Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 3091/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1246/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht, in welcher Höhe der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers im Erstantragsverfahren festzustellen ist.
Der am 15.05.1967 geborene und nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums im Studiengang Architektur an der Fachhochschule Heidelberg (Dipl.-Ing.) im Jahr 1997 seit 01.12.1998 im gehobenen bautechnischen Dienst bei der O. Karlsruhe als Bauoberinspektor (seit 26.11.2001) bzw. bei der O. Stuttgart und seit 01.01.2005 bei dem Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg als Bauamtmann (seit 28.07.2004), jeweils mit Dienstort Universitätsbauamt Heidelberg, beschäftigte Kläger stellte am 21.12.2010 beim Beklagten einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Als zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen nannte er ein Chronic Fatigue Syndrom (CFS), Allergien und Begleiterkrankungen, orthopädische Erkrankungen sowie Enddarmerkrankungen. Dem Antrag beigefügt war unter anderem der Antrag auf Kostenübernahme einer Anschlussheilbehandlung des Prof. Dr. G., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 10.09.2010 (Übelkeit, Verdauungsstörung, häufiges Erbrechen, Entzündung im Magen-Darm-Bereich, V.a. funktionelle dyspeptische Beschwerden [Reizmagen, Gewichtsverlust, psychischer und physischer Erschöpfungszustand, V.a. Intoxikation am Arbeitsplatz]). Ausweislich des vorgelegten Befundberichts des Prof. Dr. B., Klinikum H., Chirurgische Klinik, vom 21.09.2010 hatte der Kläger sich am 18.08. und 14.09.2010 dort in der Pankreassprechstunde vorgestellt und berichtet, seit Mai des Jahres uncharakteristische, aber heftige Bauchbeschwerden zu haben, die mit Blähungen, Übelkeit, Erbrechen und auch Schwindel einhergingen. Er habe wegen dieser Beschwerden über 10 Kilo abgenommen, in den letzten Tagen jedoch nach Stabilisierung seines Befindens wieder 1 Kilo zugelegt. Die im Universitätsklinikum H. durchgeführten umfänglichen Untersuchungen einschließlich Gastroskopie, Koloskopie und MRT hätten jedoch ebenso wenig die die entnommenen Laborparameter Hinweis auf eine Erkrankung ergeben. Zur Abklärung der dyspeptischen Beschwerden befand sich der Kläger zudem vom 23. bis 31.08.2010 im Krankenhaus Salem. Auch hier waren die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD, Magenspiegelung) und die Koloskopie unauffällig und auch der Ultraschall des Abdomens erbrachte keinen Befund (Arztbrief Dr. B., Krankenhaus S., vom 31.08.2010). Im vorgelegten Allergiepass vom 23.06.1999 ist eine Allergie gegen Milch sowie verschiedene Inhalationsstoffe (Nüsse, gemeiner Beifuß, Hausstaubmilbe, Katze, Pferd, Meerschweinchen) eingetragen. Im Rahmen einer von Prof. Dr. H. im September/Oktober 2010 veranlassten Lymphozytentransformationstestung (LTT) ergab sich darüber hinaus der Nachweis einer zellulären Sensibilisierung im Sinne einer Typ IV-Immunreaktion gegenüber PAK(polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)-Mix, BTX-Benzol, Kuhmilcheiweiß, Backhefe sowie geringgradig auch gegenüber der Nahrungsmittelgruppe Gemüse (vgl. Bl. 16/19 Behördenakten). Schließlich war dem Antrag der Befundbericht des Dr. W. vom 15.12.2010 beigefügt. Danach war die Entfaltung der Lendenwirbelsäule (LWS) gering eingeschränkt, die Brustwirbelsäule (BWS) erschien weitgehend fixiert, Rück- und Seitneigung der LWS waren eingeschränkt, der Fingerspitzen-Boden-Abstand betrug 10 cm und die Halswirbelsäule (HWS) war endgradig eingeschränkt. Die oberen und unteren Extremitäten wiesen keine wesentliche Bewegungseinschränkung auf. Im Bereich des rechten Handgelenks zeigte sich der Zustand nach Diskusläsion mit schmerzhafter Bewegungsstörung.
Der Beklagte zog den Entlassungsbericht der Klinik H. vom 03.01.2011 bei, in der sich der Kläger vom 01. bis 28.11.2010 in stationärer Behandlung befunden hatte. Bei Aufnahme wurde ein Gewicht von 80,9 kg bei einer Größe von 187 cm und somit ein Body-Mass-Index (BMI) von 23,1 ermittelt. Die klinische Untersuchung des Abdomens ergab eine weiche, leicht adipöse Bauchdecke mit Druckschmerz rechter Oberbauch und Epigastrium, keine Abwehrspannung, keine pathologischen Resistenzen bei mäßig lebhafter Peristaltik und erheblichem Meteorismus (Blähbauch). Die Untersuchung von Rumpf und HWS ergab keinen Wirbelsäulendruck- oder Klopfschmerz sowie keinen paravertebralen Druckschmerz, ein Schober-Maß von 10/11 cm sowie eine in allen Ebenen freie und ohne Schmerzen bewegliche HWS. Die Extremitäten waren in allen Ebenen frei und ohne Schmerzen beweglich. Sämtliche Gelenke zeigten sich mit regelrechten Konturen und ohne Druckschmerz. Während des Aufenthalts erhielt der Kläger eine salz-, fett- und purinreduzierte Vollkost nach DGE unter Berücksichtigung der Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten. Der zu Beginn des Heilverfahrens durchgeführte H 2-Atemtest ergab keinen Anhalt für eine Fructose-Intoleranz. Da auch der Histaminwert im Normbereich lag, wurde die histaminfreie Kost aufgehoben. Im Rahmen der durchgeführten explorativen psychiatrischen Gespräche kristallisierte sich ein reaktiver depressiver Versagenszustand heraus. Bei Entlassung wog der Kläger 80,1 kg und es bestand nur noch ein leichter Meteorismus.
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme berücksichtigte Dr. S. als Funktionsbeeinträchtigungen eine seelische Störung (Teil-GdB 30), Allergie (Teil-GdB 20), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Teil-GdB 10) sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks (Teil-GdB 10) und schätzte den Gesamt-GdB mit 30 ein. Eine Darmerkrankung hielt sie nicht für nachgewiesen.
Mit Bescheid vom 10.02.2011 stellte der Beklagte den GdB mit 30 seit 21.12.2010 fest.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, dem er verschiedene Fotos beifügte, auf denen eine Rotfärbung der Haut im Bereich des Oberkörpers und des Gesichts zu erkennen ist. Der Beklagte holte bei dem Hautarzt und Allergologen Dr. K. sowie bei Prof. Dr. H. Befundscheine ein. Dr. K. gab in seinem undatierten, am 07.03.2011 beim Beklagten eingegangenen Schreiben an, den Kläger vom 09.02.1999 bis letztmalig am 08.04.2008 in unregelmäßigen Abständen behandelt zu haben. Das Beschwerdebild habe von Handekzemen im Sinne einer Pulpitis sicca bei Atopie bis zu Analekzemen gereicht, außerdem seien rezidivierend Analvenenthrombosen aufgetreten. Prof. Dr. H. benannte im Schreiben vom 19.04.2011 verschiedene Diagnosen sowie aktuelle Beschwerden des Klägers und gab dessen Gewicht mit 91 kg sowie einen reduzierten Allgemein- und Ernährungszustand an. Bei der klinischen Untersuchung sei das Abdomen weich ohne pathologische Resistenzen mit Druckschmerzen im Epi- und Hypogastrium gewesen, die Wirbelsäule nicht druckdolent. Aus seiner Sicht sei ein GdB von mindestens 50 streng indiziert. Aufgrund dessen Einweisung befand sich der Kläger vom 17. bis 23.03.2011 in stationärer Behandlung in der F.-S.-Klinik B ... Die dort durchgeführte Abdomensonographie zeigte unauffällige Befunde der intraabdominellen Organe. Die außerdem durchgeführte ÖGD ergab eine Refluxösophagitis Ersten Grades sowie eine axiale Hiatushernie. Der histologische Befund ergab keinen Hinweis auf Morbus Whipple, Parasiten oder Pilzbefall, die Dünndarmschleimhaut war ohne wesentlichen pathologischen Befund und eine Sprue nicht zu diagnostizieren. Der Befund der Antrumschleimhaut passte zu einer sogenannten Post-HP-Gastritis. Außerdem bestand eine leichte chronische und oberflächliche Korpusgastritis ohne Anhalt für eine obere gastrointestinale Blutung. Der Hämoglobinwert lag im Normbereich, digital-rektal ließ sich kein Teerstuhl und kein Blut nachweisen. Vermutet wurde eine psychische Komponente im Rahmen der reaktiven Depression. Im psychosomatischen Konsil wurde eine ambulante Psychotherapie empfohlen. Für die beschriebenen Beschwerden ließ sich kein wesentliches somatisches Korrelat finden.
Nach Einholung der Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. S. stellte der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 den GdB von 30 nunmehr seit 15.05.2010 fest, wies im Übrigen aber den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 21.07.2011 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und nochmals im Einzelnen den Krankheitsverlauf, insbesondere seit 15.05.2010 dargestellt.
Das SG hat Prof. Dr. H. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. In seiner internistisch-umweltmedizinischen Stellungnahme vom 27.10.2011 hat er ausgeführt, den Kläger seit 08/2009 zu behandeln, seit Oktober 2010 mit einer 14-tätigen Behandlungsfrequenz. Im Verhandlungsverlauf sei eine Gewichtsreduktion von 90 kg auf 76 kg erfolgt. Bei der ersten Behandlung habe er eine Helicobacter-Infektion sowie Verminderung der Diaminoxidase befundet. Hinzugekommen seien im Laufe der Behandlung eine Hämaturie, eine zelluläre Sensibilisierung gegen Lösungsmittel, Pruritus wechselnder Lokalisation, Medikamentenallergien (Penicillin, Pantoprazol), Allergie gegen Milcheiweiß (Bäckerhefe, Brot) sowie eine reaktive Depression. Insgesamt sei eine signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit Therapieresistenz eingetreten.
Außerdem hat das SG den Allgemeinarzt Dr. D. als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört. Dieser gab mit Schreiben vom 06.12.2011 an, den Kläger seit 05.05.2011 zu behandeln. Er habe sich damals mit deutlichem Untergewicht, leidend und psychisch stark angegriffen vorgestellt. Körperlich hätten sich abdominelle Beschwerden mit vermehrter Darmtätigkeit, Blähungen sowie Druckschmerzen ubiquitär gezeigt. Die sonstigen körperlichen Befunde hätten sich im Normbereich befunden. Durch die multiplen Unverträglichkeiten und Allergien sei der Tagesablauf sehr eingeschränkt, um geeignete Lebensmittel organisieren zu können, im Beruf habe es deutliche Schwierigkeiten durch Arbeit in einem Mehrplatzbüro gegeben, in dem zudem noch Kartonagen und Klebstoffe gelagert worden seien, was der Kläger absolut nicht vertragen habe. Im Laufe der Behandlung habe sich eine geringe Besserung der Beschwerden durch verschiedene Therapien ergeben.
Sodann hat das SG auf Antrag des Klägers und eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin und Diplombiologen Dr. rer. nat. F. das Gutachten vom 10.09.2012 eingeholt. Anlässlich seiner Untersuchung vom 07.05.2012 hatte er ein Körpergewicht von 76 kg festgestellt und einen BMI von 22,59 ermittelt. Das Abdomen ist weich massiv gebläht gewesen. Angegeben hat er ein Druckschmerz im Epigastrium. Die Wirbelsäule ist ohne Klopfschmerz bei paravertebralen Myalgien, die Extremitäten sind frei beweglich bei seitengleichen Reflexen, keine Koordinationsstörung gewesen. Dr. F. hat sodann die von Prof. Dr. H. im Befundbericht vom 19.04.2011 gestellten Diagnosen übernommen und zusätzlich CFS sowie Multiple-Chemical-Syndrom (MCS) diagnostiziert. Den Gesamt-GdB hat er auf mindestens 50 geschätzt und darauf hingewiesen, dass die wesentlichen schweren Erkrankungen (MCS und CFS), an denen der Kläger seit Mai 2010 leide, nicht berücksichtigt seien. Es handle sich hierbei um anerkannte schwere organische Erkrankungen, denen eine systemische Entzündung zugrundeliege und die bei dem Kläger erwiesen seien. Dem Gutachten beigefügt hat der Sachverständige die Untersuchungsberichte vom 31.12.2002 und vom 14.02.2011 der vom Universitätsbauamt Heidelberg veranlassten Raumluftuntersuchung in verschiedenen Räumen des Bauamtes der Universität H ...
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. B. darauf hingewiesen, dass beim Kläger keine objektivbaren körperlichen Einschränkungen nachgewiesen seien und allein der Laborbefund einer immunologischen Sensibilisierung nicht für die Anerkennung einer Behinderung ausreiche. Der Sachverständige habe keinerlei Untersuchungen durchgeführt, die seine aufgeführten Einschränkungen untermauerten. Die umfangreiche Dokumentation der Raumluftbelastung am früheren Arbeitsplatz des Klägers sei nicht geeignet, eine Behinderung festzustellen. Eine zelluläre Sensibilisierung gegenüber bestimmten Stoffen stelle keine Behinderung im Sinne des SGB IX dar, da keine Laborbefunde, sondern tatsächlich bestehende Funktionseinschränkungen zu bewerten seien. Es könne eine seelische Störung mit Somatisierung unterstellt werden, die mit einem GdB von 30 korrekt beurteilt worden sei.
Der Kläger hat eine weitere "gutachterliche Äußerung" des Dr. F. vom 19.07.2012 sowie einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 17.12.2012 vorgelegt, bei dem sich der Kläger am 19.07.2010 und am 13.12.2012 vorgestellt hatte. Dr. W. hat ausgeführt, die neurologische Untersuchung des 78 kg schweren Klägers habe einen regelrechten Hirnnervenbefund, keine manifeste und keine latente Parese bei dem Vorhalteversuchen, seitengleiche Eigenreflexe sowie unauffällige Ergebnisse der Koordinationsprüfung ergeben. In psychischer Hinsicht habe sich bei der Erstexploration keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet gefunden, so dass er eher zur Vermutung einer funktionellen Dyspepsie geneigt habe. Am 13.12.2012 habe der Kläger 77 kg gewogen, nach Angaben des Klägers habe er 2012 vorübergehend 84 kg gewogen. Der Kläger habe verbal und non-verbal einen ausgeprägten Leidenszustand zum Ausdruck gebracht und geschildert, seit eineinhalb Jahren Haferschleim zu essen, Reis, Nudeln, Kartoffeln, gekochtes Rindfleisch, Karotten und Brokkoli zu vertragen, aber bei Abgasen von Benzol, Tolol, Xylol mit Unverträglichkeit zu reagieren. Der Kläger habe in psychischer Hinsicht dysphorisch-depressiv verstimmt gewirkt, sei wachsam, affektiv labil und erschöpft gewesen, die Hauptproblematik liege jedoch offenbar auf internistischem Fachgebiet. Aktuell sei belastend, dass zwei juristische Verfahren laufen würden, einmal mit seiner Berufsversicherung bezüglich der Berufsunfähigkeit und andererseits mit dem Arbeitgeber, der ihn "loshaben wolle". Dadurch ergebe sich ein erhebliches Konfliktpotential.
Mit Urteil vom 10.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass für den Beschwerdekomplex des Klägers mit den Allergien und einer MCS ein höherer Teil-GdB als 20 nicht zu begründen sei. Dasselbe gelte im Ergebnis hinsichtlich der Beschwerden des Klägers auf psychischem Gebiet mit dem CFS. Von einer relevanten Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes könne aufgrund der aktenkundigen Angaben zum Gewicht des Klägers nicht gesprochen werden. Dr. F. könne hinsichtlich seiner GdB-Einschätzung nicht gefolgt werden, denn er habe sich im Wesentlichen auf die Benennung von Diagnosen und abstrakt-theoretisch möglichen Einschränkungen beschränkt, ohne jedoch insoweit ausreichend objektivierbare und relevante konkrete Befunde hinsichtlich des Klägers, die zu einer höheren GdB-Bewertung führen könnten, mitzuteilen. Soweit Dr. F. angegeben habe, dass die bei dem Kläger relevanten Laborwerte im Institut für Medizinische Diagnostik in Berlin gemessen worden seien, habe er die entsprechenden Werte in seinem Gutachten nicht konkret genannt. Die Beschwerden des Klägers auf psychischem Gebiet mit dem CFS seien allenfalls im oberen Bereich der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem Teil-GdB von 20 anzusiedeln. Insbesondere sei zu beachten, dass bei fehlender entsprechender fachärztlicher Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgehe. Für den Magen-Darm-Bereich lasse sich allenfalls ein Teil-GdB von 20 und für den Bereich der Wirbelsäule und des Handgelenks kein höherer Teil-GdB als jeweils 10 begründen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.03.2013 beim SG Berufung eingelegt und nochmals eine Auflistung seiner verschiedenen ärztlichen Behandlungen seit Oktober 2008 sowie diverse weitere ärztliche Schreiben vorgelegt. Prof. Dr. H. ist in seiner vom Kläger zu den Akten gerichteten Stellungnahme vom 23.04.2013 bei seiner Auffassung geblieben, dass zweifelsfrei eine Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 vorliege, wobei besonders auf die stetige Übelkeit und das ausgeprägte Erbrechen seit Jahren hinzuweisen sei, das für sich allein schon eine eindeutige und erhebliche Beeinträchtigung im Leben des Klägers darstelle. Im vorläufigen Arztbrief der Medizinischen Klinik der St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, wo der Kläger vom 14. bis 24.12.2012 stationär behandelt worden ist, werden unspezifische dyspeptische Beschwerden mit rezidivierendem Erbrechen und brennenden Magenschmerzen sowie multiple Nahrungsmittelallergien diagnostiziert. Zur neurologischen Konsiliaruntersuchung hat Prof. Dr. G. mit Schreiben vom 20.12.2012 hinsichtlich des diagnostizierten rezidivierenden Erbrechens ausgeführt, dass eine aktuelle Therapie seitens ihres Fachgebietes derzeit nicht für aussichtsreich gehalten werde, insbesondere solange die juristischen Verfahren noch nicht abgeschlossen seien. Außerdem hat der Kläger das seitens des Versorgungswerks der Architektenkammer bei Dr. H., Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Ärztlicher Direktor der K. S., eingeholte fachärztliche Rentengutachten vom 20.12.2012 vorgelegt. Anlässlich der am 23.10.2012 erfolgten Untersuchung hat der Kläger unter anderem im Rahmen der Anamnese angegeben, ab Mitte Juni 2011 praktisch täglich erbrochen zu haben. Mit dem Erbrechen sei es erst ab Frühjahr 2012 langsam besser geworden. Auf aktuelle Beschwerden hin befragt hat der Kläger angegeben, mittlerweile gegen Übelkeit und Erbrechen eine speziellen Methode entwickelt zu haben, eine gedankliche Methode, mit der er dagegen angehe. Dass er in dem letzten Vierteljahr nicht mehr erbrochen habe, erlebe er als einen Glücksfall. Das letzte Mal sei es im April 2012 zu heftigerem Erbrechen gekommen. Erschwerend komme hinzu, dass er nachts fast überhaupt nicht mehr schlafen könne. Er sei abends so müde, dass er meist schon um 20.00 Uhr bzw. um 20.30 Uhr im Bett liege, lediglich an den Wochenenden gehe er später ins Bett. Länger als eine halbe Stunde bzw. maximal 3 Stunden könne er aber praktisch nie schlafen, es entwickle sich die Übelkeit und der Brechreiz. Zu seiner beruflichen Tätigkeit hat der Kläger angegeben, seit 30.05.2011 eine Wiedereingliederung, zunächst mit vier Stunden, inzwischen mit 6 Stunden und demnächst ab Ende Oktober 2012 sieben Stunden täglich zu absolvieren. Er stehe um 4.45 Uhr auf, um gegen 6.00 Uhr morgens in Heidelberg mit seiner Arbeit zu beginnen. Er fange so früh zu arbeiten an, um den Stoßverkehr und damit die Abgase zu vermeiden. Während des fast 4-stündigen Gespräches, der anschließenden psychologischen Untersuchung und einem weiteren halbstündigen Gespräch seien keine manifesten Beeinträchtigungen fassbar gewesen. Dr. H. ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger im Moment und auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage erscheine, 30 Prozent einer regulären Arbeitsleistung eines Architekten zu vollbringen.
In ihrer Stellungnahme vom 04.04.2013 hat die Psychotherapeutin K. angegeben, der Kläger sei seit 2012 in ständiger Behandlung und am 30.03.2013 erneut zur Wiedervorstellung in ihre Praxis gekommen. Der Kläger sei chronisch erschöpft und könne kaum seinen Alltag allein bewältigen. Er habe seine Wohnung aufgegeben und lebe bei seinen betagten Eltern in deren Wohnung im Flur. Auch in anderen Lebensbereichen sei der Kläger sehr eingeschränkt, am Leben teilzuhaben. Seine sozialen Kontakte habe er fast völlig abgebrochen, Hobbies und Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien ihm ebenso nicht möglich wie die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit.
Der Versorgungsarzt Dr. G. hat darauf hingewiesen, dass das psychotherapeutische Gutachten des Dr. H. die Beurteilung der Berufstätigkeit zum Inhalt habe und keine wesentlich neuen Gesichtspunkte ergebe. Die GdB-Beurteilung habe die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt. Soweit Frau Kessler auf behandlungsbedürftige seelische Begleiterscheinungen der aktenkundigen Beschwerden und Einschränkungen hingewiesen habe, sei bei der Gesamtbeurteilung im Hinblick auf die seelische Komponente zu beachten, dass erhebliche Überschneidungen der funktionellen Auswirkungen bestünden und eine Höherbewertung nicht ausreichend begründbar sei.
Am 08.04.2013 wurde der Kläger durch die Amtsärztin Dr. J. untersucht. In ihrem Untersuchungsbericht vom 08.04.2013 wird unter Bezugnahme auf amtsärztliche Vorgutachten sowie den Entlassbericht der Spezialklinik N. vom 12.03.2013 sowie den Entlassbericht einer internistischen Klinik vom 20.12.2012 ausgeführt, der Kläger leide unter einer Unverträglichkeit auf zahlreiche Chemikalien im Sinne einer MCS. Es sei aus diesem Grund streng darauf zu achten, die auslösenden Stoffe im Arbeitsumfeld des Klägers zu minimieren. Der Kläger habe berichtet, dass er in idealer Umgebung beschwerdefrei sei, wenn er sich an eine strenge Diät halte. Auch bei chronischen Erkrankungen seien Wiedereingliederungsmaßnahmen sinnvoll und notwendig, das Gelingen der Wiedereingliederung sei maßgeblich für die Erlangung einer dauerhaften Dienstfähigkeit. Für die Dienstfähigkeit des Klägers sei die Gestaltung des Arbeitsplatzes zentral. Der Kläger habe großes Interesse daran, an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren und wenn möglich auch Vollzeit zu arbeiten. Dabei sei ein von Noxen freies Arbeitsumfeld zwingend notwendig, je nach Gegebenheit am Arbeitsplatz könne auch eine Telearbeit erwogen werden, weil der Kläger bei sich zuhause in der Lage sei, die Belastung mit entsprechenden Noxen zu vermeiden. Im Nachtrag vom 28.06.2013 hat Dr. J. ausgeführt, der Kläger könne am 01.07.2013 mit einer Wiedereingliederung zunächst mit einer Arbeitsbelastung von 6 Stunden am Tag beginnen. Ab 01.11.2013 könne die volle Arbeitszeit erreicht werden.
Am 01.11.2013 hat der Kläger nach Beendigung der Wiedereingliederung am 31.10.2013 seinen vollschichtigen Dienst wieder aufgenommen (Bl. 93 Personalakten).
Der Kläger beantragt,
entsprechende Arztauskünfte bei den behandelnden Ärzten und ein Sachverständigengutachten von Amts wegen, hilfsweise auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er schwerbehindert ist, höchsthilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Januar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 10. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 ab dem 15. Mai 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat im Wesentlichen auf die vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahmen und das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger nochmals im Einzelnen den im Jahr 2008 beginnenden Krankheitsverlauf und neu hinzu gekommene Erkrankungen geschildert sowie darauf hingewiesen, dass er zwar seit 01.11.2013 wieder vollschichtig seine berufliche Tätigkeit ausübe, schon zwei Wochen später aber seinen Urlaub angetreten habe.
Seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten, gegen die Vorsitzende gerichteten Befangenheitsantrag hat der Senat durch Beschluss vom 19.12.2013 abgelehnt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte, die mit Zustimmung des Klägers beigezogene Personalakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Senat konnte entscheiden, ohne den erst nach bekanntgegebener Terminierung teils unbedingt, teils hilfsweise gestellten Beweisanträgen nachzugehen. Hinsichtlich der Begründung wird auf den zeitgleich ergangenen gesonderten Beschluss verwiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 seit 15.05.2010. Ob der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 10.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2011 auch insoweit rechtmäßig ist, als darin für den gegenwärtigen Zeitpunkt nach wie vor ein GdB von 30 festgestellt wird, obwohl der Kläger mittlerweile wieder vollschichtig berufstätig und nach eigener Darstellung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. die Magenproblematik erheblich gebessert ist, bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung, da der Kläger durch die Feststellung eines evtl. zu hohen GdB nicht in seinen Rechten verletzt wird.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1, 3 und 4 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX). Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG entsprechend. In der seit 21.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl. I S. 2904) wird in § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX zusätzlich auf die auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassene Rechtsverordnung Bezug genommen. Durch den Verweis auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe stellt § 69 SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - (juris)). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - (juris)). Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in der ab 01.01.2009 geltenden Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - Versorgungsmedizin-Verordnung - (VersMedV) miterfasst, die daher Grundlage für die Feststellung des GdB ist.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und alten Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, d. h. für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, d. h. Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (z. B. "Altersdiabetes", "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben.
Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e; so auch BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - zit. n. juris). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Einzel-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers keinen höheren GdB als 30 rechtfertigen.
Dabei ist zur Überzeugung des Senats im Funktionssystem Verdauung keine Gesundheitsstörung nachgewiesen, die nach VG, Teil B, Nr. 10 mit einem Teil-GdB von mindestens 10 zu bewerten wäre. Zwar hat der Kläger über Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen und Durchfälle in unterschiedlicher Intensität und Häufigkeit für den Zeitraum von Mai 2010 bis April 2012 berichtet. Eine organische Ursache hierfür konnte jedoch trotz mehrfacher umfänglicher Untersuchungen einschließlich ÖGD, Koloskopie und MRT zu keinem Zeitpunkt festgestellt werden. Auch die in der F.-S.-Klinik B. 2011 befundete leichte chronische und oberflächliche Korpusgastritis wurde nicht als wesentliches somatisches Korrelat für die geäußerten Beschwerden charakterisiert. Sowohl die behandelnden als auch die gutachtlich gehörten Ärzte sind deshalb übereinstimmend nicht von einer Erkrankung im Magen-Darm-Bereich ausgegangen. Zu Recht hat die Versorgungsärztin Dr. S. daher mangels Nachweises einer entsprechenden Erkrankung eine Beeinträchtigung im Funktionssystem Verdauung nicht berücksichtigt. Auch die Nahrungsmittelallergie und -unverträglichkeit des Klägers gegenüber Kuhmilcheiweiß und Backhefe begründet für sich allein keinen Teil-GdB, da die VG hierzu keine isolierten Festsetzungen enthalten. Entscheidend ist daher auch insoweit, ob die Allergie zu Magen-Darmstörungen führt, die nach VG, Teil B, Nr. 10.2 zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu noch unten).
Im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche beträgt der Teil-GdB 30.
Anlässlich der stationären Behandlung in der Klinik Hohenfreudenstadt vom 01. bis 28.11.2010 wurden eine reaktive Depression sowie psychovegetative Erschöpfung und Ein- und Durchschlafstörungen infolge Grübelns diagnostiziert. Nachdem in der F.-S.-Klinik B. kein somatisches Korrelat für die beklagten Magen-Darm-Beschwerden gefunden worden war, wurde auch dort eine psychische Komponente im Rahmen einer reaktiven Depression vermutet. Auf eine psychische Beeinträchtigung deutet auch die sachverständige Zeugenaussage des Allgemeinarztes Dr. D. hin, der berichtet hat, dass sich der Kläger am 05.05.2011 leidend und psychisch stark angegriffen vorgestellt hat. Relativiert werden diese Angaben allerdings in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht durch die fachärztlichen Stellungnahmen. Der Neurologe und Psychiater Dr. W. hat anlässlich seiner Erstexploration am 19.07.2010 nämlich noch keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet gesehen und erst bei der zweiten Vorstellung des Klägers am 13.12.2012 eine geänderte, allerdings auch jetzt nur geringgradige psychiatrische Beeinträchtigung des Klägers in Form einer dysphorisch-depressiven Verstimmtheit erkannt, die Hauptproblematik jedoch auf internistischem Fachgebiet angesiedelt. Hiermit korrespondiert, dass auch Prof. Dr. G., Direktor der neurologischen Klinik des S. Klinikums K., anlässlich seiner Konsiliaruntersuchung vom 20.12.2012 keinen Befund erhoben hat, der eine aktuelle Therapie seitens seines Fachgebietes indiziert hätte. Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. H. sah sich anlässlich seiner Begutachtung im Rentenverfahren, die der Senat vorliegend urkundlich verwertet, nicht in der Lage, den Beschwerdekomplex bzw. die Polysymptomatik diagnostisch einzuordnen, brachte jedoch bezüglich der von Dr. F. und Prof. Dr. H. diagnostizierten Syndrome ein vorsichtiges Fragezeichen an. Eine ganze Reihe der beschriebenen Symptome wie Herzrhythmusstörungen, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Benommenheit, Konzentrationsstörungen und Missempfindungen könnten auch als vegetative Angstäquivalente gedeutet werden. Auch die Tatsache, dass der Kläger selbst im bewussten Erleben vor allem Ängste vor Einsetzen seiner Symptome bzw. Situationen der Hilflosigkeit hat, ließe sich durchaus mit der Diagnose einer Angststörung in Einklang bringen.
Unter Berücksichtigung dessen hält der Senat daher die Einschätzung der Versorgungsärzte, zuletzt Dr. B. vom 29.11.2012, für zutreffend, wonach der Kläger an einer seelischen Störung mit Somatisierung leidet bzw. gelitten hat, die sich in Erschöpfungszuständen einhergehend mit einer dysphorisch-depressiven Verstimmtheit offenbart.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100.
Unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des Klägers insbesondere im Rahmen seiner Untersuchung durch Dr. H. lässt sich die Annahme einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit jedenfalls bis zum Wiedereintritt in die berufliche Tätigkeit am 01.11.2013 begründen. Eine Ausschöpfung des hierdurch eröffneten Bewertungsrahmens erscheint jedoch keinesfalls gerechtfertigt, vielmehr ist der untere GdB-Wert von 30 angemessen, aber auch ausreichend. Der Kläger hat bei Dr. H. geschildert und im gerichtlichen Verfahren durch eine Dokumentation seines Krankheitsverlaufes konkretisiert, seit Mai 2010 mindestens 50 bis 60 Ärzte aufgesucht zu haben. Ab Mitte Juni 2011 habe er praktisch täglich erbrochen, erst ab Frühjahr 2012 sei es langsam besser geworden. Länger als einen Tag weg von zu Hause, das könne er sich nicht vorstellen, ständig sei irgendetwas, das er einatme oder esse. Dies wirke sich auch sozial aus, könne er doch ausgesprochen selten seine Freunde besuchen oder diese (dann allenfalls für 2 bis 3 Stunden) zu sich nach Hause einladen. Früher sei er Leistungsportler gewesen, habe Kraftsport betrieben, Fitness, Karate, Capoeira, Laufen, Radfahren, habe viele Stunden in der Woche Sport getrieben. Dies alles habe am 15.05.2010 schlagartig geendet. Der Schlaf sei schwer gestört, in der Regel schlafe er nicht mehr als 30 Minuten bis 3 Stunden, dann wache er auf, gelegentlich könne er wieder einschlafen. Auf Freundschaften und Partnerschaften angesprochen hat der Kläger angegeben, er sei eher schüchtern und habe sich sehr auf seine Ausbildungen konzentriert und durch den Beruf wenig Zeit für Partnerschaften gehabt. Er habe viel Energie in den Beruf investiert. Er sei nach seinem Studium wieder in das Elternhaus zurückgekehrt, habe aber in diesem Haus eine eigene Wohnung bezogen. Bedingt durch seine Erkrankung habe er schlussendlich in die Wohnung seiner Eltern umziehen müssen und lebe jetzt mehr oder weniger auf recht engem Raum mit seinen Eltern zusammen, da er sich selbst bei seiner ständigen Übelkeit kein Essen zubereiten könne. Bedingt durch seine Allergien und seine Überempfindlichkeiten könne er auch nur im Flur der Wohnung seiner Eltern schlafen, im Wohnzimmer z. B. ginge das nicht. Im Flur gebe es eine wenige Quadratmeter große Ecke, wo sein Bett stehe.
Die Schilderungen des Klägers belegen somit eine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wobei zur Überzeugung des Senats von einer wesentlichen Einschränkung nur unter Vorbehalten ausgegangen werden kann. Zu berücksichtigen ist dabei sicherlich, dass der Kläger aufgrund der häufigen Arztbesuche im genannten Zeitraum schon rein zeitlich gehindert war, am sozialen Leben im Übrigen teilzunehmen. Andererseits hat der Kläger aber angegeben, durchaus noch über Kontakte zu Freunden zu verfügen. Seine mit Angst vor Umwelteinwirkungen begründeten seltenen Besuche bei Freunden erklärt nicht, weshalb ihn diese nicht ihrerseits häufiger zu Hause besuchen können. Zudem stellt sich die Frage, weshalb der Kläger in der Lage ist, spätestens seit Beginn der Wiedereingliederung am 30.05.2011 am Straßenverkehr teilzunehmen, Freunde indes nicht besuchen können will. Ein krankheitsbedingtes soziales Rückzugsverhalten wird auch dadurch in Zweifel gezogen, dass der Kläger selbst angibt, eher schüchtern zu sein und Zeit und Energie in seinen Beruf investiert zu haben. Hat der Kläger aber bereits vor dem von ihm auf den 15.05.2010 datierten Beginn seines Leidens nicht über einen größeren Freundes- oder Bekanntenkreis verfügt, können verminderte Sozialkontakte während der Krankheit nicht als Rückzugsverhalten interpretiert werden. Auch soweit der Kläger seine Teilhabebeeinträchtigung anhand seiner Wohnsituation zu begründen versucht, hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass hierfür eine Gesundheitsstörung verantwortlich ist. Der Kläger ist schon lange vor dem 15.05.2010 in eine Wohnung im Haus seiner Eltern zurück gekehrt. Weshalb er von dieser in die Wohnung seiner Eltern umgezogen ist, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Selbst wenn in der früheren Wohnung des Klägers und in Teilen der Wohnung seiner Eltern Schadstoffbelastungen bestünden, die beim Kläger zu den geschilderten Symptomen von Übelkeit, Brechreiz, Schlafstörungen etc. führen, stellt sich die Frage, weshalb der Kläger nicht entweder bauliche Änderungen in den Wohnräumen durchführt, was sich unter Berücksichtigung seiner beruflichen Qualifikation geradezu aufdrängt, oder sich eine vergleichsweise schadstofffreie Unterkunft sucht. Da nach Einlassung des Klägers die geschilderte Symptomatik primär auf belastende Umwelteinwirkungen zurückzuführen ist, wäre er dann - wie schon vor dem 15.05.2010 - beschwerdefrei und nicht mehr auf die Hilfe seiner Eltern angewiesen. Zur Überzeugung des Senats befindet sich der Kläger keineswegs krankheitsbedingt in einer derart hilfsbedürftigen Situation, dass er täglich der Unterstützung seiner 78 (Mutter) und 76 (Vater) Jahre alten Eltern bedarf. Dies wird auch dadurch belegt, dass er seit 30.05.2011 eine Wiedereingliederung unternommen hat, zunächst mit 4/5 Stunden täglich, von 05.04. bis 07.11.2012 mit 6 Stunden/täglich und von 08.11.2012 bis 31.10.2013 mit 7 Stunden täglich. Auch die Aufgabe der sportlichen Aktivitäten vermag der Senat nicht in Zusammenhang mit der vom Kläger behaupteten Symptomatik zu bringen. Gerade wenn der Kläger in geschlossenen Räumen befürchtet, Schadstoffbelastungen ausgesetzt zu sein, wäre die Fortsetzung seiner Hobbys wie Laufen, Wandern oder Fahrradfahren möglich und naheliegend. Dass der Kläger all dies am 15.05.2010 schlagartig beendet hat, ist daher zur Überzeugung des Senats nicht oder jedenfalls nicht ausschließlich mit Einschränkungen in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit verbunden, sondern entspricht jedenfalls zum Teil der vom Kläger aus freien Stücken gewählten Lebensweise. Ebenfalls nicht überzeugt ist der Senat davon, dass der Kläger aufgrund eines chronischen ernährungsbedingten Schwächezustandes seine früher ausgeübten Aktivitäten vollständig eingestellt hat. Denn die vorliegenden Untersuchungsergebnisse sind nicht geeignet, eine wesentliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes zu objektivieren (vgl. hierzu unten).
Auch die weiteren von Dr. H. im Einzelnen dargestellten Parameter der psychiatrischen Befundung belegen, dass ein höherer GdB als 30 nicht zu begründen ist. Der Kläger räumte zwar eine gewisse Bedrückung ein, da viele Behandler und Institutionen ihm nicht hätten helfen können und der Verlauf der Erkrankung und seiner Zukunft somit ungewiss sei. Symptome einer Depressivität sind von dem Kläger spontan aber nicht angesprochen worden. Auch wenn die Stimmungslage insgesamt eher ängstlich-gedrückt gewesen ist, war die affektive Schwingungsfähigkeit doch allenfalls diskret eingeschränkt und die Fähigkeit zur Empfindung freudiger Affekte vorhanden. Der Kläger äußerte zwar Ängste in gesundheitlicher, beruflicher und persönlicher Hinsicht, war aber auch in der Lage, in bestimmten Situationen während des Gesprächs zu lachen. Auch im Antrieb war keine Minderung zu beobachten, der Kläger war im Gespräch ausgesprochen initiativ bei erhöhtem Redetempo. Der somit ungehinderte Antrieb kontrastierte nach Auffassung von Dr. H. mit der Einlassung des Klägers, in der Nacht zuvor praktisch nicht geschlafen zu haben. Denn in dem mehrstündigen Gespräch ergaben sich keine Hinweise auf eine raschere Ermüdbarkeit oder Antriebsminderung. Der Kläger war vielmehr wach und voll konzentriert, was bei dem berichteten Schlafdefizit nicht zu erwarten gewesen wäre.
Des Weiteren leidet der Kläger in kognitiver Hinsicht nicht an Funktionseinschränkungen, die einen höheren Teil-GdB als 30 im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche rechtfertigen würden. Der Kläger hat zwar u. a. bei Dr. H. über sehr nachhaltige Konzentrationsstörungen berichtet und auch Erinnerungslücken erwähnt. Dr. H. hat hingegen in dem insgesamt knapp vierstündigen Gesprächsverlauf kein Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit oder der Auffassungsgabe und auch keine erhöhte Ablenkbarkeit beobachtet. Gestellte Fragen hat der Kläger inhaltlich angemessen bzw. sachgerecht beantwortet und blieb in der Regel sehr auf die Fragestellungen fokussiert. Im Gespräch waren auch keine wesentlichen Erinnerungslücken oder Schwierigkeiten im Hinblick auf Gedächtnisleistungen zu eruieren, vielmehr war das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis des Klägers nach Auffassung von Dr. H. ohne globale Minderung oder Lücken, es bestand ein Zeitgitter ohne Störung.
Soweit der nach § 109 SGG gehörte Allgemeinarzt Dr. F. bei dem Kläger CFS und MCS diagnostiziert hat, ergibt sich hieraus keine höhere GdB-Bewertung. Dabei hält der Senat ein CFS (entspricht nach G.93.3 ICD-10-WHO Version 2013 chronisches Erschöpfungssyndrom) für nicht nachgewiesen. Eigene Feststellungen hat der Sachverständige hierzu nicht getroffen, er hat vielmehr die anamnestischen Angaben des Klägers zum Befund erhoben, ohne sie zu überprüfen oder sie aufgrund der eigenen Wahrnehmungen zu objektivieren. Der Sachverständige hat noch nicht einmal im Einzelnen das Schlafverhalten und die Schlafdauer des Klägers exploriert und war somit nicht in der Lage, eine krankheitswertige Müdigkeit festzustellen. Werden die Angaben des Klägers bei Dr. H. zugrunde gelegt, steht der Kläger um 04.45 Uhr auf, um gegen 06.00 Uhr mit seiner Arbeit in Heidelberg zu beginnen. Weshalb hier Kennzeichen für ein CFS vorliegen sollen, wenn der Kläger dann arbeitstäglich um 20.00 Uhr bzw. 20.30 Uhr zu Bett geht, am Wochenende später, erschließt sich dem Senat nicht.
Im Übrigen sind Somatisierungs-Syndrome wie CFS oder MCS nach VG, Teil B, Nr. 18.4 jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Zur Überzeugung des Senats sind die vom Kläger behaupteten funktionellen Auswirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden und Erschöpfungszustände - wie oben dargestellt - Symptome einer Somatisierungsstörung, die nach VG, Teil B, Nr. 3.7 zu bewerten sind. Doch selbst wenn hier trotz fehlender Krankheitsnachweise die GdB-Bewertung aufgrund der Beschwerdesymptomatik im Funktionssystem Verdauung erfolgen würde, ergäbe sich kein höherer Teil-GdB als 30. Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der GdB nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen. Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von Bedeutung (VG, Teil B, Nr. 10.2). Bei den unter VG, Teil B, Nr. 10.2.1 und 10.2.2 aufgelisteten Erkrankungen, von denen keine im Falle des Klägers diagnostiziert worden ist, wird die GdB-Bewertung teilweise davon abhängig gemacht, ob und in welchem Umfang die Erkrankung den Ernährungs- und Kräftezustand beeinträchtigt. Würde dieses Kriterium auch vorliegend zum Maßstab der GdB-Bewertung gemacht, wäre aufgrund der ermittelten Messergebnisse bereits ein GdB von 30 höchst fraglich. Zwar haben Prof. Dr. H., Dr. D. und Dr. F. von einem reduzierten Ernährungszustand des Klägers berichtet. Deren Gewichtsangaben widersprechen jedoch einem solchen Befund. Denn der Kläger war zu keinem Zeitpunkt untergewichtig, sondern normal-, wenn nicht sogar übergewichtig. Woraus die genannten Ärzte einen reduzierten Ernährungszustand ableiten, erschließt sich dem Gericht daher nicht.
Nach der WHO bestehen folgende Gewichtsklassifikationen bei Erwachsenen anhand des BMI (veröffentlicht unter http://apps.who.int/bmi/index.jsp?introPage=intro 3.html, Stand 2008):
• starkes Untergewicht &8804; 16,0 • mäßiges Untergewicht 16,0–17,0 • leichtes Untergewicht 17,0–18,5 • Normalgewicht 18,5–25,0 • Präadipositas (Übergewicht) 25,0–30,0 • Adipositas Grad I 30,0–35,0 • Adipositas Grad II 35,0–40,0 • Adipositas Grad III &8805; 40,0
Bei Aufnahme in der Klinik H. am 01.11.2010 wurde ein BMI von 23,1 ermittelt. Prof. Dr. H. gab im Befundschein vom 19.04.2011 das Gewicht des Klägers mit 91 kg an, woraus sich bei einer Körpergröße von 187 cm ein BMI von 26,02 und somit ein Übergewicht ergibt. Soweit Prof. Dr. H. in seiner Zeugenauskunft vom 27.10.2011 angegeben hat, der Kläger habe von 08/2009 bis dato eine Gewichtsreduktion von 90 kg auf 76 kg vollzogen, steht dies im Widerspruch zu obiger Stellungnahme, wäre aber jedenfalls kein Beleg für eine Mangelernährung. Auch Dr. F. hat das Gewicht des Klägers am 07.05.2012 mit 76 kg gemessen, was einem BMI von 22,59 und somit Normalgewicht entspricht. Ähnliche Gewichtsangaben hat Dr. W. für den 19.07.2010 (78 kg) und 13.12.2012 (77 kg) gemacht. Der Kläger selbst hatte bei seiner Vorstellung dort angegeben, vorübergehend im Jahr 2012 84 kg gewogen zu haben (BMI 24,02). Dr. H. schließlich hat am 23.10.2012 ein Gewicht des Klägers von 78,8 kg (BMI 22,53) ermittelt. Bei objektiver Betrachtung hat der Kläger somit sein im Jahr 2009 noch bestehendes Übergewicht auf ein mittlerweile konstantes Normalgewicht gesenkt, wobei das von Prof. Dr. H. im Befundbericht vom 19.04.2011 wiedergegebene Gewicht von 91 kg dem allerdings nicht entspricht. Ausgehend von dieser objektiven Befundlage hat der Senat darüber hinaus erhebliche Zweifel, ob das Beschwerdevorbringen des Klägers insgesamt mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Übereinstimmung zu bringen ist. Hätte der Kläger nämlich tatsächlich, wie gegenüber Dr. H. geschildert, ab Mitte Juni 2011 bis Frühjahr 2012 praktisch täglich erbrochen, einher gehend mit 4 bis 5 Durchfällen pro Tag, hätte er den hierdurch bedingten Gewichtsverlust nur durch eine überdurchschnittliche Nahrungsaufnahme kompensieren können, um sein Gewicht zwischen 76 kg und 78 kg, vorübergehend auch 84 kg, stabilisieren zu können. Dem widerspricht jedoch die weitere Einlassung des Klägers, sich nur mit Hirsebrei ernährt zu haben und generell kaum Lebensmittel einkaufen zu können, die er vertrage. Auch die vorgelegten Fotos belegen jedenfalls für den 18.05.2012 keinen reduzierten Ernährungszustand, sondern im Gegenteil eher eine gewisse Adipositas, worauf der Versorgungsarzt Dr. B. hingewiesen hat. Nicht auszuschließen ist, dass der Kläger beim Abbau des Übergewichts vorübergehend Schwächegefühle empfunden hat, eine dauerhafte Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes des Klägers hält der Senat indes nicht für nachgewiesen.
Im Funktionssystem Rumpf beträgt der Teil-GdB 10, was sich auf die Gesamtbeeinträchtigung nicht GdB-erhöhend auswirkt (VG, Teil A, Nr. 3 d ee).
Ausweislich des Befundberichtes des Dr. W. vom 15.12.2010 leidet der Kläger an einer juvenilen Aufbaustörung der gesamten Wirbelsäule mit skoliotischer Deformität, rechts-konvexer Lumbalskoliose, thorakal links-konvexem Gegenschwung und im cervikothorakalen Bereich mit erneuter rechts-konvexer Einstellung.
Nach VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität sind mit einem GdB von 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 20 und mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 30 zu bewerten.
Vorliegend sind trotz der skoliotischen Verformungen der Wirbelsäule noch keine mittelgradigen, sondern lediglich geringe funktionelle Auswirkungen nachgewiesen. Zwar hat Dr. Winter über eine weitgehend fixierte Brustwirbelsäule berichtet und auch im Entlassungsbericht der Klinik Hohenfreudenstadt vom 03.01.2011 wird das Schober-Maß lediglich mit 10/11 (Normalwert 10/15) angegeben. Allein die stark verminderte Entfaltbarkeit der BWS belegt jedoch noch keine mehr als geringe Funktionsstörung im Sinne einer Bewegungseinschränkung. Diese ergibt sich auch nicht aus den weiteren medizinischen Befunden. Denn im Befundbericht des Dr. W. wird zwar eine Einschränkung der LWS in der Rück- und Seitneigung angegeben, konkrete Bewegungsmaße werden indes nicht genannt. Der Finger-Boden-Abstand betrug lediglich 10 cm, was auf eine uneingeschränkte Vorneigung hinweist. Während er von einer endgradig eingeschränkten HWS berichtet, wird im Entlassungsbericht der Klinik H. eine in allen Ebenen freie und ohne Schmerzen bewegliche HWS beschrieben. Auch eine Einschränkung der Beweglichkeit der LWS bei angegebenem Schober-Maß von 10/11 findet sich in dem Bericht nicht. Die klinische Untersuchung dort ergab auch keinen Wirbelsäulendruck- oder Klopfschmerz sowie keinen paravertebralen Druckschmerz. Dies wurde auch von Prof. Dr. H. bestätigt, der im Befundbericht vom 19.04.2011 die Wirbelsäule ebenfalls nicht druckdolent wahrgenommen hat. Dass die Verformung der Wirbelsäule des Klägers lediglich mit geringen funktionellen Auswirkungen verbunden ist, ergibt sich für den Senat außerdem aus dem Umstand, dass bei den weiteren ärztlichen Untersuchungen keine entsprechenden klinischen Befunde erhoben worden sind. So hat Dr. D. hervorgehoben, dass mit Ausnahme der abdominellen Beschwerden die sonstigen körperlichen Befunde im Normalbereich gelegen hätten, Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 10.09.2012 ausgeführt, die Wirbelsäule sei ohne Klopfschmerz bei paravertebralen Myalgien, Dr. H. hat auf die körperliche Untersuchung durch den Funktionsarzt für Somatische Medizin Dr. L. verwiesen, der lediglich als Diagnose eine Hyperkyphose gestellt, jedoch keine Bewegungseinschränkung oder sonstige Funktionsstörung der Wirbelsäule befundet hat und auch die Amtsärztin Dr. J. hat weder Beschwerden noch objektive Befunde im Hinblick auf die Wirbelsäule dargestellt. All dies weist darauf hin, dass der Kläger selbst insoweit keine Funktionseinschränkungen verspürt, die über ein geringes Ausmaß hinausgingen.
Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, nunmehr auch an weiteren Beschwerden zu leiden, wie Herzrythmusstörungen und Blutdruckabfall, ist bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei um pathologische Veränderungen, d. h. Gesundheitsstörungen i. S. der VG, Teil A, Nr. 2 c handelt. Ärztliche Befundberichte mit entsprechenden Diagnosen hat der Kläger hierzu nicht vorgelegt. GdB-erhöhend sind die nach eigenem Vortrag des Klägers erst jüngst aufgetretenen Beschwerden jedenfalls aber nicht zu berücksichtigen, weil der GdB eine nicht nur vorübergehende und damit eine über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten sich erstreckende Gesundheitsstörung voraussetzt (VG, Teil A, Nr. 2 f). Von einer neuen dauerhaften Gesundheitsstörung, die zudem mit konkreten Funktionsbeeinträchtigungen einher gehen müsste, hat der Kläger indes nicht berichtet, sodass insoweit auch nicht weiter von Amts wegen zu ermitteln gewesen ist.
Da der Beklagte somit zutreffend den Gesamt-GdB des Klägers mit 30 festgestellt hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht, in welcher Höhe der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers im Erstantragsverfahren festzustellen ist.
Der am 15.05.1967 geborene und nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums im Studiengang Architektur an der Fachhochschule Heidelberg (Dipl.-Ing.) im Jahr 1997 seit 01.12.1998 im gehobenen bautechnischen Dienst bei der O. Karlsruhe als Bauoberinspektor (seit 26.11.2001) bzw. bei der O. Stuttgart und seit 01.01.2005 bei dem Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg als Bauamtmann (seit 28.07.2004), jeweils mit Dienstort Universitätsbauamt Heidelberg, beschäftigte Kläger stellte am 21.12.2010 beim Beklagten einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Als zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen nannte er ein Chronic Fatigue Syndrom (CFS), Allergien und Begleiterkrankungen, orthopädische Erkrankungen sowie Enddarmerkrankungen. Dem Antrag beigefügt war unter anderem der Antrag auf Kostenübernahme einer Anschlussheilbehandlung des Prof. Dr. G., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 10.09.2010 (Übelkeit, Verdauungsstörung, häufiges Erbrechen, Entzündung im Magen-Darm-Bereich, V.a. funktionelle dyspeptische Beschwerden [Reizmagen, Gewichtsverlust, psychischer und physischer Erschöpfungszustand, V.a. Intoxikation am Arbeitsplatz]). Ausweislich des vorgelegten Befundberichts des Prof. Dr. B., Klinikum H., Chirurgische Klinik, vom 21.09.2010 hatte der Kläger sich am 18.08. und 14.09.2010 dort in der Pankreassprechstunde vorgestellt und berichtet, seit Mai des Jahres uncharakteristische, aber heftige Bauchbeschwerden zu haben, die mit Blähungen, Übelkeit, Erbrechen und auch Schwindel einhergingen. Er habe wegen dieser Beschwerden über 10 Kilo abgenommen, in den letzten Tagen jedoch nach Stabilisierung seines Befindens wieder 1 Kilo zugelegt. Die im Universitätsklinikum H. durchgeführten umfänglichen Untersuchungen einschließlich Gastroskopie, Koloskopie und MRT hätten jedoch ebenso wenig die die entnommenen Laborparameter Hinweis auf eine Erkrankung ergeben. Zur Abklärung der dyspeptischen Beschwerden befand sich der Kläger zudem vom 23. bis 31.08.2010 im Krankenhaus Salem. Auch hier waren die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD, Magenspiegelung) und die Koloskopie unauffällig und auch der Ultraschall des Abdomens erbrachte keinen Befund (Arztbrief Dr. B., Krankenhaus S., vom 31.08.2010). Im vorgelegten Allergiepass vom 23.06.1999 ist eine Allergie gegen Milch sowie verschiedene Inhalationsstoffe (Nüsse, gemeiner Beifuß, Hausstaubmilbe, Katze, Pferd, Meerschweinchen) eingetragen. Im Rahmen einer von Prof. Dr. H. im September/Oktober 2010 veranlassten Lymphozytentransformationstestung (LTT) ergab sich darüber hinaus der Nachweis einer zellulären Sensibilisierung im Sinne einer Typ IV-Immunreaktion gegenüber PAK(polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)-Mix, BTX-Benzol, Kuhmilcheiweiß, Backhefe sowie geringgradig auch gegenüber der Nahrungsmittelgruppe Gemüse (vgl. Bl. 16/19 Behördenakten). Schließlich war dem Antrag der Befundbericht des Dr. W. vom 15.12.2010 beigefügt. Danach war die Entfaltung der Lendenwirbelsäule (LWS) gering eingeschränkt, die Brustwirbelsäule (BWS) erschien weitgehend fixiert, Rück- und Seitneigung der LWS waren eingeschränkt, der Fingerspitzen-Boden-Abstand betrug 10 cm und die Halswirbelsäule (HWS) war endgradig eingeschränkt. Die oberen und unteren Extremitäten wiesen keine wesentliche Bewegungseinschränkung auf. Im Bereich des rechten Handgelenks zeigte sich der Zustand nach Diskusläsion mit schmerzhafter Bewegungsstörung.
Der Beklagte zog den Entlassungsbericht der Klinik H. vom 03.01.2011 bei, in der sich der Kläger vom 01. bis 28.11.2010 in stationärer Behandlung befunden hatte. Bei Aufnahme wurde ein Gewicht von 80,9 kg bei einer Größe von 187 cm und somit ein Body-Mass-Index (BMI) von 23,1 ermittelt. Die klinische Untersuchung des Abdomens ergab eine weiche, leicht adipöse Bauchdecke mit Druckschmerz rechter Oberbauch und Epigastrium, keine Abwehrspannung, keine pathologischen Resistenzen bei mäßig lebhafter Peristaltik und erheblichem Meteorismus (Blähbauch). Die Untersuchung von Rumpf und HWS ergab keinen Wirbelsäulendruck- oder Klopfschmerz sowie keinen paravertebralen Druckschmerz, ein Schober-Maß von 10/11 cm sowie eine in allen Ebenen freie und ohne Schmerzen bewegliche HWS. Die Extremitäten waren in allen Ebenen frei und ohne Schmerzen beweglich. Sämtliche Gelenke zeigten sich mit regelrechten Konturen und ohne Druckschmerz. Während des Aufenthalts erhielt der Kläger eine salz-, fett- und purinreduzierte Vollkost nach DGE unter Berücksichtigung der Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten. Der zu Beginn des Heilverfahrens durchgeführte H 2-Atemtest ergab keinen Anhalt für eine Fructose-Intoleranz. Da auch der Histaminwert im Normbereich lag, wurde die histaminfreie Kost aufgehoben. Im Rahmen der durchgeführten explorativen psychiatrischen Gespräche kristallisierte sich ein reaktiver depressiver Versagenszustand heraus. Bei Entlassung wog der Kläger 80,1 kg und es bestand nur noch ein leichter Meteorismus.
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme berücksichtigte Dr. S. als Funktionsbeeinträchtigungen eine seelische Störung (Teil-GdB 30), Allergie (Teil-GdB 20), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Teil-GdB 10) sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks (Teil-GdB 10) und schätzte den Gesamt-GdB mit 30 ein. Eine Darmerkrankung hielt sie nicht für nachgewiesen.
Mit Bescheid vom 10.02.2011 stellte der Beklagte den GdB mit 30 seit 21.12.2010 fest.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, dem er verschiedene Fotos beifügte, auf denen eine Rotfärbung der Haut im Bereich des Oberkörpers und des Gesichts zu erkennen ist. Der Beklagte holte bei dem Hautarzt und Allergologen Dr. K. sowie bei Prof. Dr. H. Befundscheine ein. Dr. K. gab in seinem undatierten, am 07.03.2011 beim Beklagten eingegangenen Schreiben an, den Kläger vom 09.02.1999 bis letztmalig am 08.04.2008 in unregelmäßigen Abständen behandelt zu haben. Das Beschwerdebild habe von Handekzemen im Sinne einer Pulpitis sicca bei Atopie bis zu Analekzemen gereicht, außerdem seien rezidivierend Analvenenthrombosen aufgetreten. Prof. Dr. H. benannte im Schreiben vom 19.04.2011 verschiedene Diagnosen sowie aktuelle Beschwerden des Klägers und gab dessen Gewicht mit 91 kg sowie einen reduzierten Allgemein- und Ernährungszustand an. Bei der klinischen Untersuchung sei das Abdomen weich ohne pathologische Resistenzen mit Druckschmerzen im Epi- und Hypogastrium gewesen, die Wirbelsäule nicht druckdolent. Aus seiner Sicht sei ein GdB von mindestens 50 streng indiziert. Aufgrund dessen Einweisung befand sich der Kläger vom 17. bis 23.03.2011 in stationärer Behandlung in der F.-S.-Klinik B ... Die dort durchgeführte Abdomensonographie zeigte unauffällige Befunde der intraabdominellen Organe. Die außerdem durchgeführte ÖGD ergab eine Refluxösophagitis Ersten Grades sowie eine axiale Hiatushernie. Der histologische Befund ergab keinen Hinweis auf Morbus Whipple, Parasiten oder Pilzbefall, die Dünndarmschleimhaut war ohne wesentlichen pathologischen Befund und eine Sprue nicht zu diagnostizieren. Der Befund der Antrumschleimhaut passte zu einer sogenannten Post-HP-Gastritis. Außerdem bestand eine leichte chronische und oberflächliche Korpusgastritis ohne Anhalt für eine obere gastrointestinale Blutung. Der Hämoglobinwert lag im Normbereich, digital-rektal ließ sich kein Teerstuhl und kein Blut nachweisen. Vermutet wurde eine psychische Komponente im Rahmen der reaktiven Depression. Im psychosomatischen Konsil wurde eine ambulante Psychotherapie empfohlen. Für die beschriebenen Beschwerden ließ sich kein wesentliches somatisches Korrelat finden.
Nach Einholung der Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. S. stellte der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 den GdB von 30 nunmehr seit 15.05.2010 fest, wies im Übrigen aber den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 21.07.2011 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und nochmals im Einzelnen den Krankheitsverlauf, insbesondere seit 15.05.2010 dargestellt.
Das SG hat Prof. Dr. H. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. In seiner internistisch-umweltmedizinischen Stellungnahme vom 27.10.2011 hat er ausgeführt, den Kläger seit 08/2009 zu behandeln, seit Oktober 2010 mit einer 14-tätigen Behandlungsfrequenz. Im Verhandlungsverlauf sei eine Gewichtsreduktion von 90 kg auf 76 kg erfolgt. Bei der ersten Behandlung habe er eine Helicobacter-Infektion sowie Verminderung der Diaminoxidase befundet. Hinzugekommen seien im Laufe der Behandlung eine Hämaturie, eine zelluläre Sensibilisierung gegen Lösungsmittel, Pruritus wechselnder Lokalisation, Medikamentenallergien (Penicillin, Pantoprazol), Allergie gegen Milcheiweiß (Bäckerhefe, Brot) sowie eine reaktive Depression. Insgesamt sei eine signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit Therapieresistenz eingetreten.
Außerdem hat das SG den Allgemeinarzt Dr. D. als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört. Dieser gab mit Schreiben vom 06.12.2011 an, den Kläger seit 05.05.2011 zu behandeln. Er habe sich damals mit deutlichem Untergewicht, leidend und psychisch stark angegriffen vorgestellt. Körperlich hätten sich abdominelle Beschwerden mit vermehrter Darmtätigkeit, Blähungen sowie Druckschmerzen ubiquitär gezeigt. Die sonstigen körperlichen Befunde hätten sich im Normbereich befunden. Durch die multiplen Unverträglichkeiten und Allergien sei der Tagesablauf sehr eingeschränkt, um geeignete Lebensmittel organisieren zu können, im Beruf habe es deutliche Schwierigkeiten durch Arbeit in einem Mehrplatzbüro gegeben, in dem zudem noch Kartonagen und Klebstoffe gelagert worden seien, was der Kläger absolut nicht vertragen habe. Im Laufe der Behandlung habe sich eine geringe Besserung der Beschwerden durch verschiedene Therapien ergeben.
Sodann hat das SG auf Antrag des Klägers und eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin und Diplombiologen Dr. rer. nat. F. das Gutachten vom 10.09.2012 eingeholt. Anlässlich seiner Untersuchung vom 07.05.2012 hatte er ein Körpergewicht von 76 kg festgestellt und einen BMI von 22,59 ermittelt. Das Abdomen ist weich massiv gebläht gewesen. Angegeben hat er ein Druckschmerz im Epigastrium. Die Wirbelsäule ist ohne Klopfschmerz bei paravertebralen Myalgien, die Extremitäten sind frei beweglich bei seitengleichen Reflexen, keine Koordinationsstörung gewesen. Dr. F. hat sodann die von Prof. Dr. H. im Befundbericht vom 19.04.2011 gestellten Diagnosen übernommen und zusätzlich CFS sowie Multiple-Chemical-Syndrom (MCS) diagnostiziert. Den Gesamt-GdB hat er auf mindestens 50 geschätzt und darauf hingewiesen, dass die wesentlichen schweren Erkrankungen (MCS und CFS), an denen der Kläger seit Mai 2010 leide, nicht berücksichtigt seien. Es handle sich hierbei um anerkannte schwere organische Erkrankungen, denen eine systemische Entzündung zugrundeliege und die bei dem Kläger erwiesen seien. Dem Gutachten beigefügt hat der Sachverständige die Untersuchungsberichte vom 31.12.2002 und vom 14.02.2011 der vom Universitätsbauamt Heidelberg veranlassten Raumluftuntersuchung in verschiedenen Räumen des Bauamtes der Universität H ...
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. B. darauf hingewiesen, dass beim Kläger keine objektivbaren körperlichen Einschränkungen nachgewiesen seien und allein der Laborbefund einer immunologischen Sensibilisierung nicht für die Anerkennung einer Behinderung ausreiche. Der Sachverständige habe keinerlei Untersuchungen durchgeführt, die seine aufgeführten Einschränkungen untermauerten. Die umfangreiche Dokumentation der Raumluftbelastung am früheren Arbeitsplatz des Klägers sei nicht geeignet, eine Behinderung festzustellen. Eine zelluläre Sensibilisierung gegenüber bestimmten Stoffen stelle keine Behinderung im Sinne des SGB IX dar, da keine Laborbefunde, sondern tatsächlich bestehende Funktionseinschränkungen zu bewerten seien. Es könne eine seelische Störung mit Somatisierung unterstellt werden, die mit einem GdB von 30 korrekt beurteilt worden sei.
Der Kläger hat eine weitere "gutachterliche Äußerung" des Dr. F. vom 19.07.2012 sowie einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 17.12.2012 vorgelegt, bei dem sich der Kläger am 19.07.2010 und am 13.12.2012 vorgestellt hatte. Dr. W. hat ausgeführt, die neurologische Untersuchung des 78 kg schweren Klägers habe einen regelrechten Hirnnervenbefund, keine manifeste und keine latente Parese bei dem Vorhalteversuchen, seitengleiche Eigenreflexe sowie unauffällige Ergebnisse der Koordinationsprüfung ergeben. In psychischer Hinsicht habe sich bei der Erstexploration keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet gefunden, so dass er eher zur Vermutung einer funktionellen Dyspepsie geneigt habe. Am 13.12.2012 habe der Kläger 77 kg gewogen, nach Angaben des Klägers habe er 2012 vorübergehend 84 kg gewogen. Der Kläger habe verbal und non-verbal einen ausgeprägten Leidenszustand zum Ausdruck gebracht und geschildert, seit eineinhalb Jahren Haferschleim zu essen, Reis, Nudeln, Kartoffeln, gekochtes Rindfleisch, Karotten und Brokkoli zu vertragen, aber bei Abgasen von Benzol, Tolol, Xylol mit Unverträglichkeit zu reagieren. Der Kläger habe in psychischer Hinsicht dysphorisch-depressiv verstimmt gewirkt, sei wachsam, affektiv labil und erschöpft gewesen, die Hauptproblematik liege jedoch offenbar auf internistischem Fachgebiet. Aktuell sei belastend, dass zwei juristische Verfahren laufen würden, einmal mit seiner Berufsversicherung bezüglich der Berufsunfähigkeit und andererseits mit dem Arbeitgeber, der ihn "loshaben wolle". Dadurch ergebe sich ein erhebliches Konfliktpotential.
Mit Urteil vom 10.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass für den Beschwerdekomplex des Klägers mit den Allergien und einer MCS ein höherer Teil-GdB als 20 nicht zu begründen sei. Dasselbe gelte im Ergebnis hinsichtlich der Beschwerden des Klägers auf psychischem Gebiet mit dem CFS. Von einer relevanten Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes könne aufgrund der aktenkundigen Angaben zum Gewicht des Klägers nicht gesprochen werden. Dr. F. könne hinsichtlich seiner GdB-Einschätzung nicht gefolgt werden, denn er habe sich im Wesentlichen auf die Benennung von Diagnosen und abstrakt-theoretisch möglichen Einschränkungen beschränkt, ohne jedoch insoweit ausreichend objektivierbare und relevante konkrete Befunde hinsichtlich des Klägers, die zu einer höheren GdB-Bewertung führen könnten, mitzuteilen. Soweit Dr. F. angegeben habe, dass die bei dem Kläger relevanten Laborwerte im Institut für Medizinische Diagnostik in Berlin gemessen worden seien, habe er die entsprechenden Werte in seinem Gutachten nicht konkret genannt. Die Beschwerden des Klägers auf psychischem Gebiet mit dem CFS seien allenfalls im oberen Bereich der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem Teil-GdB von 20 anzusiedeln. Insbesondere sei zu beachten, dass bei fehlender entsprechender fachärztlicher Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgehe. Für den Magen-Darm-Bereich lasse sich allenfalls ein Teil-GdB von 20 und für den Bereich der Wirbelsäule und des Handgelenks kein höherer Teil-GdB als jeweils 10 begründen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.03.2013 beim SG Berufung eingelegt und nochmals eine Auflistung seiner verschiedenen ärztlichen Behandlungen seit Oktober 2008 sowie diverse weitere ärztliche Schreiben vorgelegt. Prof. Dr. H. ist in seiner vom Kläger zu den Akten gerichteten Stellungnahme vom 23.04.2013 bei seiner Auffassung geblieben, dass zweifelsfrei eine Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 vorliege, wobei besonders auf die stetige Übelkeit und das ausgeprägte Erbrechen seit Jahren hinzuweisen sei, das für sich allein schon eine eindeutige und erhebliche Beeinträchtigung im Leben des Klägers darstelle. Im vorläufigen Arztbrief der Medizinischen Klinik der St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, wo der Kläger vom 14. bis 24.12.2012 stationär behandelt worden ist, werden unspezifische dyspeptische Beschwerden mit rezidivierendem Erbrechen und brennenden Magenschmerzen sowie multiple Nahrungsmittelallergien diagnostiziert. Zur neurologischen Konsiliaruntersuchung hat Prof. Dr. G. mit Schreiben vom 20.12.2012 hinsichtlich des diagnostizierten rezidivierenden Erbrechens ausgeführt, dass eine aktuelle Therapie seitens ihres Fachgebietes derzeit nicht für aussichtsreich gehalten werde, insbesondere solange die juristischen Verfahren noch nicht abgeschlossen seien. Außerdem hat der Kläger das seitens des Versorgungswerks der Architektenkammer bei Dr. H., Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Ärztlicher Direktor der K. S., eingeholte fachärztliche Rentengutachten vom 20.12.2012 vorgelegt. Anlässlich der am 23.10.2012 erfolgten Untersuchung hat der Kläger unter anderem im Rahmen der Anamnese angegeben, ab Mitte Juni 2011 praktisch täglich erbrochen zu haben. Mit dem Erbrechen sei es erst ab Frühjahr 2012 langsam besser geworden. Auf aktuelle Beschwerden hin befragt hat der Kläger angegeben, mittlerweile gegen Übelkeit und Erbrechen eine speziellen Methode entwickelt zu haben, eine gedankliche Methode, mit der er dagegen angehe. Dass er in dem letzten Vierteljahr nicht mehr erbrochen habe, erlebe er als einen Glücksfall. Das letzte Mal sei es im April 2012 zu heftigerem Erbrechen gekommen. Erschwerend komme hinzu, dass er nachts fast überhaupt nicht mehr schlafen könne. Er sei abends so müde, dass er meist schon um 20.00 Uhr bzw. um 20.30 Uhr im Bett liege, lediglich an den Wochenenden gehe er später ins Bett. Länger als eine halbe Stunde bzw. maximal 3 Stunden könne er aber praktisch nie schlafen, es entwickle sich die Übelkeit und der Brechreiz. Zu seiner beruflichen Tätigkeit hat der Kläger angegeben, seit 30.05.2011 eine Wiedereingliederung, zunächst mit vier Stunden, inzwischen mit 6 Stunden und demnächst ab Ende Oktober 2012 sieben Stunden täglich zu absolvieren. Er stehe um 4.45 Uhr auf, um gegen 6.00 Uhr morgens in Heidelberg mit seiner Arbeit zu beginnen. Er fange so früh zu arbeiten an, um den Stoßverkehr und damit die Abgase zu vermeiden. Während des fast 4-stündigen Gespräches, der anschließenden psychologischen Untersuchung und einem weiteren halbstündigen Gespräch seien keine manifesten Beeinträchtigungen fassbar gewesen. Dr. H. ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger im Moment und auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage erscheine, 30 Prozent einer regulären Arbeitsleistung eines Architekten zu vollbringen.
In ihrer Stellungnahme vom 04.04.2013 hat die Psychotherapeutin K. angegeben, der Kläger sei seit 2012 in ständiger Behandlung und am 30.03.2013 erneut zur Wiedervorstellung in ihre Praxis gekommen. Der Kläger sei chronisch erschöpft und könne kaum seinen Alltag allein bewältigen. Er habe seine Wohnung aufgegeben und lebe bei seinen betagten Eltern in deren Wohnung im Flur. Auch in anderen Lebensbereichen sei der Kläger sehr eingeschränkt, am Leben teilzuhaben. Seine sozialen Kontakte habe er fast völlig abgebrochen, Hobbies und Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien ihm ebenso nicht möglich wie die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit.
Der Versorgungsarzt Dr. G. hat darauf hingewiesen, dass das psychotherapeutische Gutachten des Dr. H. die Beurteilung der Berufstätigkeit zum Inhalt habe und keine wesentlich neuen Gesichtspunkte ergebe. Die GdB-Beurteilung habe die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt. Soweit Frau Kessler auf behandlungsbedürftige seelische Begleiterscheinungen der aktenkundigen Beschwerden und Einschränkungen hingewiesen habe, sei bei der Gesamtbeurteilung im Hinblick auf die seelische Komponente zu beachten, dass erhebliche Überschneidungen der funktionellen Auswirkungen bestünden und eine Höherbewertung nicht ausreichend begründbar sei.
Am 08.04.2013 wurde der Kläger durch die Amtsärztin Dr. J. untersucht. In ihrem Untersuchungsbericht vom 08.04.2013 wird unter Bezugnahme auf amtsärztliche Vorgutachten sowie den Entlassbericht der Spezialklinik N. vom 12.03.2013 sowie den Entlassbericht einer internistischen Klinik vom 20.12.2012 ausgeführt, der Kläger leide unter einer Unverträglichkeit auf zahlreiche Chemikalien im Sinne einer MCS. Es sei aus diesem Grund streng darauf zu achten, die auslösenden Stoffe im Arbeitsumfeld des Klägers zu minimieren. Der Kläger habe berichtet, dass er in idealer Umgebung beschwerdefrei sei, wenn er sich an eine strenge Diät halte. Auch bei chronischen Erkrankungen seien Wiedereingliederungsmaßnahmen sinnvoll und notwendig, das Gelingen der Wiedereingliederung sei maßgeblich für die Erlangung einer dauerhaften Dienstfähigkeit. Für die Dienstfähigkeit des Klägers sei die Gestaltung des Arbeitsplatzes zentral. Der Kläger habe großes Interesse daran, an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren und wenn möglich auch Vollzeit zu arbeiten. Dabei sei ein von Noxen freies Arbeitsumfeld zwingend notwendig, je nach Gegebenheit am Arbeitsplatz könne auch eine Telearbeit erwogen werden, weil der Kläger bei sich zuhause in der Lage sei, die Belastung mit entsprechenden Noxen zu vermeiden. Im Nachtrag vom 28.06.2013 hat Dr. J. ausgeführt, der Kläger könne am 01.07.2013 mit einer Wiedereingliederung zunächst mit einer Arbeitsbelastung von 6 Stunden am Tag beginnen. Ab 01.11.2013 könne die volle Arbeitszeit erreicht werden.
Am 01.11.2013 hat der Kläger nach Beendigung der Wiedereingliederung am 31.10.2013 seinen vollschichtigen Dienst wieder aufgenommen (Bl. 93 Personalakten).
Der Kläger beantragt,
entsprechende Arztauskünfte bei den behandelnden Ärzten und ein Sachverständigengutachten von Amts wegen, hilfsweise auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er schwerbehindert ist, höchsthilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Januar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 10. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 ab dem 15. Mai 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat im Wesentlichen auf die vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahmen und das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger nochmals im Einzelnen den im Jahr 2008 beginnenden Krankheitsverlauf und neu hinzu gekommene Erkrankungen geschildert sowie darauf hingewiesen, dass er zwar seit 01.11.2013 wieder vollschichtig seine berufliche Tätigkeit ausübe, schon zwei Wochen später aber seinen Urlaub angetreten habe.
Seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten, gegen die Vorsitzende gerichteten Befangenheitsantrag hat der Senat durch Beschluss vom 19.12.2013 abgelehnt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte, die mit Zustimmung des Klägers beigezogene Personalakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Senat konnte entscheiden, ohne den erst nach bekanntgegebener Terminierung teils unbedingt, teils hilfsweise gestellten Beweisanträgen nachzugehen. Hinsichtlich der Begründung wird auf den zeitgleich ergangenen gesonderten Beschluss verwiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 seit 15.05.2010. Ob der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 10.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2011 auch insoweit rechtmäßig ist, als darin für den gegenwärtigen Zeitpunkt nach wie vor ein GdB von 30 festgestellt wird, obwohl der Kläger mittlerweile wieder vollschichtig berufstätig und nach eigener Darstellung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. die Magenproblematik erheblich gebessert ist, bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung, da der Kläger durch die Feststellung eines evtl. zu hohen GdB nicht in seinen Rechten verletzt wird.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1, 3 und 4 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX). Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG entsprechend. In der seit 21.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl. I S. 2904) wird in § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX zusätzlich auf die auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassene Rechtsverordnung Bezug genommen. Durch den Verweis auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe stellt § 69 SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - (juris)). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - (juris)). Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in der ab 01.01.2009 geltenden Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - Versorgungsmedizin-Verordnung - (VersMedV) miterfasst, die daher Grundlage für die Feststellung des GdB ist.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und alten Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, d. h. für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, d. h. Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (z. B. "Altersdiabetes", "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben.
Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e; so auch BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - zit. n. juris). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Einzel-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers keinen höheren GdB als 30 rechtfertigen.
Dabei ist zur Überzeugung des Senats im Funktionssystem Verdauung keine Gesundheitsstörung nachgewiesen, die nach VG, Teil B, Nr. 10 mit einem Teil-GdB von mindestens 10 zu bewerten wäre. Zwar hat der Kläger über Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen und Durchfälle in unterschiedlicher Intensität und Häufigkeit für den Zeitraum von Mai 2010 bis April 2012 berichtet. Eine organische Ursache hierfür konnte jedoch trotz mehrfacher umfänglicher Untersuchungen einschließlich ÖGD, Koloskopie und MRT zu keinem Zeitpunkt festgestellt werden. Auch die in der F.-S.-Klinik B. 2011 befundete leichte chronische und oberflächliche Korpusgastritis wurde nicht als wesentliches somatisches Korrelat für die geäußerten Beschwerden charakterisiert. Sowohl die behandelnden als auch die gutachtlich gehörten Ärzte sind deshalb übereinstimmend nicht von einer Erkrankung im Magen-Darm-Bereich ausgegangen. Zu Recht hat die Versorgungsärztin Dr. S. daher mangels Nachweises einer entsprechenden Erkrankung eine Beeinträchtigung im Funktionssystem Verdauung nicht berücksichtigt. Auch die Nahrungsmittelallergie und -unverträglichkeit des Klägers gegenüber Kuhmilcheiweiß und Backhefe begründet für sich allein keinen Teil-GdB, da die VG hierzu keine isolierten Festsetzungen enthalten. Entscheidend ist daher auch insoweit, ob die Allergie zu Magen-Darmstörungen führt, die nach VG, Teil B, Nr. 10.2 zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu noch unten).
Im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche beträgt der Teil-GdB 30.
Anlässlich der stationären Behandlung in der Klinik Hohenfreudenstadt vom 01. bis 28.11.2010 wurden eine reaktive Depression sowie psychovegetative Erschöpfung und Ein- und Durchschlafstörungen infolge Grübelns diagnostiziert. Nachdem in der F.-S.-Klinik B. kein somatisches Korrelat für die beklagten Magen-Darm-Beschwerden gefunden worden war, wurde auch dort eine psychische Komponente im Rahmen einer reaktiven Depression vermutet. Auf eine psychische Beeinträchtigung deutet auch die sachverständige Zeugenaussage des Allgemeinarztes Dr. D. hin, der berichtet hat, dass sich der Kläger am 05.05.2011 leidend und psychisch stark angegriffen vorgestellt hat. Relativiert werden diese Angaben allerdings in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht durch die fachärztlichen Stellungnahmen. Der Neurologe und Psychiater Dr. W. hat anlässlich seiner Erstexploration am 19.07.2010 nämlich noch keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet gesehen und erst bei der zweiten Vorstellung des Klägers am 13.12.2012 eine geänderte, allerdings auch jetzt nur geringgradige psychiatrische Beeinträchtigung des Klägers in Form einer dysphorisch-depressiven Verstimmtheit erkannt, die Hauptproblematik jedoch auf internistischem Fachgebiet angesiedelt. Hiermit korrespondiert, dass auch Prof. Dr. G., Direktor der neurologischen Klinik des S. Klinikums K., anlässlich seiner Konsiliaruntersuchung vom 20.12.2012 keinen Befund erhoben hat, der eine aktuelle Therapie seitens seines Fachgebietes indiziert hätte. Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. H. sah sich anlässlich seiner Begutachtung im Rentenverfahren, die der Senat vorliegend urkundlich verwertet, nicht in der Lage, den Beschwerdekomplex bzw. die Polysymptomatik diagnostisch einzuordnen, brachte jedoch bezüglich der von Dr. F. und Prof. Dr. H. diagnostizierten Syndrome ein vorsichtiges Fragezeichen an. Eine ganze Reihe der beschriebenen Symptome wie Herzrhythmusstörungen, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Benommenheit, Konzentrationsstörungen und Missempfindungen könnten auch als vegetative Angstäquivalente gedeutet werden. Auch die Tatsache, dass der Kläger selbst im bewussten Erleben vor allem Ängste vor Einsetzen seiner Symptome bzw. Situationen der Hilflosigkeit hat, ließe sich durchaus mit der Diagnose einer Angststörung in Einklang bringen.
Unter Berücksichtigung dessen hält der Senat daher die Einschätzung der Versorgungsärzte, zuletzt Dr. B. vom 29.11.2012, für zutreffend, wonach der Kläger an einer seelischen Störung mit Somatisierung leidet bzw. gelitten hat, die sich in Erschöpfungszuständen einhergehend mit einer dysphorisch-depressiven Verstimmtheit offenbart.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100.
Unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des Klägers insbesondere im Rahmen seiner Untersuchung durch Dr. H. lässt sich die Annahme einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit jedenfalls bis zum Wiedereintritt in die berufliche Tätigkeit am 01.11.2013 begründen. Eine Ausschöpfung des hierdurch eröffneten Bewertungsrahmens erscheint jedoch keinesfalls gerechtfertigt, vielmehr ist der untere GdB-Wert von 30 angemessen, aber auch ausreichend. Der Kläger hat bei Dr. H. geschildert und im gerichtlichen Verfahren durch eine Dokumentation seines Krankheitsverlaufes konkretisiert, seit Mai 2010 mindestens 50 bis 60 Ärzte aufgesucht zu haben. Ab Mitte Juni 2011 habe er praktisch täglich erbrochen, erst ab Frühjahr 2012 sei es langsam besser geworden. Länger als einen Tag weg von zu Hause, das könne er sich nicht vorstellen, ständig sei irgendetwas, das er einatme oder esse. Dies wirke sich auch sozial aus, könne er doch ausgesprochen selten seine Freunde besuchen oder diese (dann allenfalls für 2 bis 3 Stunden) zu sich nach Hause einladen. Früher sei er Leistungsportler gewesen, habe Kraftsport betrieben, Fitness, Karate, Capoeira, Laufen, Radfahren, habe viele Stunden in der Woche Sport getrieben. Dies alles habe am 15.05.2010 schlagartig geendet. Der Schlaf sei schwer gestört, in der Regel schlafe er nicht mehr als 30 Minuten bis 3 Stunden, dann wache er auf, gelegentlich könne er wieder einschlafen. Auf Freundschaften und Partnerschaften angesprochen hat der Kläger angegeben, er sei eher schüchtern und habe sich sehr auf seine Ausbildungen konzentriert und durch den Beruf wenig Zeit für Partnerschaften gehabt. Er habe viel Energie in den Beruf investiert. Er sei nach seinem Studium wieder in das Elternhaus zurückgekehrt, habe aber in diesem Haus eine eigene Wohnung bezogen. Bedingt durch seine Erkrankung habe er schlussendlich in die Wohnung seiner Eltern umziehen müssen und lebe jetzt mehr oder weniger auf recht engem Raum mit seinen Eltern zusammen, da er sich selbst bei seiner ständigen Übelkeit kein Essen zubereiten könne. Bedingt durch seine Allergien und seine Überempfindlichkeiten könne er auch nur im Flur der Wohnung seiner Eltern schlafen, im Wohnzimmer z. B. ginge das nicht. Im Flur gebe es eine wenige Quadratmeter große Ecke, wo sein Bett stehe.
Die Schilderungen des Klägers belegen somit eine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wobei zur Überzeugung des Senats von einer wesentlichen Einschränkung nur unter Vorbehalten ausgegangen werden kann. Zu berücksichtigen ist dabei sicherlich, dass der Kläger aufgrund der häufigen Arztbesuche im genannten Zeitraum schon rein zeitlich gehindert war, am sozialen Leben im Übrigen teilzunehmen. Andererseits hat der Kläger aber angegeben, durchaus noch über Kontakte zu Freunden zu verfügen. Seine mit Angst vor Umwelteinwirkungen begründeten seltenen Besuche bei Freunden erklärt nicht, weshalb ihn diese nicht ihrerseits häufiger zu Hause besuchen können. Zudem stellt sich die Frage, weshalb der Kläger in der Lage ist, spätestens seit Beginn der Wiedereingliederung am 30.05.2011 am Straßenverkehr teilzunehmen, Freunde indes nicht besuchen können will. Ein krankheitsbedingtes soziales Rückzugsverhalten wird auch dadurch in Zweifel gezogen, dass der Kläger selbst angibt, eher schüchtern zu sein und Zeit und Energie in seinen Beruf investiert zu haben. Hat der Kläger aber bereits vor dem von ihm auf den 15.05.2010 datierten Beginn seines Leidens nicht über einen größeren Freundes- oder Bekanntenkreis verfügt, können verminderte Sozialkontakte während der Krankheit nicht als Rückzugsverhalten interpretiert werden. Auch soweit der Kläger seine Teilhabebeeinträchtigung anhand seiner Wohnsituation zu begründen versucht, hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass hierfür eine Gesundheitsstörung verantwortlich ist. Der Kläger ist schon lange vor dem 15.05.2010 in eine Wohnung im Haus seiner Eltern zurück gekehrt. Weshalb er von dieser in die Wohnung seiner Eltern umgezogen ist, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Selbst wenn in der früheren Wohnung des Klägers und in Teilen der Wohnung seiner Eltern Schadstoffbelastungen bestünden, die beim Kläger zu den geschilderten Symptomen von Übelkeit, Brechreiz, Schlafstörungen etc. führen, stellt sich die Frage, weshalb der Kläger nicht entweder bauliche Änderungen in den Wohnräumen durchführt, was sich unter Berücksichtigung seiner beruflichen Qualifikation geradezu aufdrängt, oder sich eine vergleichsweise schadstofffreie Unterkunft sucht. Da nach Einlassung des Klägers die geschilderte Symptomatik primär auf belastende Umwelteinwirkungen zurückzuführen ist, wäre er dann - wie schon vor dem 15.05.2010 - beschwerdefrei und nicht mehr auf die Hilfe seiner Eltern angewiesen. Zur Überzeugung des Senats befindet sich der Kläger keineswegs krankheitsbedingt in einer derart hilfsbedürftigen Situation, dass er täglich der Unterstützung seiner 78 (Mutter) und 76 (Vater) Jahre alten Eltern bedarf. Dies wird auch dadurch belegt, dass er seit 30.05.2011 eine Wiedereingliederung unternommen hat, zunächst mit 4/5 Stunden täglich, von 05.04. bis 07.11.2012 mit 6 Stunden/täglich und von 08.11.2012 bis 31.10.2013 mit 7 Stunden täglich. Auch die Aufgabe der sportlichen Aktivitäten vermag der Senat nicht in Zusammenhang mit der vom Kläger behaupteten Symptomatik zu bringen. Gerade wenn der Kläger in geschlossenen Räumen befürchtet, Schadstoffbelastungen ausgesetzt zu sein, wäre die Fortsetzung seiner Hobbys wie Laufen, Wandern oder Fahrradfahren möglich und naheliegend. Dass der Kläger all dies am 15.05.2010 schlagartig beendet hat, ist daher zur Überzeugung des Senats nicht oder jedenfalls nicht ausschließlich mit Einschränkungen in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit verbunden, sondern entspricht jedenfalls zum Teil der vom Kläger aus freien Stücken gewählten Lebensweise. Ebenfalls nicht überzeugt ist der Senat davon, dass der Kläger aufgrund eines chronischen ernährungsbedingten Schwächezustandes seine früher ausgeübten Aktivitäten vollständig eingestellt hat. Denn die vorliegenden Untersuchungsergebnisse sind nicht geeignet, eine wesentliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes zu objektivieren (vgl. hierzu unten).
Auch die weiteren von Dr. H. im Einzelnen dargestellten Parameter der psychiatrischen Befundung belegen, dass ein höherer GdB als 30 nicht zu begründen ist. Der Kläger räumte zwar eine gewisse Bedrückung ein, da viele Behandler und Institutionen ihm nicht hätten helfen können und der Verlauf der Erkrankung und seiner Zukunft somit ungewiss sei. Symptome einer Depressivität sind von dem Kläger spontan aber nicht angesprochen worden. Auch wenn die Stimmungslage insgesamt eher ängstlich-gedrückt gewesen ist, war die affektive Schwingungsfähigkeit doch allenfalls diskret eingeschränkt und die Fähigkeit zur Empfindung freudiger Affekte vorhanden. Der Kläger äußerte zwar Ängste in gesundheitlicher, beruflicher und persönlicher Hinsicht, war aber auch in der Lage, in bestimmten Situationen während des Gesprächs zu lachen. Auch im Antrieb war keine Minderung zu beobachten, der Kläger war im Gespräch ausgesprochen initiativ bei erhöhtem Redetempo. Der somit ungehinderte Antrieb kontrastierte nach Auffassung von Dr. H. mit der Einlassung des Klägers, in der Nacht zuvor praktisch nicht geschlafen zu haben. Denn in dem mehrstündigen Gespräch ergaben sich keine Hinweise auf eine raschere Ermüdbarkeit oder Antriebsminderung. Der Kläger war vielmehr wach und voll konzentriert, was bei dem berichteten Schlafdefizit nicht zu erwarten gewesen wäre.
Des Weiteren leidet der Kläger in kognitiver Hinsicht nicht an Funktionseinschränkungen, die einen höheren Teil-GdB als 30 im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche rechtfertigen würden. Der Kläger hat zwar u. a. bei Dr. H. über sehr nachhaltige Konzentrationsstörungen berichtet und auch Erinnerungslücken erwähnt. Dr. H. hat hingegen in dem insgesamt knapp vierstündigen Gesprächsverlauf kein Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit oder der Auffassungsgabe und auch keine erhöhte Ablenkbarkeit beobachtet. Gestellte Fragen hat der Kläger inhaltlich angemessen bzw. sachgerecht beantwortet und blieb in der Regel sehr auf die Fragestellungen fokussiert. Im Gespräch waren auch keine wesentlichen Erinnerungslücken oder Schwierigkeiten im Hinblick auf Gedächtnisleistungen zu eruieren, vielmehr war das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis des Klägers nach Auffassung von Dr. H. ohne globale Minderung oder Lücken, es bestand ein Zeitgitter ohne Störung.
Soweit der nach § 109 SGG gehörte Allgemeinarzt Dr. F. bei dem Kläger CFS und MCS diagnostiziert hat, ergibt sich hieraus keine höhere GdB-Bewertung. Dabei hält der Senat ein CFS (entspricht nach G.93.3 ICD-10-WHO Version 2013 chronisches Erschöpfungssyndrom) für nicht nachgewiesen. Eigene Feststellungen hat der Sachverständige hierzu nicht getroffen, er hat vielmehr die anamnestischen Angaben des Klägers zum Befund erhoben, ohne sie zu überprüfen oder sie aufgrund der eigenen Wahrnehmungen zu objektivieren. Der Sachverständige hat noch nicht einmal im Einzelnen das Schlafverhalten und die Schlafdauer des Klägers exploriert und war somit nicht in der Lage, eine krankheitswertige Müdigkeit festzustellen. Werden die Angaben des Klägers bei Dr. H. zugrunde gelegt, steht der Kläger um 04.45 Uhr auf, um gegen 06.00 Uhr mit seiner Arbeit in Heidelberg zu beginnen. Weshalb hier Kennzeichen für ein CFS vorliegen sollen, wenn der Kläger dann arbeitstäglich um 20.00 Uhr bzw. 20.30 Uhr zu Bett geht, am Wochenende später, erschließt sich dem Senat nicht.
Im Übrigen sind Somatisierungs-Syndrome wie CFS oder MCS nach VG, Teil B, Nr. 18.4 jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Zur Überzeugung des Senats sind die vom Kläger behaupteten funktionellen Auswirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden und Erschöpfungszustände - wie oben dargestellt - Symptome einer Somatisierungsstörung, die nach VG, Teil B, Nr. 3.7 zu bewerten sind. Doch selbst wenn hier trotz fehlender Krankheitsnachweise die GdB-Bewertung aufgrund der Beschwerdesymptomatik im Funktionssystem Verdauung erfolgen würde, ergäbe sich kein höherer Teil-GdB als 30. Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der GdB nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen. Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von Bedeutung (VG, Teil B, Nr. 10.2). Bei den unter VG, Teil B, Nr. 10.2.1 und 10.2.2 aufgelisteten Erkrankungen, von denen keine im Falle des Klägers diagnostiziert worden ist, wird die GdB-Bewertung teilweise davon abhängig gemacht, ob und in welchem Umfang die Erkrankung den Ernährungs- und Kräftezustand beeinträchtigt. Würde dieses Kriterium auch vorliegend zum Maßstab der GdB-Bewertung gemacht, wäre aufgrund der ermittelten Messergebnisse bereits ein GdB von 30 höchst fraglich. Zwar haben Prof. Dr. H., Dr. D. und Dr. F. von einem reduzierten Ernährungszustand des Klägers berichtet. Deren Gewichtsangaben widersprechen jedoch einem solchen Befund. Denn der Kläger war zu keinem Zeitpunkt untergewichtig, sondern normal-, wenn nicht sogar übergewichtig. Woraus die genannten Ärzte einen reduzierten Ernährungszustand ableiten, erschließt sich dem Gericht daher nicht.
Nach der WHO bestehen folgende Gewichtsklassifikationen bei Erwachsenen anhand des BMI (veröffentlicht unter http://apps.who.int/bmi/index.jsp?introPage=intro 3.html, Stand 2008):
• starkes Untergewicht &8804; 16,0 • mäßiges Untergewicht 16,0–17,0 • leichtes Untergewicht 17,0–18,5 • Normalgewicht 18,5–25,0 • Präadipositas (Übergewicht) 25,0–30,0 • Adipositas Grad I 30,0–35,0 • Adipositas Grad II 35,0–40,0 • Adipositas Grad III &8805; 40,0
Bei Aufnahme in der Klinik H. am 01.11.2010 wurde ein BMI von 23,1 ermittelt. Prof. Dr. H. gab im Befundschein vom 19.04.2011 das Gewicht des Klägers mit 91 kg an, woraus sich bei einer Körpergröße von 187 cm ein BMI von 26,02 und somit ein Übergewicht ergibt. Soweit Prof. Dr. H. in seiner Zeugenauskunft vom 27.10.2011 angegeben hat, der Kläger habe von 08/2009 bis dato eine Gewichtsreduktion von 90 kg auf 76 kg vollzogen, steht dies im Widerspruch zu obiger Stellungnahme, wäre aber jedenfalls kein Beleg für eine Mangelernährung. Auch Dr. F. hat das Gewicht des Klägers am 07.05.2012 mit 76 kg gemessen, was einem BMI von 22,59 und somit Normalgewicht entspricht. Ähnliche Gewichtsangaben hat Dr. W. für den 19.07.2010 (78 kg) und 13.12.2012 (77 kg) gemacht. Der Kläger selbst hatte bei seiner Vorstellung dort angegeben, vorübergehend im Jahr 2012 84 kg gewogen zu haben (BMI 24,02). Dr. H. schließlich hat am 23.10.2012 ein Gewicht des Klägers von 78,8 kg (BMI 22,53) ermittelt. Bei objektiver Betrachtung hat der Kläger somit sein im Jahr 2009 noch bestehendes Übergewicht auf ein mittlerweile konstantes Normalgewicht gesenkt, wobei das von Prof. Dr. H. im Befundbericht vom 19.04.2011 wiedergegebene Gewicht von 91 kg dem allerdings nicht entspricht. Ausgehend von dieser objektiven Befundlage hat der Senat darüber hinaus erhebliche Zweifel, ob das Beschwerdevorbringen des Klägers insgesamt mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Übereinstimmung zu bringen ist. Hätte der Kläger nämlich tatsächlich, wie gegenüber Dr. H. geschildert, ab Mitte Juni 2011 bis Frühjahr 2012 praktisch täglich erbrochen, einher gehend mit 4 bis 5 Durchfällen pro Tag, hätte er den hierdurch bedingten Gewichtsverlust nur durch eine überdurchschnittliche Nahrungsaufnahme kompensieren können, um sein Gewicht zwischen 76 kg und 78 kg, vorübergehend auch 84 kg, stabilisieren zu können. Dem widerspricht jedoch die weitere Einlassung des Klägers, sich nur mit Hirsebrei ernährt zu haben und generell kaum Lebensmittel einkaufen zu können, die er vertrage. Auch die vorgelegten Fotos belegen jedenfalls für den 18.05.2012 keinen reduzierten Ernährungszustand, sondern im Gegenteil eher eine gewisse Adipositas, worauf der Versorgungsarzt Dr. B. hingewiesen hat. Nicht auszuschließen ist, dass der Kläger beim Abbau des Übergewichts vorübergehend Schwächegefühle empfunden hat, eine dauerhafte Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes des Klägers hält der Senat indes nicht für nachgewiesen.
Im Funktionssystem Rumpf beträgt der Teil-GdB 10, was sich auf die Gesamtbeeinträchtigung nicht GdB-erhöhend auswirkt (VG, Teil A, Nr. 3 d ee).
Ausweislich des Befundberichtes des Dr. W. vom 15.12.2010 leidet der Kläger an einer juvenilen Aufbaustörung der gesamten Wirbelsäule mit skoliotischer Deformität, rechts-konvexer Lumbalskoliose, thorakal links-konvexem Gegenschwung und im cervikothorakalen Bereich mit erneuter rechts-konvexer Einstellung.
Nach VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität sind mit einem GdB von 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 20 und mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 30 zu bewerten.
Vorliegend sind trotz der skoliotischen Verformungen der Wirbelsäule noch keine mittelgradigen, sondern lediglich geringe funktionelle Auswirkungen nachgewiesen. Zwar hat Dr. Winter über eine weitgehend fixierte Brustwirbelsäule berichtet und auch im Entlassungsbericht der Klinik Hohenfreudenstadt vom 03.01.2011 wird das Schober-Maß lediglich mit 10/11 (Normalwert 10/15) angegeben. Allein die stark verminderte Entfaltbarkeit der BWS belegt jedoch noch keine mehr als geringe Funktionsstörung im Sinne einer Bewegungseinschränkung. Diese ergibt sich auch nicht aus den weiteren medizinischen Befunden. Denn im Befundbericht des Dr. W. wird zwar eine Einschränkung der LWS in der Rück- und Seitneigung angegeben, konkrete Bewegungsmaße werden indes nicht genannt. Der Finger-Boden-Abstand betrug lediglich 10 cm, was auf eine uneingeschränkte Vorneigung hinweist. Während er von einer endgradig eingeschränkten HWS berichtet, wird im Entlassungsbericht der Klinik H. eine in allen Ebenen freie und ohne Schmerzen bewegliche HWS beschrieben. Auch eine Einschränkung der Beweglichkeit der LWS bei angegebenem Schober-Maß von 10/11 findet sich in dem Bericht nicht. Die klinische Untersuchung dort ergab auch keinen Wirbelsäulendruck- oder Klopfschmerz sowie keinen paravertebralen Druckschmerz. Dies wurde auch von Prof. Dr. H. bestätigt, der im Befundbericht vom 19.04.2011 die Wirbelsäule ebenfalls nicht druckdolent wahrgenommen hat. Dass die Verformung der Wirbelsäule des Klägers lediglich mit geringen funktionellen Auswirkungen verbunden ist, ergibt sich für den Senat außerdem aus dem Umstand, dass bei den weiteren ärztlichen Untersuchungen keine entsprechenden klinischen Befunde erhoben worden sind. So hat Dr. D. hervorgehoben, dass mit Ausnahme der abdominellen Beschwerden die sonstigen körperlichen Befunde im Normalbereich gelegen hätten, Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 10.09.2012 ausgeführt, die Wirbelsäule sei ohne Klopfschmerz bei paravertebralen Myalgien, Dr. H. hat auf die körperliche Untersuchung durch den Funktionsarzt für Somatische Medizin Dr. L. verwiesen, der lediglich als Diagnose eine Hyperkyphose gestellt, jedoch keine Bewegungseinschränkung oder sonstige Funktionsstörung der Wirbelsäule befundet hat und auch die Amtsärztin Dr. J. hat weder Beschwerden noch objektive Befunde im Hinblick auf die Wirbelsäule dargestellt. All dies weist darauf hin, dass der Kläger selbst insoweit keine Funktionseinschränkungen verspürt, die über ein geringes Ausmaß hinausgingen.
Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, nunmehr auch an weiteren Beschwerden zu leiden, wie Herzrythmusstörungen und Blutdruckabfall, ist bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei um pathologische Veränderungen, d. h. Gesundheitsstörungen i. S. der VG, Teil A, Nr. 2 c handelt. Ärztliche Befundberichte mit entsprechenden Diagnosen hat der Kläger hierzu nicht vorgelegt. GdB-erhöhend sind die nach eigenem Vortrag des Klägers erst jüngst aufgetretenen Beschwerden jedenfalls aber nicht zu berücksichtigen, weil der GdB eine nicht nur vorübergehende und damit eine über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten sich erstreckende Gesundheitsstörung voraussetzt (VG, Teil A, Nr. 2 f). Von einer neuen dauerhaften Gesundheitsstörung, die zudem mit konkreten Funktionsbeeinträchtigungen einher gehen müsste, hat der Kläger indes nicht berichtet, sodass insoweit auch nicht weiter von Amts wegen zu ermitteln gewesen ist.
Da der Beklagte somit zutreffend den Gesamt-GdB des Klägers mit 30 festgestellt hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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