L 10 U 4760/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 134/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4760/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das Ausbringen von Futter für Schwarzwild im Jagdrevier kann eine Tätigkeit als Wie-Beschäftigter für die Jagdgemeinschaft sein; dabei ist es für den Versicherungsschutz unschädlich, dass diese Fütterung für die künftige Jagd auch durch den Wie-Beschäftigten dienlich ist. Der Ausschluss des so genannten Jagdgastes aus der gesetzlichen Unfallversicherung greift nicht.
2. Versicherungsschutz besteht auf dem direkten Weg zum Ort der versicherten Tätigkeit (hier: Fütterungsstelle im Wald), auch wenn dieser Weg mit dem geländegängigen Motorrad aus Spaß am Fahren querfeldein zurückgelegt wird.
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17.10.2012 und der Bescheid vom 03.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall vom 08.04.2011 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des vom Kläger am 08.04.2011 erlittenen Motorradunfalls als Arbeitsunfall streitig.

Der am 1981 geborene Kläger arbeitete zum Unfallzeitpunkt hauptberuflich als Forstwirtschaftsmeister bei der Gemeindeverwaltung. Ihm war von der Jagdgemeinschaft Jagdbezirk B./G. , bestehend aus vier Jagdpächtern, für einen bestimmten Teil des Jagdreviers die Kirrung (Lockfütterung zum Zwecke der Bejagung oder Beobachtung) bzw. Ablenkungsfütterung (zur Vermeidung von Schäden in der Landwirtschaft) für Wildschweine übertragen. Er wurde weiterhin regelmäßig für den Bau und für die Unterhaltung der Hochsitze sowie der zu diesen führenden Wege herangezogen. Der Kläger, der Inhaber eines Jagdscheines ist, nahm diese Tätigkeiten auf Grund mündlicher Absprache wahr, ohne selbst Jagdpächter oder behördlich bestätigter Jagdaufseher zu sein. Eine Vergütung erhielt er für diese Tätigkeit abredegemäß nicht. Vielmehr gestatteten die Jagdpächter dem Kläger auf Grundlage eines unentgeltlichen Begehungsscheines die Jagd im Jagdrevier.

Am Unfalltag war der Kläger mit seinem geländegängigen Motorrad, von seinem Wohnort kommend, in Richtung Jagdrevier unterwegs, um Mais an zwei 300 m voneinander entfernten Futterstellen (eine von der Jagdgemeinschaft angelegte Ablenkungsfutterstelle und eine Kirrfutterstelle) auszubringen. Anstelle des links von der Kreisstraße abgehenden Feldwegs zum Jagdrevier wählte der Kläger den an diesen Feldweg angrenzenden Acker mit lockerem und trockenem Boden und befuhr diesen ca. 150 Meter parallel zum Feldweg in Richtung der Futterstellen, bevor er dann stürzte und sich hierbei vor allem eine Berstungsfraktur des Brustwirbelkörpers 7 mit kompletter sensomotorischer Querschnittslähmung zuzog. Der Kläger führte beim Unfall kein Gewehr mit sich.

In der Unfallanzeige des Jagdpächters H. , Schriftführer der Jagdpächtergemeinschaft, vom 18.04.2011 teilte dieser mit, der Kläger sei auf dem Weg zur Ablenkungsfütterung bzw. Kirrung von Schwarzwild gewesen. Im Rahmen einer ergänzenden Befragung durch einen Außendienstmitarbeiter der Beklagten am 19.05.2011 teilte Herr H. ergänzend mit, der Kläger sei bereits seit einigen Jahren für die Jagdgemeinschaft tätig. Man habe ihm keinen gezielten Auftrag für den Unfalltag erteilt; man habe bereits Tage und Wochen zuvor über das Revier gesprochen, weshalb der Kläger gewusst habe, was er zu tun habe. Der Kläger habe gegen 15.00 Uhr am Unfalltag drei bis vier Kilo Mais geholt, um damit eine Kirrung bzw. Ablenkungsfütterung vorzunehmen. Sicher sei, dass der Kläger vor Ort die Ablenkungsfütterung nachzufüllen hatte, damit das Schwarzwild nicht auf die angrenzenden Felder gehe. Die Bestückung von Kirrung und Ablenkungsfütterung habe man mit dem Kläger abgesprochen, wobei diesem in zeitlicher Hinsicht freie Hand gelassen worden sei. Ab dem 11. oder 12.04.2011, mit Zunahme des Mondes, sei beabsichtigt gewesen die Schwarzwildjagd im Revier aufzunehmen. Ob der Kläger eventuell noch am gleichen Abend auf die Schwarzwildjagd gegangen wäre, könne er, der Jagdpächter, nicht beantworten. Der Kläger teilte im Rahmen einer Befragung durch den Außendienst der Beklagten am 26.05.2011 mit, er habe beabsichtigt, Futter an den Futterplatz zu bringen, um die "Tiere im Wald zu halten". Außerdem habe er feststellen wollen, ob sich die Tiere regelmäßig dorthin begeben, um sie dann in der Vollmondphase zu jagen. Er selbst habe die Absicht gehabt, dort in den nächsten Tagen die Jagd auszuüben. Möglicherweise wäre er in der Vollmondphase auf die Jagd gegangen. Im Verhinderungsfalle wäre ggf. ein anderer Begehungsscheininhaber oder Jagdpächter selbst angesessen. Die Fahrt über den an den Feldweg angrenzenden Acker habe er nur des Fahrspaßes wegen unternommen. Eine Zeitersparnis oder gar Abkürzung sei damit nicht verbunden gewesen.

Mit Bescheid vom 03.06.2011 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalls vom 08.04.2011 ab, da es sich hierbei nicht um einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Grund seiner Tätigkeit am Unfalltag sei das private Interesse an der Jagd gewesen. Ein Begehungsscheininhaber mit Jagderlaubnis werde aus Freude an der Jagdausübung tätig. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger neuerlich geltend machte, wesentlicher Zweck der Fütterung sei die Ablenkung der Tiere von nahegelegenen Feldern gewesen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2011 zurück. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt auch nicht als sogenannter "Wie-Versicherter" unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Zwar handle es sich bei der Beschickung bzw. Kontrolle der Schwarzwildkirrungen um Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert für die Jagdgemeinschaft. Der Kläger habe aber vorwiegend im eigenen Interesse gehandelt, da es ihm offensichtlich darauf angekommen sei, die Jagd ausüben zu können. Die Kirrung am Unfalltag sei in unmittelbarem Zusammenhang mit der unversicherten Jagdausübung zu sehen. Es sei ihm offensichtlich darauf angekommen, die Jagd zumindest zeitnah in den nächsten Tagen ausüben zu können. Der vom Kläger genannte Beweggrund, die Tiere im Wald zu halten, um Schäden auf den Feldern zu vermeiden, müsse als untergeordneter Nebenzweck eingeordnet werden. Auch ein Wegeunfall scheitere an der subjektiven Handlungstendenz. Nach eigener Aussage sei der Kläger aus reinem Vergnügen mit seinem Motocross-Motorrad über den Acker gefahren.

Hiergegen hat der Kläger am 09.01.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben und zu deren Begründung geltend gemacht, er habe am Unfalltag vorgehabt, eine Ablenkungsfütterung vorzubereiten, mit der verhindert werden sollte, dass das Schwarzwild zur Nahrungssuche in die angrenzenden Felder geht. Er habe weder am Abend des Unfalltags noch an den nächsten Tagen vorgehabt, zur Jagd zu gehen. Die Beklagte hat unter Verweis auf die Ermittlungen ihres Außendienstes geltend gemacht, im Jagdrevier, in welchem der Kläger tätig sei, finde überhaupt keine bestimmungsgemäße Ablenkungsfütterung statt. Denn die Stelle, die von den Jagdpächtern als Ablenkungsfutterstelle bezeichnet werde, liege maximal zwanzig Meter vom Waldrand entfernt; in unmittelbarer Nähe befinde sich ein Hochsitz. Dies spreche dafür, dass es sich hier um eine Kirrung handle und der Kläger am Unfalltag beide Kirrungen mit Futter versorgen wollte, um zeitnah seinem Hobby, nämlich der Jagd auf Schwarzwild, nachgehen zu können.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.10.2012 hat das Sozialgericht Freiburg die Klage abgewiesen. Aus Sicht der Kammer sei zunächst nicht der volle Beweis dafür erbracht, dass der Kläger am Unfalltag mit dem Ziel, für die Jagdpächtergemeinschaft tätig zu werden und damit im Rahmen einer versicherten Tätigkeit, unterwegs war. Gegen eine Ablenkungsfütterung spreche, dass die vom Kläger zu beschickende Ablenkungsfutterstelle jagdrechtlich nicht zulässig sei. Auch spreche der Zeitpunkt gegen eine Ablenkungsfütterung, da zu diesem Zeitpunkt auf den an den Waldrand angrenzenden Feldern keinerlei für Schwarzwild geeignete Futterpflanzen zur Verfügung stünden. Darüber hinaus habe sich der Kläger in dem Moment, in dem er von der Kreisstraße auf den Acker abbog, von einer unterstellten versicherten Tätigkeit der Gestalt gelöst, dass er jedenfalls jetzt wesentlich, wenn nicht gar ausschließlich, den eigenwirtschaftlichen Zweck "Motocrossfahren" verfolgt habe.

Gegen den ihm am 18.10.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.11.2012 Berufung eingelegt und im Wesentlichen das bisherige Vorbringen erneuert und vertieft.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17.10.2012 sowie den Bescheid vom 03.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 08.04.2011 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).

Das Sozialgericht hätte der Klage stattgeben müssen, denn sie ist begründet. Der Vorfall vom 08.04.2011 stellt einen Arbeitsunfall dar. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehört nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dabei muss eine sachliche Verbindung mit der versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausübte, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versi¬cherten.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein. Dementsprechend muss auch der innere Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Zurücklegung des We-ges nachgewiesen sein, also sicher feststehen (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84 in SozR 2200 § 548 Nr. 70). Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können muss (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Lediglich hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Zur Überzeugung des Senats erlitt der Kläger den Unfall beim Zurücklegen des mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges.

Dabei bestehen für den Senat zunächst keine Zweifel, dass die vom Kläger in Aussicht gefasste Fütterung eine den Versicherungsschutz im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII begründende Tätigkeit darstellt. Der Kläger gehörte dabei nicht bereits zu den gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5a i. V. m. § 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII versicherten Personen (Jagd als landwirtschaftliches Unternehmen, dessen Unternehmer gesetzlich versichert ist), da für ein Tätigwerden des Klägers als Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift die Voraussetzungen nicht erfüllt sind; denn der Kläger war nicht Mitpächter der Jagd. Ebenso scheidet ein Versicherungsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aus. Die Voraussetzungen für ein danach erforderliches Beschäftigungsverhältnis liegen nicht vor, nachdem der Kläger weder bei einem einzelnen Jagdpächter der aus vier Mitglieder bestehenden Jagdpächtergemeinschaft noch bei der Jagdpächtergemeinschaft selbst angestellt war. Insbesondere war er nicht in einen Betrieb eingegliedert, erhielt keine Entlohnung und es lagen auch keine sonstigen Merkmale vor, die bei einer Gesamtbetrachtung auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen ließen. So war er auch kein von der unteren Jagdbehörde bestätigter Jagdaufseher.

Der Kläger war jedoch bei dem Unfall am 08.04.2011 wie ein Beschäftigter tätig und versichert (§ 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).

Nach § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Personen versichert, die wie Beschäftigte tätig werden. Ein Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" setzt voraus (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4 m.w.N., und Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 5 m.w.N.), dass es sich um eine ernstliche Tätigkeit von wirt¬schaftlichem Wert handelt, die dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) , die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied, beruhen. Eine per¬sönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger war im Interesse der Jagdpächtergemeinschaft tätig, weil er den Jagdpächtern obliegende Aufgaben mit deren Willen erfüllte. Dem Kläger oblag nach Angabe des Jagdpächters H. in seiner Unfallanzeige in einem bestimmten Teil des Jagdreviers, wo er sich zum Unfallzeitpunkt hinbegeben wollte, die Kontrolle der Kirrung sowie der Ablenkungsfütterung für Wildschweine. Dies bestätigte der Jagdpächter H. im Rahmen der Befragung durch den Außendienst der Beklagten. Unabhängig davon, ob der Kläger an einer möglicherweise anschließenden Jagd selbst unter Ausnutzung des ihm erteilten Begehungsscheines teilnehmen wollte (hierzu siehe unten), handelt es sich sowohl bei der Kirrung wie auch bei der Ablenkungsfütterung um Aufgaben, mit deren Erledigung die Jagdpächter, hätte der Kläger die Fütterung nicht vorgenommen, eine andere Person beauftragen hätten können, die dann weisungsgemäß - und damit als Arbeitnehmer und nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter - diese Arbeiten ausgeführt hätte. Zwar lag für die Fütterung am Unfalltag kein konkreter Auftrag seitens der Jagdpächter vor; die Bestückung der Kirrung sowie der Ablenkungsfütterung war aber zwischen den Jagdpächtern und dem Kläger in grundsätzlicher Weise abgesprochen, wobei man den Kläger im Hinblick auf die langjährige Wahrnehmung dieser Aufgabe bezüglich der konkreten Vornahme weitgehend freie Hand ließ und ihm insbesondere keinen detaillierten Zeitplan vorgab. Anders als die Beklagte meint, war der Kläger auch nicht überwiegend im Eigeninteresse tätig. Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu dienen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, sogenannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten erfolgen (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4). Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, d. h. die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen (BSG a. a. O.).

Selbstverständlich war das Handeln des Klägers bei der Mithilfe im Revier generell auch durch die Motivation geprägt, hier seinem Hobby, der Jagd (im weitesten Sinne), nachzugehen. Indessen schließt dies eine fremdnützige Handlungstendenz ebenso wenig aus wie das Interesse eines Beschäftigten, durch die geleistete Arbeit ein Entgelt zu verdienen. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit im unmittelbaren Betriebsinteresse erfolgt und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist vielmehr die objektivierte Handlungstendenz des möglichen Versicherten, ob also dieser eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werden (BSG, Urteil vom 18.06.2013, B 2 U 7/12 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 48).

Auf Grund des Ermittlungsergebnisses der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der Bekundungen des Klägers im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens, nicht zuletzt auch im Erörterungstermin vom 23.06.2014, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dieser auf dem Weg war, entsprechend den Erfordernissen im Jagdrevier und den Weisungen der Jagdpächter jedenfalls auch eine Ablenkungsfütterung durchzuführen. So hat der Jagdpächter H. gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten geäußert, sicher sei, dass der Kläger "vor Ort die Ablenkungsfütterung nachzufüllen hatte ..., damit das Schwarzwild nicht auf die angrenzenden Felder geht". Der Kläger selbst teilte im Rahmen der ersten Befragung durch den Mitarbeiter der Beklagten am 26.05.2011 mit, er wollte am Unfalltag Futter an den Futterplatz bringen. Es müssten täglich ca. zwei bis drei Liter Mais dort ausgebracht werden, "um die Tiere im Wald zu halten". Die von ihm wahrzunehmende Fütterung erfolge überwiegend, um die Tiere (Wildschweine) hierdurch im Wald zu halten und Schäden auf den Feldern zu vermeiden. In der nichtöffentlichen Sitzung des Senats am 23.06.2014 hat der Kläger mitgeteilt, dass er am Unfalltag die Ablenkungsfütterung kontrollieren und ggf. mit Mais wieder auffüllen wollte. Er habe daneben auch vorgehabt, die Kirrungsstelle, die sich an der Waldgrenze des Jagdreviers befindet, zu kontrollieren. Zwar ist zuzugeben, dass der Jagdpächter H. im Rahmen der Unfallanzeige wie auch der Befragung durch die Beklagte nicht ausschließen konnte, dass die beabsichtigte Fütterung durch den Kläger auch zur Kirrung von Schwarzwild dienen sollte. Der Kläger selbst bestritt nie, im Zuge der Ablenkungsfütterung zugleich auch die Kirrungsstelle aufsuchen zu wollen. Auf Grund der Angaben des Jagdpächters H. wie auch der Bekundungen des Klägers steht indes fest, dass im Vordergrund bzw. zumindest gleichberechtigt neben der beabsichtigten Kirrung auch die Ablenkungsfütterung stand.

Dem steht zum einen nicht entgegen, dass nach den Ermittlungen der Beklagten im Zuge des sozialgerichtlichen Verfahrens die Ablenkungsfütterung sich als missbräuchlich nach § 19 Landesjagdgesetzes Baden-Württemberg (LJagdG) i. V. m. den §§ 2 und 3 Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz (LJagdG-DVO) darstellt. Die Missbräuchlichkeit der Ablenkungsfutterstelle ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 LJagdG-DVO. Danach liegt eine missbräuchliche Ablenkungsfütterung vor, wenn die Ablenkungsfütterung für Schwarzwild im Feld oder in einem geringeren Abstand als 300 Meter von der Wald-Feldgrenze innerhalb des Waldes betrieben wird. Darüber hinaus liegt Missbräuchlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 LJagdG-DVO vor, wenn Wild mit Ausnahme von Bewegungsjagden in einem Abstand von weniger als 100 Meter von der Ablenkungsfütterung bejagt wird oder dort eine Bejagungseinrichtung vorhanden ist. Nach den insofern unwidersprochen gebliebenen Ermittlungen der Beklagten befindet sich in unmittelbarer Nähe der vom Kläger angestrebten Ablenkungsfütterung mit einem Hochsitz eine Bejagungseinrichtung; außerdem befindet sich die Ablenkungsfutterstelle deutlich weniger als 300 Meter vom Waldrand entfernt. Auch kann der Senat nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht sicher ausschließen, dass auch im Bereich der Ablenkungsfütterung in gesetzeswidriger Weise Schwarzwild vereinzelt bejagt wird. Indes schließt gem. § 7 Abs. 2 SGB VII verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht aus. Zum anderen wird durch die Missbräuchlichkeit der Ablenkungsfutterstelle der grundsätzliche Zweck der Ablenkungsfütterung nicht in Frage gestellt. Die Sinnhaftigkeit einer Ablenkungsfütterung an dieser Stelle ergibt sich unmittelbar aus den Gefahren, die dem angrenzenden Maisfeld von Wildschweinen drohen. Wie der Kläger im Erörterungstermin erklärt hat, hat sich die Ablenkungsfutterstelle schon seit jeher an eben dieser Stelle befunden; sie wurde nicht etwa vom Kläger an dieser Stelle erst eingerichtet. Die Funktion der fraglichen Futterstelle zu Ablenkungszwecken wurde vom Jagdpächter H. wiederholt ausdrücklich bestätigt; so in dem der Unfallanzeige vom 18.05.2011 beigefügten Plan (Bl. 13 Verwaltungsakte) sowie im Rahmen der gemeinsamen Begehung der Ablenkungsfutterstelle mit Vertretern der Beklagten (vgl. Ermittlungsbericht der Beklagten, Bl. 23 ff. SG-Akte). Auch vermag sich der Senat nicht der Einschätzung der Beklagten anzuschließen, wonach eine Ablenkungsfütterung am Unfalltag keinen Sinn gemacht hätte. Vielmehr ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Klägers bereits ab April damit zu rechnen, dass sich Schwarzwild auf den angrenzenden Maisacker begibt und die vom Vorjahr herrührenden, untergepflügten Maiskolben ausgräbt. Im Übrigen bedarf eine wirksame Ablenkungsfütterung eines gewissen Vorlaufs, um das Schwarzwild an den Futterplatz zu gewöhnen, sodass eine Ablenkungsfütterung ab dem Zeitpunkt, zu welchem der Mais dann ausgesät wird (üblicherweise Mitte April eines Jahres), verspätet wäre. Der Senat folgt diesbezüglich den Ausführungen des Klägers. Diese beabsichtigte Ablenkungsfütterung sollte ausschließlich im Interesse der Jagdpächter erfolgen. Denn sie verfolgt - auch unter Berücksichtigung einer missbräuchlichen Ausgestaltung - im Wesentlichen den Zweck, den Eintritt von Wildschäden auf den angrenzenden Feldern zu vermeiden, für welche gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) die Jagdpächtergemeinschaft einzustehen hat; dabei tragen die einzelnen Jagdpächter den aus der Gemeinschaftskasse geleisteten Ersatz nach dem Verhältnis des Flächeninhalts ihrer beteiligten Grundstücke (§ 29 Abs. 1 Satz 2 BJagdG). Es handelte sich damit um Tätigkeiten für die Jagdpächter, also um fremdnützige Tätigkeiten, so dass Versicherungsschutz gem. § 2 Abs. 2 SGB VII vorlag.

Allerdings sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII u. a. Personen von der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII frei, die auf Grund einer vom Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis (so genannter Jagdgast) jagen. Diese Vorschrift greift hier jedoch nicht ein. Sie bezieht sich, wie vom Senat bereits entschieden (Urteil vom 26.01.2006, L 10 U 4808/04), ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII und nicht auf die hier vorliegende Versicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII.

Im Übrigen war der Kläger nicht in der Eigenschaft als Jagdgast tätig. Dass der Kläger eine Jagd¬¬erlaubnis der Jagdausübungsberechtigten, hier der vier Jagdpächter, besaß, führt nicht dazu, dass er zwangsläufig bei jedem Gang im Revier als Jagdgast anzusehen ist. Vielmehr kann auch eine Person, die über eine Jagderlaubnis für ein Revier verfügt, in diesem als "Wie-Beschäftigter" gemäß § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig werden (BSG, Urteil vom 11.11.2003, B 2 U 41/02 R in SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, noch zum alten Rechtszustand, wo sich die Jagdgast-Regelung auch auf den Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" bezog). Maßgebend ist die konkrete Situation, anlässlich der sich der Unfall ereignete. Ob jemand als Jagdgast tätig wird, hängt davon ab, ob die konkrete Verrichtung dem Begriff der Jagd zugeordnet werden kann (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, a.a.O.). Zur Bestimmung dessen, was zur Jagdausübung gehört, ist von den einschlägigen Vorschriften des Jagdrechts auszugehen, weil es einen hiervon unterschiedlichen Begriff der Jagdausübung in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gibt. Nach § 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) ist das Jagdrecht die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wild lebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild), zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild (§ 1 Abs. 4 BJagdG). Demgegenüber hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (§ 1 Abs. 2 BJagdG). Zwischen Hege und Jagdausübung ist somit zu unterscheiden, wenngleich zur Hege auch das Jagen von Tieren gehören kann, z.B. um den Bestand bestimmter Tierarten zu verringern (BSG, a.a.O.). Nur wenn keine Jagd ausgeübt wurde und der Aufenthalt im Revier in wesentlichen Zwecken den Jagdpächtern diente, ist begrifflich die Eigenschaft als Jagdgast zu verneinen. Hier war zum Unfallzeitpunkt keine konkrete Jagdtätigkeit des Klägers selbst beabsichtigt; dieser führte noch nicht einmal eine Waffe mit sich. Die Ablenkungsfütterung diente, wie dargestellt, der Jagdpächtergemeinschaft. Auch war unklar, wann der Kläger oder die übrigen Jagdausübungsberechtigten bzw. Jagdpächter die sogenannte Kirrung, also die Fütterung mit dem Zwecke, das zu jagende Wild anzulocken und zu beschäftigen, für eine jagdliche Tätigkeit nutzen würden. Im Hinblick auf die anstehende Jagd auf Schwarzwild - laut Unfallanzeige vom 18.04.2011 war der nächste Ansitz auf Schwarzwild ab ca. 11.04.2011 bei anstehender Vollmondphase geplant - war ungewiss, ob der Kläger teilnehmen würde. Für den Unfallabend selbst war der Kläger mit seinen Eltern bereits zum Grillen verabredet, was gegen eine Jagd am selben Tag spricht. Im Zeitpunkt der Verrichtung war jedenfalls keine Jagd konkret geplant. Wenn aber keine Jagd im Zeitpunkt der konkreten Verrichtung ausgeübt werden sollte, kann der Kläger auch nicht als Jagdgast tätig geworden sein.

Fraglich ist darüber hinaus, ob die Kirrung überhaupt mit eigenwirtschaftlicher Handlungstendenz - wie von der Beklagten und vom Sozialgericht angenommen - erfolgte. Der Kläger nahm nahezu täglich Kirrungen vor, ohne dass er in diesem Umfang auch selbst jeweils zur Jagd gegangen wäre, sodass auch diese Kirrungen zwangsläufig überwiegend im Interesse der Jagdpächter und weiteren Begehungsscheininhaber erfolgte. Ob der Kläger an der für die kommende Vollmondphase geplanten Jagd auf Schwarzwild teilnehmen würde, war - wie soeben dargestellt - ungewiss. Letztlich kann diese Frage dahinstehen, da die Motorradfahrt zur beabsichtigten Fütterung selbst dann im erforderlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als "Wie-Beschäftigter" gestanden wäre, wenn die Kirrung (im Gegensatz zur Ablenkungsfütterung) ausschließlich zur Ermöglichung der eigenen Jagd erfolgt sein sollte (wobei offen bleibt, unter welchen Voraussetzungen ein solches Jagen wiederum - da auch fremdnützig, weil beispielsweise zum Zwecke der Hege - unter Verrichtungsschutz steht). Eine solche privatwirtschaftliche Handlungstendenz unterstellt war die Motorradfahrt zu den Fütterungsstellen eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage. Eine solche gespaltene Handlungstendenz liegt vor, wenn eine Verrichtung sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz erfolgt (vgl. hierzu und zum Nachfolgenden BSG vom 18.06.2013, a.a.O.; BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 2 U 14/10 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 39). Denn der Kläger verfolgte zwei Ziele. Er wollte zum einen weisungsgemäß die Ablenkungsfütterung vornehmen (betriebliche Handlungstendenz) und er wollte an der Kirrstelle Futter ausbringen (unterstellt, der Kläger wollte damit überwiegend oder ausschließlich die eigene Jagd ermöglichen bzw. erleichtern: privatwirtschaftliche Handlungstendenz). Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt. Dies ist hier ohne weiteres zu bejahen. Denn nach den objektiven Umständen steht die Fahrt des Klägers von seiner Wohnung zum Jagdrevier, genauer zu den beiden Fütterungsstellen, in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem betrieblichen Zweck, sich zur Futterstelle für die Ablenkungsfütterung zu begeben. Würde man als Kontrollüberlegung den Beweggrund, die Stelle für die Kirrungsfütterung aufzusuchen, hinwegdenken, so bleibt weiterhin der betriebliche Grund, die Futterstelle für die Ablenkungsfütterung aufzusuchen, als Motivation, mit dem Motorrad das Jagdrevier auf dem gewählten Weg aufzusuchen. Inwieweit der konkret gewählte Streckenverlauf über das Feld noch dem Versicherungsschutz unterliegt, ist Gegenstand einer eigenen Betrachtung (hierzu sogleich). Der Kläger stand somit auf dem Weg von seiner Wohnung zum Jagdrevier grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.

Der hiernach bestehende Versicherungsschutz wurde auch nicht durch die Fahrt über den an den Feldweg angrenzenden Acker unterbrochen. Allerdings ist der innere sachliche Zusammenhang zu verneinen, wenn und solange der Versicherte auf einem dem Grunde nach versicherten Weg eine private, nicht dem Zurücklegen des Weges dienende Verrichtung einschiebt bzw. der Weg zeitlich unterbrochen und danach wieder aufgenommen wird. Wird der Weg zu oder von der Arbeitsstätte durch eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit mehr als nur geringfügig unterbrochen, besteht während der Unterbrechung deshalb kein Versicherungsschutz; dieser setzt erst wieder ein, wenn die eigenwirtschaftliche Tätigkeit beendet ist und die Handlungstendenz auch nach außen erkennbar wieder darauf gerichtet ist, den ursprünglich versicherten Weg wieder aufzunehmen (BSG vom 04.07.2013, B 2 U 3/13 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 50). Dabei steht es dem Versicherten frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, wenn die Fortbewegung nach seiner Handlungstendenz der Zurücklegung des Weges von oder zum Ort der Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Sobald indes der Versicherte ausschließlich eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, die mit der versicherten Fortbewegung nicht übereinstimmen, wird der Versicherungsschutz unterbrochen und zwar solange, bis er die Fortbewegung auf sein ursprüngliches Ziel hin wieder aufnimmt.

Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass die betriebliche Handlungstendenz "Fahrt zur Futterstelle" durch den eigenwirtschaftlichen Zweck der Durchführung einer Geländefahrt mit dem Motocross-Motorrad überlagert wurde. Der Kläger wählte zwischen zwei Varianten, um an die Futterstellen zu gelangen, lediglich diejenige aus, die ihm zusätzlich zur Fortbewegung in Richtung auf das Ziel das zusätzliche Vergnügen einer Geländefahrt gestattete. Selbst wenn man indes von einer Unterbrechung des Arbeitsweges ausgehen wollte, so wäre diese indes unbeachtlich. Eine Unterbrechung ist dann als geringfügig zu bezeichnen (und im Hinblick auf die Fortdauer des Versicherungsschutzes unbeachtlich), wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges zum Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist; dies ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann (BSG a. a. O.). Eine Zäsur ist indes zu verneinen, nachdem sich der Kläger weiterhin flüssig und ohne Verzögerung in zeitlicher Hinsicht in Richtung auf das Jagdrevier zubewegte und dabei insbesondere keinen Richtungswechsel bis hin zu einer Umkehr vornahm. Dem Kläger war es möglich, den parallel zum Feldweg verlaufenden Acker unter Beibehaltung der ursprünglichen Zielrichtung gleichsam "nebenher" zu befahren.

Aus demselben Grund scheidet auch die vom Sozialgericht angenommene Lösung vom Versicherungsschutz auf Grund eines Abweges bzw. Umweges aus. Dabei ist zu beachten, dass Versicherte nicht die kürzeste Strecke und die schnellste Art wählen müssen. Sie haben in einem nicht engen Rahmen eine Wahlfreiheit, besonders im Hinblick auf Verkehrsverhältnisse, Entfernung Zeitbedarf, Witterung, Kosten und persönliche Neigung (Ricke in: Kasseler Kommentar, SGB VII § 8 Rdnr. 201). Abwege sind privat bedingte Strecken, die nicht mehr in die versicherte Zielrichtung führen und den Weg dadurch räumlich verlängern. Wie dargestellt, bewegte sich der Kläger aber auch bei seiner Fahrt über den Acker weiterhin unmittelbar in Richtung Ziel. Umwege wiederum sind Wegestrecken, die, anderes als Abwege, generell noch in Richtung des versicherten Ziels gehen, den direkten Weg aber aus privaten Gründen nicht ganz unerheblich verlängern (Ricke a. a. O., Rdnr. 205). Das parallele Befahren des angrenzenden Ackers zum Feldweg führte jedoch nicht zu einer Verlängerung in räumlicher Hinsicht. Nachdem der Kläger nur ein kurzes Stück der zurückzulegenden Wegstrecke auf dem angrenzenden Acker zurücklegen wollte, liegt - selbst wenn man davon ausgehen möchte, dass der Kläger auf dem Feldweg schneller voran gekommen wäre, als auf dem Acker selbst - eine nur unerhebliche Verlängerung der Wegstrecke in zeitlicher Hinsicht vor.

Der Umstand, dass der Kläger beim Abbiegen auf den Acker den öffentlichen Verkehrsraum (Kreisstraße) verließ, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn die Handlungstendenz (Aufsuchen der Futterstellen) blieb dieselbe. Im Übrigen hätte der Kläger ohnehin die Kreisstraße und damit den öffentlichen Verkehrsraum bei der alternativen Nutzung des Feldwegs und der Waldwege verlassen müssen.

Dass das Befahren des angrenzenden Ackers mit dem Motocross-Motorrad gefahrerhöhend war, führt zu keiner anderen Beurteilung und schließt den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Versicherungsschutz zur Zeit des Befahrens des Ackers nicht aus. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, gibt es nicht (vgl. hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 14 mit weiteren Nachweisen). Auch leichtsinniges unbedachtes Verhalten beseitigt den bestehenden sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht. Dies ist vielmehr nur ausnahmsweise der Fall, wenn ein Beschäftigter sich derart sorglos und unvernünftig verhält, dass für den Eintritt des Arbeitsunfalls nicht mehr die versicherte Tätigkeit, sondern die selbstgeschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist. Verfolgt der Versicherte ausschließlich betriebliche Zwecke, schließt ein solches Verhalten dabei den Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall nie aus. Eine selbstgeschaffene Gefahr erlangt erst dann Bedeutung, wenn ihr betriebsfremde Motive zu Grunde liegen.

Der Begriff der "selbst geschaffenen Gefahr" ist nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BSG (siehe, auch zum Nachfolgenden, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 14 m.w.N.) eng auszulegen und nur mit größter Zurückhaltung anzuwen¬den. Eine Gefahrerhöhung durch Risiken, die nicht der versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, sondern privaten Umständen zuzurechnen sind, betreffen nicht den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrich¬tung zur Zeit des Unfalls, sondern den Zu-sammenhang zwischen der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis. Für diesen Zusammenhang zwischen der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachen¬zusammenhang zwischen der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis voraus und in einem zweiten wertenden Schritt, dass diese Verrichtung für das Unfallereignis wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei können die betrieblichen Umstände durch eine selbst geschaffene Gefahr so weit in den Hintergrund gedrängt werden, dass letztere als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist. Die selbst geschaffene Gefahr ist daher kein besonderes Rechts¬prinzip oder eigen¬ständiger Rechtssatz zur Zusammenhangsbeurteilung beim Arbeitsunfall, sondern nur im Rah¬men der Abwägung zwischen der versicherten und der nicht versicherten Ursache als Element der letzteren bei der Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der ver¬sicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis zu berücksichtigen.

Nach diesen Maßstäben ist der Zusammenhang zwischen der versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, nämlich der Fahrt mit dem Motorrad zu den Futterplätzen und dem Unfallereignis, zu bejahen. So ist zu berücksichtigen, dass Art und Weise der Zurücklegung des Arbeitsweges dem Versicherten im Rahmen vernünftiger Überlegungen freigestellt bleiben. Der Kläger war mit einer geländetauglichen Maschine unterwegs, in deren Umgang er auf Grund jahrelanger Erfahrung geübt war. Der Kläger suchte mit dieser Maschine, den betrieblichen Erfordernissen gehorchend, regelmäßig die im Wald liegenden Futterstellen auf, war also zum Befahren schlechter ausgebauter Wald- und Wirtschaftswege gezwungen. Er beabsichtigte, lediglich ein kleines Stück des Weges mit dem hierfür geeigneten Motorrad statt auf dem Feldweg auf dem angrenzenden Acker zurückzulegen. Der Boden war locker und trocken. Angesichts dieser Umstände vermag der Senat nicht zu erkennen, dass sich der Kläger in einer solchen Weise sorglos und unvernünftig verhielt, dass im Rahmen der gebotenen wertenden Betrachtung die betrieblichen Umstände durch die Fahrt über den Acker solchermaßen in den Hintergrund gedrängt worden wären und nur das Befahren des Ackers als die alleinig rechtlich wesentliche Ursache anzusehen wäre.

Im Ergebnis erlitt der Kläger damit am 08.04.2011 einen Arbeitsunfall. Auf die Berufung des Klägers ist das Urteil des Sozialgerichts deshalb aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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