L 1 LW 14/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 LW 62/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 LW 14/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. nach § 90 Abs. 1 ALG werden Beitragszeiten vor Januar 1995 auf die Wartezeit für eine Rente nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres, längestens jedoch bis zum 31.12.1994 anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat. Hat der Versicherte den letzten Beitrag für Oktober 1984 entrichtet, so ist die vom Gesetz geforderte Lückenlosigkeit der Beitragszahlung nicht gegeben.
2. Die Regelulng ist auch unter Berücksichtigung der Regelungen zur Beitragserstattung und zur freiwilligen Weiterentrichtung von Beiträgen verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. März 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Altersrente für Landwirte des verstorbenen Ehemannes der Klägerin als Rechtsnachfolgerin, hilfsweise um eine Beitragserstattung.

Der 1943 geborene und 2011 verstorbene Ehemann (X.W.) der Klägerin entrichtete für die Zeit vom 01.03.1967 bis 31.05.1981 (171 Kalendermonate) Pflichtbeiträge als Landwirt an die Beklagte.

Im Mai 1981 verkaufte er seinen Hof an die Stadt F. für 2.900.000 DM. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17.02.1982 wurde der Kläger ab 01.06.1981 rückwirkend aus dem Mitgliederverzeichnis gestrichen; die Beklagte erklärte, dass zum gleichen Zeitpunkt die Beitragspflicht erlösche. Die ab Juni 1981 weiterentrichteten Beiträge des X.W. würden erstattet. Falls er Beiträge weiter entrichten wolle, um Altersgeld zu erhalten, solle er bis zum 31.05.1983 eine entsprechende Erklärung abgeben.

Mit Erklärung vom 01.03.1982 nach § 27 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) verpflichtete sich X.W. zur Beitragszahlung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres; in dem entsprechenden Bescheid über die Zulässigkeit der Weiterentrichtung vom 15.03.1982 wurde X.W. darauf hingewiesen, dass seine Erklärung die Verpflichtung zur ununterbrochenen Beitragszahlung ab 01.06.1981 bis mindestens 30.09.2003(= Vollendung des 60. Lebensjahres) begründe. Die pünktliche Zahlung liege auch im eigenen Interesse des X.W., weil der spätere Anspruch auf Altersgeld davon abhängig sei.

Die Entrichtung der "freiwilligen Beiträge" erfolgte vom 01.06.1981 bis 31.10.1984 (41 Kalendermonate). Die Zahlungen wurden ab 01.11.1984 abgebrochen. Eine Zwangsvollstreckung wegen der Beitragszahlung wurde 1988 vergeblich eingeleitet. Im Mai 1988 wurde der Anspruch nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI niedergeschlagen. 1992 wies die Beklagte X.W. schriftlich darauf hin, dass seine Rentenansprüche entfallen würden, wenn Beiträge nicht lückenlos gezahlt würden.

Am 31.03.2009 beantragte X.W. die Erstattung der Beiträge. Dies wurde mit Bescheid vom 20.04.2009 nach § 117 Abs. 2 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgelehnt. Danach würden Beiträge für Zeiten vor dem 01.01.1995 nicht erstattet, soweit am 31. Dezember 1994 keine Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt worden seien und nach dem am 31. Dezember 1994 geltenden Recht (§ 27a GAL) eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Erstattung seien nicht gegeben, da X.W. die Berechtigung zur Weiterentrichtung von Beiträgen erlangt habe.

Am 20.05.2009 beantragte X.W. Altersrente. Mit Bescheid vom 28.05.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab; § 11 ALG fordere u.a. die Erfüllung einer 15-jährigen Wartezeit, auf die nach § 17 Abs. 1 ALG Beitragszeiten grundsätzlich anzurechnen seien. Die Zeiten von 01.03.1967 bis 31.10.1984 würden jedoch die Voraussetzungen des § 90 ALG nicht erfüllen und könnten daher nicht auf die Wartezeit angerechnet werden.

Die nicht näher begründeten Widersprüche des X.W. vom 11.05.2009 gegen den Bescheid vom 20.04.2009 und vom 25.06.2009 gegen den Bescheid vom 28.05.2009 wurden mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2009 zurückgewiesen. Zu der Rentenablehnung erklärte die Beklagte, dass X.W. nicht mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres bzw. bis zum 31.12.1994 lückenlos Beiträge entrichtet habe (§ 90 Abs. 1 ALG).
Zu der Beitragserstattung wurde ausgeführt, dass bereits fraglich sei, ob die Rechtsnorm des § 117 Abs. 1 ALG Anwendung finde. Es sei aber jedenfalls die erste Voraussetzung - nämlich die 180-monatige Beitragsentrichtung als Landwirt - nicht erfüllt. Als Landwirt habe X.W nur 171 Monate gezahlt. Soweit § 75 Nr. 1 ALG eine Beitragserstattung ermögliche, werde diese nach § 117 Abs. 2 ALG ausgeschlossen.

Mit der beim Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat X.W. einen Verstoß gegen Art. 14 GG gerügt. Eigentumsschutz werde bereits dann angenommen, wenn der staatlichen Gewährung wenigstens teilweise eine eigene Leistung gegenüberstehe (BVerfGE 48, 346, 358). Die Regelungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 17 Abs. 1 Satz 1 ALG würden in seine Rechte unverhältnismäßig eingreifen. Wenn ihm keine Rente gewährt würde, müssten ihm zumindest seine eingezahlten Beiträge erstattet werden. Er habe 171 Beitragsmonate eingezahlt, es könne nicht sein, dass er nun mit leeren Händen dastehe. Er hat die Gewährung von Altersrente hilfsweise Erstattung der Beiträge beantragt.

Die Klage ist mit Urteil vom 11.03.2010 abgewiesen worden.
Das Recht der Alterssicherung der Landwirte habe in § 2 Abs. 1 des vor dem 01.01.1995 geltenden Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vorgesehen, dass Pflicht- beitragszeiten ohne jede Auswirkung für die Rente blieben, also verfielen, wenn die Beitragszahlung vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit endete oder nicht die Mindestdauer von 180 Kalendermonaten erreicht habe. Diese Regelung sei als unbefriedigend empfunden und daher mit der Reform von 1995 grundlegend geändert worden. Nach dem ALG würden nun auch isolierte und kürzere Beitragszeiten zu einem Rentenanspruch führen. § 17 ALG ermögliche außerdem eine Addition mit Zeiten aus der allgemeinen Rentenversicherung. Für bereits "verfallene" Beitragszeiten vor dem 01.01.1995 beließen es § 90 und § 93 Abs. 3 ALG jedoch bei der bisherigen Regelung. Andernfalls wäre für eine ganze Generation von Landwirten eine erneute Prüfung von Rentenansprüchen angefallen, die die Behörden und die Solidargemeinschaft der Beitragszahler überfordert hätten. Dem X.W. sei bereits 1992 mitgeteilt worden, dass seine Beiträge ohne Weiterzahlung keinen Rentenanspruch begründen würden. Entsprechendes gelte für den Anspruch auf Beitragserstattung. Das Bundesverfassungsgericht habe immer wieder einen "gewissen Spielraum" bei dem Übergang von einer älteren zu einer neueren Regelung bestätigt (BVerfGE 44, 1) und damit Stichtagsregelungen zugelassen.

Gegen das am 26.03.2010 zugestellte Urteil ist am 26.04.2010 Berufung eingelegt worden und erneut vorgetragen worden, dass die Vorschriften der §§ 11 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 1 Satz 1, 90, 117 ALG gegen Art. 14 GG verstoßen würden.
X.W. habe außerdem trotz des Verkaufs seines Hofs ursprünglich noch Pflichtbeiträge weitergezahlt. Er habe einen geringfügigen Teil seiner Landwirtschaft noch behalten; seine Beiträge hätten deshalb als Pflichtbeiträge gewertet werden müssen.
Zu einer lückenlosen Beitragszahlung sei X.W. aus finanziellen Gründen nicht in der Lage gewesen. Er habe aber insgesamt 212 Monate Beiträge bezahlt. Die Anspruchsvoraussetzungen seien daher nicht nur "beinahe", sondern mehr als erfüllt. Trotzdem solle er weder Rente noch Erstattung seiner Beiträge erhalten. Dies sei mit Art. 14 GG nicht vereinbar. Sozialversicherungsrechtliche Positionen und insbesondere Rentenanwartschaften würden dem Einkommensschutz unterfallen (BVerfGE 69, 272ff). Es lägen erhebliche Eigenleistungen des Versicherten vor. Diese hätten der Sicherung der Existenz gedient. In allen anderen Rentenversicherungszweigen würde eine Beitragszahlung über 18 Jahre zu einem Rentenanspruch führen; es sei nicht nachvollziehbar, wieso Landwirte schlechter gestellt werden sollten. Die Landwirtschaft habe sich in den letzten Jahren strukturell stark verändert. Vor 20 Jahren sei es wohl unvorstellbar gewesen, dass ein Landwirt pleite gehe; in der heutigen Zeit würden aber immer mehr Höfe aufgegeben. Es gebe immer weniger Gründe, die Alterssicherung der Landwirte an strengere Voraussetzungen zu binden als die gesetzliche Rentenversicherung.
Es hätte im Übrigen dringend einer Härtefallklausel bedurft.
Die Besonderheit des vorliegenden Falles bestehe darin, dass Pflichtbeitragszeiten und freiwillige Zeiten unterschiedlich behandelt würden bzw. dass man über einen exorbitant langen Zeitraum freiwillige Beiträge bezahlen müsse, um die Pflichtbeiträge zu "retten".
Für die Frage der Verfassungsmäßigkeit komme es nur auf die tatsächlich bezahlten Beiträge an und nicht darauf, ob die Leistungen zu 75% aus Bundesmitteln bezahlt würden.

Am 19.01.2012 hat der Bevollmächtigte mitgeteilt, dass der Kläger am 24.06.2011 verstorben sei und die Ehefrau als Alleinerbin den Rechtsstreit fortführen werde.

Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des X.W. hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.03.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2009 zu verpflichten, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des X.W. eine Altersrente bis Ende Juli 2011 zu zahlen, hilfsweise
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2009 zu verpflichten, der Klägerin die eingezahlten Beiträge des Versicherten zu erstatten.

Die Beklagtenvertreterin hat beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.03.2010 zurückzuweisen.

Die Beklagte hat erklärt, sie sehe keine Verletzung des Art. 14 GG. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in einer Entscheidung vom 21.03.1991 (B 4 RLW 1/20) ausgeführt, dass der Gesetzgeber befugt sei, die Ansprüche im Bereich der Alterssicherung für Landwirte an strengere Voraussetzungen zu binden, als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Mit der Einführung des ALG zum 01.01.1995 habe der Gesetzgeber möglicherweise auf einen Strukturwandel in der Landwirtschaft reagiert; bei Sachverhalten, die vor dem 01.01.1995 liegen, habe er es jedoch bewusst bei der Anwendung des damals gültigen Rechts belassen. Mit der Vorschrift des § 90 ALG sei praktisch das vor dem 01.01.1995 geltende Recht abgebildet worden. Das BSG habe in Entscheidungen vom 17.08.2000(B 10 LW 7/00 B) und vom 18.04.2004 (B 10 LW 10/03 B) die Anwendung des § 90 ALG für rechtens gehalten. Die Beklagte hat auch darauf hingewiesen, dass die Leistungen zur Altershilfe für Landwirte zu ca. 75% aus Bundesmitteln bestritten würden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin ist als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) berechtigt, Ansprüche des verstorbenen X.W. auf laufende Geldleistungen (Altersrente) geltend zu machen. Als Alleinerbin ist sie auch befugt, den streitigen Erstattungsanspruch des X.W. weiterzuverfolgen (§ 58 Satz 1, § 59 Satz 2 SGB I).

Gegenstand des Verfahrens ist die Ablehnung des Rentenbegehrens durch Bescheid vom 28.05.2009 sowie des Erstattungsanspruchs durch Bescheid vom 20.04.2009.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung darauf abgestellt hat, dass der Kläger auch noch nach Verkauf seines Hofes Pflichtbeiträge hätte zahlen müssen, steht dieser Argumentation der Bescheid der Beklagten vom 17.02.1982 entgegen. Mit diesem Bescheid wurde X.W. ab 01.06.1981 aus dem Beitragsverzeichnis gestrichen; zu diesem Zeitpunkt ist damit die Beitragspflicht erloschen.
Der Bescheid ist bestandskräftig und nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Klageänderung wäre insoweit auch nicht sachdienlich gewesen, da eine Klage gegen den Bescheid verfristet wäre.

Die Berufung ist unbegründet.

Eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der vor dem 01.01.1995 zu Recht entrichteten Beiträge gibt es - wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt hat - nicht. Ein Erstattungsanspruch gemäß § 117 Abs. 1 ALG kommt nicht in Betracht, weil X.W. am 31.12.1994 nicht für 180 Kalendermonate Beiträge "als Landwirt" entrichtet hat. Als beitragspflichtiger Landwirt hat der Kläger nur 171 Monate entrichtet. X.W. war am 31.12.1994 zwar nicht als Landwirt, aber aufgrund der Weiterentrichtungserklärung beitragspflichtig.

Ein Erstattungsanspruch aus § 75 ALG scheitert an § 117 Abs. 2 ALG (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2002 B 10 LW 9/01). Danach werden Beiträge für Zeiten vor dem 01.01.1995 nicht erstattet, soweit - wie hier - am 31.12.1994 keine Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt wurden und nach dem am 31.12.1994 geltenden Recht eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen war. Ein derartiger Ausschluss ergibt sich aus § 27a GAL. Danach bestand ein Anspruch auf Erstattung rechtmäßig entrichteter Beiträge nur dann, wenn Personen, die 180 Kalendermonate Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt hatten, nicht beitragspflichtig waren, keinen Anspruch auf Altersgeld hatten und nicht die Berechtigung zur Weiterentrichtung von Beiträgen nach § 27 GAL erlangt haben. Letzteres war bei X.W. aber der Fall.

Ebenso wenig hatte X.W. einen gesetzlichen Anspruch auf Altersrente. Der Bescheid vom 28.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2009 ist daher nicht zu beanstanden.

Gemäß § 11 Abs. 1 ALG in der ab 01.01.2008 gültigen und damit gemäß § 94 Abs. 1 ALG maßgeblichen Fassung haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn
1. sie die Regelaltersgrenze erreicht haben,
2. sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und
3. das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.
Nach § 87a ALG war die Regelaltersgrenze für den 1943 geborenen X.W. die Vollendung des 65. Lebensjahres (= 02.09.2008). Die Abgabe des Unternehmens war durch den Verkauf des Hofes an die Stadt F. im Mai 1981 erfolgt.

Ein Anspruch auf Altersrente kommt aber nicht in Betracht, weil der Kläger die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt hat.

Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 ALG werden auf die Wartezeit von 15 Jahren Beitragszeiten angerechnet. Beitragszeiten sind Zeiten, für die Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zu einer landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt sind (§ 18 ALG). X.W. hat unstrittig Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01.03.1967 bis 31.05.1981 (171 Kalendermonate) und freiwillige Beiträge für die Zeit vom 01.06.1981 bis 31.10.1984 (41 Kalendermonate), also insgesamt 212 Monate Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse entrichtet.

Der Rentenanspruch des X.W. scheitert aber daran, dass nach § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG Beitragszeiten, die vor dem 01.01.1995 zurückgelegt worden sind, auf die Wartezeit für eine Rente nur dann angerechnet werden, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Eintritt von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des bis zum 31.12.2000 geltenden Rechts, mit Ausnahme der Zeiten des Bezugs eines vorzeitigen Altersgeldes, einer Landabgaberente oder eines Hinterbliebenengeldes, längstens jedoch bis 31.12.1994, anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat.
Dies war bei X.W. jedoch nicht der Fall. Der Kläger hat vor dem 01.01.1995 weder sein 60. Lebensjahr vollendet noch ist er vor diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig geworden. Aufgrund der fehlenden lückenlosen Beitragsentrichtung bis 31.12.1994 sind die bis 31.10.1984 entrichteten Beiträge des X.W. auf die Wartezeit nicht anrechenbar.

Es ist auch nicht möglich, im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu einer Berücksichtigung der Beitragszeiten zu gelangen. Bei Beendigung der Mitgliedschaft wurde der Kläger umfassend und zutreffend über die damalige Rechtslage, insbesondere über die Notwendigkeit der Weiterentrichtung von Beiträgen nach § 2 Abs. 2 Buchst. b GAL i.V.m. § 27 GAL belehrt.

Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Vorschriften überzeugt.

Das Bundesverfassungsgericht hat u.a. in seinen Entscheidungen vom 28.02.1980 (BVerfGE 53, 257), 08.04.1987 (SozR 2200 § 1246 Nr. 142) und 27.02.2007 (BVerfGE 117, 272) für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung entschieden, dass die Anwartschaft auf eine Rente durch das Eigentumsrecht des Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist, so wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. Dabei hat das BVerfG darauf abgestellt, dass der Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine vermögenswerte Rechtsposition darstellt, die auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und seiner Existenzsicherung dient (vgl. BVerfGE 53, 257, 290). Geschützt ist bereits die Rentenanwartschaft, d.h. eine Rechtsposition nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, die bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen etwa des Ablaufs der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalles, zum Vollrecht erstarken kann.

Für die Alterssicherung der Landwirte hat das Bundesverfassungsgericht bisher offen gelassen, ob dort erworbene Anwartschaften angesichts des erheblichen Bundeszuschusses zu den Leistungen der landwirtschaftlichen Alterskassen als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen sind (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 21.08.2003, Az. 1 BVR 429/03, juris).

Nach Auffassung des Senats hat jedenfalls bereits in den ersten Jahren der landwirtschaftlichen Alterssicherung bis zur Einführung der Dynamisierung im Jahr 1973 kein Schutz nach Art. 14 Abs. 1 GG vorgelegen; damals war der Zweck der Altershilfe nicht auf die Existenzsicherung, sondern nur auf einen Bargeldzuschuss ausgerichtet.
Damals war die Wartezeit des X.W. von 180 Monaten auch noch nicht annähernd abgelaufen. Die Rechtsposition des X.W. war noch nicht so verfestigt, dass er fest mit dem Erhalt eines Altersgeldes rechnen konnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.02.1986 - 1 BvL 39/83 -, BVerfGE 72, 9, juris Rn. 44, 46).

Von einer solchen Verfestigung kann zwar jedenfalls dann ausgegangen werden, als X.W. insgesamt 180 Beitragsmonate gezahlt hatte. Auch wenn ab diesem Zeitpunkt eine Anwartschaft im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG angenommen wird, liegt insoweit aber kein Eingriff vor (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2012, L 8 LW 21/11, juris Rn. 23).

Die für den Erhalt des Altersgeldes zusätzlich aufgestellte Forderung nach Beitragsentrichtung bis zum 60. Lebensjahr (vgl. § 2 Abs. 1b GAL) - an der der Anspruch auf Altersrente hier insbesondere scheitert - wurde bereits durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a des Sechsten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des GAL (6. GALÄndG) vom 26.07.1972, BGBl I S. 1293) mit Wirkung vom 01.10.1972 eingeführt und belastete seit diesem Zeitpunkt den Erwerb einer Altersrente. Der Anspruchserwerb stand also ab 1972 von vorneherein unter der Bedingung der lückenlosen Beitragszahlung.

Durch § 90 ALG wurde dieser bereits seit 1972 geltende "Vorbehalt" nicht angetastet; Ansprüche auf Leistungen, die vor Inkrafttreten des ALG wegen Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren, sollten durch das ALG nicht begründet werden, auch nicht mit Hilfe von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG, Beschluss vom 18.02.2004, juris Rn. 6). Die Rechtslage wurde also beibehalten und lediglich insoweit zugunsten des Betroffenen abgeändert, als eine lückenlose Beitragszahlung nur noch bis zum 31.12.1994 und nicht mehr bis zum 60. Lebensjahr erforderlich ist. Ein rückwirkender Eingriff in einen gesetzlich begründeten Vertrauensschutz oder die "Entwertung" einer Position durch das ALG liegt damit nicht vor.

Anders als das LSG Niedersachsen-Bremen in seinem Vorlagebeschluss vom 17.03.2010 (L 2 LW 5/09, juris Rn. 113) ist der Senat nicht der Auffassung, dass bereits die erstmalige gesetzliche Ausprägung eines Rentenanwartschaftsrechts einen Eingriff in ein von Art. 14 GG geschütztes Eigentumsrecht bedeuten kann. Sonst würde bereits die Beitragszahlung aus dem Vermögen zum Schutzobjekt. Die noch nicht erfüllten Voraussetzungen für das Vollrecht bedeuten keinen Eingriff in die Anwartschaft. Eine Entwertung der Anwartschaft kann vielmehr erst dadurch stattfinden, dass die früheren Rahmenbedingungen verändert bzw. verschärft werden.

Der vom LSG Niedersachsen-Bremen zu entscheidende Fall unterschied sich außerdem von dem hier vorliegenden Fall insoweit erheblich, als es dort um die Höhe einer dem Grunde nach gewährten Erwerbsminderungsrente ging; der dortige Kläger hatte Beiträge von 1972 bis 1984 und erneut von Januar 1992 bis Dezember 1997 gezahlt. Die Beitragsjahre von 1972 bis 1984 waren bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a ALG nicht berücksichtigt worden. Das LSG Niedersachsen-Bremen wies zutreffend darauf hin (juris Rn. 151), dass sich bei Fortgeltung des GAL eine für den dortigen Kläger günstigere Rechtslage ergeben hätte. Unter Geltung des GAL war das Erfordernis einer lückenlosen Beitragszahlung nämlich dadurch abgeschwächt, dass auch nach einer Beitragslücke eine erneute 60-monatige Beitragszahlung wieder einen Anspruch auf die volle Einheitsrente für den Fall der Erwerbsunfähigkeit ("vorzeitiges Altersgeld") begründete. Die nach Maßgabe des ALG gewährte Erwerbsminderungsrente machte demgegenüber nur einen Bruchteil der früheren Rente aus. Das LSG Niedersachsen-Bremen bemängelte daher zu recht, dass der Gesetzgeber die Nachteile des früheren Alterssicherungssystems nach dem GAL mit denen nach dem ALG kombiniert habe. Insoweit konnte dort also von einer Verschärfung der Rahmenbedingungen und damit von einem Eingriff ausgegangen werden. Dem Vernehmen nach hat im dortigen Verfahren eine verfassungskonforme Auslegung des § 93 Abs. 2 Nr. 2a und b ALG zur Erledigung des Verfahrens (und damit auch des Vorlageverfahrens) geführt.

Eine solche Änderung der Rahmenbedingungen ist hier aber nicht gegeben. Daher sieht der Senat hier keinen Eingriff durch das ALG in eine nach Art. 14 GG geschützte Rechtsposition.
Das Argument, dass eine Rechtsposition von vorneherein mit dem entsprechenden gesetzlichen Vorbehalt belastet gewesen ist, entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Das Bundesverfassungsgericht hat damit etwa einen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG durch die Kürzung des vorzeitigen Altersgeldes beim Zusammentreffen mit anderen Erwerbsersatzeinkommen (§ 4 Abs. 5 GAL) verneint (vgl. Nichtannahmebeschluss vom 21.08.2003 - 1 BvR 429/03 -, juris). Ebenso sieht das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 25.02.2010 (B 10 LW 1/09 R) durch das Erfordernis der Hofabgabe keine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG, weil die Rentenanwartschaften von vorneherein mit dem Abgabeerfordernis belastet waren (vgl. auch BSG, Urteil vom 30.03.2006, B 10 LW 3/04 R, juris Rn. 28, zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Erwerbsminderungsrente nach § 13 ALG).
Das Erfordernis der Beitragszahlung bis zum 60. Lebensjahr (Forderung nach Lückenlosigkeit) stellt daher allenfalls dann einen am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG zu messenden Eingriff dar, wenn bereits vor dem Inkrafttreten des 6. GAL-ÄndG am 01.10.1972 wegen der bereits seit 1967 erbrachten Beiträge des X.W. eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anwartschaft angenommen würde. Allerdings geht der Senat nicht davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt schon von einer Anwartschaft i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG gesprochen werden kann (s.o.).
Die Forderung nach der Weiterzahlung der Beiträge, wie sie die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1b GAL eingeführt hat, ist jedenfalls an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen.
Der Schutzbereich des Art. 2 GG ist etwa berührt, wenn der Gesetzgeber einerseits durch die Anordnung von Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflichten in einem öffentlichrechtlichen Verband der Sozialversicherung die allgemeine Betätigungsfreiheit des Einzelnen durch Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht unerheblich einengt (vgl. BVerfGE 78, 320 ; 89, 365 ; 92, 53 ), andererseits dem Versicherten beitragsfinanzierte Leistungen dieses Verbandes wesentlich vermindert.
Selbst wenn - entgegen der Auffassung des Senats - für die ersten Beitragsjahre ein Schutz nach Art. 14 GG bestehen würde, läge jedenfalls eine Rechtfertigung vor. Die Verfassungsmäßigkeit des GAL ist auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht angezweifelt worden.
Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften sind im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG möglich, wenn diese einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind. Dies setzt voraus, dass die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sind, wobei sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten dürfen, d.h. sie müssen zumutbar sein. Bei der Frage der Eignung und Erforderlichkeit ist grundsätzlich von der Einschätzung des Gesetzgebers auszugehen. Rechtfertigende Gründe für Eingriffe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller Versicherten zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Rentenrechtliche Rechtspositionen genießen dabei einen höheren Schutz gegen staatliche Eingriffe, je mehr sie auf eigener Leistung in Form von einkommensbezogenen Beitragszahlungen beruhen, und einen niedrigeren, je mehr sie auf staatlicher Gewährung beruhen und Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge sind.
Nach Art. 2 GG ist der Gesetzgeber grundsätzlich befugt, "im Rahmen der verfassungs- mäßigen Ordnung" in das Leistungsgefüge der Sozialversicherung einzugreifen (Art. 2 Abs. 1 Hs. 2 GG).
Hiernach sieht der Senat keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG.
Dem Gesetzgeber stand bei der Gestaltung der Alterssicherung für Landwirte ein weites sozialpolitisches Ermessen zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, 1 BvR 1750/95).
Die in § 2 Abs. 2 Buchst. b GAL eingeführte ununterbrochene Beitragsleistung war durch sachbezogene Gründe gerechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.1991, Az. 4 RLw 1/90, in juris). Mit dem Lückenlosigkeitsprinzip wurde der Zusammenhang zwischen der Leistung und der versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. der Beitragszahlung garantiert (vgl. BSG vom 16.03.1979, 11 RLw 4/78; BSG 30.03.2006, B 10 LW 3704 R, juris Rn. 15). Das 6. GALÄndG (s. Regierungsentwurf, Noell, Altershilfe für Landwirte, H.I. 22, S. 13 zu Nummer 2) reagierte konkret auf die Situation, dass mit dem Ablauf der Übergangszeit seit Einführung der landwirtschaftlichen Alterssicherung nunmehr zwar die Wartezeit von 180 Monaten erfüllt sein konnte, die Betroffenen aber aus der Landwirtschaft ausscheiden konnten, bevor sie die Altersgrenze erreicht hatten oder erwerbsunfähig wurden. Der Gesetzgeber wollte daher mit § 2 Abs. 1b GAL sicherstellen, dass solche Personen - ebenso wie die verbleibenden Landwirte - Beiträge entrichten, um ihre Leistungsberechtigung aufrecht zu erhalten. Ansonsten wäre auch eine ungerechtfertigte Bevorteilung gegenüber den in der Landwirtschaft verbleibenden und weiter ihre Beiträge zahlenden Landwirten eingetreten (s. BSG, Urteil vom 16.03.1979, 11 RLw 4/78, BSGE 48, 106, 108).
Das Anliegen, eine kontinuierliche Beitragsleistung sicherzustellen (vgl. Noell, GAL 1983, S. 270), war verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die grundsätzlich beitragsunab- hängige Leistungshöhe bei relativ niedrigen (gleich hohen) Beiträgen und hohem Bundeszuschuss (vgl. §§ 12, 13 GAL) lässt eine lange Wartezeit von 180 Monaten und die Aufrechterhaltung der Beitragszahlung auch für ausgeschiedene Landwirte noch verhältnismäßig erscheinen. So betrugen 1967 die Beitragseinnahmen der landwirtschaftlichen Alterskasse 200 Mio DM; die Bundeszuschüsse machten 535 Mio. DM aus (Kleine Anfrage zur Finanzplanung des Bundes, BTDrucks V/2123 S. 2). Nach § 13 Satz 1 GAL in der Fassung vom 20.12.1982 betrugen die Bundesmittel für das Jahr 1983 2.000.000.000 Deutsche Mark und für das Jahr 1984 79,5 vom Hundert der Aufwendungen aller landwirtschaftlichen Alterskassen für Altersgelder, vorzeitige Altersgelder, Hinterbliebenengelder und Waisengelder.
Beitragspflicht und Leistungserwartung standen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.09.1982, 1 BvR 114/79, SozR 5850 § 27
Nr. 5).

Es entspricht außerdem dem allgemeinen Versicherungsprinzip, einen materiell-rechtlichen Leistungsanspruch davon abhängig zu machen, dass die Beitragsleistung einen bestimmten Umfang erreicht hat. Vorschriften über die Wartezeit gehören demgemäß seit jeher zu den Anspruchsvoraussetzungen in der Rentenversicherung (vgl. BVerfGE 67, 231, juris Rn.19).
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass X.W. bei laufenden Beitragszahlungen (nach 60 Monaten) grundsätzlich einen Versicherungsschutz für den Fall des vorzeitigen Eintritts eines Leistungsfalls (z.B. vorzeitiges Altersgeld im Fall der Erwerbsunfähigkeit oder Leistungen zur Rehabilitation, §§ 6ff GAL) erworben hatte, der wiederum überwiegend aus Bundesmitteln und nur zu einem geringen Teil aus Beiträgen der Versicherten gezahlt worden wäre (vgl. BSG, Urteil vom 20.04.1993 - 4 RLw 7/91, juris Rn. 35). Dieser Versicherungsschutz ist in Rechnung zu stellen, auch wenn sich die versicherten Risiken nicht verwirklicht haben. Das BSG hat im Übrigen in seiner Entscheidung vom 24.11.1964
(7 RLw 29/63, SozR Nr. 5 zu § 2 GAL, juris Rn. 26) zur Verfassungsmäßigkeit des Hofabgabeerfordernisses darauf hingewiesen, dass im Bereich der landwirtschaftlichen Sozialversicherung nicht der abgabenrechtliche Grundsatz gilt, dass zu Beiträgen nur der herangezogen werden darf, der einen bestimmten wirtschaftlichen Vorteil zu erwarten hat. Es herrscht der Grundsatz des sozialen Ausgleichs, nicht der Abgeltung eines individuellen Vorteils.

Gerade Altersrenten, die in einheitlicher Höhe gewährt oder jedenfalls durch einen einheitlichen Sockelbetrag maßgeblich geprägt werden, werden sinnvollerweise nur in Abhängigkeit von regelmäßig langfristigen Versicherungszeiten zugesprochen werden können (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Vorlagebeschluss vom 17.03.2010 - L 2 LW 5/09, juris Rn. 171)
Soweit das LSG Niedersachsen-Bremen darauf hinweist, dass dieser Sachgrund mit der Aufgabe solcher einheitlicher Leistungs- bzw. Sockelbeträge entfalle, folgt hier daraus aber nicht, dass ein neues System auch rückwirkend angewandt werden müsste. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kommt es hier insbesondere darauf an, ob das Konzept des Gesetzgebers im Zeitpunkt des Erlasses der belastenden Regelungen von hinreichenden sachlichen Erwägungen getragen war. Ist dies - wie hier - der Fall, so stellt eine Änderung des Konzepts wegen einer veränderten Sachlage die Verfassungsmäßigkeit der ursprünglichen Regelung nicht in Frage (vgl. Beschluss BVerfG vom 20.09.1999 - 1 BvR 1750/95).
Im Übrigen stehen Stichtagsregelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in Einklang, wenn sie am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar sind (vgl. etwa BVerfGE 87, 43). Dies ist hier der Fall (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2012, L 8 LW 21/11, juris Rn. 30f). Aufgrund des Systemwechsels, der durch das ALG mit der Orientierung der Leistungshöhe an der Zahl der Beitragsmonate stattfand, konnte auf das Erfordernis der lückenlosen Beitragsentrichtung für die Zukunft verzichtet werden. Die Beibehaltung des alten Systems für Versicherungszeiten bis zum 31.12.1994 war notwendig, um eine weitere finanzielle Belastung des Alterssicherungssystems der Landwirte zu vermeiden. Die Betroffenen hatten insoweit auch keine Vertrauensposition erworben, in der sie enttäuscht wurden.
Die Einführung des Lückenlosigkeitsprinzips war auch im Hinblick auf die erstmals 1972 geschaffene Möglichkeit einer Beitragserstattung in § 27a GAL verfassungsgemäß.
Der Gesetzgeber hatte in § 27a GAL einen sachgerechten Anknüpfungspunkt gewählt, als er an einen nach bisherigem Recht entstandenen Anspruch anknüpfte. Die Vorschrift lässt die Erstattung der gezahlten Beiträge zu, wenn die Leistungsberechtigung (Zahlung von Beiträgen für 180 Kalendermonate und Hofabgabe) bereits erworben wurde und durch die Weiterentrichtung von Beiträgen nicht aufrechterhalten wird (vgl. Noell, Regierungsentwurf 1972, H.I. 22 S. 17 zu Nummer 14; s. auch Kommentar zu § 27a GAL 1973, Nr. 1).

Eine Erstattung von Beiträgen bereits vor Erreichen von 180 Beitragsmonaten (wie es nach neuem Recht nach § 75 ALG möglich ist) war damals verfassungsrechtlich nicht geboten.
Die Beitragserstattung nach dem Ende der Versicherungspflicht ist dem Versicherungsprinzip, das auch im Rahmen der öffentlichrechtlichen Sozialversicherung gilt, grundsätzlich systemfremd; denn das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitlichen und sonstigen Voraussetzungen den Versicherungsanspruch ersatzlos zu verlieren, gehört zum Wesen der Versicherung. Eine solche Erstattung erfolgt daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, um Härten zu vermeiden (vgl. BVerfGE, 22, 349, 367).
Unabhängig von der Frage, ob ein Erstattungsanspruch überhaupt unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG fallen kann (zweifelnd etwa BSG, Urteil vom 20.04.1993 - 4 RLw 7/91, juris Rn. 32; Urteil vom 02.12.1999, B 10 LW 15/98 R, SozR 3-5850 § 27a Nr. 3, juris Rn. 20), war jedenfalls (auch hier) mit der erstmaligen Ausgestaltung eines Erstattungsanspruchs in § 27a GAL kein Eingriff in eine bereits geschützte Position verbunden. Mit den hier anwendbaren Regelungen des ALG wurde die Situation des X.W. nicht verschlechtert; der Erstattungsanspruch scheitert hier bereits an Voraussetzungen, die sich auch aus dem GAL ergeben haben.

Dass durch die Weiterentrichtungserklärung das Recht zur Erstattung wiederum ausgeschlossen wurde, erscheint angesichts der Freiwilligkeit der Erklärung zumutbar (vgl. BSG, Urteil vom 20.04.1993, 4 RLw 7/91, juris Rn. 32; Beschluss vom 26.04.1999, B 10 LW 20/98 B). Der Betroffene hatte ausreichend Zeit, seine finanzielle Lage abzuschätzen, die durch die Hofabgabe eingetreten ist. Dabei war auch mit einem Steigen der Beitragslast - parallel zur Leistungshöhe zu rechnen (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1985 - 11a RLw 4/84, SozR 5850 § 27 Nr. 6).
Die Weiterzahlungsmöglichkeit als solche war verfassungsrechtlich zulässig ausgestaltet. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, für Personengruppen, bei denen der tatsächliche Anknüpfungspunkt für eine in ihrem Interesse gedachte soziale Sicherung (Unternehmereigenschaft) wegfällt, jedenfalls dann eine uneingeschränkte Fortdauer der Bindung an dieses System der sozialen Sicherung zu normieren, wenn die Herbeiführung der Bindung auf einem freiwilligen Entschluss des Einzelnen beruht und wenn nur so die während der Unternehmertätigkeit begründeten Anwartschaften auf eine soziale Sicherung erhalten werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.09.1982 - 1 BvR 114/79, SozR 5850, § 27 Nr. 5). Als Rechtfertigung dafür hat das BVerfG in dem genannten Beschluss ausgeführt, dass bei Abgabe der Weiterentrichtungsklärung die Bindung für den Versicherten erkennbar ist; außerdem bestehe an der Kalkulierbarkeit des erweiterten Versicherungsrisikos und insbesondere an der Vermeidung einer negativen Risikoauslese zum Nachteil der Alterkassen und damit der Versichertengemeinschaft ein öffentliches Interesse.
Im vorliegenden Fall ist somit eine zwar harte, aber nicht verfassungswidrige Situation dadurch eingetreten, dass X.W. bei Verkauf seines Hofes erst 171 Beitragsmonate erfüllt hatte und damit wegen der 180-monatigen Wartezeit weder einen Anspruch auf Altersgeld noch auf Beitragserstattung erlangt hatte. Die Weiterentrichtung hätte dem Kläger nur dann Vorteile gebracht, wenn er sie der gesetzlichen Verpflichtung entsprechend bis zum 60. Lebensjahr /bzw. 31.12.1994) fortgeführt hätte. Über den Umfang der Weiterentrichtungspflicht war X.W. aufgeklärt; die Beurteilung, ob er sich angesichts des Verkauferlöses aus seiner Hofabgabe die Weiterentrichtung langfristig leisten könne, unterfiel seinem eigenen Risiko. Wenn er die Weiterentrichtungsmöglichkeit ausgeschlagen hätte, hätte er den "Verlust" der weiteren Beiträge verhindern können.

Der Versicherte X.W. ist auch nicht im Vergleich mit Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung in Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Schon früh hat das Bundesverfassungsgericht anlässlich der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrenten entschieden, dass die strukturellen Unterschiede in der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherung der unselbständigen Versicherten einerseits und die Alterssicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer andererseits die unterschiedliche Ausgestaltung der Systeme rechtfertigen (vgl. BVerfGE 25, 314, juris, s. auch BSG, Urteil vom 21.03.1991, 4 RLw 1/90, juris Rn. 16). Zwar bestehen bestimmte Gemeinsamkeiten, diese zwingen den Gesetzgeber aber nicht, in beiden Versicherungen den gleichen Schutz zu gewähren (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rn. 20f). Insbesondere durfte der Gesetzgeber eine geringere Schutzbedürftigkeit der Landwirte annehmen und die Alterssicherung der Landwirte lediglich als Teilsicherung konzipieren, während die gesetzliche Rentenversicherung grundsätzlich eine Vollversicherung darstellt. Dabei konnte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass Landwirte regelmäßig auch durch die Vermögenssubstanz ihres Unternehmens abgesichert sind und bei dessen Weitergabe Ansprüche auf Altenteilsleistungen, Pachtzinsen oder Verkaufserlöse erzielt werden können (vgl. BSGE 106, 1 14; BVerfGE 25, 314, juris Rn. 21). Außerdem richtet die gesetzliche Rentenversicherung ihren Leistungsumfang grundsätzlich an der Höhe der Beiträge aus. Demgegenüber sind die Beiträge in der Alterssicherung der Landwirte gleich hoch; die Leistungen der landwirtschaftlichen Alterskassen werden zu großen Teilen aus Zuschüssen des Bundes finanziert (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2005 - B 10 LW 1/03 R, juris Rn. 29), wodurch das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält (s. BSG, Urteil vom 21.03.1991, 4 RLw 1/90, a.a.O). Unterschiedliche Regelungen (z.B. Abgabeerfordernis) können sich auch aus agrar- und strukturpolitischen Zielsetzungen ergeben (vgl. BSG, a.a.O.). Dies rechtfertigt insgesamt vergleichsweise strengere Leistungsvoraussetzungen bzw. auch einen geringeren Leistungsumfang in der Alterssicherung der Landwirte.

Nach alledem kommt eine Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht, da der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Normen überzeugt ist.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass das Berufungsverfahren nicht erfolgreich war.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), liegen nicht vor. Die Rechtsfragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, der der Senat folgt, hinreichend beantwortet.
Rechtskraft
Aus
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