L 15 VS 10/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 V 22/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 10/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 26.04.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 22.04.2003 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger nach Ausscheiden aus dem Wehrdienst wegen einer Erkrankung (Morbus Crohn), die nicht als Wehrdienstbeschädigung anerkannt wurde, unbefristet Anspruch auf Heilbehandlung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) hat.

I.

Der am 1953 geborene Kläger war vom 01.01.1976 bis 31.12.1987 Soldat auf Zeit. Im Juni/Juli 1984 wurde in der Chirurgischen Universitätsklinik F. beim Kläger ein Morbus Crohn diagnostiziert und eine Teilresektion des Dünndarms durchgeführt. Daraufhin beantragte der Kläger beim Wehrbereichsgebührnisamt V die Anerkennung seiner Darmerkrankung als Wehrdienstbeschädigung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 07.07.1987, mit dem auch ein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 Abs.1 in Verbindung mit § 81 Abs.5 Satz 1 SVG verneint wurde, abgelehnt. Das Beschwerdeverfahren endete für den Kläger erfolglos (Beschwerdebescheid vom 22.02.1989).

Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr stellte der Kläger am 11.04.1988 beim Beklagten Antrag auf Anerkennung des Morbus Crohn als Wehrdienstbeschädigung nach § 81 SVG. Er übersandte außerdem mit Schreiben vom 03.06.1988 eine truppenärztliche Bescheinigung, wonach er auch nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr hinsichtlich seiner Darmerkrankung weiterhin behandlungsbedürftig sei und Heilbehandlung beanspruche. Diesbezüglich erging am 09.06.1988 ein Bescheid nach § 82 SVG, in dem ein Anspruch auf Heilbehandlung für die Gesundheitsstörung "entzündliche Darmerkrankung" ab 01.01.1988 längstens bis 31.12.1990 anerkannt wurde. Auf den Widerspruch des Klägers erging am 14.11.1989 ein Teilabhilfebescheid, wonach der Heilbehandlungsanspruch für die Gesundheitsstörung "Morbus Crohn mit Anämie und Begleitarthritis" für denselben Zeitraum wie bisher anerkannt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.1989 zurückgewiesen.

Am 19.02.1990 beantragte der Kläger, ihm Heilbehandlung über den 31.12.1990 hinaus zu gewähren. Er sei zwar zur Zeit Beamter auf Widerruf und somit beihilfeberechtigt; seine private Krankenversicherung bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse habe jedoch Leistungen für die Darmerkrankung mit Folgeerkrankun- gen ausgeschlossen. In einer Aktenverfügung des Beklagten vom 10.07.1990 wurde ausgeführt, dass in besonderen Fällen im Benehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Heilbehandlung nach § 82 SVG über den Zeitraum von drei Jahren hinaus gewährt werden könne (Abs.2 Satz 3), nämlich wenn die Anerkennung einer WDB länger als drei Jahre dauere oder wenn schwerwiegende, in anderer Weise versicherungsrechtlich nicht abgesicherte Gesundheitsstörungen vorlägen (SVG VwV 82.2.2 zu § 82 SVG). Auf Anfrage übersandte der Kläger ein Schreiben der Bayerischen Beamtenkrankenkasse vom 27.08.1990, wonach er angegeben habe, dass bei ihm ein Versorgungsleiden bestehe. Der Leistungsausschluss sei somit berechtigt. Nachdem der Beklagte die Beamtenkrankenkasse darüber aufgeklärt hatte, dass über das Vorliegen eines Versorgungsleidens noch nicht entschieden sei, übersandte der Kläger ein weiteres Schreiben der Krankenkasse vom 23.10. 1990, in dem ihm ab 01.01.1991 die Umstellung des bestehenden Leistungsausschlusses im Tarif B 30/2 in einen Risikozuschlag in Höhe von 100 %, d.h. derzeit 79,30 DM (insgesamt 158,60 DM), angeboten wurde. Der Beklagte führte anschließend auf dem Dienstweg das Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA, Schreiben vom 28.12.1990) darüber herbei, dass die Heilbehandlung nach § 82 Abs.2 Satz 3 SVG über den Dreijahreszeitraum hinaus gewährt werden dürfe. Mit Bescheid vom 28.01.1991 wurde dem Kläger sodann über den 31.12.1990 hinaus Heilbehandlung für die im Teilabhilfebescheid vom 14.11.1989 näher bezeichnete Gesundheitsstörung bewilligt. Allerdings wurde der Anspruch längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung über das Vorliegen eine Wehrdienstbeschädigung nach § 80 SVG befristet. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Im gleichzeitig beim Sozialgericht Landshut anhängigen Rechtsstreit des Klägers mit der Bundeswehrverwaltung (S 9 V 36/89) wurde, die Ablehnung der Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung und des Anspruchs auf Ausgleich bestätigt (Urteil vom 28.05.1993). Auf die Berufung des Klägers erging am 03.04.1996 ein die Berufung zurückweisendes Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (L 16 V 92/93 SVG). Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zum Bundessozialgericht wurde mit Beschluss vom 19.09.1996 verworfen (9 BV 103/96).

II.

Mit Schreiben vom 21.05.1996 beantragte der Kläger beim Beklagten die unbefristete Weiterbewilligung der Heilbehandlung über den Zeitpunkt der Rechtskraft des derzeit noch laufenden Rechtsstreit mit der Bundeswehr hinaus. Eine gegebenenfalls erforderliche Zustimmung bitte er einzuholen. Falls Heilbehandlung nicht weitergewährt werde, bestehe für ihn laut Auskunft der DAK (Krankenversicherung der Ehefrau), AOK, "Vereinte" und DBV kein Krankenversicherungsschutz. Ergänzend teilte er am 26.06. 1996 mit, er habe einen Beihilfeanspruch in Höhe von 70 % und eine Restkostenversicherung in Höhe von 30 % bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse hinsichtlich aller Erkrankungen außer Morbus Crohn und Begleiterkrankungen. Laut einem vom Kläger übersandten Schreiben der Bayerischen Beamtenkrankenkasse vom 24.05.1996 warte diese auf Mitteilung, wann der Heilbehandlungsanspruch entfalle, um überprüfen zu können, ob der Leistungsausschluss in einen Risikozuschlag umgewandelt werden könne.

Am 07.11.1996 erließ der Beklagte einen Bescheid, mit dem der Antrag vom 11.04.1988 auf Beschädigtenversorgung abgelehnt wurde, da das Versorgungsamt an die nunmehr unanfechtbare Entscheidung der Bundeswehrverwaltung gebunden sei. Unter Teil II der Begründung des Bescheids wurde - unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 28.01.1991 - darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Heilbehandlung nach § 82 SVG befristet längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Wehrdienstbeschädigung weitergewährt werde; er ende mit Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides, das sei der 10.12.1996. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, da seines Erachtens nach § 82 Abs.2 Satz 3 SVG auch eine unbefristete Heilbehandlung möglich sei. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung habe keine befristete Genehmigung erteilt.

Im Widerspruchsbescheid vom 09.05.1997 wies der Beklagte unter erneuter Bezugnahme auf den bestandskräftigen Bescheid vom 28.01.1991 darauf hin, dass der BMA mit Schreiben vom 28.12. 1990 nicht einer unbefristeten Weitergewährung der Heilbehandlung zugestimmt habe und der Anspruch auf Heilbehandlung endgültig mit Bestandskraft dieses Widerspruchsbescheides entfalle.

Mit Klageerhebung am 04.06.1997 zum Sozialgericht Landshut hat der Kläger weiterhin die Auffassung vertreten, dass Heilbehandlung nach § 82 SVG in seinem Fall unbefristet zu gewähren sei.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 26.04. 2000 die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet, da die vom Beklagten nach § 82 Abs.2 Satz 3 SVG getroffene Ermessensentscheidung nicht fehlerhaft sei. Es habe die Verwaltungsvorschrift Nr.2.2 zu § 82 SVG Berücksichtigung gefunden, wonach Leistungen nach § 82 SVG über den Zeitraum von drei Jahren hinaus zu gewähren seien, insbesondere wenn das Verfahren zur Anerkennung der Folgen einer Wehrdienstbeschädigung über diesen Zeitraum hinaus andauere. Eine Richtlinie des BMA dahingehend, Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen unbefristet zu gewähren, existiere entgegen der Auffassung des Klägers offensichtlich nicht.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt.

In einem Erörterungstermin am 22.05.2001 hat der Kläger auf Befragen Auskünfte über seine berufliche und familiäre Situation sowie über seine angespannte finanzielle Lage erteilt. Aufgrund des Schreibens der Bayerischen Versicherungskammer vom 24.05. 1996 sei er davon ausgegangen, dass diese ihn nicht hinsichtlich des Morbus Crohn versichern werde.

Eine zweimalige Anfrage des Senats bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse hat ergeben, dass anstelle des vorhandenen Leistungsausschlusses ein Risikozuschlag nicht vereinbart werden könne.

In der mündlichen Verhandlung am 16.10.2001 hat der Senatsvorsitzende den Beklagten darauf hingewiesen, dass im angefoch- tenen Bescheid vom 07.11.1996 keine Ausführungen zu dem am 21.05.1996 gestellten Antrag des Klägers auf unbefristete Weitergewährung von Heilbehandlung, insbesondere keine Ermessenserwägungen enthalten seien. Nach der Verwaltungsvorschrift Nr. 82.2.2 und den einschlägigen Kommentierungen hierzu sei eine Weitergewährung von Leistungen über den Dreijahreszeitraum auch in weiteren Fällen vorgesehen, so z.B. unter Umständen beim Vorliegen schwerwiegender, in anderer Weise nicht abge- sicherter Gesundheitsstörungen. Ob ein solcher Tatbestand vorliege, sei in einer vom Beklagten nachzuholenden Ermessensentscheidung zu überprüfen, wobei wohl auch beachtlich sein könne, ob und inwieweit der Kläger das Fehlen eines diesbezüglichen Versicherungsschutzes zu vertreten habe und inwieweit im Falle der Beendigung der Heilbehandlung nach § 82 SVG Anspruch auf zusätzliche Beihilfe bestehe. Die mündliche Verhandlung ist daraufhin vertagt worden.

Auf entsprechende Anfrage des Beklagten hat die Bayer. Beamtenkrankenkasse am 14.01.2002 mitgeteilt, der Kläger habe im Oktober 1987 lediglich angegeben, dass ein Antrag auf WDB gestellt worden sei und die Entscheidung noch ausstehe. Aus dem Bescheid des Versorgungsamts Landshut vom 09.06.1988 sei hervorgegangen, dass für die Gesundheitsstörung "entzündliche Darmerkrankung" Heilbehandlung vom 01.01.1988 bis 31.12.1990 zustehe. Auch wenn der Versicherungsnehmer diese Angaben bei Vertragsschluss nicht gemacht hätte, hätte er trotzdem keinen voll umfänglichen Versicherungsschutz erhalten können. Die Möglichkeit, einen Versicherungsvertrag mit aktivem oder ruhendem Risikozuschlag abzuschließen, habe es ebenso wenig gegeben wie die Möglichkeit, eine Anwartschaft über einen unbegrenzten Versicherungsschutz bis zur endgültigen Entscheidung über den Heilbehandlungsanspruch zu begründen. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Aufnahme in die private Krankenversicherung nur mit einem Leistungsausschluss möglich gewesen. Nach den heutigen Aufnahmerichtlinien sei eine Aufnahme in die private Krankenversicherung gänzlich unmöglich. Eine nochmalige Anfrage bei der Beamtenkrankenkasse unter Bezugnahme auf deren Schreiben vom 23.10.1990 und 24.05. 1996 ist am 29.05.2002 mit dem Hinweis beantwortet worden, dass der Kläger ihr untersagt habe, in seinem Fall Auskünfte an Dritte zu erteilen.

Auf Anfrage des Beklagten hat der Kläger (Schreiben vom 31.01. 2002) mitgeteilt, er habe keinen Anlass gesehen, die Angebote der Versicherungskammer anzunehmen, weil er wegen des laufenden WDB-Verfahrens bis zum Gutachten von Dr.B. (1996) zuversichtlich gewesen sei, dass eine Anerkennung erfolgen werde. Über einen um 20 % erhöhten Beihilfesatzes sei noch nicht entschieden worden. Selbst wenn dieser bewilligt werde, seien noch 10 %, in absehbarer Zeit 30 % der Krankheitskosten ungedeckt. Anschließend hat der Kläger Auskünfte über seine finanziellen Verhältnisse verweigert.

Daraufhin hat der Beklagte mit Bescheid vom 22.04.2003 einen Anspruch auf unbefristete Heilbehandlung nach § 82 Abs.1 und 2 SVG abgelehnt. Der Kläger habe keine Gründe für seinen Wechsel von der DAK S. zu einer privaten Krankenversicherung im Juli 1988 genannt; er habe es grob fahrlässig versäumt, einen Krankenversicherungsschutz für sein Behinderungsleiden aufzubauen und habe das Angebot der Bayer. Versicherungskammer vom 23.10.1990, sein Leiden gegen Zahlung eines Risikozuschlags zu versichern, nicht angenommen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt habe davon ausgehen müssen, dass eine Nichtanerkennung des Leidens durchaus möglich bzw. wahrscheinlich gewesen sei. Auch mit Schreiben vom 24.05.1996 sei nochmals die Prüfung einer Umwandlung in einen Risikozuschlag angeboten worden. Eine im Rahmen der Ermessensprüfung erforderliche Würdigung der finanziellen Verhältnisse sei durch die Weigerung des Klägers, entsprechende Auskünfte zu erteilen, nicht möglich. Er habe ferner die Ablehnung einer Erhöhung seines Beihilfesatzes von derzeit 70 % nicht nachgewiesen. Die Gewährung eines unbefristeten Heilbehandlungsanspruchs nach § 82 Abs.2 Satz 3 SVG würde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Die Tatsache, dass grob fahrlässig versäumt worden sei, rechtzeitig einen unbefristeten Krankenversicherungsschutz aufzubauen, stehe einem unbefristeten Heilbehandlungsanspruch auf Kosten des Steuerzahlers entgegen.

Der Kläger hat dem Senat mit Schreiben vom 12. Mai 2002 mitgeteilt, dass er seinen Krankenversicherer und seine Behilfestelle gebeten habe, Auskünfte gegenüber Dritten (auch dem Senat) nur noch mit seiner ausdrücklichen Zustimmung zu geben.

Gegen den Bescheid vom 22.04.2003 hat der Kläger mit Schreiben vom 13.05.2003 an das Versorgungsamt Landshut seine früheren Argumente wiederholt und erwähnt, im Rahmen einer Ausnahmeregelung aufgrund seiner desolaten finanziellen Situation sei ihm eine 20 %-ige Beihilfesatzerhöhung bewilligt worden.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut vom 26.04.2000 und des Bescheids vom 22.04.2003 sowie teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 07.11.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.05.1997 zu verurteilen, über den Antrag auf unbefristete Weitergewährung von Heilbehandlung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 26.04.2000 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 22.04.2003 abzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die beigezogenen Akten der Bundeswehrverwaltung, des Beklagten, die erledigte Klageakte des Sozialgerichts Landshut (S 9 V 36/89) und des Bayer. Landessozialgerichts (L 16 V 92/93 SVG) sowie die Akte des vorhergehenden Klageverfahrens des Sozialgerichts Landshut (S 9 V 22/97) und den Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, gesetzliche Ausschlussgründe liegen nicht vor (§ 88 Abs.7 SVG i.V.m. §§ 105 Abs.2 Satz 1, 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Auch die Klage gegen den Bescheid vom 22.04.2003, der Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist und über den der Senat im Klageweg zu entscheiden hat, ist zulässig (§§ 153 Abs.1, 96 SGG).

Berufung und Klage sind jedoch nicht begründet.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der nicht als WDB-Folgen an- erkannten Darmerkrankung (Morbus Crohn mit Anämie und Begleitarthritis) unbefristet Heilbehandlung nach § 82 Abs.2 Satz 2 i.V.m. Abs.1 Satz 1, 3 SVG zu gewähren.

Dies hat das Sozialgericht im Ergebnis mit Recht verneint.

Der Kläger hat, wie der Beklagte ermessensfehlerfrei entschieden hat, keinen Anspruch darauf, ihm unbefristet Heilbehandlung wegen des Morbus Crohn mit Begleiterkrankungen auch dann zu gewähren, wenn dieser rechtskräftig als nicht wehrdienstbedingte Erkrankung festgestellt ist.

Nach § 80 SVG erhält ein Soldat nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der Folgen einer anerkannten Wehrdienstbeschädigung Versorgung und damit auch Heilbehandlung nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (§ 80 SVG in Verbindung mit §§ 10 ff. BVG). Nach § 82 Abs.1 Satz 1, Abs.2 Satz 1 SVG erhält ein ehemaliger Soldat auf Zeit wegen einer Gesundheitsstörung, die bei Beendigung des Wehrdienstverhältnisses heilbehandlungsbedürftig ist, für einen Zeitraum bis zu drei Jahren oder bis zur Anerkennung eines Anspruchs nach § 80 SVG Heilbehandlung wie für eine anerkannte Schädigungsfolge. Nach § 82 Abs.2 Satz 3 SVG können in besonderen Fällen im Benehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung über den Zeitraum von drei Jahren hinaus Heilbehandlungsleistungen gewährt werden. Nach der Verwaltungsvorschrift Nr.82.2.2 sind solche Fälle insbesondere dann anzunehmen, wenn das Verfahren zur Anerkennung der Folgen einer Wehrdienstbeschädigung über diesen Zeitraum hinaus andauert.

Nach Auffassung des Senats war der Bescheid vom 07.11.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.05.1997 zwar insoweit mangelhaft, als der Beklagte das in § 82 Abs.2 Satz 3 SVG vorgesehene Ermessen nicht ausdrücklich ausgeübt und auch keine Entscheidung über den Antrag vom 21.05. 1996 auf unbefristete Heilbehandlungsleistungen getroffen hatte. Der Beklagte hat jedoch durch Erlass seines Bescheids vom 22.04.2003 diese Mängel geheilt.

Nach § 41 Abs.1 Nr.2 und Abs.2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung (BGBl. 2000 I, S.1977, 2000) kann bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens auch bei Ermessensentscheidungen eine zwar beabsichtigte, aber unvollständige oder sogar fehlende Begründung nachgeholt werden (vgl. von Wulffen u.a., Kommentar zum SGB X, 4. Auflage, Rdnr.6 zu § 41). Da der Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 07.11.1996 und im dazugehörigen Widerspruchsbescheid vom 09.05.1997 die maßgebende Rechtsvorschrift (§ 82 Abs.2 Satz 3 SVG) und insbesondere die Passage ( ... "können" in besonderen Fällen ... Heilbehandlungsleistungen gewährt werden), aus der sich die Verpflichtung zur Ermessensausübung ergibt, zitiert hat, geht der Senat davon aus, dass der Beklagte sich des ihm eingeräumten Ermessens bewusst war und die fehlende Begründung daher nachholen konnte. Dies ist im Bescheid vom 22.04.2003 geschehen.

Wie in der bestandskräftigen Entscheidung des Beklagten vom 28.01.1991, in der die eine Ermessensentscheidung nach § 82 Abs.2 Satz 3 SVG erfordernde Besonderheit des Falles zutreffend in dem sich über drei Jahre hinziehenden Verfahren gemäß § 80 SVG gesehen wurde, so wurde auch im Bescheid vom 22.04.2003 mit Recht angenommen, die nunmehr nach - negativem - Abschluss dieses Verfahrens auf Dauer bestehende Lücke im Krankenversicherungsschutz des Klägers stelle ebenfalls eine besondere Fallkonstellation im Sinne von § 82 Abs.2 Satz 3 SVG ( ... "insbesondere" ...) dar.

Der daraus resultierenden Notwendigkeit, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens über die zeitlich unbegrenzte Weitergewährung von Heilbehandlung zu entscheiden, ist der Beklagte nachgekommen. Die Ermessenserwägungen, mit denen er im Bescheid vom 22.04. 2003 seine ablehende Entscheidung begründet hat, begegnen keinen Bedenken. Dem Kläger muss, wie der Beklagte ermessensfehlerfrei dargelegt hat, vorgeworfen werden, dass er die Angebote seiner privaten Krankenversicherung vom 23.10.1990 zur Einbeziehung der streitgegenständlichen Erkrankung gegen Zahlung eines Risikozuschlags in Höhe von 100 % nicht angenommen hat. Nach Erlass des Beschwerdebescheids vom Februar 1989 durch die Bundeswehrverwaltung durfte der Kläger nicht mehr darauf vertrauen, dass er mit Hilfe der Sozialgerichte eine Anerkennung seines Leidens als WDB-Folge erreichen werde. Außerdem wird künftig die Lücke im Krankenversicherungsschutz des Klägers weitgehend durch seinen Beihilfeanspruch ausgeglichen, der zur Zeit - nach seinen Angaben - 90 % beträgt. Das Vorbringen des Klägers, wonach sich der Beihilfeanspruch nach Wegfall der Unterhaltspflicht für seine vier Kinder bis auf 50 % verringern werde und er dann unter Umständen Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen müsse, führt nicht dazu, dass der Beklagte im Rahmen seiner Ermessensausübung dem Kläger weiterhin unbefristet Heilbehandlung gewähren müsste. Dies gilt um so mehr, als der Kläger weitere Ermittlungen bei seiner Krankenkasse und bei der Beihilfestelle unterbunden und auch keine Auskünfte über seine finanziellen Verhältnisse erteilt hat. Der Beklagte konnte somit die finanzielle Situation des Klägers bei seiner Ermessensausübung nicht berücksichtigen.

Aus diesen Gründen ist die ablehnende Ermessensentscheidung des Beklagten, auch wenn eine Gesundheitsstörung des Klägers vorliegt, die teilweise versicherungsrechtlich nicht abgedeckt ist, nicht zu beanstanden.

Somit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 183, 193 SGG abzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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