Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 6228/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 923/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Der 1956 geborene Kläger serbischer Staatsangehörigkeit ist als gelernter Schreiner in Vollzeitbeschäftigung als Fenster- und Türenbauer tätig.
Auf den Erstantrag des Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 24.09.2009 den GdB mit 30 fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigungen Diabetes mellitus (Teil-GdB 20) sowie abgelaufene Herzinfarkte und koronarer Bypass (Teil-GdB 20). Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war u. a. ein Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. P. vom 21.07.2009 (diverse somatoforme autonome Störungen F45.8G, Posttraumatische Belastungsstörung F43.1G, cerebrovaskuläre Insuffizienz I67.88G, Osteochondrose der WS mit Foraminaeinengung M42.99G). Anlässlich der einmaligen Vorstellung hatte der Kläger über Kopfweh mit Schwindelgefühl sowie Nervosität mit Schlafstörungen geklagt und Dr. P. Atosil-Tropfen verordnet. Das anschließende Klageverfahren beim Sozialgericht Stuttgart (SG) wurde im Vergleichswege beendet (S 17 SB 1495/10). Der Beklagte stellte mit Ausführungsbescheid vom 12.05.2010 bei gleichbleibendem GdB von 30 eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33 b Einkommensteuergesetz fest. Als weitere Funktionsbeeinträchtigung wurde eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) berücksichtigt.
Am 25.03.2011 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Verschlimmerungsantrag, den er mit einem hinzugekommenen Gehörschaden begründete. Die HNO-Ärztin Dr. R. teilte auf Anfrage des Beklagten mit, den Kläger vom 01. bis 09.03.2011 behandelt und eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie Cerumen obturans (Ohrenschmalz) diagnostiziert zu haben. Im Sprachaudiogramm habe sich rechts ein Hörverlust von 42 dB und links von 36 dB gezeigt und der Kläger sei mit Hörgeräten beidseits versorgt worden. Außerdem wurde der Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin, Versorgungsschwerpunkt Kardiologie K. vom 28.07.2010 (Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit aktuell noncardial, keine eindeutig cardial zuordenbare Beschwerden) und vom 16.09.2010 (klinisch und formal negatives Belastungs-EKG bei 125 Watt, mithin aktuell im Zusammenhang mit KHK keine weiteren Maßnahmen erforderlich, die weitere Belastbarkeit war wegen der Ermüdung der Beine limitiert) beigezogen. Die Allgemeinmedizinerin Dr. G. teilte mit Schreiben vom 07.06.2011 mit, der Diabetes mellitus werde aufgrund des oralen Antidiabetikums Metformin 500 mg seit 2009 behandelt. Hypoglykämien seien nicht festgestellt worden. In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme bewertete Dr. H. die Schwerhörigkeit beidseitig mit einem Teil-GdB von 30, die abgelaufenen Herzinfarkte sowie den koronaren Bypass mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 10, den Diabetes mellitus mit einem Teil-GdB von 0 und den Gesamt-GdB mit 40.
Mit Bescheid vom 18.07.2011 hob der Beklagte den Bescheid vom 12.05.2010 auf, stellte den GdB mit 40 seit 25.03.2011 fest und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2011 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 04.11.2011 erneut Klage beim SG erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Internist K. hat mit Schreiben vom 26.01.2012 angegeben, den Kläger seit 2009 in entsprechenden Abständigen kardial zu kontrollieren, eine Behandlung finde durch ihn nicht statt. Es bestehe kardial allenfalls eine geringfügige Gesundheitsstörung, ohne Änderung der Befunde. Er hat sich der Auffassung der Versorgungsärzte angeschlossen. Im beigefügten Befundbericht vom 20.01.2012 wird hinsichtlich des an diesem Tage durchgeführten Belastungs-EKGs ausgeführt, dass der Kläger über 2 Minuten mit 125 Watt habe belastet werden können und während der Belastung keine subjektiven Beschwerden geäußert habe, es seien keine subjektiven oder objektivierbaren Ischämiehinweise, keine ventrikulären oder supraventrikulären Rhythmusstörungen und keine pathologischen Auffälligkeiten festzustellen gewesen. Die weitere Belastbarkeit sei aufgrund der Ermüdung der Beine limitiert.
Dr. R. hat mit Schreiben vom 07.02.2011 angegeben, den Kläger seit März 2009 zu behandeln. Es bestehe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie eine mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits, der Schweregrad der bestehenden Gesundheitsstörung sei mittelgardig.
Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie M. hat unter dem 13.03.2012 zahlreiche, auch nicht auf seinem Fachgebiet liegende, Diagnosen aufgeführt und den Gesundheitsstörungen im Bereich der HWS und BWS einen leichten bis mittleren, denen an der LWS einen mittleren, dem Schmerzsyndrom einen leichten bis mittleren und den Polyarthralgien einen leichten bis mittleren Schweregrad zugeordnet. Prinzipiell bestehe Zustimmung bzgl. der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes. Es seien alle Wirbelsäulenabschnitte betroffen, zusätzlich bestehe aber auch ein chronisches Schmerzsyndrom mit Polyarthralgien. Dies sei noch nicht fachärztlich bewertet worden. Auf dem orthopädischem Fachgebiet gehe er von einem GdB von mindestens 30 aus.
Sodann hat das SG bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. B.-Sch. das fachorthopädische Gutachten vom 03.06.2012 eingeholt. Im Rahmen der ambulanten Untersuchung am 25.05.2012 hat der Kläger unter anderem mitgeteilt, 8 ½ Stunden täglich als Fensterbauer zu arbeiten und schwer tragen zu müssen. Nach der Arbeit arbeite er im Garten, gehe am Wochenende 1 bis 2 Stunden spazieren, fahre noch Auto, fahre mit diesem in die Heimat, zuletzt über Ostern. Wenn er wegen der Schmerzen nicht mehr arbeiten könne, werde er nach Hause geschickt. Ihm fehle dann das Geld. Er habe ein Dreifamilienhaus mit kleinem Garten. Wenn er schwer trage, habe er am ganzen Körper Schmerzen. Er nehme ein bis zwei Tabletten Diclofenac täglich. Die Sachverständige hat aufgrund ihrer Untersuchungen rez. Lumboischialgie links mehr als rechts, ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizsymptome bei radiologisch geringen altersentsprechenden Veränderungen, rez. HWS-Beschwerden ohne Bewegungseinschränkungen und Nervenwurzelreizerscheinungen bei radiologisch altersentsprechenden geringen degenerativen Veränderungen, gelegentliche Kniegelenksbeschwerden ohne klinischen und radiologischen Befund, Bewegungseinschränkung der Hüften ohne Schmerzen bei radiologisch beginnender Coxarthrose im Sinne von Pfannrandverbreiterungen sowie gelegentliche Fersenschmerzen ohne klinischen und ohne radiologischen Befund festgestellt. Sie hat die LWS-Beschwerden mit einem Teil-GdB von 20, die HWS-Beschwerden mit einem Teil-GdB von 10, die beginnende Coxartrhose beidseits mit einem Teil-GdB von 10 sowie den Gesamt-GdB von orthopädischer Seite mit 20 bewertet. Während sie die Befunde des behandelnden Orthopäden M. nachvollziehen könne, sei dessen GdB-Bewertung von 30 nicht möglich, da lediglich die LWS-Erkrankung als mittelschwer eingestuft werden könne und ein Aufaddieren von zwei beteiligten Wirbelsäulenabschnitten nicht vorgenommen werden könne, da die HWS-Beschwerden nicht als mittelschwer einzustufen seien.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. R. die Schwerhörigkeit beidseitig mit einem Teil-GdB von 30, die abgelaufenen Herzinfarkte sowie den koronaren Bypass mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30 und die Arthrose der Hüftgelenke mit einem Teil-GdB von 10 sowie den Gesamt-GdB mit 40 bewertet.
Auf Antrag des Klägers hat das SG sodann bei dem behandelnden Orthopäden M. das Gutachten vom 24.04.2013 nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholt. Der Sachverständige hat einen Teil-GdB von 10 für rezidivierende HWS-Beschwerden mit Blockierungen, muskulären Dysbalancen und endgradigen Bewegungseinschränkungen, einen Teil-GdB von 10 für rezidivierende BWS-Beschwerden bei Fehlstatik, Blockierungen, Residuen eines Morbus Scheuermanns und muskulären Dysbalancen, keinen Teil-GdB von mindestens 10 für eine Funktionseinschränkung der linken Schulter bei Sehnenüberlastung, einen Teil-GdB von 20 für persistierende LWS-Beschwerden mit Funktionseinschränkungen, muskulärem Überlastungssyndrom, häufigen Ischialgien links mehr als rechts, Zustand nach NPP L3/4, einen Teil-GdB von 10 für eine leichte Funktionseinschränkung vor allem der linken Hüfte bei initialer Coxarthrose beidseits, einen Teil-GdB von 10 für eine Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Verdacht auf degenerative Meniskusläsion beidseits sowie einen Teil-GdB von 20 für ein chronisches Schmerzsyndrom mit anhaltenden Tendomyopathien vor allem im Bereich der Wirbelsäule mit Notwendigkeit einer Dauermedikation eingeschätzt. Den Gesamt-GdB hat er mit 30 bewertet. Außerdem hat er unter den auf seinem Fachgebiet erfragten Gesundheitsstörungen eine neurologisch gesicherte somatoforme autonome Störung sowie eine neurologisch gesicherte Posttraumatische Belastungsstörung angeführt, die er allerdings nicht mit einem GdB-Wert eingestuft hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Für das Funktionssystem Ohren sei zu Recht ein Einzel-GdB von 30 angesetzt worden, da der Kläger in Auswertung der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. R. an einer mittelgradigen Schwerhörigkeit leide. Für das Funktionssystem Herz-Kreislauf seien Einzel-GdB von 20 gerechtfertigt, wobei die Bewertung bereits großzügig bemessen sei, da der sachverständige Zeuge K. lediglich eine kardial geringfügige Gesundheitsbeeinträchtigung festgestellt habe. Diese Einschätzung werde insbesondere durch das Belastungs-EKG gestützt, welches keine Insuffizienzanzeichen habe erkennen lassen. Dass der Kläger unter einer erheblichen Herzinsuffizienz leiden würde, habe daher gerade nicht festgestellt werden können. Für das Funktionssystem Rumpf stehe dem Kläger kein höherer Einzel-GdB als 20 zu. Im Rahmen ihrer Begutachtung habe die Sachverständige Dr. B.-Sch. festgestellt, dass die Muskulatur im Bereich der Wirbelsäule normal ausgebildet sei. Zudem hätten sich keine Verhärtungen im Sinne eines Muskelhartspanns gezeigt. Ferner seien bei der Beweglichkeitsprüfung der BWS und LWS keine Schmerzen angegeben worden, der Finger-Boden-Abstand habe 0 cm betragen und das Schober’sche Zeichen sei mit einem Wert von 10/15 cm und das Ott`sche Zeichen mit einem Wert von 30/35 (gemeint: 32) cm im Normalbereich gewesen. Nervenwurzelreizerscheinungen hätten ebenfalls nicht festgestellt werden können. Das Laségue`sche Zeichen, welches einen möglichen Dehnungsschmerz des Ischiasnervs und/oder der spinalen Nervenwurzeln im lumbalen und sakralen Segment des Rückenmarks beschreibe, sei negativ gewesen. Auch im Bereich der HWS sei es bei der Untersuchung zu keiner Schmerzäußerung gekommen. Die Drehung sei nach beiden Seiten bis 50° und die Seitneigung noch bis 40° möglich gewesen. Die angefertigten Röntgenaufnahmen hätten zudem nur altersentsprechende geringe degenerative Veränderungen gezeigt. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen sowie darauf, dass der Kläger ein unauffälliges schnelles Gangbild gezeigt habe und ihm die Entkleidung problemlos gelungen sei, insbesondere das Ausziehen der Socken, sei das Gutachten überzeugend und auch nachvollziehbar. Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten des Orthopäden M., der ebenfalls zu der Einschätzung gelangt sei, dass für die Beschwerden im LWS-Bereich kein höherer Einzel-GdB als 20 gerechtfertigt sei. Soweit dieser im Bereich der HWS und auch der BWS jeweils einen Einzel-GdB von 10 angenommen habe, könne dieser Bewertung im Hinblick auf die zumindest endgradige Bewegungseinschränkung gefolgt werden. Eine höhere Bewertung für das Funktionssystem Rumpf ergebe sich hieraus indes nicht. Auch sei zu beachten, dass die angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen miteinschlössen und auch besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigten. Erst wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen sei, die auch eine ärztliche Behandlung erfordere, könne ein höherer Wert angesetzt werden. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Nicht zu folgen sei dem Sachverständigen M., soweit er bei dem Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom mit anhaltenden Tendomyopathien diagnostiziert und diese zusätzlich mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet habe, denn die Bewertung dieses Leidens falle schon nicht in das orthopädische, sondern vielmehr in das nervenheilkundliche Fachgebiet. Auch die nach Angaben des Sachverständigen M. gesicherte somatoforme Störung und Posttraumatische Belastungsstörung seien nicht dem orthopädischen Fachgebiet zugehörig und könnten daher auf orthopädischem Fachgebiet zu keiner Erhörung des GdB führen. Für das Funktionssystem der unteren Gliedmaßen sei dem Kläger unter Berücksichtigung der von Dr. B.-Sch. festgestellten beidseits beginnenden Coxarthrose und der festgestellten Rotationseinschränkung ein Einzel-GdB von 10 zuzusprechen. Für den Diabetes mellitus sei dagegen noch kein Einzel-GdB zu vergeben, da ausweislich des Befundberichtes des Hausarztes Dr. P. bei dem Kläger eine orale Antidiabetika-Therapie mit Metformin (500 mg) angewandt werde und eine Hypoglykämie bisher noch nie aufgetreten sei. Weitere Gesundheitsbeeinträchtigungen seien weder erkennbar noch vorgetragen. Soweit der Sachverständige M. die Einbeziehung einer somatoformen Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung berücksichtigt wissen wolle, könne dem aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht gefolgt werden. Der ärztliche Befundschein des Dr. P. datiere vom 21.07.2009. Darin seien dem Kläger lediglich Atosil-Tropfen verschrieben worden, welche bei Schlafstörungen und Unruhezuständen eingesetzt würden. Eine weitergehende Therapie bezüglich der somatoformen autonomen Störung oder der Posttraumatischen Belastungsstörung sei dagegen nicht verordnet worden. In den weiteren ärztlichen Unterlagen seien seitdem weder die Posttraumatische Belastungsstörung noch die somatoforme Schmerzstörung noch einmal erwähnt worden. Ferner sei eine regelmäßige fachärztliche Behandlung diesbezüglich nicht erkennbar und vom Kläger nicht vorgetragen. Zudem sei weder erkennbar noch vom Kläger im Rahmen des Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren vorgetragen worden, dass sich aus diesen gestellten Diagnosen für den Kläger gegenwärtig ein entsprechender Leidensdruck ergebe, der die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft derart beeinträchtigte, dass hierfür ein Einzel-GdB von mindestens 10 gerechtfertigt sei. Die festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen würden einen Gesamt-GdB von 40 rechtfertigen, jedoch nicht die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Auszugehen sei von der Schwerhörigkeit mit dem höchsten Einzel-GdB von 30. Zwar beträfen sowohl der Einzel-GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden als auch der Einzel-GdB von 20 für die Beeinträchtigung am Herzen zwei weitere Funktionssysteme, jedoch könne zumindest letzterem kein den Gesamt-GdB erhöhender Wert beigemessen werden. Denn die durch den abgelaufenen Herzinfarkt und koronaren Bypass entstandene Beeinträchtigung führe zu keiner weiteren Verstärkung der bereits durch die Schwerhörigkeit und das Wirbelsäulenleiden entstandenen Gesundheitsbeeinträchtigung. Bei der Gesundheitsbeeinträchtigung des Herzens handele es sich vielmehr, wie auch vom sachverständigen Zeugen K. bestätigt worden sei, um eine nur geringfügige Gesundheitsbeeinträchtigung und somit um eine leichtere Funktionsbeeinträchtigung. Der für dieses Leiden vergebene Teil-GdB müsse auch im Hinblick auf die Belastbarkeit von bis zu 125 Watt ohne objektivierbare Ischämie-Hinweise als eher großzügig bemessen angesehen werden, so dass diesem kein erhöhender Wert beigemessen werden könne. Die übrigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die mit einem Teil-GdB von 10 bewertet worden seien, führten aus oben genannten Gründen ebenfalls zu keiner Erhöhung.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 21.01.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.02.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung eingewandt, der Gutachter M. habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die mit der körperlichen Überforderung einhergehenden ständigen psychischen Belastungen in ein chronisches Schmerzsyndrom gemündet hätten. Diese hätten auf Seiten des Klägers weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen chronischer Art ausgelöst, nämlich häufig auftretende starke Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen sowie ein chronisches Schmerzsyndrom auch außerhalb des Kopfbereichs. Der Kläger sei heute gezwungen, zu stärkeren Schmerzmitteln zu greifen. Seit der Erhebung der Klage leide er an zunehmend stärkeren, chronifizierten Schmerzen in allen Körpergliedern mit Schwerpunkt im Bereich seines gesamten Rückens von der HWS bis zur LWS und im Bereich der Beine und Füße. Diese Schmerzen verspüre er bei jeder Bewegung und in noch stärkerem Maß unter Belastung während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit. Ein Verzicht auf Schmerzmittel sei für den Kläger unmöglich; vielmehr leide er trotz der Einnahme von Diclofenac unter ständigen Schmerzen, teils sehr starker Intensität.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2011 zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 12. Mai 2010 bei ihm einen Grad der Behinderung von 50 ab 25. März 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass es bei der Bewertung des GdB nicht auf den ausgeübten oder angestrebten Beruf ankomme, so dass allein unter dem Gesichtspunkt einer körperlich schweren Tätigkeit eine GdB-Erhöhung nicht erfolgen könne. Auch sei ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom durch die orthopädischen Beeinträchtigungen nicht nachgewiesen, während die mit einer Behinderung üblicherweise einhergehenden Schmerzen in der jeweiligen Bewertung bereits enthalten seien. Weiter sei die mit einer Behinderung normalerweise verbundene psychische Belastung in der jeweiligen Bewertung schon enthalten. Anhaltspunkte für ein darüber hinausgehendes, eigenständiges psychisches Leiden seien nirgends in der Akte zu finden. Weshalb Dr. P. im Jahr 2009 zu der Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung gekommen sei, sei nicht nachvollziehbar.
Ergänzend hat der Kläger mit Schreiben vom 27.05.2014 vorgetragen, er befinde sich nicht in einer dauerhaften psychiatrischen Behandlung, Dr. P. habe seine Praxis altersbedingt aufgegeben. Er lasse sich die schmerzlindernden Medikamente von dem Orthopäden M. verschreiben. Neben Diclofenac nehme er auch Brufen 600 ein. Er habe sich jedoch dazu entschlossen, bei einem geeigneten Facharzt eine Schmerztherapie durchzuführen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 ab 25.03.2011.
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, SozR. 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m. w. N.). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Ob eine wesentliche Änderung in diesem Sinne eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Maßgeblich ist insoweit der letzte Feststellungsbescheid, hier der Ausführungsbescheid vom 12.05.2010, da dieser nach der Rechtsprechung des Senats eine eigenständige Regelung gegenüber dem Vergleich getroffen hat (Urteil vom 29.04.2014 - LG VK 934/12).
Der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB richtet sich nach den am 01.07.2001 in Kraft getretenen Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598). Nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - Vers.MedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen, um u.a. die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten, Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten.
Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. hierzu und zum Folgenden: VG, Teil A, Nr. 3). Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zu einander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R -, zit. n. juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Neufeststellungsantrag des Klägers jedenfalls soweit er auf einen höheren als den vom Beklagten anerkannten und durch Bescheid vom 18.07.2011 festgestellten GdB gerichtet ist, keinen Erfolg. Denn die in den Funktionssystemen Ohren, Herz-Kreislauf, Rumpf, Beine sowie innere Sekretion und Stoffwechsel bestehehenden Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers sind in ihrer Gesamtheit nicht mit einem höheren GdB als 40 zu bewerten. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid mit ausführlicher Begründung und nach Auswertung sowie umfassender Würdigung der medizinischen Befunde sowie der Beweisergebnisse zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich dieser Auffassung nach nochmaliger eigener Überprüfung sowohl hinsichtlich der Einzel-GdB-Werte als auch hinsichtlich der Gesamtbewertung an und sieht von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren begründet keinen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Soweit sich der Kläger auf das Gutachten nach § 109 SGG seines behandelnden Orthopäden M. beruft, hat das SG bereits zu Recht dargelegt, dass die Ausführungen des Sachverständigen, soweit sie inhaltlich vom Gutachten der Sachverständigen Dr. B.-Sch. abweichen, letztlich nicht das orthopädische Fachgebiet betreffen. Auch der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen M. insoweit nicht für überzeugend. So hat dieser angegeben, die ständigen physischen aber auch psychischen Belastungen seien bei dem Kläger in ein chronisches Schmerzsyndrom gemündet. Der klinische und psychische Befund, auch beim Nachweis häufig auftretender Kopfschmerzen, Schwindel und auch Schlafstörungen spreche für ein chronisches Schmerzsyndrom. Einen Diagnoseschlüssel hat der Sachverständige allerdings nicht angegeben, sodass bereits unklar bleibt, unter welchen Voraussetzungen er von einer Schmerzerkrankung ausgegangen ist. Im Widerspruch zu o. g. Begründung steht die an späterer Stelle aufgelistete Behinderung eines chronischen Schmerzsyndroms mit anhaltenden Tendomyopathien vor allem im Bereich der Wirbelsäule mit Notwendigkeit einer Dauermedikation. Danach ist die psychische Problematik und sind die Kopfschmerzen nicht Ursache des chronischen Schmerzsyndroms. Eine Tendomyopathie (entspricht Fibromyalgiesyndrom) hat Dr. B.-Sch. bei dem Kläger nicht diagnostiziert. Anlässlich ihrer Untersuchung am 25.05.2012 zeigte sich im Bereich der Wirbelsäule weder eine Druck- oder Klopfschmerzhaftigkeit noch wurden bei der Beweglichkeitsprüfung Schmerzen angegeben. Die Untersuchung gelang flüssig und schnell und ohne jegliche Schmerzäußerung. Es wurden auch keine ausstrahlenden Schmerzen in die Arme oder Beine angegeben. Bei der Palpation der Hüftgelenke wurden weder Schmerzen in der Leiste noch im Bereich des Trochanters und des Gesäßes beklagt. Auch bei der Bewegungsprüfung der Hüftgelenke wurden trotz ausdrücklicher nochmaliger Nachfrage keine Schmerzen angegeben. Die Äußerungen des Klägers zu seinen aktuellen Beschwerden, nämlich fast jeden Tag Schmerzen vom Rücken bis in den linken Fuß strahlend, manchmal auch ins rechte Bein, zu verspüren, konnte die Sachverständige Dr. B.-Sch. daher nicht objektivieren. Auffallend ist, dass der Kläger im Gegensatz zu seinen Angaben bei der Begutachtung durch Dr. B.-Sch. lediglich ca. 10 Monate später bei der Untersuchung durch den Sachverständigen M. am 20.03.2013 über den Dornfortsätzen der HWK 4 bis 7, BWK 7 bis 12 und allen Dornfortsätzen der LWS einen - allerdings nur diskreten - Druckschmerz angegeben hat. Hier äußerte der Kläger nun auch deutlichen Druckschmerz über der paravertebralen Muskulatur im Bereich der HWS sowie diffusen Druckschmerz über der Muskulatur des Schultergürtels. Anders als von Dr. B.-Sch. gemessen, war die Beweglichkeit der HWS bei der Untersuchung durch den Orthopäden M. auch eingeschränkt. Auch im Bereich der BWS und LWS zeigte der Kläger Bewegungseinschränkungen, die in diesem Ausmaß von Dr. B.-Sch. nicht erkannt worden waren. So betrug z. B. der Finger-Boden-Abstand bei ihrer Prüfung 0 cm, während der Sachverständige M. hier 20 cm gemessen hat. Gründe dafür, weshalb die Rumpfbeweglichkeit sich binnen 10 Monaten derart verschlechtert haben könnte, hat der Sachverständige M. nicht dargelegt. Nachdem er selbst in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 13.03.2012 keinerlei Bewegungseinschränkungen dargelegt hat und in seinem Gutachten die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der HWS und BWS als leicht und lediglich die im Bereich der LWS als mittelschwer, insoweit ebenso wie Dr. B.-Sch., eingestuft hat, rechtfertigen die erhobenen objektiven Befunde nicht die Annahme eines chronischen Schmerzsyndroms. Hinsichtlich der von Dr. B.-Sch. abweichend befundeten Schmerzsymptomatik hält der Senat für wesentlich, dass der Sachverständige angegeben hat, der Kläger habe beim Betreten des Untersuchungszimmers ein rechtshinkendes Gangbild, leicht schmerz geplagt durch aktuelle Kreuz- und Knieschmerzen rechts gezeigt. Hiermit korreliert die Angabe des Klägers, vermehrt Schmerzen zu haben, wenn er schwer arbeite und schwere Dinge tragen müsse. Schmerzen bei starker körperlicher Beanspruchung zu verspüren, rechtfertigt indes nicht die Annahme eines isoliert zu berücksichtigenden chronischen Schmerzsyndroms. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass bei der Bewertung des GdB der ausgeübte oder angestrebte Beruf nicht maßgeblich ist, sodass allein unter dem Gesichtspunkt einer körperlich schweren Tätigkeit eine GdB-Erhöhung nicht erfolgen kann (vgl. VG, Teil A, Ziff. 2b). Dass vorliegend kein chronisches Schmerzsyndrom bei der GdB-Bewertung isoliert zu berücksichtigen ist, ergibt sich für den Senat auch daraus, dass der Kläger sich nicht in schmerztherapeutischer Behandlung befindet. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass der Leidensdruck des Klägers im Hinblick auf die geklagten Schmerzen nicht entsprechend ausgeprägt ist, sondern diese mit Hilfe der Schmerzmedikation von 1 bis 2 Tabletten Diclofenac (so die Angaben bei Dr. B.-Sch.) bzw. von bis zu 150 mg/täglich Diclofenac aktuell zusätzlich Brufen 600 (Wirkstoff Ibuprofen, angewendet bei leichten bis mäßig starken Schmerzzuständen) ausreichend therapiert werden. Dass es sich lediglich um eine allenfalls leichte dauerhafte Schmerzsymptomatik handelt, die sich nicht GdB-relevant auswirkt, ergibt sich für den Senat auch aus den insoweit konsistenten Angaben des Klägers bei den Begutachtungen, am Wochenende und in der Freizeit etwas spazieren zu gehen nach einer achtstündigen körperlich anstrengenden Tätigkeit noch in der Lage sein Gartenarbeit zu verrichten. Darüber hinaus hat der Kläger bei Dr. B.-Sch. angegeben, manchmal Fahrrad zu fahren. Gegen eine stärker behindernde Schmerzerkrankung spricht auch, dass er mehrstündig eine einseitige Körperhaltung auf sich nehmen, nämlich eine Heimfahrt mit dem eigenen Auto nach Serbien, was gerade die Wirbelsäule und die Kniegelenke stark belastet. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger keine schmerztherapeutische ärztliche Behandlung in Anspruch nimmt und somit eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nicht nachgewiesen ist (vgl. VG, Teil A, Ziff. 2j), kann der für das Funktionssystem Rumpf zu vergebende Teil-GdB von 20 auch nicht angehoben werden. Denn es fehlt an dem Nachweis eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms. Dr. B.-Sch. hat weder im Bereich der LWS noch der HWS Nervenwurzelreizsymptome festgestellt, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt ein höherer GdB nicht in Betracht kommt.
Weitere Gesundheitsstörungen sind nicht nachgewiesen. Insbesondere sind Gesundheitsstörungen im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche nicht erwiesen. Soweit der Sachverständige M. angegeben hat, auf seinem, dem orthopädischen, Fachgebiet bestehe eine neurologisch gesicherte somatoforme autonome Störung sowie eine neurologisch gesicherte Posttraumatische Belastungsstörung, handelt es sich offensichtlich um eine Fehleinschätzung. Denn beide Erkrankungen betreffen das psychiatrische Fachgebiet. So ist im Falle der anhaltenden Schmerzstörung nach F45.40 ICD-10-GM-2014 die vorherrschende Beschwerde ein andauernder, schwerer undquälender Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht hinreichend erklärt werden kann. Er tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf, denen die Hauptrolle für Beginn, Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen zukommt. Die Folge ist meist eine beträchtlich gesteigerte persönliche oder medizinische Hilfe und Unterstützung. Und auch die Posttraumatische Belastungsstörung wird nach F43.1 ICD-10-GM-2014 den psychiatrischen Erkrankungen zugeordnet. Zwar hat der Neurologe und Psychiater Dr. P. diverse somatoforme autonome Störungen F45.8G sowie eine Posttraumatische Belastungsstörung F43.1G diagnostiziert. Zum einen kann dem Befundbericht jedoch keinerlei Anhaltspunkt dafür entnommen werden, weshalb Dr. P. vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Posttraumatische Belastungsstörung ausgegangen ist, welches Traumaerlebnis er zugrunde gelegt hat und welche diagnosetypischen Symptome hierdurch ausgelöst worden sind. Da der Kläger keinerlei weitere psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen hat und Dr. P. lediglich einmalig Atosil-Tropfen verordnet hat, ist zum anderen eine nicht nur vorübergehende, sondern sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstreckende Gesundheitsstörung (vgl. VG, Teil A, Nr. 2f) auf psychiatrischem Fachgebiet nicht erwiesen.
Im Hinblick darauf, dass es an den notwendigen Anknüpfungstatsachen für das Vorliegen einer nicht nur vorübergehenden psychiatrischen Erkrankung des Klägers i. S. einer somatoformen Schmerzstörung bzw. einer Posttraumatischen Belastungsstörung fehlt, hat sich der Senat auch nicht gedrängt gesehen, hierzu Beweis zu erheben und ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Der 1956 geborene Kläger serbischer Staatsangehörigkeit ist als gelernter Schreiner in Vollzeitbeschäftigung als Fenster- und Türenbauer tätig.
Auf den Erstantrag des Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 24.09.2009 den GdB mit 30 fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigungen Diabetes mellitus (Teil-GdB 20) sowie abgelaufene Herzinfarkte und koronarer Bypass (Teil-GdB 20). Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war u. a. ein Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. P. vom 21.07.2009 (diverse somatoforme autonome Störungen F45.8G, Posttraumatische Belastungsstörung F43.1G, cerebrovaskuläre Insuffizienz I67.88G, Osteochondrose der WS mit Foraminaeinengung M42.99G). Anlässlich der einmaligen Vorstellung hatte der Kläger über Kopfweh mit Schwindelgefühl sowie Nervosität mit Schlafstörungen geklagt und Dr. P. Atosil-Tropfen verordnet. Das anschließende Klageverfahren beim Sozialgericht Stuttgart (SG) wurde im Vergleichswege beendet (S 17 SB 1495/10). Der Beklagte stellte mit Ausführungsbescheid vom 12.05.2010 bei gleichbleibendem GdB von 30 eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33 b Einkommensteuergesetz fest. Als weitere Funktionsbeeinträchtigung wurde eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) berücksichtigt.
Am 25.03.2011 stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Verschlimmerungsantrag, den er mit einem hinzugekommenen Gehörschaden begründete. Die HNO-Ärztin Dr. R. teilte auf Anfrage des Beklagten mit, den Kläger vom 01. bis 09.03.2011 behandelt und eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie Cerumen obturans (Ohrenschmalz) diagnostiziert zu haben. Im Sprachaudiogramm habe sich rechts ein Hörverlust von 42 dB und links von 36 dB gezeigt und der Kläger sei mit Hörgeräten beidseits versorgt worden. Außerdem wurde der Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin, Versorgungsschwerpunkt Kardiologie K. vom 28.07.2010 (Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit aktuell noncardial, keine eindeutig cardial zuordenbare Beschwerden) und vom 16.09.2010 (klinisch und formal negatives Belastungs-EKG bei 125 Watt, mithin aktuell im Zusammenhang mit KHK keine weiteren Maßnahmen erforderlich, die weitere Belastbarkeit war wegen der Ermüdung der Beine limitiert) beigezogen. Die Allgemeinmedizinerin Dr. G. teilte mit Schreiben vom 07.06.2011 mit, der Diabetes mellitus werde aufgrund des oralen Antidiabetikums Metformin 500 mg seit 2009 behandelt. Hypoglykämien seien nicht festgestellt worden. In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme bewertete Dr. H. die Schwerhörigkeit beidseitig mit einem Teil-GdB von 30, die abgelaufenen Herzinfarkte sowie den koronaren Bypass mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 10, den Diabetes mellitus mit einem Teil-GdB von 0 und den Gesamt-GdB mit 40.
Mit Bescheid vom 18.07.2011 hob der Beklagte den Bescheid vom 12.05.2010 auf, stellte den GdB mit 40 seit 25.03.2011 fest und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2011 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 04.11.2011 erneut Klage beim SG erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Internist K. hat mit Schreiben vom 26.01.2012 angegeben, den Kläger seit 2009 in entsprechenden Abständigen kardial zu kontrollieren, eine Behandlung finde durch ihn nicht statt. Es bestehe kardial allenfalls eine geringfügige Gesundheitsstörung, ohne Änderung der Befunde. Er hat sich der Auffassung der Versorgungsärzte angeschlossen. Im beigefügten Befundbericht vom 20.01.2012 wird hinsichtlich des an diesem Tage durchgeführten Belastungs-EKGs ausgeführt, dass der Kläger über 2 Minuten mit 125 Watt habe belastet werden können und während der Belastung keine subjektiven Beschwerden geäußert habe, es seien keine subjektiven oder objektivierbaren Ischämiehinweise, keine ventrikulären oder supraventrikulären Rhythmusstörungen und keine pathologischen Auffälligkeiten festzustellen gewesen. Die weitere Belastbarkeit sei aufgrund der Ermüdung der Beine limitiert.
Dr. R. hat mit Schreiben vom 07.02.2011 angegeben, den Kläger seit März 2009 zu behandeln. Es bestehe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie eine mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits, der Schweregrad der bestehenden Gesundheitsstörung sei mittelgardig.
Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie M. hat unter dem 13.03.2012 zahlreiche, auch nicht auf seinem Fachgebiet liegende, Diagnosen aufgeführt und den Gesundheitsstörungen im Bereich der HWS und BWS einen leichten bis mittleren, denen an der LWS einen mittleren, dem Schmerzsyndrom einen leichten bis mittleren und den Polyarthralgien einen leichten bis mittleren Schweregrad zugeordnet. Prinzipiell bestehe Zustimmung bzgl. der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes. Es seien alle Wirbelsäulenabschnitte betroffen, zusätzlich bestehe aber auch ein chronisches Schmerzsyndrom mit Polyarthralgien. Dies sei noch nicht fachärztlich bewertet worden. Auf dem orthopädischem Fachgebiet gehe er von einem GdB von mindestens 30 aus.
Sodann hat das SG bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. B.-Sch. das fachorthopädische Gutachten vom 03.06.2012 eingeholt. Im Rahmen der ambulanten Untersuchung am 25.05.2012 hat der Kläger unter anderem mitgeteilt, 8 ½ Stunden täglich als Fensterbauer zu arbeiten und schwer tragen zu müssen. Nach der Arbeit arbeite er im Garten, gehe am Wochenende 1 bis 2 Stunden spazieren, fahre noch Auto, fahre mit diesem in die Heimat, zuletzt über Ostern. Wenn er wegen der Schmerzen nicht mehr arbeiten könne, werde er nach Hause geschickt. Ihm fehle dann das Geld. Er habe ein Dreifamilienhaus mit kleinem Garten. Wenn er schwer trage, habe er am ganzen Körper Schmerzen. Er nehme ein bis zwei Tabletten Diclofenac täglich. Die Sachverständige hat aufgrund ihrer Untersuchungen rez. Lumboischialgie links mehr als rechts, ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizsymptome bei radiologisch geringen altersentsprechenden Veränderungen, rez. HWS-Beschwerden ohne Bewegungseinschränkungen und Nervenwurzelreizerscheinungen bei radiologisch altersentsprechenden geringen degenerativen Veränderungen, gelegentliche Kniegelenksbeschwerden ohne klinischen und radiologischen Befund, Bewegungseinschränkung der Hüften ohne Schmerzen bei radiologisch beginnender Coxarthrose im Sinne von Pfannrandverbreiterungen sowie gelegentliche Fersenschmerzen ohne klinischen und ohne radiologischen Befund festgestellt. Sie hat die LWS-Beschwerden mit einem Teil-GdB von 20, die HWS-Beschwerden mit einem Teil-GdB von 10, die beginnende Coxartrhose beidseits mit einem Teil-GdB von 10 sowie den Gesamt-GdB von orthopädischer Seite mit 20 bewertet. Während sie die Befunde des behandelnden Orthopäden M. nachvollziehen könne, sei dessen GdB-Bewertung von 30 nicht möglich, da lediglich die LWS-Erkrankung als mittelschwer eingestuft werden könne und ein Aufaddieren von zwei beteiligten Wirbelsäulenabschnitten nicht vorgenommen werden könne, da die HWS-Beschwerden nicht als mittelschwer einzustufen seien.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. R. die Schwerhörigkeit beidseitig mit einem Teil-GdB von 30, die abgelaufenen Herzinfarkte sowie den koronaren Bypass mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30 und die Arthrose der Hüftgelenke mit einem Teil-GdB von 10 sowie den Gesamt-GdB mit 40 bewertet.
Auf Antrag des Klägers hat das SG sodann bei dem behandelnden Orthopäden M. das Gutachten vom 24.04.2013 nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholt. Der Sachverständige hat einen Teil-GdB von 10 für rezidivierende HWS-Beschwerden mit Blockierungen, muskulären Dysbalancen und endgradigen Bewegungseinschränkungen, einen Teil-GdB von 10 für rezidivierende BWS-Beschwerden bei Fehlstatik, Blockierungen, Residuen eines Morbus Scheuermanns und muskulären Dysbalancen, keinen Teil-GdB von mindestens 10 für eine Funktionseinschränkung der linken Schulter bei Sehnenüberlastung, einen Teil-GdB von 20 für persistierende LWS-Beschwerden mit Funktionseinschränkungen, muskulärem Überlastungssyndrom, häufigen Ischialgien links mehr als rechts, Zustand nach NPP L3/4, einen Teil-GdB von 10 für eine leichte Funktionseinschränkung vor allem der linken Hüfte bei initialer Coxarthrose beidseits, einen Teil-GdB von 10 für eine Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Verdacht auf degenerative Meniskusläsion beidseits sowie einen Teil-GdB von 20 für ein chronisches Schmerzsyndrom mit anhaltenden Tendomyopathien vor allem im Bereich der Wirbelsäule mit Notwendigkeit einer Dauermedikation eingeschätzt. Den Gesamt-GdB hat er mit 30 bewertet. Außerdem hat er unter den auf seinem Fachgebiet erfragten Gesundheitsstörungen eine neurologisch gesicherte somatoforme autonome Störung sowie eine neurologisch gesicherte Posttraumatische Belastungsstörung angeführt, die er allerdings nicht mit einem GdB-Wert eingestuft hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Für das Funktionssystem Ohren sei zu Recht ein Einzel-GdB von 30 angesetzt worden, da der Kläger in Auswertung der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. R. an einer mittelgradigen Schwerhörigkeit leide. Für das Funktionssystem Herz-Kreislauf seien Einzel-GdB von 20 gerechtfertigt, wobei die Bewertung bereits großzügig bemessen sei, da der sachverständige Zeuge K. lediglich eine kardial geringfügige Gesundheitsbeeinträchtigung festgestellt habe. Diese Einschätzung werde insbesondere durch das Belastungs-EKG gestützt, welches keine Insuffizienzanzeichen habe erkennen lassen. Dass der Kläger unter einer erheblichen Herzinsuffizienz leiden würde, habe daher gerade nicht festgestellt werden können. Für das Funktionssystem Rumpf stehe dem Kläger kein höherer Einzel-GdB als 20 zu. Im Rahmen ihrer Begutachtung habe die Sachverständige Dr. B.-Sch. festgestellt, dass die Muskulatur im Bereich der Wirbelsäule normal ausgebildet sei. Zudem hätten sich keine Verhärtungen im Sinne eines Muskelhartspanns gezeigt. Ferner seien bei der Beweglichkeitsprüfung der BWS und LWS keine Schmerzen angegeben worden, der Finger-Boden-Abstand habe 0 cm betragen und das Schober’sche Zeichen sei mit einem Wert von 10/15 cm und das Ott`sche Zeichen mit einem Wert von 30/35 (gemeint: 32) cm im Normalbereich gewesen. Nervenwurzelreizerscheinungen hätten ebenfalls nicht festgestellt werden können. Das Laségue`sche Zeichen, welches einen möglichen Dehnungsschmerz des Ischiasnervs und/oder der spinalen Nervenwurzeln im lumbalen und sakralen Segment des Rückenmarks beschreibe, sei negativ gewesen. Auch im Bereich der HWS sei es bei der Untersuchung zu keiner Schmerzäußerung gekommen. Die Drehung sei nach beiden Seiten bis 50° und die Seitneigung noch bis 40° möglich gewesen. Die angefertigten Röntgenaufnahmen hätten zudem nur altersentsprechende geringe degenerative Veränderungen gezeigt. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen sowie darauf, dass der Kläger ein unauffälliges schnelles Gangbild gezeigt habe und ihm die Entkleidung problemlos gelungen sei, insbesondere das Ausziehen der Socken, sei das Gutachten überzeugend und auch nachvollziehbar. Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten des Orthopäden M., der ebenfalls zu der Einschätzung gelangt sei, dass für die Beschwerden im LWS-Bereich kein höherer Einzel-GdB als 20 gerechtfertigt sei. Soweit dieser im Bereich der HWS und auch der BWS jeweils einen Einzel-GdB von 10 angenommen habe, könne dieser Bewertung im Hinblick auf die zumindest endgradige Bewegungseinschränkung gefolgt werden. Eine höhere Bewertung für das Funktionssystem Rumpf ergebe sich hieraus indes nicht. Auch sei zu beachten, dass die angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen miteinschlössen und auch besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigten. Erst wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen sei, die auch eine ärztliche Behandlung erfordere, könne ein höherer Wert angesetzt werden. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Nicht zu folgen sei dem Sachverständigen M., soweit er bei dem Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom mit anhaltenden Tendomyopathien diagnostiziert und diese zusätzlich mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet habe, denn die Bewertung dieses Leidens falle schon nicht in das orthopädische, sondern vielmehr in das nervenheilkundliche Fachgebiet. Auch die nach Angaben des Sachverständigen M. gesicherte somatoforme Störung und Posttraumatische Belastungsstörung seien nicht dem orthopädischen Fachgebiet zugehörig und könnten daher auf orthopädischem Fachgebiet zu keiner Erhörung des GdB führen. Für das Funktionssystem der unteren Gliedmaßen sei dem Kläger unter Berücksichtigung der von Dr. B.-Sch. festgestellten beidseits beginnenden Coxarthrose und der festgestellten Rotationseinschränkung ein Einzel-GdB von 10 zuzusprechen. Für den Diabetes mellitus sei dagegen noch kein Einzel-GdB zu vergeben, da ausweislich des Befundberichtes des Hausarztes Dr. P. bei dem Kläger eine orale Antidiabetika-Therapie mit Metformin (500 mg) angewandt werde und eine Hypoglykämie bisher noch nie aufgetreten sei. Weitere Gesundheitsbeeinträchtigungen seien weder erkennbar noch vorgetragen. Soweit der Sachverständige M. die Einbeziehung einer somatoformen Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung berücksichtigt wissen wolle, könne dem aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht gefolgt werden. Der ärztliche Befundschein des Dr. P. datiere vom 21.07.2009. Darin seien dem Kläger lediglich Atosil-Tropfen verschrieben worden, welche bei Schlafstörungen und Unruhezuständen eingesetzt würden. Eine weitergehende Therapie bezüglich der somatoformen autonomen Störung oder der Posttraumatischen Belastungsstörung sei dagegen nicht verordnet worden. In den weiteren ärztlichen Unterlagen seien seitdem weder die Posttraumatische Belastungsstörung noch die somatoforme Schmerzstörung noch einmal erwähnt worden. Ferner sei eine regelmäßige fachärztliche Behandlung diesbezüglich nicht erkennbar und vom Kläger nicht vorgetragen. Zudem sei weder erkennbar noch vom Kläger im Rahmen des Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren vorgetragen worden, dass sich aus diesen gestellten Diagnosen für den Kläger gegenwärtig ein entsprechender Leidensdruck ergebe, der die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft derart beeinträchtigte, dass hierfür ein Einzel-GdB von mindestens 10 gerechtfertigt sei. Die festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen würden einen Gesamt-GdB von 40 rechtfertigen, jedoch nicht die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Auszugehen sei von der Schwerhörigkeit mit dem höchsten Einzel-GdB von 30. Zwar beträfen sowohl der Einzel-GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden als auch der Einzel-GdB von 20 für die Beeinträchtigung am Herzen zwei weitere Funktionssysteme, jedoch könne zumindest letzterem kein den Gesamt-GdB erhöhender Wert beigemessen werden. Denn die durch den abgelaufenen Herzinfarkt und koronaren Bypass entstandene Beeinträchtigung führe zu keiner weiteren Verstärkung der bereits durch die Schwerhörigkeit und das Wirbelsäulenleiden entstandenen Gesundheitsbeeinträchtigung. Bei der Gesundheitsbeeinträchtigung des Herzens handele es sich vielmehr, wie auch vom sachverständigen Zeugen K. bestätigt worden sei, um eine nur geringfügige Gesundheitsbeeinträchtigung und somit um eine leichtere Funktionsbeeinträchtigung. Der für dieses Leiden vergebene Teil-GdB müsse auch im Hinblick auf die Belastbarkeit von bis zu 125 Watt ohne objektivierbare Ischämie-Hinweise als eher großzügig bemessen angesehen werden, so dass diesem kein erhöhender Wert beigemessen werden könne. Die übrigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die mit einem Teil-GdB von 10 bewertet worden seien, führten aus oben genannten Gründen ebenfalls zu keiner Erhöhung.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 21.01.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.02.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung eingewandt, der Gutachter M. habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die mit der körperlichen Überforderung einhergehenden ständigen psychischen Belastungen in ein chronisches Schmerzsyndrom gemündet hätten. Diese hätten auf Seiten des Klägers weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen chronischer Art ausgelöst, nämlich häufig auftretende starke Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen sowie ein chronisches Schmerzsyndrom auch außerhalb des Kopfbereichs. Der Kläger sei heute gezwungen, zu stärkeren Schmerzmitteln zu greifen. Seit der Erhebung der Klage leide er an zunehmend stärkeren, chronifizierten Schmerzen in allen Körpergliedern mit Schwerpunkt im Bereich seines gesamten Rückens von der HWS bis zur LWS und im Bereich der Beine und Füße. Diese Schmerzen verspüre er bei jeder Bewegung und in noch stärkerem Maß unter Belastung während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit. Ein Verzicht auf Schmerzmittel sei für den Kläger unmöglich; vielmehr leide er trotz der Einnahme von Diclofenac unter ständigen Schmerzen, teils sehr starker Intensität.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2011 zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 12. Mai 2010 bei ihm einen Grad der Behinderung von 50 ab 25. März 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass es bei der Bewertung des GdB nicht auf den ausgeübten oder angestrebten Beruf ankomme, so dass allein unter dem Gesichtspunkt einer körperlich schweren Tätigkeit eine GdB-Erhöhung nicht erfolgen könne. Auch sei ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom durch die orthopädischen Beeinträchtigungen nicht nachgewiesen, während die mit einer Behinderung üblicherweise einhergehenden Schmerzen in der jeweiligen Bewertung bereits enthalten seien. Weiter sei die mit einer Behinderung normalerweise verbundene psychische Belastung in der jeweiligen Bewertung schon enthalten. Anhaltspunkte für ein darüber hinausgehendes, eigenständiges psychisches Leiden seien nirgends in der Akte zu finden. Weshalb Dr. P. im Jahr 2009 zu der Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung gekommen sei, sei nicht nachvollziehbar.
Ergänzend hat der Kläger mit Schreiben vom 27.05.2014 vorgetragen, er befinde sich nicht in einer dauerhaften psychiatrischen Behandlung, Dr. P. habe seine Praxis altersbedingt aufgegeben. Er lasse sich die schmerzlindernden Medikamente von dem Orthopäden M. verschreiben. Neben Diclofenac nehme er auch Brufen 600 ein. Er habe sich jedoch dazu entschlossen, bei einem geeigneten Facharzt eine Schmerztherapie durchzuführen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 ab 25.03.2011.
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, SozR. 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m. w. N.). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Ob eine wesentliche Änderung in diesem Sinne eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Maßgeblich ist insoweit der letzte Feststellungsbescheid, hier der Ausführungsbescheid vom 12.05.2010, da dieser nach der Rechtsprechung des Senats eine eigenständige Regelung gegenüber dem Vergleich getroffen hat (Urteil vom 29.04.2014 - LG VK 934/12).
Der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB richtet sich nach den am 01.07.2001 in Kraft getretenen Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598). Nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - Vers.MedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen, um u.a. die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten, Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten.
Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. hierzu und zum Folgenden: VG, Teil A, Nr. 3). Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zu einander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R -, zit. n. juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Neufeststellungsantrag des Klägers jedenfalls soweit er auf einen höheren als den vom Beklagten anerkannten und durch Bescheid vom 18.07.2011 festgestellten GdB gerichtet ist, keinen Erfolg. Denn die in den Funktionssystemen Ohren, Herz-Kreislauf, Rumpf, Beine sowie innere Sekretion und Stoffwechsel bestehehenden Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers sind in ihrer Gesamtheit nicht mit einem höheren GdB als 40 zu bewerten. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid mit ausführlicher Begründung und nach Auswertung sowie umfassender Würdigung der medizinischen Befunde sowie der Beweisergebnisse zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich dieser Auffassung nach nochmaliger eigener Überprüfung sowohl hinsichtlich der Einzel-GdB-Werte als auch hinsichtlich der Gesamtbewertung an und sieht von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren begründet keinen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Soweit sich der Kläger auf das Gutachten nach § 109 SGG seines behandelnden Orthopäden M. beruft, hat das SG bereits zu Recht dargelegt, dass die Ausführungen des Sachverständigen, soweit sie inhaltlich vom Gutachten der Sachverständigen Dr. B.-Sch. abweichen, letztlich nicht das orthopädische Fachgebiet betreffen. Auch der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen M. insoweit nicht für überzeugend. So hat dieser angegeben, die ständigen physischen aber auch psychischen Belastungen seien bei dem Kläger in ein chronisches Schmerzsyndrom gemündet. Der klinische und psychische Befund, auch beim Nachweis häufig auftretender Kopfschmerzen, Schwindel und auch Schlafstörungen spreche für ein chronisches Schmerzsyndrom. Einen Diagnoseschlüssel hat der Sachverständige allerdings nicht angegeben, sodass bereits unklar bleibt, unter welchen Voraussetzungen er von einer Schmerzerkrankung ausgegangen ist. Im Widerspruch zu o. g. Begründung steht die an späterer Stelle aufgelistete Behinderung eines chronischen Schmerzsyndroms mit anhaltenden Tendomyopathien vor allem im Bereich der Wirbelsäule mit Notwendigkeit einer Dauermedikation. Danach ist die psychische Problematik und sind die Kopfschmerzen nicht Ursache des chronischen Schmerzsyndroms. Eine Tendomyopathie (entspricht Fibromyalgiesyndrom) hat Dr. B.-Sch. bei dem Kläger nicht diagnostiziert. Anlässlich ihrer Untersuchung am 25.05.2012 zeigte sich im Bereich der Wirbelsäule weder eine Druck- oder Klopfschmerzhaftigkeit noch wurden bei der Beweglichkeitsprüfung Schmerzen angegeben. Die Untersuchung gelang flüssig und schnell und ohne jegliche Schmerzäußerung. Es wurden auch keine ausstrahlenden Schmerzen in die Arme oder Beine angegeben. Bei der Palpation der Hüftgelenke wurden weder Schmerzen in der Leiste noch im Bereich des Trochanters und des Gesäßes beklagt. Auch bei der Bewegungsprüfung der Hüftgelenke wurden trotz ausdrücklicher nochmaliger Nachfrage keine Schmerzen angegeben. Die Äußerungen des Klägers zu seinen aktuellen Beschwerden, nämlich fast jeden Tag Schmerzen vom Rücken bis in den linken Fuß strahlend, manchmal auch ins rechte Bein, zu verspüren, konnte die Sachverständige Dr. B.-Sch. daher nicht objektivieren. Auffallend ist, dass der Kläger im Gegensatz zu seinen Angaben bei der Begutachtung durch Dr. B.-Sch. lediglich ca. 10 Monate später bei der Untersuchung durch den Sachverständigen M. am 20.03.2013 über den Dornfortsätzen der HWK 4 bis 7, BWK 7 bis 12 und allen Dornfortsätzen der LWS einen - allerdings nur diskreten - Druckschmerz angegeben hat. Hier äußerte der Kläger nun auch deutlichen Druckschmerz über der paravertebralen Muskulatur im Bereich der HWS sowie diffusen Druckschmerz über der Muskulatur des Schultergürtels. Anders als von Dr. B.-Sch. gemessen, war die Beweglichkeit der HWS bei der Untersuchung durch den Orthopäden M. auch eingeschränkt. Auch im Bereich der BWS und LWS zeigte der Kläger Bewegungseinschränkungen, die in diesem Ausmaß von Dr. B.-Sch. nicht erkannt worden waren. So betrug z. B. der Finger-Boden-Abstand bei ihrer Prüfung 0 cm, während der Sachverständige M. hier 20 cm gemessen hat. Gründe dafür, weshalb die Rumpfbeweglichkeit sich binnen 10 Monaten derart verschlechtert haben könnte, hat der Sachverständige M. nicht dargelegt. Nachdem er selbst in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 13.03.2012 keinerlei Bewegungseinschränkungen dargelegt hat und in seinem Gutachten die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der HWS und BWS als leicht und lediglich die im Bereich der LWS als mittelschwer, insoweit ebenso wie Dr. B.-Sch., eingestuft hat, rechtfertigen die erhobenen objektiven Befunde nicht die Annahme eines chronischen Schmerzsyndroms. Hinsichtlich der von Dr. B.-Sch. abweichend befundeten Schmerzsymptomatik hält der Senat für wesentlich, dass der Sachverständige angegeben hat, der Kläger habe beim Betreten des Untersuchungszimmers ein rechtshinkendes Gangbild, leicht schmerz geplagt durch aktuelle Kreuz- und Knieschmerzen rechts gezeigt. Hiermit korreliert die Angabe des Klägers, vermehrt Schmerzen zu haben, wenn er schwer arbeite und schwere Dinge tragen müsse. Schmerzen bei starker körperlicher Beanspruchung zu verspüren, rechtfertigt indes nicht die Annahme eines isoliert zu berücksichtigenden chronischen Schmerzsyndroms. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass bei der Bewertung des GdB der ausgeübte oder angestrebte Beruf nicht maßgeblich ist, sodass allein unter dem Gesichtspunkt einer körperlich schweren Tätigkeit eine GdB-Erhöhung nicht erfolgen kann (vgl. VG, Teil A, Ziff. 2b). Dass vorliegend kein chronisches Schmerzsyndrom bei der GdB-Bewertung isoliert zu berücksichtigen ist, ergibt sich für den Senat auch daraus, dass der Kläger sich nicht in schmerztherapeutischer Behandlung befindet. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass der Leidensdruck des Klägers im Hinblick auf die geklagten Schmerzen nicht entsprechend ausgeprägt ist, sondern diese mit Hilfe der Schmerzmedikation von 1 bis 2 Tabletten Diclofenac (so die Angaben bei Dr. B.-Sch.) bzw. von bis zu 150 mg/täglich Diclofenac aktuell zusätzlich Brufen 600 (Wirkstoff Ibuprofen, angewendet bei leichten bis mäßig starken Schmerzzuständen) ausreichend therapiert werden. Dass es sich lediglich um eine allenfalls leichte dauerhafte Schmerzsymptomatik handelt, die sich nicht GdB-relevant auswirkt, ergibt sich für den Senat auch aus den insoweit konsistenten Angaben des Klägers bei den Begutachtungen, am Wochenende und in der Freizeit etwas spazieren zu gehen nach einer achtstündigen körperlich anstrengenden Tätigkeit noch in der Lage sein Gartenarbeit zu verrichten. Darüber hinaus hat der Kläger bei Dr. B.-Sch. angegeben, manchmal Fahrrad zu fahren. Gegen eine stärker behindernde Schmerzerkrankung spricht auch, dass er mehrstündig eine einseitige Körperhaltung auf sich nehmen, nämlich eine Heimfahrt mit dem eigenen Auto nach Serbien, was gerade die Wirbelsäule und die Kniegelenke stark belastet. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger keine schmerztherapeutische ärztliche Behandlung in Anspruch nimmt und somit eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nicht nachgewiesen ist (vgl. VG, Teil A, Ziff. 2j), kann der für das Funktionssystem Rumpf zu vergebende Teil-GdB von 20 auch nicht angehoben werden. Denn es fehlt an dem Nachweis eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms. Dr. B.-Sch. hat weder im Bereich der LWS noch der HWS Nervenwurzelreizsymptome festgestellt, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt ein höherer GdB nicht in Betracht kommt.
Weitere Gesundheitsstörungen sind nicht nachgewiesen. Insbesondere sind Gesundheitsstörungen im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche nicht erwiesen. Soweit der Sachverständige M. angegeben hat, auf seinem, dem orthopädischen, Fachgebiet bestehe eine neurologisch gesicherte somatoforme autonome Störung sowie eine neurologisch gesicherte Posttraumatische Belastungsstörung, handelt es sich offensichtlich um eine Fehleinschätzung. Denn beide Erkrankungen betreffen das psychiatrische Fachgebiet. So ist im Falle der anhaltenden Schmerzstörung nach F45.40 ICD-10-GM-2014 die vorherrschende Beschwerde ein andauernder, schwerer undquälender Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht hinreichend erklärt werden kann. Er tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf, denen die Hauptrolle für Beginn, Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen zukommt. Die Folge ist meist eine beträchtlich gesteigerte persönliche oder medizinische Hilfe und Unterstützung. Und auch die Posttraumatische Belastungsstörung wird nach F43.1 ICD-10-GM-2014 den psychiatrischen Erkrankungen zugeordnet. Zwar hat der Neurologe und Psychiater Dr. P. diverse somatoforme autonome Störungen F45.8G sowie eine Posttraumatische Belastungsstörung F43.1G diagnostiziert. Zum einen kann dem Befundbericht jedoch keinerlei Anhaltspunkt dafür entnommen werden, weshalb Dr. P. vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Posttraumatische Belastungsstörung ausgegangen ist, welches Traumaerlebnis er zugrunde gelegt hat und welche diagnosetypischen Symptome hierdurch ausgelöst worden sind. Da der Kläger keinerlei weitere psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen hat und Dr. P. lediglich einmalig Atosil-Tropfen verordnet hat, ist zum anderen eine nicht nur vorübergehende, sondern sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstreckende Gesundheitsstörung (vgl. VG, Teil A, Nr. 2f) auf psychiatrischem Fachgebiet nicht erwiesen.
Im Hinblick darauf, dass es an den notwendigen Anknüpfungstatsachen für das Vorliegen einer nicht nur vorübergehenden psychiatrischen Erkrankung des Klägers i. S. einer somatoformen Schmerzstörung bzw. einer Posttraumatischen Belastungsstörung fehlt, hat sich der Senat auch nicht gedrängt gesehen, hierzu Beweis zu erheben und ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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