Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 23 U 428/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 42/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.11.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von mehr als 48.000 DM, die sie für die Lebensrettung ihrer Tochter aufgewendet habe.
Am 21.09.1995 trug die Klägerin dem Beklagten vor, ihre Tochter habe am 18.06.1992 auf einer Urlaubsreise in Monastir, Tunesien, einen schweren Verkehrsunfall erlitten, und sei in eine Klinik in Monastir eingeliefert worden, wo multiple Verletzungen, u.a. eine schwere Kopfverletzung, sowie eine Femurfraktur und eine Humerusfraktur diagnostiziert worden seien. Wegen der in der tunesischen Klinik bestehenden medizinischen Unterversorgung habe sie voraussichtlich nur noch wenige Tage zu leben gehabt. In der Zeit vom 22. bis 25.06.1992, in der die Transportfähigkeit abgeklärt worden sei, habe sich der Gesundheitszustand so rapide verschlechtert, dass wegen des eingetretenen Komas statt des zunächst vorgesehenen Rücktransports mit einer Linienmaschine umgehend eine Blitzabholung organisiert habe werden müssen. Die Rettungsaktion sei nur durch den Einsatz eines Bekannten möglich gewesen, der zusammen mit seiner französisch sprechenden Ehefrau und der Klägerin nach Monastir gereist sei, um den Aufenthaltsort der Tochter der Klägerin in Erfahrung zu bringen. Als die Tochter nach einer umfangreichen Suchaktion in dem Krankenhaus in Monatsir habe gefunden werden können, habe sie bereits im Koma gelegen und ihre Mutter nicht mehr erkennen können. Die notwendigen finanziellen Mittel für die gesamte Aktion habe der Bekannte unter Zuhilfenahme seiner Kreditkartenorganisation verauslagt und von der Klägerin abzüglich einer Bergungskostenversicherung über 5.000 DM erstattet erhalten. Dem Antrag waren entsprechende Rechnungen des Bekannten und deren Geltendmachung gegenüber der "Familie S." am 11.01.1993 beigefügt. Beigefügt war auch ein Schreiben eines Dr.S. , Köln, M. S. International, an eine E.-Assistance in München. Das Schreiben war mit einem Aktenzeichen versehen, betraf die Tochter der Klägerin und führte als Gesprächspartner eine Frau Dr.B. (Anästhesistin auf Intensivstation) an. Genannt ist der Unfall vom 18.06.1992 "mit Femurfraktur links mit Extension versorgt, Humerusfraktur links mit Gips versorgt und Commotio cerebri". Die Frakturen seien beide geschlossen, es bestünden keine Durchblutungsstörungen bzw. Sensibilitätsstörungen, über den Frakturtyp habe keine nähere Auskunft erlangt werden können, jedoch stünden beide Frakturen wohl zur operativen Versorgung an. Bezüglich des Schädel-Hirntraumas sei die Patientin beschwerdefrei, das CT des Schädels habe keine pathologischen Besonderheiten ergeben. Der Kreislauf sei stabil, der Allgemeinzustand unauffällig, es bestünden keine Organkomplikationen. Unter dem Stichpunkt "Transportsituation" ist ausgeführt, die anstehenden Operationen sollten bis spätestens 10 Tage nach Unfall in Deutschland durchgeführt werden, sofern die Patientin hier zuhause sei. Die Entscheidung über die Transportfähigkeit solle am folgenden Tag mit dem Chirurgen Prof.T. geklärt werden. Eine Linienflugtauglichkeit sei gegeben, man könne von einer Unterversorgung ausgehen. Ein neues Arztgespräch sei am 23.06.1992 mit Prof.T. vorgesehen. Das Schreiben trägt einen Faxübermittlungsvermerk vom 22.06.1992 17:40 Uhr. Am 25.06.1992 wurde die Tochter der Klägerin mittels Ambulanzflugzeug nach München transportiert. Nach dem vom SG beigezogenen Überwachungsprotokoll war die Tochter der Klägerin somnolent, ansonsten stabil und wurde mit Ruhigstellung, Speziallagerung und Sedierung behandelt. Nach den ebenfalls vom SG beigezogenen Unterlagen des Klinikums Großhadern wurde die Tochter der Klägerin dort am 29.06.1992 wegen einer Oberschenkelschaftfraktur links und einer Oberarmschaftfraktur links operiert. Nach den Arztberichten hatte sie sich bei dem Unfall auch ein Schädel-Hirntrauma Grad 2 zugezogen. Das CT des Schädels vom 25.06.1992 habe ausgedehnte Kontusionsherde beidseits frontal gezeigt, z.T. mit Einblutung und Ödem. Therapeutische Maßnahmen bezüglich dieser Verletzung sind weder den Arztbriefen noch den Behandlungsunterlagen zu entnehmen. Nach dem Aufnahmeblatt der Klinik hatte diese am 23.06.1992 eine Verlegungsmeldung erhalten. Gegenüber dem SG hat Dr.S. ausgeführt, seine Auffassung, es sei von einer medizinischen Unterversorgung auszugehen, beruhe auf Übermittlung von medizinischen Detailparametern während der Beratung mit den vor Ort behandelnden ärztlichen Kollegen. Originalunterlagen habe er nicht.
Mit Bescheid vom 06.10.1995 lehnte der Beklagte die begehrte Leistung ab und wies den anschließenden Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.1996 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und zunächst nur die Aufhebung des Verwaltungsaktes beantragt. Später hat sie einen bezifferten Erstattungsantrag gestellt und vorgetragen, sie habe, nachdem sie vom Verkehrsunfall ihrer Tochter erfahren habe, sich sofort bereit erklärt, die Kosten für die Suche und die notwendigen Behandlungen zu übernehmen. Da von Deutschland aus fast keine Informationen über die Art der Verletzungen, den genauen Aufenthaltsort und das beabsichtigte weitere Vorgehen der tunesischen Ärzte und die Überlebenschancen zu erhalten gewesen seien, habe sie Herrn S. veranlasst, sich auf den Weg nach Tunesien zu machen. Begleitet hätten ihn ihr Bekannter und dessen Ehefrau, die ständig gedolmetscht habe. Die Verletzte habe nach einer umfangreichen Suchaktion endlich im Krankenhaus in Monastir aufgefunden werden können, wo sie zu diesem Zeitpunkt bereits im Koma gelegen habe und sich ihr Zustand zusehends verschlechtert habe. Bei der Intensivstation habe es sich um ein eher erbärmliches Zimmer gehandelt. Die Frau des Bekannten habe in Erfahrung gebracht, dass trotz des sich verschlechternden Zustandes keine weitere Behandlung der Patientin - abgesehen von Ruhigstellung - beabsichtigt gewesen sei. Aus der Ferndiagnose des Dr.S. habe sich die zwingende Notwendigkeit ergeben, die schwer Verletzte zur anstehenden Versorgung nach Deutschland zurückzubringen, da in der tunesischen Klinik offensichtlich keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten.
Mit Urteil vom 05.11.1999 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Da die Klägerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in München gehabt habe, sei die Beigeladene der zuständige Versicherungsträger. Eine unter Versicherungsschutz stehende Rettungshandlung im Sinne von § 539 Abs.1 Nr.9a RVO sei jedoch nicht gegeben. Der Unglücksfall der Tochter am 18.06.1992 sei mit der Behandlung im Krankenhaus und der damit spätestens sichergestellten ärztlichen Behandlung abgeschlossen gewesen. Zwar sei nach dem einzig vorliegenden Krankheitsbericht von einer Unterversorgung auszugehen, jedoch sei das Krankenhaus mit ärztlichem Personal ausgerüstet gewesen und habe auch über einen Chirurgen verfügt, der in der Lage gewesen sei, die Verletzungen zu beurteilen und zu behandeln. Allmählich sich entwickelnde Zustände, wie sie die Klägerin bei ihrer Tochter beschreibe, fielen mangels Plötzlichkeit nicht unter den Begriff des Unglückfalles.
Versichert seien auch Personen, die einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen. Dieser Versicherungsschutz stehe in einer Wechselbeziehung zur strafrechtlichen Verfolgung der unterlassenen Hilfeleistung. Dementsprechend sei bei der Auslegung darauf abzustellen, ob ein wesentlicher Zusammenhang mit dem strafrechtlich geschützten öffentlichen Interesse bestehe. Die Pflicht zur Hilfeleistung im Sinne des § 330c StGB entfalle regelmäßig, wenn eine Gewähr für eine anderweitige Hilfeleistung gegeben sei. Dies begrenze auch den Versicherungsschutz nach § 539 Abs.1 Nr.9a RVO. Für die verunglückte Tochter der Klägerin habe ärztliche Hilfeleistung in dem tunesischen Krankenhaus bestanden. Die diagnostischen Mittel seien ausreichend gegeben gewesen, eine intensivmedizinische Versorgung sei möglich gewesen und es habe chirurgischer Beistand bestanden.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.11.1999 und den Bescheid des Beklagten vom 06.10.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1996 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, an die Klägerin 48.756,08 DM zu zahlen.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Vor der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin Angaben ihres Ehemannes über den Unfall seiner Tochter "vom 17.06.1992" vorgelegt. Danach habe er am 21.06.1992 den Anruf einer Freundin seiner Tochter erhalten, mit der Nachricht, dass diese einen schweren Motoradunfall gehabt habe. Er habe gewusst, dass er etwas unternehmen müsse. Da er weder die englische noch die französische Sprache beherrsche, habe er Frau und Herrn K. gebeten, ihn zu begleiten. Sie seien am 23.06. in Tunesien angekommen und sofort nach dem Eintreffen zu seiner Tochter ins Krankenhaus gefahren. Sie hätten nicht glauben können, dass dies ein Krankenhaus sei. Alles sei schmutzig, voller Ungeziefer gewesen, ein Wirrwarr von Menschen, teilweise hätten Türen gefehlt und man habe nirgends einen finden können, der einem Arzt oder Pfleger ähnlich gesehen habe. In dem Zimmer hätten insgesamt ca. 12 bis 15 Menschen gelegen, davon vier bis fünf auf dem bloßen Boden, regungslos und mit einem weißen Laken bis über den Kopf bedeckt. Das Zimmer sei voller Fliegen und Ungeziefer gewesen, ein unbeschreiblicher Gestank habe geherrscht und unerträgliche Hitze. Die Tochter habe regungslos und sehr blass an einem Tropf gehangen. Sie habe nach mehrmaligem Ansprechen weder ihre Augen geöffnet, noch weiter reagiert. Er selbst habe im Krankenhaus vergeblich nach Wasser gesucht. Erst am nächsten Tag sei ein zuständiger Arzt gekommen und habe sich als Doktor T. vorgestellt. Er habe einen weißen, verdreckten Kittel angehabt, seine Nägel seien lang gewesen und es sei deutlich viel Dreck unter ihnen zu sehen gewesen. Er habe erklärt, dass der Zustand seiner Tochter sehr kritisch sei. Sie, d.h. der Vater und seine Bekannten, hätten die Tochter nach Deutschland bringen müssen, da in Tunesien für sie keinerlei Überlebenschancen bestanden hätten. Dr.T. habe ihnen gesagt, das Risiko der Beförderung mit einem normalen Flugzeug sei zu groß, da der Zustand sehr instabil sei und das Risiko zu groß, um zu überlegen. Die Bekannten hätten mit Deutschland telefoniert und sich um die Organisation eines Spezialflugzeuges gekümmert.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akte der Beklagten und die Akte des SG München in dem vorangegangen Klageverfahren sowie die Krankenakten des Klinikums Großhadern über die stationären Aufenthalte der Tochter der Klägerin. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen hat, weil sie weder bei einem Unglücksfall Hilfe geleistet hat noch es unternommen hat, ihre Tochter aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den Vorschriften der RVO, weil der für den Versicherungsschutz geltend gemachte Sachverhalt vor dem 01.01.1997 eingetreten ist (§ 212 SGB VII).
Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Das Sozialgericht hat zu Recht zwischen dem Verkehrsunfall und der späteren Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse der Tochter der Klägerin differenziert. Der Verkehrsunfall selbst und die im Hinblick darauf möglichen Hilfeleistungen waren mit der Einlieferung der Verletzten im Krankenhaus und der ärztlichen Versorgung abgeschlossen, soweit es die hierfür streitigen Aufwendungen zur Hilfeleistung betrifft. Insoweit hat die Klägerin weder eine Rettungshandlung unternommen noch macht sie den Ersatz von entsprechenden Aufwendungen geltend.
Auch für die späteren Maßnahmen steht der Klägerin kein Aufwendungsersatz zu. Die nach § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO i.V.m. § 765 a Abs.1 RVO erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Danach sind, soweit es den vorliegenden Fall betrifft, in der Unfallversicherung auch Personen versichert, die einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen. Diesen versicherten Personen werden auch die Aufwendungen ersetzt, die sie den Umständen nach zur Hilfeleistung für erforderlich halten durften. Letztere Regelung soll gewährleisten, dass Nothelfer, die zum Zwecke der Hilfeleistung gemachten Aufwendungen ersetzt erhalten, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellen. Bei den Aufwendungen kommt es darauf an, inwieweit sie der Nothelfer nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Dies ist jedoch nicht engherzig, sondern unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Notsituation zu beurteilen (Bundesratsdrucksache 352/74 S.17). Danach kommt als versicherte Person mit Anspruch auf Aufwendungsersatz nur jemand in Betracht, der selbst die Hilfeleistung unternimmt, mit der er sich der in § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO abgesicherten Unfallgefahr aussetzt. Ausweislich seines Wortlautes regelt § 765 a Abs.1 RVO keinen bloßen Aufwendungsersatz losgelöst von der in § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO dem Versicherungsschutz unterliegenden Tätigkeit. Das bloße Begleichen der von anderen Hilfeleistenden getätigten Geldausgaben begründet danach noch keinen Ersatzanspruch nach § 765 a Abs.1 RVO. Dies gilt auch für eine Kostenübernahmeerklärung, aufgrund deren andere als Hilfeleistende tätig werden. Nach den im Vergleich zum Erstattungsantrag nunmehr korrigierten Angaben hat nicht die Klägerin die versicherte Hilfeleistung erbracht, sondern ihr Ehemann und Vater ihrer Tochter zusammen mit zwei Bekannten. Eine zu diesem Zeitpunkt möglicherweise erklärte Bereitschaft zur Erstattung der Aufwendungen, die den Hilfeleistenden entstehen würden, begründet jedoch noch keinen Anspruch nach § 765 a Abs.1 RVO.
Der von der Klägerin begehrte Anspruch besteht jedoch auch dann nicht, wenn der Versicherungssschutz des § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO i.V.m. § 765 a Abs.1 RVO auch die bloße Kostenübernahme erfasst. Die Tochter der Klägerin hat sich nämlich nicht in einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Körper oder Gesundheit befunden. Weder den Äußerungen des Dr.S. noch den von ihm wiedergegebenen Äußerungen der tunesischen Ärzte oder den Behandlungsunterlagen des Klinikums Großhadern ist zu entnehmen, dass jemals eine solche Gefahr bestanden hätte. Wegen der in Tunesien bereits provisorisch versorgten und in Deutschland erst einige Tage später operierten Knochenbrüche stand dergleichen niemals im Raum. Wegen des Zustandes nach Kopfverletzung gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass die Behandlung bzw. die Behandlungsmöglichkeiten in Tunesien insuffizient gewesen wären. Etwas anderes als eine Ruhigstellung ist auch beim Ambulanzflug und in der nachfolgenden Behandlung in Deutschland nicht geschehen.
Zwar reicht es, wie das Sozialgericht bereits näher ausgeführt hat, für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO grundsätzlich aus, wenn sich dem Helfer der Eindruck einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Körper oder Gesundheit aufdrängt (vgl. Ricke, Kasseler Kommentar, Stand Januar 1992, § 539 RVO Rdnr.37 f m.w.N.). Hierzu gibt es zunächst unterschiedliche Ausführungen der Klägerin. Es trifft offensichtlich nicht zu und wird nach dem neuesten Vorbringen auch nicht mehr aufrecht erhalten, dass die Klägerin nur von einem Unfall ihrer Tochter Kenntnis erhalten hätte und es ansonsten erst durch eine Reise nach Tunesien und eine aufwändige Suche möglich gewesen wäre, den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand der Tochter zu eruieren. Den vorgelegten Unterlagen zufolge sind die Bekannten am 23.06.1992 nach Tunesien abgeflogen. Dies entspricht auch der nunmehrigen Angabe des Ehegatten. Mindestens am 22.06.1992 jedoch war es Dr.S. von Deutschland aus möglich, mit der Anästhesistin auf der Intensivstation in Monastir ein Gespräch zu führen. Der Aufenthaltsort der Tochter und deren medizinische Versorgung mussten deshalb schon vor dem Abflug bekannt gewesen sein. Dem Schreiben des Dr.S. ist ferner zu entnehmen, dass es bei der Entscheidung über die Transportfähigkeit um eine andere gegangen sein muss, als die mit einer Linienmaschine, nachdem Dr.S. eine Linienflugtauglichkeit von vorneherein festgestellt hatte. Es spricht deshalb mehr dafür, dass die Tochter der Klägerin aus Gründen der Fürsorglichkeit von vorneherein zur Behandlung nach Deutschland gebracht werden sollte. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn jedenfalls bis zum Eintreffen der Klägerin oder ihres Ehemannes und deren Bekannten im Krankenhaus in Monastir konnte sich der Klägerin noch nicht der Eindruck aufgedrängt haben, ihre Tochter befinde sich in gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit. Schon deshalb würde der Aufwendungsersatz für die Kosten der An- und Abreise als erstattungsfähig ausscheiden. Ob die Tochter der Klägerin im Krankenhaus in Monastir am 23.05.1992 und das Krankenhaus selbst und dessen Ärzte tatsächlich das Erscheinungsbild geboten haben, das nunmehr vom Vater vorgetragen worden ist, kann dahingestellt bleiben. Wie das Sozialgericht bereits ausführlich dargelegt hat, besteht ein Unfallversicherungsschutz für Hilfeleistende dann nicht mehr, wenn bereits andere Hilfeleistung in Gestalt ärztlicher Versorgung zur Verfügung steht. Eine solche Hilfeleistung hat im vorliegenden Fall auch zur Verfügung gestanden, wie sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt. Insoweit sieht der Senat nach § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend ist für den vorliegenden Fall lediglich auszuführen, dass es für die Frage einer ausreichenden ärztlichen Versorgung nicht allein auf die medizinischen Möglichkeiten des Arztes oder der Klinik ankommt, in deren Obhut sich ein Verletzter gerade befindet, sondern auch auf die Möglichkeiten, auf die die konkreten Behandler zurückgreifen können. Hierzu gehören ggf. auch andere, ausreichend ausgestattete Praxen oder Kliniken. Die Beurteilung einer notwendigen und ausreichenden Behandlungsalternative kommt hierbei grundsätzlich in erster Linie dem behandelnden Arzt und nicht einem hinzutretenden Laien zu. Erst wenn sich unter Berücksichtigung des Kompetenzgefälles dem medizinischen Laien der Eindruck aufdrängen muss, dass die behandelnden Ärzte weder selbst in der Lage sind, die drohende Gefahr abzuwenden, noch willens oder in der Lage, für andere medizinisch kompetente Hilfe zu sorgen, könnte von einem versicherungsrechtlich geschützten Hilfebedarf nach § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO ausgegangen werden. Behandlungsalternativen in Monastir oder in Tunesien sind jedoch im vorliegenden Fall nicht in Betracht gezogen worden. Der Rücktransport der Tochter der Klägerin nach Deutschland ist vielmehr schon in die Wege geleitet worden, als die Informationen aus Tunesien noch nicht den Eindruck einer besonderen Gesundheitsgefahr vermitteln konnten.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von mehr als 48.000 DM, die sie für die Lebensrettung ihrer Tochter aufgewendet habe.
Am 21.09.1995 trug die Klägerin dem Beklagten vor, ihre Tochter habe am 18.06.1992 auf einer Urlaubsreise in Monastir, Tunesien, einen schweren Verkehrsunfall erlitten, und sei in eine Klinik in Monastir eingeliefert worden, wo multiple Verletzungen, u.a. eine schwere Kopfverletzung, sowie eine Femurfraktur und eine Humerusfraktur diagnostiziert worden seien. Wegen der in der tunesischen Klinik bestehenden medizinischen Unterversorgung habe sie voraussichtlich nur noch wenige Tage zu leben gehabt. In der Zeit vom 22. bis 25.06.1992, in der die Transportfähigkeit abgeklärt worden sei, habe sich der Gesundheitszustand so rapide verschlechtert, dass wegen des eingetretenen Komas statt des zunächst vorgesehenen Rücktransports mit einer Linienmaschine umgehend eine Blitzabholung organisiert habe werden müssen. Die Rettungsaktion sei nur durch den Einsatz eines Bekannten möglich gewesen, der zusammen mit seiner französisch sprechenden Ehefrau und der Klägerin nach Monastir gereist sei, um den Aufenthaltsort der Tochter der Klägerin in Erfahrung zu bringen. Als die Tochter nach einer umfangreichen Suchaktion in dem Krankenhaus in Monatsir habe gefunden werden können, habe sie bereits im Koma gelegen und ihre Mutter nicht mehr erkennen können. Die notwendigen finanziellen Mittel für die gesamte Aktion habe der Bekannte unter Zuhilfenahme seiner Kreditkartenorganisation verauslagt und von der Klägerin abzüglich einer Bergungskostenversicherung über 5.000 DM erstattet erhalten. Dem Antrag waren entsprechende Rechnungen des Bekannten und deren Geltendmachung gegenüber der "Familie S." am 11.01.1993 beigefügt. Beigefügt war auch ein Schreiben eines Dr.S. , Köln, M. S. International, an eine E.-Assistance in München. Das Schreiben war mit einem Aktenzeichen versehen, betraf die Tochter der Klägerin und führte als Gesprächspartner eine Frau Dr.B. (Anästhesistin auf Intensivstation) an. Genannt ist der Unfall vom 18.06.1992 "mit Femurfraktur links mit Extension versorgt, Humerusfraktur links mit Gips versorgt und Commotio cerebri". Die Frakturen seien beide geschlossen, es bestünden keine Durchblutungsstörungen bzw. Sensibilitätsstörungen, über den Frakturtyp habe keine nähere Auskunft erlangt werden können, jedoch stünden beide Frakturen wohl zur operativen Versorgung an. Bezüglich des Schädel-Hirntraumas sei die Patientin beschwerdefrei, das CT des Schädels habe keine pathologischen Besonderheiten ergeben. Der Kreislauf sei stabil, der Allgemeinzustand unauffällig, es bestünden keine Organkomplikationen. Unter dem Stichpunkt "Transportsituation" ist ausgeführt, die anstehenden Operationen sollten bis spätestens 10 Tage nach Unfall in Deutschland durchgeführt werden, sofern die Patientin hier zuhause sei. Die Entscheidung über die Transportfähigkeit solle am folgenden Tag mit dem Chirurgen Prof.T. geklärt werden. Eine Linienflugtauglichkeit sei gegeben, man könne von einer Unterversorgung ausgehen. Ein neues Arztgespräch sei am 23.06.1992 mit Prof.T. vorgesehen. Das Schreiben trägt einen Faxübermittlungsvermerk vom 22.06.1992 17:40 Uhr. Am 25.06.1992 wurde die Tochter der Klägerin mittels Ambulanzflugzeug nach München transportiert. Nach dem vom SG beigezogenen Überwachungsprotokoll war die Tochter der Klägerin somnolent, ansonsten stabil und wurde mit Ruhigstellung, Speziallagerung und Sedierung behandelt. Nach den ebenfalls vom SG beigezogenen Unterlagen des Klinikums Großhadern wurde die Tochter der Klägerin dort am 29.06.1992 wegen einer Oberschenkelschaftfraktur links und einer Oberarmschaftfraktur links operiert. Nach den Arztberichten hatte sie sich bei dem Unfall auch ein Schädel-Hirntrauma Grad 2 zugezogen. Das CT des Schädels vom 25.06.1992 habe ausgedehnte Kontusionsherde beidseits frontal gezeigt, z.T. mit Einblutung und Ödem. Therapeutische Maßnahmen bezüglich dieser Verletzung sind weder den Arztbriefen noch den Behandlungsunterlagen zu entnehmen. Nach dem Aufnahmeblatt der Klinik hatte diese am 23.06.1992 eine Verlegungsmeldung erhalten. Gegenüber dem SG hat Dr.S. ausgeführt, seine Auffassung, es sei von einer medizinischen Unterversorgung auszugehen, beruhe auf Übermittlung von medizinischen Detailparametern während der Beratung mit den vor Ort behandelnden ärztlichen Kollegen. Originalunterlagen habe er nicht.
Mit Bescheid vom 06.10.1995 lehnte der Beklagte die begehrte Leistung ab und wies den anschließenden Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.1996 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und zunächst nur die Aufhebung des Verwaltungsaktes beantragt. Später hat sie einen bezifferten Erstattungsantrag gestellt und vorgetragen, sie habe, nachdem sie vom Verkehrsunfall ihrer Tochter erfahren habe, sich sofort bereit erklärt, die Kosten für die Suche und die notwendigen Behandlungen zu übernehmen. Da von Deutschland aus fast keine Informationen über die Art der Verletzungen, den genauen Aufenthaltsort und das beabsichtigte weitere Vorgehen der tunesischen Ärzte und die Überlebenschancen zu erhalten gewesen seien, habe sie Herrn S. veranlasst, sich auf den Weg nach Tunesien zu machen. Begleitet hätten ihn ihr Bekannter und dessen Ehefrau, die ständig gedolmetscht habe. Die Verletzte habe nach einer umfangreichen Suchaktion endlich im Krankenhaus in Monastir aufgefunden werden können, wo sie zu diesem Zeitpunkt bereits im Koma gelegen habe und sich ihr Zustand zusehends verschlechtert habe. Bei der Intensivstation habe es sich um ein eher erbärmliches Zimmer gehandelt. Die Frau des Bekannten habe in Erfahrung gebracht, dass trotz des sich verschlechternden Zustandes keine weitere Behandlung der Patientin - abgesehen von Ruhigstellung - beabsichtigt gewesen sei. Aus der Ferndiagnose des Dr.S. habe sich die zwingende Notwendigkeit ergeben, die schwer Verletzte zur anstehenden Versorgung nach Deutschland zurückzubringen, da in der tunesischen Klinik offensichtlich keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten.
Mit Urteil vom 05.11.1999 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Da die Klägerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in München gehabt habe, sei die Beigeladene der zuständige Versicherungsträger. Eine unter Versicherungsschutz stehende Rettungshandlung im Sinne von § 539 Abs.1 Nr.9a RVO sei jedoch nicht gegeben. Der Unglücksfall der Tochter am 18.06.1992 sei mit der Behandlung im Krankenhaus und der damit spätestens sichergestellten ärztlichen Behandlung abgeschlossen gewesen. Zwar sei nach dem einzig vorliegenden Krankheitsbericht von einer Unterversorgung auszugehen, jedoch sei das Krankenhaus mit ärztlichem Personal ausgerüstet gewesen und habe auch über einen Chirurgen verfügt, der in der Lage gewesen sei, die Verletzungen zu beurteilen und zu behandeln. Allmählich sich entwickelnde Zustände, wie sie die Klägerin bei ihrer Tochter beschreibe, fielen mangels Plötzlichkeit nicht unter den Begriff des Unglückfalles.
Versichert seien auch Personen, die einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen. Dieser Versicherungsschutz stehe in einer Wechselbeziehung zur strafrechtlichen Verfolgung der unterlassenen Hilfeleistung. Dementsprechend sei bei der Auslegung darauf abzustellen, ob ein wesentlicher Zusammenhang mit dem strafrechtlich geschützten öffentlichen Interesse bestehe. Die Pflicht zur Hilfeleistung im Sinne des § 330c StGB entfalle regelmäßig, wenn eine Gewähr für eine anderweitige Hilfeleistung gegeben sei. Dies begrenze auch den Versicherungsschutz nach § 539 Abs.1 Nr.9a RVO. Für die verunglückte Tochter der Klägerin habe ärztliche Hilfeleistung in dem tunesischen Krankenhaus bestanden. Die diagnostischen Mittel seien ausreichend gegeben gewesen, eine intensivmedizinische Versorgung sei möglich gewesen und es habe chirurgischer Beistand bestanden.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.11.1999 und den Bescheid des Beklagten vom 06.10.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1996 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, an die Klägerin 48.756,08 DM zu zahlen.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Vor der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin Angaben ihres Ehemannes über den Unfall seiner Tochter "vom 17.06.1992" vorgelegt. Danach habe er am 21.06.1992 den Anruf einer Freundin seiner Tochter erhalten, mit der Nachricht, dass diese einen schweren Motoradunfall gehabt habe. Er habe gewusst, dass er etwas unternehmen müsse. Da er weder die englische noch die französische Sprache beherrsche, habe er Frau und Herrn K. gebeten, ihn zu begleiten. Sie seien am 23.06. in Tunesien angekommen und sofort nach dem Eintreffen zu seiner Tochter ins Krankenhaus gefahren. Sie hätten nicht glauben können, dass dies ein Krankenhaus sei. Alles sei schmutzig, voller Ungeziefer gewesen, ein Wirrwarr von Menschen, teilweise hätten Türen gefehlt und man habe nirgends einen finden können, der einem Arzt oder Pfleger ähnlich gesehen habe. In dem Zimmer hätten insgesamt ca. 12 bis 15 Menschen gelegen, davon vier bis fünf auf dem bloßen Boden, regungslos und mit einem weißen Laken bis über den Kopf bedeckt. Das Zimmer sei voller Fliegen und Ungeziefer gewesen, ein unbeschreiblicher Gestank habe geherrscht und unerträgliche Hitze. Die Tochter habe regungslos und sehr blass an einem Tropf gehangen. Sie habe nach mehrmaligem Ansprechen weder ihre Augen geöffnet, noch weiter reagiert. Er selbst habe im Krankenhaus vergeblich nach Wasser gesucht. Erst am nächsten Tag sei ein zuständiger Arzt gekommen und habe sich als Doktor T. vorgestellt. Er habe einen weißen, verdreckten Kittel angehabt, seine Nägel seien lang gewesen und es sei deutlich viel Dreck unter ihnen zu sehen gewesen. Er habe erklärt, dass der Zustand seiner Tochter sehr kritisch sei. Sie, d.h. der Vater und seine Bekannten, hätten die Tochter nach Deutschland bringen müssen, da in Tunesien für sie keinerlei Überlebenschancen bestanden hätten. Dr.T. habe ihnen gesagt, das Risiko der Beförderung mit einem normalen Flugzeug sei zu groß, da der Zustand sehr instabil sei und das Risiko zu groß, um zu überlegen. Die Bekannten hätten mit Deutschland telefoniert und sich um die Organisation eines Spezialflugzeuges gekümmert.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akte der Beklagten und die Akte des SG München in dem vorangegangen Klageverfahren sowie die Krankenakten des Klinikums Großhadern über die stationären Aufenthalte der Tochter der Klägerin. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen hat, weil sie weder bei einem Unglücksfall Hilfe geleistet hat noch es unternommen hat, ihre Tochter aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den Vorschriften der RVO, weil der für den Versicherungsschutz geltend gemachte Sachverhalt vor dem 01.01.1997 eingetreten ist (§ 212 SGB VII).
Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Das Sozialgericht hat zu Recht zwischen dem Verkehrsunfall und der späteren Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse der Tochter der Klägerin differenziert. Der Verkehrsunfall selbst und die im Hinblick darauf möglichen Hilfeleistungen waren mit der Einlieferung der Verletzten im Krankenhaus und der ärztlichen Versorgung abgeschlossen, soweit es die hierfür streitigen Aufwendungen zur Hilfeleistung betrifft. Insoweit hat die Klägerin weder eine Rettungshandlung unternommen noch macht sie den Ersatz von entsprechenden Aufwendungen geltend.
Auch für die späteren Maßnahmen steht der Klägerin kein Aufwendungsersatz zu. Die nach § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO i.V.m. § 765 a Abs.1 RVO erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Danach sind, soweit es den vorliegenden Fall betrifft, in der Unfallversicherung auch Personen versichert, die einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen. Diesen versicherten Personen werden auch die Aufwendungen ersetzt, die sie den Umständen nach zur Hilfeleistung für erforderlich halten durften. Letztere Regelung soll gewährleisten, dass Nothelfer, die zum Zwecke der Hilfeleistung gemachten Aufwendungen ersetzt erhalten, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellen. Bei den Aufwendungen kommt es darauf an, inwieweit sie der Nothelfer nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Dies ist jedoch nicht engherzig, sondern unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Notsituation zu beurteilen (Bundesratsdrucksache 352/74 S.17). Danach kommt als versicherte Person mit Anspruch auf Aufwendungsersatz nur jemand in Betracht, der selbst die Hilfeleistung unternimmt, mit der er sich der in § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO abgesicherten Unfallgefahr aussetzt. Ausweislich seines Wortlautes regelt § 765 a Abs.1 RVO keinen bloßen Aufwendungsersatz losgelöst von der in § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO dem Versicherungsschutz unterliegenden Tätigkeit. Das bloße Begleichen der von anderen Hilfeleistenden getätigten Geldausgaben begründet danach noch keinen Ersatzanspruch nach § 765 a Abs.1 RVO. Dies gilt auch für eine Kostenübernahmeerklärung, aufgrund deren andere als Hilfeleistende tätig werden. Nach den im Vergleich zum Erstattungsantrag nunmehr korrigierten Angaben hat nicht die Klägerin die versicherte Hilfeleistung erbracht, sondern ihr Ehemann und Vater ihrer Tochter zusammen mit zwei Bekannten. Eine zu diesem Zeitpunkt möglicherweise erklärte Bereitschaft zur Erstattung der Aufwendungen, die den Hilfeleistenden entstehen würden, begründet jedoch noch keinen Anspruch nach § 765 a Abs.1 RVO.
Der von der Klägerin begehrte Anspruch besteht jedoch auch dann nicht, wenn der Versicherungssschutz des § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO i.V.m. § 765 a Abs.1 RVO auch die bloße Kostenübernahme erfasst. Die Tochter der Klägerin hat sich nämlich nicht in einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Körper oder Gesundheit befunden. Weder den Äußerungen des Dr.S. noch den von ihm wiedergegebenen Äußerungen der tunesischen Ärzte oder den Behandlungsunterlagen des Klinikums Großhadern ist zu entnehmen, dass jemals eine solche Gefahr bestanden hätte. Wegen der in Tunesien bereits provisorisch versorgten und in Deutschland erst einige Tage später operierten Knochenbrüche stand dergleichen niemals im Raum. Wegen des Zustandes nach Kopfverletzung gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass die Behandlung bzw. die Behandlungsmöglichkeiten in Tunesien insuffizient gewesen wären. Etwas anderes als eine Ruhigstellung ist auch beim Ambulanzflug und in der nachfolgenden Behandlung in Deutschland nicht geschehen.
Zwar reicht es, wie das Sozialgericht bereits näher ausgeführt hat, für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO grundsätzlich aus, wenn sich dem Helfer der Eindruck einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Körper oder Gesundheit aufdrängt (vgl. Ricke, Kasseler Kommentar, Stand Januar 1992, § 539 RVO Rdnr.37 f m.w.N.). Hierzu gibt es zunächst unterschiedliche Ausführungen der Klägerin. Es trifft offensichtlich nicht zu und wird nach dem neuesten Vorbringen auch nicht mehr aufrecht erhalten, dass die Klägerin nur von einem Unfall ihrer Tochter Kenntnis erhalten hätte und es ansonsten erst durch eine Reise nach Tunesien und eine aufwändige Suche möglich gewesen wäre, den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand der Tochter zu eruieren. Den vorgelegten Unterlagen zufolge sind die Bekannten am 23.06.1992 nach Tunesien abgeflogen. Dies entspricht auch der nunmehrigen Angabe des Ehegatten. Mindestens am 22.06.1992 jedoch war es Dr.S. von Deutschland aus möglich, mit der Anästhesistin auf der Intensivstation in Monastir ein Gespräch zu führen. Der Aufenthaltsort der Tochter und deren medizinische Versorgung mussten deshalb schon vor dem Abflug bekannt gewesen sein. Dem Schreiben des Dr.S. ist ferner zu entnehmen, dass es bei der Entscheidung über die Transportfähigkeit um eine andere gegangen sein muss, als die mit einer Linienmaschine, nachdem Dr.S. eine Linienflugtauglichkeit von vorneherein festgestellt hatte. Es spricht deshalb mehr dafür, dass die Tochter der Klägerin aus Gründen der Fürsorglichkeit von vorneherein zur Behandlung nach Deutschland gebracht werden sollte. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn jedenfalls bis zum Eintreffen der Klägerin oder ihres Ehemannes und deren Bekannten im Krankenhaus in Monastir konnte sich der Klägerin noch nicht der Eindruck aufgedrängt haben, ihre Tochter befinde sich in gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit. Schon deshalb würde der Aufwendungsersatz für die Kosten der An- und Abreise als erstattungsfähig ausscheiden. Ob die Tochter der Klägerin im Krankenhaus in Monastir am 23.05.1992 und das Krankenhaus selbst und dessen Ärzte tatsächlich das Erscheinungsbild geboten haben, das nunmehr vom Vater vorgetragen worden ist, kann dahingestellt bleiben. Wie das Sozialgericht bereits ausführlich dargelegt hat, besteht ein Unfallversicherungsschutz für Hilfeleistende dann nicht mehr, wenn bereits andere Hilfeleistung in Gestalt ärztlicher Versorgung zur Verfügung steht. Eine solche Hilfeleistung hat im vorliegenden Fall auch zur Verfügung gestanden, wie sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt. Insoweit sieht der Senat nach § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend ist für den vorliegenden Fall lediglich auszuführen, dass es für die Frage einer ausreichenden ärztlichen Versorgung nicht allein auf die medizinischen Möglichkeiten des Arztes oder der Klinik ankommt, in deren Obhut sich ein Verletzter gerade befindet, sondern auch auf die Möglichkeiten, auf die die konkreten Behandler zurückgreifen können. Hierzu gehören ggf. auch andere, ausreichend ausgestattete Praxen oder Kliniken. Die Beurteilung einer notwendigen und ausreichenden Behandlungsalternative kommt hierbei grundsätzlich in erster Linie dem behandelnden Arzt und nicht einem hinzutretenden Laien zu. Erst wenn sich unter Berücksichtigung des Kompetenzgefälles dem medizinischen Laien der Eindruck aufdrängen muss, dass die behandelnden Ärzte weder selbst in der Lage sind, die drohende Gefahr abzuwenden, noch willens oder in der Lage, für andere medizinisch kompetente Hilfe zu sorgen, könnte von einem versicherungsrechtlich geschützten Hilfebedarf nach § 539 Abs.1 Nr.9 Buchst.a RVO ausgegangen werden. Behandlungsalternativen in Monastir oder in Tunesien sind jedoch im vorliegenden Fall nicht in Betracht gezogen worden. Der Rücktransport der Tochter der Klägerin nach Deutschland ist vielmehr schon in die Wege geleitet worden, als die Informationen aus Tunesien noch nicht den Eindruck einer besonderen Gesundheitsgefahr vermitteln konnten.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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