Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 294/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 419/14 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen einstweiliger Anordnung
1. Auch wenn die Leistungen nach dem SGB II als Sozialhilfeleistungen i.S.d. Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG einzuordnen sind, handelt es sich zugleich um Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (Fortführung des Urteils des Senats vom 19.06.2013, L 16 AS 847/12).
2. Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist daher europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass in jedem Fall gesondert zu prüfen ist, ob ein Bezug zum inländischen Arbeitsmarkt besteht.
1. Auch wenn die Leistungen nach dem SGB II als Sozialhilfeleistungen i.S.d. Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG einzuordnen sind, handelt es sich zugleich um Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (Fortführung des Urteils des Senats vom 19.06.2013, L 16 AS 847/12).
2. Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist daher europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass in jedem Fall gesondert zu prüfen ist, ob ein Bezug zum inländischen Arbeitsmarkt besteht.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 12.05.2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin auf ihren Antrag vom 18.03.2014.
Die Antragstellerin ist polnische Staatsangehörige. Sie ist geschieden und alleinstehend und hat nach eigenen Angaben in Polen zuletzt als Lektorin gearbeitet. Am 01.03.2014 reiste sie nach Deutschland ein und lebt seither miet- und kostenfrei bei Bekannten in A-Stadt. Die Einreise erfolgte ausweislich der Aufenthaltsanzeige vom 09.04.2014 nach § 5 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU) zur Arbeitsplatzsuche.
Am 18.03.2014 beantragte sie beim Antragsgegner und Beschwerdeführer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab an, dass sie sich bereits in den Jahren 2009 und 2011 zeitweise in Deutschland aufgehalten und in den Sommermonaten in der Gastronomie gearbeitet habe.
Der Antragsgegner ging in einem Fazit zum Entwicklungsprofil am 18.03.2014 davon aus, dass eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt innerhalb von zwölf Monaten nicht realistisch sei, und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.04.2014 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab. Die Antragstellerin halte sich allein zur Arbeitsplatzsuche in der Bundesrepublik auf; in den ersten drei Monaten sei sie zudem nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 14.04.2014 ist noch nicht entschieden worden.
Am 24.04.2014 beantragte die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Regensburg mit dem Ziel, ihr ab Antragstellung zumindest 70 % der üblichen Grundsicherung nach dem SGB II, hilfsweise nach Rechtsauffassung des Gerichts zu erbringen.
Die Ablehnung der Leistungen verstoße gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht. Sie sei in Polen selbstständig krankenversichert. An Eides statt werde versichert, dass sie bereits früher in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet habe und sich daher jetzt wieder im Hotel- und Gaststättengewerbe um einen Aushilfsjob bemühe, leider aber nur Absagen erhalten habe. Sie legte E-Mailverkehr vom Februar 2014 über Bemühungen zur Aufnahme einer Tätigkeit in der Gastronomie vor.
Der Antragsgegner vertrat die Auffassung, dass spätestens seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.09.2013 (C 140/12 in Sachen Brey) fest stehe, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 seien; auch das Bundessozialgericht (BSG) habe dies im Vorlagebeschluss an den EuGH vom 12.12.2013 (B 4 AS 9/13) so gesehen. Damit sei die Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zu Recht in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts und auch darüber hinaus nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Entsprechend würden von Obergerichten zunehmend Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz negativ verbeschieden, zumal eine Leistungsgewährung im einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf die meist fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsteller regelmäßig zu einem endgültigen Leistungserhalt und damit zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führe. So habe das LSG Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 14.10.2013 (L 29 AS 2128/13 B ER) ausgeführt, dass die Nichtanwendung einer gesetzlichen Vorschrift wie die des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II einen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstelle und damit die Gefahr eines Verstoßes gegen die Gewaltenteilung berge.
Mit Beschluss vom 12.05.2014 verpflichtete das Sozialgericht Regensburg den Antragsgegner, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 24.04.2014 bis 31.08.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 70 % der jeweiligen gesetzlich zustehenden individuellen Regelbedarfe zu gewähren.
Eine abschließende Prüfung des Anordnungsanspruches sei nicht möglich. Zwar könnte sich die Antragstellerin nicht mehr auf ein (fortwirkendes) Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin nach § 2 FreizügG/EU berufen, selbst wenn sie bereits in den Jahren 2009 und 2011 versicherungspflichtig gearbeitet haben sollte. Es sei aber unklar, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, europarechtskonform sei. Auch wenn nach zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung die Leistungen nach dem SGB II als Sozialhilfe gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 EG (RL 2004/38/EG) eingeordnet werden könnten, gebe es hierzu noch keine Entscheidung des EuGH; vielmehr sei diese Frage gerade Inhalt des Vorlagebeschlusses vom 12.12.2013 (a.a.O). Vor allem wäre damit weiter noch nicht entschieden, ob Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG eine legitime Ausnahmevorschrift zum Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 darstelle, der eine Gleichbehandlung aller Bürger der Mitgliedstaaten vorsehe, "sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist". Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG stelle als europäisches Sekundärrecht keine andere Bestimmung in diesem Sinn dar. Auch bezüglich des Leistungsausschlusses während der ersten drei Monate des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II) sei entgegen den Ausführungen des Antragsgegners die Rechtslage noch immer nicht geklärt. Erst aus den Vorlageverfahren beim EuGH und den weiteren Entscheidungen des BSG werde eine Klärung der Rechtslage, auch für § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II, herbeigeführt werden können. Damit sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens insgesamt noch offen. Im tenorierten Umfang bestehe auch ein Anordnungsgrund, weil die Antragstellerin keine Einkünfte habe. Ihr seien daher die Leistungen antragsgemäß in Höhe von 70 % des Regelbedarfs einer Alleinstehenden zu gewähren.
Gegen den dem Antragsgegner am 13.05.2014 zugestellten Beschluss hat dieser am 19.05.2014 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben und zugleich beantragt, gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Vollstreckung des erstinstanzlichen Beschlusses auszusetzen. Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II sei europarechtskonform, was seit der Entscheidung des EuGH vom 19.09.2013 geklärt sei. Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG stelle damit eine legitime Ausnahmevorschrift zum Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 dar. Aber auch der Ausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II sei europarechtskonform, wie sich aus einem Beschluss des 7. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts ergebe (Beschluss vom 06.11.2013, L 7 AS 639/13 B ER).
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 03.06.2014 zur Beschwerde Stellung genommen und auf den Gleichbehandlungsanspruch aller EU-Bürger hingewiesen. Sie sei studierte Journalistin und habe bereits früher in Deutschland gearbeitet. Sie sei bereit, jede Arbeit anzunehmen, und habe bisher nur wegen ihrer fehlenden mündlichen Sprachkenntnisse noch keine Arbeitsstelle gefunden.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des Beschlusses vom 12.05.2014 ist mit Beschluss des Senats vom 13.06.2014 abgelehnt worden.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte des Antragsgegners und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht erhoben worden und auch statthaft (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. § 144 Abs. 1 SGG).
Sie ist aber unbegründet, weil die Entscheidung des Sozialgerichts, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig ab dem 24.04.2014 bis zum 31.08.2014 Leistungen in Höhe von 70 % der jeweiligen gesetzlich zustehenden individuellen Regelbedarfe zu gewähren, rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Glaubhaftigkeit bedeutet, dass für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds ein geringerer Grad von Wahrscheinlichkeit ausreicht als die volle richterliche Überzeugung. Welcher Grad von Wahrscheinlichkeit insoweit genügt, ist bei unklaren Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten und der öffentlichen Interessen zu bestimmen. Gegeneinander abzuwägen sind die Folgen, die entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen würde, dass der Anspruch besteht, gegen die Folgen, die entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen würde, dass der Anspruch nicht besteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29a). Geht es um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, ist die Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund fehlender Erfolgsaussichten der Hauptsache nur dann zulässig, wenn das Gericht die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend geprüft hat. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist die Eilentscheidung anhand einer Folgenabwägung zu treffen, wobei die Gerichte eine Verletzung der Grundrechte des Einzelnen, insbesondere der Menschenwürde zu verhindern haben (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Juris Rdnr. 25; vgl. auch Beschluss vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, Juris Rdnr. 18). ). Das bedeutet, dass regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten hat (vgl. hierzu auch Beschluss des Senats vom 23.07.2012, L 16 AS 447/12 B ER).
Das Sozialgericht hat vorliegend zu Recht festgestellt, dass eine abschließende Entscheidung zur Frage der Leistungsberechtigung der Antragstellerin wegen der im Zusammenhang mit dem Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II zu klärenden Rechtsfragen nicht endgültig festgestellt werden kann und daher die Entscheidung anhand einer Folgenabwägung zu treffen ist, die zu Gunsten der Antragstellerin ausfällt.
Die Antragstellerin, die - abgesehen von dem hier streitigen Leistungsausschluss - nach den im Eilverfahren zugänglichen Erkenntnisquellen sämtliche Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S 1 SGB II erfüllt, ist als polnische Staatsangehörige Ausländerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Nachdem auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach ihrer Einreise nach Deutschland am 01.13.2014 über ein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche verfügen würde, findet die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II grundsätzlich Anwendung.
Ob die Antragstellerin danach von den beantragten Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend festgestellt werden.
In der Rechtsprechung ist weiterhin umstritten, ob und in welchen Fällen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen Europarecht verstößt. Die Auffassung des erkennenden Senats ergibt sich aus dem Urteil vom 19.06.2013 (L 16 AS 847/12). Zwischenzeitlich hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 12.12.2013 (B 4 AS 9/13 R) ein Revisionsverfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, um die Frage der Vereinbarkeit des Leistungsauschlusses mit dem europarechtlichen Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 45 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; früher Art. 39 Abs. 2 EG-Vertrag) i.V.m. Art. 18 AEUV klären zu lassen.
1.
Derzeit ist nicht geklärt und im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht aufklärbar, ob der Leistungsausschluss deswegen unanwendbar ist, weil sich die Antragstellerin auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 berufen kann.
Die Antragstellerin macht geltend, sie habe bereits in den Jahren 2009 und 2011 versicherungspflichtig in Deutschland gearbeitet. Wenn es sich dabei um eine Beschäftigung gehandelt hat, die geeignet war, den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Art. 2 und 3 der VO (EG) Nr. 883/2004 zu eröffnen, weil für sie während der Beschäftigung die in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Rechtsvorschriften gegolten haben, könnte sich die Antragstellerin entsprechend der vom Senat im Urteil vom 19.06.2013 (a.a.O.) zugrunde gelegten Rechtsauffassung auch bezüglich des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II auf den Schutz der VO (EG) Nr. 883/2004, insbesondere das in Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 verankerte Gleichbehandlungsgebot berufen. Dies wäre noch im Hauptsacheverfahren zu klären. Bisher liegen hierüber keine Unterlagen vor.
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 - mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art. 70 Abs. 4 VO (EG) 883/2004 - auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Art. 70 Abs. 1, 2 VO (EG) 883/2004 gilt und in welchem Umfang das Gleichbehandlungsgebot durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG eingeschränkt werden kann, ist darüber hinaus Gegenstand der dem EuGH mit Beschluss des BSG vom 12.12.2013 (a.a.O.) vorgelegten Fragen.
2.
Ob der Leistungsausschluss auf die Antragstellerin Anwendung findet, kann derzeit aber auch aus anderen Gründen nicht festgestellt werden.
2.1.
Zwar geht nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Brey (EuGH, Urteil vom 10.09.2013, Rs C-140/12 ) der Senat, wie auch das BSG im Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 davon aus, dass wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der VO (EG) 883/2004 und der RL 2004/38/EG eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung nach Art 70 VO (EG) 883/2004 zugleich auch eine Leistung der Sozialhilfe im Sinn von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG sein kann. An der im Urteil vom 19.06.2013 (a.a.O., Rn 47) vertretenen Auffassung wird nicht mehr festgehalten.
2.2.
Aber auch wenn die Leistungen nach dem SGB II als "Sozialhilfeleistungen" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG einzuordnen sind, handelt es sich zugleich um Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (so auch BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., Rdnr. 45; a.A. Vorlagebeschluss des SG Leipzig vom 3.6.2013 - S 17 AS 2198/12 und BayLSG, Beschluss vom 06.11.2013, L 7 AS 639/13 B ER).
Aus der danach möglichen Doppelnatur der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Leistung der Sozialhilfe im Sinn von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG und zugleich als besondere beitragsunabhängige Geldleistung nach Art 70 VO (EG) 883/2004 ergeben sich weitere Fragen im Zusammenhang mit der Ermächtigungsgrundlage in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG.
Für die Annahme, dass es sich bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende um Leistungen handelt, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, spricht zunächst, dass Anspruchsvoraussetzung für Leistungen nach dem SGB II die Erwerbsfähigkeit ist. Der EuGH hat zwar in seinem Urteil vom 04.06.2009 Vatsouras und Koupatantze - C-22/08 und C-23/08 - Slg. 2009, I-4585) die Frage, ob diese den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, offen gelassen, weil dies zu prüfen Aufgabe der nationalen Behörden und gegebenenfalls der innerstaatlichen Gerichte sei; er hat aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass die Erwerbsfähigkeit eine Zugangsvoraussetzung für die Leistungen nach dem SGB II sei, ein Hinweis darauf sein könne, dass die Leistungen den Zugang zur Beschäftigung erleichtern solle (a.a.O., Rdnr. 43, vgl. hierzu auch Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7, Rdnr. 54). Für diese Auffassung spricht auch die Zielsetzung der Leistungen nach dem SGB II, die darauf gerichtet ist, die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, zu stärken und dazu beizutragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen. Eine Trennung der Leistungen nach dem SGB II in Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erscheint nicht möglich und würde der besonderen Zielsetzung der Leistungen nach dem SGB II nicht gerecht (BayLSG, Urteil vom 19.06.2013, a.a.O).
Hierzu hat der EuGH im Urteil vom 4.6.2009 (a.a.O., Rdnr. 36 ff. unter Hinweis auf Urteile vom 15.09.2005 - C 258/04 - Ioannidis - Slg 2005, I-8275, Rdnr. 21, vom 23.03.2004 - C 138/02 - Collins - Slg 2004, I - 2703, und vom 11.07.2002 - C-224/98 - D Hoop - Slg. 2002, I-6191) weiter ausgeführt, dass es angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft und der Auslegung, die das Recht der Unionsbürger auf Gleichbehandlung in der Rechtsprechung erfahren habe, nicht mehr möglich sei, vom Anwendungsbereich des Art. 45 Abs. 2 AEUV eine finanzielle Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats erleichtern solle. Es sei jedoch legitim, dass ein Mitgliedstaat eine solche Beihilfe erst leiste, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates festgestellt worden sei.
Damit sind auch die spezifischen Freizügigkeitsrechte der betroffenen Unionsbürger als Arbeitsuchende berührt (Eichenhofer, Sozialrecht der Europäischen Union, 5. Aufl. 2013, Rdnr. 315, so auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.04.2014, L 7 AS 239/14 B ER unter Hinweis auf die Vorlageentscheidung vom 12.12.2013). So gewährleistet Art. 45 Abs. 2 AEUV - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht ein, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben und sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen. Auch nach Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG genießen vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und dem abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen Unionsbürger, die sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats.
Vor diesem Hintergrund hält auch das BSG einen Verstoß gegen europäisches Primärrecht für möglich, weil in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Prüfung einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates für die Dauer eines Aufenthaltsrechts als Arbeitsuchende nicht vorgesehen ist, Es hat die Frage, ob bei einem alleinigen Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche generell eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats verneint werden kann, ebenfalls zum Gegenstand der Vorlage an den EuGH gemacht (Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., Rdnr. 44; zweifelnd auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.04.2014, L 6 AS 239/14 B ER).
2.3.
Der Senat ist daher weiterhin der Auffassung, dass § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform auszulegen ist, wobei der Grundsatz der gemeinschaftskonformen Auslegung verlangt, "dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, dass mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt" (EuGH, Urteil vom 04.07.2006 - C 122/04 - Adeneler - Slg. 2006, I-06057, Rdnr. 111). Damit wäre auch in Fällen, in denen noch keine Verbindung zu den in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Zweigen der sozialen Sicherung festgestellt werden kann, eine in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II an sich nicht vorgesehene Einzelfallprüfung hinsichtlich des Bestehens einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates vorzunehmen (für eine entsprechende europarechtskonforme Auslegung im Einzelfall auch BayLSG, Beschluss vom 06.11.2013, a.a.O.). Daher wird - vorbehaltlich einer abschließenden Entscheidung des EuGH und des BSG - wohl in jedem Fall zu prüfen sein, ob ein Arbeitsuchender begründete Aussicht hat, eine Tätigkeit zu finden und damit einen Bezug zum Arbeitsmarkt nachweisen kann. Von welcher zeitlichen Perspektive dabei auszugehen ist und welche Anforderungen an den Nachweis der Arbeitsbemühungen zu stellen sind, bleibt ebenfalls einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
3.
Vorliegend ist nicht nachvollziehbar, wieso die Antragstellerin trotz ihrer derzeit noch unzureichenden Deutschkenntnisse nicht in absehbarer Zeit in Arbeit vermittelt werden können soll, auch wenn der Antragsgegner in seiner nicht näher begründeten Feststellung vom 18.03.2014 von einer fehlenden Perspektive für die ersten zwölf Monate ausgegangen ist. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben in Polen studiert und dort bis wenige Monate vor ihrer Ausreise als Lektorin gearbeitet. Sie gibt an, auch unqualifizierte Tätigkeiten annehmen zu wollen. Gesundheitliche Einschränkungen sind nicht aktenkundig.
4.
Zusammenfassend kann daher ein Leistungsanspruch der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt aus den im Beschluss des Sozialgerichts aufgeführten Gründen auch für die Zeit vom 24.04.2014 bis zum 31.05.2014. Auch die Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II europarechtskonform ist, wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (gegen Europarechtskonformität: Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7, Rn. 55; für Vereinbarkeit mit Europarecht z.B.: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. März 2014 -
L 15 AS 393/11 -, juris).
5.
Nachdem die übrigen Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 8, 9 SGB II erfüllt sind (insoweit wird gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen), waren der Antragstellerin die Leistungen im beantragten Umfang vorläufig zuzusprechen. Das Sozialgericht hat die Höhe der vorläufig zu gewährenden Leistungen entsprechend ihres Antrags und unter Berücksichtigung der von ihren Bekannten erbrachten Sachleistungen bereits auf 70 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs beschränkt. In diesem Umfang hat es zu Recht auch eine Eilbedürftigkeit angenommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin auf ihren Antrag vom 18.03.2014.
Die Antragstellerin ist polnische Staatsangehörige. Sie ist geschieden und alleinstehend und hat nach eigenen Angaben in Polen zuletzt als Lektorin gearbeitet. Am 01.03.2014 reiste sie nach Deutschland ein und lebt seither miet- und kostenfrei bei Bekannten in A-Stadt. Die Einreise erfolgte ausweislich der Aufenthaltsanzeige vom 09.04.2014 nach § 5 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU) zur Arbeitsplatzsuche.
Am 18.03.2014 beantragte sie beim Antragsgegner und Beschwerdeführer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab an, dass sie sich bereits in den Jahren 2009 und 2011 zeitweise in Deutschland aufgehalten und in den Sommermonaten in der Gastronomie gearbeitet habe.
Der Antragsgegner ging in einem Fazit zum Entwicklungsprofil am 18.03.2014 davon aus, dass eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt innerhalb von zwölf Monaten nicht realistisch sei, und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.04.2014 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab. Die Antragstellerin halte sich allein zur Arbeitsplatzsuche in der Bundesrepublik auf; in den ersten drei Monaten sei sie zudem nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 14.04.2014 ist noch nicht entschieden worden.
Am 24.04.2014 beantragte die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Regensburg mit dem Ziel, ihr ab Antragstellung zumindest 70 % der üblichen Grundsicherung nach dem SGB II, hilfsweise nach Rechtsauffassung des Gerichts zu erbringen.
Die Ablehnung der Leistungen verstoße gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht. Sie sei in Polen selbstständig krankenversichert. An Eides statt werde versichert, dass sie bereits früher in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet habe und sich daher jetzt wieder im Hotel- und Gaststättengewerbe um einen Aushilfsjob bemühe, leider aber nur Absagen erhalten habe. Sie legte E-Mailverkehr vom Februar 2014 über Bemühungen zur Aufnahme einer Tätigkeit in der Gastronomie vor.
Der Antragsgegner vertrat die Auffassung, dass spätestens seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.09.2013 (C 140/12 in Sachen Brey) fest stehe, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 seien; auch das Bundessozialgericht (BSG) habe dies im Vorlagebeschluss an den EuGH vom 12.12.2013 (B 4 AS 9/13) so gesehen. Damit sei die Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zu Recht in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts und auch darüber hinaus nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Entsprechend würden von Obergerichten zunehmend Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz negativ verbeschieden, zumal eine Leistungsgewährung im einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf die meist fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsteller regelmäßig zu einem endgültigen Leistungserhalt und damit zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führe. So habe das LSG Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 14.10.2013 (L 29 AS 2128/13 B ER) ausgeführt, dass die Nichtanwendung einer gesetzlichen Vorschrift wie die des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II einen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstelle und damit die Gefahr eines Verstoßes gegen die Gewaltenteilung berge.
Mit Beschluss vom 12.05.2014 verpflichtete das Sozialgericht Regensburg den Antragsgegner, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 24.04.2014 bis 31.08.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 70 % der jeweiligen gesetzlich zustehenden individuellen Regelbedarfe zu gewähren.
Eine abschließende Prüfung des Anordnungsanspruches sei nicht möglich. Zwar könnte sich die Antragstellerin nicht mehr auf ein (fortwirkendes) Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin nach § 2 FreizügG/EU berufen, selbst wenn sie bereits in den Jahren 2009 und 2011 versicherungspflichtig gearbeitet haben sollte. Es sei aber unklar, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, europarechtskonform sei. Auch wenn nach zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung die Leistungen nach dem SGB II als Sozialhilfe gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 EG (RL 2004/38/EG) eingeordnet werden könnten, gebe es hierzu noch keine Entscheidung des EuGH; vielmehr sei diese Frage gerade Inhalt des Vorlagebeschlusses vom 12.12.2013 (a.a.O). Vor allem wäre damit weiter noch nicht entschieden, ob Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG eine legitime Ausnahmevorschrift zum Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 darstelle, der eine Gleichbehandlung aller Bürger der Mitgliedstaaten vorsehe, "sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist". Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG stelle als europäisches Sekundärrecht keine andere Bestimmung in diesem Sinn dar. Auch bezüglich des Leistungsausschlusses während der ersten drei Monate des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II) sei entgegen den Ausführungen des Antragsgegners die Rechtslage noch immer nicht geklärt. Erst aus den Vorlageverfahren beim EuGH und den weiteren Entscheidungen des BSG werde eine Klärung der Rechtslage, auch für § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II, herbeigeführt werden können. Damit sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens insgesamt noch offen. Im tenorierten Umfang bestehe auch ein Anordnungsgrund, weil die Antragstellerin keine Einkünfte habe. Ihr seien daher die Leistungen antragsgemäß in Höhe von 70 % des Regelbedarfs einer Alleinstehenden zu gewähren.
Gegen den dem Antragsgegner am 13.05.2014 zugestellten Beschluss hat dieser am 19.05.2014 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben und zugleich beantragt, gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Vollstreckung des erstinstanzlichen Beschlusses auszusetzen. Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II sei europarechtskonform, was seit der Entscheidung des EuGH vom 19.09.2013 geklärt sei. Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG stelle damit eine legitime Ausnahmevorschrift zum Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 dar. Aber auch der Ausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II sei europarechtskonform, wie sich aus einem Beschluss des 7. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts ergebe (Beschluss vom 06.11.2013, L 7 AS 639/13 B ER).
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 03.06.2014 zur Beschwerde Stellung genommen und auf den Gleichbehandlungsanspruch aller EU-Bürger hingewiesen. Sie sei studierte Journalistin und habe bereits früher in Deutschland gearbeitet. Sie sei bereit, jede Arbeit anzunehmen, und habe bisher nur wegen ihrer fehlenden mündlichen Sprachkenntnisse noch keine Arbeitsstelle gefunden.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des Beschlusses vom 12.05.2014 ist mit Beschluss des Senats vom 13.06.2014 abgelehnt worden.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte des Antragsgegners und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht erhoben worden und auch statthaft (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. § 144 Abs. 1 SGG).
Sie ist aber unbegründet, weil die Entscheidung des Sozialgerichts, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig ab dem 24.04.2014 bis zum 31.08.2014 Leistungen in Höhe von 70 % der jeweiligen gesetzlich zustehenden individuellen Regelbedarfe zu gewähren, rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Glaubhaftigkeit bedeutet, dass für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds ein geringerer Grad von Wahrscheinlichkeit ausreicht als die volle richterliche Überzeugung. Welcher Grad von Wahrscheinlichkeit insoweit genügt, ist bei unklaren Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten und der öffentlichen Interessen zu bestimmen. Gegeneinander abzuwägen sind die Folgen, die entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen würde, dass der Anspruch besteht, gegen die Folgen, die entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellen würde, dass der Anspruch nicht besteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29a). Geht es um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, ist die Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund fehlender Erfolgsaussichten der Hauptsache nur dann zulässig, wenn das Gericht die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend geprüft hat. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist die Eilentscheidung anhand einer Folgenabwägung zu treffen, wobei die Gerichte eine Verletzung der Grundrechte des Einzelnen, insbesondere der Menschenwürde zu verhindern haben (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Juris Rdnr. 25; vgl. auch Beschluss vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, Juris Rdnr. 18). ). Das bedeutet, dass regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten hat (vgl. hierzu auch Beschluss des Senats vom 23.07.2012, L 16 AS 447/12 B ER).
Das Sozialgericht hat vorliegend zu Recht festgestellt, dass eine abschließende Entscheidung zur Frage der Leistungsberechtigung der Antragstellerin wegen der im Zusammenhang mit dem Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II zu klärenden Rechtsfragen nicht endgültig festgestellt werden kann und daher die Entscheidung anhand einer Folgenabwägung zu treffen ist, die zu Gunsten der Antragstellerin ausfällt.
Die Antragstellerin, die - abgesehen von dem hier streitigen Leistungsausschluss - nach den im Eilverfahren zugänglichen Erkenntnisquellen sämtliche Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S 1 SGB II erfüllt, ist als polnische Staatsangehörige Ausländerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Nachdem auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach ihrer Einreise nach Deutschland am 01.13.2014 über ein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche verfügen würde, findet die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II grundsätzlich Anwendung.
Ob die Antragstellerin danach von den beantragten Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend festgestellt werden.
In der Rechtsprechung ist weiterhin umstritten, ob und in welchen Fällen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen Europarecht verstößt. Die Auffassung des erkennenden Senats ergibt sich aus dem Urteil vom 19.06.2013 (L 16 AS 847/12). Zwischenzeitlich hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 12.12.2013 (B 4 AS 9/13 R) ein Revisionsverfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, um die Frage der Vereinbarkeit des Leistungsauschlusses mit dem europarechtlichen Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 45 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; früher Art. 39 Abs. 2 EG-Vertrag) i.V.m. Art. 18 AEUV klären zu lassen.
1.
Derzeit ist nicht geklärt und im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht aufklärbar, ob der Leistungsausschluss deswegen unanwendbar ist, weil sich die Antragstellerin auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 berufen kann.
Die Antragstellerin macht geltend, sie habe bereits in den Jahren 2009 und 2011 versicherungspflichtig in Deutschland gearbeitet. Wenn es sich dabei um eine Beschäftigung gehandelt hat, die geeignet war, den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Art. 2 und 3 der VO (EG) Nr. 883/2004 zu eröffnen, weil für sie während der Beschäftigung die in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Rechtsvorschriften gegolten haben, könnte sich die Antragstellerin entsprechend der vom Senat im Urteil vom 19.06.2013 (a.a.O.) zugrunde gelegten Rechtsauffassung auch bezüglich des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II auf den Schutz der VO (EG) Nr. 883/2004, insbesondere das in Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 verankerte Gleichbehandlungsgebot berufen. Dies wäre noch im Hauptsacheverfahren zu klären. Bisher liegen hierüber keine Unterlagen vor.
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 - mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art. 70 Abs. 4 VO (EG) 883/2004 - auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Art. 70 Abs. 1, 2 VO (EG) 883/2004 gilt und in welchem Umfang das Gleichbehandlungsgebot durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG eingeschränkt werden kann, ist darüber hinaus Gegenstand der dem EuGH mit Beschluss des BSG vom 12.12.2013 (a.a.O.) vorgelegten Fragen.
2.
Ob der Leistungsausschluss auf die Antragstellerin Anwendung findet, kann derzeit aber auch aus anderen Gründen nicht festgestellt werden.
2.1.
Zwar geht nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Brey (EuGH, Urteil vom 10.09.2013, Rs C-140/12 ) der Senat, wie auch das BSG im Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 davon aus, dass wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der VO (EG) 883/2004 und der RL 2004/38/EG eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung nach Art 70 VO (EG) 883/2004 zugleich auch eine Leistung der Sozialhilfe im Sinn von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG sein kann. An der im Urteil vom 19.06.2013 (a.a.O., Rn 47) vertretenen Auffassung wird nicht mehr festgehalten.
2.2.
Aber auch wenn die Leistungen nach dem SGB II als "Sozialhilfeleistungen" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG einzuordnen sind, handelt es sich zugleich um Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (so auch BSG, Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., Rdnr. 45; a.A. Vorlagebeschluss des SG Leipzig vom 3.6.2013 - S 17 AS 2198/12 und BayLSG, Beschluss vom 06.11.2013, L 7 AS 639/13 B ER).
Aus der danach möglichen Doppelnatur der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Leistung der Sozialhilfe im Sinn von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG und zugleich als besondere beitragsunabhängige Geldleistung nach Art 70 VO (EG) 883/2004 ergeben sich weitere Fragen im Zusammenhang mit der Ermächtigungsgrundlage in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG.
Für die Annahme, dass es sich bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende um Leistungen handelt, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, spricht zunächst, dass Anspruchsvoraussetzung für Leistungen nach dem SGB II die Erwerbsfähigkeit ist. Der EuGH hat zwar in seinem Urteil vom 04.06.2009 Vatsouras und Koupatantze - C-22/08 und C-23/08 - Slg. 2009, I-4585) die Frage, ob diese den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, offen gelassen, weil dies zu prüfen Aufgabe der nationalen Behörden und gegebenenfalls der innerstaatlichen Gerichte sei; er hat aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass die Erwerbsfähigkeit eine Zugangsvoraussetzung für die Leistungen nach dem SGB II sei, ein Hinweis darauf sein könne, dass die Leistungen den Zugang zur Beschäftigung erleichtern solle (a.a.O., Rdnr. 43, vgl. hierzu auch Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7, Rdnr. 54). Für diese Auffassung spricht auch die Zielsetzung der Leistungen nach dem SGB II, die darauf gerichtet ist, die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, zu stärken und dazu beizutragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen. Eine Trennung der Leistungen nach dem SGB II in Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erscheint nicht möglich und würde der besonderen Zielsetzung der Leistungen nach dem SGB II nicht gerecht (BayLSG, Urteil vom 19.06.2013, a.a.O).
Hierzu hat der EuGH im Urteil vom 4.6.2009 (a.a.O., Rdnr. 36 ff. unter Hinweis auf Urteile vom 15.09.2005 - C 258/04 - Ioannidis - Slg 2005, I-8275, Rdnr. 21, vom 23.03.2004 - C 138/02 - Collins - Slg 2004, I - 2703, und vom 11.07.2002 - C-224/98 - D Hoop - Slg. 2002, I-6191) weiter ausgeführt, dass es angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft und der Auslegung, die das Recht der Unionsbürger auf Gleichbehandlung in der Rechtsprechung erfahren habe, nicht mehr möglich sei, vom Anwendungsbereich des Art. 45 Abs. 2 AEUV eine finanzielle Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats erleichtern solle. Es sei jedoch legitim, dass ein Mitgliedstaat eine solche Beihilfe erst leiste, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates festgestellt worden sei.
Damit sind auch die spezifischen Freizügigkeitsrechte der betroffenen Unionsbürger als Arbeitsuchende berührt (Eichenhofer, Sozialrecht der Europäischen Union, 5. Aufl. 2013, Rdnr. 315, so auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.04.2014, L 7 AS 239/14 B ER unter Hinweis auf die Vorlageentscheidung vom 12.12.2013). So gewährleistet Art. 45 Abs. 2 AEUV - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht ein, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben und sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen. Auch nach Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG genießen vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und dem abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen Unionsbürger, die sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats.
Vor diesem Hintergrund hält auch das BSG einen Verstoß gegen europäisches Primärrecht für möglich, weil in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Prüfung einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates für die Dauer eines Aufenthaltsrechts als Arbeitsuchende nicht vorgesehen ist, Es hat die Frage, ob bei einem alleinigen Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche generell eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats verneint werden kann, ebenfalls zum Gegenstand der Vorlage an den EuGH gemacht (Beschluss vom 12.12.2013, a.a.O., Rdnr. 44; zweifelnd auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.04.2014, L 6 AS 239/14 B ER).
2.3.
Der Senat ist daher weiterhin der Auffassung, dass § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform auszulegen ist, wobei der Grundsatz der gemeinschaftskonformen Auslegung verlangt, "dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, dass mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt" (EuGH, Urteil vom 04.07.2006 - C 122/04 - Adeneler - Slg. 2006, I-06057, Rdnr. 111). Damit wäre auch in Fällen, in denen noch keine Verbindung zu den in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Zweigen der sozialen Sicherung festgestellt werden kann, eine in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II an sich nicht vorgesehene Einzelfallprüfung hinsichtlich des Bestehens einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates vorzunehmen (für eine entsprechende europarechtskonforme Auslegung im Einzelfall auch BayLSG, Beschluss vom 06.11.2013, a.a.O.). Daher wird - vorbehaltlich einer abschließenden Entscheidung des EuGH und des BSG - wohl in jedem Fall zu prüfen sein, ob ein Arbeitsuchender begründete Aussicht hat, eine Tätigkeit zu finden und damit einen Bezug zum Arbeitsmarkt nachweisen kann. Von welcher zeitlichen Perspektive dabei auszugehen ist und welche Anforderungen an den Nachweis der Arbeitsbemühungen zu stellen sind, bleibt ebenfalls einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
3.
Vorliegend ist nicht nachvollziehbar, wieso die Antragstellerin trotz ihrer derzeit noch unzureichenden Deutschkenntnisse nicht in absehbarer Zeit in Arbeit vermittelt werden können soll, auch wenn der Antragsgegner in seiner nicht näher begründeten Feststellung vom 18.03.2014 von einer fehlenden Perspektive für die ersten zwölf Monate ausgegangen ist. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben in Polen studiert und dort bis wenige Monate vor ihrer Ausreise als Lektorin gearbeitet. Sie gibt an, auch unqualifizierte Tätigkeiten annehmen zu wollen. Gesundheitliche Einschränkungen sind nicht aktenkundig.
4.
Zusammenfassend kann daher ein Leistungsanspruch der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt aus den im Beschluss des Sozialgerichts aufgeführten Gründen auch für die Zeit vom 24.04.2014 bis zum 31.05.2014. Auch die Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II europarechtskonform ist, wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (gegen Europarechtskonformität: Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7, Rn. 55; für Vereinbarkeit mit Europarecht z.B.: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. März 2014 -
L 15 AS 393/11 -, juris).
5.
Nachdem die übrigen Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 8, 9 SGB II erfüllt sind (insoweit wird gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen), waren der Antragstellerin die Leistungen im beantragten Umfang vorläufig zuzusprechen. Das Sozialgericht hat die Höhe der vorläufig zu gewährenden Leistungen entsprechend ihres Antrags und unter Berücksichtigung der von ihren Bekannten erbrachten Sachleistungen bereits auf 70 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs beschränkt. In diesem Umfang hat es zu Recht auch eine Eilbedürftigkeit angenommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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