L 5 KR 5308/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3723/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5308/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Krankengeld für die Zeit vom 02.12.2009 bis 27.02.2010 auf Grund einer seit 16.10.2010 Arbeitsunfähigkeit verursachenden, seiner Auffassung nach neuen Krankheit.

Der 1954 geborene Kläger ist bzw. war in der Gastwirtschaft seiner Ehefrau (teils) als (angestellter) Geschäftsführer (Arbeitsvertrag vom 04.06.2007) tätig; der Ehefrau des Klägers gehört das Betriebsgrundstück und das Gaststättengebäude und sie ist Inhaberin der Gaststättenkonzession (gaststättenrechtliche Erlaubnis).

Der Kläger, der zuvor der A. als freiwillig Versicherter angehörte, war ab 01.04.2007 Pflichtmitglied der A. Baden-Württemberg. Vom 01.08.2007 bis 27.12.2008 war er aufgrund der in der Gaststätte seiner Ehefrau ausgeübten Beschäftigung pflichtversichertes Mitglied der Beklagten (Mitgliedschaftserklärung vom 31.05.2007). Vom 28.12.2008 bis 30.9.2009 bestand Familienversicherung bei der I. C. Danach war er erneut vom 01.10.2009 bis 28.02.2010 bei der Beklagten wegen der Fortsetzung seiner Tätigkeit in der Gaststätte der Ehefrau pflichtversichert. Zum 01.03.2010 ist der Kläger Mitglied der BKK D. geworden. Diese hat mit Bescheid vom 23.03.2010 festgestellt, dass der Kläger in der in der Gastwirtschaft seiner Ehefrau ausgeübten Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Deswegen hat der Kläger nach erfolglosem Widerspruchs- und Klageverfahren Berufung eingelegt (Verfahren L 5 KR 4935/11). Der Kläger hat die Berufung am 11.03.2013 zurückgenommen.

Der Kläger erkrankte am 01.06.2007 arbeitsunfähig. In den von der Beklagten deswegen während des Verwaltungsverfahrens veranlassten MDK-Gutachten sind die arbeitsunfähigkeitsbegründenden Diagnosen wie folgt festgehalten: - MDK-Gutachten vom 23.10.2007: Angststörung und Depression - MDK-Gutachten vom 20.12.2007: Anpassungsstörung mit depressivem Syndrom und Panikattacken sowie HWS-Syndrom bei Z. n. HWS-Distorsion 10/1997, Schlafapnoesyndrom mit CPAP-Maske seit 15 Jahren, Diabetes mell. Typ II (nicht insulinpflichtig), Hypertonie - MDK-Gutachten vom 20.05.2008: Erschöpfungsdepression, Angststörung, Zervikalsyndrom - MDK-Gutachten vom 12.09.2008: Erschöpfungsdepression, Angststörung, Zervikalsyndrom.

Aus den dem Kläger ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. Auszahlungsscheinen für Krankengeld (im Folgenden nur: Auszahlungsscheine) des Allgemeinarztes Dr. G. bzw. des Neurologen und Psychiaters K. und aus von diesen Ärzten für die Beklagte auf Nachfrage erteilten Auskünften sind (u.a.) folgende Erkrankungen ersichtlich: Erschöpfung durch übermäßige Anstrengung, Panikstörung, phobische Störung, somatoforme Störung, Anpassungsstörungen, kardiale Arrhythmie, Schlafapnoe, essentielle Hypertonie, Adipositas und Diabetes mellitus.

Die Beklagte gewährte dem Kläger Krankengeld vom 01.08.2007 bis 27.11.2008 (zuvor Krankengeldgewährung durch die A. Baden-Württemberg) in Höhe von kalendertäglich 65,35 EUR; Krankengeld ist dem Kläger während der Zeit vom 01.06.2007 bis 27.11.2008 insgesamt für 78 Wochen gezahlt worden.

Unter dem 17.03.2008 beantragte der Kläger beim zuständigen Rentenversicherungsträger Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Als Arbeitsunfähigkeit begründende Erkrankung gab er ein chronifiziertes Zervikalsyndrom an. Hausarzt Dr. G. unterstützte den Antrag und gab als Diagnosen Erschöpfungsdepression, Zervikalsyndrom und Hypertonie an. Der Überforderungszustand bewirke Arbeitsunfähigkeit. Psychotherapeut Dr. U. attestierte dem Kläger unter dem 17.3.2010 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Panikstörung, Adipositas und gab an, der Kläger leide zusätzlich an Diabetes mellitus Typ II, Zervikalsyndrom und Bluthochdruck. Nach einem Treppensturz 10/1997 sei es zu einem chronifizierten Zervikalsyndrom mit dysfunktionaler Krankheitsverarbeitung gekommen. Es habe sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt, wobei krankheitsbezogene Ängste zunächst zu nächtlichen Panikattacken und schließlich auch zu Panikattacken tagsüber geführt hätten. Die frühere Psychotherapie habe zu einer weitgehenden Remission geführt, im Kontext der jetzt aufgetretenen Grunderkrankung (Diabetes mellitus Typ II) sei es zu einer erneuten Exacerbation der Schmerzsymptomatik und der Panikstörung gekommen. Mit Schreiben vom 08.05.2008 teilte der zuständige Rentenversicherungsträger der Beklagten mit, man habe einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsbehandlung abgelehnt. Rehabilitationsbedarf bestehe nicht, angezeigt sei die Fortsetzung der regelmäßigen ambulanten nervenärztlichen Behandlung.

Unter dem 28.11.2008 stellte der Arzt K. dem Kläger einen (weiteren) Auszahlungsschein aus. Der Kläger sei weiter arbeitsunfähig. Als Diagnosen sind angegeben F 41.0 (Panikstörung) und F 43.2 (Anpassungsstörung).

Unter dem 01.12.2008 stellte Dr. G. dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Der Kläger sei vom 28.11.2008 bis 22.12.2008 arbeitsunfähig. Als Diagnosen sind angegeben: I 10.90 (essentielle Hypertonie), G E 66.99 G (Adipositas).

Mit Schreiben vom 13.02.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Arzt K. habe das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit wegen der derselben Diagnosen festgestellt, die bereits dem Krankengeldbezug bis 27.11.2008 zugrunde gelegen hätten. Außerdem sei Arbeitsunfähigkeit von Dr. G. wegen weiterer Diagnosen festgestellt worden. Krankengeld werde aber (während der maßgeblichen Blockfrist) nur für 78 Wochen gezahlt; eine hinzutretende Krankheit verlängere die Leistungsdauer nicht. Ab 28.11.2008 bestehe kein Leistungsanspruch mehr.

Mit Schreiben vom 12.02.2009 machte der Kläger die Zahlung von Krankengeld über den 27.11.2008 hinaus geltend. Er sei ab 28.11.2008 wegen einer anderen Krankheit als zuvor arbeitsunfähig.

Unter dem 02.03.2009 stellte Dr. G. einen Auszahlungsschein aus. Der Kläger sei ab 28.11.2008 auf unabsehbare Zeit arbeitsunfähig. Als Diagnose ist angegeben: "bekannt".

Ebenfalls unter dem 02.03.2009 stellte der Arzt K. (auf Bitten des Klägers) einen (korrigierten) Auszahlungsschein aus. Zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit enthält der Auszahlungsschein keine Eintragungen; angegeben ist der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit mit dem 27.11.2008. Als Diagnosen sind angegeben: F 41.0 und F 43.2. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten teilte der Arzt K. am 02.03.2009 mit, der Kläger habe ihn zuletzt am 28.11.2008 konsultiert; dieser Tag sei für das Ende der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich (Telefonnotiz der Beklagten vom 02.03.2009).

Die Beklagte befragte den MDK. Im MDK-Gutachten (Dipl. med. L.) vom 04.03.2009 ist ausgeführt, unabhängig davon, dass es auch angesichts der primären Bestätigung weiterer Arbeitsunfähigkeit durch den Nervenfacharzt am 28.11.2008 (nach Angabe des Klägers und des Arztes der letzte Behandlungstag) höchst unwahrscheinlich sei, dass die bereits als chronifiziert und (vom MDK zuvor - etwa MDK-Gutachten vom 20.12.2007) auch als die Erwerbsfähigkeit bedrohend eingestufte psychische Erkrankung am 27.11.2008 (dem Tag der Leistungsunterbrechung) weitgehend geheilt gewesen sein solle, sei darauf zu verweisen, dass die jetzt als Arbeitsunfähigkeitsdiagnose genannten Erkrankungen ebenso während der Arbeitsunfähigkeit ab 01.06.2008 bestanden hätten. Damit sei in jedem Fall von durchgehender Arbeitsunfähigkeit wegen eines komplexen internistisch-psychischen Krankheitsbildes auszugehen.

Mit Schreiben vom 05.03.2009 teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf das MDK-Gutachten vom 04.03.2009 mit, es bleibe beim Leistungsende zum 27.11.2008; der Krankengeldanspruch sei erschöpft.

Der Kläger erhob Widerspruch und legte Atteste des Arztes K. und des Dr. G. vor.

Der Arzt K. führte im Attest vom 19.03.2009 aus, er habe dem Kläger bis zum 27.11.2008 Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen F 41.0 und F 43.2 bescheinigt. Die Behandlung wegen dieser Erkrankungen sei zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen. Von seinem Fachgebiet aus sei es dem Kläger wieder gut gegangen; er habe ihn zuletzt am 27.11.2008 konsultiert. Die Diagnosen der späteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stünden mit Diagnosen seines Fachgebiets nicht in Zusammenhang.

Dr. G. führte im Attest vom 18.03.2009 aus, der Arbeitsunfähigkeit seit 28.11.2008 liege ein separates Krankheitsbild zugrunde. Die Diagnosen arterielle Hypertonie (I 10 90 G) und Diabetes mellitus bei Adipositas (E 66.99 G) stünden in keinem Zusammenhang mit den vorherigen, bis 27.11.2008 maßgeblichen Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen Panikstörung (F 41.0 G) und Adaptionsstörung (F 43.2 G). In einem weiteren Attest vom 07.04.2009 führte Dr. G. aus, der Kläger sei vom 01.06.2007 bis 20.08.2007 wegen der Diagnosen I 10.90 G, T 73.3 G und I 49.9 G erkrankt gewesen. In der Zeit danach bis zum 28.11.2008 sei er nicht wegen dieser Diagnosen arbeitsunfähig gewesen.

Zur Begründung seines Widerspruchs bezog sich der Kläger auf die genannten Arztatteste. Hypertonie und Adipositas hätten zwar schon während der Zeit bis 27.11.2008 vorgelegen. Er sei deswegen aber nicht bzw. nur bis August 2007 und danach nicht mehr arbeitsunfähig gewesen.

Die Beklagte befragte den MDK. Im (nach Untersuchung des Klägers erstellten) MDK-Gutachten vom 04.06.2009 führte Dr. L. aus, der Kläger habe angegeben, die psychiatrische Behandlung durch den Arzt K. sei am 27.11.2008 abgeschlossen gewesen. Seitdem gehe es ihm psychisch gut. Eine psychiatrische Vorstellung sei nicht mehr notwendig geworden. Er halte sich allein wegen der Hypertonie-Erkrankung für arbeitsunfähig; deswegen habe er sich (wegen einer hypertensiven Krise) am 10.05.2009 in der F. Notfallpraxis vorgestellt. Eine psychische Problematik oder das zervikale Schmerzsyndrom würden ihn an der Wiederaufnahme der Arbeit in der Gaststätte seiner Ehefrau nicht hindern. Dr. L. diagnostizierte eine Panikstörung (F 41.0) außerdem Anpassungsstörungen (F 43.2), essentielle Hypertonie (I 10.9) und Adipositas (E 66.9). Wie bereits im MDK-Gutachten vom 04.03.2009 ausgeführt, erscheine es höchst unwahrscheinlich, dass eine bereits als chronifiziert und die Erwerbsfähigkeit bedrohende psychische Erkrankung exakt am 27.11.2008, also genau am Tag der Leistungsunterbrechung, weitgehend geheilt gewesen sein solle. Hinzukomme, dass der Arzt K. die Erkrankung am 28.11.2008 als weiterbestehend bescheinigt, dann jedoch über drei Monate später rückwirkend als Krankheitsende (wiederum genau) den Tag der Leistungsunterbrechung angegeben habe. Außerdem habe der Arzt K. am 28.11.2008 ein Rezept über das Medikament Lexotanil ausgestellt und damit die psychopharmazeutische Weiterbehandlung dokumentiert. Diese werde regelmäßig und dauerhaft fortgesetzt durch die hausärztliche Verordnung von Bromazanil in ungefähr monatlichem Abstand von je 50 Tabletten zu 6 mg. Hinsichtlich der am 28.11.2008 als arbeitsunfähigkeitsbegründend angeführten Diagnose arterielle Hypertonie finde sich als einziger dokumentierter hypertensiver Blutdruckwert ein Blutdruck von 200/90 mmHg am 10.05.2009. Weitere notfallmäßige Vorstellungen wegen einer hypertensiven Problematik seien nach Angaben des Klägers seit dem 28.11.2008 nicht erfolgt. Trotz seit vielen Jahren bestehender arterieller Hypertonie sei die bereits vor dem 27.11.2008 bestehende Medikation im weiteren Verlauf offensichtlich nicht verändert worden. Bei über diesen Zeitpunkt hinaus unveränderter Dauermedikation seit 18 Jahren sei nicht nachvollziehbar, weshalb die arterielle Hypertonie sodann exakt am 28.11.2008 zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe ohne entsprechende medikamentöse Anpassung bzw. therapeutische Konsequenz. In einer 24-Stunden-Messung vom 11.05.2009 seien arbeitsunfähigkeitsbegründende Blutdruckwerte mit Tageswerten von im Mittel 140/90 mmHg nicht dokumentiert worden. In Anbetracht der fehlenden Dokumentation dauerhafter signifikant erhöhter Blutdruckwerte und vor allem der unveränderten antihypertensiven Medikation mit lediglich einem Blutdruckmedikament erscheine die arterielle Hypertonie weder zum Begutachtungszeitpunkt Arbeitsunfähigkeit zu begründen noch erscheine die arterielle Hypertonie als exakt zum 28.11.2008 neue Arbeitsunfähigkeit begründende Diagnose nachvollziehbar. Die zielgenaue Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit sei nicht plausibel. Wegen Adipositas habe zu keiner Zeit Arbeitsunfähigkeit bestanden. Seit Anfang Mai 2009 arbeite der Kläger in der Gaststätte seiner Ehefrau wieder täglich 1 bis 1 ¼ Stunden. Mit dem Hausarzt sei insoweit eine stufenweise Wiedereingliederung besprochen worden. Voraussichtlich könne die Arbeitsunfähigkeit mit dem 28.06.2009 beendet werden. Ein Leistungsanspruch dürfte nach den vorstehenden Ausführungen jedoch aus Rechtsgründen nicht bestehen.

Die Beklagte zog in der Folge die Behandlungsdaten über den Kläger bei. Aufgelistet ist darin, welcher Arzt den Kläger im Zeitraum vom 20.08.2007 bis 03.12.2008 wann und mit welcher Diagnosestellung behandelt hat (Bl. 88 Verwaltungsakte), außerdem, welche Medikamente im Zeitraum vom 31.01.2008 bis 11.05.2009 von welchem Arzt wegen welcher Erkrankung verordnet wurden (Bl. 105 Verwaltungsakte).

Nachdem der Kläger weitere Atteste des Dr. G. und des Arztes K. vom 10.06.2006 bzw. Arzneimittelverordnungen vorgelegt hatte, teilte Dr. L. der Beklagten auf telefonische Nachfrage am 16.06.2009 mit, an den Ergebnissen seines MDK-Gutachtens vom 04.06.2009 ändere sich nichts. Das verordnete Medikament Bromazepam werde nicht wegen (bloßer) Ein- und Durchschlafstörungen, sondern wegen Panik- oder Angstattacken angewendet. Die Hypertonie des Klägers rechtfertige ebenfalls keine Arbeitsunfähigkeit. Insoweit finde keine aktuelle Behandlung statt und es werde auch kein entsprechendes Arzneimittel verordnet.

Am 02.06.2009 hatte der Kläger die Beschäftigung in der Gaststätte seiner Ehefrau im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben wieder aufgenommen. Nachdem er am 17.06.2009 einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule erlitten hatte, brach er die Wiedereingliederungsmaßnahme ab.

Unter dem 30.06.2009 stellte Dr. G. einen Auszahlungsschein aus. Es bestehe auf unabsehbare Zeit Arbeitsunfähigkeit. Als Diagnosen sind benannt: M 53.1 G, M 51.2 G. Ergänzend teilt Dr. G. mit, der Kläger habe massive Einschlafstörungen, da er berufsbedingt erst nach 0.00 Uhr zu Bett gehe.

Im MDK-Gutachten vom 16.07.2009 führte Dr. L. (hierzu) aus, der Kläger habe die stufenweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zum 17.06.2009 abgebrochen. Aktuell liege eine Erstbescheinigung über Arbeitsunfähigkeit ab dem 18.06.2009 wegen eines Zervikobrachialgiesyndroms vor. Im Hinblick auf den radiologischen Nachweis eines Bandscheibenvorfalls sei Arbeitsunfähigkeit begründet. Aufgrund des Auftretens der Erkrankung im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung bei längerfristiger Arbeitsunfähigkeit sei das Zervikobrachialsyndrom bei Bandscheibenvorfall als hinzugetretene Erkrankung zu werten. Da der Kläger sämtliche Tätigkeiten beim Führen einer Gastwirtschaft erledige, werde auch das vereinzelte Heben und Tragen schwerer Gewichte notwendig sein. Es bestehe eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Mit entsprechenden Rehabilitationsmaßnahmen könne ein positives Leistungsbild für mittelschwere Tätigkeiten erreicht werden.

Nachdem der Kläger (unter Vorlage eines weiteren Attestes des Arztes K. vom 20.07.2009: seit 28.11.2008 keine Behandlung mehr, da Panikstörung seitdem abgeklungen, Bromazepam seit über 10 Jahren wegen Schlafstörungen) abschließend geltend gemacht hatte, er nehme das Medikament Bromazepam lediglich als Einschlafhilfe, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2009 zurück.

Unter dem 07.08.2009 stellte Dr. G. einen Auszahlungsschein aus. Der Kläger sei - bei der Diagnose M 50.1 R (Radikulopathie) - bis auf Weiteres arbeitsunfähig. In einem Auszahlungsschein des Dr. G. vom 17.09.2009 ist - ebenfalls bei der Diagnose M 50.1 R - Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bis 30.09.2009 (als letztem Tag der Arbeitsunfähigkeit) bescheinigt.

Unter dem 16.10.2009 stellte Dr. G. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Der Kläger sei wegen der Diagnose M 50.1 G (Radikulopathie) voraussichtlich bis 27.02.2010 arbeitsunfähig. Das Aktenexemplar der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trägt einen Eingangsstempel mit dem Datum des 09.03.2010.

Eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellte Dr. G. unter dem 19.10.2009 (Diagnosen G 56.0 G, J 32.9 G; Arbeitsunfähigkeit bis 02.11.2009) aus. Das Aktenexemplar dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trägt einen Eingangsstempel mit dem Datum des 21.10.2009.

Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stellte Dr. G. wie folgt aus: - 02.11.2009 (Diagnosen G 56.8 G - Karpaltunnelsyndrom -, J 32.9 G - chronische Sinusitis -; Arbeitsunfähigkeit bis 30.11.2009) - 30.11.2009 (Diagnose M 50.1 R - zervikaler Bandscheibenschaden -; Arbeitsunfähigkeit bis 31.12.2009) - 31.12.2009 (Diagnose G 56.0 G; Arbeitsunfähigkeit bis 25.01.2010) - 26.01.2010 (Diagnose M 50.1 R Arbeitsunfähigkeit bis 14.02.2010).

Mit Bescheid vom 23.02.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab 16.10.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, die am 30.11.2009 zu der seit 16.10.2009 bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzugetretene Erkrankung sei bereits in der Vergangenheit zu den die Arbeitsunfähigkeit ab 01.06.2007 verursachenden Erkrankungen hinzugetreten gewesen. Deswegen habe der Kläger bereits bis zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs Krankengeld vom 01.08.2007 bis 27.11.2008 während der maßgeblichen Blockfrist vom 01.06.2007 bis 31.05. 2010 erhalten. Eine hinzugetretene Erkrankung verlängere die Leistungsdauer innerhalb der Blockfrist nicht.

Der Kläger erhob Widerspruch und legte das Attest des Dr. G. vom 20.04.2010 vor. Darin ist ausgeführt, die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 16.10.2009 beruhe ausschließlich auf den Diagnosen G 56.8 G (Karpaltunnelsyndrom), J 32.9 G (chronische Sinusitis) und M 50.1 R (Radikulopathie). Die Diagnosen arterielle Hypertonie und Adipositas hätten nach dem 16.10.2009 nicht mehr zur Arbeitsunfähigkeit geführt bzw. nicht mehr bestanden. Die Krankheit, die zunächst im Jahre 2007 zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe, bestehe seit längerem nicht mehr.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, während der Blockfrist vom 01.06.2007 bis 31.05.2010 sei der Kläger vor der am 16.10.2009 aufgetretenen Erkrankung (M 50.1 G - Radikulopathie) schon vom 01.06.2007 bis 30.09.2009 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Er habe bis zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs am 27.11.2008 Krankengeld bezogen. Auch während dieser Zeit habe der Bandscheibenschaden die Arbeitsunfähigkeit mehrfach mitverursacht gehabt. Die entsprechende Diagnose sei auf Auszahlungsscheinen vom 07.08.2009 und 17.09.2009 angegeben. Die am 16.10.2009 aufgetretene Erkrankung stelle daher eine hinzugetretene Erkrankung i. S. d. § 48 Abs. 1 SGB V dar, die die maßgebliche Blockfrist nicht verlängere und nach Erschöpfung des Leistungsanspruchs einen Anspruch auf Zahlung weiteren Krankengelds nicht begründe.

Am 20.07.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung trug er vor, der Bandscheibenschaden mit Radikulopathie (M 50.1 G), an dem er seit 16.10.2009 erkrankt sei, habe - worauf es ankomme - nicht mindestens einen Tag während der maßgeblichen Blockfrist gleichzeitig mit den anderen zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen vorgelegen. Er leide an einem chronifizierten Zervikalsyndrom und einer HWS-Distorsion mit eingeschränkter Beweglichkeit. Dieses Krankheitsbild habe innerhalb der am 01.06.2007 begonnenen Blockfrist nicht bestanden. Er habe am 01.10.2009 wieder im vorherigen Umfang in der Gaststätte seiner Ehefrau gearbeitet.

Die Beklagte trug ergänzend zur Begründung ihrer Bescheide vor, der Kläger habe in der Zeit vom 01.08.2007 bis 28.02.2010 zwar nicht durchgehend Krankengeld bezogen, aber für den ganzen Zeitraum Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Deshalb könne nicht angenommen werden, dass er während dieser Zeit wieder in der Gaststätte seiner Ehefrau gearbeitet habe. Nach Erschöpfung des Krankengeldanspruchs könne wegen derselben Krankheit in einem neuen Dreijahreszeitraum Krankengeld erneut aber nur gewährt werden, wenn der Versicherte wegen der in Rede stehenden Krankheit mindestens 6 Monate nicht arbeitsunfähig gewesen und erwerbstätig bzw. in Arbeit vermittelbar gewesen sei (vgl. § 48 Abs. 2 SGB V). Das sei hier weder ersichtlich noch vom (objektiv beweispflichtigen) Kläger behauptet worden. Während der Zeit vom 01.06.2007 bis 28.02.2010 habe der Kläger an psychischen Erkrankungen und später hinzugekommenen weiteren Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Bandscheibenvorfall, Diabetes mellitus, Adipositas und Karpaltunnelsyndrom, gelitten. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. G. vom 16.10.2009 sei ihr erst am 17.02.2010 vorgelegt worden; bis dahin würde ein etwaiger Krankengeldanspruch ohnehin ruhen.

Der Kläger wandte ein, er sei vom 01.08.2007 bis 28.02.2010 nicht durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Er habe seine Beschäftigung in der Gaststätte seiner Ehefrau am 01.10.2009 wieder im vorherigen Umfang aufgenommen. Die Erkrankung die (sodann) am 16.10.2009 wieder zu Arbeitsunfähigkeit geführt habe, habe in der Zeit ab 01.06.2007 nicht vorgelegen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. G. vom 16.10.2009 sei rechtzeitig vorgelegt worden. Im Übrigen habe er ab 16.10.2009 zunächst Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für 6 Wochen erhalten; Krankengeld werde daher (erst) ab 02.12.2009 begehrt. Die Aufwendungen seiner Ehefrau (Arbeitgeberin) für die Entgeltfortzahlung habe die Beklagte erstattet.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte hinsichtlich des Zeitraums vom 27.11.2008 bis 27.02.2010.

Der Arzt K. teilte im Bericht vom 10.03.2011 Behandlungsdaten mit (18.11.2008, 02.03.2009, 10.06.2009, 15.07.2009, 21.07.2009, 31.07.2009, 02.08.2009, 07.08.2009) und führte aus, ab 28.11.2008 habe der Kläger angegeben, es gehe ihm psychisch gut, er nehme aber noch 2 Tabletten Lexotanil, was er mit hausärztlicher Behandlung beenden wolle; eine psychiatrische Behandlung sei nicht mehr nötig. Am 02.03.2009 habe der Kläger eine Bescheinigung begehrt, wonach der 27.11.2008 der letzte Tag der psychiatrisch bedingten Arbeitsunfähigkeit gewesen sei; diese Bescheinigung sei ihm ausgestellt worden. Am 28.11.2008 und in der Folgezeit sei der Kläger psychiatrisch unauffällig gewesen. Neurologisch habe er den Kläger ab dem 15.07.2009 wegen Schmerzen im rechten Arm (HWS- und Karpaltunnelsyndrom) - letztmals am 07.08.2009 - behandelt. Außerdem habe eine Niedrigdosis-Benzodiazepin-Abhängigkeit bestanden.

Dr. G. gab im Bericht vom 06.05.2011 (unter Vorlage eines Ausdrucks aus der Patientenakte des Klägers, darin u.a. vermerkt: 18.03.2009/30.04.2009 Panikstörung F 41.0) an, bei der ersten Untersuchung nach der Zeit vom 27.11.2008 bis 27.2.2010 habe er einen Diabetes mellitus II diagnostiziert. Eine psychische Erkrankung sei schon zuvor festgestellt worden. Ergänzend teilte Dr. G. unter dem 09.09.2011 mit, beim Kläger bestehe seit langem eine Schlafstörung; dieser Befund sei jedoch schon vor dem vom Sozialgericht für die Berichterstattung festgelegten Zeitraum (28.11.2008 bis 07.08.2009) erhoben worden. Dem Bericht des Dr. G. war (u.a.) ein Arztbrief des Dipl.-Psych. U. vom 10.08.2010 beigefügt. Darin wird über eine ambulante Verhaltenstherapie wegen eines chronischen Schmerzsyndroms aufgrund psychosozialer Konflikte (vor allem mit der Beklagten) berichtet. Der Kläger habe angegeben, sich seit Frühjahr 2010 dadurch zunehmend belastet zu fühlen. Beigefügt war der Bericht des Orthopäden Dr. F. vom 19.06.2009 (Patient klagt seit einer Woche über eine Cervikobrachialgie rechts mit Kribbelparästhesie) sowie der Bericht des Radiologen Dr. D. vom 29.06.2009 über eine Kernspintomographie der HWS des Klägers am 29.06.2009 (Nachweis eines Bandscheibenvorfalls der Etage C 5/6 mit Raumnot und Irritation der Wurzel C 6 rechts).

Unter dem 19.01.2012 teilte Dr. G. ergänzend mit, er habe den Kläger in der Zeit vom 27.11.2008 bis 27.02.2010 auch wegen der Schlafstörung behandelt. Diese habe eine rein körperliche und keine psychische Ursache. Arbeitsunfähigkeit habe wegen der Schlafstörung nicht bestanden.

Die Beklagte trug abschließend vor, der Krankengeldanspruch sei am 27.11.2008 erschöpft gewesen. Die psychische Erkrankung des Klägers habe über den 28.11.2008 hinaus fortbestanden. Der Kläger sei - wie aus einer InfoNet-Abfrage (Auflistung von Leistungen, die direkt über die KV-Karte/eGK über das zentrale Abrechnungszentrum abgerechnet werden) hervorgehe - vom 22.01.2009 bis 27.01.2009 bei Dr. G. u.a. wegen der Diagnosen F 41.0 (Panikstörung) und G 47.0 (Ein- und durch Schlafstörungen) in Behandlung gewesen. Am 02.03.2009 habe der Arzt K. den Kläger wegen psychischer Verhaltensstörungen, Schlafapnoe, Panikstörung, Anpassungsstörung, Persönlichkeitsstörung und phobischer Störung behandelt. Vom 03.04.2009 bis 11.04.2009 habe der Kläger eine Verhaltenstherapie bei dem Dipl.-Psych. U. durchgeführt. Weitere Behandlungen hätten wie folgt stattgefunden:

- 07.04.2009 bis 19.06.2009 bei Dr. G. wegen Panikstörung und Schlafstörung - 10.06.2009 bei dem Arzt K. wegen psychischer Verhaltensstörung, Schlafapnoe, Panikstörung, Anpassungsstörung, somatischer Störung, phobischer Störungen - 07.07.2009 bis 17.09.2009 bei Dr. G. u.a. wegen Panikstörung - 15.07.2009 bis 07.08.2009 bei dem Arzt K. wegen psychischer Verhaltensstörung, Schlafapnoe, Panikstörung - 09.10.2009 bis 20.11.2009 bei Dr. G. wegen Schlafstörungen und Panikstörung - 05.01.2010 bis 17.02.2010 bei Dr. G. wegen Schlafstörungen und Panikstörung

Außerdem sei dem Kläger zwischen dem 22.11.2008 und dem 18.02.2010 mehrfach das Medikament Lexotanil mit dem Wirkstoff Bromazepam (Anwendung zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen) verschrieben worden, das er primär wegen Panikattacken eingenommen habe. Hätte er nur unter Schlafstörungen gelitten, wäre auf andere Arzneimittel zurückzugreifen gewesen. Die psychische Erkrankung des Klägers stelle daher ein Dauerleiden dar, das zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs geführt habe.

Mit Urteil vom 30.10.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, aufgrund der seit dem 16.10.2009 bestehenden Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnose zervikaler Bandscheibenschaden, Radikulopathie (M 50.1 G) könne dem Kläger Krankengeld nicht mehr gewährt werden. Der Kläger habe aufgrund der seit 01.06.2007 bis 30.09.2009 bestehenden Arbeitsunfähigkeit bis 27.11.2008 (insgesamt 78 Wochen) Krankengeld bezogen. Der Leistungsanspruch sei für den Dreijahreszeitraum vom 01.06.2007 bis 31.05.2010 daher erschöpft. Nach dem Vorbringen des Klägers sei zwar davon auszugehen, dass die am 01.06.2007 beginnende Arbeitsunfähigkeit am 30.09.2009 geendet habe und der Kläger vor Wiedereintritt von Arbeitsunfähigkeit am 16.10.2009 arbeitsfähig gewesen sei. Die Arbeitsunfähigkeit ab 16.10.2009 wegen Radikulopathie begründe gleichwohl keinen neuen Krankengeldanspruch. Die Radikulopathie stelle nämlich eine hinzugetretene Erkrankung zu den Erkrankungen dar, wegen derer der Kläger schon während der Zeit bis 30.09.2009 arbeitsunfähig gewesen sei. Das gehe aus Auszahlungsscheinen vom 07.08.2009 und 22.09.2009 hervor. Außerdem sprächen die von der Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen auch dagegen, dass die während des vorangegangenen Arbeitsunfähigkeitszeitraums bestehende psychische Erkrankung abgeklungen gewesen sei.

Auf das ihm am 13.11.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.12.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die zur Arbeitsunfähigkeit ab 16.10.2009 führende Erkrankung (Bandscheibenerkrankung) habe innerhalb der am 01.06.2007 beginnenden Blockfrist nicht vorgelegen und stelle daher eine hinzugetretene Erkrankung i. S. d § 48 Abs. 1 SGB V nicht dar. Er sei ab 02.12.2009 (Ende der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wegen der Arbeitsunfähigkeit ab 16.10.2009) ausschließlich wegen eines HWS-Syndroms arbeitsunfähig gewesen und nicht wegen etwaiger psychischer Erkrankungen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2010 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 02.12.2009 bis 27.02.2010 in Höhe von 75,30 EUR kalendertäglich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wie bereits im sozialgerichtlichen Verfahren dargelegt, ergebe sich aus der InfoNet-Abfrage für vergütete Arztleistungen, dass die von den behandelnden Ärzten des Klägers auf den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angegebenen Diagnosen nicht mit den Abrechnungsdiagnosen übereinstimmten. Insoweit sei von den Ärzten das Fortbestehen der psychischen Erkrankung des Klägers über den 28.11.2008 hinaus im Krankengeldverfahren offenbar verschwiegen worden.

Der Kläger hat noch das Attest des Dr. G. vom 05.02.2013 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der Kläger habe im Juni 2009 nicht an einen HWS-Syndrom gelitten. Demzufolge habe zu diesem Zeitpunkt auch Arbeitsunfähigkeit wegen der genannten Erkrankung nicht vorgelegen.

Die Beklagte hat mitgeteilt, während der streitigen Zeit betrage das Krankengeld kalendertäglich 73,50 EUR. Sie hat abschließend noch die AU-Bescheinigungen für den streitigen Zeitraum vorgelegt und die Auffassung vertreten, dass verschiedene Lücken zu verzeichnen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei für etwa 3 Monate begehrtem Krankengeld von kalendertäglich 73,50 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für die streitige Zeit (02.12.2009 bis 27.02.2010).

I. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V.

1.) Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.5.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -). Die aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherten, die im maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) stehen und einen Arbeitsplatz innehaben, sind arbeitsunfähig, wenn sie die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (vgl. näher auch § 2 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen sie nicht auf (gleichartige) Tätigkeiten verwiesen werden, die sie gesundheitlich noch ausüben könnten (jurisPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 56, 57 auch zum Sonderfall der Zuweisung einer gesundheitlich noch möglichen anderen Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber). Dem krankenversicherten Arbeitnehmer soll durch die Krankengeldgewährung nämlich die Möglichkeit offen gehalten werden, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit seine bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (BSG, Urt. v. 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R -).

Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).

Das Gesetz knüpft die Inanspruchnahme des Krankengeldes außerdem an die Erfüllung einer dem Versicherten auferlegten Meldeobliegenheit. Der gem. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 SGB V entstandene Leistungsanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nämlich, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherte muss außerdem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V hinweisen und diese vorlegen. Die Meldeobliegenheit ist vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes zu erfüllen, auch nach einer vorübergehend leistungsfreien Zeit, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn durchgängig fortbestanden hat (BSG, Urt. v. 8.2.2000, - B 1 KR 11/99 R -); gleiches gilt bei ununterbrochenem Leistungsbezug, wenn wegen der Befristung ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V) über die Weitergewährung von Krankengeld erneut zu befinden ist.

2.) Die Dauer des Krankengeldes ist in § 48 SGB V geregelt. Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens für 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate (1.) nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und (2.) erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (§ 48 Abs. 2 SGB V).

Die Begrenzung der Leistungsdauer des Krankengeldes nach Maßgabe des § 48 SGB V beruht auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt, bei dauerhaft eingetretener Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während die gesetzliche Krankenversicherung typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bei vorübergehenden, d. h. behandlungsfähigen Gesundheitsstörungen eintritt. Anreizen, das Krankengeld zweckwidrig als Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen, sollte dagegen entgegen gewirkt werden, wie sich z. B. auch an der Möglichkeit der Krankenkassen zeigt, bei dauerhaften gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen den Krankengeldbezug über § 51 SGB V zu beenden (so LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 26.09.2013, - L 1 KR 572/10 - unter Hinweis auf die Rspr. des BSG). Das Krankengeld hat auch beim Fehlen von Rentenansprüchen und -anwartschaften nicht die Funktion, dauerhafte Leistungsdefizite bzw. eine Erwerbsminderung finanziell abzusichern (BSG, Urt. v. 21.06.2011, - B 1 KR 15/10 R -). Die Regelungen des § 48 Abs. 1 SGB V zur Dauer des Krankengeldes sollen sicherstellen, dass die gesetzliche Höchstbezugsdauer bei Arbeitsunfähigkeit sowohl bei identischen Krankheiten als auch bei bestimmten unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten wird (BSG, Urt. v. 21.06.2011, - B 1 KR 15/10 R -).

§ 48 Abs. 1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen: Er stellt zunächst den Grundsatz der Krankengeldgewährung ohne zeitliche Begrenzung auf: Anspruch auf Krankengeld besteht danach ohne abstrakte zeitliche Begrenzung, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach der in § 48 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die Arbeitsunfähigkeit bedingt. Jede neue Krankheit löst hier eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V geregelt und ein der ersten gleichgestellter weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, nämlich dass während der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Krankheit hinzutritt. Weitere Ausnahmen sieht das SGB V nicht vor (so BSG, Urt. v. 21.06.2011, - B 1 KR 15/10 R -).

§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst vor allem die Fallgestaltung, dass bei einem komplexen Krankheitsgeschehen im Zeitablauf aufeinander folgende Erkrankungen auftreten oder von Anfang an mehrere Krankheiten vorliegen. Um "dieselben Krankheiten" handelt es sich im ersteren Fall, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die (aktuelle) Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist. Dies kann z. B. bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fall sein. Hierbei ist eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext des § 48 Abs. 1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt (vgl. etwa LSG Thüringen, Urt. v. 28.02.2012, - L 6 KR 285/08 - zu Wirbelsäulenkrankheiten). Die Leistungsbegrenzung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt auch für Versicherte, bei denen wegen des Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität bzw. Polypathie besteht. Denn in Bezug auf die Anspruchsdauer des Krankengelds behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren Krankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, nicht anders als denjenigen, bei dem "nur" ein einziges Leiden die Arbeitsunfähigkeit auslöst (so BSG, Urt. v. 21.06.2011, - B 1 KR 15/10 R -).

§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V stellt für die Begrenzung der Leistungsdauer die "hinzutretende" Krankheit "derselben" Krankheit i. S. d § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V rechtlich gleich. Das Hinzutreten einer weiteren Krankheit zu einer fortbestehenden und fortlaufend Arbeitsunfähigkeit verursachenden Erkrankung führt weder zur Entstehung eines gänzlich neuen Krankengeldanspruchs noch bewirkt es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten Krankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer. Ein "Hinzutreten während der Arbeitsunfähigkeit" i. S. von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V liegt unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie nach Sinn und Zweck der Regelung auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur AU führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit zugleich eine weitere Krankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V setzt deshalb nicht voraus, dass zwei Krankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender Arbeitsunfähigkeit in der Weise aufeinander treffen, dass eine zweite Krankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten Krankheit zeitlich nachfolgt (so BSG, Urt. v. 21.06.2011, - B 1 KR 15/10 R -). Da die weitere Krankheit während des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit infolge der ersten Krankheit hinzutreten muss, ist sie hinsichtlich der Dauer des Krankengeldes eigenständig zu beurteilen, wenn sie erst am Tage nach Beendigung der bisherigen Arbeitsunfähigkeit oder noch später auftritt (BSG, a. a. O.).

II. Davon ausgehend steht dem Kläger Krankengeld vom 02.12.2009 bis 27.02.2010 nicht zu. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger während der streitigen Zeit (mit Anspruch auf Krankengeld versichert) arbeitsunfähig i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V gewesen ist, also die an seinem Arbeitsplatz als Geschäftsführer bzw. Angestellter in der Gaststätte seiner Ehefrau gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht hat erfüllen können. Ob die Arbeitsunfähigkeit ärztlich lückenlos und ordnungsgemäß festgestellt worden ist und die für die streitige Zeit ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Beklagten rechtzeitig zugegangen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) sind, kann offenbleiben.

Der Kläger kann Krankengeld nicht (mehr) beanspruchen, weil der Leistungsanspruch während der maßgeblichen Blockfrist erschöpft ist.

Die für die Dauer der Krankengeldzahlung hier maßgebliche Blockfrist umfasst den Dreijahreszeitraum vom 01.06.2007 (Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit) bis 31.05.2010. Während dieser Zeit hat der Kläger für 78 Wochen und damit für die Höchstanspruchsdauer Krankengeld zunächst von der A. Baden-Württemberg und sodann von der Beklagten vom 01.08.2007 bis 27.11.2008 bezogen; das ist unter den Beteiligten ebenfalls nicht streitig. Mit der genannten Krankengeldzahlung ist der Leistungsanspruch des Klägers (während der genannten Blockfrist) erschöpft. Wegen der am 16.10.2009 von Dr. G. unter der Diagnose einer Radikulopathie (M 50.1 G bzw. Zervikobrachialgiesyndrom infolge Bandscheibenvorfall) bescheinigten Arbeitsunfähigkeit kann dem Kläger Krankengeld nicht mehr gezahlt werden.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist von derselben Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 auszugehen, wenn bei Versicherten wegen des Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität bzw. Polypathie besteht. Denn in Bezug auf die Anspruchsdauer des Krankengeldes behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren Krankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, nicht anders als denjenigen, bei dem nur ein einziges Leiden die Arbeitsunfähigkeit auslöst (BSG, Urt. v. 21.06.2011 - B 1 KR 15/10 R -). Handelt es sich um dieselbe Krankheits-Gesamtproblematik wie schon zuvor oder um einen Teil dieser ursprünglichen Problematik, muss auch dann von "derselben Erkrankung" ausgegangen werden, wenn die "Ausgangserkrankung" in einem Bündel nebeneinander vorhanden gewesener Krankheiten bestand. In diesem Fall teilt die wieder aufgetretene Erkrankung (im Sinne eines Minus) das rechtliche Schicksal der ursprünglichen Erkrankung (BSG, Urt. v. 08.11.2005 - B 1 KR 27/04 R).

Von einem solchen Nebeneinander verschiedener Leiden ist hier auszugehen. Beim Kläger liegt seit Langem eine Erkrankung der Halswirbelsäule vor, die in der Folge psychische Probleme hervorgerufen hat, die wiederum der Boden für die danach aufgetretenen Panikattacken waren. HWS-Beschwerden und psychische Erkrankungen traten während der gesamten Zeit seit Beginn der Blockfrist vom 01.06.2007 nebeneinander auf. Dies folgt für den Senat aus dem Attest des behandelnden Psychotherapeuten Dr. U. vom 17.03.2008. Darin wurde eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Panikstörung sowie Adipositas attestiert und mitgeteilt, der Kläger leide zusätzlich an Diabetes mellitus Typ II, Zervikalsyndrom und Bluthochdruck. Nach einem Treppensturz 10/1997 sei es zu einem chronifizierten Zervikalsyndrom mit dysfunktionaler Krankheitsverarbeitung gekommen. Es habe sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt, wobei krankheitsbezogene Ängste zunächst zu nächtlichen Panikattacken und schließlich auch zu Panikattacken tagsüber geführt hätten. Die frühere Psychotherapie habe zu einer weitgehenden Remission geführt, im Kontext der jetzt aufgetretenen Grunderkrankung (Diabetes mellitus Typ II) sei es zu einer erneuten Exacerbation der Schmerzsymptomatik und der Panikstörung gekommen. Auch Hausarzt Dr. G. hat das Zervikalsyndrom neben einer Erschöpfungsdepression als in einer Reha-Maßnahme behandlungsbedürftiges Leiden angesehen. Gleiches gilt auch für den Kläger, der damals wegen der psychischen Erkrankung arbeitsunfähig krank geschrieben war, aber das Zervikalsyndrom als in einer Reha behandlungsbedürftiges Leiden in seinem Antrag vom 17.03.2008 hervorhob (vgl. dazu Bl. 14 bis 22 Verwaltungsakte). Zu der selben Einschätzung kamen im Übrigen die Ärzte des MDK, die in den Gutachten vom 20.12.2007, 20.05.2008 und 12.09.2008 neben einer Angststörung und einer Erschöpfungsdepression auch ein Zervikalsyndrom diagnostizierten.

Bei den diagnostizierten Zervikalsyndromen und der von Dr. G. diagnostizierten Radikulopathie handelt es sich um dieselbe Erkrankung. Das nach dem Bandscheibenvorfall vom 17.06.2009 schließlich (wieder ab 16.10.2009, zuvor nach Angaben des Klägers für etwa 2 Wochen ab 01.10.2009 Wiederaufnahme der Arbeit in der Gaststätte der Ehefrau) zu Arbeitsunfähigkeit führende Zervikobrachialsyndrom ist Teil eines dauerhaften Krankheitsgeschehens, das wesentlich in einem degenerativ bedingten und sich typischerweise im Zeitverlauf verschlechternden Bandscheibenleiden der Halswirbelsäule - einem zervikalen Bandscheibenschaden (mit Radikulopathie - Diagnoseschlüssel M 50.1) - besteht und das sich im Zeitverlauf wiederkehrend in unterschiedlicher Symptomatik, hauptsächlich in einer Schmerzsymptomatik, aktualisieren kann. Das Auftreten eines durch die vorbestehende Bandscheibenerkrankung (Bandscheibenschaden) bedingten Bandscheibenvorfalls für sich allein stellt insoweit grundsätzlich kein Ereignis dar, das die Zuordnung der darauf beruhenden (Schmerz-)Symptomatik zu einer von der bisherigen (Bandscheiben-)Erkrankung verschiedenen und damit im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB V anderen Erkrankung rechtfertigen könnte.

Aber auch wenn der Kläger entsprechend seinem eigenen, (wie oben dargelegt unrichtigen) Vortrag das Krankengeld bis 27.11.2008 allein wegen einer anderen Erkrankung - seiner psychischen Erkrankung - und nicht auch wegen der Bandscheiben-Erkrankung bezogen hätte, könnte der Kläger nach der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine erneute Zahlung von Krankengeld nicht verlangen. Denn die Bandscheiben-Erkrankung, sollte sie als "neue" Erkrankung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V einzustufen sein, stellte jedenfalls eine "hinzugetretene" Erkrankung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V dar. Entsprechendes gilt für weitere Erkrankungen des Klägers, wie die chronische Sinusitis oder ein Karpaltunnelsyndrom, die in Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. G. (etwa vom 02.11.2009) angegeben sind. Denn die psychische Erkrankung hat auch nach dem 27.11.2008 durchgehend bis in den streitigen Zeitraum fortbestanden.

Der Kläger ist ab 01.06.2007 an einer psychischen Erkrankung, nämlich einer Erkrankung des depressiven Formenkreises - u.a. (Erschöpfungs-)Depression, Angst- bzw. Anpassungsstörung (Diagnoseschlüssel F 41.0 und F. 43.2) - erkrankt, was auch zu Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Das geht aus den dem Kläger ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. Auszahlungsscheinen des Arztes K. und den vorliegenden MDK-Gutachten hervor und ist unter den Beteiligten auch nicht streitig. Der Kläger hat deswegen in der maßgeblichen Blockfrist für 78 Wochen - bis 27.11.2008 - Krankengeld bezogen. Die psychische Erkrankung des Klägers hat über diesen Zeitpunkt hinaus aber fortbestanden und auch noch vorgelegen, als der Kläger - nach seinen Behauptungen - zunächst wegen Hypertonie arbeitsunfähig gewesen sein will und schließlich infolge des Bandscheibenvorfalls wegen der Bandscheiben- bzw. Radikulopathie-Erkrankung (ab 16.10.2009) arbeitsunfähig geworden ist. Das geht (insbesondere) aus dem MDK-Gutachten des Dr. L. vom 04.06.2009 überzeugend hervor. Dr. L. hat den Kläger untersucht und die vorliegenden Arztunterlagen ausgewertet. Er ist (wie schon zuvor das MDK-Gutachten vom 04.03.2009) schlüssig zu der Einschätzung gelangt, dass die bereits chronifizierte und auch das Fortbestehen von Erwerbsfähigkeit bedrohende psychische Erkrankung des Klägers nicht zum 28.11.2008 ausgeheilt sein kann. Auch der Arzt K. hat dem Kläger am 28.11.2008 einen Auszahlungsschein ausgestellt und darin die psychische Erkrankung des Klägers (mit den Diagnoseschlüsseln F 41.0 und F 43.2) als Diagnosen angegeben. Damit hat er das Fortbestehen der psychischen Erkrankung dokumentiert. Der Senat nimmt dem Kläger die gegenteiligen Behauptungen nicht ab. Die in der Folgezeit ausgestellten Arztatteste bzw. Auszahlungsscheine, insbesondere des Arztes K. (etwa vom 02.03.2009 (auf Wunsch des Klägers im Nachhinein korrigierter Auszahlungsschein zum Auszahlungsschein vom 28.11.2008), vom 19.03.2009 oder vom 20.07.2009), mit denen der Kläger sein Leistungsbegehren durchsetzen will, wertet der Senat angesichts der klaren und überzeugenden Erkenntnisse des MDK als (vom Kläger verlangte) Gefälligkeitsatteste zur Erwirkung eines in Wahrheit nicht bestehenden Leistungsanspruchs; das gilt auch für die Angaben des Arztes K. im für das Sozialgericht erstatteten Bericht vom 10.03.2011. Unterstrichen wird das dadurch, dass die psychische Erkrankung des Klägers regelmäßig pharmakologisch (mit dem Arzneimittel Lexotanil, sodann Bromazil bzw. Bromazepam) weiterbehandelt worden ist. Dr. L. hat das im MDK-Gutachten vom 04.06.2009 (ergänzt durch Telefonauskunft vom 16.06.2009 am Tag vor dem Bandscheibenvorfall des Klägers) ebenfalls schlüssig dargelegt. Die genannten Arzneimittel sind dem Kläger zwischen dem 22.11.2008 und dem 18.02.2010 (weiter-)verschrieben worden. Dass der Kläger Bromazepam (Anwendung zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen) bei zum 28.11.2008 angeblich ausgeheilter psychischer Erkrankung nur als Einschlafhilfe anstelle von dafür eigentlich indizierten Schlafmitteln einnehme, wertet der Senat als eine nach dem vorstehend Dargelegten nicht glaubhafte Schutzbehauptung. Schließlich bestätigen Eintragungen in der Patientenakte des Dr. G. und außerdem Abrechnungsunterlagen der Beklagten (InfoNet-Abfrage) über die Dr. G. und dem Arzt K. vergüteten Leistungen ebenfalls das Fortbestehen der psychischen Erkrankung des Klägers. So ist in der Patientenakte des Dr. G. unter dem 18.03.2009/30.04.2009 das Vorliegen einer Panikstörung (Diagnoseschlüssel F 41.0) vermerkt. Dr. G. und der Arzt K. haben für den Kläger von Januar 2009 bis Mitte Februar 2010 offensichtlich Behandlungsleistungen zur Therapie (u.a.) einer Panikstörung, Anpassungsstörung, Persönlichkeitsstörung und von psychischen Verhaltensstörungen erbracht und vergütet erhalten; das ist im einzelnen aus der von der Beklagten vorgelegten und inhaltlich nicht bestrittenen InfoNet-Abfrage zu entnehmen.

Nach alledem hat die psychische Erkrankung des Klägers, wegen der Krankengeld in der maßgeblichen Blockfrist bis zur Ausschöpfung der Höchstbezugszeit gewährt worden ist, weiterhin vorgelegen und Arbeitsunfähigkeit verursacht. Die jetzt zur Begründung eines weiteren Krankengeldanspruchs angeführten Erkrankungen - Bandscheiben-Erkrankung bzw. Karpaltunnelsyndrom oder Sinusitis (zuvor Hypertonie) waren bei Ausbruch der psychischen Erkrankung entweder schon vorhanden oder sind während der Arbeitsunfähigkeit infolge der psychischen Erkrankung zu dieser gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinzugetreten und können die Leistungsdauer daher nicht verlängern. Unerheblich ist hierfür, ob der Kläger - wie er behauptet - tatsächlich (für etwa 2 Wochen) vom 01.10.2009 bis 16.10.2009 wieder in der Gaststätte seiner Ehefrau gearbeitet hat. Deswegen kann nicht angenommen werden, die durch die chronifizierte psychische Erkrankung bedingte Arbeitsunfähigkeit wäre zum 30.09.2009 weggefallen. Die Voraussetzungen für das Wiederaufleben eines Krankengeldanspruchs nach § 48 Abs. 2 SGB V sind ersichtlich nicht erfüllt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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