Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 VG 11/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VG 5/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 VG 5/02 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.04.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Opfer einer Gewalttat im Sinne des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) geworden ist und Anspruch auf entsprechende Leistungen hat.
Der am 1928 geborene Kläger beantragte am 29.02.2000 beim Versorgungsamt Nürnberg die teilweise Erstattung von Kosten, die ihm durch Arztrechnungen von Oktober 1999 bis Februar 2000 im Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung im Bereich der linken Niere und der Prostata entstanden waren. Er führte diese Erkrankung darauf zurück, dass die Gemeinde B. unter Duldung des Landrats von W. seit 1980 Straßenoberflächenwasser über Rohrleitungen in ein Trinkwasserbrunnengebiet ableite, in dem sich die Wasserburganlage Schloß S. befinde, wo er wohne. In dem durch Kfz-Reststoffe verseuchten Wasser befänden sich krebserregende Stoffe. Dieses Verhalten verstoße gegen EG-Recht, insbesondere die EG-Verordnung 259/93 sowie die EG-Richtlinie 91/689/EWG. Im Übrigen seien die §§ 229 (Vergiftung), 223a (gefährliche Körperverletzung), 318 (Beschädigung wichtiger Anlagen) Strafgesetzbuch (StGB) erfüllt. Insbesondere lägen die mit bedingtem Vorsatz begangenen Tatbestände des § 326 StGB (unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen), § 257 StGB (Begünstigung) sowie § 220a StGB (Völkermord) gemäß UN-Konvention vom 09.12.1948 vor. Somit hafte der Freistaat Bayern nach § 1 Abs.2 Nr.2 Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben mit gemeingefährlichen Mitteln für die beim Kläger verursachten Gesundheitsschäden.
Mit Bescheid vom 30.03.2000 wurde der Antrag des Klägers vom Beklagten abgelehnt, da die angeblichen Verkehrsemissionen von der Kreisstraßenoberfläche in das Trinkwasser des Klägers und eine dadurch verursachte Nierenschädigung nicht unter das OEG, das die Opfer von Gewaltkriminalität entschädigen solle, subsummiert werden könnten.
Der Widerspruch des Klägers, den dieser u.a. damit begründete, dass die Abwässer nur in 80 m Entfernung von der Trinkwasserbrunnenfassung der Burganlage vorbeigeleitet würden, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2000 zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat darin die Auffassung, dass die gemeindliche Abwasserentsorgung sicher unter Berücksichtigung der geltenden Auflagen gebaut sei und betrieben werde.
Mit Schriftsatz vom 26.08.2000 hat der Kläger zum Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt. In erster Linie hat er die Anerkennung des Tumorbefalls seiner linken Niere und der Prostata als Folge einer Schädigung nach dem OEG begehrt sowie die Gewährung der gesetzlichen Leistungen; hilfsweise hat er die Vorlage des Rechtsstreits an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung der Frage beantragt, ob ihm Ansprüche aus einer Missachtung der Richtlinie Gewässerschutz in Verbindung mit dem Urteil des EuGH vom 11.11. 1999, Az.: C 184/97 zustehen. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 05.04.2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Einleiten von Straßenabwasser durch die Gemeinde B. keinen tätlichen Angriff im Sinne des OEG darstelle. Es seien weder § 1 Abs.1 noch Abs.2 OEG erfüllt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Beibringung von Gift durch die Beschäftigten der Gemeinde B. oder des Landratsamts W ... Auch liege kein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen vor, da dieses zumindest mit bedingtem Vorsatz begangen worden sein müsste. Zur Überzeugung des Gerichts seien die Beschäftigten der Gemeinde B. und des Landratsamts bei der Ableitung des auf den Straßen in der Nähe des Wohnsitzes des Klägers anfallenden Abwassers davon ausgegangen, dass damit keine gesundheitliche Gefährdung des Klägers oder anderer Personen verbunden sei. Es müsse daher nicht geprüft werden, ob objektiv eine Gefährdung vorhanden gewesen sei. Der Hilfsantrag des Klägers auf Vorlage zum EuGH sei unzulässig, soweit er Ansprüche aus der Missachtung einer EG-Richtlinie geltend mache.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.05. 2001 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. In seiner Berufungsbegründung hat er vorgetragen, das Sozialgericht sei fälschlich von Abwässern und nicht von Giftabfällen ausgegangen, obwohl der mit sauerem Regenwasser vermischte Straßenschlamm nach EG-Recht nur in zugelassenen Giftabfallanlagen hätte beseitigt werden dürfen. Statt dessen hätten Gemeinde und Landrat Rohrleitungen zum Benzgraben erbaut und hätten gewusst, dass sie Giftabfälle illegal beseitigten. Sie hätten vorsätzlich entgegen § 330a StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften) gehandelt. Die Vergiftung des Trinkwassergebiets sei billigend in Kauf genommen worden. Auch sei § 314 StGB (gemeingefährliche Vergiftung) erfüllt. Der Kläger hat eine Niederschrift zum Erörterungstermin des Landratsamts W. vom 10.11.1994 vorgelegt, in dem vom Kläger erhobene Einwendungen gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Gemeinde B. zum Einleiten gesammelter Abwässer aus den Kläranlagen B. und T. behandelt wurden. Mit Schriftsatz vom 14.08.2001 hat er in Kopie einen Erlass des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 29.11.1988 übersandt, wonach Einleitungen von Straßenabwasser, sofern es in Rohrleitungen gesammelt und in Gewässer eingeleitet oder punktuell versickert wird, wasserrechtlich behandelt werden müssen; es sind außerdem vorgelegt worden eine Antwort des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 13.12.1988 auf eine Anfrage eines Landtagsabgeordneten betreffend Pestizide in der Luft und im Regenwasser, Analysen des chemisch-biologischen Laboratoriums Dr.L. aus den Jahren 1995 und 1996 für die Verwaltungsgemeinschaft N. hinsichtlich Klärschlamm aus der Kläranlage T. und schließlich ein Beschluss des Umweltausschusses des Bayerischen Landtags vom 25.02.1999 über einen (abgelehnten) Antrag auf Ersatz von Bleischrotmunition durch Nicht-Blei-Schrote bei der Jagdausübung in Bayern. Mit Schriftsatz vom 23.08.2001 hat der Kläger die Auffassung vertreten, das Einleiten von Giftabfällen in sein Trinkwassergebiet sei auch als Gewaltakt gegen sein Eigentum anzusehen. Gemäß Art.171 EGV in Verbindung mit Art.4 EGRL 75/442/EWG sei Bayern zum Ersatz der im Antrag vom 29.02.2000 genannten ärztlichen Behandlungskosten verpflichtet. Das Landessozialgericht dürfe nicht von der vorrangigen Rechtsprechung des EuGH abweichen; es müsse gegebenenfalls den Fall dem EuGH vorlegen.
Nach Aufforderung durch den Senat hat das Landratsamt W. am 17.09.2001 zum Vorbringen des Klägers Stellung genommen. Danach fordere dieser, seit er 1978 das Schloss S. erworben habe, von der Gemeinde B. , dem Landkreis und dem Freistaat Bayern Entschädigungen in Millionenhöhe wegen der Einleitung von Abwässern in sein Grundstück. Das Verwaltungsgericht Ansbach habe jedoch sämtliche Klagen der Familie des Klägers gegen die wasserrechtlich genehmigten Einleitungen mit Urteilen vom 29.07.1998 (AN 13 K 92.00891, 96.00411 und 96.00465) kostenpflichtig und rechtskräftig abgewiesen. Das Landratsamt hat diesbezüglich zwei Bände Klagehandakten sowie zwei Schreiben an den Landkreis - Tiefbauverwaltung - vom 13.12.1994 übersandt, wonach im Einverständnis mit dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach die Voraussetzungen für eine beschränkte Erlaubnis gemäß Art.17a Bay. Wassergesetz für das streitgegenständliche Einleiten von Straßenabwasser gegeben seien. Aus einem ebenfalls übersandten Schreiben des Zweckverbands zur Wasserversorgung der Jura-Schwarzach-Thalachgruppe vom 11.10.2001 geht hervor, dass die Wasserversorgung des Anwesens des Klägers weiterhin eingestellt bleibe, solange der Kläger die fälligen Wassergebühren nicht entrichte und nicht für einen ordnungsgemäßen Zustand der Zuleitung sorge. Der mehr als zehn Jahre dauernde Streit um die Wassersperre sei bis zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegangen und von diesem am 04.06.1992 eingestellt worden.
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23.10.2001 die Richtlinie des Rates der EG vom 20.03.1978 über giftige und gefährliche Abfälle (78/319/EWG) vorgelegt und geltend gemacht, das Landratsamt habe auch gegen Art.12 dieser Richtlinie verstoßen. Der Landrat sei ein Straftäter. Die Bundesrepublik Deutschland müsse, wie Griechenland, das bereits zu einem Zwangsgeld von 20.000,00 EUR pro Tag am 04.07.2000 vom EuGH verurteilt worden sei, behandelt werden.
Der am 10.05.2001 vom Kläger gestellte Antrag auf Prozesskostenhilfe ist mit Senatsbeschluss vom 10.10.2001 mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Berufung abgewiesen worden. Eine am 26.10.2001 erhobene Gegenvorstellung des Klägers wegen Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs ist vom Vorsitzenden des 15. Senats mit Schreiben vom 14.01.2002 abschlägig beantwortet worden. Ein gegen die drei Berufsrichter des Senats gerichtetes Ablehnungsgesuch wegen Rechtsbeugung und Begünstigung von Menschenrechtsverbrechen (ebenfalls vom 26.10.2001) ist durch Beschluss des 15. Senats in der Besetzung Vorsitzender Richter Scholz, Richterin Koch und Richter Dr.Jörg am 18.12.2001 zurückgewiesen worden. Auf die anschließende Beschwerde des Klägers, der sämtliche sechs Richter, die an den Beschlüssen des Senats vom 10.10. und 18.12.2001 mitgewirkt hatten, wegen verfassungswidriger Überbesetzung abgelehnt hat, ist mit gerichtlichem Schreiben vom 21.02.2002 klargestellt worden, dass die letztgenannten Richter normalerweise nicht dem 15., sondern anderen Senaten angehörten und im Übrigen ein neuerliches Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich angesehen werde.
Im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts im Beschluss vom 07.11.2001 in einem Rechtsstreit um die Kriegsopferversorgung des Klägers (B 9 V 7/01 BH) ist die Gegenvorstellung des Klägers vom 26.10.2001 im anhängigen Berufungsverfahren nachträglich als neuer Antrag auf Prozesskostenhilfe gewertet und in der mündlichen Verhandlung am 19.03.2002 wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht durch Beschluss abgelehnt worden.
Gegen den für 19.03.2001 festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits hat der Kläger Beschwerde nach Art.13 in Verbindung mit Art.6 EMRK eingelegt. Seines Erachtens seien die Richter des 15. Senats weiterhin als befangen abzulehnen, da sie die in seinem Fall bestehende Vorlagepflicht zum EuGH nach Art.234 EUV wegen Vorgreiflichkeit der EG-Richtlinien 91/789 EWG und der EG-Verordnung 259/93 missachtet hätten. Im Übrigen sei gemäß Art.19 Abs.3 EG-Grundrechtskonvention Prozesskostenhilfe grundsätzlich dann zu gewähren, wenn es - wie hier - um vorrangiges EG-Recht gehe. Der die Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss sei gemäß Art.19 Abs.4 EG-Grundrechtskonvention nichtig. Nach § 58 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei das nächsthöhere Gericht zuständig, das er nach § 68 Abs.2 SGG anrufe.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.04.2001 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Beklagten, die beigezogenen Klageakten des Verwaltungsgerichts Ansbach, die vom Landratsamt W. übersandten Unterlagen, ein den Kläger betreffendes Urteil des 18. Senats des Landessozialgerichts (LSG) vom 16.05.2001 (L 18 V 4/94) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach §§ 143, 151 SGG zulässig. Der Senat ist auch befugt, in der Sache zu entscheiden.
Es bestand kein Anlass, gemäß Art.234 Abs.2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) die Fragen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder der Zuständigkeit des Senats trotz mehrfacher Richterablehnung durch den Kläger wegen Besorgnis der Befangenheit oder der Vereinbarkeit der streitgegenständlichen wasserrechtlichen Genehmigungen mit der vom Kläger angeführten Ratsrichtlinie 78/319/EWG u.a. dem EuGH vorzulegen; denn letztere Frage war für die Entscheidung über einen Anspruch nach dem OEG nicht entscheidungserheblich. Auch hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen, dass die streitgegenständlichen auf geltende nationale Normen und Erlasse gestützten Maßnahmen gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben. Ferner wurden die Ablehnungsgesuche des Klägers gegen die Richter des 15. Senats sowie die Anträge auf Prozesskostenhilfe rechtskräftig abschlägig verbeschieden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art.6, 13, 34, 35 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Regelungen über die Zuständigkeiten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der Rechtsstreit war auch nicht nach § 58 Abs.2 SGG entsprechend dem Antrag des Klägers dem Bundessozialgericht vorzulegen, da kein Zuständigkeitsstreit zwischen verschiedenen Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bestand.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen den einen Anspruch auf Versorgung nach dem OEG ablehnenden Bescheid des Beklagten abgewiesen. Auch unter Berücksichtigung der weiteren vom Senat durchgeführten Ermittlungen kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger von einem Amtsträger des Landratsamts W. oder der Gemeinde B. vorsätzlich und rechtswidrig gesundheitlich geschädigt worden ist.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es unstreitig an einem unmittelbaren tätlichen Angriff auf den Kläger im Sinne des § 1 Abs.1 OEG.
Es liegt jedoch auch keine Gewalttat im Sinne des § 1 Abs.2 OEG vor, da weder von einer vorsätzlichen Giftbeibringung noch von einer wenigstens fahrlässigen Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben des Klägers durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen ausgegangen werden kann.
Eine vorsätzliche Beibringung von Gift (§ 1 Abs.2 Nr.1 OEG) setzt die vorsätzliche rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestands des § 229 StGB (Vergiftung) bzw. - ab 01.04.1998 kraft Änderung durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26.01.1998 - des § 224 Abs.1 Nr.1 StGB (gefährliche Körperverletzung durch Beibringung von Gift) voraus. Die Ableitung des Straßenober- flächenwassers in das Gebiet rund um den Wohnsitz des Klägers erfüllt aber nicht den Tatbestand des Beibringens von Gift, das ein Einführen oder Auftragen gesundheitsschädlicher Stoffe in oder auf den Körper eines Menschen voraussetzt (Tröndle/ Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 49. Auflage Rdnr.6 § 224).
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht darauf stützen, dass er Opfer eines mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Verbrechens geworden ist. Ein Verbrechen liegt nach § 12 Abs.1 StGB nur dann vor, wenn die Straftat im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist. Mit gemeingefährlichen Mitteln begangene Verbrechen sind die Straftaten der §§ 306 ff. StGB sowie auch Straftaten, die der Täter mit Mitteln begangen hat, bei denen er im Allgemeinen nicht die Wirkung der von ihm entfesselten Kräfte bestimmen und abgrenzen kann oder bei denen er die Ausdehnung der Gefährdung nicht in seiner Gewalt hat (vgl. Schoreit/Düsseldorf, OEG, 1977 Rdnr.166 ff. zu § 1). Im vorliegenden Fall kommen in Betracht § 319 bzw. seit 01.04. 1998 § 314 StGB (gemeingefährliche Vergiftung), § 326 StGB (umweltgefährdende Abfallbeseitigung bzw. seit 01.04.1998: unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen) und § 330a StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften). § 324 StGB (Gewässerverunreinigung) scheidet aus, da es sich bei dieser Straftat lediglich um ein Vergehen handelt. Eine gemeingefährliche Vergiftung im Sinne des § 319 StGB bzw. 314 StGB setzt voraus, dass jemand Wasser in Brunnen- oder Wasserbehältern bzw. Wasser in gefassten Quellen, Leitungen oder Trinkwasserspeichern vergiftet oder ihnen gesundheitsschädliche Stoffe beimischt. Nach Aktenlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass das verschmutzte Straßenoberflächenabwasser unmittelbar in Brunnen oder andere Wasserbehälter eingeleitet worden ist oder eingeleitet wird. Der Kläger hat mehrfach vorgetragen, dass er die Verunreinigung seines Trinkwassergebiets über das Grundwasser befürchte. Aus den vom Landratsamt W. übersandten Unterlagen ergibt sich ebenfalls, dass das Straßenabwasser in das Grundwasser abgeleitet wurde/wird (Mitteilung des Landratsamts vom 13.12.1994 an den Landkreis W. , Tiefbauverwaltung, über die Erteilung einer beschränkten Erlaubnis zum Einleiten von Straßenabwasser gemäß Art.17a Bayerisches Wassergesetz). Auch die vom Kläger angegebene Vorbeileitung der Abwässer in nur 80 m Entfernung von der Trinkwasserbrunnenfassung der Burganlage erfüllt nicht den Tatbestand des § 319 bzw. § 314 StGB.
Auch § 326 StGB ist nicht erfüllt, da das Straßenoberflächenwasser nicht unbefugt abgeleitet wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob das sich auf den beiden Straßen sammelnde Regenwasser, vermischt mit dem Abrieb von Kfz-Reifen und anderen Verunreinigungen als Gift angesehen werden kann oder als Stoff, der für den Menschen krebserzeugend wirken kann. Es musste auch nicht näher geprüft werden, ob das Straßenoberflächenwasser als Abfall unter § 3 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW-/AbfG) vom 27.09.1994 fällt und inwieweit Europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinien des Rates über Abfälle vom 15.07.1975 sowie über gefährliche Abfälle vom 12.12.1991 (91/689/EG) tangiert wird (vgl. Tröndle/ Fischer a.a.O. Rdnrn.2 und 2a zu § 326 mit weiteren Nachweisen). Der Tatbestand des § 326 StGB ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil das streitgegenständliche Ableiten des Straßenoberflächenwassers nicht rechtswidrig, sondern aufgrund oben genannter wasserrechtlicher Erlaubnis erfolgte. Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat mit seinen Urteilen vom 29.07.1998 die Vorgehensweisen des Landkreises W. als rechtmäßig angesehen. Im Urteil gegen den Kläger mit dem Az.: AN 13 K 92.00891 hat das Verwaltungsgericht auf S.16 ausgeführt, dass Einleitungen von der Kreisstraße WUG 14 das Wasserschloss des Klägers aus topographischen Gründen gar nicht beeinträchtigen können. Die weitflächigen Ableitungen von der WUG 16, die ein deutlich geringeres Verkehrsaufkommen als die Kreisstraße WUG 14 aufweise, entsprächen den geltenden Richtlinien. Eine Behandlung von wenig verschmutztem Straßenwasser, das weitflächig über die Straßen- und Parkplatzränder ablaufe, sei in der Regel nicht erforderlich; auch seien keine Absetzbecken notwendig. In Anbetracht dieser Tatsache kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bediensteter des Landratsamts W. oder der Gemeinde B. oder der Landrat persönlich vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich gefährlichen Abfall verbotswidrig beseitigen wollte. Diese innere Einstellung ist jedoch Voraussetzung für das Vorliegen eines Verbrechens gemäß § 326 StGB (vgl. Tröndle/Fischer a.a.O. Rdnr.14 zu § 326).
§ 330a Abs.1 StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften) wurde erst durch die Änderungen des 6. Strafrechtsreformgesetzes ab April 1998 von einem Vergehens- in einen Verbrechenstatbestand umgewandelt. Nunmehr wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft, wer Stoffe, die Gifte enthalten können, verbreitet oder freisetzt und dadurch die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder die Gefahr einer Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht (zuvor Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren). Der Senat geht in diesem Zusammenhang ebenso wie das Sozialgericht Nürnberg davon aus, dass auch hier der subjektive Tatbestand der Norm nicht erfüllt ist, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine der für die Ableitung des Straßenoberflächenwassers verantwortlichen Personen eine schwere Gesundheitsschädigung des Klägers oder einer großen Zahl von Menschen herbeiführen wollte oder dies billigend in Kauf genommen hat (vgl. auch BSG-Urteil vom 28.04.1999 - B 9 VG 7/98 R, das auf ein BGH-Urteil vom 02.08.1995 - BGHSt 41, 206 ff. - Bezug nimmt). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine konkrete Gefahr bestand bzw. ob dadurch eine Gesundheitsschädigung eingetreten ist.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers führt auch das Europäische Gemeinschaftsrecht nicht zu einem anderen Ergebnis. So sieht das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten, dem durch Gesetz vom 17.07.1996 (BGBl.II 1997, 740) zugestimmt wurde, in Art.2 Abs.1a in Übereinstimmung mit dem OEG vor, dass das Opfer eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben muss, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist. Es kann nicht - wie der Kläger meint - davon ausgegangen werden, dass immer dann, wenn ein Verwaltungsakt gegen den Willen eines Betroffenen vom Staat durchgesetzt wird, eine Gewalttat im Sinne des Abkommens bzw. des OEG vorliegt. Die vom Kläger mehrfach erwähnten Urteile des EuGH, die sich insbesondere mit Entschädigungsansprüchen gegen Mitgliedsstaaten befassen, die umweltschädlich gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben, sind für die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch nach OEG zusteht, nicht relevant. (Das gilt auch für die Bezugnahme auf das Umwelthaftungsgesetz, das ebenfalls auf Schadensersatzansprüche abzielt.)
Der Kläger hat im Übrigen keine schlüssigen Argumente dafür vorgebracht, dass sein Trinkwasser durch das eingeleitete Straßenoberflächenwasser verseucht worden ist. Er hat sich lediglich auf einen Forschungsbericht des Bundesumweltamts aus dem Jahre 1990 bezogen, aus dem hervorgeht, dass im Straßenschlamm verschiedene Metalle wie Blei, Nickel, Kadmium etc. und andere Stoffe gefunden werden können, denen teilweise bei entsprechender Konzentration und Dauer der Einwirkung krebserregende Wirkung nachgesagt wird. Der außerdem zugeleitete Untersuchungsbericht des klinisch-biologischen Laboratoriums Dr.L. vom 30.07.1996 bezog sich ebenfalls nicht auf das streitgegenständliche Straßenoberflächenabwasser.
Schließlich ist davon auszugehen, dass der Kläger vom Zweckverband zur Wasserversorgung der Jura-Schwarzach-Thalach-Gruppe unverdächtiges Trinkwasser beziehen könnte, sofern er bereit wäre, die entsprechenden Gebühren zu entrichten. Da dem Kläger kein Anspruch auf Entschädigung nach § 1 OEG zusteht, musste nicht geprüft werden, ob dieses Verhalten als vorwerfbare Selbstgefährdung gewertet und ein Grund zur Versagung von Leistungen nach § 2 Abs.1 OEG gesehen werden müsste.
Aus diesen Gründen hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Opfer einer Gewalttat im Sinne des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) geworden ist und Anspruch auf entsprechende Leistungen hat.
Der am 1928 geborene Kläger beantragte am 29.02.2000 beim Versorgungsamt Nürnberg die teilweise Erstattung von Kosten, die ihm durch Arztrechnungen von Oktober 1999 bis Februar 2000 im Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung im Bereich der linken Niere und der Prostata entstanden waren. Er führte diese Erkrankung darauf zurück, dass die Gemeinde B. unter Duldung des Landrats von W. seit 1980 Straßenoberflächenwasser über Rohrleitungen in ein Trinkwasserbrunnengebiet ableite, in dem sich die Wasserburganlage Schloß S. befinde, wo er wohne. In dem durch Kfz-Reststoffe verseuchten Wasser befänden sich krebserregende Stoffe. Dieses Verhalten verstoße gegen EG-Recht, insbesondere die EG-Verordnung 259/93 sowie die EG-Richtlinie 91/689/EWG. Im Übrigen seien die §§ 229 (Vergiftung), 223a (gefährliche Körperverletzung), 318 (Beschädigung wichtiger Anlagen) Strafgesetzbuch (StGB) erfüllt. Insbesondere lägen die mit bedingtem Vorsatz begangenen Tatbestände des § 326 StGB (unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen), § 257 StGB (Begünstigung) sowie § 220a StGB (Völkermord) gemäß UN-Konvention vom 09.12.1948 vor. Somit hafte der Freistaat Bayern nach § 1 Abs.2 Nr.2 Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben mit gemeingefährlichen Mitteln für die beim Kläger verursachten Gesundheitsschäden.
Mit Bescheid vom 30.03.2000 wurde der Antrag des Klägers vom Beklagten abgelehnt, da die angeblichen Verkehrsemissionen von der Kreisstraßenoberfläche in das Trinkwasser des Klägers und eine dadurch verursachte Nierenschädigung nicht unter das OEG, das die Opfer von Gewaltkriminalität entschädigen solle, subsummiert werden könnten.
Der Widerspruch des Klägers, den dieser u.a. damit begründete, dass die Abwässer nur in 80 m Entfernung von der Trinkwasserbrunnenfassung der Burganlage vorbeigeleitet würden, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2000 zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat darin die Auffassung, dass die gemeindliche Abwasserentsorgung sicher unter Berücksichtigung der geltenden Auflagen gebaut sei und betrieben werde.
Mit Schriftsatz vom 26.08.2000 hat der Kläger zum Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt. In erster Linie hat er die Anerkennung des Tumorbefalls seiner linken Niere und der Prostata als Folge einer Schädigung nach dem OEG begehrt sowie die Gewährung der gesetzlichen Leistungen; hilfsweise hat er die Vorlage des Rechtsstreits an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung der Frage beantragt, ob ihm Ansprüche aus einer Missachtung der Richtlinie Gewässerschutz in Verbindung mit dem Urteil des EuGH vom 11.11. 1999, Az.: C 184/97 zustehen. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 05.04.2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Einleiten von Straßenabwasser durch die Gemeinde B. keinen tätlichen Angriff im Sinne des OEG darstelle. Es seien weder § 1 Abs.1 noch Abs.2 OEG erfüllt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Beibringung von Gift durch die Beschäftigten der Gemeinde B. oder des Landratsamts W ... Auch liege kein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen vor, da dieses zumindest mit bedingtem Vorsatz begangen worden sein müsste. Zur Überzeugung des Gerichts seien die Beschäftigten der Gemeinde B. und des Landratsamts bei der Ableitung des auf den Straßen in der Nähe des Wohnsitzes des Klägers anfallenden Abwassers davon ausgegangen, dass damit keine gesundheitliche Gefährdung des Klägers oder anderer Personen verbunden sei. Es müsse daher nicht geprüft werden, ob objektiv eine Gefährdung vorhanden gewesen sei. Der Hilfsantrag des Klägers auf Vorlage zum EuGH sei unzulässig, soweit er Ansprüche aus der Missachtung einer EG-Richtlinie geltend mache.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.05. 2001 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. In seiner Berufungsbegründung hat er vorgetragen, das Sozialgericht sei fälschlich von Abwässern und nicht von Giftabfällen ausgegangen, obwohl der mit sauerem Regenwasser vermischte Straßenschlamm nach EG-Recht nur in zugelassenen Giftabfallanlagen hätte beseitigt werden dürfen. Statt dessen hätten Gemeinde und Landrat Rohrleitungen zum Benzgraben erbaut und hätten gewusst, dass sie Giftabfälle illegal beseitigten. Sie hätten vorsätzlich entgegen § 330a StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften) gehandelt. Die Vergiftung des Trinkwassergebiets sei billigend in Kauf genommen worden. Auch sei § 314 StGB (gemeingefährliche Vergiftung) erfüllt. Der Kläger hat eine Niederschrift zum Erörterungstermin des Landratsamts W. vom 10.11.1994 vorgelegt, in dem vom Kläger erhobene Einwendungen gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Gemeinde B. zum Einleiten gesammelter Abwässer aus den Kläranlagen B. und T. behandelt wurden. Mit Schriftsatz vom 14.08.2001 hat er in Kopie einen Erlass des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 29.11.1988 übersandt, wonach Einleitungen von Straßenabwasser, sofern es in Rohrleitungen gesammelt und in Gewässer eingeleitet oder punktuell versickert wird, wasserrechtlich behandelt werden müssen; es sind außerdem vorgelegt worden eine Antwort des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 13.12.1988 auf eine Anfrage eines Landtagsabgeordneten betreffend Pestizide in der Luft und im Regenwasser, Analysen des chemisch-biologischen Laboratoriums Dr.L. aus den Jahren 1995 und 1996 für die Verwaltungsgemeinschaft N. hinsichtlich Klärschlamm aus der Kläranlage T. und schließlich ein Beschluss des Umweltausschusses des Bayerischen Landtags vom 25.02.1999 über einen (abgelehnten) Antrag auf Ersatz von Bleischrotmunition durch Nicht-Blei-Schrote bei der Jagdausübung in Bayern. Mit Schriftsatz vom 23.08.2001 hat der Kläger die Auffassung vertreten, das Einleiten von Giftabfällen in sein Trinkwassergebiet sei auch als Gewaltakt gegen sein Eigentum anzusehen. Gemäß Art.171 EGV in Verbindung mit Art.4 EGRL 75/442/EWG sei Bayern zum Ersatz der im Antrag vom 29.02.2000 genannten ärztlichen Behandlungskosten verpflichtet. Das Landessozialgericht dürfe nicht von der vorrangigen Rechtsprechung des EuGH abweichen; es müsse gegebenenfalls den Fall dem EuGH vorlegen.
Nach Aufforderung durch den Senat hat das Landratsamt W. am 17.09.2001 zum Vorbringen des Klägers Stellung genommen. Danach fordere dieser, seit er 1978 das Schloss S. erworben habe, von der Gemeinde B. , dem Landkreis und dem Freistaat Bayern Entschädigungen in Millionenhöhe wegen der Einleitung von Abwässern in sein Grundstück. Das Verwaltungsgericht Ansbach habe jedoch sämtliche Klagen der Familie des Klägers gegen die wasserrechtlich genehmigten Einleitungen mit Urteilen vom 29.07.1998 (AN 13 K 92.00891, 96.00411 und 96.00465) kostenpflichtig und rechtskräftig abgewiesen. Das Landratsamt hat diesbezüglich zwei Bände Klagehandakten sowie zwei Schreiben an den Landkreis - Tiefbauverwaltung - vom 13.12.1994 übersandt, wonach im Einverständnis mit dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach die Voraussetzungen für eine beschränkte Erlaubnis gemäß Art.17a Bay. Wassergesetz für das streitgegenständliche Einleiten von Straßenabwasser gegeben seien. Aus einem ebenfalls übersandten Schreiben des Zweckverbands zur Wasserversorgung der Jura-Schwarzach-Thalachgruppe vom 11.10.2001 geht hervor, dass die Wasserversorgung des Anwesens des Klägers weiterhin eingestellt bleibe, solange der Kläger die fälligen Wassergebühren nicht entrichte und nicht für einen ordnungsgemäßen Zustand der Zuleitung sorge. Der mehr als zehn Jahre dauernde Streit um die Wassersperre sei bis zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegangen und von diesem am 04.06.1992 eingestellt worden.
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23.10.2001 die Richtlinie des Rates der EG vom 20.03.1978 über giftige und gefährliche Abfälle (78/319/EWG) vorgelegt und geltend gemacht, das Landratsamt habe auch gegen Art.12 dieser Richtlinie verstoßen. Der Landrat sei ein Straftäter. Die Bundesrepublik Deutschland müsse, wie Griechenland, das bereits zu einem Zwangsgeld von 20.000,00 EUR pro Tag am 04.07.2000 vom EuGH verurteilt worden sei, behandelt werden.
Der am 10.05.2001 vom Kläger gestellte Antrag auf Prozesskostenhilfe ist mit Senatsbeschluss vom 10.10.2001 mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Berufung abgewiesen worden. Eine am 26.10.2001 erhobene Gegenvorstellung des Klägers wegen Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs ist vom Vorsitzenden des 15. Senats mit Schreiben vom 14.01.2002 abschlägig beantwortet worden. Ein gegen die drei Berufsrichter des Senats gerichtetes Ablehnungsgesuch wegen Rechtsbeugung und Begünstigung von Menschenrechtsverbrechen (ebenfalls vom 26.10.2001) ist durch Beschluss des 15. Senats in der Besetzung Vorsitzender Richter Scholz, Richterin Koch und Richter Dr.Jörg am 18.12.2001 zurückgewiesen worden. Auf die anschließende Beschwerde des Klägers, der sämtliche sechs Richter, die an den Beschlüssen des Senats vom 10.10. und 18.12.2001 mitgewirkt hatten, wegen verfassungswidriger Überbesetzung abgelehnt hat, ist mit gerichtlichem Schreiben vom 21.02.2002 klargestellt worden, dass die letztgenannten Richter normalerweise nicht dem 15., sondern anderen Senaten angehörten und im Übrigen ein neuerliches Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich angesehen werde.
Im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts im Beschluss vom 07.11.2001 in einem Rechtsstreit um die Kriegsopferversorgung des Klägers (B 9 V 7/01 BH) ist die Gegenvorstellung des Klägers vom 26.10.2001 im anhängigen Berufungsverfahren nachträglich als neuer Antrag auf Prozesskostenhilfe gewertet und in der mündlichen Verhandlung am 19.03.2002 wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht durch Beschluss abgelehnt worden.
Gegen den für 19.03.2001 festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits hat der Kläger Beschwerde nach Art.13 in Verbindung mit Art.6 EMRK eingelegt. Seines Erachtens seien die Richter des 15. Senats weiterhin als befangen abzulehnen, da sie die in seinem Fall bestehende Vorlagepflicht zum EuGH nach Art.234 EUV wegen Vorgreiflichkeit der EG-Richtlinien 91/789 EWG und der EG-Verordnung 259/93 missachtet hätten. Im Übrigen sei gemäß Art.19 Abs.3 EG-Grundrechtskonvention Prozesskostenhilfe grundsätzlich dann zu gewähren, wenn es - wie hier - um vorrangiges EG-Recht gehe. Der die Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss sei gemäß Art.19 Abs.4 EG-Grundrechtskonvention nichtig. Nach § 58 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei das nächsthöhere Gericht zuständig, das er nach § 68 Abs.2 SGG anrufe.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.04.2001 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Beklagten, die beigezogenen Klageakten des Verwaltungsgerichts Ansbach, die vom Landratsamt W. übersandten Unterlagen, ein den Kläger betreffendes Urteil des 18. Senats des Landessozialgerichts (LSG) vom 16.05.2001 (L 18 V 4/94) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach §§ 143, 151 SGG zulässig. Der Senat ist auch befugt, in der Sache zu entscheiden.
Es bestand kein Anlass, gemäß Art.234 Abs.2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) die Fragen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder der Zuständigkeit des Senats trotz mehrfacher Richterablehnung durch den Kläger wegen Besorgnis der Befangenheit oder der Vereinbarkeit der streitgegenständlichen wasserrechtlichen Genehmigungen mit der vom Kläger angeführten Ratsrichtlinie 78/319/EWG u.a. dem EuGH vorzulegen; denn letztere Frage war für die Entscheidung über einen Anspruch nach dem OEG nicht entscheidungserheblich. Auch hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen, dass die streitgegenständlichen auf geltende nationale Normen und Erlasse gestützten Maßnahmen gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben. Ferner wurden die Ablehnungsgesuche des Klägers gegen die Richter des 15. Senats sowie die Anträge auf Prozesskostenhilfe rechtskräftig abschlägig verbeschieden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art.6, 13, 34, 35 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Regelungen über die Zuständigkeiten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der Rechtsstreit war auch nicht nach § 58 Abs.2 SGG entsprechend dem Antrag des Klägers dem Bundessozialgericht vorzulegen, da kein Zuständigkeitsstreit zwischen verschiedenen Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bestand.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen den einen Anspruch auf Versorgung nach dem OEG ablehnenden Bescheid des Beklagten abgewiesen. Auch unter Berücksichtigung der weiteren vom Senat durchgeführten Ermittlungen kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger von einem Amtsträger des Landratsamts W. oder der Gemeinde B. vorsätzlich und rechtswidrig gesundheitlich geschädigt worden ist.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es unstreitig an einem unmittelbaren tätlichen Angriff auf den Kläger im Sinne des § 1 Abs.1 OEG.
Es liegt jedoch auch keine Gewalttat im Sinne des § 1 Abs.2 OEG vor, da weder von einer vorsätzlichen Giftbeibringung noch von einer wenigstens fahrlässigen Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben des Klägers durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen ausgegangen werden kann.
Eine vorsätzliche Beibringung von Gift (§ 1 Abs.2 Nr.1 OEG) setzt die vorsätzliche rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestands des § 229 StGB (Vergiftung) bzw. - ab 01.04.1998 kraft Änderung durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26.01.1998 - des § 224 Abs.1 Nr.1 StGB (gefährliche Körperverletzung durch Beibringung von Gift) voraus. Die Ableitung des Straßenober- flächenwassers in das Gebiet rund um den Wohnsitz des Klägers erfüllt aber nicht den Tatbestand des Beibringens von Gift, das ein Einführen oder Auftragen gesundheitsschädlicher Stoffe in oder auf den Körper eines Menschen voraussetzt (Tröndle/ Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 49. Auflage Rdnr.6 § 224).
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht darauf stützen, dass er Opfer eines mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Verbrechens geworden ist. Ein Verbrechen liegt nach § 12 Abs.1 StGB nur dann vor, wenn die Straftat im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist. Mit gemeingefährlichen Mitteln begangene Verbrechen sind die Straftaten der §§ 306 ff. StGB sowie auch Straftaten, die der Täter mit Mitteln begangen hat, bei denen er im Allgemeinen nicht die Wirkung der von ihm entfesselten Kräfte bestimmen und abgrenzen kann oder bei denen er die Ausdehnung der Gefährdung nicht in seiner Gewalt hat (vgl. Schoreit/Düsseldorf, OEG, 1977 Rdnr.166 ff. zu § 1). Im vorliegenden Fall kommen in Betracht § 319 bzw. seit 01.04. 1998 § 314 StGB (gemeingefährliche Vergiftung), § 326 StGB (umweltgefährdende Abfallbeseitigung bzw. seit 01.04.1998: unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen) und § 330a StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften). § 324 StGB (Gewässerverunreinigung) scheidet aus, da es sich bei dieser Straftat lediglich um ein Vergehen handelt. Eine gemeingefährliche Vergiftung im Sinne des § 319 StGB bzw. 314 StGB setzt voraus, dass jemand Wasser in Brunnen- oder Wasserbehältern bzw. Wasser in gefassten Quellen, Leitungen oder Trinkwasserspeichern vergiftet oder ihnen gesundheitsschädliche Stoffe beimischt. Nach Aktenlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass das verschmutzte Straßenoberflächenabwasser unmittelbar in Brunnen oder andere Wasserbehälter eingeleitet worden ist oder eingeleitet wird. Der Kläger hat mehrfach vorgetragen, dass er die Verunreinigung seines Trinkwassergebiets über das Grundwasser befürchte. Aus den vom Landratsamt W. übersandten Unterlagen ergibt sich ebenfalls, dass das Straßenabwasser in das Grundwasser abgeleitet wurde/wird (Mitteilung des Landratsamts vom 13.12.1994 an den Landkreis W. , Tiefbauverwaltung, über die Erteilung einer beschränkten Erlaubnis zum Einleiten von Straßenabwasser gemäß Art.17a Bayerisches Wassergesetz). Auch die vom Kläger angegebene Vorbeileitung der Abwässer in nur 80 m Entfernung von der Trinkwasserbrunnenfassung der Burganlage erfüllt nicht den Tatbestand des § 319 bzw. § 314 StGB.
Auch § 326 StGB ist nicht erfüllt, da das Straßenoberflächenwasser nicht unbefugt abgeleitet wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob das sich auf den beiden Straßen sammelnde Regenwasser, vermischt mit dem Abrieb von Kfz-Reifen und anderen Verunreinigungen als Gift angesehen werden kann oder als Stoff, der für den Menschen krebserzeugend wirken kann. Es musste auch nicht näher geprüft werden, ob das Straßenoberflächenwasser als Abfall unter § 3 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW-/AbfG) vom 27.09.1994 fällt und inwieweit Europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinien des Rates über Abfälle vom 15.07.1975 sowie über gefährliche Abfälle vom 12.12.1991 (91/689/EG) tangiert wird (vgl. Tröndle/ Fischer a.a.O. Rdnrn.2 und 2a zu § 326 mit weiteren Nachweisen). Der Tatbestand des § 326 StGB ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil das streitgegenständliche Ableiten des Straßenoberflächenwassers nicht rechtswidrig, sondern aufgrund oben genannter wasserrechtlicher Erlaubnis erfolgte. Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat mit seinen Urteilen vom 29.07.1998 die Vorgehensweisen des Landkreises W. als rechtmäßig angesehen. Im Urteil gegen den Kläger mit dem Az.: AN 13 K 92.00891 hat das Verwaltungsgericht auf S.16 ausgeführt, dass Einleitungen von der Kreisstraße WUG 14 das Wasserschloss des Klägers aus topographischen Gründen gar nicht beeinträchtigen können. Die weitflächigen Ableitungen von der WUG 16, die ein deutlich geringeres Verkehrsaufkommen als die Kreisstraße WUG 14 aufweise, entsprächen den geltenden Richtlinien. Eine Behandlung von wenig verschmutztem Straßenwasser, das weitflächig über die Straßen- und Parkplatzränder ablaufe, sei in der Regel nicht erforderlich; auch seien keine Absetzbecken notwendig. In Anbetracht dieser Tatsache kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bediensteter des Landratsamts W. oder der Gemeinde B. oder der Landrat persönlich vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich gefährlichen Abfall verbotswidrig beseitigen wollte. Diese innere Einstellung ist jedoch Voraussetzung für das Vorliegen eines Verbrechens gemäß § 326 StGB (vgl. Tröndle/Fischer a.a.O. Rdnr.14 zu § 326).
§ 330a Abs.1 StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften) wurde erst durch die Änderungen des 6. Strafrechtsreformgesetzes ab April 1998 von einem Vergehens- in einen Verbrechenstatbestand umgewandelt. Nunmehr wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft, wer Stoffe, die Gifte enthalten können, verbreitet oder freisetzt und dadurch die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder die Gefahr einer Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht (zuvor Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren). Der Senat geht in diesem Zusammenhang ebenso wie das Sozialgericht Nürnberg davon aus, dass auch hier der subjektive Tatbestand der Norm nicht erfüllt ist, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine der für die Ableitung des Straßenoberflächenwassers verantwortlichen Personen eine schwere Gesundheitsschädigung des Klägers oder einer großen Zahl von Menschen herbeiführen wollte oder dies billigend in Kauf genommen hat (vgl. auch BSG-Urteil vom 28.04.1999 - B 9 VG 7/98 R, das auf ein BGH-Urteil vom 02.08.1995 - BGHSt 41, 206 ff. - Bezug nimmt). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine konkrete Gefahr bestand bzw. ob dadurch eine Gesundheitsschädigung eingetreten ist.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers führt auch das Europäische Gemeinschaftsrecht nicht zu einem anderen Ergebnis. So sieht das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten, dem durch Gesetz vom 17.07.1996 (BGBl.II 1997, 740) zugestimmt wurde, in Art.2 Abs.1a in Übereinstimmung mit dem OEG vor, dass das Opfer eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben muss, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist. Es kann nicht - wie der Kläger meint - davon ausgegangen werden, dass immer dann, wenn ein Verwaltungsakt gegen den Willen eines Betroffenen vom Staat durchgesetzt wird, eine Gewalttat im Sinne des Abkommens bzw. des OEG vorliegt. Die vom Kläger mehrfach erwähnten Urteile des EuGH, die sich insbesondere mit Entschädigungsansprüchen gegen Mitgliedsstaaten befassen, die umweltschädlich gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben, sind für die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch nach OEG zusteht, nicht relevant. (Das gilt auch für die Bezugnahme auf das Umwelthaftungsgesetz, das ebenfalls auf Schadensersatzansprüche abzielt.)
Der Kläger hat im Übrigen keine schlüssigen Argumente dafür vorgebracht, dass sein Trinkwasser durch das eingeleitete Straßenoberflächenwasser verseucht worden ist. Er hat sich lediglich auf einen Forschungsbericht des Bundesumweltamts aus dem Jahre 1990 bezogen, aus dem hervorgeht, dass im Straßenschlamm verschiedene Metalle wie Blei, Nickel, Kadmium etc. und andere Stoffe gefunden werden können, denen teilweise bei entsprechender Konzentration und Dauer der Einwirkung krebserregende Wirkung nachgesagt wird. Der außerdem zugeleitete Untersuchungsbericht des klinisch-biologischen Laboratoriums Dr.L. vom 30.07.1996 bezog sich ebenfalls nicht auf das streitgegenständliche Straßenoberflächenabwasser.
Schließlich ist davon auszugehen, dass der Kläger vom Zweckverband zur Wasserversorgung der Jura-Schwarzach-Thalach-Gruppe unverdächtiges Trinkwasser beziehen könnte, sofern er bereit wäre, die entsprechenden Gebühren zu entrichten. Da dem Kläger kein Anspruch auf Entschädigung nach § 1 OEG zusteht, musste nicht geprüft werden, ob dieses Verhalten als vorwerfbare Selbstgefährdung gewertet und ein Grund zur Versagung von Leistungen nach § 2 Abs.1 OEG gesehen werden müsste.
Aus diesen Gründen hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved