Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 273/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RJ 78/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. März 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Klägerin als Spätaussiedlerin ein Recht auf Leistung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes beanspruchen kann.
Der im Jahre 1935 geborene und am ... 1985 verstorbene Versicherte H. G. - V. - war Wolgadeutscher und lebte zuletzt in Kasachstan. Dort ist er verstorben.
Die am ... 1935 geborene Klägerin reiste im April 2001 nach Deutschland ein und wurde hier als Spätaussiedlerin nach § 4 Bundesvertriebenengesetz - BVG - anerkannt. Sie hat, ebenso wir ihr verstorbener Ehemann, keine Versicherungszeiten nach Bundesrecht zurückgelegt und bezieht eine Rente aus eigenen anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz - FRG -.
Am 23. April 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des V. Mit Bescheid vom 28. Januar 2001 erkannte die Beklagte den Rentenanspruch an, lehnte aber eine Zahlung ab: Zwar habe die Klägerin einen Anspruch auf große Witwenrente ab dem Tag des Zuzugs nach Deutschland gemäß § 30 FRG, ein Zahlbetrag ergebe sich jedoch nicht, da die höchstmöglichen Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG bereits in der Rente aus eigener Versicherung berücksichtigt seien.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 08. Februar 2002, mit dem sie vortrug, sie verstünde nicht, wie die Ablehnung erfolgen könne, da der Leistungsfall bereits im April 2001 eingetreten sei, so dass die Neuregelung des FRG auf sie keine Anwendung finden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück:
Die Entgeltpunkte ergäben sich aus anrechenbaren Zeiten nach den Vorschriften des FRG. Gemäß § 22 b FRG seien für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nach dem 06. Mai 1996 genommen hätten, dessen Vorschriften anzuwenden, wonach für Zeiten nach dem FRG für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt werden könnten. Da die Klägerin, wie sie zutreffend darlege, erst seit April 2001 in Deutschland lebe, sei diese Vorschrift auf sie anwendbar. Da der Rente der Klägerin aus eigener Versicherung 25 Entgeltpunkte, die höchstmögliche Anzahl, zugrunde gelegt seien und nur 24,7653 Entgeltpunkte für die Witwenrente bestünden, sei diese nicht zu zahlen.
Hiergegen hat sich die am 25. Juli 2002 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen hat, bereits der Wortlaut des § 22 b FRG rechtfertige die Nichtzahlung der Witwenrente nicht. Entgeltpunkte seien allein bei einer Rente aus eigenem Recht von Belang, nicht jedoch bei einer Hinterbliebenenrente. Die Klägerin hat sich auf das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. August 2001, Aktenzeichen B 4 RA 118/00 R, bezogen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 28. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2002 zu verurteilen, der Klägerin Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten Heinrich Guk zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und ergänzend vorgetragen, die vom BSG vertretene Auffassung werde von ihr in Übereinstimmung mit den anderen Rentenversicherungsträgern nicht geteilt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26. März 2003 die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des V. zu zahlen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:
Zu Unrecht hat die Beklagte entschieden, das sich ein Zahlbetrag aus der anerkannten Großen Witwenrente nicht ergäbe, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz vorrangig aus der Rente aus eigener Versicherung zu berücksichtigen sind.
Denn § 22 b FRG rechtfertigt ein derartiges Vorgehen allein beim Zusammentreffen mehrerer eigener Rentenrechte eines Berechtigten beziehungsweise mehrere eigener Rechte von Ehegatten oder von Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft; weder unmittelbar noch in analoger Anwendung ergibt sich aus der Vorschrift dagegen eine Begrenzung der nach dem FRG berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte auch für die Inhaber einer Hinterbliebenenrente aus einer eigenen Rente.
Unabhängig davon, ob der Ehegatte der Klägerin die für die Gewährung der Witwenrente erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hat, hat die Beklagte durch bindenden (§ 77 SGG) Verwaltungsakt im Bescheid vom 28. Januar 2002 den Anspruch auf Große Witwenrente anerkannt. Hiervon hat das Gericht auszugehen.
Dass die Rente ab dem 14. April 2001 (Rentenbeginn) nicht gezahlt werde, ist allerdings als Regelung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat sich diesbezüglich zu Unrecht auf den rechtsvernichtenden materiell-rechtlichen Einwand berufen, dass sich ein Zahlbetrag nicht ergäbe, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG vorrangig in der Rente aus eigener Versicherung zu berücksichtigen sind.
Die Kammer bezieht sich dazu auf das Urteil des BSG vom 30. August 2001 zum Aktenzeichen B 4 RA 118/00 R, dem sie sich vollumfänglich anschließt.
Das BSG führt hierzu aus:
" ... § 22 b FRG ist durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-gesetz - WFG) mit Wirkung vom 07. Mai 1996 (Art. 12 Abs. 2 WFG) eingefügt worden. Für Berechtigte, die nach dem 06. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben (Art. 6 § 4 b des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes - FANG - in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 WFG) werden danach für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde gelegt (Abs. 1 Satz 1). Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren (Satz 2). Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind nach Satz 3, a. a. O., der nachträglich durch Art. 12 Nr. 2 RRG 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 2998) mit (Rück-)Wirkung vom 07. Mai 1996 (Art. 33 Abs. 7 BRG 1999) angefügt wurde, vorrangig zu berücksichtigen. Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben (§ 22 b Abs. 2 FRG).
Die Beklagte entnimmt § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG (sinngemäß) zu Unrecht den Obersatz, ein Berechtigter könne als Inhaber mehrerer Rechte auf Rente ausnahmslos nur die Berücksichtigung von höchstens 25 Entgeltpunkten nach dem FRG begehren. Wäre dies zutreffend, könnte auch die Klägerin für die ihr zuerkennten Rechte auf Alters- und Hinterbliebenenrente insgesamt nur die Berücksichtigung von höchstens 25 Entgeltpunkten für anrechenbare Zeiten nach dem FRG beanspruchen, die indessen mit ihrer Altersrente bereits verbraucht wären. Anders als alle anderen rentenberechtigten Witwen von Versicherten (und ihnen Gleichgestellten) wäre die Klägerin unter diesen Umständen nur Inhaberin eines letztlich leeren Rechts auf Witwenrente und bliebe im Ergebnis auf den Wert ihrer eigenen Rente und die hieraus monatlich erwachsenden Einuzelansprüche beschränkt.
Sie erhielte damit aus der gesetzlichen Rentenversicherung allein die (pauschal) am Bedürftigkeitsprinzip beziehungsweise dem Grundsatz der Existenzsicherung (vgl. Polster, DRV 1997, 64) orientierte besondere Sozialrente für Spätaussiedler, die der Bundesgesetzgeber in vordergründiger Anknüpfung an das SGB VI in Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 72 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 Nr. 6 GG eingeführt hat (vgl. hierzu im Einzelnen: Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Streitsache B 4 RA 87/00 R). Der auf der Grundlage von höchstens 25 Entgeltpunkten für FRG-Zeiten ermittelte monatliche Wert einer derartigen Rente (von hier im Kalenderjahr 1996 zunächst 1 155,75 DM (= 25 x 46,23 DM) liegt dabei stets und ausnahmslos höchstens unterhalb des durchschnittlichen Bedarfs an sozialhilferechtlicher Hilfe zum Lebensunterhalt von etwa 1997 1 547,00 DM in den alten und 1 336,00 DM in den neuen Ländern (vgl. Breuer/Engels, Grundinformationen und Daten zur Sozialhilfe, im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Köln 1999, S. 24). Er orientiert sich an der Eingliederungshilfe des § 62 a AFG/§ 418 SGB III von im selben Jahr - bei einem gerundeten Bemessungsentgelt von 570,00 DM pauschaliert zugrunde gelegten Abzügen in Höhe von 30 v. H. hieraus und einem maßgeblichen Leistungssatz von 53 % - überschlägig 915,00 DM monatlich (vgl. hierzu § 421 SGB III und BT-Drucksache 13/4610, 28). Als Ausdruck eines radikalen Systemwechsels werden damit all diejenigen, bei denen sich aufgrund der vorangegangenen Schritte der Wertfestsetzung und trotz Kürzung um 40 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG noch mehr als 25 Entgeltpunkte ergeben, im Ergebnis gleich behandelt; die konkrete und umfangreiche Ermittlung einer rentenrechtlichen Rangstelle in diesem Zusammenhang dient demgegenüber gerade nicht mehr der nachträglichen Bestimmung einer individuellen Rangstelle auf der Grundlage eines vollständigen Erwerbslebens im Inland, sondern nur noch der Feststellung, ob im Einzelfall eine Wertfestsetzung auf der Grundlage von weniger als 25 Entgeltpunkten (und damit im Ergebnis unterhalb des pauschal und fiktiv angenommenen Bedarfs) in Betracht kommt.
Der von der Beklagten erhobene Einwand eines bereits eingetretenen Verbrauchs der nach dem FRG höchstens berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte betrifft indessen - seine Verfassungsmäßigkeit unterstellt (vgl. auch insofern Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Streitsache B 4 RA 87/00 R) - nur Versicherte, die verschiedene Rechte auf Rente aus eigener Versicherung haben, bei denen für sie jeweils Zeiten nach dem FRG anrechenbar sind. Allein in diesen Fällen gilt, dass ihnen aufgrund ihrer Arbeit im Vertreibungsgebiet Rangstellenwerte in der deutschen Rentenversicherung nur einmal und höchstens bis zu 25 Entgeltpunkte zuerkannt werden.
Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, wenn ein Begünstigter - wie hier die Klägerin - neben einem Recht auf Rente aus eigener Versicherung noch ein aus der Versicherung des verstorbenen Ehegatten abgeleitetes Recht auf eine Hinterbliebenenrente hat. Bereits der Wortlaut des § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG (‚anrechenbare Zeiten‘, ‚Berechtigte‘) steht seiner Anwendung auch im hier maßgeblichen Zusammenhang der Wertbestimmung von Hinterbliebenenrenten durchgreifend entgegen. Der Wert von Hinterbliebenenrenten beruht nämlich im Gegensatz zu demjenigen von Versichertenrenten, die den Ersatz entfallenen Erwerbseinkommens bezwecken, gerade nicht auf einer individuellen Rangstelle und dem Maß, in dem der Rentner selbst während seiner aktiven Erwerbsphase im jährlichen Vergleich mit den zeitgleich Versicherten zum damaligen Beitragsaufkommen beigetragen hat. Sie leiten sich vielmehr entsprechend ihrer andersgearteten Funktion, Ersatz für den - bei Witwen stets gesetzlich unterstellten und nicht konkret nachzuweisenden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Dreier-Ausschusses vom 29. September 1981, 1 BvR 185/81, SozR 2200 § 1265 Nr. 57) - Unterhalt durch den Verstorbenen zu leisten, ohne eigene Vorleistung des Rentners beziehungsweise ohne besondere Vorleistung des Versicherten nach den Gesichtspunkten des Unterhaltsersatzes aus der Rente des Versicherten ab (BVerfGE 48, 346, 347 = SozR 2200 § 1268 Nr. 11 und BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr. 1).
Aus demselben Grund kann auf Sacherhalte der vorliegenden Art auch § 22 b Abs. 1 Satz 3 FRG keine Anwendung finden. Danach sind (im Zusammenhang des Satzes 1, a. a O.) Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen. Entgeltpunke als verwaltungstechnischer Ausdruck einer individuell erworbenen Rangstelle sind jedoch - wie dargelegt - allein bei einer Rente aus eigenem Recht von Belang, so dass insofern im Verhältnis zu einer gleichzeitigen Hinterbliebenenrente die Frage eines Vorrangs bei der Verteilung von vornherein nicht auftreten kann.
Darüber hinaus kann sich die Beklagte auch nicht auf eine (entsprechende) Anwendung von § 22 b Abs. 3 FRG berufen, um auf diesem Wege eine zumindest nur begrenzte Wertfestsetzung der Hinterbliebenenrente auf der Basis von Entgeltpunkten nach dem FRG zu begründen. Hiernach werden bei Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt (Satz 1). Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunke zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten (Satz 2). Die genannten Vorschriften sind auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt unmittelbar schon ihrem Wortlaut (‚Berechtigte‘, ‚Entgeltpunkte‘) nach nicht anwendbar. Auch sie setzen damit nämlich hinsichtlich aller in Frage stehenden Renten jeweils individuell zuordenbare Rangstellen voraus. Ihre Anwendung kommt darüber hinaus auch thematisch nicht in Betracht, weil dort eine Sonderbelastung (nur) für Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Rentenberechtigte vorgesehen ist, denen jeweils zusammen Entgeltpunkte aus dem FRG nicht im Umfang von 2 x 25 Entgeltpunkten, sondern - um dem vermuteten Vorteil einer entsprechenden Ersparnis hinsichtlich der fixen Kosten der Haushaltsführung bei Zusammenleben Rechnung zu tragen (vgl. Verbands-Kommentar, Stand: 01. Januar 1998, § 22 b FRG Anm. 6.1) - von nur höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkten (entsprechend dem 1,6-Fachen der Eingliederungshilfe, vgl. BT-Drucksache 13/4610 S. 28) zuerkannt werden; die Betroffenen erhalten damit zusammen aus ‚FRG-Zeiten‘ höchstens den Rangstellenwert der neuen Sozialrente für Spätaussiedler (25 Entgeltpunkte) zuzüglich einer Hinterbliebenenrente hieraus (15 Entgeltpunkte). Schließlich ist auch für eine analoge Anwendung von § 22 b Abs. 3 FRG kein Raum: Weder ist im Blick darauf, dass die Klägerin aus ihrem originären Recht auf Rente und ihrem abgeleiteten Recht auf Hinterbliebenenrente (nach Ablauf des so genanten Sterbevierteljahres) ohnehin zusammen allenfalls 40 Entgeltpunkte erhalten kann, eine Gesetzeslücke erkennbar, noch gibt es irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass § 22 b Abs. 3 FRG über seinen Wortlaut hinaus einen auch auf Einzelpersonen übertragbaren Inhalt haben könnte.
Die Praxis der Beklagten, eine Wertbestimmung von Hinterbliebenenrenten dann insgesamt zu verweigern, wenn 25 Entgeltpunkte aufgrund von ‚FRG-Zeiten‘ bereits im Rahmen einer eigenen Rente Berücksichtigung gefunden haben, und damit Witwer/Witwen mit einem derartigen Recht aus eigener Versicherung anders zu behandeln als sonstige Inhaber eines Rechts auf Hinterbliebenenrente , entbehrt damit der gesetzlichen Grundlage. Vielmehr steht beiden Gruppen einheitlich eine allein und unabhängig aus der Rente des Verstorbenen abgeleitete Rente zu ..."
Die Kammer konnte sich der Rechtsprechung des BSG nur anschließen, zwar folgen die Rentenersicherungsträger dieser Entscheidung nicht, aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 22 b FRG, die insoweit auch nach Auffassung der Kammer keine Begrenzungsvorschrift für die Hinterbliebenenrente darlegt, ist auch nach Auffassung der Kammer eine Anwendung des § 22 b FRG im hier vorliegenden Fall nicht möglich.
Gegen dieses der Beklagten am 05. Mai 2003 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 27. Mai 2003.
Es handele sich bei dem Anspruch der Klägerin nicht um ein abgeleitetes Recht auf Hinterbliebenenrente, da der V. in keiner Beziehung zur deutschen Sozialversicherung gestanden habe und lediglich über das FRG Zeiten angerechnet würden. Auch der Wortlaut der einschlägigen Norm spreche nicht gegen die Auffassung der Rentenversicherungsträger, da die Begriffe "Berechtigter", "anrechenbare Zeiten" und "Entgeltpunkte" die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung nicht trügen. Schließlich ergebe sich nach Sinn und Zweck des § 22 b FRG unter Heranziehung des Willens des Gesetzgebers, dass dieser so auszulegen sei, wie von den Rentenversicherungsträgern vorgenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. März 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen, insbesondere der Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer ..., die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 28. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2002 unterlag, wie vom Sozialgericht zutreffend erkannt, der Aufhebung, da er die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Diese hat nämlich entgegen des Verfügungssatzes dieses Bescheides einen Anspruch auf Zahlung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen V.
Der erkennende Senat folgt, ebenso wie das Sozialgericht, der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Das Landessozialgericht sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Ergänzend sei Folgendes ausgeführt:
Entgegen der Auffassung der Beklagten hält der Senat mit dem BSG die Regelung einer weitergehenden Auslegung, insbesondere nach (vermeintlichem) Sinn und Zweck der Norm, nicht zugänglich. Denn die Hinterbliebenenrenten beruhen nicht auf einer individuellen Rangstelle, also eigenen "Berechtigung", und nicht auf "anrechenbaren Zeiten" und stellen keine Lohnersatzleistung, sondern eine - worauf das BSG zu Recht hingewiesen hat - Unterhaltsersatzleistung dar. Dies bedeutet, dass die im Wortlaut des § 22 b FRG verwendeten Begriffe verdeutlichen, dass diese Regelung nur für Ansprüche aus eigenem Recht, nicht jedoch aus Hinterbliebenenrecht nach ihrem Wortlaut Anwendung finden kann.
Daher bleibt jetzt für eine weitergehende Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm - dabei spräche viel für die Auffassung der Beklagten, dass der Gesetzgeber etwas anderes wollte als in dem objektiven Gesetzestext zum Ausdruck kommt - kein Raum. Gerade bei Einschränkung von ansonsten zuerkannten Ansprüchen muss sich dies eindeutig aus dem Gesetz ergeben ("Gesetzesklarheit").
Soweit die Beklagte vorträgt, dass nicht ersichtlich sei, dass der Gesetzgeber Hinterbliebene anders behandeln wollte als "andere Alleinstehende", ist dies nicht nachvollziehbar. Allein die Zuerkennung des Hinterbliebenenrentenanspruchs belegt die Unterscheidung zwischen diesen Personenkreisen. Im Übrigen belegt auch § 22 b Abs. 3 FRG, dass der Gesetzgeber in § 22 b FRG das Wort "Berechtigter" jeweils auf die Rente aus eigener Verrichtung verstanden wissen will; er unterscheidet zwischen der Gesamtleistung an beide Ehegatten, die auf 40 Entgeltpunkte begrenzt ist, und den Einzelleistungen, die "für einen Berechtigten" auf 25 Entgeltpunkte begrenzt ist. Der Gesetzgeber versteht also in diesem Zusammenhang den "Berechtigten" als denjenigen, aus dessen Versicherungsverhältnis die Entgeltpunkte festzustellen sind.
Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.Landessozialgericht für das Land Brandenburg Az.: L 2 RJ 78/03 Az.: S 9 RJ 273/02 Frankfurt (Oder) Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Klägerin und Berufungsbeklagte, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin gegen Landesversicherungsanstalt Brandenburg, vertreten durch den Geschäftsführer, Bertha-von-Suttner-Straße 1, 15236 Frankfurt (Oder), eklagte und Berufungsklägerin. Auf die mündliche Verhandlung vom 26. August 2003 hat der 2. Senat des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg durch die Richter Hill, Müller-Gazurek und Vallentin - Vorsitzender - sowie die ehrenamtlichen Richter Ulbrich und Grempels für Recht erkannt:
In Anbetracht der Tatsache, dass der für Streitsachen zwischen den vorliegend Beteiligten zuständige Senat des BSG über die hier zugrunde liegende Rechtsfrage noch nicht entschieden hat und dass die Argumente der Beklagte bezüglich des gesetzgeberischen Willens durchaus Gewicht haben können, war die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Klägerin als Spätaussiedlerin ein Recht auf Leistung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes beanspruchen kann.
Der im Jahre 1935 geborene und am ... 1985 verstorbene Versicherte H. G. - V. - war Wolgadeutscher und lebte zuletzt in Kasachstan. Dort ist er verstorben.
Die am ... 1935 geborene Klägerin reiste im April 2001 nach Deutschland ein und wurde hier als Spätaussiedlerin nach § 4 Bundesvertriebenengesetz - BVG - anerkannt. Sie hat, ebenso wir ihr verstorbener Ehemann, keine Versicherungszeiten nach Bundesrecht zurückgelegt und bezieht eine Rente aus eigenen anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz - FRG -.
Am 23. April 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des V. Mit Bescheid vom 28. Januar 2001 erkannte die Beklagte den Rentenanspruch an, lehnte aber eine Zahlung ab: Zwar habe die Klägerin einen Anspruch auf große Witwenrente ab dem Tag des Zuzugs nach Deutschland gemäß § 30 FRG, ein Zahlbetrag ergebe sich jedoch nicht, da die höchstmöglichen Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG bereits in der Rente aus eigener Versicherung berücksichtigt seien.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 08. Februar 2002, mit dem sie vortrug, sie verstünde nicht, wie die Ablehnung erfolgen könne, da der Leistungsfall bereits im April 2001 eingetreten sei, so dass die Neuregelung des FRG auf sie keine Anwendung finden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück:
Die Entgeltpunkte ergäben sich aus anrechenbaren Zeiten nach den Vorschriften des FRG. Gemäß § 22 b FRG seien für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nach dem 06. Mai 1996 genommen hätten, dessen Vorschriften anzuwenden, wonach für Zeiten nach dem FRG für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt werden könnten. Da die Klägerin, wie sie zutreffend darlege, erst seit April 2001 in Deutschland lebe, sei diese Vorschrift auf sie anwendbar. Da der Rente der Klägerin aus eigener Versicherung 25 Entgeltpunkte, die höchstmögliche Anzahl, zugrunde gelegt seien und nur 24,7653 Entgeltpunkte für die Witwenrente bestünden, sei diese nicht zu zahlen.
Hiergegen hat sich die am 25. Juli 2002 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen hat, bereits der Wortlaut des § 22 b FRG rechtfertige die Nichtzahlung der Witwenrente nicht. Entgeltpunkte seien allein bei einer Rente aus eigenem Recht von Belang, nicht jedoch bei einer Hinterbliebenenrente. Die Klägerin hat sich auf das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. August 2001, Aktenzeichen B 4 RA 118/00 R, bezogen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 28. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2002 zu verurteilen, der Klägerin Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten Heinrich Guk zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und ergänzend vorgetragen, die vom BSG vertretene Auffassung werde von ihr in Übereinstimmung mit den anderen Rentenversicherungsträgern nicht geteilt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26. März 2003 die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des V. zu zahlen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:
Zu Unrecht hat die Beklagte entschieden, das sich ein Zahlbetrag aus der anerkannten Großen Witwenrente nicht ergäbe, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz vorrangig aus der Rente aus eigener Versicherung zu berücksichtigen sind.
Denn § 22 b FRG rechtfertigt ein derartiges Vorgehen allein beim Zusammentreffen mehrerer eigener Rentenrechte eines Berechtigten beziehungsweise mehrere eigener Rechte von Ehegatten oder von Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft; weder unmittelbar noch in analoger Anwendung ergibt sich aus der Vorschrift dagegen eine Begrenzung der nach dem FRG berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte auch für die Inhaber einer Hinterbliebenenrente aus einer eigenen Rente.
Unabhängig davon, ob der Ehegatte der Klägerin die für die Gewährung der Witwenrente erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hat, hat die Beklagte durch bindenden (§ 77 SGG) Verwaltungsakt im Bescheid vom 28. Januar 2002 den Anspruch auf Große Witwenrente anerkannt. Hiervon hat das Gericht auszugehen.
Dass die Rente ab dem 14. April 2001 (Rentenbeginn) nicht gezahlt werde, ist allerdings als Regelung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat sich diesbezüglich zu Unrecht auf den rechtsvernichtenden materiell-rechtlichen Einwand berufen, dass sich ein Zahlbetrag nicht ergäbe, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG vorrangig in der Rente aus eigener Versicherung zu berücksichtigen sind.
Die Kammer bezieht sich dazu auf das Urteil des BSG vom 30. August 2001 zum Aktenzeichen B 4 RA 118/00 R, dem sie sich vollumfänglich anschließt.
Das BSG führt hierzu aus:
" ... § 22 b FRG ist durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-gesetz - WFG) mit Wirkung vom 07. Mai 1996 (Art. 12 Abs. 2 WFG) eingefügt worden. Für Berechtigte, die nach dem 06. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben (Art. 6 § 4 b des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes - FANG - in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 WFG) werden danach für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde gelegt (Abs. 1 Satz 1). Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren (Satz 2). Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind nach Satz 3, a. a. O., der nachträglich durch Art. 12 Nr. 2 RRG 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 2998) mit (Rück-)Wirkung vom 07. Mai 1996 (Art. 33 Abs. 7 BRG 1999) angefügt wurde, vorrangig zu berücksichtigen. Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben (§ 22 b Abs. 2 FRG).
Die Beklagte entnimmt § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG (sinngemäß) zu Unrecht den Obersatz, ein Berechtigter könne als Inhaber mehrerer Rechte auf Rente ausnahmslos nur die Berücksichtigung von höchstens 25 Entgeltpunkten nach dem FRG begehren. Wäre dies zutreffend, könnte auch die Klägerin für die ihr zuerkennten Rechte auf Alters- und Hinterbliebenenrente insgesamt nur die Berücksichtigung von höchstens 25 Entgeltpunkten für anrechenbare Zeiten nach dem FRG beanspruchen, die indessen mit ihrer Altersrente bereits verbraucht wären. Anders als alle anderen rentenberechtigten Witwen von Versicherten (und ihnen Gleichgestellten) wäre die Klägerin unter diesen Umständen nur Inhaberin eines letztlich leeren Rechts auf Witwenrente und bliebe im Ergebnis auf den Wert ihrer eigenen Rente und die hieraus monatlich erwachsenden Einuzelansprüche beschränkt.
Sie erhielte damit aus der gesetzlichen Rentenversicherung allein die (pauschal) am Bedürftigkeitsprinzip beziehungsweise dem Grundsatz der Existenzsicherung (vgl. Polster, DRV 1997, 64) orientierte besondere Sozialrente für Spätaussiedler, die der Bundesgesetzgeber in vordergründiger Anknüpfung an das SGB VI in Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 72 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 Nr. 6 GG eingeführt hat (vgl. hierzu im Einzelnen: Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Streitsache B 4 RA 87/00 R). Der auf der Grundlage von höchstens 25 Entgeltpunkten für FRG-Zeiten ermittelte monatliche Wert einer derartigen Rente (von hier im Kalenderjahr 1996 zunächst 1 155,75 DM (= 25 x 46,23 DM) liegt dabei stets und ausnahmslos höchstens unterhalb des durchschnittlichen Bedarfs an sozialhilferechtlicher Hilfe zum Lebensunterhalt von etwa 1997 1 547,00 DM in den alten und 1 336,00 DM in den neuen Ländern (vgl. Breuer/Engels, Grundinformationen und Daten zur Sozialhilfe, im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Köln 1999, S. 24). Er orientiert sich an der Eingliederungshilfe des § 62 a AFG/§ 418 SGB III von im selben Jahr - bei einem gerundeten Bemessungsentgelt von 570,00 DM pauschaliert zugrunde gelegten Abzügen in Höhe von 30 v. H. hieraus und einem maßgeblichen Leistungssatz von 53 % - überschlägig 915,00 DM monatlich (vgl. hierzu § 421 SGB III und BT-Drucksache 13/4610, 28). Als Ausdruck eines radikalen Systemwechsels werden damit all diejenigen, bei denen sich aufgrund der vorangegangenen Schritte der Wertfestsetzung und trotz Kürzung um 40 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG noch mehr als 25 Entgeltpunkte ergeben, im Ergebnis gleich behandelt; die konkrete und umfangreiche Ermittlung einer rentenrechtlichen Rangstelle in diesem Zusammenhang dient demgegenüber gerade nicht mehr der nachträglichen Bestimmung einer individuellen Rangstelle auf der Grundlage eines vollständigen Erwerbslebens im Inland, sondern nur noch der Feststellung, ob im Einzelfall eine Wertfestsetzung auf der Grundlage von weniger als 25 Entgeltpunkten (und damit im Ergebnis unterhalb des pauschal und fiktiv angenommenen Bedarfs) in Betracht kommt.
Der von der Beklagten erhobene Einwand eines bereits eingetretenen Verbrauchs der nach dem FRG höchstens berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte betrifft indessen - seine Verfassungsmäßigkeit unterstellt (vgl. auch insofern Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Streitsache B 4 RA 87/00 R) - nur Versicherte, die verschiedene Rechte auf Rente aus eigener Versicherung haben, bei denen für sie jeweils Zeiten nach dem FRG anrechenbar sind. Allein in diesen Fällen gilt, dass ihnen aufgrund ihrer Arbeit im Vertreibungsgebiet Rangstellenwerte in der deutschen Rentenversicherung nur einmal und höchstens bis zu 25 Entgeltpunkte zuerkannt werden.
Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, wenn ein Begünstigter - wie hier die Klägerin - neben einem Recht auf Rente aus eigener Versicherung noch ein aus der Versicherung des verstorbenen Ehegatten abgeleitetes Recht auf eine Hinterbliebenenrente hat. Bereits der Wortlaut des § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG (‚anrechenbare Zeiten‘, ‚Berechtigte‘) steht seiner Anwendung auch im hier maßgeblichen Zusammenhang der Wertbestimmung von Hinterbliebenenrenten durchgreifend entgegen. Der Wert von Hinterbliebenenrenten beruht nämlich im Gegensatz zu demjenigen von Versichertenrenten, die den Ersatz entfallenen Erwerbseinkommens bezwecken, gerade nicht auf einer individuellen Rangstelle und dem Maß, in dem der Rentner selbst während seiner aktiven Erwerbsphase im jährlichen Vergleich mit den zeitgleich Versicherten zum damaligen Beitragsaufkommen beigetragen hat. Sie leiten sich vielmehr entsprechend ihrer andersgearteten Funktion, Ersatz für den - bei Witwen stets gesetzlich unterstellten und nicht konkret nachzuweisenden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Dreier-Ausschusses vom 29. September 1981, 1 BvR 185/81, SozR 2200 § 1265 Nr. 57) - Unterhalt durch den Verstorbenen zu leisten, ohne eigene Vorleistung des Rentners beziehungsweise ohne besondere Vorleistung des Versicherten nach den Gesichtspunkten des Unterhaltsersatzes aus der Rente des Versicherten ab (BVerfGE 48, 346, 347 = SozR 2200 § 1268 Nr. 11 und BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr. 1).
Aus demselben Grund kann auf Sacherhalte der vorliegenden Art auch § 22 b Abs. 1 Satz 3 FRG keine Anwendung finden. Danach sind (im Zusammenhang des Satzes 1, a. a O.) Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen. Entgeltpunke als verwaltungstechnischer Ausdruck einer individuell erworbenen Rangstelle sind jedoch - wie dargelegt - allein bei einer Rente aus eigenem Recht von Belang, so dass insofern im Verhältnis zu einer gleichzeitigen Hinterbliebenenrente die Frage eines Vorrangs bei der Verteilung von vornherein nicht auftreten kann.
Darüber hinaus kann sich die Beklagte auch nicht auf eine (entsprechende) Anwendung von § 22 b Abs. 3 FRG berufen, um auf diesem Wege eine zumindest nur begrenzte Wertfestsetzung der Hinterbliebenenrente auf der Basis von Entgeltpunkten nach dem FRG zu begründen. Hiernach werden bei Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt (Satz 1). Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunke zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten (Satz 2). Die genannten Vorschriften sind auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt unmittelbar schon ihrem Wortlaut (‚Berechtigte‘, ‚Entgeltpunkte‘) nach nicht anwendbar. Auch sie setzen damit nämlich hinsichtlich aller in Frage stehenden Renten jeweils individuell zuordenbare Rangstellen voraus. Ihre Anwendung kommt darüber hinaus auch thematisch nicht in Betracht, weil dort eine Sonderbelastung (nur) für Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Rentenberechtigte vorgesehen ist, denen jeweils zusammen Entgeltpunkte aus dem FRG nicht im Umfang von 2 x 25 Entgeltpunkten, sondern - um dem vermuteten Vorteil einer entsprechenden Ersparnis hinsichtlich der fixen Kosten der Haushaltsführung bei Zusammenleben Rechnung zu tragen (vgl. Verbands-Kommentar, Stand: 01. Januar 1998, § 22 b FRG Anm. 6.1) - von nur höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkten (entsprechend dem 1,6-Fachen der Eingliederungshilfe, vgl. BT-Drucksache 13/4610 S. 28) zuerkannt werden; die Betroffenen erhalten damit zusammen aus ‚FRG-Zeiten‘ höchstens den Rangstellenwert der neuen Sozialrente für Spätaussiedler (25 Entgeltpunkte) zuzüglich einer Hinterbliebenenrente hieraus (15 Entgeltpunkte). Schließlich ist auch für eine analoge Anwendung von § 22 b Abs. 3 FRG kein Raum: Weder ist im Blick darauf, dass die Klägerin aus ihrem originären Recht auf Rente und ihrem abgeleiteten Recht auf Hinterbliebenenrente (nach Ablauf des so genanten Sterbevierteljahres) ohnehin zusammen allenfalls 40 Entgeltpunkte erhalten kann, eine Gesetzeslücke erkennbar, noch gibt es irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass § 22 b Abs. 3 FRG über seinen Wortlaut hinaus einen auch auf Einzelpersonen übertragbaren Inhalt haben könnte.
Die Praxis der Beklagten, eine Wertbestimmung von Hinterbliebenenrenten dann insgesamt zu verweigern, wenn 25 Entgeltpunkte aufgrund von ‚FRG-Zeiten‘ bereits im Rahmen einer eigenen Rente Berücksichtigung gefunden haben, und damit Witwer/Witwen mit einem derartigen Recht aus eigener Versicherung anders zu behandeln als sonstige Inhaber eines Rechts auf Hinterbliebenenrente , entbehrt damit der gesetzlichen Grundlage. Vielmehr steht beiden Gruppen einheitlich eine allein und unabhängig aus der Rente des Verstorbenen abgeleitete Rente zu ..."
Die Kammer konnte sich der Rechtsprechung des BSG nur anschließen, zwar folgen die Rentenersicherungsträger dieser Entscheidung nicht, aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 22 b FRG, die insoweit auch nach Auffassung der Kammer keine Begrenzungsvorschrift für die Hinterbliebenenrente darlegt, ist auch nach Auffassung der Kammer eine Anwendung des § 22 b FRG im hier vorliegenden Fall nicht möglich.
Gegen dieses der Beklagten am 05. Mai 2003 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 27. Mai 2003.
Es handele sich bei dem Anspruch der Klägerin nicht um ein abgeleitetes Recht auf Hinterbliebenenrente, da der V. in keiner Beziehung zur deutschen Sozialversicherung gestanden habe und lediglich über das FRG Zeiten angerechnet würden. Auch der Wortlaut der einschlägigen Norm spreche nicht gegen die Auffassung der Rentenversicherungsträger, da die Begriffe "Berechtigter", "anrechenbare Zeiten" und "Entgeltpunkte" die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung nicht trügen. Schließlich ergebe sich nach Sinn und Zweck des § 22 b FRG unter Heranziehung des Willens des Gesetzgebers, dass dieser so auszulegen sei, wie von den Rentenversicherungsträgern vorgenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. März 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen, insbesondere der Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer ..., die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 28. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2002 unterlag, wie vom Sozialgericht zutreffend erkannt, der Aufhebung, da er die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Diese hat nämlich entgegen des Verfügungssatzes dieses Bescheides einen Anspruch auf Zahlung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen V.
Der erkennende Senat folgt, ebenso wie das Sozialgericht, der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Das Landessozialgericht sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Ergänzend sei Folgendes ausgeführt:
Entgegen der Auffassung der Beklagten hält der Senat mit dem BSG die Regelung einer weitergehenden Auslegung, insbesondere nach (vermeintlichem) Sinn und Zweck der Norm, nicht zugänglich. Denn die Hinterbliebenenrenten beruhen nicht auf einer individuellen Rangstelle, also eigenen "Berechtigung", und nicht auf "anrechenbaren Zeiten" und stellen keine Lohnersatzleistung, sondern eine - worauf das BSG zu Recht hingewiesen hat - Unterhaltsersatzleistung dar. Dies bedeutet, dass die im Wortlaut des § 22 b FRG verwendeten Begriffe verdeutlichen, dass diese Regelung nur für Ansprüche aus eigenem Recht, nicht jedoch aus Hinterbliebenenrecht nach ihrem Wortlaut Anwendung finden kann.
Daher bleibt jetzt für eine weitergehende Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm - dabei spräche viel für die Auffassung der Beklagten, dass der Gesetzgeber etwas anderes wollte als in dem objektiven Gesetzestext zum Ausdruck kommt - kein Raum. Gerade bei Einschränkung von ansonsten zuerkannten Ansprüchen muss sich dies eindeutig aus dem Gesetz ergeben ("Gesetzesklarheit").
Soweit die Beklagte vorträgt, dass nicht ersichtlich sei, dass der Gesetzgeber Hinterbliebene anders behandeln wollte als "andere Alleinstehende", ist dies nicht nachvollziehbar. Allein die Zuerkennung des Hinterbliebenenrentenanspruchs belegt die Unterscheidung zwischen diesen Personenkreisen. Im Übrigen belegt auch § 22 b Abs. 3 FRG, dass der Gesetzgeber in § 22 b FRG das Wort "Berechtigter" jeweils auf die Rente aus eigener Verrichtung verstanden wissen will; er unterscheidet zwischen der Gesamtleistung an beide Ehegatten, die auf 40 Entgeltpunkte begrenzt ist, und den Einzelleistungen, die "für einen Berechtigten" auf 25 Entgeltpunkte begrenzt ist. Der Gesetzgeber versteht also in diesem Zusammenhang den "Berechtigten" als denjenigen, aus dessen Versicherungsverhältnis die Entgeltpunkte festzustellen sind.
Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.Landessozialgericht für das Land Brandenburg Az.: L 2 RJ 78/03 Az.: S 9 RJ 273/02 Frankfurt (Oder) Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Klägerin und Berufungsbeklagte, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin gegen Landesversicherungsanstalt Brandenburg, vertreten durch den Geschäftsführer, Bertha-von-Suttner-Straße 1, 15236 Frankfurt (Oder), eklagte und Berufungsklägerin. Auf die mündliche Verhandlung vom 26. August 2003 hat der 2. Senat des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg durch die Richter Hill, Müller-Gazurek und Vallentin - Vorsitzender - sowie die ehrenamtlichen Richter Ulbrich und Grempels für Recht erkannt:
In Anbetracht der Tatsache, dass der für Streitsachen zwischen den vorliegend Beteiligten zuständige Senat des BSG über die hier zugrunde liegende Rechtsfrage noch nicht entschieden hat und dass die Argumente der Beklagte bezüglich des gesetzgeberischen Willens durchaus Gewicht haben können, war die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
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