L 6 U 157/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1236/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 157/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Dezember 2011 sowie der Bescheid vom 6. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Ulcus cruris und die damit einhergehende protrahiert ausbleibende Wundheilung als Folge des Arbeitsunfalls vom 8. Juni 2009 festzustellen.

Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Juni 2009 streitig.

Der am 11. Mai 1948 geborene Kläger ist seit 1969 als Maschinenbediener bei der Z.fabrik Z. F. AG beschäftigt. Am 8. Juni 2009 stieß er seinen rechten Fußknöchel an der vorderen Gabel eines batteriebetriebenen Lastenhebers (kleine sog. Ameise) an, wurde vom werkseigenen Sanitäter mit einer Kaltkompresse versorgt und arbeitete anschließend weiter. Am Folgetag arbeitete er nicht (Arbeitgeberauskunft vom 14. Juli 2009) und suchte er den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. W. auf, der ein deutlich druckschmerzhaftes Hämatom über dem rechten Außenknöchel bei eingeschränkter Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks feststellte und eine Prellung des oberen Sprunggelenks diagnostizierte. Diese Einschätzung bestätigte der Durchgangsarzt Dr. F. am 10. Juni 2009, der ein diskretes Anpralltrauma beschrieb und keine Knöchelverletzungen in den angefertigten Röntgenaufnahmen feststellen konnte. Am 27. Juli 2009 stellte sich der Kläger wegen anhaltender Schmerzen erneut bei Dr. F. vor, der eine diskrete Schwellung des Außenknöchels bei stabilen Bändern und lokalisiertem deutlichen Druckschmerz an der Außenknöchelspitze bei freier Beweglichkeit diagnostizierte. Bei der Folgeuntersuchung vom 9. September 2009 stellte Dr. F. ein 5 mm großes flaches Ulcus cruris am Außenknöchel fest. Er trug die Kruste ab und legte einen Verband mit Hydrogel-Pflaster an.

Am 18. September 2009 musste sich der Kläger in stationäre Behandlung ins Krankenhaus F. begeben, die bis zum 14. Oktober 2009 andauerte. Im Zwischenbericht vom 28. September 2009 wurde ein chronisches Ulcus am ehesten venöser Ursache des rechten Außenknöchels beschrieben. Aufgrund der Wundsituation mit infiziertem Wundgrund sei ein Wunddebridemend und eine V.A.C.-Anlage durchgeführt worden. Im Wundabstrich habe man drei Keime nachweisen können, die intravenös antibiotisch therapiert worden seien. Im Entlassungsbericht vom 14. Oktober 2009 wurde die Diagnose eines chronisch infizierten Ulcus über dem Malleolus lateralis rechts gestellt. Der Kläger habe mit reizlosen Wundverhältnissen und vitalem Transplantat nach Hause entlassen werden können.

Wegen der eigentlichen Prellung wurde der Kläger vom 10. bis 12. Juni 2009, wegen des Ulcus cruris ab 18. September 2009 arbeitsunfähig krankgeschrieben (Bl. 29 SG-Akte).

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Anspruch auf Leistungen aufgrund des aufgetretenen Hautgeschwürs über den 27. Juli 2009 hinaus bestehe nicht, weil dieser Befund nicht auf den Unfall vom 8. Juni 2006 zurückzuführen sei. Damals sei keine offene Verletzung am Knöchel aufgetreten. Dr. F. habe bei seiner Untersuchung vom 27. Juli 2009 keine Anzeichen für eine unfallbedingte Schädigung des Hautgewebes nachweisen können. Der Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 27. November 2009 wurde eine aszendierende Pressphlebographie des rechten Beines durchgeführt. Dr. K. beschrieb ein frei durchgängiges und unauffälliges tiefes Beinvenensystem, keine Stammvarikosis sowie nebenbefundlich zarte Wandverkalkungen der Oberschenkelarterien. Vom 21. Dezember 2009 bis 2. Januar 2010 und vom 13. bis 26. April 2010 erfolgte ein erneutes stationäres Debridement der Wunde mit jeweils Meshgraft-Hauttransplantat im Krankenhaus T., wo unter anderem die Diagnose einer chronischen Nierenkrankheit Stadium III gestellt wurde. Hingegen war die Phlebographie vom 15. Dezember 2009 unauffällig (Arztbrief vom gleichen Tag PD Dr. V., Klinikum F.).

Dr. W., Medizinischer Dienst der K. (M.) Baden-Württemberg, gelangte in seinem Gutachten vom 17. März 2010 zu der Einschätzung, dass die weitere Behandlung zu Lasten der Krankenkasse durchgeführt werden solle, da sich kein konkreter Zusammenhang zwischen der Prellung und dem Ulcus cruris herleiten lasse.

Der Kläger legte unter Hinweis auf ein neues MDK-Gutachten von Dr. W. vom 11. Juni 2010 am 4. August 2010 Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. Oktober 2009 ein. Dr. W. vertrat darin nunmehr die Ansicht, dass das Bagatelltrauma vom 8. Juni 2009 als ursächlich für die Entstehung des Ulcus angesehen werden müsse. Der Kläger sei adipös mit COPD und Schlafapnoe und daraus resultierender deutlicher Beeinträchtigung der arteriellen Sauerstoffsättigung, zusätzlich liege ein Alkoholabusus und eine rezidivierende Arthropathie bei Hyperurikämie vor. Eine Mikroangiopathie könne trotz fassbarer Fußpulse nicht ausgeschlossen werden. Diese Faktoren könnten die anhaltende Schwellneigung über dem Außenknöchel und die Beeinträchtigung der lokalen Durchblutung am Ort der Schwellung erklären. Somit liege eine komplikationsbegünstigende Konstitution des Versicherten vor, die lokale Durchblutungsstörungen und schließlich Nekrosen- und Ulcusentstehung begünstige bzw. verursachte.

Die Beklagte holte hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Dr. S. führte am 17. Oktober 2010 aus, auch eine geschlossene Anprallverletzung sei grundsätzlich geeignet, bei einem gesunden Menschen eine Geschwürbildung zu verursachen. Denkbar sei, dass eine sehr kleine Läsion bei der Untersuchung zunächst nicht bemerkt worden sei. Eine direkte Verletzung oder eine Nekrose der Haut seien indessen nicht belegt. Konkurrierende Ursachen hinsichtlich der Entstehung des Ulcus seien nicht zu belegen, der zeitliche Verlauf sei indessen ungewöhnlich. Allerdings korreliere der Ort der Geschwürsbildung mit dem Ort der Traumatisierung. Der zeitliche Zusammenhang sei zumindest nicht abwegig. Es müsse daher das Ergebnis der phlebologischen Untersuchung, evtl. eine feingewebliche Untersuchung, abgewartet werden.

Die Beklagte zog noch die Operationsberichte bei und holte eine Auskunft bei Dr. F. ein, dem weder von phlebologischen noch von histologischen Untersuchungen etwas bekannt war.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen dem Anschlagen des rechten Knöchels an einer Maschine am 8. Juni 2009 und dem drei Monate später am 9. September 2009 diagnostizierten Ulcus sei nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen. Die Kontrastdarstellung der venösen Blutgefäße (Phlebographie) habe einen unauffälligen Befund gezeigt. Eine offene Verletzung am Knöchel sei zu keinem Zeitpunkt beschrieben worden.

Hiergegen hat der Kläger am 11. Mai 2011 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. W. vom 11. Juni 2010 die Auffassung vertreten, dass ein Ulcus nicht notwendigerweise mit einer offenen Wunde einhergehe und auch nicht zwingend durch das Bagatellanpralltrauma ausgeschlossen sei. Er habe sofort nach dem Anprall einen starken stechenden Schmerz verspürt, die Arbeit unterbrochen und sei zum werkseigenen Sanitäter gegangen, der ihm eine Kaltkompresse angelegt und ihm empfohlen habe, er solle, wenn es nicht besser werde, einen Durchgangsarzt aufsuchen. Der Schmerzzustand sei persistent und belastungsabhängig gewesen.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Vorerkrankungsverzeichnis für 2000 bis 2009 von der Betriebskrankenkasse beigezogen, den Kläger zum Unfallereignis befragt und ihn anschließend orthopädisch-rheumatologisch begutachten lassen.

Dr. T. ist in ihrem Gutachten vom 10. September 2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass das Unfallereignis vom 8. Juni 2009 als Ursache für das Ulcus cruris am rechten Sprunggelenk ausgeschlossen werden könne. Vielmehr seien die Polyneuropathie, die arterielle Hypertonie, die Hyperurikämie, der regelmäßige Alkoholmissbrauch und die chronische Niereninsuffizienz Ursache für das Entstehen der Erkrankung gewesen. Unmittelbar nach dem Unfallereignis vom 9. Juni 2009 seien lediglich eine Schwellung und ein Hämatom im Außenknöchelbereich aufgetreten, die am 7. Juli 2009 nur noch "diskret" vorhanden gewesen seien, so dass zu diesem Zeitpunkt die Unfallverletzungen als geheilt betrachtet werden könnten. Der Kläger habe sich erst ca. drei Monate nach dem Unfallereignis wegen des kleinen, ca. 5 mm großen flachen Ulcus am Außenknöchel erneut in ärztliche Behandlung begeben. Die nachfolgende Infektion habe sich trotz adäquater Antibiotikatherapie ausgebreitet und schließlich zu ausgedehnten Nekrosen im Außenknöchel- und Achillessehnenbereich geführt. Das schlechte bzw. nicht erfolgte Einheilen der Hauttransplantate und die dadurch mehrfach notwendigen Hauttransplantationen sprächen für eine Störung der Mikroperfusion (Durchblutung). Auch die Lokalisation des Ulcus cruris über dem rechten Außenknöchel passe zu einer vaskulären (arteriellen) Entstehung. Das Hautgeschwür sei nunmehr komplett abgeheilt, es finde sich lediglich hyperpigmentierte, narbige Haut an der Operationsstelle. Der Kläger zeige nunmehr ein normales Gangbild ohne Muskelatrophie. Zuletzt sei er bis 05. November 2010 arbeitsunfähig erkrankt gewesen; eine Behandlungsbedürftigkeit bestehe seitdem nicht mehr. Es lägen daher keine Unfallfolgen mehr vor.

Der Kläger hat unter Hinweis auf ein weiteres Gutachten des MDK vom 18. Oktober 2011 ein angiologisches Sachverständigengutachten beantragt. Dr. P. ist in dem MKD-Gutachten im Hinblick auf den durchgängig dokumentierten deutlichen Druckschmerz als Brückensymptom bis hin zur Manifestation des Weichteil-Ulcus der gutachterlichen Einschätzung von Dr. T. nicht gefolgt. Deren Behauptung, dass das Ulcus erst mehrere Wochen nach vollständiger Abheilung der Außenknöchelprellung aufgetreten sei, sei vor diesem Hintergrund nicht hinreichend nachvollziehbar. Der Kläger habe eine unfallunabhängige Schadensanlage in Form einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit Stadium I. Bereits die Röntgenaufnahmen hätten Wandverkalkungen der Ober- und Unterschenkelarterien gezeigt. Das Ulcus, welches einem Krankheitsstadium IV entsprechen würde, könne nicht ursächlich auf die periphere arterielle Verschlusskrankheit zurückgeführt werden, da nach allgemeinem chirurgischem Kenntnisstand der direkte Übergang vom Stadium I in das Stadium IV (unter Auslassung der Stadien II und III) nicht möglich sei. Somit komme die periphere arterielle Verschlusskrankheit als Ulcus-Ursache nicht in Frage. Davon unterschieden werden müsse die Mikroangiopathie, die jedoch nicht hinreichend nachgewiesen sei. Der Vollbeweis könne nur mit Hilfe einer Augenhintergrundspiegelung oder der mikroskopischen Gefäßuntersuchung erbracht werden. Diese Untersuchungen seien nicht durchgeführt worden. Konkurrierende Ursachen lägen auch in Form einer venösen Abfluss-Störung nicht vor. Somit verbleibe es bei der Einschätzung, dass das Unfallereignis alleinige und damit wesentliche Ursache für die Entstehung des Weichteil-Ulcus am rechten Außenknöchel gewesen sei.

Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, es fehle bereits an der Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Denn die Lokalisation des Ulcus cruris spreche, wie die Sachverständige Dr. T. ebenso wie zunächst Dr. W. in seinem Gutachten vom 17. März 2010 ausgeführt hätten, für eine arterielle Genese. Dass bei dem Kläger die komplikationsbegünstigende Konstitution zu dem Ulcus cruris geführt habe, sei deswegen zu widerlegen, weil die Schwellung am 27. Juli 2009 nur noch diskret vorhanden gewesen sei und bis dahin keinerlei Verletzungen oder Minderdurchblutung im Hautbereich erwähnt worden wären. Zwar sei noch eine diskrete Schwellung vorhanden gewesen, die aber keine Behandlungsbedürftigkeit begründet habe und mit der auch keine funktionellen Einschränkungen einhergegangen seien. Somit seien auch keine Brückensymptome in Form von Schmerzen oder Weichteilschwellung für den Zeitraum bis zur Untersuchung vom 9. September 2009 belegt. Ein zeitlicher Zusammenhang liege daher nicht vor. Die festgestellte diskrete Schwellung könne ebenso auf der fortwirkenden Arteriosklerose der Beinarterien und Störung der Mikrozirkulation beruhen. Dass die Erkrankungen des Klägers die Entstehung des Ulcus cruris gefördert und den Verlauf negativ beeinflusst hätten, hätten auch Dr. W. (gemeint Dr. W.) und Dr. P. nicht in Zweifel gezogen. Damit sei aber nichts zur Einwirkung durch den konkreten Unfallhergang gesagt. Diese Erkrankungen seien nämlich allein geeignet, den Ulcus cruris zu verursachen. Das Unfallereignis sei auch nicht wesentlich gewesen, denn der Kläger habe bereits vor dem Arbeitsunfall an einer Arteriosklerose gelitten, welche sich aufgrund des Röntgenbefundes vom 18. September 2009 sowie der Phlebographie des rechten Beines vom 27. November 2009 belegen lasse. Da diese nicht innerhalb von drei Monaten entstehe, müsse davon ausgegangen werden, dass die Arteriosklerose bereits zum Unfallzeitpunkt bestanden habe. Bei Gesamtwürdigung dieser manifesten, die Entstehung eines Ulcus cruris klar unterstützenden Grunderkrankung und der vergleichsweisen geringen Einwirkung durch das Unfallgeschehen sei dem Unfallereignis keine wesentliche Verursachung beizumessen. Unfallfolgen lägen nicht mehr vor. Die Prellung des rechten Sprunggelenkes könne zum 27. Juli 2009 als ausgeheilt bezeichnet werden. Weiterer Ermittlungen von Amts wegen bedürfe es nicht, da auch ein angiologischer Gutachter fachübergreifend die unfallchirurgisch-orthopädische Bewertung mit einbeziehen müsse. Eine überragende Sachkunde des angiologischen Gutachters erschließe sich dem Gericht nicht, deswegen werde der Antrag des Klägers abgelehnt.

Gegen das am 15. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Januar 2012 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er darauf verwiesen hat, dass er aufgrund der streitgegenständlichen Unfallfolgen zwar nicht mehr arbeitsunfähig, aber in fortlaufender ambulanter ärztlicher Behandlung gewesen sei. Dies habe sein behandelnder Arzt Dr. M. gegenüber der Krankenkasse schriftlich bestätigt (Arztbrief vom 5. Januar 2012). Der Kläger hat weiterhin auf ein Urteil des Bayerischen LSG vom 13. Dezember 2010 (L 3 U 395/08) verwiesen, wonach in der vorliegenden Fallkonstellation auch ein angiologisches Gutachten eingeholt werden müsse.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Dezember 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Ulcus cruris und die damit einhergehende protrahiert ausbleibende Wundheilung als Folge des Arbeitsunfalls vom 8. Juni 2009 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend, da unter Berücksichtigung der am 27. November 2009 durchgeführten Phlebologie des rechten Beines bereits zum Unfallzeitpunkt eine Arteriosklerose als nachgewiesen angesehen werden müsse. Insbesondere der zeitliche Verlauf mit dem erstmaligen Auftreten des Ulcus cruris über 12 Wochen nach dem Unfall spreche gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Bei dem Unfall sei es lediglich zu einer Prellung des rechten Sprunggelenkes ohne knöcherne oder ligamentäre Verletzungen oder eine Verletzung der Hautbarriere gekommen. Auch der Umstand, dass die festgestellte Infektion trotz adäquater Antibiotikatherapie aufgrund der eindeutig vorliegenden Durchblutungsstörungen sich weiter hätte ausbreiten können, spreche dafür, dass das Ereignis vom 8. Juni 2009 nicht rechtlich wesentlich für das spätere Auftreten des Ulcus cruris gewesen sei.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat ein phlebologisches Gutachten bei PD Dr. I., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum U., eingeholt.

Dieser ist in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 19. September 2012 zu dem Ergebnis gelangt, dass nach der letzten Hautverpflanzung, dokumentiert im Juli 2011, kein Ulcus mehr vorliege, sondern abgeheilte Mashgraft-Deckungen. Der Kläger sei seit 1969, also ziemlich genau 40 Jahre, in der Zahnradfabrik Friedrichshafen ohne länger andauernde Krankheitszeiten beschäftigt gewesen. Zusammenfassend lägen somit keine herausragenden unfallunabhängigen Schadensanlagen vor, der Kläger entspreche vielmehr dem weit verbreiteten altersentsprechenden Durchschnitt. Er sei deutlich übergewichtig, der vereinzelt erwähnte Alkoholkonsum werde zumindest 2011 verneint. Hinweise auf eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit oder Venenerkrankungen, die zum Unfallzeitpunkt symptomatisch geworden wären, lägen nicht vor. Eine unkomplizierte Wundheilung setze ein weitgehend intaktes Gewebe voraus, wobei schlechte Perfusion oder Polyneuropathien Wundheilungsstörungen verursachen oder unterstützen könnten, insbesondere an Stellen geringer Weichteildeckung wie im strittigen Fall. Ob zum Unfallzeitpunkt eine über das individuell physiologische Maß hinaus bestehende Mikroangiopathie vorgelegen habe, sei mehr als drei Jahre danach nicht mehr mit ausreichender Sicherheit einzuschätzen. Eindeutig dagegen spreche, dass weder bis zum Unfallzeitpunkt noch danach an anderen exponierten Stellen wie z. B. dem rechten Innenknöchel bzw. dem linken Außen- und Innenknöchel sowie den Fersen oder den Akren, sprich Zehen, Wundheilungsstörungen aufgetreten seien. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Kläger im genannten Zeitraum und auch in den Jahren zuvor nicht gelegentlich an weiteren Stellen der Füße in geringerem Ausmaß angestoßen habe oder alltagsbedingten Einflüssen wie beispielsweise drückenden Schuhen ausgesetzt gewesen sei, gehe gegen Null. Dass eine Arteriosklerose bereits zum Unfallzeitpunkt bestanden habe, habe indessen Dr. T. in ihrem Gutachten zutreffend ausgeführt und könnte ebenso wie eine Polyneuropathie, eine arterielle Hypertonie, eine Hyperurikämie, regelmäßiger Alkoholmissbrauch oder eine chronische Niereninsuffizienz zur Störung der Mikrozirkulation führen. In Auswertung all dieser Umstände müsse die Kausalität eindeutig bejaht werden. Denn das Ulcus sei an der Stelle entstanden, wo sich der Kläger beim Unfall angestoßen habe. Die zeitliche Latenz zwischen dem Unfallzeitpunkt und dem Auftreten des Ulcus sei mit drei Monaten plausibel. Offensichtlich seien die Wundheilungsprozesse nicht derartig eingeschränkt gewesen, dass es zum frühzeitigen Ulcus gekommen wäre, sondern ein langwieriger Prozess sei angestoßen worden. Diese Überlegung werde durch die Tatsache gestützt, dass der Kläger in der Zwischenzeit bis zum Auftreten des Ulcus nie beschwerdefrei gewesen sei und deswegen von einem aktiven entzündlichen Prozess ausgegangen werden müsse. Der weit gewichtigere Hinweis auf den kausalen Zusammenhang finde sich in der Tatsache, dass weder vorher noch hinterher an anderen Stellen der Füße schlecht heilende Wunden aufgetreten seien. Im September 2011 sei das Ulcus abgeheilt gewesen. Bei guter Hautpflege und Vermeidung von weiteren Traumen seien keine dauerhaften Unfallfolgen zu erwarten. Das Ulcus selbst begründe daher keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Ob eine Bewegungseinschränkung daraus folge, müsse durch eine erneute Begutachtung belegt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf die Verpflichtung des Beklagten festzustellen, dass das Ulcus cruris und die damit einhergehende protrahiert ausbleibende Wundheilung Folge des Arbeitsunfalls vom 08. Juni 2009 ist.

Die Beklagte hat (spätestens) in dem angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 festgestellt, dass der Kläger am 8. Juni 2009 einen Arbeitsunfall erlitten und sich hierbei ein bis zum 27. Juli 2009 ausgeheiltes Hämatom des Außenknöchels zugezogen hat. Daher richtet sich dessen Anfechtungsklage gegen die Ablehnung seines Antrags auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Unfallfolge. Mit der Verpflichtungsklage kann der Kläger den behaupteten materiellen Anspruch auf Feststellung der Unfallfolge durchsetzen (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274; zuletzt BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R - Juris).

Zunächst gilt, dass der angefochtene Bescheid vom 6. Oktober 2009 aufgrund der fehlenden Rechtsmittelbelehrung (§ 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) entgegen dem Schreiben der Beklagten an die Krankenkasse vom 21. Juni 2010 nicht bindend im Sinne des § 77 SGG geworden ist (§ 66 Abs. 2 SGG). Insoweit hat die Beklagte daher zu Recht den noch innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntgabe eingelegten Widerspruch des Klägers als fristgemäß betrachtet (Schreiben vom 10. August 2010) und diesen mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011 beschieden.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 6. Oktober 2009 hat die Beklagte einen Versicherungsfall nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Form eines Arbeitsunfalls anerkannt. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII haben die Versicherten gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge (oder eines Versicherungsfalls), wenn ein Gesundheitsschaden durch den Gesundheitserstschaden eines Versicherungsfalls oder infolge der Erfüllung eines Tatbestandes des § 11 SGB VII rechtlich wesentlich verursacht (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R - Juris) wird.

Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; - B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).

Zur Überzeugung des Senats ist die haftungsbegründende Kausalität gegeben, denn das unterstellte Unfallereignis war wesentlich kausal für das Ulcus cruris und die damit einhergehende protrahiert ausbleibende Wundheilung.

Für beide Bereiche der Kausalität (haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG, Urteil vom 15. Februar 2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache erforderlich (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).

Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).

Gibt es neben der versicherten Ursache noch konkurrierende Ursachen, z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war (BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO, SozR Nr. 69 zu § 542 RVO a.F.). Eine Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung, wenn sie so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die (naturwissenschaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10 S. 30). War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).

Ferner ist zu beachten, dass für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - die Wahrscheinlichkeit genügt, dass aber das Unfallereignis, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden müssen (BSG, Urteil vom 22. August 2000 - B 2 U 34/99 R - SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht in Auswertung der eingeholten Gutachten wie der Arztberichte zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger infolge des Unfallereignisses vom 8. Juni 2009 ein Ulcus cruris und damit einhergehend eine protrahiert ausbleibende Wundheilung erlitten hat, die aber spätestens im letzten Untersuchungszeitpunkt vom Juli 2011 vollständig ausgeheilt ist.

Der Senat entnimmt das insbesondere dem Gutachten von PD Dr. I., aber auch der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S., die er im Wege des Urkundsbeweises verwertet. Dieser hat schon in einem sehr frühen Verfahrensstadium darauf hingewiesen, dass der zeitliche Verlauf zwar ungewöhnlich, aber eine geschlossene Anprallverletzung grundsätzlich geeignet ist, auch bei einem gesunden Menschen eine Geschwürbildung zu verursachen, zumal möglicherweise eine sehr kleine Läsion bei der Untersuchung zunächst nicht bemerkt worden sein kann. Weiter hat er aufgezeigt, dass der Ort der Geschwürbildung mit dem Ort der Traumatisierung korreliert und der zeitliche Zusammenhang zumindest nicht abwegig ist.

Diese Einschätzung ist durch die nachfolgende Begutachtung von PD Dr. I. bestätigt worden, der die Kausalität des Unfallereignisses für die nachfolgende Geschwürbildung und den verzögerten Heilungsverlauf eindeutig bejaht und schlüssig begründet hat. Er hat seine Einschätzung auch für den Senat nachvollziehbar darauf gestützt, dass das Ulcus genau an der Stelle entstanden ist, wo sich der Kläger beim Unfall angestoßen hat. Diese Übereinstimmung zwischen dem Ort der Krafteinwirkung und der Lokalisation des Geschwürs ist erforderlich für die Anerkennung des ursächlichen Zusammenhangs (so Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2010, S. 661). Auch die zeitliche Latenz zwischen dem Unfallzeitpunkt und dem Auftreten des Ulcus ist mit drei Monaten plausibel. Denn die Auswertung der Arztberichte, insbesondere dem maßgeblichen von Dr. F. vom 27. Juli 2009 sechs Wochen nach dem Unfallereignis, haben keine Ausheilung der Unfallfolgen ergeben, wie dies aber die Sachverständige Dr. T. ganz maßgeblich ihrer Beurteilung zugrunde gelegt hat. Deren Einschätzung konnte der Senat angesichts des Umstands, dass sie ihr gefundenes Ergebnis im wesentlichen mit dieser falschen Annahme begründet hat, nicht überzeugen. Vielmehr hat der Kläger am 27. Juli 2009 wie auch später am 9. September 2009 Dr. F. wegen anhaltender Schmerzen aufgesucht, der bei der ersten Nachuntersuchung auch einen deutlichen Druckschmerz an der Außenknöchelspitze sowie eine diskrete Schwellung des Außenknöchels und im September dann den Ulcus fand. Auf die dadurch begründete Brückensymptomatik, nämlich in Form von Schmerzen und Weichteilschwellung bis hin zur Manifestation des Weichteil-Ulcus, hat bereits Dr. P. in seinem MDK-Gutachten hingewiesen. Gerade die beschriebenen Schwellungen, aber auch die verminderte Belastbarkeit und Stauungs- und Spannungsgefühle des Klägers belegen nach der unfallmedizinischen Fachliteratur Brückensymtome (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2010, S. 661). Diesen Zusammenhang hat auch der gerichtliche Sachverständige PD Dr. I. beschrieben, wonach von einem aktiven entzündlichen Prozess ausgegangen werden muss, da der Kläger in der Zwischenzeit bis zum Auftreten des Ulcus nie beschwerdefrei gewesen ist. Somit ist durch das Hämatom ein langwieriger Prozess angestoßen worden, während die Wundheilungsprozesse selbst nicht derartig eingeschränkt gewesen sind, dass es zum frühzeitigen Ulcus gekommen ist.

Ist somit der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stellt sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich war.

Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - Juris). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 RU 7/89 - Juris). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1991 - 2 RU 14/9 1- Juris). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Ist eine erhebliche Vorschädigung der durch den Unfall betroffenen Körperstelle, die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu der in Rede stehenden strukturellen Schädigung geführt hätte, nicht nachgewiesen, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden, oben dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 22).

Gemessen an diesem Maßstab war das Unfallereignis rechtlich wesentlich für das Ulcus cruris und die damit einhergehende protrahiert ausbleibende Wundheilung. Der Sachverständige PD Dr. I. hat in diesem Zusammenhang zutreffend aufgezeigt, dass bis zum Unfallzeitpunkt weder Hinweise auf eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit noch auf Venenerkrankungen bestanden, die bis dahin symptomatisch geworden sind. Zu Recht hat Dr. P. darauf hingewiesen, dass die unstreitig vorliegende und auch vom Sachverständigen PD Dr. I. berücksichtigte Arteriosklerose nur das Stadium I hatte und daher als Ulcus-Ursache ausscheidet. Dagegen spricht auch, dass das Stadium I der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit nicht direkt in das Stadium IV, also den Ulcus, übergehen kann. Der Senat entnimmt das dem Gutachten von Dr. P ... Diese Überlegung wird weiter durch die Tatsache gestützt, dass weder vorher noch hinterher an anderen Stellen der Füße schlecht heilende Wunden aufgetreten sind.

Andererseits ist eine Mikroangiopathie, wie sie von Dr. T. ebenfalls als konkurrierende Ursache angeführt wird, nicht bewiesen und lässt sich nach dem Gutachten von PD Dr. I. Jahre nach dem Unfallereignis auch nicht mehr nachweisen, da die dafür erforderliche Diagnostik, nämlich eine Augenhintergrundspiegelung oder mikroskopische Gefäßuntersuchungen, zeitnah nicht durchgeführt wurde. Gegen die Erkrankung an einer Mikroangiopathie spricht, wie der Sachverständige PD Dr. I. dargelegt hat, dass weder bis zum Unfallzeitpunkt noch danach an exponierten Stellen Wundheilungsstörungen aufgetreten sind.

Doch selbst wenn eine konkurrierende Ursache angenommen würde, wäre es so, dass das Trauma auch schwer war und keine Gelegenheitsursache darstelle. Denn die Krankheitsanlage war nicht so stark oder so leicht ansprechbar, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 8/06 R - Juris). Dafür spricht, dass aufgrund der Konstitution des Klägers davon ausgegangen werden muss, dass es sowohl in der Zeit vor dem Unfallereignis als auch danach gelegentlich zu alltäglichen Ereignissen im Sinne von Bagatelltraumen, drückenden Schuhen, kleinen Verletzungen beispielsweise bei der Nagelpflege gekommen ist, die aber keine vergleichbaren Wunden oder Befunde verursacht haben. Der Senat entnimmt das dem Gutachten des PD Dr. I ...

Mithin sind die geltend gemachten Gesundheitsstörungen als weitere Unfallfolgen festzustellen.

Der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG stattzugeben.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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