lebenden Familienangehörigen müssen alles in ihren Kräften Stehende und Zumutbare tun, um zur Behebung des Krankheitszustandes beizutragen (Urteil des Senats vom 16.05.2012 - L 5 KR 5889/10 -, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2005, - L 24 KR 49/03 -).
§ 37 Abs. 3 SGB V enthält einen Ausschlusstatbestand und damit eine Ausnahmevorschrift, die nicht über den Wortlaut hinaus zu Lasten des Versicherten weit ausgelegt werden darf, zumal bei der Auslegung des SGB sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden (§ 2 Abs. 2 2. Halbsatz SGB I). Es genügt nicht, wenn die Hilfe durch Haushaltsangehörige geleistet werden könnte; sie muss tatsächlich geleistet werden. Der zu Pflegende muss bereit sein, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen, und der pflegende Angehörige muss mit der Durchführung der Pflege einverstanden sein. Im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs zahlreicher pflegerischer Maßnahmen in Intimbereichen lässt Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ein Einverständnis auf beiden Seiten, also die aktive wie auch die passive Pflegebereitschaft, als unverzichtbar erscheinen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Versicherte sich ohne nachvollziehbaren Grund weigert, Maßnahmen der Behandlungspflege von ehrenamtlichen Pflegepersonen in Anspruch zu nehmen, insbesondere solchen, die ihn ohnehin zur Sicherstellung der Pflege als Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld aus der Pflegeversicherung versorgen, und es sich um einfache Maßnahmen ohne Berührung der Intimsphäre handelt, wie es etwa bei der Medikamentengabe regelmäßig der Fall sein dürfte (BSG, Urt. v. 30.03.2000, a.a.O.).
Über die Zumutbarkeit der Pflege durch Haushaltsangehörige ist im Rahmen einer Abwägung der jeweiligen Einzelfallumstände zu entscheiden. Für diese Abwägung kommt es (u.a.) auf die Art der für den Kranken zu erbringenden Pflegeleistung und auf die persönlichen Verhältnisse des pflegenden Haushaltsangehörigen an. Hinsichtlich der Art der Pflegeleistung sind die Zumutbarkeitsanforderungen um so geringer, je weniger die Pflegeleistung den Intimbereich des Kranken betrifft. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Haushaltsangehörigen kommt es auf dessen (physische, ggf. auch psychische oder pflegefachlich-technische) Fähigkeit zur Erbringung der Pflegeleistung an. Außerdem sind ggf. seine familienrechtlichen Beziehungen zum Kranken zu berücksichtigen. Schließlich dürfen der Pflege durch Haushaltsangehörige keine anderen Verpflichtungen entgegenstehen. So muss der Haushaltsangehörige für die Krankenpflege Arbeit oder Ausbildung nicht aufgeben. Die Erbringung von Pflegeleistungen während der arbeits- bzw. schulfreien Zeit bzw. im Urlaub wird aber regelmäßig zumutbar sein, unbeschadet dessen, dass dem Haushaltsangehörigen ein gewisses Maß an jährlichem Erholungsurlaub ohne Verpflichtung zur Krankenpflege zugebilligt werden muss (Urteil des Senats vom 16.05.2012 - L 5 KR 5889/10 - mit Hinweis auf Padé in: jurisPK-SGB V, § 37 Rdnr. 59 ff.).
Davon ausgehend hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, der Klägerin die streitige Leistung - tägliches Anziehen von Kompressionsstrümpfen - als Leistung der häuslichen Krankenpflege zu gewähren, und die Klägerin zu Recht auf die Erbringung dieser Leistungen durch ihre im Haushalt lebende Tochter verwiesen. Das Anziehen der Kompressionsstrümpfe ist unproblematisch und stellt keine besonderen pflegefachlich-technischen Anforderungen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tochter der Klägerin dazu physisch oder psychisch nicht in der Lage wäre. Nachvollziehbare Gründe, die die Erbringung der streitigen Pflegeleistungen durch die Tochter als unzumutbar erscheinen lassen könnten, liegen nicht vor. Für die Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle ist im Ausgangspunkt maßgeblich, dass es sich bei der Haushaltsangehörigen i. S. d. § 37 Abs. 3 SGB V hier um die Tochter handelt, die in engster familienrechtlicher und sittlicher Beziehung zur Klägerin steht und von der deshalb von Vornherein eine höhere Pflegebereitschaft erwartet werden muss als von anderen Haushaltsangehörigen. Außerdem handelt es sich, worauf die Beklagte zuletzt noch hingewiesen hat, um eine Pflegeperson, deren Pflegetätigkeit Grundlage der Gewährung von Pflegegeld durch die Pflegekasse ist.
Maßgeblich ist dafür auf die konkreten Verhältnisse im Haushalt der Klägerin abzustellen. Wie sich die Situation darstellen würde, wenn die Tochter der Klägerin nicht vor Ort im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten würde, ist dagegen unerheblich. Die Argumentation der Klägerin, das Anziehen der Kompressionsstrümpfe sei ihrer Tochter nicht zumutbar, weil diese dafür die Arbeit im Stall unterbrechen müsse, überzeugt den Senat nicht. Hierbei handelt es sich letztlich nur um eine Frage der konkreten Organisation und zeitlichen Planung der Pflegeleistung, für die sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht die Klägerin bereits darauf verwiesen haben, dass eine Abstimmung mit einem geeigneten Pflegedienst insoweit zumutbar ist. Der von der Klägerin geschilderte Ablauf, dass ihre Tochter die Arbeit im Stall zu unterbrechen, sich umzukleiden, dann die Pflegeleistung zu erbringen und sich sodann erneut umzukleiden und ihre Arbeit fortzusetzen habe, mag zwar umständlich sein, dürfte aber zum einen die Schwelle der Zumutbarkeit nicht überschreiten und zum anderen auch nicht zwingend sein. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es ohne Weiteres in Betracht kommt, den Einsatz des Pflegedienstes zeitlich so zu vereinbaren, dass dessen Pflegeleistung und das Anziehen der Kompressionsstrümpfe erst nach dem Ende der Stallarbeit der Tochter verrichtet werden. Auch der Senat hält darauf gerichtete organisatorische Maßnahmen durchaus für zumutbar und auch keinesfalls für zwingend, dass das Waschen und Anziehen der Klägerin bereits zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr durchgeführt wird. Die Klägerin hat dem lediglich entgegen gehalten, dass die Pflegedienste feste Routen hätten, von denen nicht ohne erheblichen Aufwand abgewichen werden könne. Sie hat aber nicht geltend gemacht, sich bereits erfolglos mit der Diakoniestation oder einem anderen Pflegedienst um eine entsprechende zeitliche Gestaltung des Einsatzes überhaupt bemüht zu haben.
Die Klägerin muss sich daher den Ausschlusstatbestand des § 37 Abs. 3 SGB V entgegen halten und sich darauf verweisen lassen, dass die streitgegenständliche Behandlungspflege von ihrer Tochter durchgeführt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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