Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 132/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 484/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.10.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war als Buchhalter bei der Firma L ... KG, Sand- und Kieswerke in B ... beschäftigt. Am 29.09.1987 erlitt er auf dem Weg zur Arbeit mit dem Rad dadurch einen Unfall, dass er beim Abbremsen über den Lenker mit dem Kopf voraus an eine Mauer stürzte. Der Durchgangsarzt Dr.M ... stellte am 29.09.1987 fest, dass der Kläger nach dem Unfall wahrscheinlich kurz bewusstlos gewesen sei, sich jedoch erinnern könne, keinen Brechreiz verspürt zu haben oder Erbrechen erfolgt sei. Er stellte die Diagnose: Schädelprellung, Verdacht auf Commotio- Cerebri, Distorsion der HWS, Prellung BWS und LWS mit Verdacht auf leichte Impressionsfraktur am 2. Lendenwirbelkörper.
Vor einigen Jahren habe der Kläger eine lumbale Bandscheibenoperation gehabt, sei seither beschwerdefrei gewesen.
Der Facharzt für Nervenkrankheiten Dr.R ... stellte am 30.09. 1987 die Diagnose: Schädelprellung und fand keine neurologischen Ausfälle. Auch der leichte Stauchungsbruch des zweiten Lendenwirbelkörpers der wahrscheinlich vorliege, verursache keine neurologischen Ausfälle.
Am 17.11.1987 berichtete Dr.M ..., der Kläger gebe seit einigen Tagen geringes Pelzigkeitsgefühl an der Außenseite des rechten Oberschenkels und im Bereich beider Fersen an. Er habe deshalb eine Kontrolluntersuchung bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.Sch ... vereinbart. Letzterer berichtete am 23.11.1987, es lägen beim Kläger ein Zustand nach Polyradikulitis mit noch bestehender Restsymptomatik L 5 - geringer S 1-Bereich rechtsbetont und Zustand nach LWK 2-Fraktur mit rezidivierender L 3 Wurzelreizsymptomatik rechtsbetont vor.
Der Chirurg Dr.P ... stellte im Bericht vom 11.12.1987 eine mit keilförmiger Deformierung in Ausheilung befindliche Fraktur des 2. Lendenwirbelkörpers, Wurzelreizsyndrom L 3 fest. Ein erstes Rentengutachten erstattete der Orthopäde Dr.Me ... am 17.03.1988. Als Unfallfolgen stellte er einen unter leichter Keilverformung knöchern fest verheilten Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers mit Bewegungseinschränkung in diesem Gebiet sowie glaubhafte subjektive Beschwerden fest. Der Kläger hatte bei dem Arzt geltend gemacht, Probleme beim Sitzen zu haben (Brennen und Schneiden). Er habe Nierenschmerzen beidseits. Die Nieren seien aber nicht krankhaft verändert. Er habe Bauchschmerzen und Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Urinhaltens. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei seit 29.02. 1988 mit 10 v.H. zu bemessen.
Mit Bescheid vom 28.03.1988 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab und bezog sich auf das Gutachten des Dr.Me ...
Dagegen erhob der Kläger Klage (Az.: S 3 U 122/88). Er machte geltend, bei ihm hätten sich nach dem Unfall ausgeprägte neurologische Probleme eingestellt, die ihn veranlasst hätten, einen Neurologen aufzusuchen. Die bei ihm vorliegende Skoliose sei bislang nicht weiter behandelt worden. Er könne nicht mehr schwer heben, z.B. keine Schneeschaufel mehr handhaben. Durch den Bruch des Lendenwirbelkörpers sei die ganze Statik der Wirbelsäule ins Wanken gekommen. Darum habe er auch verstärkte Skoliosebeschwerden. Er meine, dass wegen der Unfallfolgen eine MdE von 40 v.H. gegeben sei.
Das Sozialgericht holte ein Gutachten des Orthopäden Dr.L ... vom 27.06.1988 ein, bei dem der Kläger geltend machte, er habe jetzt Schmerzen im Rücken und könne nicht lange sitzen und stehe den Tag nicht durch. Er habe Schmerzen, die in die rechte Leiste und Hoden und ins rechte Bein hinab ausstrahlen würden. Im linken Bein habe er keine besonderen Beschwerden. Ungefähr 1986 habe er eine Bandscheibenoperation gehabt, sei hiervon aber beschwerdefrei geworden. Als Kind habe er auch eine Kinderlähmung gehabt, außerdem sei eine Skoliose bekannt, die ihm aber nicht soviel Beschwerden gemacht habe.
Dr.L ... gelangt zu dem Ergebnis, dass die Wirbelsäule beim Kläger einen nicht unerheblichen Schaden aufweise, der in drei verschiedene Krankheitsbezeichnungen aufzugliedern sei, nämlich die Skoliose vor allem im Brustwirbelsäulenbereich, die Osteoporose und einen Zustand nach Bandscheibenoperation wegen Bandscheibenvorfalls (Degenerationsveränderung). Diese Krankheitszustände hätten durch den Unfall keine wesentliche richtunggebende Verschlimmerung erfahren. Allerdings müsse aufgrund der ersteren zwei Krankheitszustände mit einem etwas verzögerten Heilverlauf gerechnet werden. An Unfallfolgen lägen ein unter bestehenbleibender Keilform ohne wesentliche Änderungen der statischen Verhältnisse knöchern fest verheilter Bruch der oberen Deckplatte des 2. LWK vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage vom 29.02.1988 bis 31.05.1988 20 v.H., vom 01.06. 1988 bis 31.08.1988 10 v.H. und danach unter 10 v.H. In einem Schreiben vom 20.07.1988 führt der Kläger aus, er habe sich in den Schilderungen der Beschwerden bei Dr.L ... betont zurückgehalten. Er habe nichts über die nunmehrigen Nierenschmerzen sowie die gelegentlichen heftigen Bauchschmerzen im Muskelbereich, verbunden mit Krämpfen in der Bauchdecke und im Rippenbereich, ferner die Nervenschmerzen in Intervallen genannt. Er habe zum Teil Finger wie aus Holz so gefühllos. Die Geräuschsensationen überwiegend im rechten Ohr kämen nachweislich von dem verspannten Halswirbelmuskelbereich. Hier sei in Isny-Neutrauchburg durch Behandlung, Entspannung und Halswirbeleinrenkung Erleichterung eingetreten.
In einem vom Kläger selbst überreichten Leistungsauszug der DAK werden für die Jahre 1974 und 1979 akute Lumbago, für das Jahr 1980 Interkostalneuralgie nach Verhebetrauma, im Jahre 1984 BfA-Kur wegen cervikalem und lumbalen Bandscheibensyndroms bei Spondylosis der Wirbelsäule, psychovegetativem Syndrom mit depressiven und aggressiven Zügen sowie Erschöpfungszustand, im Jahre 1987 Wurzelreizsyndrom, im Jahre 1978 unklare Oberbauchbeschwerden festgehalten.
Auf Antrag des Klägers holte das Sozialgericht gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Dr.H ... von der W ... W ... Klinik vom 07.07.1989 ein. Neben der unfalbedingten postraumatischen Kyphose L 2 könne als Unfallfolge eine Dekompensation der Instabilität im Bewegungssegment L 4, L 5 gesehen werden, insbesondere deshalb, weil die Hauptbeschwerden des Klägers diesem Segment zuzuordnen seien. Die diskutierte Dekompensation des Postnukleotomiesyndroms im Sinne der Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens könne nur angenommen werden, ein Beweis sei nicht zu führen.
Die Beklagte hat dazu ein Gutachten des Dr.B ... vom 16.12.1989 vorgelegt, der ausführt, unfallbedingt liege ein Zustand nach knöchern fest verheiltem Kompressionsbruch des 2. LWK ohne Beteiligung der Hinterkante und der Kaudaequina mit Bandscheibenbeteiligung vor, die inzwischen gefestigt sei und keine Instabilität mehr bedinge. Unfallunabhängig lägen eine Scheuermann sche Erkrankung mit Begleitskoliose, Zustand nach Wirbelsäulenoperation L 4/L 5 bei Varikose, Verkalkungen der Arterie vertebralis mit Arteria vertebralis-Syndrom und Vermehrung der Strahlendurchlässigkeit vor. Eine unfallbedingte posttraumatische Kyphose L 2 bei permanenter Instabilität L 1, L 2 bestehe nicht. Es könne demnach auch nicht zu einer Dekompensation der Instabilität im Bewegungssegment L 4/L 5 geführt haben. Der Schätzung der MdE durch Dr.L ... könne er sich anschließen. Die MdE betrage ab 01.09.1989 unter 10 v.H. Weiter holte das Sozialgericht eine gutachtliche Stellungnahme des Dr.L ... vom 27.02.1990 ein, in welcher der Sachverständige u.a. darlegt, die Form der vom Unfall betroffenen Bandscheibe habe sich wohl verändert, jedoch habe dies keine Auswirkungen. Funktionell wirksam werden könne lediglich eine Zerreißung des hinteren Faserrings der Bandscheibe, im Sinn einer Beeinflussung des Rückenmarks oder der Nervenwurzel, was beim Kläger möglicherweise vorübergehend, aber nicht mehr zum Zeitpunkt späterer Untersuchungen der Fall gewesen sei.
Mit Urteil vom 28.06.1990 änderte das Sozialgericht Augsburg den Bescheid der Beklagten vom 28.03.1988 insoweit, als die Beklagte verpflichtet wurde, Verletztenrente vom 29.02.1988 bis 31.05.1988 nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Dagegen legte der Kläger Berufung ein (Az.: L 3 U 253/90).
Die Beklagte legte ein Gutachten, eingeholt von der BfA, betreffend eine medizinische Heilbehandlung vom 23.08.1990, bis 20.09.1990 vor. Als Beschwerden machte der Kläger geltend, oft das Gefühl zu haben, aus zwei Körperhälften zu bestehen. Die Rückenschmerzen strahlten von der LWS in die Hüfte, den Bauch und die Nierengegend sowie in die Oberschenkelinnenseiten aus. Hierbei bestünden zusätzlich Taubheit und Kribbeln, ebenfalls Ausstrahlung in die gesamten oberen Extremitäten sowie in Hals und Kopf. Er könne nicht lange sitzen, komme morgens nur rollend aus dem Bett. Der Kläger sei wegen chronischer Lumbalgien bei Zustand nach Hemilaminektomie L 4/5 sowie knöchern konsolidierter LWK 2 Kommpressionsfraktur in stationäre Heilverfahren gekommen. Zusätzlich bestehe eine auffallende Schwäche der unteren Extremitäten sowie der oberen Extremitäten. Ob hier ein Zusammenhang mit der Poliomyelitis anterior im Kindesalter zu sehen sei, erscheine zweifelhaft. Der Kläger habe ein konstantes Rauschen und Klingeln im Kopf geltend gemacht und sich eine Vorstellung beim HNO-Arzt zu Hause gewünscht. Der Kläger übersandte Schreiben der Hessing-Kliniken Augsburg vom 07.02.1991, wonach er sich damals wegen zunehmender Schmerzen im Bereich beider Hüftgelenke mit Ausstrahlung in die Leisten vorgestellt habe. Es liege ein Zustand nach LWK 2 Kompressionsfraktur, beginnende Coxarthrose beidseits, links mehr als rechts und Osteoporose vor.
Mit Urteil vom 25.02.1992 hat das Bayerische Landessozialgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.1990 zurückgewiesen. Es hat sich auf die Gutachten des Dr.L ... und Dr.B ... berufen.
Mit einem Schriftsatz vom 30.12.1992 wandte sich der Kläger an das Sozialgericht Augsburg und bat um Überprüfung der Feststellungen der Beklagten gemäß § 44 SGB X (Az.: S 3 U 284/92).
Mit Schreiben vom 29.07.1993 bat die Beklagte die Verwaltungsakten zurückzuschicken zur Überprüfung des Antrags nach § 44 SGB X. Daraufhin nahm der Kläger mit Schreiben vom 05.08.1993 die Klage zurück.
Mit Schreiben vom 18.10.1993 machte der Kläger geltend, neu sei offensichtlich, dass seit dem Unfall ein Tinnitus vorliege, ein dauernd stark störendes, mitunter sogar quälendes Ohrgeräusch. Dem Tinnitus sei offensichtlich im Gerichtsverfahren nicht näher nachgegangen worden. Er meine, dass er Folge der Commotio cerebri sei bzw. eventuell der HWS- Prellung. Hauptstreitpunkt sei aber, inwieweit es bei dem Unfall zu einer Bandscheibenbeteiligung gekommen sei. Dr.H ... sei von einer Zerreißung der Bandscheibe L 1/2 ausgegangen. In der Folge habe sich eine posttraumatische Kyphose mit permanenter Instabilität der Bandscheibe entwickelt. Dieser Diagnose habe sich weder das Sozialgericht noch das Landessozialgericht angeschlossen. Die Möglichkeit einer Bandscheibenverletzung habe Prof.Dr.B ... in seinem Gutachten offensichtlich nicht berücksichtigt. Er verweise auf Abhandlungen des Prof.Dr.P ... und einen Beitrag von Prof.Dr.E ... in Frankfurt. Im letzteren Beitrag werde auch die Wiederertüchtigung der Wirbelsäulenhaltemuskulatur angesprochen, wobei bei ihm eine solche Wiederertüchtigung durch die Vorschädigung in Form der Poliomyelitis erschwert, wenn nicht unmöglich sei. Der Kläger legt vor, einen Bericht des Stationsarztes Dr.B ... - H ... Klinik in Augsburg vom 08.03.1991, wonach bei ihm eine akut rezidivierende Lumbalgie bei Zustand nach LWK 2 Kompressionsfraktur, beginnende Coxarthrose beidseits, links mehr als rechts und Osteoporose vorliege. Weiter legt er einen Bericht des Chefarztes des Radiologischen Zentrums des Krankenhauszweckverbands Augsburg Dr.K ... vom 27.06.1991 vor, der ausführt, die Röntgenaufnahmen vom 06.09.1990 und 10.09.1990 zeigten eine Deckplattenimpression des 2. Lendenwirbelkörpers, die offensichtlich frakturbedingt sei. Ob diese Deckplattenimpression am 2. Lendenwirbelkörper durch ein Trauma beeinflusst sei oder Ausdruck einer Osteoporose bedingten Fraktur müsse im Zusammenhang mit der Anamnese geklärt werden.
Bezüglich des Tinnitus erklärte der Kläger auf Anfrage der Beklagten im Schreiben vom 08.12.1993, das Gehörleiden sei insofern etwas kompliziert als bei ihm auch Hinweise für eine Lärmschwerhörigkeit vorhanden seien. Er sei über einen Zeitraum von über 7 Jahren während seiner beruflichen Tätigkeit bei der Stadtsparkasse (EDV) erheblichen Lärmauswirkungen ausgesetzt gewesen. Insofern werde jetzt auch beim Bayerischen GUV Antrag auf Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit gestellt. In einem vom Kläger vorgelegten Schreiben an die Ärztin Dr.Sch ... vom 22.09.1993 macht der Kläger geltend, dass er, wenn er sich hinlege, eine extreme Verschlimmerung über den ganzen Tageszustand nach kurzer Zeit erlebe. So schlecht könne er einschlafen. Die Erhöhung der Tinnitus-Beschwerden im Liegen würden im Laufe des Vormittags so nach und nach wieder erniedrigt, wobei er sagen müsse, dass sich auch die Unfallrückenbeschwerden durch Hinlegen nur kurz erleichtern ließen.
Die Beklagte zog ein in einem Rechtsstreit der BfA gegen die Steinbruchs-BG erstattetes Gutachten des Orthopäden Dr.T ... vom Sozialgericht Berlin (Az.: S 69 U 112/93) bei, in welchem der Gutachter als Unfallfolgen beim Kläger: Knöchern verheilter Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers mit rezidivierenden Muskelreizerscheinungen und Bandscheibenbeteiligung zwischen 1. und 2. Lendenwirbel- und rezidivierende Wurzelsymptomatik der 3. Lendenwurzel feststellt. Unfallunabhängig lägen degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, Skoliose und Knochenentkalkung der Wirbelsäule, alter Morbus Scheuermann, Wirbelsäulenoperation in Höhe des 4. und 5.Lendenwirbels mit Teilwirbelbogenentfernung und Schmerzsymptomatik in diesem Bereich, abgelaufene Polyradiculitits mit Restsymptomatik L 5, gering S 1 rechts, abgelaufene Kinderlähmung und Durchblutungsstörungen der Arteria vertebralis vor. Weiter zog die Beklagte die Akten des Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes (GUV) bei. Im Bescheid vom 11.09.1995 lehnte der GUV die beim Kläger bestehende Schwerhörigkeit als Berufskrankheit ab. Der behandelnde Arzt des Klägers Dr.Hü ... hatte mit Schreiben vom 04.08.1994 dem GUV mitgeteilt, der Kläger stehe seit 07.01.1988 in regelmäßiger hausärztlicher Behandlung bei ihm und habe damals über Ohrgeräusche im Anschluss an eine Unfallverletzung im Jahr 1987 geklagt. Eine Diagnostik oder Behandlung wegen einer Schwerhörigkeit sei durch ihn in den vergangenen Jahren nicht erfolgt. Er fügte bei einen Bericht des Dr.Sch ... vom 13.08.1990 bei. Der HNO-Arzt Dr.R ... berichtete am 03.08.1994, der Kläger sei ihm seit 08.12.1990 bekannt. Er habe damals über Ohrgeräusche beidseits, vor allem im Liegen und über Hörverschlechterung geklagt. Zur Anamnese habe er angegeben, 1987 einmal einen Fahrradunfall mit Wirbelsäulentrauma erlitten zu haben und im Übrigen eine berufliche Lärmexposition. Er habe damals eine gering bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit mit geringer Schallleitungskomponente bei typanometrisch aufgehobenen Stapediusreflexen erhoben. Der Verdacht einer Otossklerose habe sich nicht bestätigt. Das Audiogramm erlaube keinen Rückschluss auf die Ätiologie der Schwerhörigkeit. Wahrscheinlich sei sie ein Resultat aus Lärmbelastung, Unfallfolgen und physiologischem Alterungsprozess. In einem gewerbeärztlichen Gutachten vom 27.07.1995 an den GUV führte der Gewerbearzt Dr.S ... aus, zur Tätigkeit bei der Stadtsparkasse Augsburg gehe aus dem TAD-Bericht hervor, dass der Versicherte keiner gehörschädigenden Lärmbelastung von mehr als 85 dB ausgesetzt gewesen sei. Die Anerkennung einer Berufskrankheit im Sinne der Nr.2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung könne somit nicht empfohlen werden.
In einem für den GUV erstatteten Gutachten vom 29.12.1995 gelangte der HNO-Arzt Dr.G ... zu dem Ergebnis, die Tonaudiogramme vom 21.05.1993 und 06.12.1993 sprächen für eine kombinierte vorliegende Innenohrschwerhörigkeit sehr geringen Grades, nachdem keine reine Schallempfindungsschwerhörigkeit vorliege und im Tonaudiogramm kein charakteristischer Hörkurvensteilabfall im Hochtongebiet vorliege, sei eine berufliche Lärmschwerhörigkeit insgesamt unwahrscheinlich. Jedoch sei bei dem im vorgeschrittenen Lebensalter stehenden Kläger eine geringfügige lärmtraumatische Innenohrkomponente nicht auszuschließen, nachdem überschwellige Hörmessungen nicht vorlägen. Der Kläger habe bisher nur angegeben, dass Ohrgeräusche erst nach einem Unfall 1987 bemerkt worden seien.
Der GUV hat mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.1996 den Wider- spruch des Klägers zurückgewiesen.
Mit der sich daran anschließenden Klage gegen den GUV hat der Kläger u.a. die Schallmesswerte angezweifelt. Er führe die Schwerhörigkeit auf seine in der Zeit von 1964 bis 1973 durchgeführte berufliche Tätigkeit als Konsoloperator zurück. Das Sozialgericht zog in diesem Verfahren einen Behandlungsbericht des Dr.R ... vom 31.07.1996 bei, nach welchem dieser den Kläger erstmals am 03.12.1990 behandelt hat und vom 28.09. bis 01.10.1994 eine Infusionsbehandlung zur Besserung des Tinnitus ohne Erfolg einsetzte. Weiter zog das Sozialgericht einen Leistungsauszug der DAK über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seit 1957 bei. Unter dem 28.09.1994 bis 08.10.1994 ist vermerkt: Akuter Morbus meniere, Tinnitus, HWS-Syndrom, Zustand nach Hörsturz und Infusionen.
Das Sozialgericht holte in dem Verfahren gegen den GUV ein Gutachten der Frau Prof.Dr.Scho ... vom 23.02.1998 ein. Der Kläger gab in der Anamnese an, bereits 1973 sei seiner Ehefrau eine Schwerhörigkeit bei ihm aufgefallen, die ihm dann auch selbst bewusst geworden sei. Er sei 1996 mit Hörgeräten versorgt worden, mit denen er nicht zufrieden sei. Bereits in den Siebziger Jahren habe er einen Tinnitus (Ohrgeräusch) beidseits gehabt, der ihn nicht sehr gestört habe. Er wisse auch nicht, ob er ständig vorhanden gewesen sei. Seit dem Unfall 1987 sei der Tinnitus ständig vorhanden. Er sei lauter geworden und störe ihn. Die Sachverständige gelangt zu dem Ergebnis, beim Kläger liege eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits vor, bei der es sich unter Berücksichtigung aller Hörtests und verschiedener Berechnungstabellen um eine Schwerhörigkeit mit geringgradiger Herabminderung des Sprachgehörs beidseits handele, ein Tinnitus beidseits und eine zentrale Gleichgewichtsstörung. Die Schwerhörigkeit des Klägers und der Tinnitus seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich durch die Lärmeinwirkung verursacht worden. Aus der Anamnese gehe hervor, dass sich der Tinnitus erst nach dem Unfall 1987, bei dem der Kläger eine Schädelprellung und eine Distorsion der Halswirbelsäule erlitten habe, manifestiert habe. Beim Kläger habe eine deutlich zentral-vestibuläre Störung nachgewiesen werden können. Es bestünden mehrere Risikofaktoren wie Schädelprellung, Distorsion der Halswirbelsäule, Osteoporose der gesamten Wirbelsäule, Verschluss der Arteria vertebralis links, latenter Diabetes, erhöhter Blutdruck und Herzkranzgefäßverengung. Ohne Rücksicht auf die Genese sei die MdE wegen der Schwerhörigkeit mit geringgradiger Herabminderung des Sprachgehörs und dem Tinnitus beidseits auf 20 v.H. zu schätzen.
Im Termin am 30.07.1998 hat das Sozialgericht Augsburg die Ehefrau des Klägers M ... E ... als Zeugin gehört. Die Zeugin hat bekundet, die Hörstörungen ihres Mannes hätten sich nach 1973 langsam verschlimmert. In diesem Termin hat der Kläger die Klage zurückgenommen.
Mit Bescheid vom 10.07.1997 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 28.03.1988 in der Gestalt des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.1990 ab. Sie führte aus, Grundlage der damaligen Entscheidung sei das Gutachten des Dr.L ... vom 27.06.1988 gewesen. Mit Schreiben vom 18.10. 1993 habe der Kläger beantragt, den bestehenden Tinnitus als Folge des Wegeunfalls vom 29.09.1987 anzuerkennen und Rente zu gewähren. Beim Unfall sei es zu einer Distorsion der Halswirbelsäule sowie zu einem Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers gekommen. Aus der fachärztlichen Stellungnahme des HNO-Arztes Dr.G ... ergebe sich, dass eine starke doppelseitige Verkalkung der Arteria vertebralis bestehe. Diese Veränderungen könnten sich als wesentliche Ursache für das Auftreten des Tinnitus darstellen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfall vom 29.09.1987 bestehe demnach nicht. Der Kläger überreichte Atteste der Urologen Dres.Rotter und Ziegler vom 19.04.1997 und 06.04.1995 und legte gegen den Bescheid vom 10.07.1997 Widerspruch ein. Dr. Ro ... bescheinigte, dass ein Radunfall mit Blasenentleerungsstörungen einhergehen könne. Es bedürfe jedoch zur Untermauerung dieser Vermutung einer weiteren diagnostischen Abklärung. Dr.Z ... führte aus, urologischerseits sei kein pathologischer Befund festzustellen, der die funktionellen Beschwerden beim Kläger erklären würde. Ein Zusammenhang mit der erlittenen Wirbelsäulenverletzung sei möglich und solle neurologisch abgeklärt werden. In der Widerspruchsbegründung machte der Kläger geltend, Dr.L ... habe den Vorschaden viel zu hoch bewertet, den unfallbedingten Bandscheibenschaden L 1/2 nicht gewürdigt und auch nicht die Fehlstatik infolge der keilförmigen Deformierung des 2. Lendenwirbelkörpers. Er verwies insoweit auf das Gutachten des Dr.H ... Das Gutachten des Prof.Dr.B ... vom 16.12. 1989 sei nur nach Aktenlage erstellt. Die schon vor dem Unfall bestandene Skoliose habe sich durch den Unfall verstärkt, gleiches gelte für die Osteoporose.
In einem Attest des Dr.Z ... vom 26.03.1996 wird ausgeführt: "im Ausscheidungsurogramm zeitgerechte Funktion beider Nieren, keine Ablaufstörungen erkennbar." Möglicherweise sei ein zusätzlicher Stein bereits spontan abgegangen. Der Arzt legte einen Bericht des Prof.Dr.Ha ..., Urologische Klinik Zentralklinikum Augsburg vom 23.04.1996 bei, wonach beim Kläger während der stationären Behandlung vom 23.03. bis 30.03.1996 ein Ureterstein links prävesikal gefunden und entfernt wurde. Ein Ausscheidungsurogramm sei mit positivem Steinnachweis durchgeführt worden. 1973 sei ein Harnleiterstein spontan abgegangen. Die sonographische Untersuchung der Nieren am Entlassungstag habe einen unauffälligen Befund ergeben. Der Kläger sei beschwerdefrei in die weitere ambulante Behandlung entlassen worden. Über eine stationäre Behandlung im Jahre 1973 berichtet Dr.Ziegler einen Spontanabgang eines Uretersteines links.
Im Arztbrief vom 28.02.1997 berichtet der Urologe Dr.O ... beim Kläger habe eine Nephrolithiasis bestanden. Derzeit sei eine solche radiologisch wie sonographisch nicht nachvollziehbar. Die im Sonogramm beschriebenen Verkalkungen schienen Parenchymverkalkungen zu sein. Die Beklagte zog die Krankengeschichte über die stationäre Behandlung des Klägers vom 29.09.1987 bis 13.10.1987 (nach dem Unfall) im Städtischen Krankenhaus Bobingen bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.1998 wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, der Unfall sei auf eine statisch bereits vorbelastete und zum Ausgleich ausgereizte Wirbelsäule durch eine Skoliose getroffen, die auch in den Bruchbereich LWK 2 reiche. Richtig sei, dass die Statik seiner Wirbelsäule seither durch den durch Unfall verformten, verbliebenen Keilwirbel noch weitergehend gestört sei. Auch die Skoliose sei weiter negativ verändert worden. Schon 1987 habe eine Osteoporose im Ansatz bestanden. Sie sei jedoch völlig aus der gutachterlichen und richterlichen Bewertung gefallen. Seit dem Unfallzeitpunkt habe er ununterbrochen einen stark störenden Tinnitus, der sich nachts quälend verstärke. Der Tinnitus, der aus dem Unfall stamme, sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Da der Verschluss der Arteria vertebralis links erst 1996 so diagnostizierte worden sei, könne der Tinnitus, der 1987 aufgetreten sei, dieser nicht zugeordnet werden. Die Neurologin Dr.Gu ... habe einen Zusammenhang zwischen dem beidseitigen Tinnitus und der Hypacusis für eher unwahrscheinlich gehalten. Seit dem Unfall habe er eine sogenannte autonome Blase. Er wisse nicht wann die Blase voll sei. Tag und Nacht habe er erhebliche körperliche Beschwerden. Der Kläger legte erneut das Attest des Dr.Br ... vom 08.03.1991 vor.
Das Sozialgericht zog Arztberichte des Orthopäden Dr.M ...vom 30.06.1998 und des Dr.Hü ... vom 17.07.1998 bei und holte ein Gutachten des Leiters der Sektion für Phoniatrie und Pädaudiologie der Universität Ulm Prof.Dr.J ... vom 08.05.1990 ein. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, es sei sehr wahrscheinlich, dass der Tinnitus in der Folge der durch die Schwerhörigkeit ausgedrückten Haarzellschädigung entstanden und durch die HWS- Fehlhaltung mit muskulären Verspannungen verstärkt und so auch zumindest teilweise beeinflussbar sei. Ein unmittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang mit dem Unfall könne nicht gesehen werden. Auf das Gutachten wird verwiesen. Der Kläger machte daraufhin sämtliche von ihm bereits angeführten Leiden als Unfallfolgen weiter geltend. Er verwies auf das Ergebnis des Gutachtens der Werner Wicker-Fachklinik, welches gemäß § 109 SGG in dem Klageverfahren S 3 U 122/88 eingeholt worden war. Er vertrat auch noch einmal den Standpunkt, dass sich die Verkalkung nicht auf den 29.09.1987 rückdatieren lasse, da sie erst am 07.07.1989 in Bad Wildungen röntgenbildmäßig entdeckt worden sei. Somit sei diese Erklärung unbrauchbar. Er habe bei Dr.L ... nichts über den Tinnitus erwähnt, da dieser Orthopäde sei. Es sei ohne jegliche Beweiskraft, dass der Tinnitus erstmals im Entlasssungsbericht der Argenta-Klinik Isny vom 11.05.1988 erwähnt werde. Dies sei nur eine simple Textfundstelle.
Mit Urteil vom 27.10.1999 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Der Kläger weist darauf hin, dass das Gutachten der Frau Prof.Dr.Scho ... Berücksichtigung finden solle. Dies gelte besonders, weil das Gutachten des Prof.Dr.J ... auf Aktenlage beruhe. Der Tinnitus in den Siebziger Jahren sei auf keinen Fall so gewesen, wie er jetzt nach dem Unfallgeschehen 1987 sei. Seither bestehe er Tag und Nacht. Das gehe jetzt schon über 12 Jahre so. Es raube ihm immer mehr jede Freude am Leben. Dazu kämen die seit 1987 sich laufend vermindernden körperlichen Bewegungsmöglichkeiten. Erneut weist er auf das frühere Gutachten der Werner Wicker Klinik in Bad Wildungen hin.
Weiter hat der Senat die Akten der BfA beigezogen, worin sich u.a. ein Arztbrief der Frau Dr.Gu ... vom 23.04.1996 findet, auf den Bezug genommen wird wie auch auf ein Gutachten der Nervenärztin Wilms vom 07.01.1997 und auf einen Bericht über ein Heilverfahren vom 09.05.1995 - 06.06.1995.
Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Dr.F ... vom 25.10.2000 und eine ergänzende Stellungnahme dieses Sachverständigen vom 20.11.2000 eingeholt. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, eine Änderung der unfallbedingten MdE sei nicht veranlasst. Auf die Ausführungen wird verwiesen.
Hierzu hat sich der Kläger mit Schriftsätzen vom 07.01. und 08.01.2001 geäußert. Er hat insbesondere noch vorgetragen, die bei ihm bestehenden Erkrankungen wie Skoliose, Osteoporose und Polio-Postsyndrom hätten sich durch den Unfall verschlimmert.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.10.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm in Abänderung des Bescheids vom 28.03.1988 in Gestalt des Urteils vom 28.06.1990 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.10.1999 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Augsburg sowie die weiteren in der Terminsmitteilung für den Kläger zum 14.03.2001 genannten Akten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und nach Wiedereinsetzungsbeschluss des Senats auch fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß § 143 ff. SGG zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Verletztenrente hat die Beklagte zu Recht bis 31.05.1988 begrenzt. Über diesen Zeitraum hinaus ist ein Anspruch auf Verletztenrente rentenberechtigenden Grades nicht gegeben. Die Entscheidung richtet sich nach den Vorschriften der RVO, da der Versicherungsfall vor Inkrafttreten des 7. Sozialgesetzbuches eingetreten ist und Rentenleistungen erstmals vor Inkrafttreten dieses Gesetzes festzusetzen waren (§ 212, 214 Abs.3 SGB XII).
Gemäß § 581 Abs.1 RVO wird als Verletztenrente der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens 1/5 gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge mehrerer Arbeitsunfälle gemindert und erreichen die Hundertsätze der durch die einzelnen Arbeitsunfälle verursachten Minderung zusammen wenigstens die Zahl 20, so ist gemäß § 581 Abs.3 RVO für jeden, auch einen früheren Arbeitsunfall Verletztenrente zu gewähren. Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Diese Voraussetzung war beim Kläger ab 01.09.1988, wie sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr.L ... vom 27.06.1988 ergibt, nicht mehr erfüllt. Vielmehr lag die MdE wegen der Folgen des Unfalls ab diesem Zeitpunkt unter 10 v.H. Der Unfall hat orthopädischerseits, wie die Gutachten des Dr.Me ... vom 17.03.1988 und des Sachverständigen Dr.L ... vom 27.06.1988, erstattet im Rechtsstreit S 3 U 122/88, zeigen, zu einen unter Bestehenbleiben der Keilform ohne wesentliche Änderung der statischen Verhältnisse knöchern fest verheilten Bruch der oberen Deckplatte des 2. Lendenwirbelkörpers geführt. Dr.Me ... spricht ausdrücklich von einer unter "leichter" Keilverformung verheiltem Bruch. Dr.L ... weist darauf hin, dass mit Ausnahme eines Reizzustandes eine Nervenwurzel- bzw. Rückenmarksbeteiligung nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Wie er betont, handelt es sich um einen stabil verheilten Wirbelkörperbruch, der mit nur geringfügiger Änderung der Statik aus seitlicher Sicht fest verheilt ist. Bei mäßiger keilförmiger Deformierung ist nach den in der gesetzlichen Unfallversicherung entwickelten Anhaltspunkten zur Bemessung der MdE eine Rente als vorläufige Entschädigung von 20 %, danach eine MdE unter 10 v.H. anzunehmen, erst bei statisch wirksamer Achsenabweichung oder Instabilität ist eine MdE von 20 % zu erwägen (Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, S.486). Dabei ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger, worauf schon Dr.L ... hinweist und was auch durch das Gutachten des Sachverständigen Dr.F ... bestätigt wird, unfallunabhängig eine Skoliose, vor allem im Brustwirbelsäulenbereich, eine Knochensubstanzverarmung (Osteoporose) und ein Zustand nach Bandscheibenoperation wegen Bandscheibenvorfalls (d.h. Degenerationsveränderungen) unfallunabhängig vorliegen. Diese Krankheitszustände haben nach den fachkundigen Ausführungen des Dr.L ... auch keine wesentliche richtunggebende Verschlimmerung erfahren. Dem dadurch bedingten Heilverlauf hat Dr.L ... Rechnung getragen, indem er die unfallbedingte MdE vom 29.02.1988 bis 31.05.1988 mit 20 v.H. bemessen hat. Auch Dr.F ... hebt hervor, dass ein nennenswerter Knickwinkel zwischen L 2 und L 1 nicht entstanden ist. Es sind auf den gefertigten Röntgenaufnahmen von 1989 und 1991 keine wesentlichen reaktiven Randspornbildungen, insbesondere keine komplette knöcherne Überbrückung ersichtlich. Unfallunabhängig sind schon am Unfalltag Einengungen der beiden letzten Lendenbandscheiben zu sehen. Des Weiteren war bereits am Unfalltag die Wirbelsäule, vor allem im oberen Brustbereich seitlich verbogen. Wie Dr.F ... betont, ergeben sich Zeichen einer leichten Nervenwurzelirritation, vereinbar mit den Einengungen der beiden letzten Lendenbandscheiben, also unfallfremde Gesundheitsstörungen. Der Sachverständige legt dar, dass der klinische Befund der Rumpfwirbelsäule vollkommen gleich geblieben ist, so dass sich eine wesentliche Änderung im Sinn einer Verschlechterung nicht verifizieren läßt. Der Nachweis einer Instabilität im 1. Segment der Lendenwirbelsäule ist nicht möglich. Diesbezüglich führt der Sachverständige aus, dass, falls dieses Segment instabil wäre, sich inzwischen eine reaktive knöcherne Überbrückung hätte entwickeln müssen. Ob solches geschehen sei, sei ohne die vom Kläger abgelehnte Röntgenuntersuchung nicht feststellbar. Zeichen einer Poliomyelitis waren an der Wirbelsäule nicht zu erheben. Dr.F ... legt dar, dass, wenn überhaupt, durch die frühkindliche Schädigung eine Gesundheitsstörung an der Wirbelsäule abgelaufen ist, als solche allenfalls die relativ kurzbogige seitliche Verbiegung der oberen Brustwirbelsäule zu definieren wäre, während an der Lendenwirbelsäule keine nennenswerte Seitverbiegung vorliegt, also auch keine sogenannte Polioskoliose. Der Sachverständige weist auch darauf hin, dass schon 1979 eine Ischialgie und eine Polyradikulopathie bestanden hat, also teils Erkrankungen der Nervenwurzeln, teils eine Nervenwurzelreizung auf der Basis der degenerativen Bandscheibenveränderungen im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule, während vom Unfall das 1. Segment betroffen ist, also ein deutlich außerhalb des verschleißgeschädigten Bezirks liegender Abschnitt. Aus der leichten Keilform des 2. Lendenwirbelkörpers ohne nennenswerten Achsenknick und ohne Hinweise auf eine Instabilität im ehemals vorletzten Segment lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass durch eventuelle Vorschäden der unteren Lendenwirbelsäule oder eine Skoliose hauptsächlich im oberen Bereich der Brustwirbelsäule sich die Unfallfolgen gravierender auswirken könnten als bei einer nicht vorgeschädigten Wirbelsäule. Ein wesentlicher Teil der jetzt angeführten Schmerzsymptomatik ist unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen zuzuordnen und nicht der geringen Verformung des 2. Lendenwirbelkörpers. Der Sachverständige legt dar, dass ohne sonstige Komplikationen, die beim Kläger nicht existieren, im betroffenen Segment L 1/2 die MdE wegen einer Fraktur auf 3,3 v.H. angesetzt wird. Die Osteoporose ist beim Kläger nach den Aktenaufzeichnungen ab 1979, spätestens ab 1985 bekannt. Hätte sich diese Erkrankung durch den Unfall verschlimmert, so hätte man auf den der Akte beigefügten Röntgenaufnahmen bis zum Jahr 1989 eine weitere Demineralisierung des Sklettsystems mit spontanem Wirbelkörperdeformierungen erkennen müssen, was beim Kläger jedoch nicht der Fall war. Der Beurteilung der Unfallfolgen durch Dr.H ... im Gutachten vom 07.07.1989, erstattet im Rechtsstreit Az.: S 3 U 122/88 kann nicht gefolgt werden, da der Sachverständige eine permanente Instabilität der Bandscheibe L 1/L 2 annimmt, von der jedoch nach den überzeugenden Ausführungen des Dr.F ... nicht ausgegangen werden kann. Auch eine unfallbedingte Dekompensation der Beschwerden bzgl. des unfallfremden Postnukleotomiesyndroms kann nicht bejaht werden, zumal auch Dr.H ... dies als bloße Möglichkeit in den Raum stellt. Hierzu hat auch Dr.F ... ausgeführt, dass das vom Unfall betroffene Wirbelsäulensegment deutlich außerhalb des verschleißgeschädigten Bezirkes liegt. Eine MdE rentenberechtigenden Grades wegen der Unfallfolgen ist danach nicht nachvollziehbar.
Demgegenüber sind die Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 07.01.2001 nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu führen. Abgesehen davon, dass der Senat keinen Zweifel hat, dass Dr.F ... den vorhandenen Knickwinkel des 2. LWK richtig gemessen hat, ist für die Einschätzung der MdE entscheidend, dass es nach übereinstimmender Meinung der Gutachter Dr.Me ..., Dr.L ... und Dr.F ..., wie dargelegt, zu keiner wesentlichen Auswirkung auf die Statik der Wirbelsäule gekommen ist. Zu Gesundheitsstörungen auf urologischem Fachgebiet hat der Unfall, wie sich insbesondere aus den ausführlichen Berichten des Privatdozent Dr.Z ... ergibt, nicht geführt. So hat Privatdozent Dr.Z ... in dem vom Senat beigezogenen Bericht vom 13.06.2000 ausgeführt, dass der Kläger bereits vor dem Unfall, nämlich am 23.11.1984 erstmalig wegen funktioneller Blasenentleerungsstörungen zur Untersuchung kam, wobei sich auf urologischem Fachgebiet kein pathologischer Befund feststellen ließ. Nach dem Unfall war der Kläger in den Jahren 1990 und 1991 mit ähnlichen Symptomen bei Privatdozent Dr.Z ... in Behandlung, wobei wiederum kein krankhafter Organbefund für die funktionellen Beschwerden gefunden wurde. Auch am 30.03.1995 konnte kein krankhafter Organbefund erhoben werden. Erst am 21.03.1996 stellte sich der Kläger wegen Koliken links bei Priv.-Doz.Dr.Z ... vor, wobei sich ein pfefferkorngroßer Kelchstein in der linken Niere fand, der stationär im Klinikum Augsburg durch Schlingenextraktion entfernt wurde. Für das Vorliegen von Unfallfolgen besteht danach keinerlei Anhaltspunkt.
Schließlich kann auch der vom Kläger geltend gemachte Tinnitus nicht auf den Unfall vom 29.09.1987 zurückgeführt werden. Die Gesundheitsstörung muss mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf dem Unfall beruhen, wenn sie als Unfallfolge angesehen werden soll. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn deutlich mehr dafür als dagegen spricht (BSGE 45, 285). Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass der Kläger zwar nunmehr geltend macht, dass seit dem Unfall ein ihn Tag und Nacht quälendes Ohrgeräusch vorliegt, gleichwohl er aber nach den Angaben bei der Sachverständigen Prof.Dr.Scho ... in dem Gutachten vom 23.02.1998, erstattet im Verfahren S 9 U 49/96 erklärt hat, bereits in den Siebziger Jahren einen Tinnitus beidseits gehabt zu haben. Bei Prof.Dr.Scho ... hat er den Tinnitus auf die Lärmbelastung zwischen 1967 und 1973 zurückgeführt. In seiner Stellungnahme vom 20.07.1988 zum Gutachten des Dr.L ... vom 27.06.1988 führt der Kläger die Geräuschsensationen überwiegend im rechten Ohr auf den verspannten Halswirbelmuskelbereich zurück. Er weist darauf hin, dass diesbezüglich in Isny-Neutrauchburg durch Behandlung, Entspannung und Halswirbelrenkung Erleichterung eingetreten sei. Der vom Sozialgericht zum Sachverständigen ernannte Prof.Dr.J ... führt dazu aus, dass ein unfallbedingter Tinnitus in der Regel aber ständig, in der Wahrnehmbarkeit vielleicht noch abhängig von den Umgebungsgeräuschen, vorhanden ist. Der Umstand, dass der Tinnitus durch manuelle unspezifische HWS-Behandlung positiv beeinflusst werden konnte, spricht danach gegen einen Zusammenhang mit dem Unfall. Prof.Dr.J ... weist auch darauf hin, dass sowohl in den Arztberichten zur stationären Behandlung des Klägers unmittelbar im Anschluss an den Unfall, im ersten Gutachten vom 17.03.1988, wie auch in der Auseinandersetzung des Klägers mit diesen Gutachten Hinweise auf wesentliche Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und auf eine Hörverschlechterung oder einen Tinnitus in der Folge des Unfalls fehlten. Der Sachverständige betont, dass aus der Literatur zu schließen ist, dass ein Tinnitus in der Folge eines Unfalls der Halswirbelsäule praktisch ausnahmslos erhebliche Beschwerden des Betroffenen in diesem Wirbelsäulenbereich voraussetzt. Nach den Angaben des Klägers bei der ersten Untersuchung kann jedoch von derartigen Beschwerden nicht ausgegangen werden. Ein durch Gewalteinwirkung auf die Halswirbelsäule plötzlich auftretender Tinnitus führt bei einem so Betroffenen zu so erheblichen Irritationen, dass er praktisch sofort den behandelnden Arzt darauf anspricht oder aber sich selbst in entsprechende fachärztliche Behandlung begeben würde. Der Tinnitus findet jedoch erstmalig Erwähnung im Entlassungsbericht der Argental Klinik. Zu Recht weist Prof.Dr.J ... darauf hin, dass er dort als vorbestehend angenommen wird, nicht aber ausdrücklich als in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall entstanden. Tatsächlich hat der Kläger bei den ersten neurologischen Untersuchungen am 06.10.1987 und 23.11.1987, ja noch nicht einmal in seinem ausführlichen Schreiben vom 04.05.1988 an das Sozialgericht Augsburg den bei ihm bestehenden Tinnitus als Unfallfolge geltend gemacht. Aus diesen Gegebenheiten zieht der Sachverständige Prof. Dr.J ... den Schluss, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der Tinnitus in der Folge der durch die beim Kläger bestehenden Schwerhörigkeit ausgedrückten Haarzellschädigung entstanden ist und durch die HWS-Fehlhaltung mit muskulären Verspannungen verstärkt wird und so zumindest teilweise beeinflussbar ist. Ein umittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers kann aber nicht gesehen werden. Es fehlt hier an einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang. Dieser auf Fachkunde beruhenden Beurteilung schließt sich der Senat an. Anhaltspunkte für fehlende Objektivität oder für einen Mangel an Unabhängigkeit der Sachverständigen liegen in keiner Weise vor. Daran ändert nichts der vom Kläger übergebene Zeitungsartikel, der ohne Begründung Befürchtungen allgemeiner Art formuliert.
Die Berufung kann deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da Gründe i.S.d. § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war als Buchhalter bei der Firma L ... KG, Sand- und Kieswerke in B ... beschäftigt. Am 29.09.1987 erlitt er auf dem Weg zur Arbeit mit dem Rad dadurch einen Unfall, dass er beim Abbremsen über den Lenker mit dem Kopf voraus an eine Mauer stürzte. Der Durchgangsarzt Dr.M ... stellte am 29.09.1987 fest, dass der Kläger nach dem Unfall wahrscheinlich kurz bewusstlos gewesen sei, sich jedoch erinnern könne, keinen Brechreiz verspürt zu haben oder Erbrechen erfolgt sei. Er stellte die Diagnose: Schädelprellung, Verdacht auf Commotio- Cerebri, Distorsion der HWS, Prellung BWS und LWS mit Verdacht auf leichte Impressionsfraktur am 2. Lendenwirbelkörper.
Vor einigen Jahren habe der Kläger eine lumbale Bandscheibenoperation gehabt, sei seither beschwerdefrei gewesen.
Der Facharzt für Nervenkrankheiten Dr.R ... stellte am 30.09. 1987 die Diagnose: Schädelprellung und fand keine neurologischen Ausfälle. Auch der leichte Stauchungsbruch des zweiten Lendenwirbelkörpers der wahrscheinlich vorliege, verursache keine neurologischen Ausfälle.
Am 17.11.1987 berichtete Dr.M ..., der Kläger gebe seit einigen Tagen geringes Pelzigkeitsgefühl an der Außenseite des rechten Oberschenkels und im Bereich beider Fersen an. Er habe deshalb eine Kontrolluntersuchung bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.Sch ... vereinbart. Letzterer berichtete am 23.11.1987, es lägen beim Kläger ein Zustand nach Polyradikulitis mit noch bestehender Restsymptomatik L 5 - geringer S 1-Bereich rechtsbetont und Zustand nach LWK 2-Fraktur mit rezidivierender L 3 Wurzelreizsymptomatik rechtsbetont vor.
Der Chirurg Dr.P ... stellte im Bericht vom 11.12.1987 eine mit keilförmiger Deformierung in Ausheilung befindliche Fraktur des 2. Lendenwirbelkörpers, Wurzelreizsyndrom L 3 fest. Ein erstes Rentengutachten erstattete der Orthopäde Dr.Me ... am 17.03.1988. Als Unfallfolgen stellte er einen unter leichter Keilverformung knöchern fest verheilten Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers mit Bewegungseinschränkung in diesem Gebiet sowie glaubhafte subjektive Beschwerden fest. Der Kläger hatte bei dem Arzt geltend gemacht, Probleme beim Sitzen zu haben (Brennen und Schneiden). Er habe Nierenschmerzen beidseits. Die Nieren seien aber nicht krankhaft verändert. Er habe Bauchschmerzen und Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Urinhaltens. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei seit 29.02. 1988 mit 10 v.H. zu bemessen.
Mit Bescheid vom 28.03.1988 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab und bezog sich auf das Gutachten des Dr.Me ...
Dagegen erhob der Kläger Klage (Az.: S 3 U 122/88). Er machte geltend, bei ihm hätten sich nach dem Unfall ausgeprägte neurologische Probleme eingestellt, die ihn veranlasst hätten, einen Neurologen aufzusuchen. Die bei ihm vorliegende Skoliose sei bislang nicht weiter behandelt worden. Er könne nicht mehr schwer heben, z.B. keine Schneeschaufel mehr handhaben. Durch den Bruch des Lendenwirbelkörpers sei die ganze Statik der Wirbelsäule ins Wanken gekommen. Darum habe er auch verstärkte Skoliosebeschwerden. Er meine, dass wegen der Unfallfolgen eine MdE von 40 v.H. gegeben sei.
Das Sozialgericht holte ein Gutachten des Orthopäden Dr.L ... vom 27.06.1988 ein, bei dem der Kläger geltend machte, er habe jetzt Schmerzen im Rücken und könne nicht lange sitzen und stehe den Tag nicht durch. Er habe Schmerzen, die in die rechte Leiste und Hoden und ins rechte Bein hinab ausstrahlen würden. Im linken Bein habe er keine besonderen Beschwerden. Ungefähr 1986 habe er eine Bandscheibenoperation gehabt, sei hiervon aber beschwerdefrei geworden. Als Kind habe er auch eine Kinderlähmung gehabt, außerdem sei eine Skoliose bekannt, die ihm aber nicht soviel Beschwerden gemacht habe.
Dr.L ... gelangt zu dem Ergebnis, dass die Wirbelsäule beim Kläger einen nicht unerheblichen Schaden aufweise, der in drei verschiedene Krankheitsbezeichnungen aufzugliedern sei, nämlich die Skoliose vor allem im Brustwirbelsäulenbereich, die Osteoporose und einen Zustand nach Bandscheibenoperation wegen Bandscheibenvorfalls (Degenerationsveränderung). Diese Krankheitszustände hätten durch den Unfall keine wesentliche richtunggebende Verschlimmerung erfahren. Allerdings müsse aufgrund der ersteren zwei Krankheitszustände mit einem etwas verzögerten Heilverlauf gerechnet werden. An Unfallfolgen lägen ein unter bestehenbleibender Keilform ohne wesentliche Änderungen der statischen Verhältnisse knöchern fest verheilter Bruch der oberen Deckplatte des 2. LWK vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage vom 29.02.1988 bis 31.05.1988 20 v.H., vom 01.06. 1988 bis 31.08.1988 10 v.H. und danach unter 10 v.H. In einem Schreiben vom 20.07.1988 führt der Kläger aus, er habe sich in den Schilderungen der Beschwerden bei Dr.L ... betont zurückgehalten. Er habe nichts über die nunmehrigen Nierenschmerzen sowie die gelegentlichen heftigen Bauchschmerzen im Muskelbereich, verbunden mit Krämpfen in der Bauchdecke und im Rippenbereich, ferner die Nervenschmerzen in Intervallen genannt. Er habe zum Teil Finger wie aus Holz so gefühllos. Die Geräuschsensationen überwiegend im rechten Ohr kämen nachweislich von dem verspannten Halswirbelmuskelbereich. Hier sei in Isny-Neutrauchburg durch Behandlung, Entspannung und Halswirbeleinrenkung Erleichterung eingetreten.
In einem vom Kläger selbst überreichten Leistungsauszug der DAK werden für die Jahre 1974 und 1979 akute Lumbago, für das Jahr 1980 Interkostalneuralgie nach Verhebetrauma, im Jahre 1984 BfA-Kur wegen cervikalem und lumbalen Bandscheibensyndroms bei Spondylosis der Wirbelsäule, psychovegetativem Syndrom mit depressiven und aggressiven Zügen sowie Erschöpfungszustand, im Jahre 1987 Wurzelreizsyndrom, im Jahre 1978 unklare Oberbauchbeschwerden festgehalten.
Auf Antrag des Klägers holte das Sozialgericht gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Dr.H ... von der W ... W ... Klinik vom 07.07.1989 ein. Neben der unfalbedingten postraumatischen Kyphose L 2 könne als Unfallfolge eine Dekompensation der Instabilität im Bewegungssegment L 4, L 5 gesehen werden, insbesondere deshalb, weil die Hauptbeschwerden des Klägers diesem Segment zuzuordnen seien. Die diskutierte Dekompensation des Postnukleotomiesyndroms im Sinne der Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens könne nur angenommen werden, ein Beweis sei nicht zu führen.
Die Beklagte hat dazu ein Gutachten des Dr.B ... vom 16.12.1989 vorgelegt, der ausführt, unfallbedingt liege ein Zustand nach knöchern fest verheiltem Kompressionsbruch des 2. LWK ohne Beteiligung der Hinterkante und der Kaudaequina mit Bandscheibenbeteiligung vor, die inzwischen gefestigt sei und keine Instabilität mehr bedinge. Unfallunabhängig lägen eine Scheuermann sche Erkrankung mit Begleitskoliose, Zustand nach Wirbelsäulenoperation L 4/L 5 bei Varikose, Verkalkungen der Arterie vertebralis mit Arteria vertebralis-Syndrom und Vermehrung der Strahlendurchlässigkeit vor. Eine unfallbedingte posttraumatische Kyphose L 2 bei permanenter Instabilität L 1, L 2 bestehe nicht. Es könne demnach auch nicht zu einer Dekompensation der Instabilität im Bewegungssegment L 4/L 5 geführt haben. Der Schätzung der MdE durch Dr.L ... könne er sich anschließen. Die MdE betrage ab 01.09.1989 unter 10 v.H. Weiter holte das Sozialgericht eine gutachtliche Stellungnahme des Dr.L ... vom 27.02.1990 ein, in welcher der Sachverständige u.a. darlegt, die Form der vom Unfall betroffenen Bandscheibe habe sich wohl verändert, jedoch habe dies keine Auswirkungen. Funktionell wirksam werden könne lediglich eine Zerreißung des hinteren Faserrings der Bandscheibe, im Sinn einer Beeinflussung des Rückenmarks oder der Nervenwurzel, was beim Kläger möglicherweise vorübergehend, aber nicht mehr zum Zeitpunkt späterer Untersuchungen der Fall gewesen sei.
Mit Urteil vom 28.06.1990 änderte das Sozialgericht Augsburg den Bescheid der Beklagten vom 28.03.1988 insoweit, als die Beklagte verpflichtet wurde, Verletztenrente vom 29.02.1988 bis 31.05.1988 nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Dagegen legte der Kläger Berufung ein (Az.: L 3 U 253/90).
Die Beklagte legte ein Gutachten, eingeholt von der BfA, betreffend eine medizinische Heilbehandlung vom 23.08.1990, bis 20.09.1990 vor. Als Beschwerden machte der Kläger geltend, oft das Gefühl zu haben, aus zwei Körperhälften zu bestehen. Die Rückenschmerzen strahlten von der LWS in die Hüfte, den Bauch und die Nierengegend sowie in die Oberschenkelinnenseiten aus. Hierbei bestünden zusätzlich Taubheit und Kribbeln, ebenfalls Ausstrahlung in die gesamten oberen Extremitäten sowie in Hals und Kopf. Er könne nicht lange sitzen, komme morgens nur rollend aus dem Bett. Der Kläger sei wegen chronischer Lumbalgien bei Zustand nach Hemilaminektomie L 4/5 sowie knöchern konsolidierter LWK 2 Kommpressionsfraktur in stationäre Heilverfahren gekommen. Zusätzlich bestehe eine auffallende Schwäche der unteren Extremitäten sowie der oberen Extremitäten. Ob hier ein Zusammenhang mit der Poliomyelitis anterior im Kindesalter zu sehen sei, erscheine zweifelhaft. Der Kläger habe ein konstantes Rauschen und Klingeln im Kopf geltend gemacht und sich eine Vorstellung beim HNO-Arzt zu Hause gewünscht. Der Kläger übersandte Schreiben der Hessing-Kliniken Augsburg vom 07.02.1991, wonach er sich damals wegen zunehmender Schmerzen im Bereich beider Hüftgelenke mit Ausstrahlung in die Leisten vorgestellt habe. Es liege ein Zustand nach LWK 2 Kompressionsfraktur, beginnende Coxarthrose beidseits, links mehr als rechts und Osteoporose vor.
Mit Urteil vom 25.02.1992 hat das Bayerische Landessozialgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.1990 zurückgewiesen. Es hat sich auf die Gutachten des Dr.L ... und Dr.B ... berufen.
Mit einem Schriftsatz vom 30.12.1992 wandte sich der Kläger an das Sozialgericht Augsburg und bat um Überprüfung der Feststellungen der Beklagten gemäß § 44 SGB X (Az.: S 3 U 284/92).
Mit Schreiben vom 29.07.1993 bat die Beklagte die Verwaltungsakten zurückzuschicken zur Überprüfung des Antrags nach § 44 SGB X. Daraufhin nahm der Kläger mit Schreiben vom 05.08.1993 die Klage zurück.
Mit Schreiben vom 18.10.1993 machte der Kläger geltend, neu sei offensichtlich, dass seit dem Unfall ein Tinnitus vorliege, ein dauernd stark störendes, mitunter sogar quälendes Ohrgeräusch. Dem Tinnitus sei offensichtlich im Gerichtsverfahren nicht näher nachgegangen worden. Er meine, dass er Folge der Commotio cerebri sei bzw. eventuell der HWS- Prellung. Hauptstreitpunkt sei aber, inwieweit es bei dem Unfall zu einer Bandscheibenbeteiligung gekommen sei. Dr.H ... sei von einer Zerreißung der Bandscheibe L 1/2 ausgegangen. In der Folge habe sich eine posttraumatische Kyphose mit permanenter Instabilität der Bandscheibe entwickelt. Dieser Diagnose habe sich weder das Sozialgericht noch das Landessozialgericht angeschlossen. Die Möglichkeit einer Bandscheibenverletzung habe Prof.Dr.B ... in seinem Gutachten offensichtlich nicht berücksichtigt. Er verweise auf Abhandlungen des Prof.Dr.P ... und einen Beitrag von Prof.Dr.E ... in Frankfurt. Im letzteren Beitrag werde auch die Wiederertüchtigung der Wirbelsäulenhaltemuskulatur angesprochen, wobei bei ihm eine solche Wiederertüchtigung durch die Vorschädigung in Form der Poliomyelitis erschwert, wenn nicht unmöglich sei. Der Kläger legt vor, einen Bericht des Stationsarztes Dr.B ... - H ... Klinik in Augsburg vom 08.03.1991, wonach bei ihm eine akut rezidivierende Lumbalgie bei Zustand nach LWK 2 Kompressionsfraktur, beginnende Coxarthrose beidseits, links mehr als rechts und Osteoporose vorliege. Weiter legt er einen Bericht des Chefarztes des Radiologischen Zentrums des Krankenhauszweckverbands Augsburg Dr.K ... vom 27.06.1991 vor, der ausführt, die Röntgenaufnahmen vom 06.09.1990 und 10.09.1990 zeigten eine Deckplattenimpression des 2. Lendenwirbelkörpers, die offensichtlich frakturbedingt sei. Ob diese Deckplattenimpression am 2. Lendenwirbelkörper durch ein Trauma beeinflusst sei oder Ausdruck einer Osteoporose bedingten Fraktur müsse im Zusammenhang mit der Anamnese geklärt werden.
Bezüglich des Tinnitus erklärte der Kläger auf Anfrage der Beklagten im Schreiben vom 08.12.1993, das Gehörleiden sei insofern etwas kompliziert als bei ihm auch Hinweise für eine Lärmschwerhörigkeit vorhanden seien. Er sei über einen Zeitraum von über 7 Jahren während seiner beruflichen Tätigkeit bei der Stadtsparkasse (EDV) erheblichen Lärmauswirkungen ausgesetzt gewesen. Insofern werde jetzt auch beim Bayerischen GUV Antrag auf Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit gestellt. In einem vom Kläger vorgelegten Schreiben an die Ärztin Dr.Sch ... vom 22.09.1993 macht der Kläger geltend, dass er, wenn er sich hinlege, eine extreme Verschlimmerung über den ganzen Tageszustand nach kurzer Zeit erlebe. So schlecht könne er einschlafen. Die Erhöhung der Tinnitus-Beschwerden im Liegen würden im Laufe des Vormittags so nach und nach wieder erniedrigt, wobei er sagen müsse, dass sich auch die Unfallrückenbeschwerden durch Hinlegen nur kurz erleichtern ließen.
Die Beklagte zog ein in einem Rechtsstreit der BfA gegen die Steinbruchs-BG erstattetes Gutachten des Orthopäden Dr.T ... vom Sozialgericht Berlin (Az.: S 69 U 112/93) bei, in welchem der Gutachter als Unfallfolgen beim Kläger: Knöchern verheilter Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers mit rezidivierenden Muskelreizerscheinungen und Bandscheibenbeteiligung zwischen 1. und 2. Lendenwirbel- und rezidivierende Wurzelsymptomatik der 3. Lendenwurzel feststellt. Unfallunabhängig lägen degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, Skoliose und Knochenentkalkung der Wirbelsäule, alter Morbus Scheuermann, Wirbelsäulenoperation in Höhe des 4. und 5.Lendenwirbels mit Teilwirbelbogenentfernung und Schmerzsymptomatik in diesem Bereich, abgelaufene Polyradiculitits mit Restsymptomatik L 5, gering S 1 rechts, abgelaufene Kinderlähmung und Durchblutungsstörungen der Arteria vertebralis vor. Weiter zog die Beklagte die Akten des Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes (GUV) bei. Im Bescheid vom 11.09.1995 lehnte der GUV die beim Kläger bestehende Schwerhörigkeit als Berufskrankheit ab. Der behandelnde Arzt des Klägers Dr.Hü ... hatte mit Schreiben vom 04.08.1994 dem GUV mitgeteilt, der Kläger stehe seit 07.01.1988 in regelmäßiger hausärztlicher Behandlung bei ihm und habe damals über Ohrgeräusche im Anschluss an eine Unfallverletzung im Jahr 1987 geklagt. Eine Diagnostik oder Behandlung wegen einer Schwerhörigkeit sei durch ihn in den vergangenen Jahren nicht erfolgt. Er fügte bei einen Bericht des Dr.Sch ... vom 13.08.1990 bei. Der HNO-Arzt Dr.R ... berichtete am 03.08.1994, der Kläger sei ihm seit 08.12.1990 bekannt. Er habe damals über Ohrgeräusche beidseits, vor allem im Liegen und über Hörverschlechterung geklagt. Zur Anamnese habe er angegeben, 1987 einmal einen Fahrradunfall mit Wirbelsäulentrauma erlitten zu haben und im Übrigen eine berufliche Lärmexposition. Er habe damals eine gering bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit mit geringer Schallleitungskomponente bei typanometrisch aufgehobenen Stapediusreflexen erhoben. Der Verdacht einer Otossklerose habe sich nicht bestätigt. Das Audiogramm erlaube keinen Rückschluss auf die Ätiologie der Schwerhörigkeit. Wahrscheinlich sei sie ein Resultat aus Lärmbelastung, Unfallfolgen und physiologischem Alterungsprozess. In einem gewerbeärztlichen Gutachten vom 27.07.1995 an den GUV führte der Gewerbearzt Dr.S ... aus, zur Tätigkeit bei der Stadtsparkasse Augsburg gehe aus dem TAD-Bericht hervor, dass der Versicherte keiner gehörschädigenden Lärmbelastung von mehr als 85 dB ausgesetzt gewesen sei. Die Anerkennung einer Berufskrankheit im Sinne der Nr.2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung könne somit nicht empfohlen werden.
In einem für den GUV erstatteten Gutachten vom 29.12.1995 gelangte der HNO-Arzt Dr.G ... zu dem Ergebnis, die Tonaudiogramme vom 21.05.1993 und 06.12.1993 sprächen für eine kombinierte vorliegende Innenohrschwerhörigkeit sehr geringen Grades, nachdem keine reine Schallempfindungsschwerhörigkeit vorliege und im Tonaudiogramm kein charakteristischer Hörkurvensteilabfall im Hochtongebiet vorliege, sei eine berufliche Lärmschwerhörigkeit insgesamt unwahrscheinlich. Jedoch sei bei dem im vorgeschrittenen Lebensalter stehenden Kläger eine geringfügige lärmtraumatische Innenohrkomponente nicht auszuschließen, nachdem überschwellige Hörmessungen nicht vorlägen. Der Kläger habe bisher nur angegeben, dass Ohrgeräusche erst nach einem Unfall 1987 bemerkt worden seien.
Der GUV hat mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.1996 den Wider- spruch des Klägers zurückgewiesen.
Mit der sich daran anschließenden Klage gegen den GUV hat der Kläger u.a. die Schallmesswerte angezweifelt. Er führe die Schwerhörigkeit auf seine in der Zeit von 1964 bis 1973 durchgeführte berufliche Tätigkeit als Konsoloperator zurück. Das Sozialgericht zog in diesem Verfahren einen Behandlungsbericht des Dr.R ... vom 31.07.1996 bei, nach welchem dieser den Kläger erstmals am 03.12.1990 behandelt hat und vom 28.09. bis 01.10.1994 eine Infusionsbehandlung zur Besserung des Tinnitus ohne Erfolg einsetzte. Weiter zog das Sozialgericht einen Leistungsauszug der DAK über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seit 1957 bei. Unter dem 28.09.1994 bis 08.10.1994 ist vermerkt: Akuter Morbus meniere, Tinnitus, HWS-Syndrom, Zustand nach Hörsturz und Infusionen.
Das Sozialgericht holte in dem Verfahren gegen den GUV ein Gutachten der Frau Prof.Dr.Scho ... vom 23.02.1998 ein. Der Kläger gab in der Anamnese an, bereits 1973 sei seiner Ehefrau eine Schwerhörigkeit bei ihm aufgefallen, die ihm dann auch selbst bewusst geworden sei. Er sei 1996 mit Hörgeräten versorgt worden, mit denen er nicht zufrieden sei. Bereits in den Siebziger Jahren habe er einen Tinnitus (Ohrgeräusch) beidseits gehabt, der ihn nicht sehr gestört habe. Er wisse auch nicht, ob er ständig vorhanden gewesen sei. Seit dem Unfall 1987 sei der Tinnitus ständig vorhanden. Er sei lauter geworden und störe ihn. Die Sachverständige gelangt zu dem Ergebnis, beim Kläger liege eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits vor, bei der es sich unter Berücksichtigung aller Hörtests und verschiedener Berechnungstabellen um eine Schwerhörigkeit mit geringgradiger Herabminderung des Sprachgehörs beidseits handele, ein Tinnitus beidseits und eine zentrale Gleichgewichtsstörung. Die Schwerhörigkeit des Klägers und der Tinnitus seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich durch die Lärmeinwirkung verursacht worden. Aus der Anamnese gehe hervor, dass sich der Tinnitus erst nach dem Unfall 1987, bei dem der Kläger eine Schädelprellung und eine Distorsion der Halswirbelsäule erlitten habe, manifestiert habe. Beim Kläger habe eine deutlich zentral-vestibuläre Störung nachgewiesen werden können. Es bestünden mehrere Risikofaktoren wie Schädelprellung, Distorsion der Halswirbelsäule, Osteoporose der gesamten Wirbelsäule, Verschluss der Arteria vertebralis links, latenter Diabetes, erhöhter Blutdruck und Herzkranzgefäßverengung. Ohne Rücksicht auf die Genese sei die MdE wegen der Schwerhörigkeit mit geringgradiger Herabminderung des Sprachgehörs und dem Tinnitus beidseits auf 20 v.H. zu schätzen.
Im Termin am 30.07.1998 hat das Sozialgericht Augsburg die Ehefrau des Klägers M ... E ... als Zeugin gehört. Die Zeugin hat bekundet, die Hörstörungen ihres Mannes hätten sich nach 1973 langsam verschlimmert. In diesem Termin hat der Kläger die Klage zurückgenommen.
Mit Bescheid vom 10.07.1997 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 28.03.1988 in der Gestalt des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.1990 ab. Sie führte aus, Grundlage der damaligen Entscheidung sei das Gutachten des Dr.L ... vom 27.06.1988 gewesen. Mit Schreiben vom 18.10. 1993 habe der Kläger beantragt, den bestehenden Tinnitus als Folge des Wegeunfalls vom 29.09.1987 anzuerkennen und Rente zu gewähren. Beim Unfall sei es zu einer Distorsion der Halswirbelsäule sowie zu einem Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers gekommen. Aus der fachärztlichen Stellungnahme des HNO-Arztes Dr.G ... ergebe sich, dass eine starke doppelseitige Verkalkung der Arteria vertebralis bestehe. Diese Veränderungen könnten sich als wesentliche Ursache für das Auftreten des Tinnitus darstellen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfall vom 29.09.1987 bestehe demnach nicht. Der Kläger überreichte Atteste der Urologen Dres.Rotter und Ziegler vom 19.04.1997 und 06.04.1995 und legte gegen den Bescheid vom 10.07.1997 Widerspruch ein. Dr. Ro ... bescheinigte, dass ein Radunfall mit Blasenentleerungsstörungen einhergehen könne. Es bedürfe jedoch zur Untermauerung dieser Vermutung einer weiteren diagnostischen Abklärung. Dr.Z ... führte aus, urologischerseits sei kein pathologischer Befund festzustellen, der die funktionellen Beschwerden beim Kläger erklären würde. Ein Zusammenhang mit der erlittenen Wirbelsäulenverletzung sei möglich und solle neurologisch abgeklärt werden. In der Widerspruchsbegründung machte der Kläger geltend, Dr.L ... habe den Vorschaden viel zu hoch bewertet, den unfallbedingten Bandscheibenschaden L 1/2 nicht gewürdigt und auch nicht die Fehlstatik infolge der keilförmigen Deformierung des 2. Lendenwirbelkörpers. Er verwies insoweit auf das Gutachten des Dr.H ... Das Gutachten des Prof.Dr.B ... vom 16.12. 1989 sei nur nach Aktenlage erstellt. Die schon vor dem Unfall bestandene Skoliose habe sich durch den Unfall verstärkt, gleiches gelte für die Osteoporose.
In einem Attest des Dr.Z ... vom 26.03.1996 wird ausgeführt: "im Ausscheidungsurogramm zeitgerechte Funktion beider Nieren, keine Ablaufstörungen erkennbar." Möglicherweise sei ein zusätzlicher Stein bereits spontan abgegangen. Der Arzt legte einen Bericht des Prof.Dr.Ha ..., Urologische Klinik Zentralklinikum Augsburg vom 23.04.1996 bei, wonach beim Kläger während der stationären Behandlung vom 23.03. bis 30.03.1996 ein Ureterstein links prävesikal gefunden und entfernt wurde. Ein Ausscheidungsurogramm sei mit positivem Steinnachweis durchgeführt worden. 1973 sei ein Harnleiterstein spontan abgegangen. Die sonographische Untersuchung der Nieren am Entlassungstag habe einen unauffälligen Befund ergeben. Der Kläger sei beschwerdefrei in die weitere ambulante Behandlung entlassen worden. Über eine stationäre Behandlung im Jahre 1973 berichtet Dr.Ziegler einen Spontanabgang eines Uretersteines links.
Im Arztbrief vom 28.02.1997 berichtet der Urologe Dr.O ... beim Kläger habe eine Nephrolithiasis bestanden. Derzeit sei eine solche radiologisch wie sonographisch nicht nachvollziehbar. Die im Sonogramm beschriebenen Verkalkungen schienen Parenchymverkalkungen zu sein. Die Beklagte zog die Krankengeschichte über die stationäre Behandlung des Klägers vom 29.09.1987 bis 13.10.1987 (nach dem Unfall) im Städtischen Krankenhaus Bobingen bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.1998 wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, der Unfall sei auf eine statisch bereits vorbelastete und zum Ausgleich ausgereizte Wirbelsäule durch eine Skoliose getroffen, die auch in den Bruchbereich LWK 2 reiche. Richtig sei, dass die Statik seiner Wirbelsäule seither durch den durch Unfall verformten, verbliebenen Keilwirbel noch weitergehend gestört sei. Auch die Skoliose sei weiter negativ verändert worden. Schon 1987 habe eine Osteoporose im Ansatz bestanden. Sie sei jedoch völlig aus der gutachterlichen und richterlichen Bewertung gefallen. Seit dem Unfallzeitpunkt habe er ununterbrochen einen stark störenden Tinnitus, der sich nachts quälend verstärke. Der Tinnitus, der aus dem Unfall stamme, sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Da der Verschluss der Arteria vertebralis links erst 1996 so diagnostizierte worden sei, könne der Tinnitus, der 1987 aufgetreten sei, dieser nicht zugeordnet werden. Die Neurologin Dr.Gu ... habe einen Zusammenhang zwischen dem beidseitigen Tinnitus und der Hypacusis für eher unwahrscheinlich gehalten. Seit dem Unfall habe er eine sogenannte autonome Blase. Er wisse nicht wann die Blase voll sei. Tag und Nacht habe er erhebliche körperliche Beschwerden. Der Kläger legte erneut das Attest des Dr.Br ... vom 08.03.1991 vor.
Das Sozialgericht zog Arztberichte des Orthopäden Dr.M ...vom 30.06.1998 und des Dr.Hü ... vom 17.07.1998 bei und holte ein Gutachten des Leiters der Sektion für Phoniatrie und Pädaudiologie der Universität Ulm Prof.Dr.J ... vom 08.05.1990 ein. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, es sei sehr wahrscheinlich, dass der Tinnitus in der Folge der durch die Schwerhörigkeit ausgedrückten Haarzellschädigung entstanden und durch die HWS- Fehlhaltung mit muskulären Verspannungen verstärkt und so auch zumindest teilweise beeinflussbar sei. Ein unmittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang mit dem Unfall könne nicht gesehen werden. Auf das Gutachten wird verwiesen. Der Kläger machte daraufhin sämtliche von ihm bereits angeführten Leiden als Unfallfolgen weiter geltend. Er verwies auf das Ergebnis des Gutachtens der Werner Wicker-Fachklinik, welches gemäß § 109 SGG in dem Klageverfahren S 3 U 122/88 eingeholt worden war. Er vertrat auch noch einmal den Standpunkt, dass sich die Verkalkung nicht auf den 29.09.1987 rückdatieren lasse, da sie erst am 07.07.1989 in Bad Wildungen röntgenbildmäßig entdeckt worden sei. Somit sei diese Erklärung unbrauchbar. Er habe bei Dr.L ... nichts über den Tinnitus erwähnt, da dieser Orthopäde sei. Es sei ohne jegliche Beweiskraft, dass der Tinnitus erstmals im Entlasssungsbericht der Argenta-Klinik Isny vom 11.05.1988 erwähnt werde. Dies sei nur eine simple Textfundstelle.
Mit Urteil vom 27.10.1999 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Der Kläger weist darauf hin, dass das Gutachten der Frau Prof.Dr.Scho ... Berücksichtigung finden solle. Dies gelte besonders, weil das Gutachten des Prof.Dr.J ... auf Aktenlage beruhe. Der Tinnitus in den Siebziger Jahren sei auf keinen Fall so gewesen, wie er jetzt nach dem Unfallgeschehen 1987 sei. Seither bestehe er Tag und Nacht. Das gehe jetzt schon über 12 Jahre so. Es raube ihm immer mehr jede Freude am Leben. Dazu kämen die seit 1987 sich laufend vermindernden körperlichen Bewegungsmöglichkeiten. Erneut weist er auf das frühere Gutachten der Werner Wicker Klinik in Bad Wildungen hin.
Weiter hat der Senat die Akten der BfA beigezogen, worin sich u.a. ein Arztbrief der Frau Dr.Gu ... vom 23.04.1996 findet, auf den Bezug genommen wird wie auch auf ein Gutachten der Nervenärztin Wilms vom 07.01.1997 und auf einen Bericht über ein Heilverfahren vom 09.05.1995 - 06.06.1995.
Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Dr.F ... vom 25.10.2000 und eine ergänzende Stellungnahme dieses Sachverständigen vom 20.11.2000 eingeholt. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, eine Änderung der unfallbedingten MdE sei nicht veranlasst. Auf die Ausführungen wird verwiesen.
Hierzu hat sich der Kläger mit Schriftsätzen vom 07.01. und 08.01.2001 geäußert. Er hat insbesondere noch vorgetragen, die bei ihm bestehenden Erkrankungen wie Skoliose, Osteoporose und Polio-Postsyndrom hätten sich durch den Unfall verschlimmert.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.10.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm in Abänderung des Bescheids vom 28.03.1988 in Gestalt des Urteils vom 28.06.1990 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.10.1999 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Augsburg sowie die weiteren in der Terminsmitteilung für den Kläger zum 14.03.2001 genannten Akten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und nach Wiedereinsetzungsbeschluss des Senats auch fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß § 143 ff. SGG zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Verletztenrente hat die Beklagte zu Recht bis 31.05.1988 begrenzt. Über diesen Zeitraum hinaus ist ein Anspruch auf Verletztenrente rentenberechtigenden Grades nicht gegeben. Die Entscheidung richtet sich nach den Vorschriften der RVO, da der Versicherungsfall vor Inkrafttreten des 7. Sozialgesetzbuches eingetreten ist und Rentenleistungen erstmals vor Inkrafttreten dieses Gesetzes festzusetzen waren (§ 212, 214 Abs.3 SGB XII).
Gemäß § 581 Abs.1 RVO wird als Verletztenrente der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens 1/5 gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge mehrerer Arbeitsunfälle gemindert und erreichen die Hundertsätze der durch die einzelnen Arbeitsunfälle verursachten Minderung zusammen wenigstens die Zahl 20, so ist gemäß § 581 Abs.3 RVO für jeden, auch einen früheren Arbeitsunfall Verletztenrente zu gewähren. Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Diese Voraussetzung war beim Kläger ab 01.09.1988, wie sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr.L ... vom 27.06.1988 ergibt, nicht mehr erfüllt. Vielmehr lag die MdE wegen der Folgen des Unfalls ab diesem Zeitpunkt unter 10 v.H. Der Unfall hat orthopädischerseits, wie die Gutachten des Dr.Me ... vom 17.03.1988 und des Sachverständigen Dr.L ... vom 27.06.1988, erstattet im Rechtsstreit S 3 U 122/88, zeigen, zu einen unter Bestehenbleiben der Keilform ohne wesentliche Änderung der statischen Verhältnisse knöchern fest verheilten Bruch der oberen Deckplatte des 2. Lendenwirbelkörpers geführt. Dr.Me ... spricht ausdrücklich von einer unter "leichter" Keilverformung verheiltem Bruch. Dr.L ... weist darauf hin, dass mit Ausnahme eines Reizzustandes eine Nervenwurzel- bzw. Rückenmarksbeteiligung nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Wie er betont, handelt es sich um einen stabil verheilten Wirbelkörperbruch, der mit nur geringfügiger Änderung der Statik aus seitlicher Sicht fest verheilt ist. Bei mäßiger keilförmiger Deformierung ist nach den in der gesetzlichen Unfallversicherung entwickelten Anhaltspunkten zur Bemessung der MdE eine Rente als vorläufige Entschädigung von 20 %, danach eine MdE unter 10 v.H. anzunehmen, erst bei statisch wirksamer Achsenabweichung oder Instabilität ist eine MdE von 20 % zu erwägen (Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, S.486). Dabei ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger, worauf schon Dr.L ... hinweist und was auch durch das Gutachten des Sachverständigen Dr.F ... bestätigt wird, unfallunabhängig eine Skoliose, vor allem im Brustwirbelsäulenbereich, eine Knochensubstanzverarmung (Osteoporose) und ein Zustand nach Bandscheibenoperation wegen Bandscheibenvorfalls (d.h. Degenerationsveränderungen) unfallunabhängig vorliegen. Diese Krankheitszustände haben nach den fachkundigen Ausführungen des Dr.L ... auch keine wesentliche richtunggebende Verschlimmerung erfahren. Dem dadurch bedingten Heilverlauf hat Dr.L ... Rechnung getragen, indem er die unfallbedingte MdE vom 29.02.1988 bis 31.05.1988 mit 20 v.H. bemessen hat. Auch Dr.F ... hebt hervor, dass ein nennenswerter Knickwinkel zwischen L 2 und L 1 nicht entstanden ist. Es sind auf den gefertigten Röntgenaufnahmen von 1989 und 1991 keine wesentlichen reaktiven Randspornbildungen, insbesondere keine komplette knöcherne Überbrückung ersichtlich. Unfallunabhängig sind schon am Unfalltag Einengungen der beiden letzten Lendenbandscheiben zu sehen. Des Weiteren war bereits am Unfalltag die Wirbelsäule, vor allem im oberen Brustbereich seitlich verbogen. Wie Dr.F ... betont, ergeben sich Zeichen einer leichten Nervenwurzelirritation, vereinbar mit den Einengungen der beiden letzten Lendenbandscheiben, also unfallfremde Gesundheitsstörungen. Der Sachverständige legt dar, dass der klinische Befund der Rumpfwirbelsäule vollkommen gleich geblieben ist, so dass sich eine wesentliche Änderung im Sinn einer Verschlechterung nicht verifizieren läßt. Der Nachweis einer Instabilität im 1. Segment der Lendenwirbelsäule ist nicht möglich. Diesbezüglich führt der Sachverständige aus, dass, falls dieses Segment instabil wäre, sich inzwischen eine reaktive knöcherne Überbrückung hätte entwickeln müssen. Ob solches geschehen sei, sei ohne die vom Kläger abgelehnte Röntgenuntersuchung nicht feststellbar. Zeichen einer Poliomyelitis waren an der Wirbelsäule nicht zu erheben. Dr.F ... legt dar, dass, wenn überhaupt, durch die frühkindliche Schädigung eine Gesundheitsstörung an der Wirbelsäule abgelaufen ist, als solche allenfalls die relativ kurzbogige seitliche Verbiegung der oberen Brustwirbelsäule zu definieren wäre, während an der Lendenwirbelsäule keine nennenswerte Seitverbiegung vorliegt, also auch keine sogenannte Polioskoliose. Der Sachverständige weist auch darauf hin, dass schon 1979 eine Ischialgie und eine Polyradikulopathie bestanden hat, also teils Erkrankungen der Nervenwurzeln, teils eine Nervenwurzelreizung auf der Basis der degenerativen Bandscheibenveränderungen im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule, während vom Unfall das 1. Segment betroffen ist, also ein deutlich außerhalb des verschleißgeschädigten Bezirks liegender Abschnitt. Aus der leichten Keilform des 2. Lendenwirbelkörpers ohne nennenswerten Achsenknick und ohne Hinweise auf eine Instabilität im ehemals vorletzten Segment lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass durch eventuelle Vorschäden der unteren Lendenwirbelsäule oder eine Skoliose hauptsächlich im oberen Bereich der Brustwirbelsäule sich die Unfallfolgen gravierender auswirken könnten als bei einer nicht vorgeschädigten Wirbelsäule. Ein wesentlicher Teil der jetzt angeführten Schmerzsymptomatik ist unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen zuzuordnen und nicht der geringen Verformung des 2. Lendenwirbelkörpers. Der Sachverständige legt dar, dass ohne sonstige Komplikationen, die beim Kläger nicht existieren, im betroffenen Segment L 1/2 die MdE wegen einer Fraktur auf 3,3 v.H. angesetzt wird. Die Osteoporose ist beim Kläger nach den Aktenaufzeichnungen ab 1979, spätestens ab 1985 bekannt. Hätte sich diese Erkrankung durch den Unfall verschlimmert, so hätte man auf den der Akte beigefügten Röntgenaufnahmen bis zum Jahr 1989 eine weitere Demineralisierung des Sklettsystems mit spontanem Wirbelkörperdeformierungen erkennen müssen, was beim Kläger jedoch nicht der Fall war. Der Beurteilung der Unfallfolgen durch Dr.H ... im Gutachten vom 07.07.1989, erstattet im Rechtsstreit Az.: S 3 U 122/88 kann nicht gefolgt werden, da der Sachverständige eine permanente Instabilität der Bandscheibe L 1/L 2 annimmt, von der jedoch nach den überzeugenden Ausführungen des Dr.F ... nicht ausgegangen werden kann. Auch eine unfallbedingte Dekompensation der Beschwerden bzgl. des unfallfremden Postnukleotomiesyndroms kann nicht bejaht werden, zumal auch Dr.H ... dies als bloße Möglichkeit in den Raum stellt. Hierzu hat auch Dr.F ... ausgeführt, dass das vom Unfall betroffene Wirbelsäulensegment deutlich außerhalb des verschleißgeschädigten Bezirkes liegt. Eine MdE rentenberechtigenden Grades wegen der Unfallfolgen ist danach nicht nachvollziehbar.
Demgegenüber sind die Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 07.01.2001 nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu führen. Abgesehen davon, dass der Senat keinen Zweifel hat, dass Dr.F ... den vorhandenen Knickwinkel des 2. LWK richtig gemessen hat, ist für die Einschätzung der MdE entscheidend, dass es nach übereinstimmender Meinung der Gutachter Dr.Me ..., Dr.L ... und Dr.F ..., wie dargelegt, zu keiner wesentlichen Auswirkung auf die Statik der Wirbelsäule gekommen ist. Zu Gesundheitsstörungen auf urologischem Fachgebiet hat der Unfall, wie sich insbesondere aus den ausführlichen Berichten des Privatdozent Dr.Z ... ergibt, nicht geführt. So hat Privatdozent Dr.Z ... in dem vom Senat beigezogenen Bericht vom 13.06.2000 ausgeführt, dass der Kläger bereits vor dem Unfall, nämlich am 23.11.1984 erstmalig wegen funktioneller Blasenentleerungsstörungen zur Untersuchung kam, wobei sich auf urologischem Fachgebiet kein pathologischer Befund feststellen ließ. Nach dem Unfall war der Kläger in den Jahren 1990 und 1991 mit ähnlichen Symptomen bei Privatdozent Dr.Z ... in Behandlung, wobei wiederum kein krankhafter Organbefund für die funktionellen Beschwerden gefunden wurde. Auch am 30.03.1995 konnte kein krankhafter Organbefund erhoben werden. Erst am 21.03.1996 stellte sich der Kläger wegen Koliken links bei Priv.-Doz.Dr.Z ... vor, wobei sich ein pfefferkorngroßer Kelchstein in der linken Niere fand, der stationär im Klinikum Augsburg durch Schlingenextraktion entfernt wurde. Für das Vorliegen von Unfallfolgen besteht danach keinerlei Anhaltspunkt.
Schließlich kann auch der vom Kläger geltend gemachte Tinnitus nicht auf den Unfall vom 29.09.1987 zurückgeführt werden. Die Gesundheitsstörung muss mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf dem Unfall beruhen, wenn sie als Unfallfolge angesehen werden soll. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn deutlich mehr dafür als dagegen spricht (BSGE 45, 285). Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass der Kläger zwar nunmehr geltend macht, dass seit dem Unfall ein ihn Tag und Nacht quälendes Ohrgeräusch vorliegt, gleichwohl er aber nach den Angaben bei der Sachverständigen Prof.Dr.Scho ... in dem Gutachten vom 23.02.1998, erstattet im Verfahren S 9 U 49/96 erklärt hat, bereits in den Siebziger Jahren einen Tinnitus beidseits gehabt zu haben. Bei Prof.Dr.Scho ... hat er den Tinnitus auf die Lärmbelastung zwischen 1967 und 1973 zurückgeführt. In seiner Stellungnahme vom 20.07.1988 zum Gutachten des Dr.L ... vom 27.06.1988 führt der Kläger die Geräuschsensationen überwiegend im rechten Ohr auf den verspannten Halswirbelmuskelbereich zurück. Er weist darauf hin, dass diesbezüglich in Isny-Neutrauchburg durch Behandlung, Entspannung und Halswirbelrenkung Erleichterung eingetreten sei. Der vom Sozialgericht zum Sachverständigen ernannte Prof.Dr.J ... führt dazu aus, dass ein unfallbedingter Tinnitus in der Regel aber ständig, in der Wahrnehmbarkeit vielleicht noch abhängig von den Umgebungsgeräuschen, vorhanden ist. Der Umstand, dass der Tinnitus durch manuelle unspezifische HWS-Behandlung positiv beeinflusst werden konnte, spricht danach gegen einen Zusammenhang mit dem Unfall. Prof.Dr.J ... weist auch darauf hin, dass sowohl in den Arztberichten zur stationären Behandlung des Klägers unmittelbar im Anschluss an den Unfall, im ersten Gutachten vom 17.03.1988, wie auch in der Auseinandersetzung des Klägers mit diesen Gutachten Hinweise auf wesentliche Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und auf eine Hörverschlechterung oder einen Tinnitus in der Folge des Unfalls fehlten. Der Sachverständige betont, dass aus der Literatur zu schließen ist, dass ein Tinnitus in der Folge eines Unfalls der Halswirbelsäule praktisch ausnahmslos erhebliche Beschwerden des Betroffenen in diesem Wirbelsäulenbereich voraussetzt. Nach den Angaben des Klägers bei der ersten Untersuchung kann jedoch von derartigen Beschwerden nicht ausgegangen werden. Ein durch Gewalteinwirkung auf die Halswirbelsäule plötzlich auftretender Tinnitus führt bei einem so Betroffenen zu so erheblichen Irritationen, dass er praktisch sofort den behandelnden Arzt darauf anspricht oder aber sich selbst in entsprechende fachärztliche Behandlung begeben würde. Der Tinnitus findet jedoch erstmalig Erwähnung im Entlassungsbericht der Argental Klinik. Zu Recht weist Prof.Dr.J ... darauf hin, dass er dort als vorbestehend angenommen wird, nicht aber ausdrücklich als in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall entstanden. Tatsächlich hat der Kläger bei den ersten neurologischen Untersuchungen am 06.10.1987 und 23.11.1987, ja noch nicht einmal in seinem ausführlichen Schreiben vom 04.05.1988 an das Sozialgericht Augsburg den bei ihm bestehenden Tinnitus als Unfallfolge geltend gemacht. Aus diesen Gegebenheiten zieht der Sachverständige Prof. Dr.J ... den Schluss, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der Tinnitus in der Folge der durch die beim Kläger bestehenden Schwerhörigkeit ausgedrückten Haarzellschädigung entstanden ist und durch die HWS-Fehlhaltung mit muskulären Verspannungen verstärkt wird und so zumindest teilweise beeinflussbar ist. Ein umittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers kann aber nicht gesehen werden. Es fehlt hier an einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang. Dieser auf Fachkunde beruhenden Beurteilung schließt sich der Senat an. Anhaltspunkte für fehlende Objektivität oder für einen Mangel an Unabhängigkeit der Sachverständigen liegen in keiner Weise vor. Daran ändert nichts der vom Kläger übergebene Zeitungsartikel, der ohne Begründung Befürchtungen allgemeiner Art formuliert.
Die Berufung kann deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da Gründe i.S.d. § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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