B 6 KA 34/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 12 KA 8/01
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 34/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
. Ärzte die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach (hier: Laborärzte) nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind dürfen ihre vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb desselben KÄV-Bezirks auch in der Weise in einer Gemeinschaftspraxis ausüben dass jeder Vertragsarzt an seinem Praxissitz tätig ist ohne dass ein einheitlicher Standort der Gemeinschaftspraxis besteht (überörtliche Gemeinschaftspraxis).
2. Für die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis ist die Vorlage eines Gesellschaftsvertrages an den Zulassungsausschuss erforderlich.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28. Juni 2002 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Beschlusses vom 13. März 2001 verpflichtet, über den Widerspruch der Kläger gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 8. Dezember 1999 neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Umstritten ist die Genehmigung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis von Laborärzten.

Die Kläger zu 1. und 2. sind in einer Gemeinschaftspraxis als Laborärzte in P zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, der Kläger zu 3. hat seinen Vertragsarztsitz als Laborarzt in B. Im Oktober 1999 beantragten die Kläger zu 1. und 2., ihnen die Führung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger zu 3. zu genehmigen. Der Zulassungsausschuss lehnte dies mit der Begründung ab, eine Gemeinschaftspraxis könne nur an einem einheitlichen Praxissitz geführt werden. Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch der Kläger zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben und diesen verpflichtet, die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Kläger in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis zu genehmigen. Diese hätten Anspruch auf Erteilung der Genehmigung nach § 33 Abs 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), weil die dort enumerativ aufgezählten Versagungsgründe nicht vorlägen. Das Recht zur gemeinschaftlichen Berufsausübung sei Ärzten in der Berufsordnung ausdrücklich zugebilligt und ergebe sich im Übrigen aus der grundrechtlichen Gewährleistung des Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG). Im Hinblick darauf bedürften Eingriffe in die Berufsausübung von Ärzten generell und insbesondere auch in das Recht zur Gestaltung der vertragsärztlichen Tätigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Eine Vorgabe des Inhalts, dass eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis zwingend einen gemeinsamen Praxissitz erfordere, sei in § 33 Abs 2 Ärzte-ZV nicht enthalten. Für die Arztgruppen, die unmittelbar patientenbezogen tätig seien, ließen sowohl die berufsrechtlichen Bestimmungen als auch die Vorschriften der §§ 24, 33 Ärzte-ZV die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit nur an einem einheitlichen Praxissitz zu. Diese Erwägungen beträfen jedoch die Kläger als Ärzte für Laboratoriumsmedizin nicht. Sie würden nicht unmittelbar patientenbezogen tätig und müssten entsprechend auch nicht für die Patienten erreichbar sein. Wenn das ärztliche Berufsrecht für die nicht unmittelbar patientenbezogen tätigen Arztgruppen die gemeinsame Berufsausübung in einer überörtlichen Ausübungsgemeinschaft an verschiedenen Praxisstandorten zulasse, müsse das grundsätzlich auch in der vertragsärztlichen Tätigkeit möglich sein. Die vom Beklagten und von der zu 1. beigeladenen Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) befürchtete wechselseitige Zurechnung der ärztlichen Tätigkeit an den Praxissitzen der verschiedenen Gesellschafter sei nicht zu erwarten. Eine Gefährdung der Versorgung der Versicherten sei schließlich nicht zu besorgen, mögliche Rationalisierungsvorteile durch die Einführung von überörtlichen Gemeinschaftspraxen käme den Versicherten eher zugute. Die Schwierigkeiten, die sich ergeben könnten, wenn sich Ärzte über die Grenzen von KÄV-Bezirken hinweg zu überörtlichen Gemeinschaftspraxen zusammenschlössen, könnten im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil die Kläger eine überörtliche Gemeinschaftspraxis im Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV begründen wollten, deren Mitglieder sie schon derzeit seien (Urteil vom 28. Juni 2002).

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der beklagte Berufsausschuss eine Verletzung der §§ 24, 33 Ärzte-ZV. Entgegen der Auffassung des SG sei § 33 Abs 2 iVm § 24 Abs 1 Ärzte-ZV zu entnehmen, dass die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur an einem gemeinsamen Praxissitz zulässig sei. Nach § 24 Ärzte-ZV erfolge die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt. Die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit sei an den Vertragsarztsitz gebunden, für den die Zulassung erfolgt sei. Von der Bindung an den Vertragsarztsitz dürfe auch im Falle einer gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht abgewichen werden. Eine Gemeinschaftspraxis sei dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Ärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam ausübten, indem sie in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, Karteiführung und Abrechnung aller Fälle unter einem einheitlichen Namen aufträten. Die Tätigkeit der Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis sei austauschbar und müsse das auch bleiben. Das sei nicht gewährleistet, wenn Ärzte sich zu einer Gemeinschaftspraxis zusammenschlössen, ohne über eine gemeinsame Praxis und eine gemeinsame Praxisorganisation zu verfügen. Die berufsrechtliche Zulassung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis für Ärzte, die nach dem Inhalt ihres Fachgebiets regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen tätig seien, habe in der Ärzte-ZV keinen Niederschlag gefunden. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei nicht abzuleiten, dass aus der berufsrechtlichen Zulassung einer bestimmten Form der ärztlichen Berufsausübung die Zulässigkeit der entsprechenden vertragsärztlichen Betätigung folge. Vielmehr könnten sich aus dem Vertragsarztrecht Einschränkungen auch von berufsrechtlich zulässigen Formen der Kooperation von Ärzten ergeben.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28. Juni 2002 aufzuheben und die Klage gegen seinen Bescheid vom 13. März 2001 abzuweisen.

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Zusammenarbeit von Ärzten für Laboratoriumsmedizin in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft dergestalt, dass jeder Vertragsarzt seine ärztliche Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz ausübt, genehmigungsfrei ist.

Sie halten das Urteil des SG für zutreffend. Nach § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV dürfe die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt werde oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstünden. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Zwischen den Beteiligten sei nicht mehr umstritten, dass die von ihnen - den Klägern - beabsichtigte überörtliche Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin mit den Standorten P und B ärztlichem Berufsrecht nicht widerspreche. Entgegen der Auffassung der Revision stehe § 24 Abs 1 Ärzte-ZV ihrem Genehmigungsanspruch nicht entgegen. Aus dieser Vorschrift könne nicht abgeleitet werden, dass die gemeinsame Berufsausübung von Vertragsärzten nur an einem Praxissitz möglich sei. Die in § 33 Abs 2 Ärzte-ZV angesprochene "gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit" setze vom Wortsinn her nicht voraus, dass Patienten gemeinsam an einem Vertragsarztsitz von mehreren Vertragsärzten behandelt würden. Das BSG habe mehrfach betont, dass § 33 Ärzte-ZV den Ärzten hinsichtlich der Gestaltung der gemeinsamen Berufsausübung im Rahmen der berufsrechtlichen Vorgaben weitgehende Gestaltungsfreiheit einräume. Der Gesichtspunkt, in einer Gemeinschaftspraxis müssten grundsätzlich alle Leistungen von allen Mitgliedern erbracht werden können, sei nicht Bestandteil des geltenden Rechts. Andernfalls hätten fachübergreifende Gemeinschaftspraxen, die die Rechtsprechung des BSG seit Jahrzehnten zulasse, nicht genehmigt werden dürfen.

Aus § 33 Abs 2 Ärzte-ZV ergebe sich, dass die gemeinsame Berufsausübung im Sinne dieser Vorschrift nur unter Vertragsärzten möglich sei. Dies habe zur Konsequenz, dass der einzelne Arzt zunächst für einen bestimmten Praxissitz als Vertragsarzt zugelassen worden sein müsse, bevor die gemeinsame Berufsausübung genehmigt werden könne. § 33 Abs 2 Ärzte-ZV sei aber nicht so zu verstehen, dass die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur "an einem Vertragsarztsitz" zulässig sei. Soweit der Gesetz- bzw Verordnungsgeber das gewollt hätte, hätte dies ausdrücklich klargestellt werden müssen. Wenn der Beklagte Recht hätte, dass bei verschiedenen Praxisstandorten gar keine "gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit" vorliegen könne, wäre die von den Klägern beabsichtigte Kooperation ohnehin genehmigungsfrei. Das Genehmigungserfordernis des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV greife von vornherein nur ein, wenn tatsächlich eine Vergesellschaftung der vertragsärztlichen Tätigkeit gewollt sei.

Als Einschränkung der freien Berufsausübung bedürfe das Verbot einer gemeinsamen Berufsausübung von Ärzten einer hinreichend bestimmten normativen Grundlage. Diese enthalte allein Kapitel D II Nr 8 Abs 2 Satz 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO). Von diesem konstitutiven Verbot, dessen Verfassungsmäßigkeit umstritten, hier aber unerheblich sei, nehme Satz 2 diejenigen Ärzte aus, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen ärztlich tätig seien. Eine abweichende Auslegung der Vorschriften der Berufsordnung wie des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV sei mit Art 12 Abs 1 GG nicht vereinbar. Im Übrigen sei die Versorgung der Versicherten durch die von den Klägern gewünschte Kooperation nicht gefährdet. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass jeder Laborarzt alle Leistungen des Fachgebiets vorhalten und erbringen müsse, könne aus den Urteilen des BSG vom 14. März 2001 nicht abgeleitet werden. Andernfalls wären die in zahllosen bereits genehmigten Berufsausübungsgemeinschaften praktizierten Subspezialisierungen von Ärzten mit derselben Gebietsbezeichnung rechtswidrig.

Die Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4., 6. und 8. schließen sich dem Antrag des Beklagten an. Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht.

II

Die auf Aufhebung des SG-Urteils und Klageabweisung gerichtete Revision des Beklagten ist überwiegend nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die von den Klägern begehrte Genehmigung nicht deshalb hat versagen dürfen, weil diese im Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV eine Gemeinschaftspraxis mit Standorten in P und B bilden wollen. Der Beklagte durfte jedoch nicht zur Genehmigung der Gemeinschaftspraxis verurteilt werden. Er war vielmehr zu verpflichten, über den Widerspruch der Kläger gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses neu zu entscheiden.

Die von den Klägern geplante gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist ungeachtet dessen, dass sie diese in Zukunft an verschiedenen Praxissitzen ausüben wollen, grundsätzlich genehmigungsfähig.

Rechtsgrundlage des Genehmigungsvorbehaltes ist § 33 Abs 2 Ärzte-ZV. Danach bedarf die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit der Genehmigung, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu erteilen ist. Die Vorschrift des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

Nach Art 12 Abs 1 GG ist die berufliche Tätigkeit, gleichgültig, ob sie selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird, geschützt (vgl BVerfGE 7, 377, 398 f; 54, 301, 322). Zur Berufsausbildung gehört auch das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen (s dazu BVerfGE 80, 269, 278; Beschluss vom 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 - Anwaltssozietäten - NJW 2003, 2520, 2522). Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen nach Art 12 Abs 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Diese findet sich in § 33 Abs 2 Ärzte-ZV. Die Bestimmung ist trotz ihrer Inkorporierung in eine Rechtsverordnung eine Regelung im Rang eines formellen Gesetzes, da der Gesetzgeber sie im Rahmen von Änderungen der Ärzte-ZV, die durch formelle Gesetze erfolgten, in seinem Willen aufgenommen hat.

Die vormalige "Zulassungsordnung für Kassenärzte" (ZO-Ärzte) vom 28. Mai 1957 (BGBl I 572) ist durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) angepasst und ab diesem Zeitpunkt als "Zulassungsverordnung für Kassenärzte" (später Vertragsärzte) bezeichnet worden. Die Vorschriften der Ärzte-ZV, die durch das GRG neu in die Zulassungsordnung eingefügt worden sind, stellen trotz ihrer Bezeichnung als Verordnungsrecht Recht im Rang eines formellen Gesetzes dar, weil sie im formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen worden sind (BSGE 70, 167, 172 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2 S 13/14). Das hat der Senat speziell für die durch Art 18 Nr 18 GRG in die Ärzte-ZV eingefügten Bestimmungen der §§ 31, 31a Ärzte-ZV über die Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen näher dargelegt. Dasselbe gilt auch für § 33 Abs 2 Ärzte-ZV. Zwar ist der Text dieser Norm durch das GRG nicht ausdrücklich geändert worden, und die Änderung durch Art 9 Nr 26 Buchst a des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) hatte eher redaktionellen Charakter, weil lediglich die Bezeichnung "Kassenärzte" durch "Vertragsärzte" ersetzt worden ist. Der Gesetzgeber selbst hat aber anlässlich des Erlasses des SGB V zum 1. Januar 1989 und seiner Umgestaltung durch das GSG zum 1. Januar 1993 das Zulassungsrecht insgesamt neu geregelt. Es sind neue Ermächtigungsvorschriften für den Erlass ua der Zulassungsverordnung geschaffen und die dort geregelten Materien sind insgesamt im Gesetzesrang der Neugestaltung des Krankenversicherungsrechts angepasst worden. Der Umstand, dass sich hinsichtlich der Vorschriften über die gemeinsame Berufsausübung von Ärzten nur redaktioneller Änderungsbedarf ergeben hat, ändert nichts daran, dass alle Regelungen der Ärzte-ZV, die seit ihrem In-Kraft-Treten am 1. Januar 1989 nur durch Gesetze geändert worden ist, im Rang eines formellen Gesetzes stehen.

An der Qualifikation als förmliches Gesetz haben nicht nur die Bestandteile einer Rechtsverordnung Teil, die ausdrücklich durch ein Gesetz geändert worden sind, sondern auch solche Regelungen, die der Gesetzgeber unverändert gelassen, im Zuge von Normtextänderungen aber in seinen Willen aufgenommen hat. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jüngst im Hinblick auf Änderungen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV) durch förmliches Gesetz ebenso gesehen und ausgeführt, der Gesetzgeber habe eine Frist für den Erlass der Verordnung mehrmals in Kenntnis ihres Inhalts verlängert und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er die inhaltliche Gestaltung der Rechtsverordnung akzeptiert und ihre Fortgeltung in seinen Willen aufgenommen hat (Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - DVBl 2003, 1148, 1149). Die Frage, wann der Gesetzgeber den Inhalt einer Verordnung in seinen Willen aufgenommen hat, ist nach den Grundsätzen zu beantworten, die das BVerfG für die Prüfung entwickelt hat, wann eine vorkonstitutionelle Norm der Normenkontrolle nach Art 100 Abs 1 GG unterliegt. Das ist der Fall, wenn der Gesetzgeber eine solche Norm nach Inkrafttreten des GG in seinen Willen aufgenommen hat. Diesen Bestätigungswillen muss er im Gesetz selbst zu erkennen geben, oder ein solcher Wille muss aus dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen unveränderten und geänderten Normen zu erschließen sein. Ein Indiz dafür ist, dass ein begrenztes und überschaubares Rechtsgebiet durchgreifend geändert wird und veränderte und unveränderte Normen eng miteinander zusammen hängen (BVerfGE 70, 126, 129; BVerfG (Kammer), NJW 1998, 3557, sowie Clemens in Umbach/Clemens (Hrsg), GG, 2002, Art 100 RdNr 61 ff). Werden diese Maßstäbe auf das "In den Willen aufnehmen" des Inhalts einer Rechtsverordnung angewendet, ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Ärzte-ZV insgesamt in seinen Willen aufgenommen hat. Der Gesetzgeber des GRG wie derjenige des GSG hat die Anpassung der Ärzte-ZV an das SGB V und ihre späteren Änderungen stets durch formelles Gesetz realisiert. Die Umgestaltung des Zulassungsrechts zum 1. Januar 1989 und seine Neuregelung zum 1. Januar 1993 sind durch Artikel-Gesetze verwirklicht worden, in denen aufeinander abgestimmt die Zulassungsregelungen im SGB V, die Ermächtigungsvorgaben an den Verordnungsgeber und die Detailregelungen in der Ärzte-ZV selbst erlassen worden sind. Veränderte und unveränderte Normen der Ärzte-ZV sind eng miteinander verzahnt, und auch die textlich unverändert gebliebenen Teile der ZO-Ärzte sind Bestandteil des neuen, den aktuellen Willen des Gesetzgebers wiedergebenden Zulassungsrechts geworden. Auch die textlich nicht veränderten Teile der Ärzte-ZV wie § 33 Abs 2 stehen als vom aktuellen Regelungswillen des Gesetzgebers umfasst im Rang eines Gesetzes im formellen Sinne.

Soweit allgemein die Rechtsauffassung in Frage gestellt wird, dass Vorschriften von Rechtsverordnungen, die der Gesetzgeber selbst geändert oder geschaffen hat, Regelungen im Rang eines formellen Gesetzes seien (zB Külpmann, NJW 2002, 3436 ff; offen gelassen vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Januar 2003 - 4 CN 8/01 - BVerwGE 117, 313, 318 = NJW 2003, 2039, 2040), folgt der Senat dem nicht. Das BVerfG hat 1967 entschieden, der Gesetzgeber könne kein Recht im Rang einer Rechtsverordnung erlassen, und die von ihm erlassenen Normen seien stets Gesetze im formellen Sinne (BVerfGE 22, 330, 346). Daran sind die Fachgerichte gebunden (§ 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Ob eine Norm ein Gesetz im formellen Sinne ist und deshalb der Vorlagepflicht der Fachgerichte sowie dem Verwerfungsmonopol des BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG unterliegt, muss für den Rechtsanwender zu jedem Zeitpunkt klar sein. Das ist nur gewährleistet, wenn sich der Charakter einer Norm als Gesetz im formellen Sinne allein und abschließend daraus ergibt, dass sie vom Parlament in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren - im Bund also gemäß Art 76 bis 78 GG - erlassen worden ist.

Das BVerwG hat in dem oben erwähnten Urteil vom 16. Januar 2003 (BVerwGE 117, 313, 317 ff = NJW 2003, 2039, 2040) allerdings angenommen, unter dem Gesichtspunkt des Normenkontrollverfahrens könne eine durch Gesetz geänderte landesrechtliche Rechtsverordnung, hinsichtlich derer die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang angeordnet ist, eine im Rang unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschrift iS des § 47 Abs 1 Nr 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sein. Diese Rechtsprechung betrifft jedoch nur landesrechtliche Rechtsverordnungen und die Auslegung des § 47 Abs 1 VwGO. Für die Frage, wann eine bundesrechtliche Norm innerhalb einer Rechtsverordnung den Charakter eines formellen Gesetzes hat und deshalb für ihre Wirksamkeit eine Prüfung am Maßstab des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG obsolet ist, kommt ihr keine Bedeutung zu. Ebensowenig können aus der einen Sonderfall betreffenden Entscheidung BVerfGE 70, 35 (zu einem Hamburgischen Bebauungsplan) allgemeine Schlussfolgerungen gezogen werden.

Im Übrigen steht § 33 Abs 2 Ärzte-ZV mit der Ermächtigungsnorm des § 98 Abs 1 iVm § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V in Einklang. Dort ist bestimmt, dass in den Zulassungsverordnungen Vorschriften über die Voraussetzungen enthalten sein müssen, unter denen nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes die Vertragsärzte die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben können. Insofern hat sich in der Sache - abgesehen von begrifflichen Anpassungen - gegenüber dem Rechtszustand, der Gegenstand des Senatsurteils vom 22. April 1983 (BSGE 55, 97 = SozR 5520 § 33 Nr 1) gewesen ist, nichts geändert.

§ 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist auch inhaltlich mit Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur zulässig unter Vertragsärzten. Sie bedarf der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (aaO Satz 2). Materielle Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung werden in Satz 4 aaO aufgestellt. Danach darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen. Damit besteht grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis. Diese kann nur unter engen Voraussetzungen versagt werden. Hierbei handelt es sich um eine Einschränkung der Berufsfreiheit auf der Ebene der Berufsausübung. Sie hat vor Art 12 Abs 1 GG Bestand, weil sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und der Eingriff nicht weiter geht, als es die rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl zum Ganzen zuletzt BVerfG - Beschluss vom 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 = NJW 2003, 2520, 2521). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 22. April 1983 (BSGE 55, 97, 100 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 3/4) ausgeführt, die Vorläufervorschrift § 33 Abs 2 ZO-Ärzte solle verhindern, dass Ärzte durch eine besondere Art der Praxisführung die Versorgung der Versicherten beeinträchtigen und gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen. Hieran ist für § 33 Abs 2 Ärzte-ZV festzuhalten. Bei der Sicherstellung der ausreichenden Versorgung der Versicherten handelt es sich um einen Gemeinwohlbelang von hohem Rang, der die geringgradige Beschränkung der Berufsausübung der Ärzte, die sich in einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen wollen, rechtfertigt.

Aus § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV lässt sich nicht herleiten, dass die Bildung einer Gemeinschaftspraxis der als Laborärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kläger an verschiedenen Praxissitzen innerhalb desselben KÄV-Bezirks verboten ist. Insbesondere stehen berufsrechtliche Vorschriften im Sinne der genannten Vorschrift der Bildung einer derartigen Gemeinschaftspraxis nicht entgegen. Das für die Kläger als in P und B niedergelassene Ärzte maßgebliche Berufsrecht ergibt sich aus der BO der für sie zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe. Die in der Rechtsform einer Satzung ergangene BO beruht auf der Ermächtigungsgrundlage der §§ 31, 32 des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes vom 9. Mai 2000 (GV NRW S 403). Die im vorliegenden Verfahren anzuwendenden Vorschriften der BO stimmen wörtlich mit der vom Deutschen Ärztetag verabschiedeten (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä; abgedruckt bei Engelmann (Hrsg), Gesetzliche Krankenversicherung - Soziale Pflegeversicherung, Nr 1400) überein und erweisen sich damit als revisibles Recht iS des § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG; zur Revisibilität von BO-Vorschriften s BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 20 S 96 f). Die BO regelt in § 22, dass zur gemeinsamen Berufsausübung die in Kapitel D II Nr 7 ff BO geregelten Berufsausübungsgemeinschaften von Ärzten zugelassen sind. In Kapitel D II Nr 8 Abs 1 Satz 1 BO ist bestimmt: Für die Berufsausübungsgemeinschaft dürfen Ärzte nur Gesellschaftsformen wählen, welche die eigenverantwortliche und selbstständige sowie nicht gewerbliche Berufsausübung wahren. Solche Gesellschaftsformen sind nach Satz 2 aaO die Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Gemeinschaftspraxis und die Partnerschaftsgesellschaft für die Ärztepartnerschaft. Nach Abs 2 Satz 1 aaO ist die Berufsausübungsgemeinschaft nur an einem gemeinsamen Praxissitz zulässig. Satz 2 aaO gestattet dagegen Ärzten, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen ärztlich tätig sind, sich derart zu einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammenzuschließen, dass jeder der Gemeinschaftspartner seine ärztliche Tätigkeit an einem Praxissitz ausübt, der den Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit bildet. Diese Vorschrift ist auf die Kläger anwendbar, weil sie als Laborärzte nicht unmittelbar patientenbezogen ärztlich tätig sind. Demnach können sie sich zu einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen, wobei jeder der Gemeinschaftspartner seine ärztliche Tätigkeit an einem - eigenen - Praxissitz ausüben kann. Berufsrechtliche Regelungen iS des § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV stehen somit der von ihnen begehrten Genehmigung nicht entgegen.

Die Versagung der Genehmigung kann damit nur noch darauf gestützt werden, dass die Versorgung der Versicherten iS des § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV beeinträchtigt wird oder die Kläger an den verschiedenen Praxisstandorten in Wirklichkeit keine "gemeinsame" Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit iS des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV beabsichtigen. Der Umstand, dass die vertragsärztliche Tätigkeit an zwei unterschiedlichen Praxisstandorten ausgeübt werden soll, wobei jeder Arzt nur an einem Standort tätig werden soll, führt jedoch weder notwendig zu einer Versorgungsbeeinträchtigung noch schließt er für sich genommen eine "gemeinsame" Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit aus.

Ein einheitlicher Praxissitz für alle Mitglieder einer vertragsärztlichen Laborgemeinschaftspraxis ist nicht erforderlich, um zu gewährleisten, dass die Versorgung der Versicherten nicht iS des § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV beeinträchtigt wird. Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 49/02 R im Einzelnen dargelegt, dass der Tatbestand der "Beeinträchtigung der Versorgung der Versicherten" alle Aspekte auch der Struktur der vertragsärztlichen Versorgung mit einschließt. Er darf nicht auf die Qualität der medizinischen Versorgung im Einzelfall bzw der einzelnen ärztlichen Behandlung verengt werden. Spezifisch vertragsarztrechtliche Gründe, die grundsätzlich eine Versagung der Genehmigung rechtfertigen können, greifen hier jedoch nicht ein. Die Rechtsauffassung des Senats, dass Gemeinschaftspraxen generell nicht genehmigungsfähig sind, wenn nicht alle Mitglieder derselben KÄV angehören (Senatsurteil aaO), steht der von den Klägern begehrten Genehmigung nicht entgegen; denn diese sind sämtlich Mitglieder der zu 1. beigeladenen KÄV.

Auch auf Grund der Bindung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einen Vertragsarztsitz iS des § 24 Abs 1 Ärzte-ZV kann die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an mehreren Standorten jedenfalls für Ärzte, die nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind, nicht versagt werden. Diese Bindung soll verhindern, dass Ärzte ihre Tätigkeit ohne feste Niederlassung gleichsam im Umherziehen ausüben. Ansonsten hat der Vertragsarztsitz Bedeutung für die örtliche bzw regionale Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung sowie zur Ermittlung von Über- und Unterversorgung. Diese Gesichtspunkte spielen bei Ärzten für Laboratoriumsmedizin keine Rolle, denn diese Arztgruppe unterliegt derzeit keiner Bedarfsplanung, weil bundesweit keine 1000 Laborärzte zugelassen sind (§ 101 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V).

Nach Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. kann die gemeinschaftliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in der Weise, dass einzelne Ärzte ihren Praxisstandort beibehalten und lediglich organisatorisch über den einzelnen Praxissitz hinweg kooperieren, dazu führen, dass der einzelne Vertragsarzt an seinem Praxisstandort nicht mehr die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anbiete. Dies könne gegen die vom Senat in seinen Urteilen vom 14. März 2001 (ua BSGE 88, 20 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12) aufgestellten Grundsätze verstoßen, nach denen der Vertragsarzt die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anbieten müsse. Auch diese Befürchtung trägt die generelle Versagung der Gemeinschaftspraxis nicht.

Die Gemeinschaftspraxis iS des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV stellt einen besonderen vertragsärztlichen Status dar. Eine Gemeinschaftspraxis ist durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamen Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt (BSGE 55, 97, 104 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 8; Ratzel in: Ratzel/Lippert, Kommentar zur Muster-Berufsordnung der deutschen Ärzte, 3. Aufl 2002, § 22 RdNr 3; Rieger, Lexikon des Arztrechts, 2. Aufl, Stand: 3. Ergänzungslieferung Juli 2002, Nr 2050 RdNr 1). Die Gemeinschaftspraxis ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abzurechnen, und tritt dieser entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen ist eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis (Rieger, aaO). Dementsprechend ist das Gebot der persönlichen Leistungserbringung in der Weise modifiziert, dass bei den abgerechneten Leistungen grundsätzlich - jedenfalls bei der fachidentischen Gemeinschaftspraxis - nicht gekennzeichnet sein muss, welcher der Gemeinschaftspraxis angehörende Arzt welche Leistung erbracht hat (vgl BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 3 ff sowie BSGE 85, 1, 8 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 35). Das hat auch zur Konsequenz, dass die Prüfung, ob die wesentlichen Leistungen des Fachgebiets angeboten werden, für das die einzelnen Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, in erster Linie unter dem Blickwinkel des Leistungsangebotes der Gemeinschaftspraxis insgesamt erfolgen muss. Sofern die Vertragsärzte der Gemeinschaftspraxis in den Fachgebieten, für die sie zugelassen sind, das im Wesentlichen vollständige Leistungsspektrum anbieten, bestehen gegen eine Subspezialisierung der einzelnen Ärzte unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung einer ausreichenden und zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung keine Bedenken. Angesichts der Differenziertheit (auch) des Gebietes der Laboratoriumsmedizin ist es deshalb nicht zu beanstanden, wenn einzelne Ärzte einer laborärztlichen Gemeinschaftspraxis sich auf bestimmte Analysen spezialisieren und diese schwerpunktmäßig als Mitglieder der Gemeinschaftspraxis erbringen. In diesem Zusammenhang spielt auch der weitere Gesichtspunkt, dass durch die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit das Recht der Versicherten auf freie Arztwahl nicht beeinträchtigt werden darf (vgl BSGE 55, 97, 101 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 5), keine besonders gewichtige Rolle, da es sich um eine nichtpatientenbezogene ärztliche Tätigkeit handelt.

Die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis an verschiedenen Praxisstandorten kann im Hinblick auf § 33 Abs 2 Satz 4 Ärzte-ZV dann versagt werden, wenn gerade die Existenz verschiedener Praxisstandorte die Versorgung der Versicherten zumindest mittelbar verschlechtern würde. Anhaltspunkte dafür, dass das generell der Fall sein wird, sind weder aufgezeigt noch ersichtlich. Soweit zur Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung auch in Eilfällen sichergestellt werden muss, dass am einzelnen Praxisstandort bestimmte Laboruntersuchungen schnell durchgeführt werden können, muss es den Ärzten, die in einer Gemeinschaftspraxis mit verschiedenen Standorten zusammenarbeiten wollen, ermöglicht werden, gegenüber den Zulassungsgremien nachzuweisen, dass dies in ausreichendem Umfang, ggf durch Einschaltung von Fahrdiensten, gewährleistet ist.

Im Übrigen ist es Sache der betroffenen Ärzte, gegenüber den Zulassungsgremien darzutun, wie sie bei Fortbestand der unterschiedlichen Praxisstandorte tatsächlich ihre Kooperation ausgestalten wollen bzw worin diese gerade bestehen soll. Wenn dies dazu führt, dass für die Versorgung der Versicherten an bestimmten Standorten notwendige Leistungen nicht mehr oder nicht mehr in der erforderlichen Zeit bzw Qualität erbracht werden können, sind die Zulassungsgremien berechtigt, darauf mit einer Versagung der Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zu reagieren. Der Senat hat in seinem Urteil vom 22. April 1983 (BSGE 55, 97, 104 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 8/9) unter Bezugnahme auf seine frühere Entscheidung vom 14. Juli 1965 (BSGE 23, 170, 171 = SozR Nr 4 zu § 368c RVO) ausgeführt, dass unterschiedliche Arten von Gemeinschaftspraxen denkbar sind. Mit dem Hinweis auf die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten, die gemeinsame Karteiführung und Abrechnung aller Fälle sollte der Unterschied zur Praxisgemeinschaft gekennzeichnet werden. Der Senat hat auf den prototypischen Charakter seiner Darstellung hingewiesen und ausgeführt, dass es auch andere, lockere Formen der gemeinsamen Praxisausübung geben könne. Der im Privatrecht geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit erlaube es Ärzten, das Nähere über eine gemeinsame Berufsausübung - im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen - zu vereinbaren (BSGE 55, 97, 105 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 9). Daran hält der Senat fest. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass bei überörtlichen Gemeinschaftspraxen im Bezirk einer KÄV den Zulassungsgremien die Einzelheiten der geplanten Kooperation mitgeteilt werden, damit diese konkret beurteilen können, ob und ggf welche Beeinträchtigungen der Versorgung der Versicherten in einer bestimmten Region zu befürchten sind. Eine generelle Unzulässigkeit der (auch) vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis in nicht unmittelbar patientenbezogenen ärztlichen Fachgebieten besteht nicht. Es gibt keine spezifisch vertragsärztlichen Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, eine vom Berufsrecht im Hinblick auf die Weiterentwicklung der medizinischen Wissenschaft und der Anforderungen auch an technische Innovationen jüngst erst zugelassene Form der beruflichen Betätigung für das Vertragsarztrecht schlechthin, dh ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände der geplanten gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit, auszuschließen.

Der Beklagte hat sich bisher mit der Frage, ob der Genehmigung der Gemeinschaftspraxis andere Hindernisse als der Umstand entgegenstehen, dass sie als überörtliche Gemeinschaftspraxis geführt werden soll, - von seinem Standpunkt aus konsequent - nicht auseinander gesetzt. Er wird nunmehr zu klären haben, ob an den verschiedenen Standorten eine "gemeinsame" Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit iS des § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV stattfinden soll. Eine Gemeinschaftspraxis in diesem Sinne besteht nach der Rechtsprechung des Senats nur, wenn die konstitutiv und statusbegründend wirkende Genehmigung nach § 33 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV vorliegt und sich zusätzlich die Vertragsärzte, denen die Führung einer Gemeinschaftspraxis genehmigt worden ist, tatsächlich zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verpflichtet haben (BSGE 85, 1, 8 = SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 35) und diese auch tatsächlich gemeinsam ausüben (BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 4). Diese von dem öffentlich-rechtlichen Status als Gemeinschaftspraxis zu unterscheidende, gleichwohl mit ihm notwendigerweise verbundene interne Verpflichtung zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit erfolgt durch einen zivilrechtlichen, speziell gesellschaftsrechtlichen Vertrag. Aus ärztlichem Berufsrecht ergibt sich die weitergehende Einschränkung, dass Ärzten, die sich mit dem Ziel der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit zusammenschließen wollen, ausschließlich die Rechtsformen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw die Partnerschaftsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz vom 25. Juni 1994 zur Verfügung stehen (Kapitel D II Nr 8 Abs 1 MBO; vgl dazu auch Wigge in Schnapp/Wigge (Hrsg), Handbuch des Vertragsarztrechts, 2002, § 5 Buchst e RdNr 5).

Soweit aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats den Schluss gezogen worden ist, die vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis beschreibe ausschließlich einen öffentlich-rechtlichen Status und sei von den zivilrechtlichen bzw gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ihrer Partner gänzlich unabhängig, ist das nicht gerechtfertigt. § 33 Abs 2 Ärzte-ZV befasst sich vorrangig mit den Voraussetzungen für den Erwerb des spezifisch vertragsärztlichen Status einer gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Die mit der Verleihung dieses Status verbundenen Vorteile gegenüber einer Einzelpraxis sind aber nur gerechtfertigt, wenn die rechtsförmliche Gestaltung der Kooperation die Gewähr dafür bietet, dass die mit der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundenen Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrgenommen werden. Der Senat hat zwar formuliert, dass zwischen den Rechtsbereichen der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung der Zusammenarbeit der Ärzte untereinander und der Gemeinschaftspraxis als spezifischer Figur des öffentlich-rechtlichen Vertragsarztrechts unterschieden werden muss (BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 7; s dazu auch Preißler/Sozietät Dr. Rehborn, Ärztliche Gemeinschaftspraxis versus Scheingesellschaft, 2002, S 63). Daraus hat er abgeleitet, dass eine Gemeinschaftspraxis im Vertragsarztrecht schon zu dem Zeitpunkt nicht mehr besteht, zu dem einer der beteiligten Ärzte die gemeinsame vertragsärztliche rein tatsächliche Tätigkeit beendet, unabhängig davon, ob er dazu gesellschaftsrechtlich in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt berechtigt war (SozR 3 aaO S 7). Die in diesem Zusammenhang gezogene weitergehende Schlussfolgerung, die Genehmigung nach § 33 Abs 2 Ärzte-ZV sei von den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen der Partner der potenziellen Gemeinschaft gänzlich unabhängig und könne sogar ohne solche Vereinbarungen erteilt werden, ist jedoch nicht zutreffend.

Mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit tritt die Gemeinschaftspraxis in Rechtsbeziehungen zu der KÄV, der ihre Mitglieder angehören. Sie erwirbt dieser gegenüber Honoraransprüche und wird ggf zur Rückzahlung überzahlten Honorars verpflichtet. Ohne den Abschluss eines auf den gemeinschaftlichen Betrieb der Praxis und die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit gerichteten Vertrages fehlen von vornherein die Grundlagen für die Verleihung des öffentlich-rechtlichen Status einer Gemeinschaftspraxis. Der Senat hat in seinem Urteil vom 29. September 1999 (BSGE 85, 1, 8 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 35) der Wertung des LSG in dem damals entschiedenen Fall ausdrücklich zugestimmt, das Fehlen eines schriftlichen Vertrages über die Aufnahme einer Gemeinschaftspraxis zwischen ihren potenziellen Mitgliedern stelle ein wichtiges Indiz dafür dar, dass sich die Partner überhaupt nicht - auch nicht mündlich - über die gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit geeinigt hätten. Die Führung einer Gemeinschaftspraxis erfordert die Regelung zahlreicher persönlich wie wirtschaftlich wichtiger Sachverhalte, zB der Gewinnbeteiligung und der Entnahmerechte, sowie weiterhin Vereinbarungen über die Bedingungen der Beendigung der gemeinschaftlichen Berufsausübung, sodass verantwortungsvoll handelnde Ärzte auf einen schriftlichen Vertrag in aller Regel nicht verzichten werden (BSGE aaO S 9 = SozR 3 aaO S 35).

Der Senat führt diese Rechtsprechung dahin fort, dass der Abschluss eines Vertrages und dessen schriftliche Fixierung allein zwischen den Partnern der Gemeinschaftspraxis notwendige Voraussetzung für die Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung auf der Grundlage des § 33 Abs 2 Ärzte-ZV ist. Der Vertrag oder die Verträge über die geplante Kooperation müssen weiterhin vollständig den Zulassungsgremien vorgelegt werden. Nur so sind diese in der Lage zu prüfen, ob die geplante Kooperation den Anforderungen der vertragsärztlichen Tätigkeit gerecht wird, die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit (§ 32 Abs 1 Ärzte-ZV) für jeden Angehörigen der Gemeinschaftspraxis gesichert ist, und die für jede selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Weisungsfreiheit aller Vertragsärzte gewährleistet wird. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass Ärzte im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung tätig werden, die in Wirklichkeit in abhängiger Stellung gegenüber einem anderen Arzt oder einer zur gemeinsamen Berufstätigkeit verbundenen Gruppe von Ärzten stehen.

Der Beklagte wird zu prüfen haben, ob die Kläger nach diesen Maßstäben eine "gemeinsame" Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit beabsichtigen. Weiterhin wird er der oben angesprochenen Gefährdung nachzugehen haben, die mit der Aufspaltung der Tätigkeit auf verschiedene Praxisstandorte ua unter dem Gesichtspunkt einer schnellen Verfügbarkeit von Untersuchungsergebnissen auch bei uU nicht weit versendbaren Proben verbunden sein kann. Da in diesem Rahmen auch Auflagen zur Sicherung der ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Tätigkeit in Betracht kommen (vgl bereits BSGE 55, 97, 99 f = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 2 f), besteht keine Möglichkeit des SG, die Spruchreife des Genehmigungsbegehrens iS des § 131 Abs 2 SGG herbeizuführen. Dementsprechend hat der Senat den Beklagten zur erneuten Bescheidung des Widerspruchs der Kläger gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses verurteilt.

Im Übrigen kann dahinstehen, ob der von den Klägern gestellte Hilfsantrag zulässig ist, festzustellen, dass die Zusammenarbeit von Ärzten für Laboratoriumsmedizin in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft dergestalt, dass jeder Vertragsarzt seine ärztliche Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz ausübt, genehmigungsfrei ist. Er ist jedenfalls nicht begründet, wie sich aus der Entscheidung zum Hauptantrag ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Der Umstand, dass der Beklagte im Revisionsverfahren insoweit obsiegt hat, als er nicht zur Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit seitens der Kläger, sondern lediglich zur Neubescheidung über ihren Widerspruch verpflichtet worden ist, ist im Hinblick auf das im Mittelpunkt des Rechtsstreits stehende Problem der generellen Zulässigkeit einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis von untergeordneter Bedeutung. Der Senat hält es deshalb im Rahmen der Billigkeit, an der Kostenentscheidungen nach § 193 Abs 1 SGG aF auszurichten sind, nicht für geboten, dass sich dieser prozessuale Erfolg in einer Kostenquotelung ausdrückt.
Rechtskraft
Aus
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