Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 797/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4038/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. August 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klage auf Gewährung von Schadensersatz und Feststellung eines GdB von 80, die Merkzeichen G, Gl und RF bereits seit Geburt sowie auf Erstattung von Kosten des Klageverfahrens wird als unzulässig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) ab Geburt und zum dritten Mal die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G), der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht" (Merkzeichen RF) und von Gehörlosigkeit (Merkzeichen Gl) sowie die Gewährung von Schadensersatz und Kostenerstattung.
Bei dem am 08.12.1969 geborenen ledigen Kläger liegt seit Geburt eine Ohrmuschelfehlbildung mit Gehörgangsverschluss rechts vor. Er hat von 1987 bis 1990 eine Ausbildung als Maurer durchlaufen und war bis 1993 in diesem Beruf tätig. Seither ist er im Wesentlichen arbeitslos, mit Unterbrechungen durch kurze Zwischenbeschäftigungen, Umschulungs- bzw. Rehabilitationsmaßnahmen und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Aufgrund von Arbeitsunfällen in den Jahren 1989, 1992 und 2000 führte der Kläger erfolglos mehrere Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft wegen der Gewährung von Verletztenrente. Seit dem 01.01.2012 wird ihm volle Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg gewährt.
Am 29.03.1996 beantragte der Kläger erstmals die Feststellung des GdB und die Ausstellung eines Ausweises wegen Folgeerscheinungen eines Verkehrsunfalls. Beigelegt waren Befundberichte von Orthopäden und Chirurgen. Mit Bescheid vom 12.07.1996 wurde ein GdB in Höhe von 20 seit dem 29.03.1996 wegen chronisch-rezidivierendem Wirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenvorfall L 4/S 1 rechts festgestellt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde nach Anforderung einer Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. S. mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.1996 zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S 7 Vs 2718/96). Seitens des SG wurde bei Dr. W. ein orthopädisches Gutachten eingeholt. Mit Urteil vom 07.05.1998 verpflichtete das SG den Beklagten einen GdB in Höhe von 30 seit dem 01.05.1997 festzustellen. In Ausführung des Urteils wurde mit Bescheid vom 16.06.1998 ein GdB von 30 seit dem 01.05.1997 unter Berücksichtigung eines chronisch-rezidivierenden Wirbelsäulensyndroms bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1 rechts festgestellt.
Am 03.12.2001 beantragte der Kläger die rückwirkende Erhöhung seines GdB unter Vorlage eines Berichts der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen vom 15.01.2001 (Diagnosen: Fissur Os sacrum rechts, Fissur des Wirbelbogens SWK 1 links) und des Arztbriefes des Orthopäden Dr. S. vom 03.04.2001. Er bat um schnellstmögliche Übersendung der Bescheinigung über den GdB (rückwirkend), da er diese Bescheinigung innerhalb vier Wochen dem Finanzamt vorlegen müsse. Dem Kläger wurde daraufhin am 04.12.2001 zur Vorlage beim Finanzamt ein GdB von 30 seit dem 01.05.1997 bescheinigt.
Am 13.12.2001 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der Rückenschmerzen sowie die Feststellung der Merkzeichen G und RF. Neu aufgetreten seien Becken-, Halswirbel-, Kopf- und Schulterschmerzen, eine Knieplatzwunde, Wirbellähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle. Der Beklagte zog daraufhin über die Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft das unfallchirurgische Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. D. vom 07.03.2001 (die seitengleiche Muskelbemantelung beider unterer Extremitäten sowie die seitengleiche Fußsohlenbeschwielung widerspreche der Behauptung des Klägers, das rechte Bein weniger belasten zu können als das linke) sowie den Bericht über die Kernspintomographie des Beckens von Prof. Dr. Dr. M. vom 02.03.2001 bei und holte einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. ein, welchem der ärztliche Entlassungsbericht über die vom 16.11.1999 bis 07.12.1999 in der Rheumaklinik B. W. durchlaufene stationäre Rehabilitationsmaßnahme, der Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. – Unfallchirurgie - vom 09.10.2000 und das Sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 18.05.2001 beigefügt waren.
Mit Bescheid vom 05.06.2002 wurde der Antrag vom 13.12.2001 auf Neufeststellung des GdB und Feststellung der Merkzeichen G und RF abgelehnt. Es lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden. Der GdB betrage weiterhin 30. Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen Knorpelschäden am rechten Kniegelenk, Zustand nach Knieplatzwunde, Zustand nach Prellung der rechten Hüfte und Zustand nach Beckenprellung bedingten keine Funktionsbeeinträchtigungen bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Die Voraussetzungen der Merkzeichen lägen nicht vor.
In dem hiergegen eingelegten Widerspruch führte der Kläger erstmals aus, er lebe seit seiner Geburt nur mit einem Ohr. Der Beklagte holte daraufhin den Befundbericht des Facharztes für HNO C. vom 05.11.2002, dem ein Audiogramm vom 10.10.2002 beigefügt war, ein. Versorgungsärztlich wurde eine Gehörlosigkeit rechts, Mikrotie und Schwerhörigkeit links mit einem Teil-GdB von 40 und der Gesamt-GdB unter Einschluss des Teil-GdB von 30 für den operierten Bandscheibenschaden und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule auf 50 eingeschätzt. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 10.12.2002 wurde ein GdB von 50 seit dem 13.12.01 festgestellt.
Gegen diesen Teil-Abhilfebescheid legte der Kläger wiederum Widerspruch ein und gab insbesondere an, er leide auch an Herzrhythmusstörungen. Hinzugekommen seien ab 1990 weitere Krankheiten wie z.B. Beinverkürzung und Meniskusschaden, die nicht berücksichtigt worden seien. Er beantragte daher eine Heraufsetzung des GdB auf 80 bis 90 ab seiner Geburt sowie auf 100 ab 1990 und neben der Feststellung der Merkzeichen G und RF auch noch die Feststellung des Merkzeichens Gl. Mit Bescheid vom 13.01.2003 wurde die Feststellung des Nachteilsausgleichs Gl abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 wurden die Widersprüche gegen die Bescheide vom 05.06.2002, 10.12.2002 und 13.01.2003 zwar formal zurückgewiesen, in den Gründen aber ausgeführt, abweichend von der bisherigen Feststellung könne der GdB von 40 rückwirkend ab Geburt und von 50 rückwirkend ab 01.05.1997 festgestellt werden. Darüber hinausgehend lasse sich unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde eine weitergehende Rückwirkung nicht begründen. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen wiederum Klage (S 6 SB 256/03). Seitens des SG wurden Befundberichte des HNO-Arztes C. und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. eingeholt. Mit Urteil vom 08.04.2004 wies das SG die Klage ab. Hiergegen erhob der Kläger beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung (L 6 SB 2831/04). Mit Beschluss vom 06.06.2006 wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Berufung gegen das Urteil des SG vom 08.04.2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen keine Anhaltspunkte für eine zeitlich weitreichendere rückwirkende Feststellung eines höheren GdB als im Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 vor, auch sei weiterhin ein Gesamt-GdB von 50 angemessen. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, RF und Gl seien beim Kläger nicht gegeben.
Am 21.04.2008 beantragte der Kläger erneut die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Merkzeichen G, Gl und RF. Alle bereits angegebenen Gesundheitsstörungen hätten sich verschlimmert. Seine Augen würden auch schlechter, ebenso kämen neu Herzprobleme hinzu und er leide zusätzlich an einem Ausschlag im Gesicht und Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen. Der Beklagte holt daraufhin wiederum einen Befundbericht bei Dr. R. ein, welchem der Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. vom 24.08.2007 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 31.01.2007 bis 12.02.2007 (vorzeitige Entlassung, weil der Kläger weiterhin arbeitsunfähig bleiben wolle bei insgesamt aggravierendem Verhalten) beigefügt war. Mit Bescheid vom 25.06.2008 wurde der Antrag abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch, zu dessen Begründung ausgeführt wurde, die Voraussetzungen des Merkzeichens G seien bereits seit Geburt erfüllt, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2008 zurückgewiesen.
Am 28.01.2009 beantragte der Kläger wieder die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung sowie die Feststellung der Merkzeichen G, Gl und RF. Aufgrund Verlust eines Hör- und Gleichgewichtsorgans seit Geburt leide er an Hör- und Gleichgewichtsproblemen, weiter an Schmerzen am Bewegungsapparat (Nacken, Beine, Bandscheiben), Lähmungserscheinungen in Gliedmaßen, Bluthochdruck, Müdigkeit, Potenzschwierigkeiten sowie Ausschlag im Gesicht und Bauchbereich und an Bauchschmerzen. Bei einer persönlichen Vorsprache beim Beklagten am 28.01.2009 gab er an, derzeit bei keinem Arzt in Behandlung zu sein.
Am 11.02.2009 beantragte der Kläger beim SG Reutlingen (S 7 SB 536/09) die Wiederaufnahme des Verfahrens S 7 Vs 2718/96 mit dem Ziel, einen GdB von 100 seit dem 01.05.1995 anzuerkennen. Mit Gerichtsbescheid vom 27.07.2009 wies das SG die Klage als unzulässig ab. Nachdem seit Rechtskraft des Urteils mehr als 11 Jahre vergangen seien, sei die Klage bereits nach § 586 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) unzulässig. Darüber hinaus habe der Kläger keine Nichtigkeits- bzw. Restitutionsgründe schlüssig vorgetragen. Die einzig gerügte inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils betreffe in keiner Weise Mängel der Urteilsgrundlagen im Sinne des § 580 ZPO. Auf die hiergegen eingelegte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 8 SB 3747/09) schlossen die Beteiligten in einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 27.11.2009 im Hinblick auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2003 einen Vergleich dahingehend, dass sich der Beklagte verpflichtete, unter Abänderung entgegenstehender Bescheide beim Kläger den GdB mit 40 seit Geburt und mit 50 seit 01.05.1997 festzustellen und über den Änderungsantrag des Klägers vom 28.01.2009 durch rechtsmittelfähigen Bescheid zu entscheiden.
Mit Ausführungsbescheid vom 18.12.2009 wurde daraufhin festgestellt, der GdB betrage 40 seit 08.12.1969 und 50 seit 01.05.1997. Der Bewertung lägen die Funktionsbeeinträchtigungen Gehörlosigkeit und Mikrotie rechts, Schwerhörigkeit links, Bandscheibenschaden operiert sowie Funktionsbehinderung der Wirbelsäule zugrunde.
Der Beklagte holte weitere Befundberichte bei dem Chirurgen Dr. S. und dem Allgemeinmediziner Dr. R. ein. Dr. S. gab an, der Kläger habe sich bei ihm letztmals am 14.04.2009 in Behandlung befunden. Er habe über Schmerzen im Kopf- und Nackenbereich und Dysästhesien in beiden Armen geklagt. Es hätten sich ein Druckschmerz, Verspannungen der mittleren und distalen BWS, ein Druckschmerz ISG beidseits bei freier HWS, eine 6 x 8 cm große Grünverfärbung am linken Unterschenkel, eine Schwellung am Zeigefinger rechts und kein wesentlicher Druck- oder Bewegungsschmerz gezeigt. Beigefügt war ein Ambulanzbrief der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Krankenhauses B. vom 02.04.2009 (Diagnosen: Contusio Bulbi, multiple Schürfwunden, (Schädel, Thorax, Schulter rechts, Handgelenk rechts), Schädelprellung temporalis links, Thoraxprellung rechts, Schulterprellung rechts, Handprellung rechts, Fingerprellung 4. Strahl links). Dr. R. gab an, beim Kläger bestehe ein chronisches HWS-LWS-Syndrom sowie ein Zustand nach Fraktur Mittelgliedbasis DII rechts. Es bestünden seit Jahren chronische Rückenbeschwerden, Osteochondrosen und Bandscheibenprotrusion, sowohl im LWS- als auch im HWS-Bereich, desweiteren relative Spinalstenosen der LWS. Aufgrund der chronischen LWS-HWS-Beschwerden sei er in seiner Alltagsfähigkeit eingeschränkt. Beigefügt war ein Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T., Klinik für Hand-, plastische, rekonstruktive und Verbrennungschirurgie, über eine Vorstellung des Klägers am 12.08.2009 (Diagnose: Älterer knöchern konsolidierter Mittelgliedbasisausriß DII rechts) sowie ein Ambulanzbrief der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Krankenhauses B. vom 30.07.2009 (Diagnose: Verheilte Mittelgliedbasisfraktur des rechten Zeigefingers) und ein Arztbrief des Orthopäden Dr. G. vom 07.05.2009 (Diagnose: Blockierung der Lendenwirbelsäule, Blockierung der Hals- und Brustwirbelsäule, Somatisation).
Die Versorgungsärztin K. berücksichtigte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungname als Behinderung eine Gehörlosigkeit rechts, Mikrotie sowie Schwerhörigkeit links mit einem Teil-GdB von 40, einen Bandscheibenschaden operiert mit einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30. Bluthochdruck, Ausschlag im Gesicht, Potenzstörung und Lähmungserscheinungen der Gliedmaßen seien nicht nachgewiesen. Müdigkeit bedinge keinen Teil-GdB von mindestens 10. Der Gesamt-GdB wurde mit 50 bewertet. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Die Voraussetzungen für Merkzeichen lägen weiterhin nicht vor.
Mit Bescheid vom 21.01.2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 28.01.2009 daraufhin ab. Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und der damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht eingetreten. Die Voraussetzungen zur Feststellung der Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht erfüllt.
Am 28.01.2010 legte der Kläger beim Beklagten zur Niederschrift Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.01.2010 ein. Er sei mit der Höhe des festgestellten GdB nicht einverstanden, der GdB solle 80 betragen. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht berücksichtigt worden: HWS-Leiden, Kopfschmerzen, Rippenprellung, Bewegungseinschränkung des Beckens, Hüft- und Kniegelenksleiden beidseits, Bewegungseinschränkung des rechten Zeigefingers, Herzleiden. Die Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht festgestellt worden. Aufgrund seiner Taubheit rechts, Verlust des Ohres rechts seit Geburt und Schwerhörigkeit links zähle er zu dem Personenkreis, dem das Merkzeichen Gl und RF zustehe. Außerdem müsse das Merkzeichen G aufgrund seines Wirbelsäulenleidens und der Bewegungseinschränkung der Beine vorliegen.
Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin K., wonach sich aus den vorgelegten Unterlagen keine Änderung zur Voreinstufung ergebe und mit dem Widerspruch keine neuen Befundunterlagen eingereicht worden seien, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 der Widerspruch zurückgewiesen. Wie die nochmalige Auswertung der Befundunterlagen der behandelnden Ärzte gezeigt habe, lasse sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, nicht feststellen. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass sich die Zuerkennung der Merkzeichen G, Gl und RF nicht begründen lasse.
Hiergegen hat der Kläger am 11.03.2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (S 12 SB 797/10) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, eine ärztliche Untersuchung hätte erfolgen müssen, da er inzwischen an weiteren Behinderungen leide. So sei ihm z.B. sein Zeigefinger gebrochen worden. Dieser sei nun krumm, dick und schmerze, eine OP sei zu riskant.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser gab an, der Kläger sei zuletzt am 10.08.2009 in Behandlung gewesen. Es hätten ein chronisch-rezidivierendes Rückenschmerz-Syndrom bei Rumpfmuskelinsuffizienz, Fehlstatik, Zustand nach multiplen HWS-Distorsionen, sowie Bandscheibenvorfälle L 4/5 und L 5/S 1 vorgelegen. HNO-ärztlicherseits habe eine Mikrotie des äußeren Ohres rechts mit Hörstörung bestanden. Daneben habe ein Zustand nach Mittelgliedbasisfraktur links vorgelegen. Im Vordergrund stünden immer wieder erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden der HWS-BWS-LWS mit entsprechender muskulärer Dysbalance und relativ milden Befunden bezüglich der entsprechenden Bildgebung. Auffallend sei eine deutliche Somatisierungsstörung (hiermit sei ein Teil der Wirbelsäulenbeschwerden zu erklären). Die orthopädischen Erkrankungen seien seiner Ansicht nach mit einem zutreffenden GdB bewertet. Die Merkzeichen G und RF halte er bei den bestehenden Erkrankungen nicht für gerechtfertigt. Bezüglich des Merkzeichen Gl könne er keine Auskunft geben. Beigefügt worden sind radiologische, orthopädische sowie HNO-ärztliche Befundberichte aus den Jahren 2006, 2007 und 2009 sowie der bereits bekannte Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. vom 13.02.2007.
Daraufhin hat das SG den behandelnden HNO-Arzt C. schriftlich als sachverständigen Zeuge vernommen. Dieser gab an, der Kläger habe sich zuletzt am 07.05.2009 bei ihm in Behandlung befunden. Beigefügt war ein radiologischer Bericht über ein CT des Gesichtsschädels vom 09.04.2009 sowie sein Arztbericht vom 21.04.2009 und ein Ton- und Sprachaudiogramm vom 10.10.2002.
Der Beklagte hat ausgeführt, die vorgelegten Befundberichte seien nicht aktuell, stammten überwiegend aus dem Jahr 2009, aber auch aus 2007 und 2006 und seien teilweise bereits aktenkundig. Dr. R. habe bestätigt, dass die orthopädischen Funktionsstörungen mit einem zutreffenden GdB bewertet worden seien und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G und RF nicht vorlägen. Das Ton- und Sprachaudiogramm vom 10.10.2002 sei bereits aktenkundig und entsprechend ausgewertet worden.
Das Gericht hat zunächst bei Prof. Dr. Z. ein HNO-ärztliches Gutachten eingeholt. Der Kläger gab zur Begutachtung an, die Untersuchungen seien nicht durch Prof. Dr. Z., sondern andere Personen durchgeführt worden, Prof. Dr. Z. habe ihn nach kurzem Gespräch nach Hause geschickt. Seitens Prof. Dr. Z. wurde mitgeteilt, eine vollständige Durchführung der Untersuchungen sei nicht möglich gewesen. Prof. Dr. Z. hat auf HNO-ärztlichem Fachgebiet eine Ohrmuschelfehlbildung mit Verschluss des äußeren Gehörgangs und vermutlich eine Taubheit rechts (anamnestische Angaben) sowie eine Innenohrschwerhörigkeit links diagnostiziert. Den Gesamt-GdB auf HNO-ärztlichem Fachgebiet hat er seit 28.01.2009 mit 20 bewertet. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht erfüllt.
Im Anschluss hat das SG ein HNO-ärztliches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Dr. B. hat in seinem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 23.12.2011 angegeben, bei dem Kläger bestehe rechts Taubheit mit Ohrmuschelfehlbildung sowie Gehörgangverschluss und links geringgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit. Das gewichtete Gesamtwortverstehen nach Feldmann betrage links 257,5. Das einfache Gesamtwortverstehen nach Boenninghaus und Röser betrage links 270. Hieraus ergebe sich nach der Tabelle nach Boenninghaus und Röser ein prozentualer Hörverlust von 20% links. Nach der Tabelle zur Ermittlung des GdB bei Schwerhörigkeitsgraden beider Ohren liege dieser Hörverlust auf der linken Seite genau auf der Grenze zwischen Normalhörigkeit und geringgradiger Schwerhörigkeit, somit sei auch die Einschätzung des GdB von 20 im Gutachten der Universitäts-HNO-Klinik in T. möglich. Unter Berücksichtigung der Ohrfehlbildung rechts schätze er den GdB auf HNO-fachärztlichem Gebiet mit 30 ein. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht erfüllt.
Sodann hat das SG bei Prof. Dr. W. ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Diese hat in ihrem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20.11.2012 und 05.12.2012 angegeben, bei dem Kläger bestehe auf nervenärztlichem Gebiet eine sogenannte sonstige anhaltende wahnhafte Störung ("Querulantenwahn"), eine chronische Lumbalgie ohne radikuläre Ausfälle und eine chronische Cervialgie ohne radikuläre Ausfälle. Er sei durch die wahnhafte Störung in seiner seelischen Gesundheit und seinen geistigen Fähigkeiten insofern beeinträchtigt, als er vermindert umstellungsfähig, in seiner Urteilsfähigkeit insbesondere im Hinblick auf den Kontakt mit Behörden und Institutionen beeinträchtigt sei und deshalb erhebliche Schwierigkeiten habe, sich an die Regeln und Gegebenheiten z.B. im Arbeitsleben anzupassen. Durch den Wirbelsäulenschaden bestünden Beeinträchtigungen der körperlichen Funktion, er leide unter Schmerzen bei schwereren körperlichen Tätigkeiten. Der GdB infolge der anhaltenden wahnhaften Störung werde mit 40 bewertet, der GdB infolge des Wirbelsäulenschadens im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule mit 30. Der Gesamt-GdB werde unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 40 wegen der Hörstörung mit 60 bewertet. Die Voraussetzung für die beantragten Merkzeichen G, Gl und RF lägen nicht vor.
Mit Schreiben vom 13.02.2013 hat der Beklagte im Vergleichswege die Feststellung eines GdB von 60 ab dem 28.01.2009 angeboten. Dieses Angebot hat der Kläger nicht angenommen.
Mit Urteil vom 20.08.2013 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 verurteilt, beim Kläger einen GdB von 60 ab dem 28.01.2009 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für die seelische Störung des Klägers sei ein Teil-GdB von 40 in Ansatz zu bringen. Der Kläger leide an einer wahnhaften Störung, wie sich zur Überzeugung der Kammer aus dem ausführlichen und nachvollziehbaren Gutachten von Prof. Dr. W. ergebe, die zwei mehrstündige Untersuchungstermine mit dem Kläger durchgeführt habe. Allerdings sei der Grad einer mittelgradigen sozialen Anpassungsstörung nicht erreicht. Die Taubheit rechts und Schwerhörigkeit links sei mit einem GdB von 30 angemessen bewertet. Der Kläger leide an einer Taubheit rechts mit Ohrmuschelfehlbildung sowie Gehörgangsverschluss und einer geringgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit links. Der Hörverlust der linken Seite liege genau an der Grenze zwischen Normalhörigkeit und geringgradiger Schwerhörigkeit. Auch die Berücksichtigung der Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30 sei angemessen. Es bestehe ein chronisches HWS-LWS-Syndrom. Der Kläger sei dadurch in seiner Alltagsfähigkeit eingeschränkt. Es seien zwei Wirbelsäulenabschnitte betroffen, aber keine schweren funktionellen Auswirkungen festgestellt worden. Auch neurologische Ausfälle bestünden nicht. Eine Weiterbehandlung sei nicht erfolgt. Auf Basis der genannten Einzel-GdB-Werte sei der vorgeschlagene Gesamt-GdB von 60 nicht zu beanstanden. Der Kläger erfülle die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G, Gl und RF nicht. Die Kammer habe keinen Zweifel, dass der Kläger in der Lage sei, eine Wegstrecke von 2 Kilometern in einer halben Stunde zurückzulegen. Im Übrigen bestünden auch keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die sich besonders ungünstig auf die Gehfähigkeit auswirkten. Der Kläger sei nicht beidseits taub, sondern er leide lediglich an einer Taubheit rechts. Auf der linken Seite bestehe daneben keine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Es sei weder ein GdB von 80 festzustellen, noch sei er gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Es seien für die Kammer keinerlei Gründe ersichtlich, warum er davon ausgeschlossen sein sollte. Auch sei er nicht gehörlos, eine Verständigung ohne Hörhilfen sei ihm möglich. Bei der Kostenentscheidung hat das Gericht das überwiegende Unterliegen des Klägers berücksichtigt.
In Ausführung des Urteils hat der Beklagte mit Bescheid vom 12.09.2013 den GdB mit 60 seit 28.01.2009 festgestellt.
Am 16.09.2013 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, seine Beine seien kaputt, außerdem habe er ständig starke Schmerzen. Es sei bei ihm eine Taubheit rechts festgestellt worden. Die Voraussetzungen der Merkzeichen erfülle er. Eigentlich stünden ihm der höhere GdB und die Merkzeichen seit Geburt zu. Er sei überhaupt nicht in den Genuss gekommen, Vergünstigungen zu erhalten. Dem Gutachter Dr. W. sei nicht aufgefallen, dass sein rechtes Ohr fehle. Er wolle Schadenersatz, auch seien ihm die Kosten aus dem Verfahren S 7 Vs 2718/96 vom Beklagten nicht erstattet worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. August 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 80 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "G", "RF und "Gl" ab Geburt festzustellen und den Beklagten zur Gewährung von Schadensersatz und Kostenerstattung zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.08.2013 entspreche dem Ergebnis der gerichtlichen Beweiserhebung.
Am 09.10.2013 hat der Kläger gegen den Ausführungsbescheid vom 12.09.2013 Widerspruch eingelegt. Mit Berichtigungsverfügung vom 07.11.2013 wurde der Ausführungsbescheid vom 12.09.2013 wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass es statt "in Ausführung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.08.2013" hätte heißen müssen "in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.08.2013".
Die frühere Berichterstatterin hat den Rechtsstreit am 10.12.2013 mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat dabei insbesondere mitgeteilt, im Jahr 1997 seien ihm in dem Verfahren S 7 Vs 2718/96 außergerichtliche Kosten zugesprochen worden, welche er nicht erhalten habe, er wisse nicht, ob er einen Kostenerstattungsantrag gestellt habe. Er meine, er habe letztens beim Beklagten einen Antrag auf 500,- EUR pauschal gestellt. Eine Bescheidung sei noch nicht erfolgt. In dem Gutachten des Orthopäden Dr. W. aus dem Verfahren S 7 Vs 2718/96 sei sein Ohr nicht erwähnt worden. Er wolle die Feststellung des Grades der Behinderung von 80 und der Merkzeichen G, Gl und RF ab seiner Geburt. Die Einschränkung des Gehvermögens beruhe auf orthopädischen Einschränkungen. Den Schadenersatz wolle er dafür, dass man bei ihm ursprünglich mit Bescheid vom 12.07.1996 einen GdB von nur 20 ab dem 29.03.1996 festgestellt habe. Dies habe dazu geführt, dass er viele Verfahren habe führen müssen, was ihn sehr viele Nerven gekostet habe. Er befinde sich noch in Behandlung bei Dr. R. wegen seiner orthopädischen Einschränkungen. Wenn er von Anfang an den GdB richtig festgestellt bekommen hätte, hätte er z.B. als er gearbeitet habe, mehr Urlaub bekommen. Deshalb begehre er auch Schadensersatz, weil man das alles nicht mehr rückwirkend bekommen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Gerichtsakten der Verfahren L 6 SB 2831/04 und L 8 SB 3747/09 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß erhobene Berufung ist zulässig, soweit sie den Neufeststellungsantrag vom 28.01.2009 betrifft. Sie ist jedoch nicht begründet.
Soweit der Kläger zusätzlich seit dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 10.12.2013 die Feststellung eines GdB von 80 und die Merkzeichen G, Gl und RF bereits seit Geburt begehrt, ist die Klage unzulässig. Die Gerichte sind nur berufen, die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen zu überprüfen, nicht ihre eigenen an deren Stelle zu setzen. Der Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21.01.2010 nur über den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 28.01.2009 eine Entscheidung getroffen und nur dies war Streitgegenstand des Klageverfahrens vor dem SG, nicht hingegen die Feststellung des GdB und von Merkzeichen ab Geburt. Denn der Bescheid vom 18.12.2009 über die Feststellung des GdB ab Geburt ist in Ausführung des im Verfahren L 8 SB 3747/09 geschlossenen Vergleiches ergangen.
Ebenso ist die Klage bezüglich des Antrages auf Erstattung von Kosten des Klageverfahrens S 7 Vs 2718/96 unzulässig. Dies war nicht nur nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, nach den Angaben des Klägers ist bereits nicht dargetan, dass er einen entsprechenden Antrag gestellt hat und hierzu eine Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Jedenfalls verfügt er über den Titel aus dem Urteil, so dass für eine gerichtliche Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzung eines bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses fehlt. Die Klage ist damit unzulässig.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals die Gewährung von Schadensersatz begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig. Für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch kommt als Anspruchsgrundlage allein ein Anspruch aus Amtshaftung nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Hierfür ist aber der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet, da nach Artikel 34 Satz 3 Grundgesetz (GG) die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Die Zuständigkeit des Landessozialgerichts ist auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG begründet, wonach ein Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Denn das SG hat über den geltend gemachten Schadensersatzanspruch erstinstanzlich nicht entschieden. Nachdem erstinstanzlich ein Schadensersatz nicht Gegenstand des Klageverfahrens war, ist die hierauf gerichtete Berufung unzulässig.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist - entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung - nicht der Berichtigungsbescheid vom 07.11.2013 oder gar der Ausführungsbescheid vom 12.09.2013, denn soweit eine Behörde wie vorliegend der Beklagte nur der im Urteil auferlegten Verpflichtung nachkommt, so trifft sie grundsätzlich keine Regelung i. S. des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) (so auch BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B - juris). Als Ausführungsbescheide gekennzeichnete Bescheide zu einem noch nicht rechtskräftigen Urteil werden weder nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens, noch erledigen sie den ursprünglichen Ablehnungsbescheid (teilweise) gemäß § 39 Abs. 2 SGB X. Sie sind vielmehr lediglich vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens durch eine rechtskräftige Entscheidung getroffen. Mit dem das Verfahren abschließenden Urteil verlieren alle Ausführungsbescheide ihre Wirkung, unabhängig vom Ausgang und vom Inhalt des das Verfahren abschließenden Urteils (BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a/7 AL 76/04 R - juris).
I.
Das angefochtene Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neufeststellung eines GdB von über 60, insbesondere nicht auf die eines GdB von 80.
Rechtsgrundlage für die von dem Kläger begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach dem nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen ist. Die Änderung muss sich mithin nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Wesentlich ist eine Änderung im Hinblick auf die Feststellung des GdB dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids daher nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Ob eine wesentliche Änderung in diesem Sinne eingetreten ist, muss durch einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts und zum Zeitpunkt der Überprüfung, d.h. grundsätzlich bei Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung betreffend die Aufhebung, ermittelt werden (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35 Nr. 5). Maßgeblich ist insoweit der letzte Feststellungsbescheid, hier der Bescheid vom 18.12.2009 mit dem in Ausführung des vor dem LSG geschlossenen Vergleiches entsprechend der Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 festgestellt worden ist, dass der GdB 40 seit 08.12.1969 und 50 seit 01.05.1997 beträgt.
Der Anwendung des § 48 SGB X steht dabei insbesondere nicht der beim Landessozialgericht am 27.11.2009 geschlossene Vergleich (L 8 SB 3747/09) entgegen, der die Erhöhung des GdB ab Geburt sowie ab dem 01.05.1997 zum Inhalt hatte. Denn der Vergleich kann nur den Streitgegenstand regeln, der ihm durch den Lebenssachverhalt, also hier die Funktionseinschränkungen zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses, d.h. den gegenwärtigen Gesundheitszustand, vorgegeben wird. Daraus folgt gerade im Sozialrecht der beschränkte Regelungscharakter eines solchen Vergleichs. Durch den Vergleich soll lediglich eine Rücknahme nach § 45 SGB X (so auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 101 Rz. 15a; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 1. September 1999 - L 8 U 23/99 - NZS 2000, 259) bzw. eine Überprüfung nach § 44 SGB X ausgeschlossen werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2011 - L 10 R 3494/08 - juris), nicht aber eine Neufeststellung nach § 48 SGB X. Wenn sich nämlich der medizinische Lebenssachverhalt - wie häufig - wesentlich ändert, ist der Beklagte sogar nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, dies mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen. Wollten sich die Vertragspartner dieser rechtlichen Verpflichtung begeben, so müsste demzufolge aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses sogar eine entsprechende Klausel in den Vergleich aufgenommen werden, dass keine Abänderung nach § 48 SGB X, sondern nur die Vertragsanpassung nach § 59 SGB X möglich ist, wobei dann weiter zu prüfen wäre, ob die Vertragsparteien überhaupt gesetzliche Pflichten in einem Vergleich abbedingen können. Dem steht nämlich aus Sicht des Senats bereits die Vorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X entgegen, wonach die Behörde nur anstatt eines ansonsten zu erlassenden Verwaltungsakts einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen kann. Die Behörde darf daher im Vertrag nicht mehr regeln, als ihr an Verwaltungsaktbefugnis zukommt. Durch Verwaltungsakt kann sie aber nicht die Anwendbarkeit des § 48 SGB X ausschließen. Es wird daher zumindest in einem Vergleich in den üblichen durch Verwaltungsakt geregelten Materien - wie vorliegend bei der Feststellung der Höhe des GdB - konkludent die Anwendung des eine Anpassung eines Vergleichsvertrages regelnden § 59 SGB X abbedungen, wenn - wie vorliegend - nichts dafür spricht, dass der Einigung eine höhere Bestandskraft zukommen soll (Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, § 48 Rz. 12). Das entspricht auch dem Regelungswillen der Parteien, die nämlich nur eine Einigung über den gegenwärtigen Gesundheitszustand erzielen, aber keine Regelung für die Zukunft treffen und sich insbesondere nicht des Rechts begeben wollen, auf Änderungen durch Herabsetzung oder - wie vorliegend - durch Neufeststellungsantrag zu reagieren. Wenn man dem Vergleich die Bedeutung zumessen wollte, dass sich seine Abänderung nur nach § 59 SGB X richten könnte, hätte das aber zur Folge, dass jeder Neufeststellungsantrag ausgeschlossen wäre und die Parteien ohne die Filterfunktion des Verwaltungsverfahrens eine gerichtliche Klärung der Anpassung und Kündigung vornehmen müssten, was überdies auf besondere Fälle beschränkt wäre und im Ermessen stünde. Das widerspräche auch der jahrzehntelangen Praxis in der Sozialgerichtsbarkeit (Urteile des Senats vom 24.10.2013 - L 6 SB 5459/11 - juris und 21.11.2013 - L 6 U 1023/13).
Vergleichsmaßstab, ob sich die Verhältnisse geändert haben, ist und muss der in Ausführung des Vergleichs ergangene Ausführungsbescheid vom 18.12.2012 sein, denn andernfalls liefe das Neufeststellungsverfahren in Ermangelung einer überprüfbaren Verwaltungsentscheidung ins Leere. Zwar wird in der noch zum alten § 96 SGG ergangenen Rechtsprechung einem ohne eigenen Entscheidungsspielraum lediglich eine Verpflichtung nachvollziehenden Ausführungsbescheid in der Regel kein Regelungscharakter und damit keine Verwaltungsaktqualität im Sinne des § 31 SGB X beigemessen und soll dies anders nur bei unter selbständiger Feststellung weiterer Merkmale oder Leistungen getroffenen Ausführungsbescheiden sein (vgl. BSG, Urteil vom 6.05.2010 - B 13 R 16/09 R - juris, zu einem Ausführungsbescheid eines Anerkenntnisses; BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B - juris, zu einem Ausführungsbescheid eines Urteils). Eine Regelung ist aber aus Sicht des Senats vorliegend bereits darin zu sehen, dass der Ausführungsbescheid den Vergleich richtig umsetzt, mit der Folge, dass jeder einen Vergleich umsetzende Ausführungsbescheid Regelungscharakter hat (so auch Waschull in Nomos-Kommentar, SGB X, § 31 Rz. 68). Dafür spricht der äußere Schein des Ausführungsbescheides, der Regelungswille des Beklagten und auch der Empfängerhorizont. Deswegen muss der Kläger, falls der Beklagte dieser Verpflichtung nicht nachkommt, auch die Möglichkeit der Überprüfung des Ausführungsbescheides haben. Das hat andererseits zur Folge, dass sich der Vergleich durch den Erlass des Ausführungsbescheides analog § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt hat. Daher ist es auch Verwaltungspraxis, dass erst der den Vergleich umsetzende Verwaltungsakt Vollstreckungsgrundlage ist und der Beklagte damit seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, den GdB festzustellen (so auch Urteile des Senats vom 24.10.2013 - L 6 SB 5459/11 - juris und vom 21.11.2013 - L 6 U 1023/13). Demgegenüber treffen ein mit Rechtsmittel angegriffenes Urteil ausführende Bescheide nur vorläufige Regelungen (siehe oben).
Ausgehend hiervon hat das SG zu Recht festgestellt, dass eine Änderung hinsichtlich des GdB dahingehend eingetreten ist, dass ab dem Antrag auf Neufeststellung am 28.01.2009 ein GdB von 60 aufgrund des Hinzutretens einer seelischen Störung festzustellen ist. Die Feststellung eines darüber hinaus gehenden GdB von 80 lässt sich hingegen nicht begründen.
Der Anspruch des Klägers auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 69 Abs. 1, 3 und 4 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird wie zuvor in den AHP der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e; so auch BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - juris).
Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung (vgl. Teil A Nr. 7 a Satz 1 der VG). Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern unter Beachtung der VG auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - juris). Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers keinen höheren GdB als 60 rechtfertigen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts nicht die Anhebung des GdB von 60 auf 80 gerechtfertigt.
Das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan ist mit einem Teil-GdB von 30 einzustufen. Eine Verschlimmerung der Beeinträchtigungen ist nicht eingetreten. Maßgebend für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen ist die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den Tabellen abzuleiten (VG, Teil B, Nr. 5). Nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 Tabelle D zur Ermittlung des GdB aus den Schwerhörigkeitsgraden für beide Ohren beträgt bei einer Taubheit mit einem Hörverlust von 100 Prozent auf dem rechten Ohr und einer Normalhörigkeit - Hörverlust von 0 bis 20 Prozent - auf dem linken Ohr der GdB 20, bei einer geringgradigen Schwerhörigkeit - Hörverlust von 20 bis 40 Prozent - auf dem linken Ohr beträgt der GdB 30.
Bei der Begutachtung durch Dr. B. betrug das gewichtete Gesamtwortverstehen nach Feldmann links 257,5 und das einfache Gesamtwortverstehen nach Boenninghaus und Röser links 270. Aus der Tabelle von Boenninghaus und Röser ergibt dies einen prozentualen Hörverlust links von 20 Prozent. Rechts ist der Klägers einseitig taub. Gleichgewichtsstörungen fanden sich nicht. Nach der Tabelle D der VG, Teil B, Nr. 5.2.4 liegt der Hörverlust des linken Ohrs genau an der Grenze zwischen Normalhörigkeit und geringgradiger Schwerhörigkeit. Somit befindet sich der GdB aus den Schwerhörigkeitsgraden für beide Ohren genau an der Grenze zwischen 20 und 30. Unter Berücksichtigung der nicht vollständig ausgebildeten Ohrmuschel rechts ist es daher angemessen, den Teil-GdB für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan insgesamt mit 30 zu bewerten. Denn für den Verlust einer Ohrmuschel beträgt nach den VG, Teil B, Nr. 5.5 der GdB 20. Soweit früher der GdB für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan mit einem Teil-GdB von 40 berücksichtigt worden ist, lag dieser Bewertung das vom HNO-Arzt C. ermittelte Tonaudiogramm vom 10.10.2002 zugrunde. Aus diesem ergab sich nach der Tabelle von Röser ein Hörverlust für das linke Ohr von 46 Prozent, entsprechend einer mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Daher war nach der Tabelle D der VG, Teil B, Nr. 5.2.4 unter Berücksichtigung der Taubheit rechts ein Teil-GdB von 30 für den Hörverlust und unter Berücksichtigung der Ohrfehlbildung rechts insgesamt ein Teil-GdB von 40 für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan festgestellt worden. Wie aus den VG, Teil B, Nr. 5 folgt, ist jedoch für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs entscheidend. Die Untersuchung bei Dr. B. hat im Hinblick auf das Gesamtwortverstehen jedoch nur einen prozentualen Hörverlust links von 20 Prozent ergeben.
Für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche ist zur Überzeugung des Senats neu ein Teil-GdB von allenfalls 30 zu berücksichtigen. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 und bei schweren Störungen (zum Beispiel schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70.
Zur Überzeugung des Senats kann bei dem Kläger allenfalls eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im unteren Bereich festgestellt werden. Aus der Anamneseerhebung durch Prof. Dr. W. bei den zwei ambulanten Untersuchungsterminen des Klägers ergibt sich, dass im psychiatrischen Befund inhaltlich ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber involvierten Behörden, teilweise aber auch gegenüber der Gutachterin sowie Ärzten und den Gerichten vorliegt, wobei die vom Kläger geäußerten Vermutungen und Befürchtungen nur teilweise nachvollziehbar sind und zumindest den Charakter von überwertigen Ideen haben. Darüber hinaus bestehen beim Kläger auch formale Auffälligkeiten des Denkens mit einem teilweise weitschweifigem, umständlichen, vermindert flexiblen und vermindert umstellungsfähigen Denken. Dies war bei der Begutachtung so ausgeprägt, dass die Dauer der Anamneseerhebung deutlich über das Normale hinaus verlängert werden musste. Affektiv war neben dem Misstrauen auch Unsicherheit und Traurigkeit, z.B. über das Scheitern seiner Lebenspläne spürbar. Bei der Beurteilung der Fähigkeits- und Teilhabestörung sind deutliche Defizite bei der Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routine, der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit und der Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit zu erkennen. Schlüssig folgt aus dem Gutachten wie auch in Anbetracht der allein am Landessozialgericht Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000 geführten 39 Verfahren in 6 Rechtsgebieten, dass das Leben des Klägers in den letzten Jahren geprägt gewesen ist von einem Kampf gegen die verschiedenen Sozialleistungsträger, durch die er sich benachteiligt fühlt und gegen die er eine Vielzahl von Prozessen geführt hat und führt. Prof. Dr. W. diagnostiziert bei dem Kläger aufgrund der erhobenen Befunde das Vorliegen einer sonstigen anhaltenden wahnhaften Störung im Sinne eines sogenannten "Querulantenwahns". Diese Störung beeinträchtigt den Kläger insofern, als er vermindert umstellungsfähig ist, in seiner Urteilsfähigkeit insbesondere im Hinblick auf den Kontakt mit Behörden und Institutionen sowie Ärzten beeinträchtigt ist und deshalb Schwierigkeiten hat, sich an die Regeln und Gegebenheiten auch z.B. im Arbeitsleben anzupassen.
Dafür, dass die Störung auch wesentliche Auswirkungen auf sonstige Beziehungen - unabhängig von den Behörden und Institutionen und Ärzten, denen der Kläger misstrauisch und mit Vorbehalten begegnet - hat, liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Ausgehend von der medizinischen Diagnose, die häufig auf psychiatrischem Fachgebiet nicht völlig eindeutig zu stellen ist, ist zur Ermittlung des GdB aber die funktionelle Auswirkung der Erkrankung auf die Teilhabefähigkeit auf der Grundlage der VG festzustellen. Nicht die Diagnose, sondern die Funktionseinschränkung ist entscheidend. Insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet beruht die Beurteilung der Teilhabefähigkeit in erheblichem Umfang auf den anamnestischen Angaben des Betroffenen, die daher im Einzelnen auszuwerten sind. Der Kläger hat jedoch die Auskünfte betreffend sein Privatleben im Wesentlichen bei den zwei Begutachtungsterminen verweigert und seine Angst, sich durch Antworten in Schwierigkeiten zu bringen, hat das Ausfüllen der Selbstbeurteilungsbögen so massiv beeinträchtigt, dass die Bearbeitung von Prof. Dr. W. abgebrochen wurde. Nachdem sich aus den wenigen Angaben des Klägers ergibt, dass er eine 2-Zimmerwohnung im Hause der Eltern bewohnt und sich seine Schwester um seine Wäsche kümmert, ist von sozialen Kontakten in der Herkunftsfamilie auszugehen. Zu den Untersuchungsterminen bei Prof. Dr. W. wurde der Kläger nach eigenen Angaben von einem Bekannten gefahren. Eine soziale Isolation liegt somit nicht vor. Der Kläger hat auch eingeräumt, noch in der Lage zu sein, seinen Haushalt im Wesentlichen selbst zu führen (Wohnungsreinigung, Einkäufe, Kochen etc.) und seine Krankgengymnastik- und Arzttermine usw. selbständig wahrzunehmen. Er geht regelmäßig etwa einmal wöchentlich zum Schwimmen. Der Kläger ist somit in der Lage, sein Privatleben im Rahmen seiner Möglichkeiten zu gestalten. Im Übrigen war er bei den Untersuchungen bewusstseinsklar mit voller Orientierung bei gutem Aufmerksamkeitsniveau, nur leicht reduzierter Resonanzfähigkeit und normalem Antrieb, so dass auch insofern kein Anhalt für eine stärker behindernde seelische Störung besteht. Daher kann zur Überzeugung des Senats die psychische Störung maximal mit einem Teil-GdB von 30 bewertet werden.
Eine sich auf die Höhe des GdB auswirkende Verschlimmerung der orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen liegt nicht vor. Für das Funktionssystem Wirbelsäule ist der GdB daher weiterhin mit 30 ausreichend berücksichtigt. Nach den VG Teil B Nr. 18.9 beträgt der GdB bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) 30 und bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten 30 bis 40.
Bei der Untersuchung durch den Orthopäden Dr. G. am 07.05.2009 lag bei lotrechtem Wirbelsäulenaufbau eine verstärkte BWS-Kyphose vor, die LWS-Seitneigung war nach beiden Seitneigungen schmerzhaft eingeschränkt. Dr. G. - der wegen Noncompliance keine komplette Untersuchung durchgeführt hat - diagnostizierte eine Blockierung der Lenden- sowie der Hals- und Brustwirbelsäule und eine Somatisation. Bei der Untersuchung im Krankenhaus Balingen - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie - am 26.05.2009 war die Beweglichkeit im linken Schultergelenk frei, bei Druckschmerz über dem linken Musculus deltoideus sowie dem Levator scapulae. Die Röntgendiagnostik ergab bei der HWS keinen Nachweis einer knöchernen Verletzung, Fehlstellung oder sonstige Auffälligkeiten. Die BWS war im oberen Anteil nicht sicher beurteilbar wegen Überlagerung der Schultern. Bei der Untersuchung am 29.07.2009 gab der Kläger bezüglich der HWS- und Schulter, wo degenerative Befunde mit leichten Protrusionen im Segment C3/C4 und C7 diagnostiziert worden waren, noch weiterhin Schmerzen und Verspannungen an. Bezüglich der Schulter mit aktivierter AC-Gelenksarthrose waren die Beschwerden allerdings rückläufig. Eine Kernspintomographie der Brustwirbelsäule durch Dr. S. am 29.06.2009 ergab einen unauffälligen Befund, nebenbefundlich geringe Residuen eines Morbus Scheuermann an der Grundplatte von BWK 11. Eine Kernspintomographie der Brustwirbelsäule am 29.03.2008 bei Dr. S. ergab keine wesentliche Fehlhaltung, nur diskrete Diskopathien der Bandscheiben Th3/4, Th6/7 und Th9/10 mit Signalminderung T2-gew. und diskreten Höhenminderungen, kleine Schmorl´sche Knötchen der Wirbelkörperabschlussplatten des BWK11, kein Bandscheibenprolaps, kein Hinweis für eine Wurzelkompression, kein raumfordernder Prozess. In dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 31.01.2007 bis 12.02.2007 wurden ein chronisch rezidivierendes Rückenschmerzsyndrom bei Rumpfmuskelinsuffizienz, leichter Fehlstatik, Zustand nach HWS-Distorsionen, Rückenprellungen sowie kleinen BSV L 4/5 und L 5/S1 angegeben. Die Rückenschmerzproblematik sei eher muskulär, bzw. statisch bedingt. Diese Diagnosen wurden auch von Dr. R. in seiner Stellungnahme vom 11.10.2010 aufgeführt, der zusätzlich noch angab, dass auffallend eine deutliche Somatisierungsstörung sei, mit der ein Teil der Wirbelsäulenbeschwerden zu erklären sei. Bei einer Computertomographie der LWS durch Dr. S. am 17.11.2006 zeigte sich bei allen untersuchten Segmenten eine relative Spinalstenose. Die Intervertebralgelenke waren hypertrophiert, degenerativ verändert, bei der LWK 5/SWK 1 stellte sich eine mediale Bandscheibenprotrusion dar ohne deutliche Kompressionszeichen. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. lagen Schmerzangaben bei Bewegungen, bei denen die Nackenmuskulatur angespannt wird und im Beckenbereich bei Hüftbeugung und Beinstreckung vor, aber keine umschriebenen Paresen und auch insbesondere keine Atrophien bei regelrechtem Muskeltonus, so dass der Kläger sich tatsächlich ausreichend bewegt. Außer Pallaesthesie am Daumengrundgelenk und am Großzehengrundgelenk beidseits lag ungestörte Sensibilität vor. Sie diagnostizierte dementsprechend zutreffend nur eine chronische Lumbalgie, sowie eine chronische Cervialgie jeweils ohne radikuläre Ausfälle und erachtete die Bewertung des Wirbelsäulensyndroms mit 30 aus neurologischer Sicht für richtig, zumal der Kläger nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel niedrigdosiert zur Schmerzbekämpfung verwendet, also die geltend gemachten Schmerzen in Ermangelung einer Schmerztherapie nicht stärker ausgeprägt sein können und daher den Teil-GdB nicht erhöhen (ständige Senatsrechtsprechung, so zuletzt Urteil vom 27.02.2014 - L 6 SB 464/13).
Aus diesen Angaben und Befunden folgt daher zur Überzeugung des Senats, dass bei dem Kläger nur geringe bis mittelgradige Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten ohne neurologische Ausfälle vorliegen und eine Überlagerung mit einer Somatisierungsstörung vorliegt. Das bedingt, dass ein GdB von 30 für das Funktionssystem Wirbelsäule weiterhin ausreichend und angemessen bemessen ist. Soweit der Kläger aufgrund einer Schlägerei im April 2009 eine Mittelgliedbasisfraktur des rechten Zeigefingers erlitten hat und infolge dessen Bewegungseinschränkungen des rechten Zeigefingers vorliegen, ist hierfür kein GdB festzustellen. Bei der Untersuchung im Krankenhaus Balingen - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie - am 29.07.2009 ergab sich eine Beweglichkeit Streckung/Beugung des rechten Zeigefingers von 0-10-90 Grad. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.13 beträgt der GdB bei Versteifung eines Fingers in günstiger Stellung (mittlere Gebrauchsstellung) 0 bis 10. Bei dem Kläger liegt bereits keine Versteifung, sondern nur eine Bewegungseinschränkung des Fingers vor, so dass kein GdB anzusetzen ist.
Bezüglich der vom Kläger angegebenen Bewegungseinschränkungen des Beckens sowie der angegebenen Hüft- und Kniegelenksleiden sind hierzu keine Befunde vorgelegt worden, die einen eigenständigen GdB rechtfertigen könnten. Der Kläger hat bei der Untersuchung bei Prof. Dr. W. zwar über Schmerzen im Beckenbereich bei Hüftbewegung und Beinstreckung berichtet, aber Fersen- und Zehengang ebenso wie die Standprüfungen noch zeigen können, eine Muskelatrophie bestand nicht. Prof. Dr. W. sah deswegen allein aufgrund der angegebenen Schmerzen keinen Anlass für die Feststellung eines weiteren bzw. höheren GdB. Auch der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage den Teil-GdB in Höhe von 30 für die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet insgesamt für ausreichend erachtet. Der Kläger befindet sich wegen orthopädischer Erkrankungen nicht bei einem weiteren Arzt in ärztlicher Behandlung.
Soweit der Kläger ein Herzleiden behauptet hat, hat der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hierzu keine Angaben gemacht. Der bei Prof. Dr. W. gemessene Blutdruck von 150/100 bedingt nach den VG, Teil B, Nr. 9.3 keinen GdB. Im Übrigen liegen Befunde und Unterlagen zu nachgewiesenen Gesundheitsstörungen des Herzens nicht vor, eine regelmäßige ärztliche Behandlung ist diesbezüglich nicht dokumentiert. Auch zu den weiteren vom Kläger aufgeführten Gesundheitsstörungen (Lähmungserscheinungen in Gliedmaßen, Müdigkeit, Potenzschwierigkeiten, Ausschlag, Bauchschmerzen) sind vom behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. keine Angaben gemacht worden und es liegen hierzu keine Befundunterlagen vor, der Kläger befindet sich deswegen nicht in ärztlicher Behandlung. Ebenso liegen keine Befunde zu andauernden Einschränkungen aufgrund der angegebenen Knöcheldistorsion vor. Diese rechtfertigen daher ebenfalls nicht die Feststellung eines eigenständigen GdB.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Teil-GdB-Werte (Teil-GdB 30 für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan, Teil-GdB 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche und Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem Wirbelsäule) und unter Berücksichtigung, dass Überschneidungen der Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der seelischen Störung und der Beeinträchtigungen der Haltungs- und Bewegungsorgane gegeben sind, beträgt der Gesamt-GdB nicht mehr als 60.
II.
Der Kläger erfüllt weiterhin nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G, Gl und RF.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und Gl besteht, ist in § 69 Abs. 5 SGB IX geregelt, wonach auf Antrag des behinderten Menschen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale ausstellen. Zu diesen Merkmalen gehören auch die Merkzeichen G und Gl. Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX).
Wer gehörlos i.S.d. § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist, ist gesetzlich nicht definiert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10. Dezember 2008 - BGBl. I. S. 2412 (VersMedV), die seit dem 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen ist, lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der begehrten Merkzeichen G und Gl entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, Gl, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Merkzeichens "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (ständige Rechtsprechung des Senats zuletzt Urteil des Senats vom 27.02.2014 - L 6 SB 3272/13 -; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 09.05.2011 - L 8 SB 2294/10 - und vom 24.09.2010 - S 8 SB 308/09 -; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Der Senat stellt daher bezüglich des Merkzeichens G auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens entwickelten Kriterien ab. Danach sind als üblicherweise noch zu Fuß zurückzulegende Wegstrecken im Ortsverkehr im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall, Wegstrecken von bis zu 2 Kilometern mit einer Gehdauer von etwa 30 Minuten anzusehen (BSG, Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 - juris; BSG, Urteil vom 13.08.1997 - 9 RVS 1/96 - juris).
An einer das Merkzeichen G rechtfertigenden Einschränkung der Gehfähigkeit leidet der Kläger zur Überzeugung des Senats weiterhin nicht. Es trifft nicht zu, dass der Kläger Wegstrecken im Ortsverkehr von bis zu 2 Kilometern mit einer Gehdauer von etwa 30 Minuten infolge einer Einschränkung des Gehvermögens ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne Gefahren für sich oder andere nicht zurückzulegen vermag.
Behinderungen, die sich auf die Gehfähigkeit auswirken könnten, liegen bei dem Kläger nicht vor. Dies entnimmt der Senat den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, insbesondere den von Dr. R. vorgelegten Befundberichten und seiner sachverständigen Zeugenaussage. Bei dem Kläger liegen nach obigen Ausführungen keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule vor, die sich besonders ungünstig auf die Gehfähigkeit auswirken. Aus den vorliegenden Befundunterlagen ergibt sich vielmehr, dass über die Jahre seitens der Ärzte im Hinblick auf die Angaben des Klägers zur Gehfähigkeit Aggravation festgestellt wurde bei deutlichen Diskrepanzen zu seinem Gangbild in unbeobachteten Momenten. So wurde bereits von Prof. Dr. D. bei der Begutachtung am 22.02.2001 ein unauffälliges Gangbild zum Untersuchungsraum bei einem extrem hinkenden Gangbild bei der Begutachtung angegeben. Auch in dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. vom 24.08.2007 wird ein unauffälliges Gangbild, bei gelegentlichem Andeuten eines rechtsbetonten Hinkens, geschildert wie ein ausgeprägtes demonstratives Verhalten, auffällig mit groben Diskrepanzen zwischen den geschilderten Beschwerden und dem noch kurz vorher beobachteten Bewegungsverhalten bei der Untersuchung der Beweglichkeit von Wirbelsäule und unteren Extremitäten. Dr. G. hat in seinem Arztbrief vom 07.05.2009 ausgeführt, die weitere Untersuchung des Klägers sei bei völliger Noncompliance bei kompletter Aggravation insbesondere bei der Bewegungsprüfung unmöglich gewesen. Ebenso hat Dr. R. in seiner Stellungnahme ausgeführt, das Merkmal G halte er nach den ihm vorliegenden chirurgischen, radiologischen und orthopädischen Befunden für nicht gerechtfertigt. Eine das Gehvermögen wesentlich beeinträchtigende Gesundheitsverschlechterung auf orthopädischem Fachgebiet ist seither nicht aktenkundig. Im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. W. hat der Kläger Angaben zu den von ihm getätigten Gehstrecken verweigert, insbesondere wollte er sich nicht dazu äußern, ob er zu einem Krankengymnastiktermin gelaufen oder gefahren ist. Allerdings gab er an, regelmäßig wöchentlich Schwimmen zu gehen. Anhaltspunkte, dass die seelische Störung den Kläger objektiv hindern könnte, 2 Kilometer in 30 Minuten zurückzulegen bestehen ebenfalls nicht. Die Gutachterin hat verneint, dass bei dem Kläger Leiden vorliegen, die die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr soweit herabsetzen, dass er nicht mehr in der Lage ist, ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken von 2 km Länge ebenerdig zu Fuß zurückzulegen. Ebenso hat Dr. B. angegeben, dass sich bei der gutachterlichen Untersuchung keine Hinweise auf Leiden gezeigt hätten, die ebenerdige Wegstrecken von 2 km Länge unmöglich machen könnten.
Zur Überzeugung des Senats folgt daher aus der Zusammenschau sämtlicher Unterlagen und Angaben, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sich nicht in objektiv relevanter Weise auf seine Gehfähigkeit auswirken.
Der Kläger erfüllt auch weiter nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens Gl.
Zwar ist gesetzlich nicht definiert, wer gehörlos im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist. Jedoch lässt sich den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/5074, S. 129f.) entnehmen, dass das Merkzeichen Gl solchen hörbehinderten Menschen zuerkannt werden soll, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, darüber hinaus auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.09.2010 - S 8 SB 308/09 -; Urteil des LSG Hamburg vom 12.04.2005 - L 4 SB 24/03 -). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Es liegt bei ihm nach obigen Ausführungen vielmehr nur eine Taubheit auf dem rechten Ohr bei nur geringgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit auf dem linken Ohr vor. Dr. B. hat in seinem Gutachten auch ausgeführt, bei der gutachterlichen Untersuchung hätten keine schwerwiegenden Sprachstörungen, welche die lautsprachliche Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt hätten, bestanden. Dem entsprechen auch sämtliche sonstige Unterlagen, aus denen sich weder Hör- noch sonstige Verständigungsprobleme aufgrund eingeschränkten Hörvermögens ergeben, der Kläger konnte sich vielmehr während der zahlreichen Gerichtsverfahren ausreichend telefonisch und mündlich in den Terminen verständigen. Somit liegt beim Kläger ein ausreichendes Hörvermögen für eine Verständigung in üblichem Umfang vor und es sind keine Sprachstörungen gegeben.
Auch hat der Kläger weiterhin keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens RF.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen RF besteht, ist in § 69 Abs. 5 SGB IX i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweis-Verordnung (SchwbAwV) landesrechtlich und daher in Baden-Württemberg für die Zeit bis 31.12.2012 in § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) vom 15.10.2004 geregelt, der ab dem 01.04.2005 in der Fassung des Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl. S. 189) und seit dem 01.01.2009 in der Fassung des Zwölften Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 18.12.2008 (GBl. 2009, S. 131) gilt. Für die Zeit ab dem 01.01.2013 regelt dies nunmehr der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) vom 15. bis 21.12.2010, der in Baden-Württemberg durch das Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften vom 18.10.2011 (GBl S. 477 ff.) zum 01.01.2013 in Kraft gesetzt worden ist. Nach § 4 Abs. 2 RBStV wird bei gesundheitlichen Einschränkungen keine Befreiung mehr gewährt, es werden lediglich die Rundfunkbeiträge auf ein Drittel ermäßigt. Die medizinischen Voraussetzungen haben sich im Vergleich zu den nach § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 RGebStV geltenden Voraussetzungen jedoch nicht geändert. So besteht nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 RBStV (früher § 6 Abs. 1 Nr. 7a RGebStV) ein Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens RF für blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von (wenigstens) 60 v. H. allein wegen der Sehbehinderung, nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 RBStV (früher § 6 Abs. 1 Nr. 7b RGebStV) für hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist und nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 RBStV (früher § 6 Abs. 1 Nr. 8 RGebStV) für behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigsten 80 vom Hundert beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können.
Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, sind beim Kläger weder die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 RBStV noch des § 4 Abs. 2 Nr. 2 RBStV gegeben. Der Kläger ist weder blind noch wesentlich sehbehindert mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung. Er ist auch weder gehörlos noch ist ihm eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich. Auch sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 3 RBStV nicht gegeben, da bei dem Kläger der GdB nicht wenigstens 80 beträgt. Darüber hinaus liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen kann.
III.
Die Berufung war daher zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, wobei der Senat die Kostenentscheidung des SG angesichts des nur geringfügigen Obsiegens des Klägers für angemessen erachtet hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Klage auf Gewährung von Schadensersatz und Feststellung eines GdB von 80, die Merkzeichen G, Gl und RF bereits seit Geburt sowie auf Erstattung von Kosten des Klageverfahrens wird als unzulässig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) ab Geburt und zum dritten Mal die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G), der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht" (Merkzeichen RF) und von Gehörlosigkeit (Merkzeichen Gl) sowie die Gewährung von Schadensersatz und Kostenerstattung.
Bei dem am 08.12.1969 geborenen ledigen Kläger liegt seit Geburt eine Ohrmuschelfehlbildung mit Gehörgangsverschluss rechts vor. Er hat von 1987 bis 1990 eine Ausbildung als Maurer durchlaufen und war bis 1993 in diesem Beruf tätig. Seither ist er im Wesentlichen arbeitslos, mit Unterbrechungen durch kurze Zwischenbeschäftigungen, Umschulungs- bzw. Rehabilitationsmaßnahmen und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Aufgrund von Arbeitsunfällen in den Jahren 1989, 1992 und 2000 führte der Kläger erfolglos mehrere Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft wegen der Gewährung von Verletztenrente. Seit dem 01.01.2012 wird ihm volle Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg gewährt.
Am 29.03.1996 beantragte der Kläger erstmals die Feststellung des GdB und die Ausstellung eines Ausweises wegen Folgeerscheinungen eines Verkehrsunfalls. Beigelegt waren Befundberichte von Orthopäden und Chirurgen. Mit Bescheid vom 12.07.1996 wurde ein GdB in Höhe von 20 seit dem 29.03.1996 wegen chronisch-rezidivierendem Wirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenvorfall L 4/S 1 rechts festgestellt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde nach Anforderung einer Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. S. mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.1996 zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S 7 Vs 2718/96). Seitens des SG wurde bei Dr. W. ein orthopädisches Gutachten eingeholt. Mit Urteil vom 07.05.1998 verpflichtete das SG den Beklagten einen GdB in Höhe von 30 seit dem 01.05.1997 festzustellen. In Ausführung des Urteils wurde mit Bescheid vom 16.06.1998 ein GdB von 30 seit dem 01.05.1997 unter Berücksichtigung eines chronisch-rezidivierenden Wirbelsäulensyndroms bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1 rechts festgestellt.
Am 03.12.2001 beantragte der Kläger die rückwirkende Erhöhung seines GdB unter Vorlage eines Berichts der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen vom 15.01.2001 (Diagnosen: Fissur Os sacrum rechts, Fissur des Wirbelbogens SWK 1 links) und des Arztbriefes des Orthopäden Dr. S. vom 03.04.2001. Er bat um schnellstmögliche Übersendung der Bescheinigung über den GdB (rückwirkend), da er diese Bescheinigung innerhalb vier Wochen dem Finanzamt vorlegen müsse. Dem Kläger wurde daraufhin am 04.12.2001 zur Vorlage beim Finanzamt ein GdB von 30 seit dem 01.05.1997 bescheinigt.
Am 13.12.2001 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der Rückenschmerzen sowie die Feststellung der Merkzeichen G und RF. Neu aufgetreten seien Becken-, Halswirbel-, Kopf- und Schulterschmerzen, eine Knieplatzwunde, Wirbellähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle. Der Beklagte zog daraufhin über die Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft das unfallchirurgische Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. D. vom 07.03.2001 (die seitengleiche Muskelbemantelung beider unterer Extremitäten sowie die seitengleiche Fußsohlenbeschwielung widerspreche der Behauptung des Klägers, das rechte Bein weniger belasten zu können als das linke) sowie den Bericht über die Kernspintomographie des Beckens von Prof. Dr. Dr. M. vom 02.03.2001 bei und holte einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. ein, welchem der ärztliche Entlassungsbericht über die vom 16.11.1999 bis 07.12.1999 in der Rheumaklinik B. W. durchlaufene stationäre Rehabilitationsmaßnahme, der Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. – Unfallchirurgie - vom 09.10.2000 und das Sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 18.05.2001 beigefügt waren.
Mit Bescheid vom 05.06.2002 wurde der Antrag vom 13.12.2001 auf Neufeststellung des GdB und Feststellung der Merkzeichen G und RF abgelehnt. Es lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden. Der GdB betrage weiterhin 30. Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen Knorpelschäden am rechten Kniegelenk, Zustand nach Knieplatzwunde, Zustand nach Prellung der rechten Hüfte und Zustand nach Beckenprellung bedingten keine Funktionsbeeinträchtigungen bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Die Voraussetzungen der Merkzeichen lägen nicht vor.
In dem hiergegen eingelegten Widerspruch führte der Kläger erstmals aus, er lebe seit seiner Geburt nur mit einem Ohr. Der Beklagte holte daraufhin den Befundbericht des Facharztes für HNO C. vom 05.11.2002, dem ein Audiogramm vom 10.10.2002 beigefügt war, ein. Versorgungsärztlich wurde eine Gehörlosigkeit rechts, Mikrotie und Schwerhörigkeit links mit einem Teil-GdB von 40 und der Gesamt-GdB unter Einschluss des Teil-GdB von 30 für den operierten Bandscheibenschaden und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule auf 50 eingeschätzt. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 10.12.2002 wurde ein GdB von 50 seit dem 13.12.01 festgestellt.
Gegen diesen Teil-Abhilfebescheid legte der Kläger wiederum Widerspruch ein und gab insbesondere an, er leide auch an Herzrhythmusstörungen. Hinzugekommen seien ab 1990 weitere Krankheiten wie z.B. Beinverkürzung und Meniskusschaden, die nicht berücksichtigt worden seien. Er beantragte daher eine Heraufsetzung des GdB auf 80 bis 90 ab seiner Geburt sowie auf 100 ab 1990 und neben der Feststellung der Merkzeichen G und RF auch noch die Feststellung des Merkzeichens Gl. Mit Bescheid vom 13.01.2003 wurde die Feststellung des Nachteilsausgleichs Gl abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 wurden die Widersprüche gegen die Bescheide vom 05.06.2002, 10.12.2002 und 13.01.2003 zwar formal zurückgewiesen, in den Gründen aber ausgeführt, abweichend von der bisherigen Feststellung könne der GdB von 40 rückwirkend ab Geburt und von 50 rückwirkend ab 01.05.1997 festgestellt werden. Darüber hinausgehend lasse sich unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde eine weitergehende Rückwirkung nicht begründen. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen wiederum Klage (S 6 SB 256/03). Seitens des SG wurden Befundberichte des HNO-Arztes C. und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. eingeholt. Mit Urteil vom 08.04.2004 wies das SG die Klage ab. Hiergegen erhob der Kläger beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung (L 6 SB 2831/04). Mit Beschluss vom 06.06.2006 wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Berufung gegen das Urteil des SG vom 08.04.2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen keine Anhaltspunkte für eine zeitlich weitreichendere rückwirkende Feststellung eines höheren GdB als im Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 vor, auch sei weiterhin ein Gesamt-GdB von 50 angemessen. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, RF und Gl seien beim Kläger nicht gegeben.
Am 21.04.2008 beantragte der Kläger erneut die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Merkzeichen G, Gl und RF. Alle bereits angegebenen Gesundheitsstörungen hätten sich verschlimmert. Seine Augen würden auch schlechter, ebenso kämen neu Herzprobleme hinzu und er leide zusätzlich an einem Ausschlag im Gesicht und Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen. Der Beklagte holt daraufhin wiederum einen Befundbericht bei Dr. R. ein, welchem der Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. vom 24.08.2007 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 31.01.2007 bis 12.02.2007 (vorzeitige Entlassung, weil der Kläger weiterhin arbeitsunfähig bleiben wolle bei insgesamt aggravierendem Verhalten) beigefügt war. Mit Bescheid vom 25.06.2008 wurde der Antrag abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch, zu dessen Begründung ausgeführt wurde, die Voraussetzungen des Merkzeichens G seien bereits seit Geburt erfüllt, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2008 zurückgewiesen.
Am 28.01.2009 beantragte der Kläger wieder die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung sowie die Feststellung der Merkzeichen G, Gl und RF. Aufgrund Verlust eines Hör- und Gleichgewichtsorgans seit Geburt leide er an Hör- und Gleichgewichtsproblemen, weiter an Schmerzen am Bewegungsapparat (Nacken, Beine, Bandscheiben), Lähmungserscheinungen in Gliedmaßen, Bluthochdruck, Müdigkeit, Potenzschwierigkeiten sowie Ausschlag im Gesicht und Bauchbereich und an Bauchschmerzen. Bei einer persönlichen Vorsprache beim Beklagten am 28.01.2009 gab er an, derzeit bei keinem Arzt in Behandlung zu sein.
Am 11.02.2009 beantragte der Kläger beim SG Reutlingen (S 7 SB 536/09) die Wiederaufnahme des Verfahrens S 7 Vs 2718/96 mit dem Ziel, einen GdB von 100 seit dem 01.05.1995 anzuerkennen. Mit Gerichtsbescheid vom 27.07.2009 wies das SG die Klage als unzulässig ab. Nachdem seit Rechtskraft des Urteils mehr als 11 Jahre vergangen seien, sei die Klage bereits nach § 586 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) unzulässig. Darüber hinaus habe der Kläger keine Nichtigkeits- bzw. Restitutionsgründe schlüssig vorgetragen. Die einzig gerügte inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils betreffe in keiner Weise Mängel der Urteilsgrundlagen im Sinne des § 580 ZPO. Auf die hiergegen eingelegte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 8 SB 3747/09) schlossen die Beteiligten in einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 27.11.2009 im Hinblick auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2003 einen Vergleich dahingehend, dass sich der Beklagte verpflichtete, unter Abänderung entgegenstehender Bescheide beim Kläger den GdB mit 40 seit Geburt und mit 50 seit 01.05.1997 festzustellen und über den Änderungsantrag des Klägers vom 28.01.2009 durch rechtsmittelfähigen Bescheid zu entscheiden.
Mit Ausführungsbescheid vom 18.12.2009 wurde daraufhin festgestellt, der GdB betrage 40 seit 08.12.1969 und 50 seit 01.05.1997. Der Bewertung lägen die Funktionsbeeinträchtigungen Gehörlosigkeit und Mikrotie rechts, Schwerhörigkeit links, Bandscheibenschaden operiert sowie Funktionsbehinderung der Wirbelsäule zugrunde.
Der Beklagte holte weitere Befundberichte bei dem Chirurgen Dr. S. und dem Allgemeinmediziner Dr. R. ein. Dr. S. gab an, der Kläger habe sich bei ihm letztmals am 14.04.2009 in Behandlung befunden. Er habe über Schmerzen im Kopf- und Nackenbereich und Dysästhesien in beiden Armen geklagt. Es hätten sich ein Druckschmerz, Verspannungen der mittleren und distalen BWS, ein Druckschmerz ISG beidseits bei freier HWS, eine 6 x 8 cm große Grünverfärbung am linken Unterschenkel, eine Schwellung am Zeigefinger rechts und kein wesentlicher Druck- oder Bewegungsschmerz gezeigt. Beigefügt war ein Ambulanzbrief der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Krankenhauses B. vom 02.04.2009 (Diagnosen: Contusio Bulbi, multiple Schürfwunden, (Schädel, Thorax, Schulter rechts, Handgelenk rechts), Schädelprellung temporalis links, Thoraxprellung rechts, Schulterprellung rechts, Handprellung rechts, Fingerprellung 4. Strahl links). Dr. R. gab an, beim Kläger bestehe ein chronisches HWS-LWS-Syndrom sowie ein Zustand nach Fraktur Mittelgliedbasis DII rechts. Es bestünden seit Jahren chronische Rückenbeschwerden, Osteochondrosen und Bandscheibenprotrusion, sowohl im LWS- als auch im HWS-Bereich, desweiteren relative Spinalstenosen der LWS. Aufgrund der chronischen LWS-HWS-Beschwerden sei er in seiner Alltagsfähigkeit eingeschränkt. Beigefügt war ein Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T., Klinik für Hand-, plastische, rekonstruktive und Verbrennungschirurgie, über eine Vorstellung des Klägers am 12.08.2009 (Diagnose: Älterer knöchern konsolidierter Mittelgliedbasisausriß DII rechts) sowie ein Ambulanzbrief der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Krankenhauses B. vom 30.07.2009 (Diagnose: Verheilte Mittelgliedbasisfraktur des rechten Zeigefingers) und ein Arztbrief des Orthopäden Dr. G. vom 07.05.2009 (Diagnose: Blockierung der Lendenwirbelsäule, Blockierung der Hals- und Brustwirbelsäule, Somatisation).
Die Versorgungsärztin K. berücksichtigte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungname als Behinderung eine Gehörlosigkeit rechts, Mikrotie sowie Schwerhörigkeit links mit einem Teil-GdB von 40, einen Bandscheibenschaden operiert mit einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30. Bluthochdruck, Ausschlag im Gesicht, Potenzstörung und Lähmungserscheinungen der Gliedmaßen seien nicht nachgewiesen. Müdigkeit bedinge keinen Teil-GdB von mindestens 10. Der Gesamt-GdB wurde mit 50 bewertet. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Die Voraussetzungen für Merkzeichen lägen weiterhin nicht vor.
Mit Bescheid vom 21.01.2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 28.01.2009 daraufhin ab. Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und der damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht eingetreten. Die Voraussetzungen zur Feststellung der Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht erfüllt.
Am 28.01.2010 legte der Kläger beim Beklagten zur Niederschrift Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.01.2010 ein. Er sei mit der Höhe des festgestellten GdB nicht einverstanden, der GdB solle 80 betragen. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht berücksichtigt worden: HWS-Leiden, Kopfschmerzen, Rippenprellung, Bewegungseinschränkung des Beckens, Hüft- und Kniegelenksleiden beidseits, Bewegungseinschränkung des rechten Zeigefingers, Herzleiden. Die Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht festgestellt worden. Aufgrund seiner Taubheit rechts, Verlust des Ohres rechts seit Geburt und Schwerhörigkeit links zähle er zu dem Personenkreis, dem das Merkzeichen Gl und RF zustehe. Außerdem müsse das Merkzeichen G aufgrund seines Wirbelsäulenleidens und der Bewegungseinschränkung der Beine vorliegen.
Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin K., wonach sich aus den vorgelegten Unterlagen keine Änderung zur Voreinstufung ergebe und mit dem Widerspruch keine neuen Befundunterlagen eingereicht worden seien, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 der Widerspruch zurückgewiesen. Wie die nochmalige Auswertung der Befundunterlagen der behandelnden Ärzte gezeigt habe, lasse sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, nicht feststellen. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass sich die Zuerkennung der Merkzeichen G, Gl und RF nicht begründen lasse.
Hiergegen hat der Kläger am 11.03.2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (S 12 SB 797/10) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, eine ärztliche Untersuchung hätte erfolgen müssen, da er inzwischen an weiteren Behinderungen leide. So sei ihm z.B. sein Zeigefinger gebrochen worden. Dieser sei nun krumm, dick und schmerze, eine OP sei zu riskant.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser gab an, der Kläger sei zuletzt am 10.08.2009 in Behandlung gewesen. Es hätten ein chronisch-rezidivierendes Rückenschmerz-Syndrom bei Rumpfmuskelinsuffizienz, Fehlstatik, Zustand nach multiplen HWS-Distorsionen, sowie Bandscheibenvorfälle L 4/5 und L 5/S 1 vorgelegen. HNO-ärztlicherseits habe eine Mikrotie des äußeren Ohres rechts mit Hörstörung bestanden. Daneben habe ein Zustand nach Mittelgliedbasisfraktur links vorgelegen. Im Vordergrund stünden immer wieder erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden der HWS-BWS-LWS mit entsprechender muskulärer Dysbalance und relativ milden Befunden bezüglich der entsprechenden Bildgebung. Auffallend sei eine deutliche Somatisierungsstörung (hiermit sei ein Teil der Wirbelsäulenbeschwerden zu erklären). Die orthopädischen Erkrankungen seien seiner Ansicht nach mit einem zutreffenden GdB bewertet. Die Merkzeichen G und RF halte er bei den bestehenden Erkrankungen nicht für gerechtfertigt. Bezüglich des Merkzeichen Gl könne er keine Auskunft geben. Beigefügt worden sind radiologische, orthopädische sowie HNO-ärztliche Befundberichte aus den Jahren 2006, 2007 und 2009 sowie der bereits bekannte Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. vom 13.02.2007.
Daraufhin hat das SG den behandelnden HNO-Arzt C. schriftlich als sachverständigen Zeuge vernommen. Dieser gab an, der Kläger habe sich zuletzt am 07.05.2009 bei ihm in Behandlung befunden. Beigefügt war ein radiologischer Bericht über ein CT des Gesichtsschädels vom 09.04.2009 sowie sein Arztbericht vom 21.04.2009 und ein Ton- und Sprachaudiogramm vom 10.10.2002.
Der Beklagte hat ausgeführt, die vorgelegten Befundberichte seien nicht aktuell, stammten überwiegend aus dem Jahr 2009, aber auch aus 2007 und 2006 und seien teilweise bereits aktenkundig. Dr. R. habe bestätigt, dass die orthopädischen Funktionsstörungen mit einem zutreffenden GdB bewertet worden seien und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G und RF nicht vorlägen. Das Ton- und Sprachaudiogramm vom 10.10.2002 sei bereits aktenkundig und entsprechend ausgewertet worden.
Das Gericht hat zunächst bei Prof. Dr. Z. ein HNO-ärztliches Gutachten eingeholt. Der Kläger gab zur Begutachtung an, die Untersuchungen seien nicht durch Prof. Dr. Z., sondern andere Personen durchgeführt worden, Prof. Dr. Z. habe ihn nach kurzem Gespräch nach Hause geschickt. Seitens Prof. Dr. Z. wurde mitgeteilt, eine vollständige Durchführung der Untersuchungen sei nicht möglich gewesen. Prof. Dr. Z. hat auf HNO-ärztlichem Fachgebiet eine Ohrmuschelfehlbildung mit Verschluss des äußeren Gehörgangs und vermutlich eine Taubheit rechts (anamnestische Angaben) sowie eine Innenohrschwerhörigkeit links diagnostiziert. Den Gesamt-GdB auf HNO-ärztlichem Fachgebiet hat er seit 28.01.2009 mit 20 bewertet. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht erfüllt.
Im Anschluss hat das SG ein HNO-ärztliches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Dr. B. hat in seinem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 23.12.2011 angegeben, bei dem Kläger bestehe rechts Taubheit mit Ohrmuschelfehlbildung sowie Gehörgangverschluss und links geringgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit. Das gewichtete Gesamtwortverstehen nach Feldmann betrage links 257,5. Das einfache Gesamtwortverstehen nach Boenninghaus und Röser betrage links 270. Hieraus ergebe sich nach der Tabelle nach Boenninghaus und Röser ein prozentualer Hörverlust von 20% links. Nach der Tabelle zur Ermittlung des GdB bei Schwerhörigkeitsgraden beider Ohren liege dieser Hörverlust auf der linken Seite genau auf der Grenze zwischen Normalhörigkeit und geringgradiger Schwerhörigkeit, somit sei auch die Einschätzung des GdB von 20 im Gutachten der Universitäts-HNO-Klinik in T. möglich. Unter Berücksichtigung der Ohrfehlbildung rechts schätze er den GdB auf HNO-fachärztlichem Gebiet mit 30 ein. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, Gl und RF seien nicht erfüllt.
Sodann hat das SG bei Prof. Dr. W. ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Diese hat in ihrem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20.11.2012 und 05.12.2012 angegeben, bei dem Kläger bestehe auf nervenärztlichem Gebiet eine sogenannte sonstige anhaltende wahnhafte Störung ("Querulantenwahn"), eine chronische Lumbalgie ohne radikuläre Ausfälle und eine chronische Cervialgie ohne radikuläre Ausfälle. Er sei durch die wahnhafte Störung in seiner seelischen Gesundheit und seinen geistigen Fähigkeiten insofern beeinträchtigt, als er vermindert umstellungsfähig, in seiner Urteilsfähigkeit insbesondere im Hinblick auf den Kontakt mit Behörden und Institutionen beeinträchtigt sei und deshalb erhebliche Schwierigkeiten habe, sich an die Regeln und Gegebenheiten z.B. im Arbeitsleben anzupassen. Durch den Wirbelsäulenschaden bestünden Beeinträchtigungen der körperlichen Funktion, er leide unter Schmerzen bei schwereren körperlichen Tätigkeiten. Der GdB infolge der anhaltenden wahnhaften Störung werde mit 40 bewertet, der GdB infolge des Wirbelsäulenschadens im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule mit 30. Der Gesamt-GdB werde unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 40 wegen der Hörstörung mit 60 bewertet. Die Voraussetzung für die beantragten Merkzeichen G, Gl und RF lägen nicht vor.
Mit Schreiben vom 13.02.2013 hat der Beklagte im Vergleichswege die Feststellung eines GdB von 60 ab dem 28.01.2009 angeboten. Dieses Angebot hat der Kläger nicht angenommen.
Mit Urteil vom 20.08.2013 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 verurteilt, beim Kläger einen GdB von 60 ab dem 28.01.2009 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für die seelische Störung des Klägers sei ein Teil-GdB von 40 in Ansatz zu bringen. Der Kläger leide an einer wahnhaften Störung, wie sich zur Überzeugung der Kammer aus dem ausführlichen und nachvollziehbaren Gutachten von Prof. Dr. W. ergebe, die zwei mehrstündige Untersuchungstermine mit dem Kläger durchgeführt habe. Allerdings sei der Grad einer mittelgradigen sozialen Anpassungsstörung nicht erreicht. Die Taubheit rechts und Schwerhörigkeit links sei mit einem GdB von 30 angemessen bewertet. Der Kläger leide an einer Taubheit rechts mit Ohrmuschelfehlbildung sowie Gehörgangsverschluss und einer geringgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit links. Der Hörverlust der linken Seite liege genau an der Grenze zwischen Normalhörigkeit und geringgradiger Schwerhörigkeit. Auch die Berücksichtigung der Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30 sei angemessen. Es bestehe ein chronisches HWS-LWS-Syndrom. Der Kläger sei dadurch in seiner Alltagsfähigkeit eingeschränkt. Es seien zwei Wirbelsäulenabschnitte betroffen, aber keine schweren funktionellen Auswirkungen festgestellt worden. Auch neurologische Ausfälle bestünden nicht. Eine Weiterbehandlung sei nicht erfolgt. Auf Basis der genannten Einzel-GdB-Werte sei der vorgeschlagene Gesamt-GdB von 60 nicht zu beanstanden. Der Kläger erfülle die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G, Gl und RF nicht. Die Kammer habe keinen Zweifel, dass der Kläger in der Lage sei, eine Wegstrecke von 2 Kilometern in einer halben Stunde zurückzulegen. Im Übrigen bestünden auch keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die sich besonders ungünstig auf die Gehfähigkeit auswirkten. Der Kläger sei nicht beidseits taub, sondern er leide lediglich an einer Taubheit rechts. Auf der linken Seite bestehe daneben keine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Es sei weder ein GdB von 80 festzustellen, noch sei er gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Es seien für die Kammer keinerlei Gründe ersichtlich, warum er davon ausgeschlossen sein sollte. Auch sei er nicht gehörlos, eine Verständigung ohne Hörhilfen sei ihm möglich. Bei der Kostenentscheidung hat das Gericht das überwiegende Unterliegen des Klägers berücksichtigt.
In Ausführung des Urteils hat der Beklagte mit Bescheid vom 12.09.2013 den GdB mit 60 seit 28.01.2009 festgestellt.
Am 16.09.2013 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, seine Beine seien kaputt, außerdem habe er ständig starke Schmerzen. Es sei bei ihm eine Taubheit rechts festgestellt worden. Die Voraussetzungen der Merkzeichen erfülle er. Eigentlich stünden ihm der höhere GdB und die Merkzeichen seit Geburt zu. Er sei überhaupt nicht in den Genuss gekommen, Vergünstigungen zu erhalten. Dem Gutachter Dr. W. sei nicht aufgefallen, dass sein rechtes Ohr fehle. Er wolle Schadenersatz, auch seien ihm die Kosten aus dem Verfahren S 7 Vs 2718/96 vom Beklagten nicht erstattet worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. August 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 80 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "G", "RF und "Gl" ab Geburt festzustellen und den Beklagten zur Gewährung von Schadensersatz und Kostenerstattung zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.08.2013 entspreche dem Ergebnis der gerichtlichen Beweiserhebung.
Am 09.10.2013 hat der Kläger gegen den Ausführungsbescheid vom 12.09.2013 Widerspruch eingelegt. Mit Berichtigungsverfügung vom 07.11.2013 wurde der Ausführungsbescheid vom 12.09.2013 wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass es statt "in Ausführung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.08.2013" hätte heißen müssen "in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.08.2013".
Die frühere Berichterstatterin hat den Rechtsstreit am 10.12.2013 mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat dabei insbesondere mitgeteilt, im Jahr 1997 seien ihm in dem Verfahren S 7 Vs 2718/96 außergerichtliche Kosten zugesprochen worden, welche er nicht erhalten habe, er wisse nicht, ob er einen Kostenerstattungsantrag gestellt habe. Er meine, er habe letztens beim Beklagten einen Antrag auf 500,- EUR pauschal gestellt. Eine Bescheidung sei noch nicht erfolgt. In dem Gutachten des Orthopäden Dr. W. aus dem Verfahren S 7 Vs 2718/96 sei sein Ohr nicht erwähnt worden. Er wolle die Feststellung des Grades der Behinderung von 80 und der Merkzeichen G, Gl und RF ab seiner Geburt. Die Einschränkung des Gehvermögens beruhe auf orthopädischen Einschränkungen. Den Schadenersatz wolle er dafür, dass man bei ihm ursprünglich mit Bescheid vom 12.07.1996 einen GdB von nur 20 ab dem 29.03.1996 festgestellt habe. Dies habe dazu geführt, dass er viele Verfahren habe führen müssen, was ihn sehr viele Nerven gekostet habe. Er befinde sich noch in Behandlung bei Dr. R. wegen seiner orthopädischen Einschränkungen. Wenn er von Anfang an den GdB richtig festgestellt bekommen hätte, hätte er z.B. als er gearbeitet habe, mehr Urlaub bekommen. Deshalb begehre er auch Schadensersatz, weil man das alles nicht mehr rückwirkend bekommen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Gerichtsakten der Verfahren L 6 SB 2831/04 und L 8 SB 3747/09 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß erhobene Berufung ist zulässig, soweit sie den Neufeststellungsantrag vom 28.01.2009 betrifft. Sie ist jedoch nicht begründet.
Soweit der Kläger zusätzlich seit dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 10.12.2013 die Feststellung eines GdB von 80 und die Merkzeichen G, Gl und RF bereits seit Geburt begehrt, ist die Klage unzulässig. Die Gerichte sind nur berufen, die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen zu überprüfen, nicht ihre eigenen an deren Stelle zu setzen. Der Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21.01.2010 nur über den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 28.01.2009 eine Entscheidung getroffen und nur dies war Streitgegenstand des Klageverfahrens vor dem SG, nicht hingegen die Feststellung des GdB und von Merkzeichen ab Geburt. Denn der Bescheid vom 18.12.2009 über die Feststellung des GdB ab Geburt ist in Ausführung des im Verfahren L 8 SB 3747/09 geschlossenen Vergleiches ergangen.
Ebenso ist die Klage bezüglich des Antrages auf Erstattung von Kosten des Klageverfahrens S 7 Vs 2718/96 unzulässig. Dies war nicht nur nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, nach den Angaben des Klägers ist bereits nicht dargetan, dass er einen entsprechenden Antrag gestellt hat und hierzu eine Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Jedenfalls verfügt er über den Titel aus dem Urteil, so dass für eine gerichtliche Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzung eines bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses fehlt. Die Klage ist damit unzulässig.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals die Gewährung von Schadensersatz begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig. Für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch kommt als Anspruchsgrundlage allein ein Anspruch aus Amtshaftung nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Hierfür ist aber der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet, da nach Artikel 34 Satz 3 Grundgesetz (GG) die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Die Zuständigkeit des Landessozialgerichts ist auch nicht nach § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG begründet, wonach ein Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Denn das SG hat über den geltend gemachten Schadensersatzanspruch erstinstanzlich nicht entschieden. Nachdem erstinstanzlich ein Schadensersatz nicht Gegenstand des Klageverfahrens war, ist die hierauf gerichtete Berufung unzulässig.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist - entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung - nicht der Berichtigungsbescheid vom 07.11.2013 oder gar der Ausführungsbescheid vom 12.09.2013, denn soweit eine Behörde wie vorliegend der Beklagte nur der im Urteil auferlegten Verpflichtung nachkommt, so trifft sie grundsätzlich keine Regelung i. S. des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) (so auch BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B - juris). Als Ausführungsbescheide gekennzeichnete Bescheide zu einem noch nicht rechtskräftigen Urteil werden weder nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens, noch erledigen sie den ursprünglichen Ablehnungsbescheid (teilweise) gemäß § 39 Abs. 2 SGB X. Sie sind vielmehr lediglich vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens durch eine rechtskräftige Entscheidung getroffen. Mit dem das Verfahren abschließenden Urteil verlieren alle Ausführungsbescheide ihre Wirkung, unabhängig vom Ausgang und vom Inhalt des das Verfahren abschließenden Urteils (BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a/7 AL 76/04 R - juris).
I.
Das angefochtene Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neufeststellung eines GdB von über 60, insbesondere nicht auf die eines GdB von 80.
Rechtsgrundlage für die von dem Kläger begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach dem nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen ist. Die Änderung muss sich mithin nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Wesentlich ist eine Änderung im Hinblick auf die Feststellung des GdB dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids daher nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Ob eine wesentliche Änderung in diesem Sinne eingetreten ist, muss durch einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts und zum Zeitpunkt der Überprüfung, d.h. grundsätzlich bei Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung betreffend die Aufhebung, ermittelt werden (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35 Nr. 5). Maßgeblich ist insoweit der letzte Feststellungsbescheid, hier der Bescheid vom 18.12.2009 mit dem in Ausführung des vor dem LSG geschlossenen Vergleiches entsprechend der Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 30.01.2003 festgestellt worden ist, dass der GdB 40 seit 08.12.1969 und 50 seit 01.05.1997 beträgt.
Der Anwendung des § 48 SGB X steht dabei insbesondere nicht der beim Landessozialgericht am 27.11.2009 geschlossene Vergleich (L 8 SB 3747/09) entgegen, der die Erhöhung des GdB ab Geburt sowie ab dem 01.05.1997 zum Inhalt hatte. Denn der Vergleich kann nur den Streitgegenstand regeln, der ihm durch den Lebenssachverhalt, also hier die Funktionseinschränkungen zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses, d.h. den gegenwärtigen Gesundheitszustand, vorgegeben wird. Daraus folgt gerade im Sozialrecht der beschränkte Regelungscharakter eines solchen Vergleichs. Durch den Vergleich soll lediglich eine Rücknahme nach § 45 SGB X (so auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 101 Rz. 15a; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 1. September 1999 - L 8 U 23/99 - NZS 2000, 259) bzw. eine Überprüfung nach § 44 SGB X ausgeschlossen werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2011 - L 10 R 3494/08 - juris), nicht aber eine Neufeststellung nach § 48 SGB X. Wenn sich nämlich der medizinische Lebenssachverhalt - wie häufig - wesentlich ändert, ist der Beklagte sogar nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, dies mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen. Wollten sich die Vertragspartner dieser rechtlichen Verpflichtung begeben, so müsste demzufolge aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses sogar eine entsprechende Klausel in den Vergleich aufgenommen werden, dass keine Abänderung nach § 48 SGB X, sondern nur die Vertragsanpassung nach § 59 SGB X möglich ist, wobei dann weiter zu prüfen wäre, ob die Vertragsparteien überhaupt gesetzliche Pflichten in einem Vergleich abbedingen können. Dem steht nämlich aus Sicht des Senats bereits die Vorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X entgegen, wonach die Behörde nur anstatt eines ansonsten zu erlassenden Verwaltungsakts einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen kann. Die Behörde darf daher im Vertrag nicht mehr regeln, als ihr an Verwaltungsaktbefugnis zukommt. Durch Verwaltungsakt kann sie aber nicht die Anwendbarkeit des § 48 SGB X ausschließen. Es wird daher zumindest in einem Vergleich in den üblichen durch Verwaltungsakt geregelten Materien - wie vorliegend bei der Feststellung der Höhe des GdB - konkludent die Anwendung des eine Anpassung eines Vergleichsvertrages regelnden § 59 SGB X abbedungen, wenn - wie vorliegend - nichts dafür spricht, dass der Einigung eine höhere Bestandskraft zukommen soll (Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, § 48 Rz. 12). Das entspricht auch dem Regelungswillen der Parteien, die nämlich nur eine Einigung über den gegenwärtigen Gesundheitszustand erzielen, aber keine Regelung für die Zukunft treffen und sich insbesondere nicht des Rechts begeben wollen, auf Änderungen durch Herabsetzung oder - wie vorliegend - durch Neufeststellungsantrag zu reagieren. Wenn man dem Vergleich die Bedeutung zumessen wollte, dass sich seine Abänderung nur nach § 59 SGB X richten könnte, hätte das aber zur Folge, dass jeder Neufeststellungsantrag ausgeschlossen wäre und die Parteien ohne die Filterfunktion des Verwaltungsverfahrens eine gerichtliche Klärung der Anpassung und Kündigung vornehmen müssten, was überdies auf besondere Fälle beschränkt wäre und im Ermessen stünde. Das widerspräche auch der jahrzehntelangen Praxis in der Sozialgerichtsbarkeit (Urteile des Senats vom 24.10.2013 - L 6 SB 5459/11 - juris und 21.11.2013 - L 6 U 1023/13).
Vergleichsmaßstab, ob sich die Verhältnisse geändert haben, ist und muss der in Ausführung des Vergleichs ergangene Ausführungsbescheid vom 18.12.2012 sein, denn andernfalls liefe das Neufeststellungsverfahren in Ermangelung einer überprüfbaren Verwaltungsentscheidung ins Leere. Zwar wird in der noch zum alten § 96 SGG ergangenen Rechtsprechung einem ohne eigenen Entscheidungsspielraum lediglich eine Verpflichtung nachvollziehenden Ausführungsbescheid in der Regel kein Regelungscharakter und damit keine Verwaltungsaktqualität im Sinne des § 31 SGB X beigemessen und soll dies anders nur bei unter selbständiger Feststellung weiterer Merkmale oder Leistungen getroffenen Ausführungsbescheiden sein (vgl. BSG, Urteil vom 6.05.2010 - B 13 R 16/09 R - juris, zu einem Ausführungsbescheid eines Anerkenntnisses; BSG, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B - juris, zu einem Ausführungsbescheid eines Urteils). Eine Regelung ist aber aus Sicht des Senats vorliegend bereits darin zu sehen, dass der Ausführungsbescheid den Vergleich richtig umsetzt, mit der Folge, dass jeder einen Vergleich umsetzende Ausführungsbescheid Regelungscharakter hat (so auch Waschull in Nomos-Kommentar, SGB X, § 31 Rz. 68). Dafür spricht der äußere Schein des Ausführungsbescheides, der Regelungswille des Beklagten und auch der Empfängerhorizont. Deswegen muss der Kläger, falls der Beklagte dieser Verpflichtung nicht nachkommt, auch die Möglichkeit der Überprüfung des Ausführungsbescheides haben. Das hat andererseits zur Folge, dass sich der Vergleich durch den Erlass des Ausführungsbescheides analog § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt hat. Daher ist es auch Verwaltungspraxis, dass erst der den Vergleich umsetzende Verwaltungsakt Vollstreckungsgrundlage ist und der Beklagte damit seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, den GdB festzustellen (so auch Urteile des Senats vom 24.10.2013 - L 6 SB 5459/11 - juris und vom 21.11.2013 - L 6 U 1023/13). Demgegenüber treffen ein mit Rechtsmittel angegriffenes Urteil ausführende Bescheide nur vorläufige Regelungen (siehe oben).
Ausgehend hiervon hat das SG zu Recht festgestellt, dass eine Änderung hinsichtlich des GdB dahingehend eingetreten ist, dass ab dem Antrag auf Neufeststellung am 28.01.2009 ein GdB von 60 aufgrund des Hinzutretens einer seelischen Störung festzustellen ist. Die Feststellung eines darüber hinaus gehenden GdB von 80 lässt sich hingegen nicht begründen.
Der Anspruch des Klägers auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 69 Abs. 1, 3 und 4 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird wie zuvor in den AHP der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e; so auch BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - juris).
Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung (vgl. Teil A Nr. 7 a Satz 1 der VG). Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern unter Beachtung der VG auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - juris). Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers keinen höheren GdB als 60 rechtfertigen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts nicht die Anhebung des GdB von 60 auf 80 gerechtfertigt.
Das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan ist mit einem Teil-GdB von 30 einzustufen. Eine Verschlimmerung der Beeinträchtigungen ist nicht eingetreten. Maßgebend für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen ist die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den Tabellen abzuleiten (VG, Teil B, Nr. 5). Nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 Tabelle D zur Ermittlung des GdB aus den Schwerhörigkeitsgraden für beide Ohren beträgt bei einer Taubheit mit einem Hörverlust von 100 Prozent auf dem rechten Ohr und einer Normalhörigkeit - Hörverlust von 0 bis 20 Prozent - auf dem linken Ohr der GdB 20, bei einer geringgradigen Schwerhörigkeit - Hörverlust von 20 bis 40 Prozent - auf dem linken Ohr beträgt der GdB 30.
Bei der Begutachtung durch Dr. B. betrug das gewichtete Gesamtwortverstehen nach Feldmann links 257,5 und das einfache Gesamtwortverstehen nach Boenninghaus und Röser links 270. Aus der Tabelle von Boenninghaus und Röser ergibt dies einen prozentualen Hörverlust links von 20 Prozent. Rechts ist der Klägers einseitig taub. Gleichgewichtsstörungen fanden sich nicht. Nach der Tabelle D der VG, Teil B, Nr. 5.2.4 liegt der Hörverlust des linken Ohrs genau an der Grenze zwischen Normalhörigkeit und geringgradiger Schwerhörigkeit. Somit befindet sich der GdB aus den Schwerhörigkeitsgraden für beide Ohren genau an der Grenze zwischen 20 und 30. Unter Berücksichtigung der nicht vollständig ausgebildeten Ohrmuschel rechts ist es daher angemessen, den Teil-GdB für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan insgesamt mit 30 zu bewerten. Denn für den Verlust einer Ohrmuschel beträgt nach den VG, Teil B, Nr. 5.5 der GdB 20. Soweit früher der GdB für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan mit einem Teil-GdB von 40 berücksichtigt worden ist, lag dieser Bewertung das vom HNO-Arzt C. ermittelte Tonaudiogramm vom 10.10.2002 zugrunde. Aus diesem ergab sich nach der Tabelle von Röser ein Hörverlust für das linke Ohr von 46 Prozent, entsprechend einer mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Daher war nach der Tabelle D der VG, Teil B, Nr. 5.2.4 unter Berücksichtigung der Taubheit rechts ein Teil-GdB von 30 für den Hörverlust und unter Berücksichtigung der Ohrfehlbildung rechts insgesamt ein Teil-GdB von 40 für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan festgestellt worden. Wie aus den VG, Teil B, Nr. 5 folgt, ist jedoch für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs entscheidend. Die Untersuchung bei Dr. B. hat im Hinblick auf das Gesamtwortverstehen jedoch nur einen prozentualen Hörverlust links von 20 Prozent ergeben.
Für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche ist zur Überzeugung des Senats neu ein Teil-GdB von allenfalls 30 zu berücksichtigen. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 und bei schweren Störungen (zum Beispiel schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70.
Zur Überzeugung des Senats kann bei dem Kläger allenfalls eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im unteren Bereich festgestellt werden. Aus der Anamneseerhebung durch Prof. Dr. W. bei den zwei ambulanten Untersuchungsterminen des Klägers ergibt sich, dass im psychiatrischen Befund inhaltlich ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber involvierten Behörden, teilweise aber auch gegenüber der Gutachterin sowie Ärzten und den Gerichten vorliegt, wobei die vom Kläger geäußerten Vermutungen und Befürchtungen nur teilweise nachvollziehbar sind und zumindest den Charakter von überwertigen Ideen haben. Darüber hinaus bestehen beim Kläger auch formale Auffälligkeiten des Denkens mit einem teilweise weitschweifigem, umständlichen, vermindert flexiblen und vermindert umstellungsfähigen Denken. Dies war bei der Begutachtung so ausgeprägt, dass die Dauer der Anamneseerhebung deutlich über das Normale hinaus verlängert werden musste. Affektiv war neben dem Misstrauen auch Unsicherheit und Traurigkeit, z.B. über das Scheitern seiner Lebenspläne spürbar. Bei der Beurteilung der Fähigkeits- und Teilhabestörung sind deutliche Defizite bei der Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routine, der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit und der Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit zu erkennen. Schlüssig folgt aus dem Gutachten wie auch in Anbetracht der allein am Landessozialgericht Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000 geführten 39 Verfahren in 6 Rechtsgebieten, dass das Leben des Klägers in den letzten Jahren geprägt gewesen ist von einem Kampf gegen die verschiedenen Sozialleistungsträger, durch die er sich benachteiligt fühlt und gegen die er eine Vielzahl von Prozessen geführt hat und führt. Prof. Dr. W. diagnostiziert bei dem Kläger aufgrund der erhobenen Befunde das Vorliegen einer sonstigen anhaltenden wahnhaften Störung im Sinne eines sogenannten "Querulantenwahns". Diese Störung beeinträchtigt den Kläger insofern, als er vermindert umstellungsfähig ist, in seiner Urteilsfähigkeit insbesondere im Hinblick auf den Kontakt mit Behörden und Institutionen sowie Ärzten beeinträchtigt ist und deshalb Schwierigkeiten hat, sich an die Regeln und Gegebenheiten auch z.B. im Arbeitsleben anzupassen.
Dafür, dass die Störung auch wesentliche Auswirkungen auf sonstige Beziehungen - unabhängig von den Behörden und Institutionen und Ärzten, denen der Kläger misstrauisch und mit Vorbehalten begegnet - hat, liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Ausgehend von der medizinischen Diagnose, die häufig auf psychiatrischem Fachgebiet nicht völlig eindeutig zu stellen ist, ist zur Ermittlung des GdB aber die funktionelle Auswirkung der Erkrankung auf die Teilhabefähigkeit auf der Grundlage der VG festzustellen. Nicht die Diagnose, sondern die Funktionseinschränkung ist entscheidend. Insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet beruht die Beurteilung der Teilhabefähigkeit in erheblichem Umfang auf den anamnestischen Angaben des Betroffenen, die daher im Einzelnen auszuwerten sind. Der Kläger hat jedoch die Auskünfte betreffend sein Privatleben im Wesentlichen bei den zwei Begutachtungsterminen verweigert und seine Angst, sich durch Antworten in Schwierigkeiten zu bringen, hat das Ausfüllen der Selbstbeurteilungsbögen so massiv beeinträchtigt, dass die Bearbeitung von Prof. Dr. W. abgebrochen wurde. Nachdem sich aus den wenigen Angaben des Klägers ergibt, dass er eine 2-Zimmerwohnung im Hause der Eltern bewohnt und sich seine Schwester um seine Wäsche kümmert, ist von sozialen Kontakten in der Herkunftsfamilie auszugehen. Zu den Untersuchungsterminen bei Prof. Dr. W. wurde der Kläger nach eigenen Angaben von einem Bekannten gefahren. Eine soziale Isolation liegt somit nicht vor. Der Kläger hat auch eingeräumt, noch in der Lage zu sein, seinen Haushalt im Wesentlichen selbst zu führen (Wohnungsreinigung, Einkäufe, Kochen etc.) und seine Krankgengymnastik- und Arzttermine usw. selbständig wahrzunehmen. Er geht regelmäßig etwa einmal wöchentlich zum Schwimmen. Der Kläger ist somit in der Lage, sein Privatleben im Rahmen seiner Möglichkeiten zu gestalten. Im Übrigen war er bei den Untersuchungen bewusstseinsklar mit voller Orientierung bei gutem Aufmerksamkeitsniveau, nur leicht reduzierter Resonanzfähigkeit und normalem Antrieb, so dass auch insofern kein Anhalt für eine stärker behindernde seelische Störung besteht. Daher kann zur Überzeugung des Senats die psychische Störung maximal mit einem Teil-GdB von 30 bewertet werden.
Eine sich auf die Höhe des GdB auswirkende Verschlimmerung der orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen liegt nicht vor. Für das Funktionssystem Wirbelsäule ist der GdB daher weiterhin mit 30 ausreichend berücksichtigt. Nach den VG Teil B Nr. 18.9 beträgt der GdB bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) 30 und bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten 30 bis 40.
Bei der Untersuchung durch den Orthopäden Dr. G. am 07.05.2009 lag bei lotrechtem Wirbelsäulenaufbau eine verstärkte BWS-Kyphose vor, die LWS-Seitneigung war nach beiden Seitneigungen schmerzhaft eingeschränkt. Dr. G. - der wegen Noncompliance keine komplette Untersuchung durchgeführt hat - diagnostizierte eine Blockierung der Lenden- sowie der Hals- und Brustwirbelsäule und eine Somatisation. Bei der Untersuchung im Krankenhaus Balingen - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie - am 26.05.2009 war die Beweglichkeit im linken Schultergelenk frei, bei Druckschmerz über dem linken Musculus deltoideus sowie dem Levator scapulae. Die Röntgendiagnostik ergab bei der HWS keinen Nachweis einer knöchernen Verletzung, Fehlstellung oder sonstige Auffälligkeiten. Die BWS war im oberen Anteil nicht sicher beurteilbar wegen Überlagerung der Schultern. Bei der Untersuchung am 29.07.2009 gab der Kläger bezüglich der HWS- und Schulter, wo degenerative Befunde mit leichten Protrusionen im Segment C3/C4 und C7 diagnostiziert worden waren, noch weiterhin Schmerzen und Verspannungen an. Bezüglich der Schulter mit aktivierter AC-Gelenksarthrose waren die Beschwerden allerdings rückläufig. Eine Kernspintomographie der Brustwirbelsäule durch Dr. S. am 29.06.2009 ergab einen unauffälligen Befund, nebenbefundlich geringe Residuen eines Morbus Scheuermann an der Grundplatte von BWK 11. Eine Kernspintomographie der Brustwirbelsäule am 29.03.2008 bei Dr. S. ergab keine wesentliche Fehlhaltung, nur diskrete Diskopathien der Bandscheiben Th3/4, Th6/7 und Th9/10 mit Signalminderung T2-gew. und diskreten Höhenminderungen, kleine Schmorl´sche Knötchen der Wirbelkörperabschlussplatten des BWK11, kein Bandscheibenprolaps, kein Hinweis für eine Wurzelkompression, kein raumfordernder Prozess. In dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 31.01.2007 bis 12.02.2007 wurden ein chronisch rezidivierendes Rückenschmerzsyndrom bei Rumpfmuskelinsuffizienz, leichter Fehlstatik, Zustand nach HWS-Distorsionen, Rückenprellungen sowie kleinen BSV L 4/5 und L 5/S1 angegeben. Die Rückenschmerzproblematik sei eher muskulär, bzw. statisch bedingt. Diese Diagnosen wurden auch von Dr. R. in seiner Stellungnahme vom 11.10.2010 aufgeführt, der zusätzlich noch angab, dass auffallend eine deutliche Somatisierungsstörung sei, mit der ein Teil der Wirbelsäulenbeschwerden zu erklären sei. Bei einer Computertomographie der LWS durch Dr. S. am 17.11.2006 zeigte sich bei allen untersuchten Segmenten eine relative Spinalstenose. Die Intervertebralgelenke waren hypertrophiert, degenerativ verändert, bei der LWK 5/SWK 1 stellte sich eine mediale Bandscheibenprotrusion dar ohne deutliche Kompressionszeichen. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. lagen Schmerzangaben bei Bewegungen, bei denen die Nackenmuskulatur angespannt wird und im Beckenbereich bei Hüftbeugung und Beinstreckung vor, aber keine umschriebenen Paresen und auch insbesondere keine Atrophien bei regelrechtem Muskeltonus, so dass der Kläger sich tatsächlich ausreichend bewegt. Außer Pallaesthesie am Daumengrundgelenk und am Großzehengrundgelenk beidseits lag ungestörte Sensibilität vor. Sie diagnostizierte dementsprechend zutreffend nur eine chronische Lumbalgie, sowie eine chronische Cervialgie jeweils ohne radikuläre Ausfälle und erachtete die Bewertung des Wirbelsäulensyndroms mit 30 aus neurologischer Sicht für richtig, zumal der Kläger nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel niedrigdosiert zur Schmerzbekämpfung verwendet, also die geltend gemachten Schmerzen in Ermangelung einer Schmerztherapie nicht stärker ausgeprägt sein können und daher den Teil-GdB nicht erhöhen (ständige Senatsrechtsprechung, so zuletzt Urteil vom 27.02.2014 - L 6 SB 464/13).
Aus diesen Angaben und Befunden folgt daher zur Überzeugung des Senats, dass bei dem Kläger nur geringe bis mittelgradige Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten ohne neurologische Ausfälle vorliegen und eine Überlagerung mit einer Somatisierungsstörung vorliegt. Das bedingt, dass ein GdB von 30 für das Funktionssystem Wirbelsäule weiterhin ausreichend und angemessen bemessen ist. Soweit der Kläger aufgrund einer Schlägerei im April 2009 eine Mittelgliedbasisfraktur des rechten Zeigefingers erlitten hat und infolge dessen Bewegungseinschränkungen des rechten Zeigefingers vorliegen, ist hierfür kein GdB festzustellen. Bei der Untersuchung im Krankenhaus Balingen - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie - am 29.07.2009 ergab sich eine Beweglichkeit Streckung/Beugung des rechten Zeigefingers von 0-10-90 Grad. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.13 beträgt der GdB bei Versteifung eines Fingers in günstiger Stellung (mittlere Gebrauchsstellung) 0 bis 10. Bei dem Kläger liegt bereits keine Versteifung, sondern nur eine Bewegungseinschränkung des Fingers vor, so dass kein GdB anzusetzen ist.
Bezüglich der vom Kläger angegebenen Bewegungseinschränkungen des Beckens sowie der angegebenen Hüft- und Kniegelenksleiden sind hierzu keine Befunde vorgelegt worden, die einen eigenständigen GdB rechtfertigen könnten. Der Kläger hat bei der Untersuchung bei Prof. Dr. W. zwar über Schmerzen im Beckenbereich bei Hüftbewegung und Beinstreckung berichtet, aber Fersen- und Zehengang ebenso wie die Standprüfungen noch zeigen können, eine Muskelatrophie bestand nicht. Prof. Dr. W. sah deswegen allein aufgrund der angegebenen Schmerzen keinen Anlass für die Feststellung eines weiteren bzw. höheren GdB. Auch der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage den Teil-GdB in Höhe von 30 für die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet insgesamt für ausreichend erachtet. Der Kläger befindet sich wegen orthopädischer Erkrankungen nicht bei einem weiteren Arzt in ärztlicher Behandlung.
Soweit der Kläger ein Herzleiden behauptet hat, hat der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hierzu keine Angaben gemacht. Der bei Prof. Dr. W. gemessene Blutdruck von 150/100 bedingt nach den VG, Teil B, Nr. 9.3 keinen GdB. Im Übrigen liegen Befunde und Unterlagen zu nachgewiesenen Gesundheitsstörungen des Herzens nicht vor, eine regelmäßige ärztliche Behandlung ist diesbezüglich nicht dokumentiert. Auch zu den weiteren vom Kläger aufgeführten Gesundheitsstörungen (Lähmungserscheinungen in Gliedmaßen, Müdigkeit, Potenzschwierigkeiten, Ausschlag, Bauchschmerzen) sind vom behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. keine Angaben gemacht worden und es liegen hierzu keine Befundunterlagen vor, der Kläger befindet sich deswegen nicht in ärztlicher Behandlung. Ebenso liegen keine Befunde zu andauernden Einschränkungen aufgrund der angegebenen Knöcheldistorsion vor. Diese rechtfertigen daher ebenfalls nicht die Feststellung eines eigenständigen GdB.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Teil-GdB-Werte (Teil-GdB 30 für das Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan, Teil-GdB 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche und Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem Wirbelsäule) und unter Berücksichtigung, dass Überschneidungen der Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der seelischen Störung und der Beeinträchtigungen der Haltungs- und Bewegungsorgane gegeben sind, beträgt der Gesamt-GdB nicht mehr als 60.
II.
Der Kläger erfüllt weiterhin nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G, Gl und RF.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und Gl besteht, ist in § 69 Abs. 5 SGB IX geregelt, wonach auf Antrag des behinderten Menschen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale ausstellen. Zu diesen Merkmalen gehören auch die Merkzeichen G und Gl. Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX).
Wer gehörlos i.S.d. § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist, ist gesetzlich nicht definiert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10. Dezember 2008 - BGBl. I. S. 2412 (VersMedV), die seit dem 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen ist, lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der begehrten Merkzeichen G und Gl entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, Gl, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Merkzeichens "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (ständige Rechtsprechung des Senats zuletzt Urteil des Senats vom 27.02.2014 - L 6 SB 3272/13 -; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 09.05.2011 - L 8 SB 2294/10 - und vom 24.09.2010 - S 8 SB 308/09 -; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Der Senat stellt daher bezüglich des Merkzeichens G auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens entwickelten Kriterien ab. Danach sind als üblicherweise noch zu Fuß zurückzulegende Wegstrecken im Ortsverkehr im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall, Wegstrecken von bis zu 2 Kilometern mit einer Gehdauer von etwa 30 Minuten anzusehen (BSG, Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 - juris; BSG, Urteil vom 13.08.1997 - 9 RVS 1/96 - juris).
An einer das Merkzeichen G rechtfertigenden Einschränkung der Gehfähigkeit leidet der Kläger zur Überzeugung des Senats weiterhin nicht. Es trifft nicht zu, dass der Kläger Wegstrecken im Ortsverkehr von bis zu 2 Kilometern mit einer Gehdauer von etwa 30 Minuten infolge einer Einschränkung des Gehvermögens ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne Gefahren für sich oder andere nicht zurückzulegen vermag.
Behinderungen, die sich auf die Gehfähigkeit auswirken könnten, liegen bei dem Kläger nicht vor. Dies entnimmt der Senat den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, insbesondere den von Dr. R. vorgelegten Befundberichten und seiner sachverständigen Zeugenaussage. Bei dem Kläger liegen nach obigen Ausführungen keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule vor, die sich besonders ungünstig auf die Gehfähigkeit auswirken. Aus den vorliegenden Befundunterlagen ergibt sich vielmehr, dass über die Jahre seitens der Ärzte im Hinblick auf die Angaben des Klägers zur Gehfähigkeit Aggravation festgestellt wurde bei deutlichen Diskrepanzen zu seinem Gangbild in unbeobachteten Momenten. So wurde bereits von Prof. Dr. D. bei der Begutachtung am 22.02.2001 ein unauffälliges Gangbild zum Untersuchungsraum bei einem extrem hinkenden Gangbild bei der Begutachtung angegeben. Auch in dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Ü. vom 24.08.2007 wird ein unauffälliges Gangbild, bei gelegentlichem Andeuten eines rechtsbetonten Hinkens, geschildert wie ein ausgeprägtes demonstratives Verhalten, auffällig mit groben Diskrepanzen zwischen den geschilderten Beschwerden und dem noch kurz vorher beobachteten Bewegungsverhalten bei der Untersuchung der Beweglichkeit von Wirbelsäule und unteren Extremitäten. Dr. G. hat in seinem Arztbrief vom 07.05.2009 ausgeführt, die weitere Untersuchung des Klägers sei bei völliger Noncompliance bei kompletter Aggravation insbesondere bei der Bewegungsprüfung unmöglich gewesen. Ebenso hat Dr. R. in seiner Stellungnahme ausgeführt, das Merkmal G halte er nach den ihm vorliegenden chirurgischen, radiologischen und orthopädischen Befunden für nicht gerechtfertigt. Eine das Gehvermögen wesentlich beeinträchtigende Gesundheitsverschlechterung auf orthopädischem Fachgebiet ist seither nicht aktenkundig. Im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. W. hat der Kläger Angaben zu den von ihm getätigten Gehstrecken verweigert, insbesondere wollte er sich nicht dazu äußern, ob er zu einem Krankengymnastiktermin gelaufen oder gefahren ist. Allerdings gab er an, regelmäßig wöchentlich Schwimmen zu gehen. Anhaltspunkte, dass die seelische Störung den Kläger objektiv hindern könnte, 2 Kilometer in 30 Minuten zurückzulegen bestehen ebenfalls nicht. Die Gutachterin hat verneint, dass bei dem Kläger Leiden vorliegen, die die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr soweit herabsetzen, dass er nicht mehr in der Lage ist, ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken von 2 km Länge ebenerdig zu Fuß zurückzulegen. Ebenso hat Dr. B. angegeben, dass sich bei der gutachterlichen Untersuchung keine Hinweise auf Leiden gezeigt hätten, die ebenerdige Wegstrecken von 2 km Länge unmöglich machen könnten.
Zur Überzeugung des Senats folgt daher aus der Zusammenschau sämtlicher Unterlagen und Angaben, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sich nicht in objektiv relevanter Weise auf seine Gehfähigkeit auswirken.
Der Kläger erfüllt auch weiter nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens Gl.
Zwar ist gesetzlich nicht definiert, wer gehörlos im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist. Jedoch lässt sich den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/5074, S. 129f.) entnehmen, dass das Merkzeichen Gl solchen hörbehinderten Menschen zuerkannt werden soll, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, darüber hinaus auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.09.2010 - S 8 SB 308/09 -; Urteil des LSG Hamburg vom 12.04.2005 - L 4 SB 24/03 -). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Es liegt bei ihm nach obigen Ausführungen vielmehr nur eine Taubheit auf dem rechten Ohr bei nur geringgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit auf dem linken Ohr vor. Dr. B. hat in seinem Gutachten auch ausgeführt, bei der gutachterlichen Untersuchung hätten keine schwerwiegenden Sprachstörungen, welche die lautsprachliche Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt hätten, bestanden. Dem entsprechen auch sämtliche sonstige Unterlagen, aus denen sich weder Hör- noch sonstige Verständigungsprobleme aufgrund eingeschränkten Hörvermögens ergeben, der Kläger konnte sich vielmehr während der zahlreichen Gerichtsverfahren ausreichend telefonisch und mündlich in den Terminen verständigen. Somit liegt beim Kläger ein ausreichendes Hörvermögen für eine Verständigung in üblichem Umfang vor und es sind keine Sprachstörungen gegeben.
Auch hat der Kläger weiterhin keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens RF.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen RF besteht, ist in § 69 Abs. 5 SGB IX i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweis-Verordnung (SchwbAwV) landesrechtlich und daher in Baden-Württemberg für die Zeit bis 31.12.2012 in § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) vom 15.10.2004 geregelt, der ab dem 01.04.2005 in der Fassung des Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl. S. 189) und seit dem 01.01.2009 in der Fassung des Zwölften Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 18.12.2008 (GBl. 2009, S. 131) gilt. Für die Zeit ab dem 01.01.2013 regelt dies nunmehr der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) vom 15. bis 21.12.2010, der in Baden-Württemberg durch das Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften vom 18.10.2011 (GBl S. 477 ff.) zum 01.01.2013 in Kraft gesetzt worden ist. Nach § 4 Abs. 2 RBStV wird bei gesundheitlichen Einschränkungen keine Befreiung mehr gewährt, es werden lediglich die Rundfunkbeiträge auf ein Drittel ermäßigt. Die medizinischen Voraussetzungen haben sich im Vergleich zu den nach § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 RGebStV geltenden Voraussetzungen jedoch nicht geändert. So besteht nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 RBStV (früher § 6 Abs. 1 Nr. 7a RGebStV) ein Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens RF für blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von (wenigstens) 60 v. H. allein wegen der Sehbehinderung, nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 RBStV (früher § 6 Abs. 1 Nr. 7b RGebStV) für hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist und nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 RBStV (früher § 6 Abs. 1 Nr. 8 RGebStV) für behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigsten 80 vom Hundert beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können.
Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, sind beim Kläger weder die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 RBStV noch des § 4 Abs. 2 Nr. 2 RBStV gegeben. Der Kläger ist weder blind noch wesentlich sehbehindert mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung. Er ist auch weder gehörlos noch ist ihm eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich. Auch sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 3 RBStV nicht gegeben, da bei dem Kläger der GdB nicht wenigstens 80 beträgt. Darüber hinaus liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen kann.
III.
Die Berufung war daher zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, wobei der Senat die Kostenentscheidung des SG angesichts des nur geringfügigen Obsiegens des Klägers für angemessen erachtet hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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