Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 U 344/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 3/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 03.12.1999 und der Bescheid der Beklagten vom 27.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1995 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Dauerrente zum 01.09.1995 wegen wesentlicher Besserung in den Folgen des Unfalls vom 20.06.1992 streitig.
Der Kläger hat bei einem Arbeitsunfall am 20.06.1992 eine Verletzung der linken Hand erlitten, als er mit dem Ring- und Kleinfinger in eine Säge geriet. Nach dem Durchgangsarztbericht des Dr.K. vom 22.06.1992 sollen jeweils die Endglieder des 4. und 5. Fingers der linken Hand amputiert worden sein. Nach dem Röntgenbefund soll jedoch die Amputation des 4. Fingers im Mittelglied erfolgt sein. Im klinischen Befund anläßlich des Gutachtens des Dr.O. vom 15.10.1992, wonach die vorgenannten Finger der linken Hand dicht oberhalb des Endgelenks amputiert bzw. im Endglied exartikuliert seien, wurde die Weichteildeckung beider Knochenstümpfe als optimal beschrieben, die Amputationsstümpfe hätten sich als völlig reizlos gezeigt. Allerdings sei über elektrisierende Schmerzen an den Narben beider Finger geklagt worden, neurologische Ausfälle wurden jedoch verneint.
Nachdem der beratende Arzt der Beklagten Dr.P. in seiner Stellungnahme vom 02.11.1992 die Unfallfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. lediglich bis zum 31.12.1992 bewertete, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26.11.1992 wegen der Unfallfolgen ("Bewegungseinschränkung des linken Ring- und Kleinfingers, Kälteempfindlichkeit sowie Gebrauchsminderung der linken Hand, Minderung der groben Kraft der linken Hand durch Verlust des Endgliedes am Ring- und Kleinfinger") eine Gesamtvergütung für die Zeit vom 15.09. bis 31.12.1992 unter Zugrundelegung einer unfallbedingten MdE um 20 v.H.
Hiergegen hat der Kläger am 17.12.1992 Widerspruch erhoben und am 14.01.1993 Verletztenrente über den 31.12.1992 hinaus beantragt. Er hat dies damit begründet, dass die Funktionseinbußen im Bereich der linken Hand noch keine volle Arbeitsleistung gestatteten.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Chirurgen Dr.S. untersuchen und begutachten. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.03.1993 wegen der deutlichen Gebrauchsminderung der linken Hand des Klägers durch Neurinombildung eine Nachamputation vorgeschlagen, um dadurch eine etwas lockere Weichteildeckung und eine bessere Durchblutung der Amputationskuppen zu erreichen. Die MdE von 20 v.H. sei vom 15.09.1992 an voraussichtlich bis zum 04.03.1994 gegeben. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Dr.P. vom 22.03.1993 hat die Beklagte ein Gutachten der Chirurgin Dr.W. vom 27.05.1993 eingeholt. Diese kam darin zu der Auffassung, dass bis auf Weiteres eine MdE von 20 v.H. gegeben sei und dass durch eine Nachamputation des Ringfingerstumpfes eine Besserung der Unfallfolgen zu erwarten sei. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr.P. vom 28.06.1993 bewilligte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 27.07.1993 eine vorläufige Rente nach einer MdE um 20 v.H. ab dem 01.01.1993. Der Kläger unterzog sich der von Dr.W. vorgeschlagenen Nachamputation anläßlich einer stationären Behandlung vom 10. bis 25.01.1994 im Kreiskrankenhaus Waldsassen. Die Beklagte veranlasste nach Beiziehung von Berichten des Chirurgen Dr.O. und Dr.K. - zur Feststellung der Dauerrente - eine erneute Begutachtung durch die Chirurgin Dr.W ... Diese führte in ihrem Gutachten vom 21.03.1994 aus, dass der Stumpf nach wie vor stark berührungsempfindlich sei, auch wenn Neuromschmerzen nicht vorlägen; auch die Weichteildecke am linken Kleinfinger sei mäßig ausgeprägt und der Stumpf deutlich berührungsempfindlich. Im Hinblick darauf, dass die Amputation erst am 11.01.1994 erfolgt sei, sei weiterhin eine unfallbedingte MdE um 20 v.H. gerechtfertigt. Mit einer Besserung durch Anpassung und Gewöhnung sei jedoch zu rechnen, so dass eine erneute Begutachtung in einem Jahr erfolgen solle. Diesen Ausführungen hat der beratende Arzt der Beklagten Dr.P. am 11.04.1994 zugestimmt.
Mit Bescheid vom 26.04.1994 gewährte die Beklagte sodann dem Kläger wegen der Unfallfolgen ("Bewegungseinschränkung des Ring- und Kleinfingers mit unvollständigem Faustschluss links, Berührungsempfindlichkeit des Kleinfingerstumpfes, mäßige Weichteildecke beider Stümpfe, Weichteilverschmächtigung der linken oberen Extremität nach Teilamputation des Ring- und Kleinfingers links, deutliche Kalksalzminderung des Grundgliedes des linken Ring- und Kleinfingers, angedeutete Kalksalzminderung der Grundglieder des linken Zeige- und Mittelfingers, leichte Herabsetzung der groben Kraft, Behinderung bei den Fein- und Grobgriffen") Dauerrente nach einer MdE um 20 v.H.
In dem von der Beklagten veranlassten Nachuntersuchungsgutachten des Dr.M. , chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses W. , vom 01.06.1995 wurde zwar die Beweglichkeit der linken Hand als gut beschrieben, jedoch nach wie vor sei eine Hyperästhesie an beiden Fingerstümpfen und eine leichte Hypotrophie der Muskulatur am linken Arm festzustellen. Obgleich eine Besserung der Beweglichkeit in beiden Fingerstümpfen nunmehr zu beobachten sei, sei keine wesentliche Besserung eingetreten. Zur Höhe der unfallbedingten MdE äußerte sich Dr.M. im vorgenannten Gutachten jedoch nicht. In seiner Stellungnahme vom 19.06.1995 vertrat Dr.P. die Auffassung, dass in den Unfallfolgen des Klägers zwischenzeitlich eine wesentliche Änderung infolge Anpassung und Gewöhnung eingetreten sei. Überdies sei die Funktionsfähigkeit der Stümpfe gebessert worden. Weiterhin sei es zu einer Abnahme der muskulären Schonzeichen am linken Arm, zu einer Abnahme der Demineralisation und insbesondere zu einer Besserung der Beweglichkeit und Greiffunktion der linken Hand gekommen. Die Unfallfolgen bedingten eine MdE von weniger als 20 v.H., eine exakte Zahl benannte Dr.P. jedoch nicht.
Nach Anhörung des Klägers hat die Beklagte die bislang nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Rente mit Bescheid vom 27.07.1995 zum 31.08.1995 entzogen.
Der hiergegen erhobene Widerspruch, worin wiederholt wurde, dass sich die anerkannten Unfallfolgen des Klägers nicht gebessert hätten, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.10.1995).
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben.
Das Sozialgericht ließ den Kläger durch den Neurologen R. untersuchen und begutachten. Er vertrat in seinem Gutachten vom 04.03.1996 die Auffassung, dass gegenüber den objektiven Befunden, wie sie für den Bescheid vom 26.04.1994 maßgeblich gewesen seien, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung eingetreten sei, dass insbesondere durch die Nachamputation und die damit verbundene Anpassung und Gewöhnung es zu einer Besserung der Bemuskelung des linken Armes des Klägers gekommen sei. Seit dem 01.09.1995 sei nur noch eine MdE von 15 v.H. gegeben. Der auf Antrag des Klägers - § 109 SGG - gehörte Internist und Arbeitsmediziner Dr.K. verneinte in seinem Gutachten vom 18.02.1997 eine wesentliche Besserung. Weder durch die Nachoperation noch durch Zeitablauf sei eine relevante Besserung der Unfallfolgen eingetreten. Obgleich eine Muskelminderung im Bereich des linken Arms nicht mehr sichtbar sei, insbesondere weil die Schonhaltung und die postoperative Immobilisierung nicht mehr zu beobachten seien, sei nach wie vor wegen der ausgeprägt dünnen Weichteildeckung der amputierten Finger eine erhebliche Berührungsempfindlichkeit zu beobachten. Außerdem seien ausgeprägte Arthrosezeichen im Bereich dieser beiden Finger auffällig, die auf eine Ernährungsstörung und auf eine mangelnde Belastbarkeit der Finger hinwiesen. Die Auswirkungen besagter Amputationen seien dem Verlust beider Finger vergleichbar, was eine MdE um 20 v.H. unverändert rechtfertige.
Dieser Auffassung widersprach die Beklagte unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte Stellungnahme des Dr.P. vom 16.06.1997. Keineswegs sei der Zustand des Klägers mit dem zu vergleichen, wie er bei einer Totalamputation des Ring- und Kleinfingers einer Hand gegeben sei. In Übereinstimmung mit dem neurologischen Gutachten vom 04.03.1996 sei davon auszugehen, dass die Unfallfolgen des Klägers nur noch eine MdE von weniger als 20 v.H. bedingten. Eine exakte Höhe der MdE benannte Dr.P. nicht.
Das Sozialgericht zog des Weiteren einen Arztbrief des Neurologen Dr.K. vom 17.01.1997 bei. Danach hat die neurologische Untersuchung, insbesondere die Reizstromuntersuchung, keinen auffälligen Befund ergeben. Als Ursache der angegebenen Parästhesien im ehemaligen Resektionsbereich der Fingerstümpfe kämen möglicherweise kleine Neurinomknötchen in Betracht.
Die Beklagte sah sich durch den vorgenannten Arztbrief in ihrer Auffassung bestätigt.
Der Kläger hielt entgegen, dass selbst dann, wenn die Unfallfolgen nur noch eine MdE um 15 v.H. bedingten, der Nachweis einer wesentlichen Besserung, der zur Entziehung der Dauerrente berechtige, nicht geführt sei.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 27.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1995 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 03.12.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die dem Kläger mit Bescheid vom 26.04.1994 gewährte Dauerrente mit Ablauf des 31.08.1995 zu entziehen (§§ 622, 623 Reichsversicherungsordnung - RVO - in Verbindung mit § 48 Sozialgesetzbuch - SGB X). Entscheidend sei dabei, ob die MdE ab dem 01.09.1995 weniger als 15 v.H. betragen habe. Dies sei zwar in keinem der Gutachten, welche die Beklagte und das Gericht eingeholt haben, zum Ausdruck gebracht worden. Dr.M. habe sich zur Höhe der MdE überhaupt nicht geäußert; Dr.R. habe eine MdE von noch 15 v.H., Dr.K. eine MdE von 20 v.H. vorgeschlagen; der beratende Arzt der Beklagten habe sich sinnigerweise, trotz der Tatsache, dass er wiederholt zur MdE gehört worden sei, nicht auf eine exakte Zahl festlegen können. Gleichwohl sei das Gericht aber zu der Überzeugung gelangt, dass die unfallbedingte MdE seit dem 01.09.1995 mit nicht mehr als 10 v.H. zu bewerten sei und dass insbesondere durch die Nachamputation des linken Ringfingers im Januar 1994 im danach folgenden Jahr eine wesentliche Besserung eingetreten sei, die es seither gerechtfertigt erscheinen lasse, die unfallbedingte MdE nur noch mit 10 v.H. zu beziffern. Ausschlaggebend hierfür seien nicht nur die klinischen Befunde, wie sie in verschiedenen Gutachten festgehalten worden seien; aus den Gutachten lasse sich immerhin absehen, dass sich die Funktionsfähigkeit des linken Armes, der linken Hand und insbesondere auch der beiden teilamputierten Finger in der Zeit nach Erteilung des Dauerrentenbescheides wesentlich gebessert habe, was u.a. in einer leichten Vermehrung der Muskulatur im Bereich des linken Armes des Klägers zum Ausdruck komme, ebenso in einer Besserung des Kalksalzgehaltes. Letztlich sei für die Überzeugung des Gerichtes aber ausschlaggebend gewesen, dass der gehörte Neurologe Ausfälle der Nerven nicht festgestellt habe. Bezüglich der vom Kläger angegebenen Parästhesien sei zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um keinen Dauerschmerz handele, vielmehr lediglich um einen Schmerz, wie er beim Anstoßen der beiden teilamputierten Finger auf harte Gegenstände auftritt, ohne dass es dabei zu einer Ausstrahlung komme. Werde berücksichtigt, dass der linke Klein- und Ringfinger des Klägers jeweils im Mittelglied abgesetzt worden sei, wobei ein relativ langer Teil dieses Gliedes verblieben sei und werde berücksichtigt, dass der Totalverlust dieser beiden Finger nur eine MdE von 20 v.H., das vollständige Fehlen dieser beiden Finger ab dem Mittelglied eine MdE von 15 v.H. rechtfertige, so erscheine es gerechtfertigt, im Fall des Klägers eine MdE von 10 v.H. seit dem Zeitpunkt als gerechtfertigt zu erachten, als sich aufgrund der Nachamputation des linken Ringfingers im Januar 1994 nicht nur durch eine Gewöhnung, vielmehr durch eine vermehrte Inanspruchnahme des linken Armes des Klägers ein Zustand eingestellt habe, wie er als wesentliche Besserung augenfällig geworden sei. Aus all diesen Gründen sei daher die Klage abzuweisen gewesen.
Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung hielt der Kläger seine Auffassung aufrecht, dass die Entziehung der Dauerrente nicht gerechtfertigt gewesen sei, weil von einer wesentlichen Besserung in den Unfallfolgen nicht ausgegangen werden könne. Er beruft sich dabei auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr.K. , Dr.R. sowie das im Auftrag der Beklagten erstellte Gutachten des Dr.K. , wonach eine wesentliche Besserung gegenüber früheren Befunden nicht eingetreten sei. Diesen sei - gegenüber Dr.P. , der in seinen Stellungnahmen nach Aktenlage zu einer MdE von nicht mehr als 10 v.H. gekommen sei - der Vorzug zu geben.
Der Senat hat nach Beiziehung der einschlägigen medizinischen Unterlagen ein Gutachten von Prof.Dr.S. , Leiter der handchirurgischen Abteilung der Universitätsklinik M. , vom 08.10.2001 eingeholt. Er beschrieb die bestehenden Unfallfolgen dahingehend, dass es sich um einen Zustand nach Amputation des Ringfingers und Kleinfingers im proximalen Drittel des Mittelgliedes bei ausreichender Stumpfdeckung und glaubhaften Schmerzen im Bereich der Fingerenden bei hervorragender Beweglichkeit der rechten und linken Hand handele, bei keinerlei Differenz der Umfangmaße im Bereich der Unterarme und des Ellenbogengelenks. Es finde sich eine endgradige Bewegungseinschränkung bei Faustschluss im Bereich der linken Hand. Die glaubhaften subjektiven Beschwerden seien nachvollziehbar, da bei jeder Handverletzung es zu Durchblutungsstörungen und zu Kältegefühl im Bereich der verletzten Finger kommen könne. Auch wenn die verletzten Finger bei der letzten Untersuchung eine gute Beweglichkeit zeigten, besonders im MP-Gelenk und im PIP-Gelenk und eine gute Stumpfdeckung vorliege, sei die derzeitige MdE nach den Unfallbegutachtungsrichtlinien auf den obersten Wert auf 15 v.H. einzuschätzen, ab dem 01.06.1996.
Dieser MdE-Bewertung ist die Beklagte - unter Vorlage einer Stellungnahme ihres beratenden Arztes Prof.Dr.L. , Klinik für Handchirurgie, B. , vom 20.12.2001 - entgegengetreten: Die Auffassung des Prof.Dr.S. bezüglich der Einschätzung der Höhe der MdE könne demnach nicht überzeugen. Prof.Dr.L. bewertete die unfallbedingte MdE - in Übereinstimmung mit den Feststellungen im Urteil des Sozialgerichts - mit 10 v.H.
Der Kläger beantragt, das Ersturteil und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1995 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und auch begründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Unrecht die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte war nicht berechtigt, die dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 20.06.1992 nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Dauerrente zum 01.09.1995 zu entziehen, weil eine wesentliche Änderung im Sinne der Besserung in den für den Dauerrentenbescheid vom 26.04.1994 maßgeblichen Befunden (vgl. Gutachten Dr.W. vom 21.03.1994) nicht nachweisbar ist. Die Voraussetzungen für den Neufeststellungsbescheid der Beklagten nach § 48 SGB X sind somit nicht gegeben.
Berücksichtigt man die Ergebnisse der Gutachten Dr.R. , Dr.K. und vor allem des vom Senat gehörten Prof. Dr.S. , so ist zwar eine Besserung in den Folgen der Fingerverletzungen eingetreten, die vorgenannten Sachverständigen Dr.R. und Prof.Dr.S. bewerten die MdE noch mit 15 v.H., damit ist jedoch eine wesentliche Besserung, die zu einer Rentenentziehung berechtigen würde, nicht erwiesen. Davon ging auch der von der Beklagten gehörte Sachverständige Dr.M. in seinem Gutachten vom 01.06.1995 aus, in dem sich allerdings zur MdE überhaupt keine Aussage findet. Er führte im Übrigen jedoch aus, dass keine wesentliche Änderung gegenüber den früheren Befunden an der linken Hand bestehe, obwohl sich eine Besserung der Beweglichkeit an beiden Fingerstümpfen zeigte bzw. beim Faustschluss.
Die Beklagte stützte sich bei ihrer Auffassung im Wesentlichen auf die Stellungnahmen ihrer beratenden Ärzte Dr.P. und (im Berufungsverfahren) Prof.Dr.L. , diesen konnte der Senat jedoch aus folgenden Gründen nicht folgen: Dr.P. folgert zwar aus den beschriebenen Befunden auf eine zwischenzeitlich eingetretene Anpassung und Gewöhnung und Erreichen der Funktionsfähigkeit. Er bewertet dann darin die MdE mit unter 20 v.H. zur Rentennachprüfung. Diese Aussage reicht jedoch - unter rechtlichen Gesichtspunkten - ebenfalls nicht aus, die Rentenentziehung zu begründen. Hinsichtlich der Stellungnahme des Prof.Dr.L. ist zwar richtig, dass er für seine MdE-Bewertung - mit 10 v.H. - sehr eingehend die vorliegenden Befunde/Funktionseinschränkungen etc. diskutiert und bewertet. Dabei gelangt man jedoch zu dem Eindruck, dass er die MdE so bewertet, als ob es sich um die erstmalige Bewertung - etwa im Rahmen einer Dauerrentengewährung - handelte. Nachdem es im vorliegenden Rechtsstreit jedoch um die Frage der Rentenentziehung wegen wesentlicher Besserung in den Unfallfolgen geht, kann auf die Ausführungen des Prof.Dr.L. die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ebenfalls nicht gegründet werden. Dass eine gewisse Besserung eingetreten ist, kann nach allem nicht in Abrede gestellt werden; entscheidungserheblich ist aber, ob gegenüber den maßgeblichen Vorbefunden eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die es rechtfertigt, die unfallbedingte MdE nur noch mit 10 v.H. zu bewerten. Den Nachweis hierfür vermochte die Beklagte jedoch - unter Berücksichtigung sämtlicher Stellungnahmen und Gutachten - letztlich nicht zu führen. Eine Rentenentziehung zum Ablauf des August 1995 lässt sich somit nach allem nicht rechtfertigen.
Auf die begründete Berufung des Klägers hin waren daher die angefochtenen Bescheide sowie das Urteil des Sozialgerichts Regensburg aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Dauerrente zum 01.09.1995 wegen wesentlicher Besserung in den Folgen des Unfalls vom 20.06.1992 streitig.
Der Kläger hat bei einem Arbeitsunfall am 20.06.1992 eine Verletzung der linken Hand erlitten, als er mit dem Ring- und Kleinfinger in eine Säge geriet. Nach dem Durchgangsarztbericht des Dr.K. vom 22.06.1992 sollen jeweils die Endglieder des 4. und 5. Fingers der linken Hand amputiert worden sein. Nach dem Röntgenbefund soll jedoch die Amputation des 4. Fingers im Mittelglied erfolgt sein. Im klinischen Befund anläßlich des Gutachtens des Dr.O. vom 15.10.1992, wonach die vorgenannten Finger der linken Hand dicht oberhalb des Endgelenks amputiert bzw. im Endglied exartikuliert seien, wurde die Weichteildeckung beider Knochenstümpfe als optimal beschrieben, die Amputationsstümpfe hätten sich als völlig reizlos gezeigt. Allerdings sei über elektrisierende Schmerzen an den Narben beider Finger geklagt worden, neurologische Ausfälle wurden jedoch verneint.
Nachdem der beratende Arzt der Beklagten Dr.P. in seiner Stellungnahme vom 02.11.1992 die Unfallfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. lediglich bis zum 31.12.1992 bewertete, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26.11.1992 wegen der Unfallfolgen ("Bewegungseinschränkung des linken Ring- und Kleinfingers, Kälteempfindlichkeit sowie Gebrauchsminderung der linken Hand, Minderung der groben Kraft der linken Hand durch Verlust des Endgliedes am Ring- und Kleinfinger") eine Gesamtvergütung für die Zeit vom 15.09. bis 31.12.1992 unter Zugrundelegung einer unfallbedingten MdE um 20 v.H.
Hiergegen hat der Kläger am 17.12.1992 Widerspruch erhoben und am 14.01.1993 Verletztenrente über den 31.12.1992 hinaus beantragt. Er hat dies damit begründet, dass die Funktionseinbußen im Bereich der linken Hand noch keine volle Arbeitsleistung gestatteten.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Chirurgen Dr.S. untersuchen und begutachten. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.03.1993 wegen der deutlichen Gebrauchsminderung der linken Hand des Klägers durch Neurinombildung eine Nachamputation vorgeschlagen, um dadurch eine etwas lockere Weichteildeckung und eine bessere Durchblutung der Amputationskuppen zu erreichen. Die MdE von 20 v.H. sei vom 15.09.1992 an voraussichtlich bis zum 04.03.1994 gegeben. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Dr.P. vom 22.03.1993 hat die Beklagte ein Gutachten der Chirurgin Dr.W. vom 27.05.1993 eingeholt. Diese kam darin zu der Auffassung, dass bis auf Weiteres eine MdE von 20 v.H. gegeben sei und dass durch eine Nachamputation des Ringfingerstumpfes eine Besserung der Unfallfolgen zu erwarten sei. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr.P. vom 28.06.1993 bewilligte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 27.07.1993 eine vorläufige Rente nach einer MdE um 20 v.H. ab dem 01.01.1993. Der Kläger unterzog sich der von Dr.W. vorgeschlagenen Nachamputation anläßlich einer stationären Behandlung vom 10. bis 25.01.1994 im Kreiskrankenhaus Waldsassen. Die Beklagte veranlasste nach Beiziehung von Berichten des Chirurgen Dr.O. und Dr.K. - zur Feststellung der Dauerrente - eine erneute Begutachtung durch die Chirurgin Dr.W ... Diese führte in ihrem Gutachten vom 21.03.1994 aus, dass der Stumpf nach wie vor stark berührungsempfindlich sei, auch wenn Neuromschmerzen nicht vorlägen; auch die Weichteildecke am linken Kleinfinger sei mäßig ausgeprägt und der Stumpf deutlich berührungsempfindlich. Im Hinblick darauf, dass die Amputation erst am 11.01.1994 erfolgt sei, sei weiterhin eine unfallbedingte MdE um 20 v.H. gerechtfertigt. Mit einer Besserung durch Anpassung und Gewöhnung sei jedoch zu rechnen, so dass eine erneute Begutachtung in einem Jahr erfolgen solle. Diesen Ausführungen hat der beratende Arzt der Beklagten Dr.P. am 11.04.1994 zugestimmt.
Mit Bescheid vom 26.04.1994 gewährte die Beklagte sodann dem Kläger wegen der Unfallfolgen ("Bewegungseinschränkung des Ring- und Kleinfingers mit unvollständigem Faustschluss links, Berührungsempfindlichkeit des Kleinfingerstumpfes, mäßige Weichteildecke beider Stümpfe, Weichteilverschmächtigung der linken oberen Extremität nach Teilamputation des Ring- und Kleinfingers links, deutliche Kalksalzminderung des Grundgliedes des linken Ring- und Kleinfingers, angedeutete Kalksalzminderung der Grundglieder des linken Zeige- und Mittelfingers, leichte Herabsetzung der groben Kraft, Behinderung bei den Fein- und Grobgriffen") Dauerrente nach einer MdE um 20 v.H.
In dem von der Beklagten veranlassten Nachuntersuchungsgutachten des Dr.M. , chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses W. , vom 01.06.1995 wurde zwar die Beweglichkeit der linken Hand als gut beschrieben, jedoch nach wie vor sei eine Hyperästhesie an beiden Fingerstümpfen und eine leichte Hypotrophie der Muskulatur am linken Arm festzustellen. Obgleich eine Besserung der Beweglichkeit in beiden Fingerstümpfen nunmehr zu beobachten sei, sei keine wesentliche Besserung eingetreten. Zur Höhe der unfallbedingten MdE äußerte sich Dr.M. im vorgenannten Gutachten jedoch nicht. In seiner Stellungnahme vom 19.06.1995 vertrat Dr.P. die Auffassung, dass in den Unfallfolgen des Klägers zwischenzeitlich eine wesentliche Änderung infolge Anpassung und Gewöhnung eingetreten sei. Überdies sei die Funktionsfähigkeit der Stümpfe gebessert worden. Weiterhin sei es zu einer Abnahme der muskulären Schonzeichen am linken Arm, zu einer Abnahme der Demineralisation und insbesondere zu einer Besserung der Beweglichkeit und Greiffunktion der linken Hand gekommen. Die Unfallfolgen bedingten eine MdE von weniger als 20 v.H., eine exakte Zahl benannte Dr.P. jedoch nicht.
Nach Anhörung des Klägers hat die Beklagte die bislang nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Rente mit Bescheid vom 27.07.1995 zum 31.08.1995 entzogen.
Der hiergegen erhobene Widerspruch, worin wiederholt wurde, dass sich die anerkannten Unfallfolgen des Klägers nicht gebessert hätten, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.10.1995).
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben.
Das Sozialgericht ließ den Kläger durch den Neurologen R. untersuchen und begutachten. Er vertrat in seinem Gutachten vom 04.03.1996 die Auffassung, dass gegenüber den objektiven Befunden, wie sie für den Bescheid vom 26.04.1994 maßgeblich gewesen seien, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung eingetreten sei, dass insbesondere durch die Nachamputation und die damit verbundene Anpassung und Gewöhnung es zu einer Besserung der Bemuskelung des linken Armes des Klägers gekommen sei. Seit dem 01.09.1995 sei nur noch eine MdE von 15 v.H. gegeben. Der auf Antrag des Klägers - § 109 SGG - gehörte Internist und Arbeitsmediziner Dr.K. verneinte in seinem Gutachten vom 18.02.1997 eine wesentliche Besserung. Weder durch die Nachoperation noch durch Zeitablauf sei eine relevante Besserung der Unfallfolgen eingetreten. Obgleich eine Muskelminderung im Bereich des linken Arms nicht mehr sichtbar sei, insbesondere weil die Schonhaltung und die postoperative Immobilisierung nicht mehr zu beobachten seien, sei nach wie vor wegen der ausgeprägt dünnen Weichteildeckung der amputierten Finger eine erhebliche Berührungsempfindlichkeit zu beobachten. Außerdem seien ausgeprägte Arthrosezeichen im Bereich dieser beiden Finger auffällig, die auf eine Ernährungsstörung und auf eine mangelnde Belastbarkeit der Finger hinwiesen. Die Auswirkungen besagter Amputationen seien dem Verlust beider Finger vergleichbar, was eine MdE um 20 v.H. unverändert rechtfertige.
Dieser Auffassung widersprach die Beklagte unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte Stellungnahme des Dr.P. vom 16.06.1997. Keineswegs sei der Zustand des Klägers mit dem zu vergleichen, wie er bei einer Totalamputation des Ring- und Kleinfingers einer Hand gegeben sei. In Übereinstimmung mit dem neurologischen Gutachten vom 04.03.1996 sei davon auszugehen, dass die Unfallfolgen des Klägers nur noch eine MdE von weniger als 20 v.H. bedingten. Eine exakte Höhe der MdE benannte Dr.P. nicht.
Das Sozialgericht zog des Weiteren einen Arztbrief des Neurologen Dr.K. vom 17.01.1997 bei. Danach hat die neurologische Untersuchung, insbesondere die Reizstromuntersuchung, keinen auffälligen Befund ergeben. Als Ursache der angegebenen Parästhesien im ehemaligen Resektionsbereich der Fingerstümpfe kämen möglicherweise kleine Neurinomknötchen in Betracht.
Die Beklagte sah sich durch den vorgenannten Arztbrief in ihrer Auffassung bestätigt.
Der Kläger hielt entgegen, dass selbst dann, wenn die Unfallfolgen nur noch eine MdE um 15 v.H. bedingten, der Nachweis einer wesentlichen Besserung, der zur Entziehung der Dauerrente berechtige, nicht geführt sei.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 27.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1995 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 03.12.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die dem Kläger mit Bescheid vom 26.04.1994 gewährte Dauerrente mit Ablauf des 31.08.1995 zu entziehen (§§ 622, 623 Reichsversicherungsordnung - RVO - in Verbindung mit § 48 Sozialgesetzbuch - SGB X). Entscheidend sei dabei, ob die MdE ab dem 01.09.1995 weniger als 15 v.H. betragen habe. Dies sei zwar in keinem der Gutachten, welche die Beklagte und das Gericht eingeholt haben, zum Ausdruck gebracht worden. Dr.M. habe sich zur Höhe der MdE überhaupt nicht geäußert; Dr.R. habe eine MdE von noch 15 v.H., Dr.K. eine MdE von 20 v.H. vorgeschlagen; der beratende Arzt der Beklagten habe sich sinnigerweise, trotz der Tatsache, dass er wiederholt zur MdE gehört worden sei, nicht auf eine exakte Zahl festlegen können. Gleichwohl sei das Gericht aber zu der Überzeugung gelangt, dass die unfallbedingte MdE seit dem 01.09.1995 mit nicht mehr als 10 v.H. zu bewerten sei und dass insbesondere durch die Nachamputation des linken Ringfingers im Januar 1994 im danach folgenden Jahr eine wesentliche Besserung eingetreten sei, die es seither gerechtfertigt erscheinen lasse, die unfallbedingte MdE nur noch mit 10 v.H. zu beziffern. Ausschlaggebend hierfür seien nicht nur die klinischen Befunde, wie sie in verschiedenen Gutachten festgehalten worden seien; aus den Gutachten lasse sich immerhin absehen, dass sich die Funktionsfähigkeit des linken Armes, der linken Hand und insbesondere auch der beiden teilamputierten Finger in der Zeit nach Erteilung des Dauerrentenbescheides wesentlich gebessert habe, was u.a. in einer leichten Vermehrung der Muskulatur im Bereich des linken Armes des Klägers zum Ausdruck komme, ebenso in einer Besserung des Kalksalzgehaltes. Letztlich sei für die Überzeugung des Gerichtes aber ausschlaggebend gewesen, dass der gehörte Neurologe Ausfälle der Nerven nicht festgestellt habe. Bezüglich der vom Kläger angegebenen Parästhesien sei zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um keinen Dauerschmerz handele, vielmehr lediglich um einen Schmerz, wie er beim Anstoßen der beiden teilamputierten Finger auf harte Gegenstände auftritt, ohne dass es dabei zu einer Ausstrahlung komme. Werde berücksichtigt, dass der linke Klein- und Ringfinger des Klägers jeweils im Mittelglied abgesetzt worden sei, wobei ein relativ langer Teil dieses Gliedes verblieben sei und werde berücksichtigt, dass der Totalverlust dieser beiden Finger nur eine MdE von 20 v.H., das vollständige Fehlen dieser beiden Finger ab dem Mittelglied eine MdE von 15 v.H. rechtfertige, so erscheine es gerechtfertigt, im Fall des Klägers eine MdE von 10 v.H. seit dem Zeitpunkt als gerechtfertigt zu erachten, als sich aufgrund der Nachamputation des linken Ringfingers im Januar 1994 nicht nur durch eine Gewöhnung, vielmehr durch eine vermehrte Inanspruchnahme des linken Armes des Klägers ein Zustand eingestellt habe, wie er als wesentliche Besserung augenfällig geworden sei. Aus all diesen Gründen sei daher die Klage abzuweisen gewesen.
Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung hielt der Kläger seine Auffassung aufrecht, dass die Entziehung der Dauerrente nicht gerechtfertigt gewesen sei, weil von einer wesentlichen Besserung in den Unfallfolgen nicht ausgegangen werden könne. Er beruft sich dabei auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr.K. , Dr.R. sowie das im Auftrag der Beklagten erstellte Gutachten des Dr.K. , wonach eine wesentliche Besserung gegenüber früheren Befunden nicht eingetreten sei. Diesen sei - gegenüber Dr.P. , der in seinen Stellungnahmen nach Aktenlage zu einer MdE von nicht mehr als 10 v.H. gekommen sei - der Vorzug zu geben.
Der Senat hat nach Beiziehung der einschlägigen medizinischen Unterlagen ein Gutachten von Prof.Dr.S. , Leiter der handchirurgischen Abteilung der Universitätsklinik M. , vom 08.10.2001 eingeholt. Er beschrieb die bestehenden Unfallfolgen dahingehend, dass es sich um einen Zustand nach Amputation des Ringfingers und Kleinfingers im proximalen Drittel des Mittelgliedes bei ausreichender Stumpfdeckung und glaubhaften Schmerzen im Bereich der Fingerenden bei hervorragender Beweglichkeit der rechten und linken Hand handele, bei keinerlei Differenz der Umfangmaße im Bereich der Unterarme und des Ellenbogengelenks. Es finde sich eine endgradige Bewegungseinschränkung bei Faustschluss im Bereich der linken Hand. Die glaubhaften subjektiven Beschwerden seien nachvollziehbar, da bei jeder Handverletzung es zu Durchblutungsstörungen und zu Kältegefühl im Bereich der verletzten Finger kommen könne. Auch wenn die verletzten Finger bei der letzten Untersuchung eine gute Beweglichkeit zeigten, besonders im MP-Gelenk und im PIP-Gelenk und eine gute Stumpfdeckung vorliege, sei die derzeitige MdE nach den Unfallbegutachtungsrichtlinien auf den obersten Wert auf 15 v.H. einzuschätzen, ab dem 01.06.1996.
Dieser MdE-Bewertung ist die Beklagte - unter Vorlage einer Stellungnahme ihres beratenden Arztes Prof.Dr.L. , Klinik für Handchirurgie, B. , vom 20.12.2001 - entgegengetreten: Die Auffassung des Prof.Dr.S. bezüglich der Einschätzung der Höhe der MdE könne demnach nicht überzeugen. Prof.Dr.L. bewertete die unfallbedingte MdE - in Übereinstimmung mit den Feststellungen im Urteil des Sozialgerichts - mit 10 v.H.
Der Kläger beantragt, das Ersturteil und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1995 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und auch begründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Unrecht die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte war nicht berechtigt, die dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 20.06.1992 nach einer MdE um 20 v.H. gewährte Dauerrente zum 01.09.1995 zu entziehen, weil eine wesentliche Änderung im Sinne der Besserung in den für den Dauerrentenbescheid vom 26.04.1994 maßgeblichen Befunden (vgl. Gutachten Dr.W. vom 21.03.1994) nicht nachweisbar ist. Die Voraussetzungen für den Neufeststellungsbescheid der Beklagten nach § 48 SGB X sind somit nicht gegeben.
Berücksichtigt man die Ergebnisse der Gutachten Dr.R. , Dr.K. und vor allem des vom Senat gehörten Prof. Dr.S. , so ist zwar eine Besserung in den Folgen der Fingerverletzungen eingetreten, die vorgenannten Sachverständigen Dr.R. und Prof.Dr.S. bewerten die MdE noch mit 15 v.H., damit ist jedoch eine wesentliche Besserung, die zu einer Rentenentziehung berechtigen würde, nicht erwiesen. Davon ging auch der von der Beklagten gehörte Sachverständige Dr.M. in seinem Gutachten vom 01.06.1995 aus, in dem sich allerdings zur MdE überhaupt keine Aussage findet. Er führte im Übrigen jedoch aus, dass keine wesentliche Änderung gegenüber den früheren Befunden an der linken Hand bestehe, obwohl sich eine Besserung der Beweglichkeit an beiden Fingerstümpfen zeigte bzw. beim Faustschluss.
Die Beklagte stützte sich bei ihrer Auffassung im Wesentlichen auf die Stellungnahmen ihrer beratenden Ärzte Dr.P. und (im Berufungsverfahren) Prof.Dr.L. , diesen konnte der Senat jedoch aus folgenden Gründen nicht folgen: Dr.P. folgert zwar aus den beschriebenen Befunden auf eine zwischenzeitlich eingetretene Anpassung und Gewöhnung und Erreichen der Funktionsfähigkeit. Er bewertet dann darin die MdE mit unter 20 v.H. zur Rentennachprüfung. Diese Aussage reicht jedoch - unter rechtlichen Gesichtspunkten - ebenfalls nicht aus, die Rentenentziehung zu begründen. Hinsichtlich der Stellungnahme des Prof.Dr.L. ist zwar richtig, dass er für seine MdE-Bewertung - mit 10 v.H. - sehr eingehend die vorliegenden Befunde/Funktionseinschränkungen etc. diskutiert und bewertet. Dabei gelangt man jedoch zu dem Eindruck, dass er die MdE so bewertet, als ob es sich um die erstmalige Bewertung - etwa im Rahmen einer Dauerrentengewährung - handelte. Nachdem es im vorliegenden Rechtsstreit jedoch um die Frage der Rentenentziehung wegen wesentlicher Besserung in den Unfallfolgen geht, kann auf die Ausführungen des Prof.Dr.L. die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ebenfalls nicht gegründet werden. Dass eine gewisse Besserung eingetreten ist, kann nach allem nicht in Abrede gestellt werden; entscheidungserheblich ist aber, ob gegenüber den maßgeblichen Vorbefunden eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die es rechtfertigt, die unfallbedingte MdE nur noch mit 10 v.H. zu bewerten. Den Nachweis hierfür vermochte die Beklagte jedoch - unter Berücksichtigung sämtlicher Stellungnahmen und Gutachten - letztlich nicht zu führen. Eine Rentenentziehung zum Ablauf des August 1995 lässt sich somit nach allem nicht rechtfertigen.
Auf die begründete Berufung des Klägers hin waren daher die angefochtenen Bescheide sowie das Urteil des Sozialgerichts Regensburg aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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