Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2865/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2076/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Kostenerstattung für eine Mammareduktionsplastik beidseits.
Die am 17.02.1948 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Unter Vorlage von Befundberichten beantragte sie Anfang 2011 bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine Mammareduktionsplastik. Der Allgemeinmediziner Dr. S. mit Zusatzbezeichnung Sportmedizin und Chirotherapie befürwortet im Attest vom 10.02.2011 den geplanten Eingriff zur Reduzierung der Rückenbeschwerden. Dr. S.-T., Chefarzt der Frauenklinik des Krankenhauses F., benennt im Befundbericht vom 18.01.2011 als Diagnosen eine symptomatische Makromastie bei einem Brustgewicht von ca. 1.000 kg pro Seite und eine beidseitige Mastoptose (Hängebrust) II. Grades sowie ein chronisches HWS-/BWS-Syndrom. Die Mammareduktion sei eine kausale Behandlungsmöglichkeit der Wirbelsäulenbeschwerden, wobei nicht so sehr das Brustvolumen im Vordergrund stünde, sondern die Hebewirkung der Mastoptose. Das zu reduzierende Volumen liege bei 400 bis 500 g beidseits. Die Indikation zur Mammareduktion solle noch durch einen Orthopäden beurteilt werden. Der Orthopäde Dr. S. beschreibt im Befundbericht vom 20.01.2011 im BWS-Bereich eine Wurzelirritation, Arthrosen, eine Neuroforamenstenose, Protrusionen und eine Blockierung sowie im HWS-Bereich ein schweres degeneratives Syndrom. Als Therapie verordnete er manuelle Therapie mit heißer Rolle.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 21.03.2011 ein Gutachten nach Aktenlage. Danach erfordere die mäßige Mammahypertrophie als Normvariante der Natur keine operative Behandlung. Es gebe keine wissenschaftlich gesicherten, methodisch einwandfreien Untersuchungen, die zweifelsfrei einen Zusammenhang zwischen der Brustlast und muskuloskelettalen Beschwerden belegten. Eine symptombezogene fachorthopädische Behandlung und Heilmittelanwendung sei zweckdienlich. Mit Bescheid vom 28.03.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin sodann ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.05.2011 Widerspruch ein und legte zur Begründung einen weiteren Befundbericht des Orthopäden I. N. vor, wonach eine Überlastungsymptomatik des Schultergürtels durch die Makromastie, zusätzlich Gefügestörungen und degenerative Veränderungen der mittleren HWS vorlägen. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin vom MDK aufgrund ambulanter Untersuchung begutachten. Im Gutachten des Arztes R. vom 01.06.2011 werden die Diagnosen chronisches Zervikal- und Thorakalsyndrom bei Myotendopathiesyndrom und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen der HWS, Makromastie und Mastose beidseits angegeben. Die Klägerin habe von Cervikobrachialgien mit insbesondere nächtlichen Schmerzen in den Oberarmen berichtet, die seit ca. 3 Jahren bestünden. Eine Tiefenbestrahlung habe für die Dauer eines 3/4 Jahres eine Besserung herbeigeführt. Seit ca. 2 Jahren mache sie Krankengymnastik (ca. 18 Anwendungen pro Jahr), auch Übungen in Eigenregie. Unter der Krankengymnastik sei es zu einer passageren Beschwerdelinderung gekommen. Bei Bedarf nehme sie ein Schmerzmittel. Die Befunderhebung ergab u.a. ein Brustgewicht von ca. 1.200 g pro Seite (BH-Cup E 85), diskrete Einschnürungsfurchen bds. und eine sternosymphale Fehlhaltung. Im Ergebnis wird eine operative Behandlung nicht befürwortet. Es liege definitionsgemäß keine Gigantomastie vor. Es sei davon auszugehen, dass die degenerativen Wirbelsäulenversänderungen Ursache der Rückenbeschwerden seien. Es würden krankengymnastische Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur empfohlen. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin daraufhin nochmals mit Schreiben vom 14.06.2011 ab, wogegen die Klägerin erneut Widerspruch einlegte (Schreiben vom 28.07.2011). Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.03.2011 zurück.
Am 28.09.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, die behandelnden Ärzte der Klägerin würden dringend eine Mammareduktionsplastik empfehlen. Aufgrund der Größe der Brust müsse die Klägerin die Schultern vornehmen, was zu einer schlechten Haltung und in der Folge zu Verspannungen im Schulter-Hals-Bereich führe. Infolge der zu großen und zu schweren Brüste leide die Klägerin an Deformierungen, Fehlstellungen, Muskelproblemen, Haltungsproblemen und Schmerzen.
Das SG hat die Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich befragt.
Der Orthopäde I. N. teilte im November 2011 mit, seit Oktober 2010 habe er die Klägerin nur einmalig am 26.04.2011 zur Untersuchung gesehen. Die Untersuchung habe der Statusdokumentation der Situation an Schultergürtel und Nacken gedient. Danach bestünde ein chronisch rezidivierendes Schmerzsyndrom im Bereich der HWS und BWS, ein Cervikalsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei Osteochondrose und Spondylose der HWS sowie eine Gefügestörung der HWS. Desweiteren habe sich eine Makromastie beidseits mit Betonung der Brustunterweite im Sinne einer Makroptose gezeigt. Auch nach seinen Recherchen seien keine wissenschaftlich evaluierten Studien zu finden, die einen Zusammenhang zwischen Brustlast und muskuloskelettalen Beschwerden belegten. Darüber hinaus könne von der geplanten Reduktion der Last-Hebel-Wirkung um 400 bis 500 g beidseits keine wesentliche Entlastung erwartet werden. Der Hauptbefund liege in der Verlagerung der Brustgewichte nach unten (Makroptose). Deren Ursache sei in einer Bindegewebsschwäche des Weichteilgewebes zu vermuten. Die Vermutung werde gestützt durch die radiologischen Befunde, die eine Gefügestörung und degenerative Veränderungen zeigten. Die daraus abzuleitende Schwäche der statischen Stabilisatoren sei für die Instabilität der kleinen Wirbelgelenke und den Zwischenwirbelgelenken mitverantwortlich und somit für die rezidivierenden Beschwerden. Demgegenüber seien die (vorwiegend) muskulären, dynamischen Haltestrukturen nicht suffizient ausgebildet und trainiert. Es sei daher zu vermuten, dass die physiotherapeutische, krankengymnastische und selbständige Übungsbehandlung mit dem Ziel der Haltungsverbesserung, der Aufrichtung und Stärkung der Muskulatur nicht intensiv ausgeschöpft worden sei.
Die Gynäkologin Dr. K. teilte dem SG im November 2011 mit, sie halte eine Mammareduktion beidseits aufgrund der bestehenden Makromastie und Mastoptose II. Grades, die zu Verspannungen im Schulter-Hals-Bereich mit Bewegungseinschränkungen an der HWS und BWS führten, bei erfolglos durchgeführter Krankengymnastik für indiziert.
Der Orthopäde Dr. S. gab im November 2011 an, die Klägern befinde sich seit April 2010 wegen starker HWS- und BWS-Beschwerden in seiner Behandlung. Seit Oktober 2010 sei sie dreimalig in seiner Behandlung gewesen. Es bestünden schwere degenerative Veränderungen im HWS-Bereich mit Protrusionen und Wurzelirritationen. Außerdem bestünden chronische Schmerzen im Bereich der BWS. Es seien bereits viele Therapien angewendet worden, z.B. Physiotherapie und Röntgentiefenbestrahlung. Diese hätten nicht zum Erfolg geführt. Die Beschwerden hätten sich im Verlauf verschlechtert. Da eine Unterbrust-/Brustumfangsdifferenz von 22 cm vorliege, seien die Voraussetzungen für eine Mamma-Reduktionsplastik erfüllt.
Der Allgemeinmediziner Dr. S. teilte dem SG im Dezember 2011 mit, aus seiner hausärztlichen Erfahrung sei bei einer Reduktionsplastik oftmals eine Verbesserung des Krankheitsbildes der erheblichen Rückenbeschwerden möglich. Es bestünde ein erheblicher Leidensdruck durch die Wirbelsäulenbeschwerden. Für eine gutachterliche Stellungnahme fehle ihm die entsprechende fachärztliche Qualifikation. Als Sportmediziner und Chirotherapeut behandele er jedoch überdurchschnittlich viele Patienten mit Wirbelsäulenbeschwerden. Patientinnen mit einer ähnlich ausgeprägten Makromastopathie hätten von einer Reduktionsplastik eine drastische Reduktion ihrer Wirbelsäulenbeschwerden erfahren.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2012 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Mammareduktionsoperation lägen nicht vor. Die Kammer schließe sich den Beurteilungen der behandelnden Ärzte nicht an. Sie stütze ihre Entscheidung auf die Gutachten des MDK und auf die Stellungnahme des Arztes I. N ... Der Zustand der Brust der Klägerin sei nicht als regelwidriger Körperzustand zu beurteilen. Es handele sich um eine Normvariante der Natur. Die Kammer gehe auch nicht davon aus, dass die Verkleinerungsoperation durch die orthopädischen Beschwerden indiziert sei. Selbst wenn eine Kausalität zwischen den Beschwerden und dem Zustand der Brust bestünde, hätte die Klägerin kein Anspruch auf die geplante Operation. Durch die Operation werde in ein im Grunde gesundes Organ eingegriffen. Da eine Operation risikobehaftet sei, dürfe diese nur das letzte Mittel sein. Im Fall der Klägerin seien Behandlungsmöglichkeiten auf orthopädischem Fachgebiet, die sich teilweise bessernd ausgewirkt hätten, nicht ausgeschöpft. Krankengymnastik könne weiterhin in Anspruch genommen werden. Solange hierdurch eine Besserung und Schmerzlinderung eintrete, könne ein operativer Eingriff nicht beansprucht werden. Im Übrigen sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die übergroße Brust nur ein Glied in einer Kette von Gründen sei, die in ihrer Gesamtheit Rückenbeschwerden auslösten, wobei nicht belegt sei, dass die vorgesehene Verkleinerung eine wesentliche Entlastung bewirke. Es bestünden erhebliche degenerative Veränderungen an der HWS. Weiter sei eine ausgeprägte Ptose der Brust als Belastungsfaktor relevant. Der Orthopäde I. N. habe auf eine Bindegewebsschwäche, auch eine Schwäche von statischen Stabilisatoren, die wiederum für eine Instabilität von kleinen Wirbelgelenken und Zwischenwirbelgelenken mit verantwortlich und somit mit ursächlich für wiederkehrende Beschwerden sei, hingewiesen. Auch eine altersbedingte Ursache sei nicht auszuschließen. Ein muskuläres Training mit dem Ziel der Stärkung der Muskulatur sei zu befürworten. Durch die gewünschte Operation könnten die degenerativen Veränderungen, die Bindegewebsschwäche und die altersbedingten Veränderungen nicht beseitigt werden.
Die Mammareduktionsoperation fand am 18.04.2012 statt. Der Klägerin wurde hierfür vom Krankenhaus F. einen Betrag in Höhe von 3.500 EUR in Rechnung gestellt (Rechnung vom 02.05.2012), den sie beglichen hat.
Am 16.05.2012 hat die Klägerin gegen das ihrem Prozessbevollmächtigen am 16.04.2012 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen. Ergänzend hat sie ausführen lassen, es sei den Einschätzungen von Dr. K., Dr. S. und Dr. S. zu folgen. Der Orthopäde I. N. habe nur Vermutungen geäußert. Eine schematische Beurteilung verbiete sich. Alle anderen Maßnahmen seien ausgeschöpft. Diese hätten zudem nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Nachdem nunmehr die Mammareduktion durchgeführt worden sei, habe sich bereits eine deutliche Besserung der Schmerzsymptomatik eingestellt. Insofern zeige sich, dass die Prognosen der behandelnden Ärzte richtig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 28.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die beidseitige Mammareduktion in Höhe von 3.500 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide und die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids verwiesen.
Das Sach- und Streitverhältnis ist mit den Beteiligten am 16.08.2013 erörtert worden. Im Anschluss hat die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK vorgelegt. Im Gutachten vom 22.11.2013 wird ausgeführt, ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang zwischen Wirbelsäulenschmerzen und Brustgröße bilde sich in den vorliegenden Unterlagen nicht ab. Zweifelsohne könne durch eine kosmetische Operation eine subjektive multifaktorelle Empfindung wie Schmerz positiv beeinflusst werden, indem ein verbessertes Körper- und Selbstwertgefühl zu einer besseren Körperhaltung führe. Wirbelsäulenbeschwerden träten aber auch bei Männern und Frauen ohne Makromastie auf. Eine gesicherte Studienlage mit eindeutiger wissenschaftlicher Beweiskraft zur Ursachen-Wirkungs-Beziehung zwischen operativer Brustverkleinerung und Besserung von Nacken- und Rückenbeschwerden lägen weder dem Orthopäden noch dem MDK vor. Darüber hinaus sei in der Gesamtschau der vorliegenden Informationen festzustellen, dass Krankengymnastik und fachärztlich-orthopädische Behandlungen vor dem Kostenübernahmeantrag für die Brustverkleinerung nur sehr sporadisch durchgeführt worden seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Mammareduktionsplastik.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGG) ist der die Gewährung einer Mammareduktionsplastik als Sachleistung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 28.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2011. Das Schreiben der Beklagten vom 14.06.2011 stellt keinen Verwaltungsakt dar, da der Antrag der Klägerin nicht im Sinne eines Zweitbescheids, sondern lediglich wiederholend abgelehnt wurde. Da die Klägerin nach Ablehnung der Sachleistungserbringung sich die Behandlung selbst beschafft hat, hat sich das Begehren auf eine Kostenerstattung umgewandelt. Streitgegenständlich ist somit die Kostenerstattung für die am 18.04.2012 durchgeführte Mammareduktion.
Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt allein § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht, da die Klägerin keine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt hatte. Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt. 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt. 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse voraus. Denn der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.
Die Klägerin hatte keinen Sachleistungsanspruch. Sie konnte die Gewährung der durchgeführten Mammareduktion nicht als Sachleistung von der Beklagten beanspruchen.
Rechtsgrundlage für den Sachleistungsanspruch ist § 27 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs. 1 SGB V). Der Anspruch auf Krankenbehandlung unterliegt den für alle Leistungsansprüche (§ 11 SGB V) geltenden allgemeinen Maßgaben der §§ 2, 12 SGB V. Gem. § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Die bei der Klägerin vor der operativen Brustverkleinerung bestehende Brustgröße und –form war krankenversicherungsrechtlich nicht als Krankheit einzustufen. Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (st. Rspr., z.B. zur Mammareduktionsplastik BSG Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 9/04 R, juris-Rn. 13 m.w.N.). Die Brustgröße und –form stellt im Fall der Klägerin danach keine Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 SGB V dar. Ein Funktionsdefizit seitens der Brüste liegt nicht vor. Ein "Normalgewicht" von Brüsten ist nicht zu bestimmen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urt. v. 24.02.2005 – L 4 KR 3936/03). Der Senat kann offen lassen, ob anderes bei einem Brustgewicht von über 1.500 g pro Seite, einer sog. Gigantomastie, angenommen werden kann. Solche Brustgewichte lagen im Fall der Klägerin nicht vor. Der MDK maß bei der Untersuchung ca. 1.200 g pro Seite, der behandelnde Arzt Dr. S.-T. berichtete von ca. 1.000 g je Seite. Das Brustgewicht der Klägerin lag damit im Bereich der natürlichen Varianz der Brustgrößen in der weiblichen Bevölkerung, weshalb eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne nicht angenommen werden kann. Für eine entstellende Wirkung ist nichts ersichtlich. Auch unter einer psychischen Erkrankung infolge der Form und/oder Größe der Brüste litt die Klägerin nicht. Entsprechendes wurde nicht geltend gemacht.
Die (unstreitig) bestehenden Erkrankungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet bedürfen zwar der Krankenbehandlung i.S.v. § 27 Abs. 1 SGB V, nicht jedoch in Form einer Mammareduktionsplastik. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Brustverkleinerung zur Heilung dieser Erkrankungen bzw. zur Verhütung einer Verschlimmerung oder zur Linderung von Krankheitsbeschwerden gem. § 27 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 2, 12 SGB V notwendig ist bzw. war.
An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (so bereits zu Mammareduktionsplastiken BSG Urt. v. 19.10.2004 - B 1 KR 9/04 R, juris; Urteile des Senats vom 27.5.2009 - L 5 KR 5573/07, vom 09.12.2009 – L 5 KR 4901/08, vom 28.09.2011 – L 5 KR 5058/10 und vom 23.11.2011 – L 5 KR 5892/10).
Vorliegend fehlen schon wissenschaftliche Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen muskuloskelettalen Beschwerden und übergroßen Brustlasten im Sinne evidenzbasierter Medizin (zur Studienlage bereits ausführlich Urteile des Senats vom 09.12.2009 – L 5 KR 4901/08 und 28.09.2011 – L 5 KR 5058/10). Dies bestätigt neben dem MDK auch der als sachverständiger Zeuge befragte Orthopäde I. N ... Es mag durchaus zutreffen, dass Patientinnen nach operativer Brustverkleinerung über eine Abnahme ihrer vorbestehenden Schulter- und Rückenschmerzen berichten. Entsprechendes schildern die Klägerin und ihre behandelnden Ärzte, insbesondere ihr Hausarzt Dr. S ... Mit positiven Patientenerfahrungen und -einschätzungen allein ist die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Solidargemeinschaft der Beitragszahler freilich nicht zu begründen (so schon Urteil des Senats vom 28.09.2011 – L 5 KR 5058/10). Ausschlaggebend sind vielmehr die objektiv-wissenschaftlichen Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Danach steht aber nicht hinreichend sicher fest, dass berichtete Therapieerfolge tatsächlich auf der Verringerung der Brustlast beruhen.
Abgesehen davon hat der als sachverständiger Zeuge befragte Orthopäde I. N. überzeugend dargelegt, dass von der geplanten Reduktion der Last-Hebel-Wirkung um 400 bis 500 g beidseits keine wesentliche Entlastung erwartet werden konnte. Der Hauptbefund liegt nach seinen Feststellungen in der Verlagerung der Brustgewichte nach unten (Makroptose). Deren Ursache ist in einer Bindegewebsschwäche des Weichteilgewebes zu vermuten. Die Vermutung wird gestützt durch die radiologischen Befunde, die eine Gefügestörung und degenerative Veränderungen zeigten. Die daraus abzuleitende Schwäche der statischen Stabilisatoren ist für die Instabilität der kleinen Wirbelgelenke und der Zwischenwirbelgelenke mitverantwortlich und somit für die rezidivierenden Beschwerden. Die degenerativen Veränderungen und Bindegewebsschwäche lassen sich aber durch eine Mammareduktion nicht beseitigen. Auch das weitere Fortschreiten der letztlich altersbedingten degenerativen Erscheinungen ist durch die operative Verringerung der Brustlast nicht aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Im Übrigen hätte die Klägerin auch bei unterstelltem therapeutischen Nutzen eine operative Brustverkleinerung nicht als Sachleistung beanspruchen können. Die dann vorzunehmende Abwägungsentscheidung zwischen dem Nutzen (Schmerzfreiheit) und möglicher gesundheitlicher Schäden mit etwaigen Folgekosten hätte zum Ergebnis, dass ein operativer Eingriff an bisher gesunden Körperteilen vorliegend nicht erforderlich war. Der Senat kann nicht feststellen, dass alle Behandlungsmethoden bezogen auf die erkrankten Körperteile (Wirbelsäule, Muskulatur) ohne Erfolg ausgeschöpft waren. Im Zeitpunkt der Antragstellung bestanden die Beschwerden seit drei Jahren. In diesem noch kurzen Zeitraum wurde eine Tiefenbestrahlung durchgeführt, die immerhin für ein 3/4 Jahr eine Besserung brachte. Auch die Krankengymnastik ergab zumindest eine passagere Beschwerdelinderung. Im Zeitpunkt der Antragstellung hatte der Orthopäde Dr. S. (Befundbericht vom 20.01.2011) noch manuelle Therapie mit heißer Rolle verordnet. Auch die nur bei Bedarf eingenommenen Schmerzmittel lassen erkennen, dass eine intensivierte Schmerztherapie nicht stattfand. Der Orthopäde I. N. stellte darüber hinaus anhand seiner Untersuchungen fest, dass die (vorwiegend) muskulären, dynamischen Haltestrukturen bei der Klägerin nicht suffizient ausgebildet und trainiert sind. Er äußerte nachvollziehbar die Vermutung, dass die physiotherapeutische, krankengymnastische und selbständige Übungsbehandlung mit dem Ziel der Haltungsverbesserung, der Aufrichtung und Stärkung der Muskulatur nicht intensiv ausgeschöpft wurde. Bestätigt wird dies von den Feststellungen des MDK im Gutachten vom 22.11.2013, wonach im Fall der Klägerin eine fachärztlich-orthopädische Behandlung und Krankengymnastik nur sehr sporadisch durchgeführt wurde. Der MDK empfahl deshalb weitere krankengymnastische Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur. Vor diesem Hintergrund konnte die Klägerin die begehrte Sachleistung nicht beanspruchen.
Die Berufung der Klägerin hat deshalb keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Kostenerstattung für eine Mammareduktionsplastik beidseits.
Die am 17.02.1948 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Unter Vorlage von Befundberichten beantragte sie Anfang 2011 bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine Mammareduktionsplastik. Der Allgemeinmediziner Dr. S. mit Zusatzbezeichnung Sportmedizin und Chirotherapie befürwortet im Attest vom 10.02.2011 den geplanten Eingriff zur Reduzierung der Rückenbeschwerden. Dr. S.-T., Chefarzt der Frauenklinik des Krankenhauses F., benennt im Befundbericht vom 18.01.2011 als Diagnosen eine symptomatische Makromastie bei einem Brustgewicht von ca. 1.000 kg pro Seite und eine beidseitige Mastoptose (Hängebrust) II. Grades sowie ein chronisches HWS-/BWS-Syndrom. Die Mammareduktion sei eine kausale Behandlungsmöglichkeit der Wirbelsäulenbeschwerden, wobei nicht so sehr das Brustvolumen im Vordergrund stünde, sondern die Hebewirkung der Mastoptose. Das zu reduzierende Volumen liege bei 400 bis 500 g beidseits. Die Indikation zur Mammareduktion solle noch durch einen Orthopäden beurteilt werden. Der Orthopäde Dr. S. beschreibt im Befundbericht vom 20.01.2011 im BWS-Bereich eine Wurzelirritation, Arthrosen, eine Neuroforamenstenose, Protrusionen und eine Blockierung sowie im HWS-Bereich ein schweres degeneratives Syndrom. Als Therapie verordnete er manuelle Therapie mit heißer Rolle.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 21.03.2011 ein Gutachten nach Aktenlage. Danach erfordere die mäßige Mammahypertrophie als Normvariante der Natur keine operative Behandlung. Es gebe keine wissenschaftlich gesicherten, methodisch einwandfreien Untersuchungen, die zweifelsfrei einen Zusammenhang zwischen der Brustlast und muskuloskelettalen Beschwerden belegten. Eine symptombezogene fachorthopädische Behandlung und Heilmittelanwendung sei zweckdienlich. Mit Bescheid vom 28.03.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin sodann ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.05.2011 Widerspruch ein und legte zur Begründung einen weiteren Befundbericht des Orthopäden I. N. vor, wonach eine Überlastungsymptomatik des Schultergürtels durch die Makromastie, zusätzlich Gefügestörungen und degenerative Veränderungen der mittleren HWS vorlägen. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin vom MDK aufgrund ambulanter Untersuchung begutachten. Im Gutachten des Arztes R. vom 01.06.2011 werden die Diagnosen chronisches Zervikal- und Thorakalsyndrom bei Myotendopathiesyndrom und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen der HWS, Makromastie und Mastose beidseits angegeben. Die Klägerin habe von Cervikobrachialgien mit insbesondere nächtlichen Schmerzen in den Oberarmen berichtet, die seit ca. 3 Jahren bestünden. Eine Tiefenbestrahlung habe für die Dauer eines 3/4 Jahres eine Besserung herbeigeführt. Seit ca. 2 Jahren mache sie Krankengymnastik (ca. 18 Anwendungen pro Jahr), auch Übungen in Eigenregie. Unter der Krankengymnastik sei es zu einer passageren Beschwerdelinderung gekommen. Bei Bedarf nehme sie ein Schmerzmittel. Die Befunderhebung ergab u.a. ein Brustgewicht von ca. 1.200 g pro Seite (BH-Cup E 85), diskrete Einschnürungsfurchen bds. und eine sternosymphale Fehlhaltung. Im Ergebnis wird eine operative Behandlung nicht befürwortet. Es liege definitionsgemäß keine Gigantomastie vor. Es sei davon auszugehen, dass die degenerativen Wirbelsäulenversänderungen Ursache der Rückenbeschwerden seien. Es würden krankengymnastische Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur empfohlen. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin daraufhin nochmals mit Schreiben vom 14.06.2011 ab, wogegen die Klägerin erneut Widerspruch einlegte (Schreiben vom 28.07.2011). Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.03.2011 zurück.
Am 28.09.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, die behandelnden Ärzte der Klägerin würden dringend eine Mammareduktionsplastik empfehlen. Aufgrund der Größe der Brust müsse die Klägerin die Schultern vornehmen, was zu einer schlechten Haltung und in der Folge zu Verspannungen im Schulter-Hals-Bereich führe. Infolge der zu großen und zu schweren Brüste leide die Klägerin an Deformierungen, Fehlstellungen, Muskelproblemen, Haltungsproblemen und Schmerzen.
Das SG hat die Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich befragt.
Der Orthopäde I. N. teilte im November 2011 mit, seit Oktober 2010 habe er die Klägerin nur einmalig am 26.04.2011 zur Untersuchung gesehen. Die Untersuchung habe der Statusdokumentation der Situation an Schultergürtel und Nacken gedient. Danach bestünde ein chronisch rezidivierendes Schmerzsyndrom im Bereich der HWS und BWS, ein Cervikalsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei Osteochondrose und Spondylose der HWS sowie eine Gefügestörung der HWS. Desweiteren habe sich eine Makromastie beidseits mit Betonung der Brustunterweite im Sinne einer Makroptose gezeigt. Auch nach seinen Recherchen seien keine wissenschaftlich evaluierten Studien zu finden, die einen Zusammenhang zwischen Brustlast und muskuloskelettalen Beschwerden belegten. Darüber hinaus könne von der geplanten Reduktion der Last-Hebel-Wirkung um 400 bis 500 g beidseits keine wesentliche Entlastung erwartet werden. Der Hauptbefund liege in der Verlagerung der Brustgewichte nach unten (Makroptose). Deren Ursache sei in einer Bindegewebsschwäche des Weichteilgewebes zu vermuten. Die Vermutung werde gestützt durch die radiologischen Befunde, die eine Gefügestörung und degenerative Veränderungen zeigten. Die daraus abzuleitende Schwäche der statischen Stabilisatoren sei für die Instabilität der kleinen Wirbelgelenke und den Zwischenwirbelgelenken mitverantwortlich und somit für die rezidivierenden Beschwerden. Demgegenüber seien die (vorwiegend) muskulären, dynamischen Haltestrukturen nicht suffizient ausgebildet und trainiert. Es sei daher zu vermuten, dass die physiotherapeutische, krankengymnastische und selbständige Übungsbehandlung mit dem Ziel der Haltungsverbesserung, der Aufrichtung und Stärkung der Muskulatur nicht intensiv ausgeschöpft worden sei.
Die Gynäkologin Dr. K. teilte dem SG im November 2011 mit, sie halte eine Mammareduktion beidseits aufgrund der bestehenden Makromastie und Mastoptose II. Grades, die zu Verspannungen im Schulter-Hals-Bereich mit Bewegungseinschränkungen an der HWS und BWS führten, bei erfolglos durchgeführter Krankengymnastik für indiziert.
Der Orthopäde Dr. S. gab im November 2011 an, die Klägern befinde sich seit April 2010 wegen starker HWS- und BWS-Beschwerden in seiner Behandlung. Seit Oktober 2010 sei sie dreimalig in seiner Behandlung gewesen. Es bestünden schwere degenerative Veränderungen im HWS-Bereich mit Protrusionen und Wurzelirritationen. Außerdem bestünden chronische Schmerzen im Bereich der BWS. Es seien bereits viele Therapien angewendet worden, z.B. Physiotherapie und Röntgentiefenbestrahlung. Diese hätten nicht zum Erfolg geführt. Die Beschwerden hätten sich im Verlauf verschlechtert. Da eine Unterbrust-/Brustumfangsdifferenz von 22 cm vorliege, seien die Voraussetzungen für eine Mamma-Reduktionsplastik erfüllt.
Der Allgemeinmediziner Dr. S. teilte dem SG im Dezember 2011 mit, aus seiner hausärztlichen Erfahrung sei bei einer Reduktionsplastik oftmals eine Verbesserung des Krankheitsbildes der erheblichen Rückenbeschwerden möglich. Es bestünde ein erheblicher Leidensdruck durch die Wirbelsäulenbeschwerden. Für eine gutachterliche Stellungnahme fehle ihm die entsprechende fachärztliche Qualifikation. Als Sportmediziner und Chirotherapeut behandele er jedoch überdurchschnittlich viele Patienten mit Wirbelsäulenbeschwerden. Patientinnen mit einer ähnlich ausgeprägten Makromastopathie hätten von einer Reduktionsplastik eine drastische Reduktion ihrer Wirbelsäulenbeschwerden erfahren.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2012 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Mammareduktionsoperation lägen nicht vor. Die Kammer schließe sich den Beurteilungen der behandelnden Ärzte nicht an. Sie stütze ihre Entscheidung auf die Gutachten des MDK und auf die Stellungnahme des Arztes I. N ... Der Zustand der Brust der Klägerin sei nicht als regelwidriger Körperzustand zu beurteilen. Es handele sich um eine Normvariante der Natur. Die Kammer gehe auch nicht davon aus, dass die Verkleinerungsoperation durch die orthopädischen Beschwerden indiziert sei. Selbst wenn eine Kausalität zwischen den Beschwerden und dem Zustand der Brust bestünde, hätte die Klägerin kein Anspruch auf die geplante Operation. Durch die Operation werde in ein im Grunde gesundes Organ eingegriffen. Da eine Operation risikobehaftet sei, dürfe diese nur das letzte Mittel sein. Im Fall der Klägerin seien Behandlungsmöglichkeiten auf orthopädischem Fachgebiet, die sich teilweise bessernd ausgewirkt hätten, nicht ausgeschöpft. Krankengymnastik könne weiterhin in Anspruch genommen werden. Solange hierdurch eine Besserung und Schmerzlinderung eintrete, könne ein operativer Eingriff nicht beansprucht werden. Im Übrigen sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die übergroße Brust nur ein Glied in einer Kette von Gründen sei, die in ihrer Gesamtheit Rückenbeschwerden auslösten, wobei nicht belegt sei, dass die vorgesehene Verkleinerung eine wesentliche Entlastung bewirke. Es bestünden erhebliche degenerative Veränderungen an der HWS. Weiter sei eine ausgeprägte Ptose der Brust als Belastungsfaktor relevant. Der Orthopäde I. N. habe auf eine Bindegewebsschwäche, auch eine Schwäche von statischen Stabilisatoren, die wiederum für eine Instabilität von kleinen Wirbelgelenken und Zwischenwirbelgelenken mit verantwortlich und somit mit ursächlich für wiederkehrende Beschwerden sei, hingewiesen. Auch eine altersbedingte Ursache sei nicht auszuschließen. Ein muskuläres Training mit dem Ziel der Stärkung der Muskulatur sei zu befürworten. Durch die gewünschte Operation könnten die degenerativen Veränderungen, die Bindegewebsschwäche und die altersbedingten Veränderungen nicht beseitigt werden.
Die Mammareduktionsoperation fand am 18.04.2012 statt. Der Klägerin wurde hierfür vom Krankenhaus F. einen Betrag in Höhe von 3.500 EUR in Rechnung gestellt (Rechnung vom 02.05.2012), den sie beglichen hat.
Am 16.05.2012 hat die Klägerin gegen das ihrem Prozessbevollmächtigen am 16.04.2012 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen. Ergänzend hat sie ausführen lassen, es sei den Einschätzungen von Dr. K., Dr. S. und Dr. S. zu folgen. Der Orthopäde I. N. habe nur Vermutungen geäußert. Eine schematische Beurteilung verbiete sich. Alle anderen Maßnahmen seien ausgeschöpft. Diese hätten zudem nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Nachdem nunmehr die Mammareduktion durchgeführt worden sei, habe sich bereits eine deutliche Besserung der Schmerzsymptomatik eingestellt. Insofern zeige sich, dass die Prognosen der behandelnden Ärzte richtig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 28.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die beidseitige Mammareduktion in Höhe von 3.500 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide und die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids verwiesen.
Das Sach- und Streitverhältnis ist mit den Beteiligten am 16.08.2013 erörtert worden. Im Anschluss hat die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK vorgelegt. Im Gutachten vom 22.11.2013 wird ausgeführt, ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang zwischen Wirbelsäulenschmerzen und Brustgröße bilde sich in den vorliegenden Unterlagen nicht ab. Zweifelsohne könne durch eine kosmetische Operation eine subjektive multifaktorelle Empfindung wie Schmerz positiv beeinflusst werden, indem ein verbessertes Körper- und Selbstwertgefühl zu einer besseren Körperhaltung führe. Wirbelsäulenbeschwerden träten aber auch bei Männern und Frauen ohne Makromastie auf. Eine gesicherte Studienlage mit eindeutiger wissenschaftlicher Beweiskraft zur Ursachen-Wirkungs-Beziehung zwischen operativer Brustverkleinerung und Besserung von Nacken- und Rückenbeschwerden lägen weder dem Orthopäden noch dem MDK vor. Darüber hinaus sei in der Gesamtschau der vorliegenden Informationen festzustellen, dass Krankengymnastik und fachärztlich-orthopädische Behandlungen vor dem Kostenübernahmeantrag für die Brustverkleinerung nur sehr sporadisch durchgeführt worden seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Mammareduktionsplastik.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGG) ist der die Gewährung einer Mammareduktionsplastik als Sachleistung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 28.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2011. Das Schreiben der Beklagten vom 14.06.2011 stellt keinen Verwaltungsakt dar, da der Antrag der Klägerin nicht im Sinne eines Zweitbescheids, sondern lediglich wiederholend abgelehnt wurde. Da die Klägerin nach Ablehnung der Sachleistungserbringung sich die Behandlung selbst beschafft hat, hat sich das Begehren auf eine Kostenerstattung umgewandelt. Streitgegenständlich ist somit die Kostenerstattung für die am 18.04.2012 durchgeführte Mammareduktion.
Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt allein § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht, da die Klägerin keine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt hatte. Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt. 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt. 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse voraus. Denn der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.
Die Klägerin hatte keinen Sachleistungsanspruch. Sie konnte die Gewährung der durchgeführten Mammareduktion nicht als Sachleistung von der Beklagten beanspruchen.
Rechtsgrundlage für den Sachleistungsanspruch ist § 27 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs. 1 SGB V). Der Anspruch auf Krankenbehandlung unterliegt den für alle Leistungsansprüche (§ 11 SGB V) geltenden allgemeinen Maßgaben der §§ 2, 12 SGB V. Gem. § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Die bei der Klägerin vor der operativen Brustverkleinerung bestehende Brustgröße und –form war krankenversicherungsrechtlich nicht als Krankheit einzustufen. Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (st. Rspr., z.B. zur Mammareduktionsplastik BSG Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 9/04 R, juris-Rn. 13 m.w.N.). Die Brustgröße und –form stellt im Fall der Klägerin danach keine Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 SGB V dar. Ein Funktionsdefizit seitens der Brüste liegt nicht vor. Ein "Normalgewicht" von Brüsten ist nicht zu bestimmen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urt. v. 24.02.2005 – L 4 KR 3936/03). Der Senat kann offen lassen, ob anderes bei einem Brustgewicht von über 1.500 g pro Seite, einer sog. Gigantomastie, angenommen werden kann. Solche Brustgewichte lagen im Fall der Klägerin nicht vor. Der MDK maß bei der Untersuchung ca. 1.200 g pro Seite, der behandelnde Arzt Dr. S.-T. berichtete von ca. 1.000 g je Seite. Das Brustgewicht der Klägerin lag damit im Bereich der natürlichen Varianz der Brustgrößen in der weiblichen Bevölkerung, weshalb eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne nicht angenommen werden kann. Für eine entstellende Wirkung ist nichts ersichtlich. Auch unter einer psychischen Erkrankung infolge der Form und/oder Größe der Brüste litt die Klägerin nicht. Entsprechendes wurde nicht geltend gemacht.
Die (unstreitig) bestehenden Erkrankungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet bedürfen zwar der Krankenbehandlung i.S.v. § 27 Abs. 1 SGB V, nicht jedoch in Form einer Mammareduktionsplastik. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Brustverkleinerung zur Heilung dieser Erkrankungen bzw. zur Verhütung einer Verschlimmerung oder zur Linderung von Krankheitsbeschwerden gem. § 27 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 2, 12 SGB V notwendig ist bzw. war.
An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (so bereits zu Mammareduktionsplastiken BSG Urt. v. 19.10.2004 - B 1 KR 9/04 R, juris; Urteile des Senats vom 27.5.2009 - L 5 KR 5573/07, vom 09.12.2009 – L 5 KR 4901/08, vom 28.09.2011 – L 5 KR 5058/10 und vom 23.11.2011 – L 5 KR 5892/10).
Vorliegend fehlen schon wissenschaftliche Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen muskuloskelettalen Beschwerden und übergroßen Brustlasten im Sinne evidenzbasierter Medizin (zur Studienlage bereits ausführlich Urteile des Senats vom 09.12.2009 – L 5 KR 4901/08 und 28.09.2011 – L 5 KR 5058/10). Dies bestätigt neben dem MDK auch der als sachverständiger Zeuge befragte Orthopäde I. N ... Es mag durchaus zutreffen, dass Patientinnen nach operativer Brustverkleinerung über eine Abnahme ihrer vorbestehenden Schulter- und Rückenschmerzen berichten. Entsprechendes schildern die Klägerin und ihre behandelnden Ärzte, insbesondere ihr Hausarzt Dr. S ... Mit positiven Patientenerfahrungen und -einschätzungen allein ist die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Solidargemeinschaft der Beitragszahler freilich nicht zu begründen (so schon Urteil des Senats vom 28.09.2011 – L 5 KR 5058/10). Ausschlaggebend sind vielmehr die objektiv-wissenschaftlichen Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Danach steht aber nicht hinreichend sicher fest, dass berichtete Therapieerfolge tatsächlich auf der Verringerung der Brustlast beruhen.
Abgesehen davon hat der als sachverständiger Zeuge befragte Orthopäde I. N. überzeugend dargelegt, dass von der geplanten Reduktion der Last-Hebel-Wirkung um 400 bis 500 g beidseits keine wesentliche Entlastung erwartet werden konnte. Der Hauptbefund liegt nach seinen Feststellungen in der Verlagerung der Brustgewichte nach unten (Makroptose). Deren Ursache ist in einer Bindegewebsschwäche des Weichteilgewebes zu vermuten. Die Vermutung wird gestützt durch die radiologischen Befunde, die eine Gefügestörung und degenerative Veränderungen zeigten. Die daraus abzuleitende Schwäche der statischen Stabilisatoren ist für die Instabilität der kleinen Wirbelgelenke und der Zwischenwirbelgelenke mitverantwortlich und somit für die rezidivierenden Beschwerden. Die degenerativen Veränderungen und Bindegewebsschwäche lassen sich aber durch eine Mammareduktion nicht beseitigen. Auch das weitere Fortschreiten der letztlich altersbedingten degenerativen Erscheinungen ist durch die operative Verringerung der Brustlast nicht aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Im Übrigen hätte die Klägerin auch bei unterstelltem therapeutischen Nutzen eine operative Brustverkleinerung nicht als Sachleistung beanspruchen können. Die dann vorzunehmende Abwägungsentscheidung zwischen dem Nutzen (Schmerzfreiheit) und möglicher gesundheitlicher Schäden mit etwaigen Folgekosten hätte zum Ergebnis, dass ein operativer Eingriff an bisher gesunden Körperteilen vorliegend nicht erforderlich war. Der Senat kann nicht feststellen, dass alle Behandlungsmethoden bezogen auf die erkrankten Körperteile (Wirbelsäule, Muskulatur) ohne Erfolg ausgeschöpft waren. Im Zeitpunkt der Antragstellung bestanden die Beschwerden seit drei Jahren. In diesem noch kurzen Zeitraum wurde eine Tiefenbestrahlung durchgeführt, die immerhin für ein 3/4 Jahr eine Besserung brachte. Auch die Krankengymnastik ergab zumindest eine passagere Beschwerdelinderung. Im Zeitpunkt der Antragstellung hatte der Orthopäde Dr. S. (Befundbericht vom 20.01.2011) noch manuelle Therapie mit heißer Rolle verordnet. Auch die nur bei Bedarf eingenommenen Schmerzmittel lassen erkennen, dass eine intensivierte Schmerztherapie nicht stattfand. Der Orthopäde I. N. stellte darüber hinaus anhand seiner Untersuchungen fest, dass die (vorwiegend) muskulären, dynamischen Haltestrukturen bei der Klägerin nicht suffizient ausgebildet und trainiert sind. Er äußerte nachvollziehbar die Vermutung, dass die physiotherapeutische, krankengymnastische und selbständige Übungsbehandlung mit dem Ziel der Haltungsverbesserung, der Aufrichtung und Stärkung der Muskulatur nicht intensiv ausgeschöpft wurde. Bestätigt wird dies von den Feststellungen des MDK im Gutachten vom 22.11.2013, wonach im Fall der Klägerin eine fachärztlich-orthopädische Behandlung und Krankengymnastik nur sehr sporadisch durchgeführt wurde. Der MDK empfahl deshalb weitere krankengymnastische Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur. Vor diesem Hintergrund konnte die Klägerin die begehrte Sachleistung nicht beanspruchen.
Die Berufung der Klägerin hat deshalb keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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