Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 8007/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5121/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2012 abgeändert. Der Beklagte wird unter weitergehender Abänderung des Bescheides vom 30.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2006 verurteilt, beim Kläger den Grad der Behinderung mit 20 bereits ab dem am 28. Juni 2010 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner außergerichtlichen Kosten erster Instanz zu erstatten. Im Übrigen sind keine außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1965 geborene Kläger stellte beim Landratsamt E. (LRA) am 06.06.2006 einen Erstantrag auf Feststellung des GdB. Das LRA zog medizinische Befundunterlagen (insbesondere das handchirurgische Gutachten von Dr. Lu. vom 14.03.2006 an die Berufsgenossenschaft Metall Süd) sowie den Bescheid der Berufsgenossenschaft Metall Süd vom 11.05.2006 über einen Arbeitsunfall des Klägers am 28.06.2005, in dem als Unfallfolge ein Riss des scapholunären Bandes mit belastungsabhängigen Schmerzen nach Quetschverletzung des Handgelenks mit Einbruch der Speichengelenkfläche anerkannt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) allenfalls mit 10 v.H. bewertet wurde, bei. Entsprechend der gutachtlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. La. vom 24.08.2006, in der der Gesamt-GdB mit 10 vorgeschlagen wurde, entsprach das LRA mit Bescheid vom 30.08.2006 dem Antrag des Klägers nicht.
Hiergegen legte der Kläger unter Vorlage von Unterlagen am 02.10.2006 Widerspruch ein. Das LRA zog weitere medizinische Unterlagen bei (Berichte Kreiskliniken E. vom 07.07.2006 und Dr. Lae. vom 26.06.2006) und holte hierzu die gutachtliche versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. S. vom 25.10.2006 ein, in der wegen der anerkannten Unfallfolgen, einer Wachstumsstörung (Scheuermann´sche Krankheit) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowie einer Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks (Teil-GdB jeweils 10) der Gesamt-GdB weiterhin mit 10 vorgeschlagen wurde. Mit Bescheid vom 30.10.2006 berichtigte das LRA zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2006 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass beim Kläger keine Gesundheitsstörungen vorlägen, die einen GdB von wenigstens 20 bedingten.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.12.2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage (S 6 SB 9369/06). Er machte zur Begründung Behinderungen der Wirbelsäule (Morbus Scheuermann) sowie aufgrund eines Trümmerbruches des rechten Kniegelenkes und des distalen Oberschenkels und des Handgelenks links gelten, die eine Einstufung der Schwerbehinderteneigenschaft von mindestens 30 % ergäben. Der Kläger legte medizinische Befundunterlagen vor (insbesondere handchirurgische Stellungnahme von Dr. Lu. vom 21.04.2008, Operationsbericht Kreisklinikum E. vom 08.04.2008 über eine Knorpelglättung, partielle Synoviaresektion und IM-Teilresektionen sowie Bericht des Kreisklinikums E. vom 10.06.2010).
Im Hinblick auf ein anhängiges Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft (S 9 U 308/07) ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 09.08.2007 das Ruhen des Verfahrens an.
Am 01.12.2008 rief der Kläger das ruhende Verfahren wieder an, das vom SG unter dem Aktenzeichen S 6 SB 8007/08 fortgeführt wurde. Der Kläger legte das im Rechtsstreit S 9 U 308/07 dem SG erstattete unfallchirurgische Gutachten von Professor Dr. N.-K. vom 21.08.2008, in dem die verbliebenen Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.06.2005 mit einer MdE von 10 v.H. bewertet wurden, sowie den Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik am K. Bad K. vom 16.09.2010 vor. Das SG nahm außerdem aus den Akten des Verfahrens S 9 U 308/07 das handchirurgische Gutachten des Professor Dr. Gr. vom 01.10.2007 zur Gerichtsakte, in dem die Folgen des Unfalls vom 28.07.2005 mit einer MdE von unter 10 v.H. bewertet wurden.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG das handchirurgische Gutachten des Professor Dr. Ha. vom 23.10.2009 mit Nachtrag vom 01.02.2010 ein. Professor Dr. Ha. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe eine beginnende Arthrose im linken Handgelenk, eine Instabilität zwischen Kahnbein und Mondbein (skapholunäre Dissoziation), eine Behinderung der Grobkraft links um 50 %, eine verminderte Kraft im Schlüsselgriff links von ca. 30 % sowie eine Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit. Er schätzte den GdB auf 10 ein. Außerdem beauftragte das SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG Professor Dr. Re. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens. Professor Dr. Re. gelangte in seinem Gutachten vom 07.09.2010 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 28.06.2010 zu dem Ergebnis, höhergradige, objektivierbare Bewegungs- sowie Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule ergäben sich nicht. Für die Gesundheitsstörung in Bezug auf den Morbus Scheuermann sei die MdE mit 0 % zu bemessen. Für am rechten Kniegelenk bestehende ausgeprägte Knorpelschäden, anhaltende Reizerscheinungen sowie Bewegungseinschränkungen sei eine MdE von 20 % anzunehmen.
Der Kläger hat gegen das Gutachten des Professor Dr. Re. Einwendungen erhoben. Das Gutachten verstoße gegen § 407a Abs. 2 ZPO und sei damit nicht verwertbar. Auch die sachliche Richtigkeit werde bestritten. Der Kläger hat eine eidesstattliche Versicherung von Frau H. B. vorgelegt (Schriftsatz vom 05.11.2010).
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 20 ab Mai 2010 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 15.02.2011 vor (Schriftsatz vom 16.02.2011), das der Kläger nicht annahm (Schriftsatz vom 01.03.2011). Der Kläger legte weitere medizinische Befundunterlagen vor (insbesondere Ärztlicher Entlassungsbericht der m&i Fachkliniken H. vom 28.06.2011, wonach der Kläger am 09.05.2011 mit einer Kniegelenktotalendoprothese rechts versorgt wurde; Bericht PD Dr. Schw. , Chirurgische Gemeinschaftspraxis Dr. Rö. und Koll., vom 20.04.2012 zur Notwendigkeit eines Inlaywechsels an dem Kniegelenksimplantat rechts).
Das SG holte von Professor Dr. Re. die ergänzende Stellungnahme vom 10.01.2012 ein, in der er zu den Einwendungen des Klägers im Einzelnen Stellung nahm und an seinen Bewertungen im Gutachten festhielt. Der Kläger hat sich hierzu geäußert und an seinen Einwendungen festgehalten (Schriftsatz vom 02.03.2012).
Auf Anregung des Beklagten zog das SG weitere medizinische Unterlagen bei (Stellungnahme Dr. Ku. vom 13.02.2012).
Auf den weiteren Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. A. vom 17.06.2012 ein. Dr. A. diagnostizierte in seinem Gutachten ein chronisches Hals- und Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom mit Bandscheibenerkrankung C5/6 und C6/7 sowie Folgen eines Morbus Scheuermann der Lendenwirbelsäule mit Befall aller Lendenwirbelkörper und Spondylolyse L5/S1 (Teil-GdB 30), eine Arthrose beider Hüftgelenke mit komplett aufgehobener Innenrotation beider Hüftgelenke (Teil-GdB 30), eine retropatellare Chondromalazie des linken Kniegelenks mit Retropatellararthrose und rezidivierende Reizerscheinungen (Teil-GdB 10 bis 30), eine Belastungsinsuffizienz des rechten Kniegelenks bei Zustand nach endoprothetischer Versorgung 5/2011 mit Beugedefizit (Teil-GdB 30), ein chronisches Impingement-Syndrom beider Schultergelenke bei AC-Gelenksarthrose beidseits mit Einschränkung der Abduktion der Schultergelenke auf 120° (Teil-GdB 10) sowie den Verdacht auf eine Lunatummalazie des linken Handgelenks. Dr. A. schätzte den Gesamt-GdB auf 60 seit Juni 2006 ein.
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger ein erweitertes Vergleichsangebot dahin, den Grad der Behinderung mit 30 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab dem 01.05.2010 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wo. vom 28.06.2012 vor, in der wegen einer Kniegelenktotalendoprothese rechts, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und beider Hüftgelenke der Teil-GdB mit 30 ab Mai 2010 vorgeschlagen wurde (Schriftsatz vom 03.07.2012). Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger wiederum nicht an (Schriftsatz vom 20.07.2012).
Mit Urteil vom 13.11.2012 verurteilte das SG den Beklagten beim Kläger einen GdB von 20 ab dem 07.09.2010 und einen GdB von 30 ab dem 09.05.2011 festzustellen. In den Entscheidungsgründen führte das SG aus, der GdB von 20 ab dem 07.09.2010 (Gutachten Professor Dr. Re. ) und von 30 ab dem 09.05.2011 (Knie-TEP rechts) berücksichtigte die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen ausreichend und angemessen. Vor dem 07.09.2010 sei kein höherer Teil-GdB als 10 festzustellen. Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers rechtfertigten keinen höheren GdB als 10. Für die Funktionsbeeinträchtigungen am linken Handgelenk sei ein Teil-GdB von 10 in Ansatz zu bringen, welcher großzügig erscheine. Anhaltspunkte für weitere sozialmedizinisch relevante Funktionsbeeinträchtigungen seien weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden. Das Gutachten von Professor Dr. Re. sei nicht gemäß § 407a Abs. 2 ZPO fehlerhaft zu Stande gekommen.
Hiergegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 11.12.2012 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung geltend gemacht, am rechten Knie bestehe seit fast zwei Jahren eine Seitenbandinstabilität, weswegen ihm ein Wechsel des nicht richtig liegenden Inlays mit Gleitflächenersatz empfohlen worden sei. Diese erheblichen Beeinträchtigungen hätten in den Gutachten sowie im Urteil keine Berücksichtigung gefunden. Der Kläger verweist hierzu auf den Befundbericht von PD Dr. Schw. vom 20.04.2012. Es sei unverständlich, weshalb das Gericht die Einstufung von Dr. A. nicht akzeptiere. Aufgrund seines relativ jungen Alters könne er eine weitere Operation zur Vermeidung von Folgeschäden im Alter nicht durchführen lassen, was ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei. Er habe erhebliche Beeinträchtigungen durch die gelockerte Kniegelenksprothese, die zu berücksichtigen seien. Hierzu nahm er Bezug auf ein arbeitsmedizinisches Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 07.06.2013 an das SG, das im Rechtsstreit S 6 U 3720/11 erstattet wurde, das der Kläger vorgelegt hat. Professor Dr. Ri. bestätige die von Dr. A. erhobenen Befunde, die vom SG als nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig beurteilt worden seien. Er sei gehindert, seinem Beruf nachzugehen, weshalb davon auszugehen sei, dass er auch im Alltag diese Behinderungen aufweise und durch diese beeinträchtigt werde. Die von Professor Dr. Ri. festgestellten starken Beeinträchtigungen fänden im Urteil des SG keinen Niederschlag. Diesbezüglich sei eine Verschlechterung eingetreten, die sich auch im Gutachten von Professor Dr. Ri. niederschlage. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei bei vorliegenden Veränderungen eingeschränkt und mit großer Schmerzsymptomatik verbunden. Hinsichtlich der Hüftgelenke liege eine schmerzhafte, komplett aufgehobene Innenrotation beidseits vor. Der Kläger hat sich auf die von Dr. A. in seinem Gutachten beschriebenen Diagnosen berufen, weshalb er bestimmte Arbeiten nicht mehr durchführen könne, die der Kläger beschrieben hat.
Professor Dr. Ri. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 beim Kläger eine Gonarthrose bis Grad IV des rechten Kniegelenks, einen Zustand nach Oberschenkelfraktur rechts und Handgelenksfraktur links im Rahmen eines Motorradunfalls 10/1982, einen Zustand nach Prellung des rechten Kniegelenks mit posttraumatischer Chondropathie im Rahmen eines Autounfalls 1986, eine Retropatellararthrose rechts mehr als links, eine beginnende Gonarthrose links, BWS-Kyphose und LWS-Lordose, den Verdacht auf eine Impingement des linken Schultergelenks, differenzialdiagnostisch Verdacht auf Tendinitis der langen Bizepssehne links, einen Zustand nach Hyperurikämie 2010 sowie Nikotinabusus.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2012 abzuändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. August 2006 in der Fassung des Bescheids vom 30. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 60 seit Juni 2006 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Bewertung von Dr. A. könne nicht gefolgt werden. Das SG habe den medizinischen Sachverhalt mit dem angefochtenen Urteil zutreffend gewürdigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers könne keine günstigere Entscheidung rechtfertigen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Bru. vom 12.09.2013 vorgelegt.
Auf ein richterliches Hinweisschreiben vom 28.03.2014 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 03.04.2014 ein Teil-Anerkenntnis dahin abgegeben, einen GdB von 20 bereits ab dem 28.06.2010 festzustellen, das der Kläger nicht angenommen hat.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beim SG und beim Senat angefallenen Gerichtsakten sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist auch teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung des GdB mit 20 bereits ab dem 28.06.2010 zu. Insoweit war das angefochtene Urteil auf das - vom Kläger nicht angenommene - Teil-Anerkenntnis des Beklagten abzuändern. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers jedoch nicht begründet.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Hiervon ausgehend ist die Funktionsbehinderung der Kniegelenke des Klägers nach den vom SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargestellten GdB-Bewertungskriterien der VG und der AHP, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, für die Zeit von Juni 2006 bis zur Begutachtung durch Professor Dr. Re. mit einem Teil-GdB von 10 ausreichend bewertet. In den für die Zeit bis zur Begutachtung durch Professor Dr. Re. zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen ist eine Funktionsbehinderung der Kniegelenke des Klägers, die einen höheren Teil-GdB als 10 rechtfertigt, nicht dokumentiert. So beschreibt Dr. Lae. in seinem Befundbericht vom 27.06.2006 eine beidseits freie Kniegelenksbeweglichkeit (0-0-140°rechts, 0-0-145° links). Im Entlassungsbericht der Kreiskliniken E. vom 07.07.2006 wird weiter ein sicherer Stand und Gang beschrieben. Ebenso im Gutachten von Professor Dr. N.-K. vom 21.08.2008. Das Kreisklinikum E. hat bei einer Untersuchung des Klägers am 08.06.2010 eine reduzierte Beweglichkeit des rechten Kniegelenks (0-10-100°) festgestellt; eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks beschreibt das Klinikum nicht (Bericht vom 10.06.2010). Damit sind beim Kläger bis 27.06.2010 keine Funktionsbehinderungen der Kniegelenke belegt, die nach den GdB-Bewertungsvorgaben der AHP bzw. der VG einen Teil-GdB von 20 rechtfertigen.
Aufgrund der durch Professor Dr. Re. bei der Untersuchung des Klägers am 28.06.2010 festgestellten und in seinem Gutachten vom 07.09.2010 beschriebenen Kniegelenksbefunde ist ein Teil-GdB von 20 gerechtfertigt. Danach bestand ein rechtshinkendes Gangbild im Sinne eines Schmerz- und Schonhinkens. Das Einnehmen der tiefen Hocke und das Wiederaufrichten aus der Hocke waren mit Beschwerden am rechten Kniegelenk verbunden. Bei der Beweglichkeitsprüfung des rechten Kniegelenks fiel ein deutliches Reiben auf. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks (Streckung/Beugung) war weiterhin eingeschränkt (0-10-100°), bei freier Kniegelenksbeweglichkeit links. Professor Dr. Re. bewertete in seinem Gutachten in der Zusammenschau der Befunde am rechten Kniegelenk mit ausgeprägten Knorpelschäden, anhaltenden Reizerscheinungen sowie einer Bewegungseinschränkung den GdB mit 20. Dieser Bewertung hat sich der Beklagte unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 15.02.2011 - auch in Auswertung des Berichtes der Kreiskliniken E. vom 10.06.2010 - angeschlossen (Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes Teil-GdB 20 ab 5/2010). Anlass, von dieser Teil-GdB-Bewertung für die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes des Klägers abzuweichen, hat der Senat nicht. Eine relevante Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks des Klägers ist weiterhin nicht belegt. Der Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ist - entgegen dem Urteil des SG - ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Professor Dr. Re. am 28.06.2010 nachgewiesen; davor (5/2010) findet sich ein solcher Nachweis jedoch nicht. Insoweit war das Urteil des SG abzuändern.
Aufgrund der am 09.05.2011 durchgeführten endoprothetischen Versorgung des rechten Kniegelenkes des Klägers erhöht sich ab dem 09.05.2011 der Teil-GdB auf 30. Nach der am 23.12.2010 in Kraft getretenen Dritten Verordnung zur Änderung der VG vom 17.12.2010 (BGBl I, 2124) beträgt bei einer einseitigen Kniegelenksendoprothese der GdB mindestens 20. Nach dem Gutachten von Dr. A. vom 17.06.2012 besteht eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks fort (0-5-100°). Unter Berücksichtigung bestehender Komplikationen, die nach dem Befundbericht von PD Dr. Schw. vom 20.04.2012 bei bestehender Seitenbandinstabilität einen Inlaywechsel und einen retropatellaren Gleitflächenersatz empfehlenswert erscheinen lassen, sowie der nicht wesentlich verbesserten Beweglichkeit des rechten Kniegelenks ist die Anhebung des Mindest-Teil-GdB von 20 auf 30 gerechtfertigt, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, worauf der Senat Bezug nimmt. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. A. in seinem Gutachten, der - unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Belastungsinsuffizienz - für das rechte Knie den Teil-GdB mit 30 bewertet. Dieser Bewertung hat sich auch der Beklagte unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Wo. vom 28.06.2012 (Kniegelenktotalendoprothese rechts, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke Teil-GdB 30 ab 5/2010) angeschlossen. Der Senat sieht auch insoweit keinen Anlass, von dieser Teil-GdB-Bewertung ab dem 09.05.2011 abzuweichen. Dagegen ist ein Teil-GdB von 30 bereits ab 5/2010 - wie bereits oben ausgeführt - nicht belegt. Eine Lockerung der Endoprothese des rechten Kniegelenks, wie der Kläger geltend macht, ist nicht dokumentiert. Vielmehr beschreibt Dr. A. in seinem Gutachten eine reizlose Endoprothesenlage. Auch eine Röntgendiagnostik durch PD Dr. Schw. hat nach seinem Bericht vom 20.04.2012 - bei regelrechtem Implantatsitz ohne Infektionszeichen - Lockerungszeichen nicht erbracht. Allein der Umstand, dass dem Kläger ein Inlaywechsel nebst retropatellaren Gleitflächenersatz empfohlen wurde, rechtfertigt nicht die weitere Anhebung des Teil-GdB, sondern ist - wie oben ausgeführt - bereits im Teil-GdB von 30 berücksichtigt, worauf auch Dr. Bru. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.09.2013 zutreffend hinweist. Eine zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes ist weiterhin nicht gegeben. Nach dem Gutachten von Dr. A. besteht eine freie Beweglichkeit des linken Kniegelenkes (0-0-130°). Zwar bestehen Schmerzen (auch) hinsichtlich des linken Kniegelenks sowie eine leichte Ergussbildung, wie sich aus dem Gutachten von Dr. A. ergibt. Eine relevante Seitenbandinstabilität beschreibt Dr. A. jedoch nicht. Eine spurweise Nachgiebigkeit der inneren Seitenbänder ist durch Muskelspannung ausgleichbar und nicht pathologisch. Der radiologische Befund des linken Kniegelenks vom 13.06.2012 zeigt einen altersentsprechenden Kalksalzgehalt, eine altersentsprechende Höhenminderung am inneren Gelenkspalt zwischen Femur und Tibia mit lediglich beginnender, degenerativer Randausziehung und mit Hinweis auf eine beginnende Retropatellararthrose. Nach den vom SG im angefochtenen Urteil dargestellten GdB-Bewertungskriterien der VG wird damit hinsichtlich des linken Kniegelenks des Klägers ein Teil-GdB von 10 nicht erreicht. Soweit Dr. A. in seinem Gutachten hinsichtlich des linken Kniegelenks des Klägers von einem Teil-GdB-Rahmen von 10 bis 30 ausgeht, ist seine Ansicht nach den in seinem Gutachten beschriebenen Befunden nicht nachvollziehbar. Zudem hat Dr. A. eine Anhebung des nach seiner Ansicht gegebenen GdB-Rahmens auf über 10 nicht empfohlen.
Insgesamt kann damit ab dem 09.05.2011 hinsichtlich der Kniegelenke des Klägers von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen werden. Eine relevante Verschlimmerung, die eine weitere Erhöhung dieses Teil-GdB rechtfertigt, ist in der Folgezeit nicht eingetreten. Vielmehr beschreibt Professor Dr. Ri. in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 im Vergleich zu den von Dr. A. in seinem Gutachten beschriebenen Befunden vergleichbare Befunde hinsichtlich der Kniegelenke des Klägers, wovon auch der Kläger ausgeht. Auf die von Professor Dr. Ri. in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 vorgenommen Erwägungen zur Frage einer beruflichen Verursachung der beim Kläger vorliegenden Gonarthrose kommt es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Denn die Bemessung des GdB ist auf Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache final bezogen (vgl. VG Teil A 2a) und AHP Nr. 18 Abs. 1).
Wirbelsäulenschäden mit Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule, die im streitigen Zeitraum ab Juni 2006 einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen, liegen beim Kläger nicht vor. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter zutreffender Darstellung der hierfür maßgeblichen GdB-Bewertungskriterien der AHP und VG ausführlich und zutreffend begründet. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch dem Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 07.06.2013 lassen sich keine mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entnehmen, die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten wären. Vielmehr ist nach den Beschreibungen von Professor Dr. Ri. Rotation und Streckung der Wirbelsäule schmerzfrei möglich. Lediglich beim Vorneigeversuch besteht eine verminderte Beweglichkeit mit Schmerzangabe im unteren BWS-Bereich bei einem Finger-Boden-Abstand von 35 cm jedoch ohne motorische Störungen
Der abweichenden Bewertung von Dr. A. in seinem Gutachten vom 07.06.2012, der hinsichtlich der Wirbelsäulenschäden von einem Teil-GdB von 30 ausgeht, kann nicht gefolgt werden. Dr. A. stützt seine Bewertung maßgeblich auf radiologische Veränderungen, die allein noch nicht die Annahme eines GdB rechtfertigen. Vielmehr ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität, der Häufigkeit und Dauer von Wirbelsäulensyndromen sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte (vgl. AHP 26.18 S. 115 und VG Teil B 18.9). In seinem Gutachten beschreibt Dr. A. nur leichtgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden sowohl hinsichtlich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Danach besteht beim Kläger eine endgradige Bewegungseinschränkung der Seitneigung der Halswirbelsäule (40-0-40° bei sonst freier Beweglichkeit) sowie eine Einschränkung der Seitneigung und Drehung der Brust- und Lendenwirbelsäule um 1/3 bei regelrechter Entfaltbarkeit, die keinen höheren Teil-GdB als 10 rechtfertigen. Zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule beschreibt Dr. A. in seinem Gutachten nicht. Die neurologische Untersuchung erbrachte einen altersentsprechenden Befund. Die Bewertung von Dr. A. steht damit nicht im Einklang mit dem Bewertungsvorgaben der AHP und VG, weshalb ihr nicht gefolgt werden kann.
Die vom Beklagten weiter berücksichtigten, anerkannten Folgen des Arbeitsunfalles vom 28.06.2005 hinsichtlich des linken Handgelenkes sind im streitigen Zeitraum seit Juni 2006 mit einem Teil-GdB von 10 angemessen und ausreichend in Ansatz gebracht worden, wie das SG im angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend begründet hat. Der Senat nimmt auch insoweit nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch dem Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 17.06.2013 lassen sich keine relevante Funktionsbehinderungen des linken Handgelenkes entnehmen. Nach der Beschreibung von Professor Dr. Ri. liegen hinsichtlich der Hände des Klägers keine Muskelatrophien, eine seitengleiche grobe Kraft beim kreuzweisen Händedruck, keine Indurationen der Handinnenflächen, kein Druckschmerz in der Tabatiere, reizlose Narben über den Daumengrundgelenk links sowie eine unauffällige Fingerbeweglichkeit vor. Diese Befundbeschreibung spricht dafür, dass insoweit beim Kläger (seit Juni 2006) von einer Besserung auszugehen ist. Auch Dr. A. hat in seinem Gutachten vom 17.06.2012 eine GdB-relevante Funktionsbehinderungen des linken Handgelenks des Klägers nicht beschrieben.
Eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke des Klägers beidseits bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10. Eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke hat erstmals Dr. A. in seinem Gutachten vom 17.06.2012 genannt. Im Gutachten von Professor Dr. N.-K. vom 21.08.2008 wird eine beidseits uneingeschränkte Funktion der Schultergelenke des Klägers mit freier Beweglichkeit beschrieben. Auch im Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik am K. Bad K. vom 16.09.2010 werden die Schultergelenke als funktionell unauffällig und reizfrei beschrieben. Professor Dr. A. beschreibt in seinem Gutachten vom 17.06.2012 eine eingeschränkte Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits (Arm seitwärts/körperwärts 120-0-30° beidseits; Arm rückwärts/vorwärts 40-0-120° beidseits), bei nach äußerlicher Betrachtung sonst unauffälligen Schultergelenken mit lokaler Druckschmerzhaftigkeit und positivem Impingementzeichen beidseits. Eine Instabilität der Schultergelenke beschreibt Dr. A. nicht. Nach den von Dr. A. beschriebenen Befunden liegt beim Kläger keine Funktionsbehinderung der Schultergelenke vor, die einen (vollen) Teil-GdB von 20 rechtfertigt. Nach dem VG Teil B 18.13 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) erst bei einer möglichen Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 20. Eine solche Bewegungseinschränkung ist beim Kläger hinsichtlich beider Schultergelenke nicht gegeben. Professor Dr. Ri. beschreibt in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 sogar einen normalen Bewegungsumfang des rechten Schultergelenks und hinsichtlich des linken Schultergelenks einen schmerzhaften Bogen bei 100° bis zur 180° möglichen Streckung. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. A. in seinem Gutachten, der hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Schultergelenke einen Teil-GdB von 10 empfiehlt. Dieser Bewertung hat sich der Beklagte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Wo. vom 28.06.2012 angeschlossen, der auch der Senat folgt.
Eine Funktionsbehinderung der Hüftgelenke, die einen Teil-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt, liegt beim Kläger nicht vor. Allein die von Dr. A. in seinem Gutachten beschriebene beidseits aufgehobene Innenrotation der Hüftgelenke des Klägers rechtfertigt noch keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Nach den VG Teil B 18.14 ist erst bei einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig ein GdB von 10 bis 20 und beidseitig von 20 bis 30 gerechtfertigt. Eine solche Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke beschreibt jedoch Dr. A. in seinem Gutachten nicht (Streckung/Beugung 0-0-110° beidseits). Auch im Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 07.06.2013 wird die Beugung und Streckung der Hüftgelenke (im Liegen) beidseits als schmerzfrei möglich beschrieben, bei rechts mehr als links schmerzhaft eingeschränkter Innenrotation. Die von Dr. A. (allein) wegen einer aufgehobenen Innenrotation der Hüftgelenke vorgenommene Bewertung des Teil-GdB mit 30 entspricht nicht den dargestellten Bewertungsvorgaben der VG und kommt auch nicht dem Schweregrad der mit GdB 30 bewerteten Streck- und Beugehemmung der Hüfte gleich, weshalb seiner Bewertung nicht gefolgt werden kann.
Nach den VG (Teil B 18.1) und AHP (Nr. 26.18) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Entsprechendes gilt für vom Kläger geltend gemachte Einschränkungen im Arbeitsleben.
Bestehende Schmerzen sind nicht zusätzlich Teil-GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Die in der GdB-TA. le angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (vgl. VG Teil A 2j und AHP Nr. 18 Abs. 8). Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit, die beim Kläger eine ärztliche Behandlung erfordert, lässt sich den vorliegenden Gutachten und den zu den Akten gelangten sonstigen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen.
Dem Gutachten von Professor Dr. Re. begegnet auch für den Senat kein Zweifel an der Verwertbarkeit, wie das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Nummer 4.) zutreffend ausgeführt hat. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung ebenfalls an (§ 153 Abs. 2 SGG). Die vom Kläger in der Sache gegen das Gutachten des Professor Dr. Re. erhobenen Einwendungen, hat Professor Dr. Re. in seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten vom 10.01.2012 überzeugend ausgeräumt. Diesen Einwendungen ist der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht weiter nachgegangen. Unabhängig davon ist aufgrund der sonst zu den Akten gelangten Gutachten und der medizinischen Befundunterlagen - mit Ausnahme der von Professor Dr. Re. zu Gunsten des Klägers mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ab dem 28.06.2010 - der entscheidungserhebliche Sachverhalt ungeachtet des Gutachtens von Professor Dr. Re. zur Überzeugung des Senats geklärt.
Danach ist der Gesamt-GdB mit 20 seit dem 28.06.2010 und mit 30 seit dem 09.05.2011 festzustellen. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist beim Kläger eine Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ab dem Tag der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Professor Dr. Re. am 28.06.2010 mit einem Teil-GdB von 20 bei der Feststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen. Dieser Teil-GdB erhöht sich durch die Implantation einer Kniegelenktotalendoprothese ab dem 09.05.2011 auf 30. Die weiteren beim Kläger mit einem Teil-GdB von maximal 10 zu bewertenden Gesundheitsstörungen führen zu keiner Erhöhung des Gesamt-GdB. Der davon abweichenden Bewertung des Gesamt-GdB durch Dr. A. in seinem Gutachten vom 17.06.2012 (Gesamt-GdB 60 ab Juni 2006) kann nicht gefolgt werden. Dr. A. bezieht in seine Bewertung hinsichtlich der Wirbelsäule und der Hüftgelenke des Klägers Teil-GdB-Werte von jeweils 30 ein, die - wie oben ausgeführt - nicht vorliegen. Entsprechendes gilt, soweit Dr. A. hinsichtlich des linken Kniegelenkes des Klägers einen Teil-GdB von 10 bis 30 empfohlen hat.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die im Verlauf des Rechtsstreites zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Dabei ist - entgegen der Ansicht des SG - nach der Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigen (Urteil vom 23.11.2013 - L 8 SB 1384/12 -), dass der Beklagte zwar nach der Vorlage des Gutachtens von Professor Dr. Re. vom 07.09.2010 und dem vom Kläger vorgelegten Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik Am K. Bad K. vom 16.09.2010 das Vergleichsangebot vom 16.02.2011 sowie nach Vorlage des Gutachtens von Dr. A. vom 17.06.2012 das erweiterte Vergleichsangebot vom 03.07.2012 unterbreitet, ein (Teil-)Anerkenntnis aber nicht unverzüglich jedenfalls nach Ablehnung der Vergleichsangebote durch den Kläger abgegeben hat, weshalb es gerechtfertigt ist, dem Beklagten die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Klägers für die erste Instanz teilweise aufzuerlegen. Das geringfügige Obsiegen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine Kostenerstattung.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner außergerichtlichen Kosten erster Instanz zu erstatten. Im Übrigen sind keine außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1965 geborene Kläger stellte beim Landratsamt E. (LRA) am 06.06.2006 einen Erstantrag auf Feststellung des GdB. Das LRA zog medizinische Befundunterlagen (insbesondere das handchirurgische Gutachten von Dr. Lu. vom 14.03.2006 an die Berufsgenossenschaft Metall Süd) sowie den Bescheid der Berufsgenossenschaft Metall Süd vom 11.05.2006 über einen Arbeitsunfall des Klägers am 28.06.2005, in dem als Unfallfolge ein Riss des scapholunären Bandes mit belastungsabhängigen Schmerzen nach Quetschverletzung des Handgelenks mit Einbruch der Speichengelenkfläche anerkannt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) allenfalls mit 10 v.H. bewertet wurde, bei. Entsprechend der gutachtlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. La. vom 24.08.2006, in der der Gesamt-GdB mit 10 vorgeschlagen wurde, entsprach das LRA mit Bescheid vom 30.08.2006 dem Antrag des Klägers nicht.
Hiergegen legte der Kläger unter Vorlage von Unterlagen am 02.10.2006 Widerspruch ein. Das LRA zog weitere medizinische Unterlagen bei (Berichte Kreiskliniken E. vom 07.07.2006 und Dr. Lae. vom 26.06.2006) und holte hierzu die gutachtliche versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. S. vom 25.10.2006 ein, in der wegen der anerkannten Unfallfolgen, einer Wachstumsstörung (Scheuermann´sche Krankheit) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowie einer Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks (Teil-GdB jeweils 10) der Gesamt-GdB weiterhin mit 10 vorgeschlagen wurde. Mit Bescheid vom 30.10.2006 berichtigte das LRA zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2006 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass beim Kläger keine Gesundheitsstörungen vorlägen, die einen GdB von wenigstens 20 bedingten.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.12.2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage (S 6 SB 9369/06). Er machte zur Begründung Behinderungen der Wirbelsäule (Morbus Scheuermann) sowie aufgrund eines Trümmerbruches des rechten Kniegelenkes und des distalen Oberschenkels und des Handgelenks links gelten, die eine Einstufung der Schwerbehinderteneigenschaft von mindestens 30 % ergäben. Der Kläger legte medizinische Befundunterlagen vor (insbesondere handchirurgische Stellungnahme von Dr. Lu. vom 21.04.2008, Operationsbericht Kreisklinikum E. vom 08.04.2008 über eine Knorpelglättung, partielle Synoviaresektion und IM-Teilresektionen sowie Bericht des Kreisklinikums E. vom 10.06.2010).
Im Hinblick auf ein anhängiges Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft (S 9 U 308/07) ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 09.08.2007 das Ruhen des Verfahrens an.
Am 01.12.2008 rief der Kläger das ruhende Verfahren wieder an, das vom SG unter dem Aktenzeichen S 6 SB 8007/08 fortgeführt wurde. Der Kläger legte das im Rechtsstreit S 9 U 308/07 dem SG erstattete unfallchirurgische Gutachten von Professor Dr. N.-K. vom 21.08.2008, in dem die verbliebenen Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.06.2005 mit einer MdE von 10 v.H. bewertet wurden, sowie den Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik am K. Bad K. vom 16.09.2010 vor. Das SG nahm außerdem aus den Akten des Verfahrens S 9 U 308/07 das handchirurgische Gutachten des Professor Dr. Gr. vom 01.10.2007 zur Gerichtsakte, in dem die Folgen des Unfalls vom 28.07.2005 mit einer MdE von unter 10 v.H. bewertet wurden.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG das handchirurgische Gutachten des Professor Dr. Ha. vom 23.10.2009 mit Nachtrag vom 01.02.2010 ein. Professor Dr. Ha. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe eine beginnende Arthrose im linken Handgelenk, eine Instabilität zwischen Kahnbein und Mondbein (skapholunäre Dissoziation), eine Behinderung der Grobkraft links um 50 %, eine verminderte Kraft im Schlüsselgriff links von ca. 30 % sowie eine Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit. Er schätzte den GdB auf 10 ein. Außerdem beauftragte das SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG Professor Dr. Re. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens. Professor Dr. Re. gelangte in seinem Gutachten vom 07.09.2010 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 28.06.2010 zu dem Ergebnis, höhergradige, objektivierbare Bewegungs- sowie Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule ergäben sich nicht. Für die Gesundheitsstörung in Bezug auf den Morbus Scheuermann sei die MdE mit 0 % zu bemessen. Für am rechten Kniegelenk bestehende ausgeprägte Knorpelschäden, anhaltende Reizerscheinungen sowie Bewegungseinschränkungen sei eine MdE von 20 % anzunehmen.
Der Kläger hat gegen das Gutachten des Professor Dr. Re. Einwendungen erhoben. Das Gutachten verstoße gegen § 407a Abs. 2 ZPO und sei damit nicht verwertbar. Auch die sachliche Richtigkeit werde bestritten. Der Kläger hat eine eidesstattliche Versicherung von Frau H. B. vorgelegt (Schriftsatz vom 05.11.2010).
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 20 ab Mai 2010 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 15.02.2011 vor (Schriftsatz vom 16.02.2011), das der Kläger nicht annahm (Schriftsatz vom 01.03.2011). Der Kläger legte weitere medizinische Befundunterlagen vor (insbesondere Ärztlicher Entlassungsbericht der m&i Fachkliniken H. vom 28.06.2011, wonach der Kläger am 09.05.2011 mit einer Kniegelenktotalendoprothese rechts versorgt wurde; Bericht PD Dr. Schw. , Chirurgische Gemeinschaftspraxis Dr. Rö. und Koll., vom 20.04.2012 zur Notwendigkeit eines Inlaywechsels an dem Kniegelenksimplantat rechts).
Das SG holte von Professor Dr. Re. die ergänzende Stellungnahme vom 10.01.2012 ein, in der er zu den Einwendungen des Klägers im Einzelnen Stellung nahm und an seinen Bewertungen im Gutachten festhielt. Der Kläger hat sich hierzu geäußert und an seinen Einwendungen festgehalten (Schriftsatz vom 02.03.2012).
Auf Anregung des Beklagten zog das SG weitere medizinische Unterlagen bei (Stellungnahme Dr. Ku. vom 13.02.2012).
Auf den weiteren Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. A. vom 17.06.2012 ein. Dr. A. diagnostizierte in seinem Gutachten ein chronisches Hals- und Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom mit Bandscheibenerkrankung C5/6 und C6/7 sowie Folgen eines Morbus Scheuermann der Lendenwirbelsäule mit Befall aller Lendenwirbelkörper und Spondylolyse L5/S1 (Teil-GdB 30), eine Arthrose beider Hüftgelenke mit komplett aufgehobener Innenrotation beider Hüftgelenke (Teil-GdB 30), eine retropatellare Chondromalazie des linken Kniegelenks mit Retropatellararthrose und rezidivierende Reizerscheinungen (Teil-GdB 10 bis 30), eine Belastungsinsuffizienz des rechten Kniegelenks bei Zustand nach endoprothetischer Versorgung 5/2011 mit Beugedefizit (Teil-GdB 30), ein chronisches Impingement-Syndrom beider Schultergelenke bei AC-Gelenksarthrose beidseits mit Einschränkung der Abduktion der Schultergelenke auf 120° (Teil-GdB 10) sowie den Verdacht auf eine Lunatummalazie des linken Handgelenks. Dr. A. schätzte den Gesamt-GdB auf 60 seit Juni 2006 ein.
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger ein erweitertes Vergleichsangebot dahin, den Grad der Behinderung mit 30 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab dem 01.05.2010 festzustellen und legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wo. vom 28.06.2012 vor, in der wegen einer Kniegelenktotalendoprothese rechts, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und beider Hüftgelenke der Teil-GdB mit 30 ab Mai 2010 vorgeschlagen wurde (Schriftsatz vom 03.07.2012). Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger wiederum nicht an (Schriftsatz vom 20.07.2012).
Mit Urteil vom 13.11.2012 verurteilte das SG den Beklagten beim Kläger einen GdB von 20 ab dem 07.09.2010 und einen GdB von 30 ab dem 09.05.2011 festzustellen. In den Entscheidungsgründen führte das SG aus, der GdB von 20 ab dem 07.09.2010 (Gutachten Professor Dr. Re. ) und von 30 ab dem 09.05.2011 (Knie-TEP rechts) berücksichtigte die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen ausreichend und angemessen. Vor dem 07.09.2010 sei kein höherer Teil-GdB als 10 festzustellen. Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers rechtfertigten keinen höheren GdB als 10. Für die Funktionsbeeinträchtigungen am linken Handgelenk sei ein Teil-GdB von 10 in Ansatz zu bringen, welcher großzügig erscheine. Anhaltspunkte für weitere sozialmedizinisch relevante Funktionsbeeinträchtigungen seien weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden. Das Gutachten von Professor Dr. Re. sei nicht gemäß § 407a Abs. 2 ZPO fehlerhaft zu Stande gekommen.
Hiergegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 11.12.2012 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung geltend gemacht, am rechten Knie bestehe seit fast zwei Jahren eine Seitenbandinstabilität, weswegen ihm ein Wechsel des nicht richtig liegenden Inlays mit Gleitflächenersatz empfohlen worden sei. Diese erheblichen Beeinträchtigungen hätten in den Gutachten sowie im Urteil keine Berücksichtigung gefunden. Der Kläger verweist hierzu auf den Befundbericht von PD Dr. Schw. vom 20.04.2012. Es sei unverständlich, weshalb das Gericht die Einstufung von Dr. A. nicht akzeptiere. Aufgrund seines relativ jungen Alters könne er eine weitere Operation zur Vermeidung von Folgeschäden im Alter nicht durchführen lassen, was ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei. Er habe erhebliche Beeinträchtigungen durch die gelockerte Kniegelenksprothese, die zu berücksichtigen seien. Hierzu nahm er Bezug auf ein arbeitsmedizinisches Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 07.06.2013 an das SG, das im Rechtsstreit S 6 U 3720/11 erstattet wurde, das der Kläger vorgelegt hat. Professor Dr. Ri. bestätige die von Dr. A. erhobenen Befunde, die vom SG als nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig beurteilt worden seien. Er sei gehindert, seinem Beruf nachzugehen, weshalb davon auszugehen sei, dass er auch im Alltag diese Behinderungen aufweise und durch diese beeinträchtigt werde. Die von Professor Dr. Ri. festgestellten starken Beeinträchtigungen fänden im Urteil des SG keinen Niederschlag. Diesbezüglich sei eine Verschlechterung eingetreten, die sich auch im Gutachten von Professor Dr. Ri. niederschlage. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei bei vorliegenden Veränderungen eingeschränkt und mit großer Schmerzsymptomatik verbunden. Hinsichtlich der Hüftgelenke liege eine schmerzhafte, komplett aufgehobene Innenrotation beidseits vor. Der Kläger hat sich auf die von Dr. A. in seinem Gutachten beschriebenen Diagnosen berufen, weshalb er bestimmte Arbeiten nicht mehr durchführen könne, die der Kläger beschrieben hat.
Professor Dr. Ri. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 beim Kläger eine Gonarthrose bis Grad IV des rechten Kniegelenks, einen Zustand nach Oberschenkelfraktur rechts und Handgelenksfraktur links im Rahmen eines Motorradunfalls 10/1982, einen Zustand nach Prellung des rechten Kniegelenks mit posttraumatischer Chondropathie im Rahmen eines Autounfalls 1986, eine Retropatellararthrose rechts mehr als links, eine beginnende Gonarthrose links, BWS-Kyphose und LWS-Lordose, den Verdacht auf eine Impingement des linken Schultergelenks, differenzialdiagnostisch Verdacht auf Tendinitis der langen Bizepssehne links, einen Zustand nach Hyperurikämie 2010 sowie Nikotinabusus.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2012 abzuändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. August 2006 in der Fassung des Bescheids vom 30. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 60 seit Juni 2006 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Bewertung von Dr. A. könne nicht gefolgt werden. Das SG habe den medizinischen Sachverhalt mit dem angefochtenen Urteil zutreffend gewürdigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers könne keine günstigere Entscheidung rechtfertigen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Bru. vom 12.09.2013 vorgelegt.
Auf ein richterliches Hinweisschreiben vom 28.03.2014 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 03.04.2014 ein Teil-Anerkenntnis dahin abgegeben, einen GdB von 20 bereits ab dem 28.06.2010 festzustellen, das der Kläger nicht angenommen hat.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beim SG und beim Senat angefallenen Gerichtsakten sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist auch teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung des GdB mit 20 bereits ab dem 28.06.2010 zu. Insoweit war das angefochtene Urteil auf das - vom Kläger nicht angenommene - Teil-Anerkenntnis des Beklagten abzuändern. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers jedoch nicht begründet.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Hiervon ausgehend ist die Funktionsbehinderung der Kniegelenke des Klägers nach den vom SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargestellten GdB-Bewertungskriterien der VG und der AHP, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, für die Zeit von Juni 2006 bis zur Begutachtung durch Professor Dr. Re. mit einem Teil-GdB von 10 ausreichend bewertet. In den für die Zeit bis zur Begutachtung durch Professor Dr. Re. zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen ist eine Funktionsbehinderung der Kniegelenke des Klägers, die einen höheren Teil-GdB als 10 rechtfertigt, nicht dokumentiert. So beschreibt Dr. Lae. in seinem Befundbericht vom 27.06.2006 eine beidseits freie Kniegelenksbeweglichkeit (0-0-140°rechts, 0-0-145° links). Im Entlassungsbericht der Kreiskliniken E. vom 07.07.2006 wird weiter ein sicherer Stand und Gang beschrieben. Ebenso im Gutachten von Professor Dr. N.-K. vom 21.08.2008. Das Kreisklinikum E. hat bei einer Untersuchung des Klägers am 08.06.2010 eine reduzierte Beweglichkeit des rechten Kniegelenks (0-10-100°) festgestellt; eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks beschreibt das Klinikum nicht (Bericht vom 10.06.2010). Damit sind beim Kläger bis 27.06.2010 keine Funktionsbehinderungen der Kniegelenke belegt, die nach den GdB-Bewertungsvorgaben der AHP bzw. der VG einen Teil-GdB von 20 rechtfertigen.
Aufgrund der durch Professor Dr. Re. bei der Untersuchung des Klägers am 28.06.2010 festgestellten und in seinem Gutachten vom 07.09.2010 beschriebenen Kniegelenksbefunde ist ein Teil-GdB von 20 gerechtfertigt. Danach bestand ein rechtshinkendes Gangbild im Sinne eines Schmerz- und Schonhinkens. Das Einnehmen der tiefen Hocke und das Wiederaufrichten aus der Hocke waren mit Beschwerden am rechten Kniegelenk verbunden. Bei der Beweglichkeitsprüfung des rechten Kniegelenks fiel ein deutliches Reiben auf. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks (Streckung/Beugung) war weiterhin eingeschränkt (0-10-100°), bei freier Kniegelenksbeweglichkeit links. Professor Dr. Re. bewertete in seinem Gutachten in der Zusammenschau der Befunde am rechten Kniegelenk mit ausgeprägten Knorpelschäden, anhaltenden Reizerscheinungen sowie einer Bewegungseinschränkung den GdB mit 20. Dieser Bewertung hat sich der Beklagte unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 15.02.2011 - auch in Auswertung des Berichtes der Kreiskliniken E. vom 10.06.2010 - angeschlossen (Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes Teil-GdB 20 ab 5/2010). Anlass, von dieser Teil-GdB-Bewertung für die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes des Klägers abzuweichen, hat der Senat nicht. Eine relevante Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks des Klägers ist weiterhin nicht belegt. Der Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ist - entgegen dem Urteil des SG - ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Professor Dr. Re. am 28.06.2010 nachgewiesen; davor (5/2010) findet sich ein solcher Nachweis jedoch nicht. Insoweit war das Urteil des SG abzuändern.
Aufgrund der am 09.05.2011 durchgeführten endoprothetischen Versorgung des rechten Kniegelenkes des Klägers erhöht sich ab dem 09.05.2011 der Teil-GdB auf 30. Nach der am 23.12.2010 in Kraft getretenen Dritten Verordnung zur Änderung der VG vom 17.12.2010 (BGBl I, 2124) beträgt bei einer einseitigen Kniegelenksendoprothese der GdB mindestens 20. Nach dem Gutachten von Dr. A. vom 17.06.2012 besteht eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks fort (0-5-100°). Unter Berücksichtigung bestehender Komplikationen, die nach dem Befundbericht von PD Dr. Schw. vom 20.04.2012 bei bestehender Seitenbandinstabilität einen Inlaywechsel und einen retropatellaren Gleitflächenersatz empfehlenswert erscheinen lassen, sowie der nicht wesentlich verbesserten Beweglichkeit des rechten Kniegelenks ist die Anhebung des Mindest-Teil-GdB von 20 auf 30 gerechtfertigt, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, worauf der Senat Bezug nimmt. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. A. in seinem Gutachten, der - unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Belastungsinsuffizienz - für das rechte Knie den Teil-GdB mit 30 bewertet. Dieser Bewertung hat sich auch der Beklagte unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Wo. vom 28.06.2012 (Kniegelenktotalendoprothese rechts, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke Teil-GdB 30 ab 5/2010) angeschlossen. Der Senat sieht auch insoweit keinen Anlass, von dieser Teil-GdB-Bewertung ab dem 09.05.2011 abzuweichen. Dagegen ist ein Teil-GdB von 30 bereits ab 5/2010 - wie bereits oben ausgeführt - nicht belegt. Eine Lockerung der Endoprothese des rechten Kniegelenks, wie der Kläger geltend macht, ist nicht dokumentiert. Vielmehr beschreibt Dr. A. in seinem Gutachten eine reizlose Endoprothesenlage. Auch eine Röntgendiagnostik durch PD Dr. Schw. hat nach seinem Bericht vom 20.04.2012 - bei regelrechtem Implantatsitz ohne Infektionszeichen - Lockerungszeichen nicht erbracht. Allein der Umstand, dass dem Kläger ein Inlaywechsel nebst retropatellaren Gleitflächenersatz empfohlen wurde, rechtfertigt nicht die weitere Anhebung des Teil-GdB, sondern ist - wie oben ausgeführt - bereits im Teil-GdB von 30 berücksichtigt, worauf auch Dr. Bru. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.09.2013 zutreffend hinweist. Eine zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes ist weiterhin nicht gegeben. Nach dem Gutachten von Dr. A. besteht eine freie Beweglichkeit des linken Kniegelenkes (0-0-130°). Zwar bestehen Schmerzen (auch) hinsichtlich des linken Kniegelenks sowie eine leichte Ergussbildung, wie sich aus dem Gutachten von Dr. A. ergibt. Eine relevante Seitenbandinstabilität beschreibt Dr. A. jedoch nicht. Eine spurweise Nachgiebigkeit der inneren Seitenbänder ist durch Muskelspannung ausgleichbar und nicht pathologisch. Der radiologische Befund des linken Kniegelenks vom 13.06.2012 zeigt einen altersentsprechenden Kalksalzgehalt, eine altersentsprechende Höhenminderung am inneren Gelenkspalt zwischen Femur und Tibia mit lediglich beginnender, degenerativer Randausziehung und mit Hinweis auf eine beginnende Retropatellararthrose. Nach den vom SG im angefochtenen Urteil dargestellten GdB-Bewertungskriterien der VG wird damit hinsichtlich des linken Kniegelenks des Klägers ein Teil-GdB von 10 nicht erreicht. Soweit Dr. A. in seinem Gutachten hinsichtlich des linken Kniegelenks des Klägers von einem Teil-GdB-Rahmen von 10 bis 30 ausgeht, ist seine Ansicht nach den in seinem Gutachten beschriebenen Befunden nicht nachvollziehbar. Zudem hat Dr. A. eine Anhebung des nach seiner Ansicht gegebenen GdB-Rahmens auf über 10 nicht empfohlen.
Insgesamt kann damit ab dem 09.05.2011 hinsichtlich der Kniegelenke des Klägers von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen werden. Eine relevante Verschlimmerung, die eine weitere Erhöhung dieses Teil-GdB rechtfertigt, ist in der Folgezeit nicht eingetreten. Vielmehr beschreibt Professor Dr. Ri. in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 im Vergleich zu den von Dr. A. in seinem Gutachten beschriebenen Befunden vergleichbare Befunde hinsichtlich der Kniegelenke des Klägers, wovon auch der Kläger ausgeht. Auf die von Professor Dr. Ri. in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 vorgenommen Erwägungen zur Frage einer beruflichen Verursachung der beim Kläger vorliegenden Gonarthrose kommt es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Denn die Bemessung des GdB ist auf Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache final bezogen (vgl. VG Teil A 2a) und AHP Nr. 18 Abs. 1).
Wirbelsäulenschäden mit Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule, die im streitigen Zeitraum ab Juni 2006 einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen, liegen beim Kläger nicht vor. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter zutreffender Darstellung der hierfür maßgeblichen GdB-Bewertungskriterien der AHP und VG ausführlich und zutreffend begründet. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch dem Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 07.06.2013 lassen sich keine mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entnehmen, die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten wären. Vielmehr ist nach den Beschreibungen von Professor Dr. Ri. Rotation und Streckung der Wirbelsäule schmerzfrei möglich. Lediglich beim Vorneigeversuch besteht eine verminderte Beweglichkeit mit Schmerzangabe im unteren BWS-Bereich bei einem Finger-Boden-Abstand von 35 cm jedoch ohne motorische Störungen
Der abweichenden Bewertung von Dr. A. in seinem Gutachten vom 07.06.2012, der hinsichtlich der Wirbelsäulenschäden von einem Teil-GdB von 30 ausgeht, kann nicht gefolgt werden. Dr. A. stützt seine Bewertung maßgeblich auf radiologische Veränderungen, die allein noch nicht die Annahme eines GdB rechtfertigen. Vielmehr ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität, der Häufigkeit und Dauer von Wirbelsäulensyndromen sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte (vgl. AHP 26.18 S. 115 und VG Teil B 18.9). In seinem Gutachten beschreibt Dr. A. nur leichtgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden sowohl hinsichtlich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Danach besteht beim Kläger eine endgradige Bewegungseinschränkung der Seitneigung der Halswirbelsäule (40-0-40° bei sonst freier Beweglichkeit) sowie eine Einschränkung der Seitneigung und Drehung der Brust- und Lendenwirbelsäule um 1/3 bei regelrechter Entfaltbarkeit, die keinen höheren Teil-GdB als 10 rechtfertigen. Zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule beschreibt Dr. A. in seinem Gutachten nicht. Die neurologische Untersuchung erbrachte einen altersentsprechenden Befund. Die Bewertung von Dr. A. steht damit nicht im Einklang mit dem Bewertungsvorgaben der AHP und VG, weshalb ihr nicht gefolgt werden kann.
Die vom Beklagten weiter berücksichtigten, anerkannten Folgen des Arbeitsunfalles vom 28.06.2005 hinsichtlich des linken Handgelenkes sind im streitigen Zeitraum seit Juni 2006 mit einem Teil-GdB von 10 angemessen und ausreichend in Ansatz gebracht worden, wie das SG im angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend begründet hat. Der Senat nimmt auch insoweit nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch dem Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 17.06.2013 lassen sich keine relevante Funktionsbehinderungen des linken Handgelenkes entnehmen. Nach der Beschreibung von Professor Dr. Ri. liegen hinsichtlich der Hände des Klägers keine Muskelatrophien, eine seitengleiche grobe Kraft beim kreuzweisen Händedruck, keine Indurationen der Handinnenflächen, kein Druckschmerz in der Tabatiere, reizlose Narben über den Daumengrundgelenk links sowie eine unauffällige Fingerbeweglichkeit vor. Diese Befundbeschreibung spricht dafür, dass insoweit beim Kläger (seit Juni 2006) von einer Besserung auszugehen ist. Auch Dr. A. hat in seinem Gutachten vom 17.06.2012 eine GdB-relevante Funktionsbehinderungen des linken Handgelenks des Klägers nicht beschrieben.
Eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke des Klägers beidseits bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10. Eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke hat erstmals Dr. A. in seinem Gutachten vom 17.06.2012 genannt. Im Gutachten von Professor Dr. N.-K. vom 21.08.2008 wird eine beidseits uneingeschränkte Funktion der Schultergelenke des Klägers mit freier Beweglichkeit beschrieben. Auch im Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik am K. Bad K. vom 16.09.2010 werden die Schultergelenke als funktionell unauffällig und reizfrei beschrieben. Professor Dr. A. beschreibt in seinem Gutachten vom 17.06.2012 eine eingeschränkte Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits (Arm seitwärts/körperwärts 120-0-30° beidseits; Arm rückwärts/vorwärts 40-0-120° beidseits), bei nach äußerlicher Betrachtung sonst unauffälligen Schultergelenken mit lokaler Druckschmerzhaftigkeit und positivem Impingementzeichen beidseits. Eine Instabilität der Schultergelenke beschreibt Dr. A. nicht. Nach den von Dr. A. beschriebenen Befunden liegt beim Kläger keine Funktionsbehinderung der Schultergelenke vor, die einen (vollen) Teil-GdB von 20 rechtfertigt. Nach dem VG Teil B 18.13 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) erst bei einer möglichen Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 20. Eine solche Bewegungseinschränkung ist beim Kläger hinsichtlich beider Schultergelenke nicht gegeben. Professor Dr. Ri. beschreibt in ihrem Gutachten vom 07.06.2013 sogar einen normalen Bewegungsumfang des rechten Schultergelenks und hinsichtlich des linken Schultergelenks einen schmerzhaften Bogen bei 100° bis zur 180° möglichen Streckung. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. A. in seinem Gutachten, der hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Schultergelenke einen Teil-GdB von 10 empfiehlt. Dieser Bewertung hat sich der Beklagte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Wo. vom 28.06.2012 angeschlossen, der auch der Senat folgt.
Eine Funktionsbehinderung der Hüftgelenke, die einen Teil-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt, liegt beim Kläger nicht vor. Allein die von Dr. A. in seinem Gutachten beschriebene beidseits aufgehobene Innenrotation der Hüftgelenke des Klägers rechtfertigt noch keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Nach den VG Teil B 18.14 ist erst bei einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig ein GdB von 10 bis 20 und beidseitig von 20 bis 30 gerechtfertigt. Eine solche Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke beschreibt jedoch Dr. A. in seinem Gutachten nicht (Streckung/Beugung 0-0-110° beidseits). Auch im Gutachten von Professor Dr. Ri. vom 07.06.2013 wird die Beugung und Streckung der Hüftgelenke (im Liegen) beidseits als schmerzfrei möglich beschrieben, bei rechts mehr als links schmerzhaft eingeschränkter Innenrotation. Die von Dr. A. (allein) wegen einer aufgehobenen Innenrotation der Hüftgelenke vorgenommene Bewertung des Teil-GdB mit 30 entspricht nicht den dargestellten Bewertungsvorgaben der VG und kommt auch nicht dem Schweregrad der mit GdB 30 bewerteten Streck- und Beugehemmung der Hüfte gleich, weshalb seiner Bewertung nicht gefolgt werden kann.
Nach den VG (Teil B 18.1) und AHP (Nr. 26.18) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Entsprechendes gilt für vom Kläger geltend gemachte Einschränkungen im Arbeitsleben.
Bestehende Schmerzen sind nicht zusätzlich Teil-GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Die in der GdB-TA. le angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (vgl. VG Teil A 2j und AHP Nr. 18 Abs. 8). Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit, die beim Kläger eine ärztliche Behandlung erfordert, lässt sich den vorliegenden Gutachten und den zu den Akten gelangten sonstigen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen.
Dem Gutachten von Professor Dr. Re. begegnet auch für den Senat kein Zweifel an der Verwertbarkeit, wie das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Nummer 4.) zutreffend ausgeführt hat. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung ebenfalls an (§ 153 Abs. 2 SGG). Die vom Kläger in der Sache gegen das Gutachten des Professor Dr. Re. erhobenen Einwendungen, hat Professor Dr. Re. in seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten vom 10.01.2012 überzeugend ausgeräumt. Diesen Einwendungen ist der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht weiter nachgegangen. Unabhängig davon ist aufgrund der sonst zu den Akten gelangten Gutachten und der medizinischen Befundunterlagen - mit Ausnahme der von Professor Dr. Re. zu Gunsten des Klägers mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ab dem 28.06.2010 - der entscheidungserhebliche Sachverhalt ungeachtet des Gutachtens von Professor Dr. Re. zur Überzeugung des Senats geklärt.
Danach ist der Gesamt-GdB mit 20 seit dem 28.06.2010 und mit 30 seit dem 09.05.2011 festzustellen. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist beim Kläger eine Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ab dem Tag der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Professor Dr. Re. am 28.06.2010 mit einem Teil-GdB von 20 bei der Feststellung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen. Dieser Teil-GdB erhöht sich durch die Implantation einer Kniegelenktotalendoprothese ab dem 09.05.2011 auf 30. Die weiteren beim Kläger mit einem Teil-GdB von maximal 10 zu bewertenden Gesundheitsstörungen führen zu keiner Erhöhung des Gesamt-GdB. Der davon abweichenden Bewertung des Gesamt-GdB durch Dr. A. in seinem Gutachten vom 17.06.2012 (Gesamt-GdB 60 ab Juni 2006) kann nicht gefolgt werden. Dr. A. bezieht in seine Bewertung hinsichtlich der Wirbelsäule und der Hüftgelenke des Klägers Teil-GdB-Werte von jeweils 30 ein, die - wie oben ausgeführt - nicht vorliegen. Entsprechendes gilt, soweit Dr. A. hinsichtlich des linken Kniegelenkes des Klägers einen Teil-GdB von 10 bis 30 empfohlen hat.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die im Verlauf des Rechtsstreites zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Dabei ist - entgegen der Ansicht des SG - nach der Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigen (Urteil vom 23.11.2013 - L 8 SB 1384/12 -), dass der Beklagte zwar nach der Vorlage des Gutachtens von Professor Dr. Re. vom 07.09.2010 und dem vom Kläger vorgelegten Ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik Am K. Bad K. vom 16.09.2010 das Vergleichsangebot vom 16.02.2011 sowie nach Vorlage des Gutachtens von Dr. A. vom 17.06.2012 das erweiterte Vergleichsangebot vom 03.07.2012 unterbreitet, ein (Teil-)Anerkenntnis aber nicht unverzüglich jedenfalls nach Ablehnung der Vergleichsangebote durch den Kläger abgegeben hat, weshalb es gerechtfertigt ist, dem Beklagten die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Klägers für die erste Instanz teilweise aufzuerlegen. Das geringfügige Obsiegen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine Kostenerstattung.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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