L 2 U 464/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 50/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 464/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.10.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1965 geborene Kläger, selbstständiger Schreiner, stolperte am 19.07.1995 während seiner Tätigkeit auf einer Treppe und stürzte, wobei er sich laut Bericht des Dr.S. vom 21.07.1995 eine Sprunggelenksfraktur rechts zuzog. Es liege eine Fraktur des Malleolus lateralis Fibula rechts, Fraktur Malleolus medialis Tibia rechts vor.

Am 08.08.1995 berichtete der Chirurg Dr.G. , beim Kläger liege ein Zustand nach trimalleolärer Sprunggelenksfraktur vor.

In einem Zwischenbericht vom 21.09.1995 führte Dr.S. aus, es liege beim Kläger eine bimalleoläre Sprunggelenksfraktur rechts vor.

Dr.G. führte im Bericht vom 22.01.1996 aus, die Röntgenaufnahmen vom 08.12.1995 zeigten einen Zustand nach knöchern konsolidierter trimalleolärer Fraktur in weitgehend funktionsgerechter Stellung. Es lägen keine degenerativen Veränderungen, jedoch Mindermineralisierung des eingesehenen Knochenskeletts vor. Ein Hinweis auf Sudeck bestehe nicht. Auch nach Metallentfernung liege nach wie vor eine erhebliche Weichteilvermehrung sowie deutliche Funktionseinschränkung der Flexion/Extension, Pronation/Supination vor. Der Radiologe Dr.K. beurteilte ein MRT des rechten Sprunggelenks vom 02.04.1996 dahingehend, dass beginnend arthrotische Veränderungen, posttraumatisch bedingt, betont des Innenknöchels wie auch der ventralen Tibia-Gelenkfläche mit begleitendem Gelenkerguss, vor allem in den Rezessus dorsalis auslaufend, vorlägen. Die parossalen Weichteile seien unauffällig. In einem Gutachten vom 31.07.1996 gelangte Privatdozent Dr.H. zu dem Ergebnis, an Unfallfolgen bestünden eine deutliche Bewegungseinschränkung des rechten oberen und unteren Sprunggelenks, belastungsabhängige Schwellungsneigung sowie auch Weichteilvermehrung im Bereich des distalen Unterschenkels, des Sprunggelenks und der angrenzenden Fußwurzel sowie des Mittelfußes, eine in Fehlstellung verheilte Innenknöchelquerfraktur rechts, deutliche Arthrose des oberen Sprunggelenks rechts, glaubhafte, belastungsabhängige Schmerzen beim Gehen auf unebenem Boden bei längerer Belastung, Treppeaufsteigen sowie Bergauflaufen und eine Wetterfühligkeit. Nach Eintritt der Arbeitsfähigkeit werde die MdE zunächst bei 30 v.H. liegen. Dr.G. beschrieb im Bericht vom 05.11.1996 eine deutliche Beweglichkeitseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks gegenüber links, in geringerem Umfang auch des unteren Sprunggelenks rechts gegenüber links, deutlich zu Tage tretende Muskelminderung des rechten Unterschenkels bei Weichteilmehrung des distalen Unterschenkelsprunggelenks rechts gegenüber links. Im Bericht vom 18.10.1996 führte Privatdozent Dr.H. aus, am 22.09.1996 sei es als Folge der Sprunggelenksfraktur zu einer arthrotischen Veränderung des oberen Sprunggelenks gekommen. Die Kernspinuntersuchung und die Röntgenaufnahmen hätten vor allem im vorderen Gelenkabschnitt arthrotische Veränderungen sowie eine Stufenbildung an der Gelenkfläche des Innenknöchels gezeigt. Bei der Arthroskopie am 23.09.1996 seien durch die posttraumatischen Veränderungen und Gelenkverwachsungen nur die ventralen Gelenkabschnitte einsehbar gewesen. Es hätten sich hier die bereits röntgenologisch erkennbaren arthrotischen Veränderungen gefunden, ohne dass ein Knorpel-Shaving erforderlich erschienen sei. Es sei zur besseren Übersicht eine partielle Synovektomie im vorderen Gelenkabschnitt durchgeführt worden. Er fügte den Operationsbericht vom 23.09.1996 bei.

Im Bericht vom 25.11.1996 nahm Dr.G. eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers als selbstständiger Schreiner über den 15.11.1996 Beklagte die Auffassung, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schreiner könne der Kläger auf Dauer nicht mehr ausüben. Am 22.01.1997 erstattete Privatdozent Dr.H. ein weiteres Gutachten, in welchem er die unfallbedingte MdE mit 20 v.H. bemaß. Der Kläger habe auch über zunehmende Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks und insbesondere des rechten Hüftgelenks durch die Fehlbelastung geklagt. Röntgenaufnahmen des Beckens hätten eine beginnende Coxarthrose beidseits, rechts geringfügig stärker ausgeprägt als links mit Pfannendachsklerosierung und Randwulstungen ergeben. Auf Anfrage der Beklagten vom 13.06.1997 teilte Privatdozent Dr.H. mit Schreiben vom 19.08.1997 mit, im Gutachten vom 31.07.1996 sei ein angegebener Hüftschaden festgestellt worden, der in der Bewertung bereits berücksichtigt sei. Im Gutachten vom 31.07.1996 hatte Dr.H. darauf hingewiesen, dass beim Kläger anamnestisch eine angeborene Hüftgelenkserkrankung vorliege. Er wiederholte nochmals die im Gutachten genannten Unfallfolgen. In einer Stellungnahme vom 18.09.1997 führte der Beratungsarzt der Beklagten Dr.E. aus, das Gutachten des Privatdozent Dr.H. sei schlüssig, er schließe sich der MdE-Einschätzung mit 20 v.H. auf Dauer an. Als Unfallfolgen bestehe eine posttraumatische Arthrose des rechten Fußgelenks mit wesentlicher Funktionsbehinderung.

Mit Bescheid vom 05.11.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente ab 09.04.1997 bis auf weiteres.

Am 30.03.1998 stellte sich der Kläger erneut dem Chirurgen Dr.G. vor und machte geltend, er leide an zunehmender Schwellung des rechten oberen Sprunggelenks sowie zunehmendem Spannungsgefühl und Schmerzen. Beim Kläger liege eine deutliche Schwellung des oberen Sprunggelenks im distalen Drittel des Unterschenkels, der Fußwurzel Mittelfuß vor. Es bestünden Schmerzen bei Extension, Flexion-Pronation, Supination und Belastungsschmerzen.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr.H. vom 23.10.1998 ein, der ausführte, im Vergleich zu den zuletzt erhobenen Befunddaten im Gutachten vom 22.01.1997 lasse sich eine deutliche Verbesserung der Befunde am rechten oberen und unteren Sprunggelenk belegen. Während seinerzeit die Hebebewegung aufgehoben gewesen sei, sei sie jetzt nahezu normgerecht wiederhergestellt. Auch die Senkbewegung im oberen Sprunggelenk sei nicht mehr nennenswert beeinträchtigt. Bei der Rückfuß- und Vorfußfunktion sei die Beweglichkeit seitengleich. Dies belege auch die Fotodokumentation. Die seitengleiche Sohlenbeschwielung spreche ebenso wie die fehlende Muskelverschmächtigung am Ober- und Unterschenkel rechts gegen den hier demonstrierten Mindergebrauch des betroffenen Beins. Insbesondere bestehe Diskrepanz zwischen dem Umstand, dass Paresen nicht vorlägen, der Versicherte aber angegeben habe, den Vorfußstand rechts nicht vorführen zu können. Das im Untersuchungszimmer vorgeführte Gangbild stehe in nicht erklärbarem Zusammenhang mit probandenunabhängigen Befunden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei mit 10 v.H. zu bemessen.

Nach erfolgter Anhörung entzog die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.1998 die bisher gewährte Rente mit Ablauf des Monats November 1998, da in den Verhältnissen, die beim Erlass des rentengewährenden Bescheides vorgelegen hätten, folgende wesentliche Änderungen eingetreten seien: "Eine Bewegungseinschränkung im rechten unteren Sprunggelenk liegt nicht mehr vor. Die Bewegung im rechten oberen Sprunggelenk hat sich deutlich gebessert". Die MdE betrage jetzt 10 v.H.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.1999 zurück.

Dagegen wandte sich der Kläger mit der Klage vom 15.02.1999 und machte geltend, es liege nach wie vor eine Bewegungseinschränkung im rechten unteren Sprunggelenk vor. Die Bewegung im rechten oberen Sprunggelenk habe sich nicht deutlich gebessert.

Das Sozialgericht zog einen Behandlungsbericht des Dr.G. vom 25.03.1999 bei, der bescheinigte, dass seit 1998 eine wesentliche Verschlechterung mit chronisch rezidivierendem Reizzustand, Belastungsarthritis eingetreten seien. Er legte einen Arztbrief des Nervenarztes Dr.M. vom 28.01.1999 bei, der ausführte, eine (der angegebenen Sensibilitätsstörung entsprechende) Nervenschädigung habe er bei der heutigen Untersuchung nicht nachweisen können.

Das SG holte ein Gutachten des MD R. vom 17.01.2000 ein, der ausführte, das jetzt hinkende Gangbild sei durch die Unfallfolgen nicht erklärlich. Die Sohlenbeschwielung sei seitengleich. Es bestehe jetzt noch eine Einschränkung der Hebebewegung im oberen Sprunggelenk um 5 Grad gegenüber links und der Senkbewegung um 10 Grad gegenüber links, ferner eine geringe Umfangsvermehrung des rechten oberen Sprunggelenks, eine Verdickung des Gewebes im Bereich des rechten Retinaculums hinter dem Innenknöchel und eine reizlose Narbe über Außen- und Innenknöchel. Es sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Die Hebebewegung, die seinerzeit aufgehoben war, sei jetzt fast wieder im Normbereich. Auch die Senkbewegung im oberen Sprunggelenk sei nur noch mäßiggradig beeinträchtigt.

Weiter holte das SG gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Arztes für innere Medizin Dr.B. vom 08.02.1999 ein, der eine deutliche Bewegungseinschränkung im rechten oberen und unteren Sprunggelenk nach Sprunggelenksfrakturen im Juli 1995, mäßige Schwellneigung in der Knöchelregion rechts, geringfügige Muskelminderung der rechten unteren Extremität und zunehmende Arthrose des Sprunggelenks mit zeitweiligen Reizzuständen nach bisherigem Verlauf und anamnestischen Angaben feststellte. Er komme bei seiner Untersuchung auf dieselben Unfallfolgen, die Privatdozent Dr.H. am 29.01.1997 festgestellt habe. Nach allgemeiner Erfahrung, so auch in diesem Fall, sei bei Traumata in den Gelenken und damals schon festgestellter beginnender Arthrose ca. 1½ Jahre nach dem Unfall mit keiner weiteren Besserung mehr zu rechnen. In aller Regel nehme die Gelenksarthrose und damit die Bewegungseinschränkung zu. Dies zeige auch die Tatsache, dass der Untersuchte nunmehr orthopädische Schuhe trage. Auch die in den letzten Jahren notwendigen Behandlungen von Reizzuständen im rechten Sprunggelenk sprächen für eine fortschreitende Verschlechterung. Es sei keine Besserung eingetreten. Auch ab 01.12.1998 sei von einer MdE von 20 v.H. auszugehen.

Hierzu nahm der Beratungsarzt Dr.S. am 19.07.2000 Stellung und führte aus, in allen vorliegenden Gutachten sei von einer Besserung der Unfallfolgen auszugehen. Die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks habe sich gebessert. Habe im Bezugsgutachten noch eine Unmöglichkeit der Fußhebung vorgelegen, so sei diese mittlerweile gebessert. Allenfalls könne von einer endgradigen Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks ausgegangen werden. Von zwei Gutachtern werde auch eine freie Beweglichkeit des unteren Sprunggelenks ermittelt. Dr.B. beschreibe eine mittelgradige Einschränkung der Pro- und Supination. Für die Beurteilung der MdE wesentliche Kriterien könnten aus dem von Dr.H. erhobenen Röntgenbefund nicht herausgelesen werden. Eine Verbreiterung der Knöchelgabel oder eine Sprengung der Bandverbindung, eine sekundäre Verkantung des Sprungbeines lägen nicht vor. Allenfalls liege eine sekundäre Arthrose vor, wobei diese jedoch allenfalls als beginnend anzusehen sei. Die Kriterien für einen Knöchelbruch mit sekundärer Arthrose mit wesentlicher Funktionsstörung könnten im vorliegenden Fall nicht bestätigt werden. Somit sei es unter Berücksichtigung des Bezugsgutachtens in der Zwischenzeit zu einer Besserung gekommen und die MdE sei mit 10 v.H. befundangemessen einzuschätzen.

Mit Urteil vom 18.10.2000 wies das SG Regensburg die Klage ab. Es bezog sich vor allem auf das Gutachten des Medizinaldirektor R ...

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, die posttraumatische Arthrose habe sich im Laufe der Zeit verschlechtert. Er bezieht sich insoweit auf das Gutachten des Dr.B ... Auch der Befundbericht des Dr.G. ergebe eine Verschlechterung in den Unfallfolgen.

Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Dr.F. vom 06.04.2001 eingeholt, der ausführt, bei der Funktionsprüfung könne der rechte Fuß um 10 Grad weniger als der linke gesenkt werden. Ansonsten sei kein Bewegungsverlust messbar. Rechts gebe der Kläger Bewegungsschmerzen an. Die Umfangsmessung erbringe eine leichte Muskelminderung der rechten Wade und eine geringe Verdickung des rechten Sprunggelenks. Im Bereich der über dem Innenknöchel laufenden Narbe gebe der Kläger Sensibilitätsstörungen an. Radiologisch zeige sich eine verbreiterte Gabel im rechten Sprunggelenk mit bereits deutlicheren degenerativen Veränderungen. Oberhalb der Syndesmose sei eine Verknöcherung entstanden, die jedoch Schien- und Wadenbein nicht verbinde. Grundsätzlich sei die Besserung des Funktionsbefundes so stark ausgeprägt, dass ein Anstieg der Erwerbsfähigkeit um mehr als 5 v.H. dadurch bedingt werde. Das Problem liege im Fall des Klägers jedoch darin, dass bisher eine Sprunggelenksgabel-Sprengung nicht festgestellt worden sei. Diese sei aber radiologisch eindeutig erkennbar. Heutzutage seien Gabelsprengungen im Sprunggelenk relativ selten zu finden, da die modernen Operationstechniken ein solch ungünstiges Ergebnis im Regelfall verhinderten. Betrachte man hierzu die Röntgenaufnahmen aus 1995, so ergebe sich, dass eine völlig insuffiziente Osteosynthese durchgeführt worden sei. Die gut zentrierte Röntgenaufnahme des rechten Sprunggelenks vom 27.07.1995 ergebe ebenso wie die weiteren Röntgenaufnahmen aus diesem Zeitraum, dass primär eine deutliche Verbreiterung der Sprunggelenksgabel bestanden habe. Es habe offensichtlich die abgerissene Innenknöchelspitze nicht richtig reponiert und fixiert werden können. Auf die Einbringung einer Stellschraube habe man völlig verzichtet, obwohl eine solche angesichts der Sprunggelenksgabelsprengung dringend erforderlich gewesen wäre. Vielmehr habe man den Eindruck, dass einer der Kirschner-Drähte im Außenknöchel sogar die Syndesmose weiter aufgesprengt habe. Diese insuffiziente operative Versorgung des Sprunggelenks erkläre das heutige Ergebnis zwanglos. Nach Schoenberger-Mehrtens-Valentin betrage die MdE dann bis 10 %, wenn ein Knöchelbruch in guter Stellung unter Erhaltung der Knöchelgabel verheilt sei. Wäre die Sprunggelenksgabel des Klägers intakt, so wäre die MdE mit 10 v.H. korrekt angesetzt. Nachdem die Knöchelgabel eindeutig verbreitert sei und bereits deutliche arthrotische Veränderung im Sprunggelenk abliefen, sei die MdE mit 10 v.H., unabhängig von bisherigen Einschätzungen zu niedrig angesetzt. Er schätze die MdE mit 20 v.H. ein. Eine MdE von 30 v.H. könne nur dann gesehen werden, wenn eine wesentliche Funktionsstörung mit der Sekundärarthrose verbunden wäre, was bislang nicht der Fall sei. Trotz der Gabelsprengung sei der Kläger offensichtlich in der Lage, die Verletzungsfolgen gut zu kompensieren. Dies werde so lange möglich sein, bis es zu einer Abnahme der Knorpelfläche gekommen sein werde, die bislang nicht zu verzeichnen sei. Der Sprunggelenkspalt sei noch erstaunlich gut weit. Die Arthrose bestehe bislang nur in deutlichen knöchernen Ausziehungen, hauptsächlich auf der Seitaufnahme erkennbar. Nach alledem sei er der Auffassung, dass trotz der eindeutig nachgewiesenen Besserung im funktionellen Befund dennoch eine MdE von 20 v.H. nach den üblichen Rentensätzen der gesetzlichen Unfallversicherung berechtigt sei.

Hierzu legte die Beklagte eine Stellungnahme des Orthopäden Dr.A. vom 06.08.2001 vor. Dieser gelangt nach Auswertung der Röntgenaufnahmen zu dem Ergebnis, die Sprunggelenksgabelsprengung rechts sei als Unfallfolge anzusehen. Dr.F. habe bei seiner Begutachtung bei der Funktionsprüfung des rechten Sprunggelenks nur noch eine Bewegungseinschränkung von 10 Grad bei Fußsenkung festgestellt. Das untere Sprunggelenk sei seitengleich frei gewesen. Es habe sich keine Muskelminderung am Oberschenkel im Seitvergleich, am rechten Unterschenkel eine Umfangsminderung von -1 cm gegenüber links und am rechten Sprunggelenk eine Umfangsvermehrung von +1 cm gegenüber links gefunden. Dr.F. komme mit Recht zu dem Ergebnis, dass so gut wie keine Funktionsstörung am rechten Sprunggelenk mehr vorliege. Nicht nachvollzogen werden könne deshalb die Aussage, dass, wäre die Sprunggelenksgabel des Klägers intakt, die MdE mit 10 v.H. korrekt angesetzt wäre. Es müsse seines Erachtens vielmehr angenommen werden, dass die MdE in diesem Fall mit unter 10 v.H. einzuschätzen wäre. Nachdem die Knöchelgabel eindeutig verbreitert sei und arthrotische Veränderungen im Sprunggelenk innenseitig vorlägen, sei bei nahezu freier Funktion des rechten Sprunggelenks seines Erachtens die MdE mit 10 v.H. nicht zu niedrig angesetzt. Nach Bereiter/Hahn/Schieke/Mehrtens Anhang 12 J030 sei ein Knöchelbruch in guter Stellung und Erhaltung der Knöchelgabel mit 0 bis 10 v.H. einzuschätzen. Ein Knöchelbruch mit Verbreiterung der Knöchelgabel oder Sprengung der Bandverbindung, sekundärer Verkantung des Sprungbeins oder sekundärer Arthrose mit wesentlicher Funktionsstörung sei mit einer MdE von 30 v.H. einzuschätzen. In vorliegendem Fall bestehe keine wesentliche Funktionsstörung und keine sekundäre Verkantung des Sprungbeins, sodass seines Erachtens auch keine MdE mit 20 v.H. angenommen werden könne. Dr.F. führe aus, dass eine wesentliche Funktionsstörung mit einer Sekundärarthrose bisher nicht vorhanden sei. Aus diesem Grund halte er, Dr.A. , die Einschätzung der Unfallfolgen mit einer MdE von 10 v.H. derzeit für befundentsprechend. Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Dr.F. eingeholt, der ausführt, er habe die MdE unter Berücksichtigung der Standardliteratur vorgeschlagen. Danach sei eine MdE bis 10 v.H. bereits möglich, wenn ein Knöchelbruch in guter Stellung unter Erhalt der Knöchelgabel verheilt sei. Sei jedoch die Knöchelgabel verbreitert oder die Bandverbindung gesprengt oder eine sekundäre Verkantung des Sprungbeins oder eine sekundäre Arthrose mit wesentlicher Funktionsstörung eingetreten, werde die MdE mit 30 v.H. angesetzt. Im Fall des Klägers sei der Bewegungsverlust des rechten Sprunggelenks erstaunlich gering und betrage nur 10 v.H. Es würden Bewegungsschmerzen geäußert. Die Umfangsmessung ergebe eine leichte Abschwächung der Muskulatur des rechten Unterschenkels. Etwas verdickt sei das rechte Sprunggelenk ebenfalls um 1 cm. Es seien radiologisch-degenerative Veränderungen vor allem an der Außenknöchelspitze am Sprungbein sowie an der vorderen und hinteren Schienbeinkante gesehen worden. Diese Verschleißerscheinungen seien links nicht vorhanden. Er interpretiere die Feststellungen von Schoenberger-Mehrtens-Valentin dahingehend, dass sehr wohl morphologische Strukturveränderungen die Höhe der MdE nach abgelaufenen Verletzungen des Sprunggelenks bestimmten, da ausdrücklich die Verbreiterung der Knöchelgabel die Höhe der MdE bestimme, wobei ein wesentlicher Funktionsverlust bereits mit einer MdE von 30 v.H. einzustufen wäre. Seines Erachtens sei die Benennung der morphologischen Verletzungsfolgen nach abgelaufenen Sprunggelenksläsionen auch realistisch, da eine gesprengte Bandverbindung stärkere permanente subjektive Beschwerden verursachen müsse. Das Sprunggelenk werde nicht mehr in der Knöchelgabel geführt, sei also in sich instabil, weshalb sich im Fall des Klägers hier auch die sekundären Veränderungen hätten entwickeln können. Er habe eine MdE von 30 v.H. natürlich nicht vorgeschlagen, da ein wesentlicher Funktionsverlust bislang nicht eingetreten sei, sei aber jedoch auch nicht der Auffassung, dass der Kläger vergleichbar sei mit einem Verletzten, dessen Knöchelbruch in guter Stellung unter Erhalt der Knöchelgabel verheilt sei, wofür eine MdE von 0 bis 10 v.H. angesetzt werden könne. Im Hinblick auf die arthrotischen Veränderungen, die Gabelsprengung und den leichten Funktionsverlust sei er der Meinung, dass Unfallfolgen vorlägen, die eine MdE in rentenberechtigendem Grade begründen ließen. Seines Erachtens sei auch zu bedenken, dass im Gutachten des Dr.H. vom 24.10.1998 ebenfalls nur geringe Bewegungsstörungen im oberen Sprunggelenk und eine geringe Umfangsvermehrung des Sprunggelenks hätten festgestellt werden können. Nicht gesehen worden sei auf Grund der röntgenologisch festgestellten Unfallfolgen die eindeutige Gabelsprengung, deren Existenz ja seitens der Beklagten auch unmissverständlich eingeräumt werde. Wenn also schon ohne die Feststellung der MdE-wirksamen Gabelsprengung von Dr.H. eine MdE von 10 v.H. angesetzt worden sei, vermöge er nicht zu erkennen, warum jetzt bei korrekter Definition der Unfallfolgen eine MdE von mehr als 10 v.H. nicht mehr erreicht werden solle.

Die Beklagte vertrat dazu mit Schriftsatz vom 08.10.2001 die Auffassung, es ergäben sich aus der ergänzenden Stellungnahme keine neuen wesentlichen Erkenntnisse, die sie zu einer Änderung der bislang vertretenen Auffassung bewegen könnten. Sie hielten weiterhin eine MdE von 10 v.H. für befundangemessen, da keine wesentliche Funktionseinschränkung im rechten Sprunggelenk vorliege. Die Minderung bzw. der Ausfall von Körper- und Gliedmaßfunktionen sei für die Höhe der MdE der entscheidende Maßstab.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.10.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.11.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen des Unfalls vom 19.07. 1995 Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. zu gewähren (Schriftsatz vom 14.11.2000).

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Regensburg beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Die Entscheidung richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da Rentenleistungen vor dem 01.01.1997 erstmals festzusetzen waren (§ 214 Abs.3 SGB VII).

Gemäß § 48 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. In den Folgen des Unfalls vom 19.07.1995, die zur Gewährung einer Rente in Höhe von 20 v.H. durch Bescheid vom 05.11.1997 geführt haben, ist eine so wesentliche Besserung eingetreten, dass seit 01.12.1998 keine rentenberechtigende MdE mehr vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Orthopäden Dr.H. , das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 118, Anm.12b) aber auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.F ... Insbesondere hat sich die Beweglichkeit am rechten oberen und unteren Sprunggelenk verbessert. Wie Dr.H. ausführt, ist die Hebebewegung im oberen und unteren Sprunggelenk jetzt nahezu normgerecht wiederhergestellt, während sie im oberen Sprunggelenk bei der Begutachtung durch Dr.H. im Januar 1997 noch aufgehoben war. Auch die Senkbewegung im oberen Sprunggelenk ist nicht mehr nennenswert beeinträchtigt. Die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenks ist zu der des linken unteren Sprunggelenks seitengleich. Dr.H. betont, dass die seitengleiche Sohlenbeschwielung ebenso wie die fehlende Muskelverschmächtigung am Ober- und Unterschenkel gegen den demonstrierten Mindergebrauch des betroffenen rechten Beines spricht. Diese Beurteilung wird durch die Feststellungen des Sachverständigen Dr.F. bestätigt. Er weist darauf hin, dass die Beweglichkeit des Sprunggelenks anlässlich der Untersuchung durch Dr.H. bei Fußhebung und -senkung um je 20 Grad, bei den Fußumwendungen um 50 % eingeschränkt war, während inzwischen nur noch ein minimaler Bewegungsverlust im rechten Sprunggelenk vorliegt. Das rechte Sprunggelenk war damals deutlich mehr verdickt als heute. Entsprechend gelangt Dr.F. zu dem Ergebnis, dass funktionell eine wesentliche Besserung eingetreten ist, da so gut wie keine Funktionsstörung mehr im rechten Sprunggelenk vorliegt und sich die Umfangsverhältnisse optimiert haben. Eine reduzierte Fußsohlenbeschwielung rechts ist nicht mehr nachweisbar. Diese Besserung des Funktionsbefundes ist so stark ausgeprägt, dass dadurch ein Anstieg der Erwerbsfähigkeit um mehr als 5 v.H. bedingt wird. Auch Dr.F. betont, dass die MdE, abgesehen von der Sprunggelenksgabel, 10 v.H. beträgt. Die von beiden Gutachtern festgestellten Besserungsmerkmale decken sich auch mit den von Dr.A. in der Stellungnahme vom 06.08.2001 beschriebenen. Auch dieser Arzt schätzt die verbliebene MdE mit nur noch 10 v.H. ein. Damit liegt eine wesentliche Besserung vor, die die Entziehung der Rente rechtfertigt.

Die Besserung wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die unfallbedingte MdE im Übrigen höher einzustufen wäre.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (vgl. BSG SozR 2200, § 581, Nrn.22 und 28). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen hierzu haben keine verbindliche Wirkung, sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Bei der Bewertung der MdE sind auch die von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl. BSG SozR 2200, § 581, Nr.23). Zwar ist es richtig, wie Dr.F. ausführt, dass nach den Anhaltspunkten zur Bemessung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung ein in guter Stellung unter Erhaltung der Knöchelgabel ohne Funktionseinbuße verheilter Knöchelbruch eine MdE von 0 bis 10 v.H. bedingt, dagegen für einen Knöchelbruch mit Verbreiterung der Knöchelgabel oder Sprengung der Bandverbindung, sekundärer Verkantung des Sprungbeins oder sekundärer Arthrose mit wesentlicher Funktionsstörung eine MdE in Höhe von 20 bis 40 v.H. veranschlagt wird (vgl. Mehrhoff-Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Auflage, S.154), doch sind, wie das BSG in der angeführten Entscheidung dargelegt hat, diese Erfahrungssätze im Einzelfall nicht bindend. Bei jeder Beurteilung sind vielmehr die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. Mollowitz, Der Unfallmann, 11. Auflage, S.57). Die Rentenbegutachtung ist im Kern Funktionsbegutachtung, d.h., maßgeblich ist die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens, wobei es auf die gegenwärtige körperliche Einbuße ankommt (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufkrankheiten, 6. Auflage, S.152). Maßstab für die Bewertung der MdE bilden danach nicht etwa anatomische Defekte oder Schäden, sondern die Funktionsfähigkeit des verletzten Körperteils (vgl. Mehrhoff/Muhr, S.99). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist deshalb auch im Fall des Klägers auf die Funktionstüchtigkeit des vom Unfall verletzten Sprunggelenks abzustellen und nicht auf den Umstand, dass es durch den Unfall auch zu einer Knöchelgabelsprengung gekommen ist. Diese zieht zumindest gegenwärtig noch keine weiteren Funktionseinschränkungen im Sprunggelenk des Klägers nach sich. Diesbezüglich legt Dr.F. dar, dass die Gabelsprengung zwar radiologisch eindeutig erkennbar ist, der Sprunggelenksspalt jedoch noch erstaunlich gut weit ist und der Bewegungsverlust des rechten Sprunggelenks ebenso erstaunlich gering ist und nur 10 Grad beträgt. Das Vorhandensein der Gabelsprengung kann deshalb bislang die unfallbedingte MdE, die schon von Dr.H. mit 10 v.H. bemessen wurde, nicht weiter erhöhen. Zwar führt Dr.F. in der ergänzenden Stellungnahme aus, dass die Benennung der morphologischen Verletzungenfolgen nach abgelaufenen Sprunggelenksläsionen auch realistisch seien, da eine gesprengte Bandverbindung stärkere permanente Beschwerden verursachen müsse, doch spricht gegen eine schmerzbedingte Schonung des Fußes die nur leichte Abschwächung der Muskulatur des rechten Unterschenkels und die seitengleiche Sohlenbeschwielung. Es mag auch sein, dass eine Verschlechterung anzunehmen ist, wenn es zu einer Abnahme der Knorpelfläche gekommen sein wird, wie Dr.F. befürchtet, doch ist diese auch nach seinen eigenen Feststellungen bislang nicht zu verzeichnen. Die Berufung des Klägers kann nach allem keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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