L 19 AS 873/13 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 AS 2750/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 873/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 01.03.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Nichtzulassungsbeschwerde betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes für in Bedarfsgemeinschaft lebende unter 25-jährige Hilfebedürftige für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis zum 30.11.2011.

Der am 00.00.1990 geborene Kläger war im Jahr 2011 Schüler einer weiterführenden Schule und bezog in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 27.05.2011 für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis zum 30.11.2011 unter Ansatz eines Regelbedarfs nach § 20 SGB II i.H.v. jeweils 328,00 EUR monatlich für die Eltern des Klägers und für den Kläger i.H.v. 291,00 EUR monatlich bewilligt wurden.

Den mit der Annahme einer Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes für den Kläger erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 14.06.2011 zurück. Am 18.07.2011 haben die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diese Klage hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 11.10.2011 abgelehnt. Die gegen diesen Beschluss im Namen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Verfahren L 19 AS 2086/11 B erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 12.07.2012 bezüglich der Eltern des Klägers zurückgewiesen, weil der ausschließlich wegen der Höhe des dem Kläger bewilligten Regelsatzes angefochtene Bescheid vom 27.05.2011 bezüglich der die Eltern betreffenden Regelung bestandskräftig geworden ist. Bezüglich des Klägers zu hat der Senat der Beschwerde stattgegeben und dem Kläger ab dem 29.07.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und seine Bevollmächtigte beigeordnet. Zwar bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der gesetzlich geregelten Regelbedarfe für die Zeit ab dem 01.01.2011. Im Hinblick auf die anhaltende Auseinandersetzung bezüglich der Höhe der Regelsätze und die fehlende höchstrichterliche Klärung habe der Kläger jedoch Anspruch auf gerichtliche Überprüfung.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.03.2013 (nach Anhörung der Beteiligten) hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zur Höhe der Regelsätze ab dem 01.01.2011 (BSG Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R) die Klage der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft abgewiesen, ohne die Berufung zuzulassen. Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem am 06.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die zunächst im Namen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft eingelegte, später auf den Kläger beschränkte Nichtzulassungsbeschwerde, für deren Durchführung Prozesskostenhilfe beantragt worden ist. Der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung. Die Festsetzung eines Regelsatzes i.H.v. 80 % des Regelsatzes für alleinstehende volljährige Personen sei mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz unvereinbar und nicht bedarfsdeckend. Es fehle an einer realitätsnahen Ermittlung des Regelsatzes für ein Bedarfsgemeinschaftsmitglied wie den Kläger. Sein altersentsprechenderer und spezifischer Bedarf insbesondere als Schüler bleibe unberücksichtigt. Ein sachlicher Grund, dem Kläger zu 3) lediglich 80 % des Regelbedarfs für eine alleinstehende Person zuzubilligen, bestehe nicht. Es sei nicht ersichtlich, in welcher Höhe bei einem Zusammenleben von mehreren erwachsenen Personen ein Einspareffekt auftrete.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt. Begehrt der Kläger die Differenz der bewilligten Leistungen (291,00 EUR monatlich) zum Regelsatz volljähriger Partner, die in Bedarfsgemeinschaft leben (328,00 EUR), beträgt der Wert der Beschwer für die sechs Monate des streitigen Zeitraums 222,00 EUR. Auch wenn angenommen werden sollte, dass die Differenz zum vollen Regelsatz für alleinstehende Erwachsene (364,00 EUR) geltend gemacht wird, wird die Schwelle für die zulassungsfreie Berufung nicht erreicht; der Wert der Beschwer beträgt dann 438,00 EUR.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil ein Zulassungsgrund nicht gegeben ist.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 Rn. 28 f. m.w.N.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (ständige Rechtsprechung z.B. BSG Beschluss vom 15.09.1997 - 9 BvG 6/97 zum gleichlautenden § 160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.

Die Beschwerde misst der Frage, in welcher Höhe der Regelbedarf für haushaltsangehörige 18 bis 25-jährige Kinder zu bemessen ist ("Regelbedarfsstufe 3"), grundsätzliche Bedeutung vor dem Hintergrund bei, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der Regelbedarfsstufe 3 ab dem 01.01.2011 nicht auf tragfähige empirische Grundlagen zurückgreifen konnte.

Zweifel bestehen bereits an der Klärungsfähigkeit der Frage, ob bei der Bemessung der Regelbedarfsstufe 3 im Falle des Klägers das verfassungsrechtlich zu sichernde Existenzminimum unterschritten wird. Denn der Kläger sieht sich nicht in der Lage (vgl. Schriftsatz vom 13.02.2014), seinen Bedarf, insbesondere den sich aus seiner Schulausbildung ergebenden Sonderbedarf zu beziffern. Eine isolierte Betrachtung der Höhe des Regelbedarfs ohne Berücksichtigung der Bedarfe für Bildung und Teilhabe ist jedoch bei Personengruppen, die diese Bedarfe geltend machen können, ab dem 01.01.2011 nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht (mehr)möglich. Bei der Bemessung der Leistungshöhe ab 2011 hat der Gesetzgeber eine isolierte Erfassung der Bedarfe von Kindern auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichproben nicht als gangbaren Weg angesehen, vielmehr auf die Auswertung von Paarhaushalten mit einem Kind und die Anwendung eines bereits zuvor vorhandenen Verteilungsschlüssels zurückgegriffen (zum Verteilungsschlüssel im Einzelnen BT-Drs. 17/3404, S. 65 f.). Daneben hat er Bedarfe für Bildung und Teilhabe insbesondere für Schulkinder nicht in den Regelbedarf einfließen lassen, sondern in § 28 SGB II als eigenständige Leistung ausgestaltet (BT-Drs. 17/3404, S. 42 f.). In der Konsequenz dieses gesetzgeberischen Vorgehens liegt es nach der Rechtsprechung des BSG (BSG Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 131/11 R zur Altersgruppe der bis 14-Jährigen), dass die Prüfung der verfassungsmäßigen Höhe des Regelbedarfs bei nach § 28 SGB II (dem Grunde nach) anspruchsberechtigten Kindern nicht mehr isoliert und allein bezogen auf den Regelsatz nach § 20 SGB II vorgenommen werden kann, sondern in eine Gesamtschau der nach § 20 SGB II und § 28 SGB II vorhandenen Bedarfe mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln einzutreten ist. Die Bedarfe für Bildung und Teilhabe stellen also nicht lediglich über den grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf hinausgehende Leistungen an Kinder und Jugendliche dar. Sie sind vielmehr Teil des grundsicherungsrelevanten Bedarfs, den der Gesetzgeber zu decken hat. Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II sind daher zur Verfügung stehenden Leistungen für Bildung und Teilhabe unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie im konkreten Fall beantragt worden sind (BSG Urteil vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R, Rn. 44 f. zu einer Bedarfsgemeinschaft mit einem zweijährigen Kind).

Dies gilt gleichermaßen für die Personengruppe der 18 bis 25-jährigen Schüler, der auch der Kläger angehört. Mit dem Einwand, er stelle auch den Regelbedarf unabhängig von seiner sozialen Situation als Schüler zur Prüfung, kann der Kläger nicht gehört werden, weil er nur die Prüfung eigener Rechte verlangen kann. Bei unveränderter Erkenntnislage erscheint die Prüfung der verfassungsmäßigen Höhe der dem Kläger zur Verfügung stehenden Grundsicherungsleistungen daher bereits im Sinne fehlender Klärungsfähigkeit der gestellten Rechtsfrage ausgeschlossen.

Dennoch weist die gestellte Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung auf, weil sie mit Hilfe der gesetzlichen Regelung unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist.

Mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 war dem Gesetzgeber die Ermittlung des Anspruchsumfangs der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung aller existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren u.a. "auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren" aufgefordert worden.

Tatsächlich stand dem Gesetzgeber - anhand der Gesetzgebungsmaterialien nachweisbar - valides statistisches Material speziell zu den Bedarfen der von der Regelbedarfsstufe 3 erfassten Personengruppe nicht (rechtzeitig zur auferlegten Neuregelung ab dem 01.01.2011) zur Verfügung. Insoweit haben auch keine Ermittlungen stattgefunden zu der Frage in welcher Höhe beim Zusammenleben von mehreren erwachsenen Personen ein Einspareffekt auftritt. Der Gesetzgeber hat dies damit begründet, dass eine statistische Ermittlung der Regelbedarfe von Erwachsenen, die in einer Mehrpersonen-Konstellation in einem Haushalt leben, auf der Grundlage einer Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aufgrund der zur Verfügung stehenden Kürze der Zeit mangels einer verfügbaren Konzeption innerhalb des laufenden Gesetzgebungsverfahrens nicht möglich gewesen ist (BT-Drs. 17/4095, S. 27). Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 2 Nr. 3 RBEG lediglich festgelegt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Deutschen Bundestag bis zum 1. Juli 2013 in einem Bericht Vorschläge zu unterbreiten hatte für die Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben von Erwachsenen, die in einem Mehrpersonen-Haushalt leben als Grundlage für die Ermittlung von Regelbedarfen und die danach vorzunehmende Bestimmung von Regelbedarfsstufen. Dieser Umstand hat Anlass zu kritischen Äußerungen in Kommentierung und Literatur geboten (vgl. u.a. Behrend in jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, Stand 31.12.2013 § 20 Rn. 91; Lenze in LPK SGB II, 5. Aufl., § 20 Rn. 31; Münder SozSich Extra 2011, S. 63 f., 83; Saitzek in Eicher SGB II, 3. Aufl, § 20 Rn.27; vgl. auch SG Detmold Urteil vom 23.05.2013 - S 16 SO27/13).

Geklärt sind die verfassungsgemäße Bemessung des Regelsatzes für alleinstehende Erwachsene ab dem 01.01.2011 als Bezugspunkt der hier zu prüfenden Regelung (a), die Zulässigkeit der Grundannahme des Gesetzgebers, dass bei Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft Einsparungen und Synergien auftreten, die bei der Bemessung der Regelsätze berücksichtigt werden dürfen (b) sowie die absolute Höhe der zulässigerweise unterstellten Einsparung bei von Bedarfsgemeinschaft angehörenden Volljährigen unter 25-Jährigen (c). Eine unzulässige Ungleichbehandlung besteht hinsichtlich der insgesamt zur Verfügung stehenden Leistungen weder im Verhältnis zu einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebender Erwachsener noch im Verhältnis zu über 25-Jährigen (d). Zu Unrecht nimmt die Beschwerde schließlich an, der Gesetzgeber habe es pflichtwidrig unterlassen, bei der Bemessung der Regelbedarfsstufe 3 schülerspezifische Bedarfe zu berücksichtigen (e).

a) Die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende nach dem SGB II ab dem 01.01.2011 als Bezugspunkt der zu prüfenden Festsetzung der Leistungen nach Regelbedarfsstufe 3 beim Kläger ist nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden (BSG Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R). Die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Beschluss vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12). Auch für die Konstellation zusammenlebender erwachsener Ehepartner mit einem Kind bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres hat das BSG verfassungsrechtliche Bedenken nicht geäußert (BSG Urteil vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R; Az. des BVerfG 1 BvR 1691/13).

b) Der Gesichtspunkt wirtschaftlicher Einsparungen des Einzelnen in einer Bedarfsgemeinschaft ist Grundgedanke der Rechtsfigur selbst und wird - soweit ersichtlich - nicht (dem Grunde nach) in Frage gestellt. Der Gesetzgeber nimmt insoweit an, dass bei gemeinschaftlichem Wirtschaften mehrerer erwachsener Personen in einem Haushalt jedenfalls diejenigen Verbrauchsausgaben, die mit der Führung des Haushalts verbunden sind (haushaltsgebundene Verbrauchsangaben) wie z.B. die Ausgaben für Strom, Wohnungsausstattung und Kommunikationsausstattung, nicht proportional mit der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen steigen, sondern Einsparungen aufgrund der gemeinsamen Haushaltsführung zu berücksichtigen sind. Dies habe zur Folge, dass der zusätzliche Bedarf eines Haushalts, der durch ein hinzukommende erwachsene Person per Saldo entsteht, niedriger sein müsse als der Bedarf einer alleinstehenden Person (BT-Drs. 17/4095, S. 40). Speziell für die der Regelbedarfsstufe 3 unterfallende Altersgruppe hat der Gesetzgeber darüber hinaus angenommen, dass die weitere erwachsene Person sich die vorhandene Ausstattung und Einrichtung der Wohnung mit den anderen Personen im Haushalt weitestgehend teile, sich an den für Anschaffungen, Wartung usw. entstehenden Kosten jedoch nicht oder nur teilweise beteilige. Im Ergebnis trügen die übrigen oder die übrigen erwachsenen Personen weit überwiegend die Kosten der Haushaltsführung (BT-Drs. 17/4095, S. 40, vgl. Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2013 - L 9 SO 40/13 Rn. 41). Durchgreifende Bedenken gegen diese plausible Annahme werden mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend gemacht.

c) Auch die Höhe der vom Gesetzgeber bei Nutzung seines Gestaltungsspielraumes zulässigerweise zu unterstellenden Einsparungen beim Zusammenleben mehrerer Personen in einer Bedarfsgemeinschaft ist geklärt. Der Gesetzgeber dann - verfassungsrechtlich unbeanstandet - zugrundelegen, dass beim Zusammenleben zweier Erwachsener der Mindestbedarf des Einzelnen sich um 10 % verringert und der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft 180 % des vollen (doppelten) Regelsatzes beträgt. Bei dieser Festlegung kann sich der Gesetzgeber auf eine ausreichende empirische Grundlage stützen. Der Betrag beruht auf der modifizierten Differenzrechnung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, die der Regelung des § 2 Abs. 3 Regelsatzverordnung 1990 zugrundelag. Der Deutsche Verein hat diesen Wert ermittelt, indem er als Referenzgruppe Ehegatten ohne Kinder mit einem verfügbaren Nettoeinkommen über der Sozialhilfeschwelle gewählt und für sie den regelleistungsrelevanten Verbrauch entsprechend dem Verfahren wie bei einem Alleinstehenden bestimmt und anschließend die Differenz zwischen den Beträgen für Ehegatten und für Alleinstehende gebildet hat (BVerfG Urteil vom 09.02.2010 a.a.O., Rn. 189; Behrend a.a.O., Rn. 57).

Die sonach zulässigerweise zu unterstellende Einsparung von 20 % beim Zusammenleben von zwei Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund der Synergieeffekte des gemeinsam genutzten Haushalts wird auch dann umgesetzt, wenn der erwachsene Haushaltsangehörige die volle Regelleistung und das volljährige, jedoch wegen Nichtvollendung des 25. Lebensjahres noch der Bedarfsgemeinschaft angehörende Kind 80 % dieser Regelleistung erhält. Auch für diese Konstellation (entschieden für das Zusammenleben eines 21-jährigen Leistungsberechtigten mit seinem wegen Erwerbsunfähigkeit Rente beziehenden Vaters) hat das BSG keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R, Rn. 13 f.), sondern ausgeführt "insbesondere bestehen auch keine (verfassungs-) rechtlichen Probleme, weil dem Kläger zu 1) lediglich eine Regelleistung i.H.v. 80 v.H. zuerkannt wurde. Es ist kein rechtlicher Ansatzpunkt erkennbar, nach dem der Kläger zu 1) wie ein Alleinstehender gem. § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II behandelt werden könnte mit der Konsequenz, dass ihm eine Regelleistung i.H.v. 100 v.H. zustehen würde. Der Kläger soll vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers des SGB II. gerade keine "eigene" Bedarfsgemeinschaft für sich bilden (siehe auch zur Zulässigkeit von normativ typisierend unterstellten Kosten einer Haushaltsersparnis BSG Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 R)."

d) Ein Gleichheitsverstoß im Verhältnis zu einer Bedarfsgemeinschaft zweier Erwachsener, die je 90 % der vollen Regelleistung erhalten, liegt nicht vor. Das Differenzierungskriterium liegt - wie dargelegt - in der typisierenden, nicht zu beanstandenden Unterstellung des Gesetzgebers, dass das volljährige haushaltsangehörige Kind, dessen Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft wegen Nichtvollendung des 25. Lebensjahres unterstellt wird, von Synergieeffekten aufgrund des gemeinsamen Haushalts profitiert, ohne sich an dessen Gemeinkosten in gleicher Weise zu beteiligen wie der volljährige haushaltsangehörige Erwachsene. Da für ab 25-jährige haushaltsangehörige Kinder nach dem Willen des Gesetzgebers (ein erhöhtes Maß an Eigenverantwortung und wirtschaftliche Beweglichkeit anzuerkennen ist und diese daher nicht mehr der Bedarfsgemeinschaft angehören, gilt diese Überlegung - typisierend - nicht für diese Personengruppe, weshalb im Verhältnis zu dieser Vergleichsgruppe kein Gleichheitsverstoß vorliegt (hierzu näher LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 16.01.2014 - L 9 SO 40/13).

e) Zu Unrecht rügt die Beschwerde, der schülerspezifische Bedarf des Klägers werde durch die Gewährung von Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 ignoriert. Denn in diese Betrachtung sind - wie dargelegt - die nach § 28 SGB II (dem Grunde nach) zustehenden Teilhabeleistungen einzubeziehen. Diese stehen auch der Personengruppe der 18 bis 25-jährigen Schüler zu, der auch der Kläger angehört. Als Schüler einer allgemeinbildenden Schule vor Vollendung seines 25. Lebensjahres ist dem Kläger der Zugang zu sämtlichen Leistungen nach § 28 SGB II zur Deckung der Bedarfe für Bildung und Teilhabe eröffnet (§ 28 Abs. 1 S. 2 SGB II). Insoweit geht die Argumentation der Beschwerde in zweierlei Hinsicht fehl: Weder hat der Gesetzgeber den Ausbildungsbedarf als Bemessungsfaktor der insgesamt zur Verfügung zu stellenden Leistungen ignoriert, noch liegt eine mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbare Ungleichbehandlung im Verhältnis zur Vergleichsgruppe der über 25-jährigen Schüler vor. Denn diese erhalten zwar einen höheren Regelsatz im Rahmen von § 20 SGB II, sind jedoch von Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II ausgeschlossen.

2. Es liegt keine Divergenz i.S.d. Zulassungsgrundes nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Dies ist nur der Fall, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die diese Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen hat. Im angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht keine in diesem Sinne abweichenden Rechtssätze aufgestellt oder angewendet.

3. Verfahrensfehler i.S.d. Zulassungsgrundes nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG sind weder gerügt worden noch ersichtlich.

Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts rechtskräftig, §§ 105 Abs. 1 S. 3, 145 Abs. 4 S. 4 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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