Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 23/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 435/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 40/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Sturz eines Schülers aus dem Fenster eines im dritten Stock
gelegenen Hotelfensters während einer Klassenfahrt.
gelegenen Hotelfensters während einer Klassenfahrt.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Kläger wegen der Folgen seines Unfalls vom 18.07.1995 zu entschädigen hat.
Der am ...1978 geborene Kläger besuchte zum Unfallzeitpunkt die Klasse 11 a des ... Gymnasiums in Kempten. Die Klasse befand sich vom 16.07. bis 20.07.1995 auf einer Klassenfahrt in Berlin. Lehrer und Schüler waren in der Pension von Oertzen, Lietzenburgstraße 76 in Berlin untergebracht. Der Kläger teilte sich mit seinem Klassenkameraden ... ein Zweibettzimmer (Zimmer 6), das im 3. Stock gelegen war. Am 18.07.1995 waren die Schüler nach einem Besichtigungsprogramm bereits vor den Lehrern aus der Stadt zurückgekehrt und in ihre Zimmer gegangen. Der Kläger und ... statteten den im Nebenzimmer (Zimmer 2) untergebrachten Mädchen ..., ... und ... einen Besuch ab. Als die Mädchen die beiden Jungens aufforderten ihr Zimmer zu verlassen, weil sie sich umziehen wollten, weigerte sich der Kläger. Er wurde von ... und dem herbeigeholten Mitschüler ..., der das Zimmer 3 a bewohnte, aus dem Zimmer getragen. Nach kurzem Aufenthalt im Zimmer 3 a kehrten ... und der Kläger in ihr eigenes Zimmer zurück. Die Mitschülerin ... besuchte die beiden Jungens kurz in deren Zimmer, um sich eine Cassette auszuleihen. Die Mitschülerin ... begegnete ... auf dem Flur, als sie die Toilette aufsuchte. Unmittelbar danach hörten die im Nebenzimmer Nr.7 untergebrachten Mädchen den Kläger rufen, ob bei ihnen das Fenster geöffnet sei. Als sie dies bejahten, antwortete er, er komme dann rüber. Beim Versuch von dem Fenster des Zimmers Nr.6 in das 1,20 m entfernte Fenster des Zimmers Nr.7 zu gelangen, stürzte der Kläger ab und schlug auf den Betonboden des Innenhofes auf. Er zog sich bei dem Sturz multiple Verletzungen, nämlich mehrfache Beckenfrakturen, eine Wirbelsäulenverletzung, eine Lungenblutung, Brustkorbverletzungen und mehrfache Extremitätenfrakturen zu. In bewußtlosem Zustand wurde er in das Rudolf-Virchow-Krankenhaus eingeliefert. Der Kläger selbst hat keine Erinnerung an den Vorfall des 18.07.1995. Die zum Unfallort gerufene Polizei ermittelte, daß das Fenster im Zimmer Nr.6 eine Breite von 115 cm hatte und sich in einer Höhe von 77 cm über dem Zimmerboden befand. Das innere Fensterbrett war 28 cm tief, das äußere 18 cm tief. Zum Unfallzeitpunkt hielten sich im Zimmer Nr.7 die Mitschülerinnen ..., ..., und ... auf ... und ... wurden am 18.07.1995 polizeilich einvernommen. Auf die Protokolle vom 18.07.1995 wird Bezug genommen.
Der Vater des Klägers stellte beim Beklagten einen Entschädigungsantrag. Im Verlaufe der Ermittlungen legte er schriftliche Erklärungen der Mitschülerinnen ... und ... vom 08.10.1995 vor. Darin berichteten beide Mädchen, unmittelbar vor dem Absturz sei es zwischen dem Kläger und ... zu einer verbalen Kappelei gekommen, in deren Verlauf ... geäußert haben soll, er werde den Kläger jetzt einsperren ... gab ferner an, sie habe sich kurz im Zimmer der beiden Jungens aufgehalten und dabei den Kläger mit Nasenbluten über das Waschbecken gebeugt gesehen.
Mit Bescheid vom 24.11.1995 lehnte der Beklagte die Anerkennung und Entschädigung des Vorfalls am 18.07.1995 als Arbeitsunfall ab. Der Unfall habe in keinem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden, weil der Kläger völlig unverständlich und vernunftswidrig gehandelt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.01.1996).
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben und vorgebracht, er habe keineswegs völlig vernunftswidrig gehandelt. Allenfalls habe er leichtsinnig gehandelt und sich selbst überschätzt. Die Gefährlichkeit habe er wohl aus der auf einer Klassenfahrt typischerweise hochgeputschten Situation heraus falsch eingeschätzt. Der Versicherungsschutz könne daher nicht abgelehnt werden. Weiter hat er in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG Urteil vom 05.10. 1995 - 2 RU 44/94, Breithaupt 1996, 385) ausgeführt, die verhängnisvolle Tat habe sich aus der auf einer Klassenfahrt häufig zu beobachtenden Gruppendynamik herausentwickelt. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit sei erhalten geblieben. Das Sozialgericht hat ..., ... und ... am 25.03.1997 als Zeugen einvernommen. Auf die Niederschriften wird Bezug genommen. Während ... bestritten hat, den Kläger eingesperrt zu haben bzw. ihm mit Einsperren gedroht zu haben, hat ... ausgesagt, sie habe bei ihrem kurzen Aufenthalt im Zimmer der beiden Jungens ... sagen hören, er wolle das Zimmer verschließen. Sie habe daraufhin das Zimmer verlassen, um nicht eingesperrt zu werden. Sie sei daraufhin mit ... zusammen aus dem Zimmer gegangen. Sie habe nicht gesehen, daß dieser den Zimmerschlüssel in Händen gehalten bzw. abgesperrt habe. Was ... daraufhin gemacht habe, wisse sie nicht. Sie habe nicht mehr auf ihn geachtet und habe, nachdem sie in ihr Zimmer zurückgekommen sei und dort niemanden angetroffen habe, dieses wieder verlassen. Dabei habe sie gesehen, wie ... aus dem mit dem Kläger zusammen bewohnten Zimmer Nr.6 herausgekommen sei.
... hat erklärt, sie sei dabeigewesen, als der Kläger von den Mitschülern ... und ... aus dem von ihr und anderen Mädchen bewohnten Zimmer Nr.2 getragen wurde. Sie habe sich dann umgezogen und die Toilette aufgesucht. Auf dem Rückweg habe sie ... vor seiner Zimmertüre stehen sehen und gehört, wie dieser sagte, er wolle den Kläger jetzt einsperren. Ob er sein Vorhaben verwirklicht habe, könne sie nicht sagen.
Mit Urteil vom 13.10.1998 hat das Sozialgericht die auf Entschädigung wegen der Folgen des Unfalls vom 18.07.1995 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, daß ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Klassenfahrt nicht bestehe, weil der Kläger mit seinem waghalsigen Tun den Rahmen des noch geschützten Bereiches unbesonnenen und leichtsinnigen Verhaltens überschritten habe. Für ihn sei erkennbar gewesen, daß sein Kletterversuch in hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend sei. Zwar habe die Rechtsprechung für den Versicherungsschutz jugendlicher Arbeitnehmer nicht ohne weiteres die für erwachsene Beschäftigten geltenden Maßstäbe bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung für anwendbar gehalten. Sie habe berücksichtigt, daß junge Menschen, insbesondere Schüler auf Klassenfahrten, Gefährdungen ausgesetzt seien, die sich aus gruppendynamischen Prozessen herausentwickelten und zu riskanten Verhaltensweisen eskalieren könnten. Damit werde der Versicherungsschutz zwar auf jugendtypisches, nicht aber auf jegliches Verhalten ausgedehnt. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz entfalle dann, wenn das eigenverantwortliche Handeln des Geschädigten derart im Vordergrund stehe, daß die versicherte Tätigkeit für den Kausalverlauf nicht mehr als wesentlich angesehen werden könne. Dies sei der Fall, wenn sich der Geschädigte in so hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend verhalten habe, daß er mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen mußte, es werde zu einem Unfall kommen. Das Sozialgericht ist aufgrund der seiner Meinung nach überzeugenden und glaubwürdigen Aussagen der Zeuginnen ... und ... zur Feststellung gelangt, dem verhängnisvollen Sturz sei ein gegenseitiges Aufziehen mit seinem Zimmerkameraden ... vorausgegangen, der das gemeinsame Zimmer verlassen und geäußert habe, er werde den Kläger nunmehr einsperren. Den Angaben des Zeugen ... hat das Sozialgericht keine Glaubwürdigkeit beigemessen, weil dessen Aussage vor dem Sozialgericht am 25.03.1997 Widersprüche zu seiner polizeilichen Einvernahme am 18.07.1995 enthalte. Für nicht erwiesen hat das Sozialgericht gehalten, daß der Kläger tatsächlich von ... im Zimmer Nr.6 eingesperrt worden sei. Ohne den Nachweis der verriegelten Tür fehle ein wesentliches Element für die Annahme eines gruppendynamischen Prozesses beginnend im Zimmer Nr.2, über eine nachfolgende Neckerei im Zimmer Nr.6 bis zum Unfall. Soweit ein gruppendynamischer Prozeß stattgefunden habe, sei er beendet gewesen, als ... und ... das Zimmer Nr.6 verlassen hatten und der Kläger allein zurückgeblieben war. Die im Zimmer Nr.7 untergebrachten Mitschülerinnen seien in die vorausgegangenen Ereignisse nicht eingebunden gewesen, weswegen eine Anknüpfung an die bzw. eine Fortentwicklung der brisanten Situation nicht in Betracht kommen könne. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt 17 Jahre und 3 Monate alt gewesen und habe nach den Aussagen seiner Mitschüler und den Feststellungen seiner Lehrer über eine altersgemäße Einsichtsfähigkeit verfügt. Daß er als spontan und zu verrückten Sachen neigend galt, ändere nichts an seiner Einsichtsfähigkeit.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgebracht, es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er, wie von der Berliner Polizei angenommen, habe "fensterln" oder bei seiner Kletteraktion eine Wette habe einlösen wollen. Vielmehr dränge sich bei lebensnaher Betrachtung der Schluß auf, daß er über das Fenster habe flüchten wollen, weil er eingesperrt gewesen sei. Das Sozialgericht habe zwar den Angaben von ... keinen Glauben geschenkt, jedoch nicht die notwendige Schlußfolgerung gezogen, daß das Motiv des Zeugen zu lügen der Versuch gewesen sei, einen Schaden von sich abzuwenden. Offensichtlich habe ... zivilrechtliche Konsequenzen befürchtet. Der streitgegenständliche Unfall sei der Endpunkt eines typischen gruppendynamischen Prozesses gewesen. Ausgangspunkt sei gewesen, daß der Kläger im Spaß von ... und einem Mitschüler aus einem Mädchenzimmer hinausgeschleppt worden sei. Aus dieser zunächst harmlosen Aktion habe sich in der Folge eine ernsthafte Auseinandersetzung entwickelt. Darauf deute das von der Zeugin ... beobachtete Nasenbluten des Klägers, was dafür spreche, daß dieser einen Schlag oder Stoß auf die Nase erhalten habe. Die Anwesenheit des Mädchens ... habe wohl auch noch eine gewisse Rolle gespielt und zu einem Art "Hahnenkampf" geführt. Aus dieser Situation heraus könne die zum Unfall führende Tat des Klägers nicht als völlig vernunftswidrig verstanden werden. Vielmehr war seine Urteilsbildung und sein Kritikvermögen durch spontane Impulse derart überlagert, daß die Einsichtsfähigkeit nicht mehr zum Tragen gekommen sei.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 sowie des Bescheides vom 24.11.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.1996 zu verurteilen, ihn wegen der Folgen seines Unfalls vom 18.07.1995 zu entschädigen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 zurückzuweisen,
da das Sozialgericht zutreffend erkannt habe, daß der Kläger nicht nur leichtsinnig sondern völlig unvernünftig und unsinnig gehandelt habe und einer selbtgeschaffenen Gefahr erlegen sei. Dabei sei unerheblich, ob der Kläger kurz vor seinem Sturz für einen Moment eingesperrt gewesen sei oder nicht, da das Verhalten in jedem Fall als völlig unvernünftig einzustufen sei. Die Beweiswürdigung des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Ob eine erneute Einvernahme der beteiligten Mitschüler/Mitschülerinnen zu anderen Erkenntnissen führen könne, erscheine aus seiner Sicht zweifelhaft.
Der Senat hat die Zeuginnen ... und ... im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.05.1995 nochmals einvernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.
Im übrigen wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger bei seinem Unfall am 18.07.1995 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat, weil ein rechtlich wesentlich innerer Zusammenhang des Unfalls mit der generell als Schulveranstaltung versicherten Klassenfahrt nicht vorgelegen hat. Maßgebend für die Beurteilung sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO -, da über einen vor dem 01.01.1997 und damit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB VII - eingetretenen Versicherungsfall zu entscheiden ist (Art.36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII). Der Kläger hat demnach keinen nach § 548 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 539 Abs.1 Nr.14 Buchstabe b RVO versicherten Arbeitsunfall erlitten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs.2 SGG Bezug genommen, soweit das Sozialgericht sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit der Frage auseinandergesetzt hat, inwieweit Jugendliche in Anbetracht des ihnen innewohnenden natürlichen Spieltriebs dem Versicherungsschutz unterliegen und inwieweit die Tatsache eines gruppentypischen Verhaltens auf einer Schülergemeinschaftsveranstaltung wie einer Klassenfahrt darüber hinaus unter Umständen zu verbotswidrigem oder leichtsinnigem Verhalten führt.
Dabei hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, daß der Versicherungsschutz zwar auf jugendtypisches, nicht aber auf jegliches Verhalten ausgedehnt wird, sondern dort seine Grenzen hat, wo das eigenverantwortliche Handeln des Geschädigten derart im Vordergrund steht, daß die versicherte Tätigkeit für den Kausalverlauf nicht mehr als wesentlich angesehen werden kann. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Geschädigte sich in so hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend verhält, daß er mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen muß, es werde zu einem Unfall kommen (BSG, Urteil vom 20.05.1976, SozR 2200 § 550 Nr.14). Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, daß sich der Unfall des Klägers zu einem Zeitpunkt ereignet hat, als die Schüler sich zu Freizeitaktivitäten und damit eigenwirtschaftlichen Betätigungen hingewandt hatten. Denn auch nach der vom Senat durchgeführten Beweiserhebung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß nach der Rückkehr der Schüler von der Stadtbesichtigung noch eine weitere von der Schule organisierte Betätigung geplant hat. Vielmehr war die Abendgestaltung in das Ermessen der Schüler gestellt gewesen. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen der Zeuginnen ... und ... Damit kommt es allein darauf an, ob die zum Unfall führende Handlung das Ergebnis oder der Schlußpunkt eines schülertypischen gruppendynamischen Prozesses gewesen war. Der Senat geht, wie das Sozialgericht, davon aus, daß der verhängnisvollen Tat des Klägers tatsächlich ein gruppendynamischer Prozeß vorausgegangen war. In dessen Verlauf war der Kläger von Mitschülern aus dem von Mädchen bewohnten Zimmer 2 hinausgetragen worden. Dies war nach der Schilderung der Zeugin ... von allen Beteiligten als Spaß aufgefaßt worden. Der Kläger wirkte dabei weder agressiv noch hatte er sich gewehrt. Mit der Rückkehr des Klägers in sein Zimmer war diese Episode beendet. Ob sich im Anschluß daran ein weiterer gruppendynamischer Prozeß entwickelt hatte, aus dem heraus der Kläger den Entschluß gefaßt hatte, aus dem Fenster in das Nebenzimmer zu steigen, bleibt im Bereich der Spekulation. Objektive Anhaltspunkte, aus denen heraus sich Rückschlüsse auf einen solchen gruppendynamischen Prozeß gewinnen ließen, sind nicht feststellbar. Nach Auffassung des Senats ist es dabei unerheblich, ob der Kläger tatsächlich von ... eingesperrt worden war, oder ob er dies aufgrund der Ankündigung zumindest glauben konnte, weil nach Aussagen der Zeuginnen ... und ... zweifelsfrei solche Äußerungen von ... gemacht worden waren. Denn in beiden Fällen läßt sich nicht feststellen, daß das Verhalten der Mitschüler oder zumindest das Verhalten des Mitschülers ... maßgeblich dafür waren, daß der Kläger seinen verhängnisvollen Entschluß faßte. Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 20.05.1976 (a.a.O.) bereits ausgeführt hat, stehen Handlungen, welche nicht völlig aus dem allgemein üblichen Rahmen fallen, noch im Zusammenhang mit der Betriebs- bzw. mit der Schultätigkeit. Dabei ist darauf abzustellen, daß es gerade bei einer Spielerei, die ihrer Natur nach zu einem erheblichen Teil keine vernunftmäßig gesteuerte Tätigkeit zu sein pflegt, auf die Fähigkeit des verunglückten Schülers ankommt, deren Gefährlichkeit erkennen zu können. Zur Überzeugung des Senats steht fest, daß der Kläger, der zum Unfallzeitpunkt ein 17 1/4 Jahre alter Gymnasiast war, grundsätzlich in der Lage war, die Gefährlichkeit seines Handelns erkennen zu können. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß eine Kletterei im 3. Stock von einem Fenster zum anderen bei einem Abstand der Fensterbretter von 1,20 Meter eine Absturzgefahr nahelegt. Zu einer solchen Erkenntnis sind Jugendliche in weit geringerem Alter fähig. Daß auch der Kläger über eine entsprechende Einsichtsfähigkeit verfügte, entnimmt der Senat der Tatsache, daß der Kläger als altersgemäß entwickelter Schüler seitens der Schule beschrieben wurde. Daß die Kletteraktion im 3. Stock ohne Absicherung und ohne Hilfe anderer eine waghalsige Unternehmung war, bedarf keiner weiteren Erörterung; für diese Beurteilung ist die allgemeine Lebenserfahrung ausreichend. Es sind auch keine Gründe erkennbar, die den Kläger zu der unbesonnenen Handlung gedrängt hätten. Es mag sein, daß sich der Kläger nicht gefallen lassen wollte, von einem Mitschüler im Zimmer eingesperrt und damit seiner Freiheit beraubt zu werden. Diese subjektive Vorstellung reicht jedoch nicht aus, sein waghalsiges Unternehmen zu entschuldigen. Vielmehr war die seiner Persönlichkeit immanente Spontanität und Waghalsigkeit, wie sie die Mitschülerin Nadine Kleinert in ihrer Aussage vor der Staatsanwaltschaft Berlin geschildert hat, die wesentliche Ursache für die zum Unfall führende Handlung. Es mag sein, daß sich, wie vom Bevollmächtigten des Klägers vorgetragen, gerade zwischen dem Kläger und seinem Schulkameraden ... eine Art "Hahnenkampf" entwickelt hatte und die Tatsache, daß die Mitschülerin ... anwesend war, diese Situation noch gesteigert hat. Gleichwohl ist nicht nachvollziehbar, daß dadurch für den Kläger ein solcher psychischer Zwang entstanden war, der ihm die Fähigkeit geraubt hätte, eine andere Lösung herbeizuführen. Dabei berücksichtigt der Senat, daß für die Mitschülerin ... trotz der Ankündigung von ..., er werde die Zimmertüre verschließen, die Möglichkeit bestanden hatte, das Zimmer zu verlassen. Es stellt sich damit die Frage, aus welchem Grund dies dem Kläger nicht möglich gewesen sein soll. Zumindest wäre ein Versuch naheliegend gewesen. Selbst wenn der Kläger geglaubt haben sollte, er sei - was der Senat nicht für erwiesen hält - eingesperrt gewesen, so hätte es andere Möglichkeiten gegeben, aus dem Zimmer zu entkommen. Daß der Kläger dann die Flucht aus dem Fenster in das Nachbarzimmer gewählt hat, beruht ausschließlich auf seiner persönlichkeitsimmanenten Handlungsweise, die auch eine angenommene gruppendynamische Entwicklung derart in den Hintergrund drängt, daß ihr allein die wesentliche Ursache für den Absturz zukommt. Auch unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Klägers und des Einflusses der vorgenannten Gruppendynamik ist das Verhalten des Klägers wesentlich allein seiner Persönlichkeitsstruktur zuzumessen. Mit dem Sozialgericht ist auch der Senat zur Auffassung gelangt, daß der Kläger damit die Grenze eines leichtsinnigen schülertypischen Verhaltens überschritten hat und sein Tun als ausgesprochen vernunftwidrig zu qualifizieren ist. Hätte der Kläger versucht, die verschlossene Türe einzurennen oder hätte er versucht, mit Hilfe und Unterstützung anderer das Fensterbrett des Nachbarzimmers zu erreichen, so hätte man darin noch ein nicht ganz aus dem allgemein üblichen schülertypischen Rahmen fallendes Verhalten annehmen können. Gerade weil sich solche Anhaltspunkte nicht finden lassen und der Kläger ohne von anderen Mitschülern angestachelt oder gedrängt eigenständig den verhängnisvollen Entschluß gefaßt hatte, ist kein wesentlicher Bezug zur versicherungsrechtlich geschützten Betätigung eines Schülers herzustellen. Der Senat schließt sich daher der Auffassung des Sozialgerichts an, daß der Kläger einer bei einer privaten Verrichtung eingetretenen selbstgeschaffenen Gefahr erlegen ist. Er hat bei seinem Sturz am 18.07.1995 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Es besteht kein Grund, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, weil der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abweicht und andere Gründe, die zur Zulassung der Revision führen könnten, nicht ersichtlich sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Kläger wegen der Folgen seines Unfalls vom 18.07.1995 zu entschädigen hat.
Der am ...1978 geborene Kläger besuchte zum Unfallzeitpunkt die Klasse 11 a des ... Gymnasiums in Kempten. Die Klasse befand sich vom 16.07. bis 20.07.1995 auf einer Klassenfahrt in Berlin. Lehrer und Schüler waren in der Pension von Oertzen, Lietzenburgstraße 76 in Berlin untergebracht. Der Kläger teilte sich mit seinem Klassenkameraden ... ein Zweibettzimmer (Zimmer 6), das im 3. Stock gelegen war. Am 18.07.1995 waren die Schüler nach einem Besichtigungsprogramm bereits vor den Lehrern aus der Stadt zurückgekehrt und in ihre Zimmer gegangen. Der Kläger und ... statteten den im Nebenzimmer (Zimmer 2) untergebrachten Mädchen ..., ... und ... einen Besuch ab. Als die Mädchen die beiden Jungens aufforderten ihr Zimmer zu verlassen, weil sie sich umziehen wollten, weigerte sich der Kläger. Er wurde von ... und dem herbeigeholten Mitschüler ..., der das Zimmer 3 a bewohnte, aus dem Zimmer getragen. Nach kurzem Aufenthalt im Zimmer 3 a kehrten ... und der Kläger in ihr eigenes Zimmer zurück. Die Mitschülerin ... besuchte die beiden Jungens kurz in deren Zimmer, um sich eine Cassette auszuleihen. Die Mitschülerin ... begegnete ... auf dem Flur, als sie die Toilette aufsuchte. Unmittelbar danach hörten die im Nebenzimmer Nr.7 untergebrachten Mädchen den Kläger rufen, ob bei ihnen das Fenster geöffnet sei. Als sie dies bejahten, antwortete er, er komme dann rüber. Beim Versuch von dem Fenster des Zimmers Nr.6 in das 1,20 m entfernte Fenster des Zimmers Nr.7 zu gelangen, stürzte der Kläger ab und schlug auf den Betonboden des Innenhofes auf. Er zog sich bei dem Sturz multiple Verletzungen, nämlich mehrfache Beckenfrakturen, eine Wirbelsäulenverletzung, eine Lungenblutung, Brustkorbverletzungen und mehrfache Extremitätenfrakturen zu. In bewußtlosem Zustand wurde er in das Rudolf-Virchow-Krankenhaus eingeliefert. Der Kläger selbst hat keine Erinnerung an den Vorfall des 18.07.1995. Die zum Unfallort gerufene Polizei ermittelte, daß das Fenster im Zimmer Nr.6 eine Breite von 115 cm hatte und sich in einer Höhe von 77 cm über dem Zimmerboden befand. Das innere Fensterbrett war 28 cm tief, das äußere 18 cm tief. Zum Unfallzeitpunkt hielten sich im Zimmer Nr.7 die Mitschülerinnen ..., ..., und ... auf ... und ... wurden am 18.07.1995 polizeilich einvernommen. Auf die Protokolle vom 18.07.1995 wird Bezug genommen.
Der Vater des Klägers stellte beim Beklagten einen Entschädigungsantrag. Im Verlaufe der Ermittlungen legte er schriftliche Erklärungen der Mitschülerinnen ... und ... vom 08.10.1995 vor. Darin berichteten beide Mädchen, unmittelbar vor dem Absturz sei es zwischen dem Kläger und ... zu einer verbalen Kappelei gekommen, in deren Verlauf ... geäußert haben soll, er werde den Kläger jetzt einsperren ... gab ferner an, sie habe sich kurz im Zimmer der beiden Jungens aufgehalten und dabei den Kläger mit Nasenbluten über das Waschbecken gebeugt gesehen.
Mit Bescheid vom 24.11.1995 lehnte der Beklagte die Anerkennung und Entschädigung des Vorfalls am 18.07.1995 als Arbeitsunfall ab. Der Unfall habe in keinem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden, weil der Kläger völlig unverständlich und vernunftswidrig gehandelt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.01.1996).
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben und vorgebracht, er habe keineswegs völlig vernunftswidrig gehandelt. Allenfalls habe er leichtsinnig gehandelt und sich selbst überschätzt. Die Gefährlichkeit habe er wohl aus der auf einer Klassenfahrt typischerweise hochgeputschten Situation heraus falsch eingeschätzt. Der Versicherungsschutz könne daher nicht abgelehnt werden. Weiter hat er in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG Urteil vom 05.10. 1995 - 2 RU 44/94, Breithaupt 1996, 385) ausgeführt, die verhängnisvolle Tat habe sich aus der auf einer Klassenfahrt häufig zu beobachtenden Gruppendynamik herausentwickelt. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit sei erhalten geblieben. Das Sozialgericht hat ..., ... und ... am 25.03.1997 als Zeugen einvernommen. Auf die Niederschriften wird Bezug genommen. Während ... bestritten hat, den Kläger eingesperrt zu haben bzw. ihm mit Einsperren gedroht zu haben, hat ... ausgesagt, sie habe bei ihrem kurzen Aufenthalt im Zimmer der beiden Jungens ... sagen hören, er wolle das Zimmer verschließen. Sie habe daraufhin das Zimmer verlassen, um nicht eingesperrt zu werden. Sie sei daraufhin mit ... zusammen aus dem Zimmer gegangen. Sie habe nicht gesehen, daß dieser den Zimmerschlüssel in Händen gehalten bzw. abgesperrt habe. Was ... daraufhin gemacht habe, wisse sie nicht. Sie habe nicht mehr auf ihn geachtet und habe, nachdem sie in ihr Zimmer zurückgekommen sei und dort niemanden angetroffen habe, dieses wieder verlassen. Dabei habe sie gesehen, wie ... aus dem mit dem Kläger zusammen bewohnten Zimmer Nr.6 herausgekommen sei.
... hat erklärt, sie sei dabeigewesen, als der Kläger von den Mitschülern ... und ... aus dem von ihr und anderen Mädchen bewohnten Zimmer Nr.2 getragen wurde. Sie habe sich dann umgezogen und die Toilette aufgesucht. Auf dem Rückweg habe sie ... vor seiner Zimmertüre stehen sehen und gehört, wie dieser sagte, er wolle den Kläger jetzt einsperren. Ob er sein Vorhaben verwirklicht habe, könne sie nicht sagen.
Mit Urteil vom 13.10.1998 hat das Sozialgericht die auf Entschädigung wegen der Folgen des Unfalls vom 18.07.1995 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, daß ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Klassenfahrt nicht bestehe, weil der Kläger mit seinem waghalsigen Tun den Rahmen des noch geschützten Bereiches unbesonnenen und leichtsinnigen Verhaltens überschritten habe. Für ihn sei erkennbar gewesen, daß sein Kletterversuch in hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend sei. Zwar habe die Rechtsprechung für den Versicherungsschutz jugendlicher Arbeitnehmer nicht ohne weiteres die für erwachsene Beschäftigten geltenden Maßstäbe bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung für anwendbar gehalten. Sie habe berücksichtigt, daß junge Menschen, insbesondere Schüler auf Klassenfahrten, Gefährdungen ausgesetzt seien, die sich aus gruppendynamischen Prozessen herausentwickelten und zu riskanten Verhaltensweisen eskalieren könnten. Damit werde der Versicherungsschutz zwar auf jugendtypisches, nicht aber auf jegliches Verhalten ausgedehnt. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz entfalle dann, wenn das eigenverantwortliche Handeln des Geschädigten derart im Vordergrund stehe, daß die versicherte Tätigkeit für den Kausalverlauf nicht mehr als wesentlich angesehen werden könne. Dies sei der Fall, wenn sich der Geschädigte in so hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend verhalten habe, daß er mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen mußte, es werde zu einem Unfall kommen. Das Sozialgericht ist aufgrund der seiner Meinung nach überzeugenden und glaubwürdigen Aussagen der Zeuginnen ... und ... zur Feststellung gelangt, dem verhängnisvollen Sturz sei ein gegenseitiges Aufziehen mit seinem Zimmerkameraden ... vorausgegangen, der das gemeinsame Zimmer verlassen und geäußert habe, er werde den Kläger nunmehr einsperren. Den Angaben des Zeugen ... hat das Sozialgericht keine Glaubwürdigkeit beigemessen, weil dessen Aussage vor dem Sozialgericht am 25.03.1997 Widersprüche zu seiner polizeilichen Einvernahme am 18.07.1995 enthalte. Für nicht erwiesen hat das Sozialgericht gehalten, daß der Kläger tatsächlich von ... im Zimmer Nr.6 eingesperrt worden sei. Ohne den Nachweis der verriegelten Tür fehle ein wesentliches Element für die Annahme eines gruppendynamischen Prozesses beginnend im Zimmer Nr.2, über eine nachfolgende Neckerei im Zimmer Nr.6 bis zum Unfall. Soweit ein gruppendynamischer Prozeß stattgefunden habe, sei er beendet gewesen, als ... und ... das Zimmer Nr.6 verlassen hatten und der Kläger allein zurückgeblieben war. Die im Zimmer Nr.7 untergebrachten Mitschülerinnen seien in die vorausgegangenen Ereignisse nicht eingebunden gewesen, weswegen eine Anknüpfung an die bzw. eine Fortentwicklung der brisanten Situation nicht in Betracht kommen könne. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt 17 Jahre und 3 Monate alt gewesen und habe nach den Aussagen seiner Mitschüler und den Feststellungen seiner Lehrer über eine altersgemäße Einsichtsfähigkeit verfügt. Daß er als spontan und zu verrückten Sachen neigend galt, ändere nichts an seiner Einsichtsfähigkeit.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgebracht, es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er, wie von der Berliner Polizei angenommen, habe "fensterln" oder bei seiner Kletteraktion eine Wette habe einlösen wollen. Vielmehr dränge sich bei lebensnaher Betrachtung der Schluß auf, daß er über das Fenster habe flüchten wollen, weil er eingesperrt gewesen sei. Das Sozialgericht habe zwar den Angaben von ... keinen Glauben geschenkt, jedoch nicht die notwendige Schlußfolgerung gezogen, daß das Motiv des Zeugen zu lügen der Versuch gewesen sei, einen Schaden von sich abzuwenden. Offensichtlich habe ... zivilrechtliche Konsequenzen befürchtet. Der streitgegenständliche Unfall sei der Endpunkt eines typischen gruppendynamischen Prozesses gewesen. Ausgangspunkt sei gewesen, daß der Kläger im Spaß von ... und einem Mitschüler aus einem Mädchenzimmer hinausgeschleppt worden sei. Aus dieser zunächst harmlosen Aktion habe sich in der Folge eine ernsthafte Auseinandersetzung entwickelt. Darauf deute das von der Zeugin ... beobachtete Nasenbluten des Klägers, was dafür spreche, daß dieser einen Schlag oder Stoß auf die Nase erhalten habe. Die Anwesenheit des Mädchens ... habe wohl auch noch eine gewisse Rolle gespielt und zu einem Art "Hahnenkampf" geführt. Aus dieser Situation heraus könne die zum Unfall führende Tat des Klägers nicht als völlig vernunftswidrig verstanden werden. Vielmehr war seine Urteilsbildung und sein Kritikvermögen durch spontane Impulse derart überlagert, daß die Einsichtsfähigkeit nicht mehr zum Tragen gekommen sei.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 sowie des Bescheides vom 24.11.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.1996 zu verurteilen, ihn wegen der Folgen seines Unfalls vom 18.07.1995 zu entschädigen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 zurückzuweisen,
da das Sozialgericht zutreffend erkannt habe, daß der Kläger nicht nur leichtsinnig sondern völlig unvernünftig und unsinnig gehandelt habe und einer selbtgeschaffenen Gefahr erlegen sei. Dabei sei unerheblich, ob der Kläger kurz vor seinem Sturz für einen Moment eingesperrt gewesen sei oder nicht, da das Verhalten in jedem Fall als völlig unvernünftig einzustufen sei. Die Beweiswürdigung des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Ob eine erneute Einvernahme der beteiligten Mitschüler/Mitschülerinnen zu anderen Erkenntnissen führen könne, erscheine aus seiner Sicht zweifelhaft.
Der Senat hat die Zeuginnen ... und ... im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.05.1995 nochmals einvernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.
Im übrigen wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger bei seinem Unfall am 18.07.1995 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat, weil ein rechtlich wesentlich innerer Zusammenhang des Unfalls mit der generell als Schulveranstaltung versicherten Klassenfahrt nicht vorgelegen hat. Maßgebend für die Beurteilung sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO -, da über einen vor dem 01.01.1997 und damit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB VII - eingetretenen Versicherungsfall zu entscheiden ist (Art.36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII). Der Kläger hat demnach keinen nach § 548 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 539 Abs.1 Nr.14 Buchstabe b RVO versicherten Arbeitsunfall erlitten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs.2 SGG Bezug genommen, soweit das Sozialgericht sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit der Frage auseinandergesetzt hat, inwieweit Jugendliche in Anbetracht des ihnen innewohnenden natürlichen Spieltriebs dem Versicherungsschutz unterliegen und inwieweit die Tatsache eines gruppentypischen Verhaltens auf einer Schülergemeinschaftsveranstaltung wie einer Klassenfahrt darüber hinaus unter Umständen zu verbotswidrigem oder leichtsinnigem Verhalten führt.
Dabei hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, daß der Versicherungsschutz zwar auf jugendtypisches, nicht aber auf jegliches Verhalten ausgedehnt wird, sondern dort seine Grenzen hat, wo das eigenverantwortliche Handeln des Geschädigten derart im Vordergrund steht, daß die versicherte Tätigkeit für den Kausalverlauf nicht mehr als wesentlich angesehen werden kann. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Geschädigte sich in so hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend verhält, daß er mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen muß, es werde zu einem Unfall kommen (BSG, Urteil vom 20.05.1976, SozR 2200 § 550 Nr.14). Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, daß sich der Unfall des Klägers zu einem Zeitpunkt ereignet hat, als die Schüler sich zu Freizeitaktivitäten und damit eigenwirtschaftlichen Betätigungen hingewandt hatten. Denn auch nach der vom Senat durchgeführten Beweiserhebung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß nach der Rückkehr der Schüler von der Stadtbesichtigung noch eine weitere von der Schule organisierte Betätigung geplant hat. Vielmehr war die Abendgestaltung in das Ermessen der Schüler gestellt gewesen. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen der Zeuginnen ... und ... Damit kommt es allein darauf an, ob die zum Unfall führende Handlung das Ergebnis oder der Schlußpunkt eines schülertypischen gruppendynamischen Prozesses gewesen war. Der Senat geht, wie das Sozialgericht, davon aus, daß der verhängnisvollen Tat des Klägers tatsächlich ein gruppendynamischer Prozeß vorausgegangen war. In dessen Verlauf war der Kläger von Mitschülern aus dem von Mädchen bewohnten Zimmer 2 hinausgetragen worden. Dies war nach der Schilderung der Zeugin ... von allen Beteiligten als Spaß aufgefaßt worden. Der Kläger wirkte dabei weder agressiv noch hatte er sich gewehrt. Mit der Rückkehr des Klägers in sein Zimmer war diese Episode beendet. Ob sich im Anschluß daran ein weiterer gruppendynamischer Prozeß entwickelt hatte, aus dem heraus der Kläger den Entschluß gefaßt hatte, aus dem Fenster in das Nebenzimmer zu steigen, bleibt im Bereich der Spekulation. Objektive Anhaltspunkte, aus denen heraus sich Rückschlüsse auf einen solchen gruppendynamischen Prozeß gewinnen ließen, sind nicht feststellbar. Nach Auffassung des Senats ist es dabei unerheblich, ob der Kläger tatsächlich von ... eingesperrt worden war, oder ob er dies aufgrund der Ankündigung zumindest glauben konnte, weil nach Aussagen der Zeuginnen ... und ... zweifelsfrei solche Äußerungen von ... gemacht worden waren. Denn in beiden Fällen läßt sich nicht feststellen, daß das Verhalten der Mitschüler oder zumindest das Verhalten des Mitschülers ... maßgeblich dafür waren, daß der Kläger seinen verhängnisvollen Entschluß faßte. Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 20.05.1976 (a.a.O.) bereits ausgeführt hat, stehen Handlungen, welche nicht völlig aus dem allgemein üblichen Rahmen fallen, noch im Zusammenhang mit der Betriebs- bzw. mit der Schultätigkeit. Dabei ist darauf abzustellen, daß es gerade bei einer Spielerei, die ihrer Natur nach zu einem erheblichen Teil keine vernunftmäßig gesteuerte Tätigkeit zu sein pflegt, auf die Fähigkeit des verunglückten Schülers ankommt, deren Gefährlichkeit erkennen zu können. Zur Überzeugung des Senats steht fest, daß der Kläger, der zum Unfallzeitpunkt ein 17 1/4 Jahre alter Gymnasiast war, grundsätzlich in der Lage war, die Gefährlichkeit seines Handelns erkennen zu können. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß eine Kletterei im 3. Stock von einem Fenster zum anderen bei einem Abstand der Fensterbretter von 1,20 Meter eine Absturzgefahr nahelegt. Zu einer solchen Erkenntnis sind Jugendliche in weit geringerem Alter fähig. Daß auch der Kläger über eine entsprechende Einsichtsfähigkeit verfügte, entnimmt der Senat der Tatsache, daß der Kläger als altersgemäß entwickelter Schüler seitens der Schule beschrieben wurde. Daß die Kletteraktion im 3. Stock ohne Absicherung und ohne Hilfe anderer eine waghalsige Unternehmung war, bedarf keiner weiteren Erörterung; für diese Beurteilung ist die allgemeine Lebenserfahrung ausreichend. Es sind auch keine Gründe erkennbar, die den Kläger zu der unbesonnenen Handlung gedrängt hätten. Es mag sein, daß sich der Kläger nicht gefallen lassen wollte, von einem Mitschüler im Zimmer eingesperrt und damit seiner Freiheit beraubt zu werden. Diese subjektive Vorstellung reicht jedoch nicht aus, sein waghalsiges Unternehmen zu entschuldigen. Vielmehr war die seiner Persönlichkeit immanente Spontanität und Waghalsigkeit, wie sie die Mitschülerin Nadine Kleinert in ihrer Aussage vor der Staatsanwaltschaft Berlin geschildert hat, die wesentliche Ursache für die zum Unfall führende Handlung. Es mag sein, daß sich, wie vom Bevollmächtigten des Klägers vorgetragen, gerade zwischen dem Kläger und seinem Schulkameraden ... eine Art "Hahnenkampf" entwickelt hatte und die Tatsache, daß die Mitschülerin ... anwesend war, diese Situation noch gesteigert hat. Gleichwohl ist nicht nachvollziehbar, daß dadurch für den Kläger ein solcher psychischer Zwang entstanden war, der ihm die Fähigkeit geraubt hätte, eine andere Lösung herbeizuführen. Dabei berücksichtigt der Senat, daß für die Mitschülerin ... trotz der Ankündigung von ..., er werde die Zimmertüre verschließen, die Möglichkeit bestanden hatte, das Zimmer zu verlassen. Es stellt sich damit die Frage, aus welchem Grund dies dem Kläger nicht möglich gewesen sein soll. Zumindest wäre ein Versuch naheliegend gewesen. Selbst wenn der Kläger geglaubt haben sollte, er sei - was der Senat nicht für erwiesen hält - eingesperrt gewesen, so hätte es andere Möglichkeiten gegeben, aus dem Zimmer zu entkommen. Daß der Kläger dann die Flucht aus dem Fenster in das Nachbarzimmer gewählt hat, beruht ausschließlich auf seiner persönlichkeitsimmanenten Handlungsweise, die auch eine angenommene gruppendynamische Entwicklung derart in den Hintergrund drängt, daß ihr allein die wesentliche Ursache für den Absturz zukommt. Auch unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Klägers und des Einflusses der vorgenannten Gruppendynamik ist das Verhalten des Klägers wesentlich allein seiner Persönlichkeitsstruktur zuzumessen. Mit dem Sozialgericht ist auch der Senat zur Auffassung gelangt, daß der Kläger damit die Grenze eines leichtsinnigen schülertypischen Verhaltens überschritten hat und sein Tun als ausgesprochen vernunftwidrig zu qualifizieren ist. Hätte der Kläger versucht, die verschlossene Türe einzurennen oder hätte er versucht, mit Hilfe und Unterstützung anderer das Fensterbrett des Nachbarzimmers zu erreichen, so hätte man darin noch ein nicht ganz aus dem allgemein üblichen schülertypischen Rahmen fallendes Verhalten annehmen können. Gerade weil sich solche Anhaltspunkte nicht finden lassen und der Kläger ohne von anderen Mitschülern angestachelt oder gedrängt eigenständig den verhängnisvollen Entschluß gefaßt hatte, ist kein wesentlicher Bezug zur versicherungsrechtlich geschützten Betätigung eines Schülers herzustellen. Der Senat schließt sich daher der Auffassung des Sozialgerichts an, daß der Kläger einer bei einer privaten Verrichtung eingetretenen selbstgeschaffenen Gefahr erlegen ist. Er hat bei seinem Sturz am 18.07.1995 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.10.1998 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Es besteht kein Grund, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, weil der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abweicht und andere Gründe, die zur Zulassung der Revision führen könnten, nicht ersichtlich sind.
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