L 6 U 2173/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2040/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2173/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. April 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Verletztenrente nach einem anerkannten Arbeitsunfall.

Der am 26.11.1951 in Rumänien geborene, verheiratete Kläger machte dort eine Ausbildung zum Mechaniker. Er siedelte im Jahr 1984 in das Bundesgebiet über und arbeitete zunächst als Sägehelfer und sodann als Maschinenführer. Zusätzlich züchtet der Kläger noch Hasen, Tauben sowie Enten und hat Hühner.

Am 26.04.2004 überfuhr er bei seiner Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer eine Arbeitskollegin, der dadurch beide Beine oberhalb der Knie gequetscht wurden und die infolge hohen Blutverlustes noch am Unfalltag im Krankenhaus verstarb. Aufgrund eines Verdachtes auf Suizidalität wurde der Kläger noch am selben Tag vom Durchgangsarzt in das Psychiatrische Klinikum R. (ZP R.) eingewiesen. Mit Bericht des PD Dr. Dr. phil. S., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 24.05.2004 wurde eine akute Suizidalität im Rahmen einer akuten Belastungsreaktion diagnostiziert.

Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers, der Betriebskrankenkasse der A. S. GmbH (BKK) bei.

In dem Bericht von Dr. Dr. phil. S. vom 29.06.2004 wurde eine akute Belastungsreaktion diagnostiziert. Ausgeführt wurde unter anderem, das Zustandsbild habe sich gebessert. Der Kläger befinde sich derzeit in der Entlassphase. Nach den weiteren Berichten vom 14.07.2004 und 27.09.2004 wurde der Kläger am 14.07.2004 entlassen. Zum Verlauf des stationären Aufenthaltes wurde von Dr. Dr. phil. S. angegeben, der Kläger habe ab Mitte Mai in das avisierte Therapieprogramm integriert werden können. Der Kläger habe auch an der psycho-edukativen Depressionsbewältigungsgruppe zweimal wöchentlich teilgenommen. Als stufenweise Belastungserprobung sowie zur Vorbereitung auf den beruflichen Einstieg habe der Kläger nach ca. 2 Wochen im Rahmen der Arbeitstherapie 1-2 Stunden in der Holzwerkstatt gearbeitet. Als weitere Belastungserprobung habe er sich an den Wochenenden zu Hause befunden, um sich in diesem Umfeld - mit den dort stattfindenden Belastungssituationen einschließlich der Wiedererinnerung und Auseinandersetzung mit dem Unfallgeschehen - auf die Entlassung und den beruflichen Wiedereinstieg vorzubereiten und den Alltag zu trainieren. Seit dem 02.08.2004 sei eine stufenweise Wiedereingliederung mit einem Stundenumfang von zunächst 2 Stunden täglich in einer anderen Abteilung des Betriebes aufgenommen worden.

Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Konstanz vom 30.09.2004 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger eingestellt. Nach den Ermittlungen sei es dem Kläger als Gabelstaplerfahrer nicht möglich gewesen zu erkennen, dass die Arbeitskollegin unvermittelt die Fahrbahn des Gabelstaplers betreten habe. Offenbar habe sie sich zu einem anderen Kollegen begeben wollen und nicht beachtet, dass die Sicht des Klägers durch die Bauweise des Fahrzeugs stark eingeschränkt gewesen sei. Ein Fehlverhalten des Klägers habe sich nicht ergeben.

Der Betriebsarzt Dr. N. teilte am 07.10.2004 mit, die Arbeitsbelastungserprobung werde erfolgreich durchgeführt, nachdem es innerbetrieblich zu einer Umsetzung gekommen sei. Zwischenzeitlich fahre der Kläger auch kurzfristig mit dem Gabelstapler. Vollschichtig arbeitsfähig sei er jedoch noch nicht. Am 13.12.2004 teilte Dr. N. mit, der Kläger habe eine befristete Versetzung bis 31.12.2004 an einen anderen Arbeitsplatz durchlaufen und werde voraussichtlich danach unbefristet übernommen. Arbeitsfähigkeit bestehe seit 01.11.2004.

Der den Kläger seit Juni 2001 behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. diagnostizierte in seinem Arztbrief vom 20.12.2004 einen Zustand nach akuter Belastungsreaktion, ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom unter CPAP-Behandlung, ein hirnorganisches Psychosyndrom, ein metabolisches Syndrom bei Adipositas, eine generalisierte Arteriosklerose bei erhöhtem arteriosklerotischem Risiko, einen Zustand nach Vitamin-B-12-Mangel, eine Vitamin-B-12-Mangel-assoziierte Polyneuropathie und ein Syndrom der Restless-legs. Zum psychopathologischen Befund gab er an, der Kläger wirke erheblich beeinträchtigt, habe eine deutlich erhöhte Lidschlagfrequenz und klage über Ermüdbarkeit. Im Wechsel mit tiefen Verzweiflungsphasen wechselten sich massivste Selbstvorwürfe ab, gepaart mit erheblichen Minderwertigkeitskomplexen, Insuffizienz und Verschuldungsgefühlen. Der Antrieb stelle sich dabei sehr wechselhaft dar. Das Denken erscheine inhaltlich massiv auf die Unfallsequenz eingeschränkt. Formale Denkstörungen bestünden im Sinne eines unzusammenhängenden und assoziativ gelockerten Gedankengangs. Sogleich wirke er deutlich ablenkbar, unruhig sowie getrieben und klage auch über Konzentrationsstörungen. Er sei am Tage nach wie vor müde, klage erheblich über Schlafstörungen, erscheine wenig belastbar und darüber hinaus von zahlreichen vegetativen Symptomen geplagt. Aufgrund der mangelhaften Einsatzfähigkeit und Belastbarkeit am Tage sei zunächst noch von einer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit auszugehen. Die fortdauernde Einteilung zu einer Halbtagesschicht (maximale Tagesarbeitszeit 4 Stunden) erscheine deshalb nervenärztlich indiziert.

Am 10.01.2005 teilte der Arbeitgeber mit, der Kläger sei seit 01.11.2004 in der Glüherei des Walzwerkes vollschichtig tätig.

Prof. Dr. S., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, gab in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 14.02.2005 an, die akute Belastungsreaktion habe sich mit Abschluss der stationären Behandlung am 14.07.2004 folgenlos zurückgebildet. Weitere Behandlungsmaßnahmen seien wegen Unfallfolgen nicht erforderlich. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigender Höhe sei in Folge des Unfalles vom 26.04.2004 nicht zu erwarten.

Dr. K. teilte in seinem Befundbericht vom 01.03.2005 mit, der Kläger werde wegen im Wesentlichen unfallunabhängiger Krankheitszeichen (mittelgradig ausgeprägtes Schlafapnoe-Syndrom unter nCAP-Behandlung, interkurrent anhaltende Tagesmüdigkeit, anhaltende Schlafstörung durch Syndrom der Restless legs, metabolisches Syndrom bei Adipositas, Zustand nach Vitamin-B-12-Mangel, Vitamin-B-12-Mangel-assoziierte Polyneuropathie) ausschließlich auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt. Der Kläger arbeite seit dem 01.12.2004 in einem weniger anstrengenden und fordernden Bereich. Zunächst bis Ende des Jahres 2004 sei er nur halbtags eingesetzt gewesen. Ab Anfang Januar 2005 habe er wieder voll im Arbeitseinsatz sein sollen. Die erheblichen - ebenfalls unfallunabhängigen - Faktoren hätten jedoch dazu geführt, dass er noch im Dezember wegen einer Sinubronchitis erneut beim Lungenfacharzt vorstellig geworden sei. Eine psychotherapeutische Behandlung habe bis heute nicht stattgefunden, der Kläger lehne dies konsequent ab.

Mit Schreiben vom 10.03.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass - vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses - nach den vorliegenden Unterlagen und der Miteilung des Dr. K. in seinem Bericht vom 01.03.2005 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente nicht gegeben seien. Falls er glaube, Rentenansprüche geltend machen zu können, werde um entsprechende Mitteilung gebeten.

In einem weiteren Arztbrief vom 19.06.2006 (Diagnose u.a. chronifizierte mittelgradig ausgeprägte depressive Störung) führte Dr. K. zum psychiatrischen Befund aus, der Kläger wirke stets übervorsichtig, neige zu hypochondrischer Introspektion und sei äußerst sensibel. Die im Jahr 2004 erlittene psychische Traumatisierung durch den Arbeitsunfall mit tödlicher Folge sei mittlerweile gänzlich abgeklungen. Im Vordergrund stehe nun ausschließlich die prämorbid und auch postakzidentell vorhandene mittelgradige depressive Störung. In seinem weiteren Arztbrief vom 19.11.2007 (Diagnosen u.a. rezidivierende, mittelgradige depressive Episoden und Schuldwahn nach schwerem Arbeitsunfall) führte Dr. K. aus, es sei aus Anlass des schweren Arbeitsunfalles eine schwere psychische Dekompensation im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bei möglicherweise vorbestehenden rezidivierenden depressiven Episoden aufgetreten. Es handele sich um einen deutlich kranken, multimorbiden Patienten. Im Vordergrund stehe seit vielen Jahren eine, wie in der Rückschau deutlich werde, rezidivierende depressive Störung, die auf mehrere ambulante Behandlungsversuche mit unterschiedlichen Psychopharmaka nicht adäquat respondiere.

Vom 02.01.2008 bis zum 19.02.2008 befand sich der Kläger zur stationären Rehabilitation in der Psychosomatischen Fachklinik G. Diagnostiziert wurden im Entlassungsbericht vom 27.02.2008 eine PTBS, eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode, ein Impingement-Syndrom linke Schulter, ein chronisches Lumbalsyndrom, eine Hypertonie, ein COPD, ein Schlafapnoe-Syndrom, eine Adipositas und ein Hämorrhoidalleiden. Der Kläger gab an, Vollzeit im Drei-Schicht-Betrieb als Maschinenführer in Altersteilzeit zu arbeiten, die aktive Phase habe im November 2006 begonnen und dauere bis Juni 2009. Arbeitsunfähigkeit habe in den letzten 12 Monaten ca. 4 Wochen bestanden. Er sei für seine Tätigkeit als Maschinenführer als unter 3 Stunden leistungsfähig und für leichte Tätigkeiten als 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig entlassen worden. Die Stressbewältigungsstrategien des Klägers seien durch den plötzlichen Tod der Arbeitskollegin nach Arbeitsunfall überfordert worden. Es habe sich eine PTBS mit komorbider depressiver Symptomatik entwickelt. Der aufrecht erhaltende Faktor sei eine inadäquate Verarbeitung des Traumas durch Verdrängungsversuche. Es dominierten auf der emotionalen Ebene massive Schuldgefühle, Traurigkeit, Selbstaggressivität, Versagens- und Verlustängste und andauernde innere Unruhe, auf der kognitiven Ebene Tendenz zur Kathastrophisierung, Fehlinterpretationen von Symptomen, Selbstvorwürfe, auf der phsysiologischen Ebene Herzrasen, Atemnot, Verspannungen sowie auf der Verhaltensebene dysfunktionale Verhaltensweisen wie Verdrängung, ständige Ablenkungsversuche durch übermäßiges Engagieren in verschiedenen Aktivitäten, Kaufsucht und Schlafstörungen.

Mit Schreiben vom 17.03.2008 bat der Kläger um Übersendung der Unterlagen zur Beantragung einer Verletztenrente. Seit dem Unfall vom 26.04.2004 sei er in ärztlicher Behandlung. Es gehe ihm nicht gut, besonders nervlich, und es werde immer schlimmer.

Mit Bescheid vom 10.06.2008 wurde der Unfall vom 26.04.2004 als Arbeitsunfall anerkannt. Als Unfallfolge wurde eine akute Belastungsreaktion, welche sich mit Abschluss der stationären Behandlung am 14.07.2004 folgenlos zurückgebildet habe, anerkannt. Keine Folgen des Arbeitsunfalles seien wiederkehrende, mittelgradige depressive Episoden. Ein Anspruch auf Leistungen über den 14.07.2004 wurde abgelehnt.

Hiergegen legte der Kläger am 27.06.2008 Widerspruch ein. Es sei nicht zutreffend, dass er seit dem Tag der Entlassung aus der stationären Behandlung im ZP R. wieder gesund sei. Er habe vielmehr trotz seiner Erkrankung wieder arbeiten wollen, da er Ängste gehabt habe, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, und seine 3 Kinder damals noch im Studium gewesen seien. Seit dem Arbeitsunfall sei er permanent in ärztlicher Behandlung, leide unter Halluzinationen und sei traumatisiert. Es bestünden schwere Depressionen mit Suizidgedanken. Das Geschehene werde immer wieder durchlebt. Desweiteren bestünden Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Gedächtnisprobleme und Schlafstörungen, die dazu führten, dass er am nächsten Tag so müde sei, dass er teilweise im Stehen einschlafe. Ferner bestünden eine gesteigerte Schreckhaftigkeit sowie extreme Angstzustände und weitere psychosomatische Erkrankungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Unruhe, Zuckungen, Schmerzen in den Beinen und Schultern, im Rücken, in den Oberschenkeln und im Steißbein sowie Bluthochdruck etc., die zum Teil durch den Unfall verursacht bzw. verstärkt worden seien. Im Vordergrund stehe die psychiatrische Erkrankung, die ausschließlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sei, da vorher diesbezüglich keinerlei Behandlungen erfolgt seien.

Vom 16.09.2008 bis zum 14.10.2008 befand sich der Kläger in der L., Zentrum für Verhaltensmedizin, B. D. zur stationären Rehabilitation. Im Entlassungsbericht vom 20.10.2008 wurde eine PTBS beschrieben, bei der die starken Intrusionen sowie die erhöhte psychische Sensitivität und Erregung einen hohen Leidensdruck seitens des Klägers verursachten. Die Störung sei durch einen depressiven Verarbeitungsstil gekennzeichnet. Ferner wurden eine arterielle Hypertonie, ein Schlafapnoe-Syndrom, eine Adipositas und ein Impingement-Syndrom linke Schulter aufgeführt.

Nach akut aufgetretenem thorakalen Druckgefühl mit Ausstrahlung in die beiden Arme und den Kiefer befand sich der Kläger vom 24.10.2008 bis zum 29.10.2008 stationär in der H.-B. S ... Diagnostiziert wurden insbesondere ein akutes Koronarsyndrom, eine hypertensive Herzkrankheit, eine akute Psychose und ein Schlafapnoe-Syndrom. Es erfolgte eine Koronarangiographie mit Dilatation der Stenose der RCA und der LAD7 jeweils mit einem bare metal Stent.

Dr. K. führte in seinem Bericht vom 22.06.2009 aus, die von ihm 2006 ursprünglich diskutierte Verbesserung der PTBS-Symptomatik müsse verworfen werden. Der Kläger leide mittlerweile ausschließlich an den Folgen einer schweren PTBS bei ihm innewohnenden, melancholischen Verarbeitungsmechanismen. Trotz Fortführung der ambulanten Pharmakotherapie habe sich nie eine wesentliche Verbesserung des psychopathologischen Befundes eingestellt. Die zusätzlich seit Oktober 2008 manifeste koronare Herzerkrankung habe auf der Ebene des persönlichen Erfahrungshorizontes nun noch Ängste, Todesängste mit zusätzlichem psychopathologischen Befund, auftreten lassen. Zusätzlich zu der PTBS habe sich in den vergangenen Jahren - ebenfalls krankheitsimmanent - eine deutliche kognitive Beeinträchtigung im Sinne einer depressiven Pseudodemenz eingestellt, die neben der organischen Schlafstörung weiterhin das Krankheitsbild und den psychopathologischen Gesamtzustand beeinträchtige.

Sodann zog die Beklagte die Schwerbehinderten-Akte des Klägers bei. Danach hatte das Versorgungsamt Freiburg mit Bescheid vom 28.07.2003 unter Berücksichtigung der Funktionsbehinderungen Schulter-Arm-Syndrom, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronische Bronchitis, Bronchialasthma, chronisch-venöse Insuffizienz beidseits, Hämorrhoiden, Analfistel und psychovegetative Störungen den Grad der Behinderung (GdB) mit 50 festgestellt. Zuletzt wurde mit Bescheid vom 16.12.2008 unter zusätzlicher Berücksichtigung der Funktionsbehinderungen Depression, PTBS, Schlafapnoe-Syndrom, Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und Stentimplantation der GdB mit 80 festgestellt.

Prof. Dr. S. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.09.2009 aus, abgesehen von dem "Schuldwahn" seien sämtliche Beschwerden als unfallunabhängig vorbestehend dokumentiert. Es sei davon auszugehen, dass das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit zu einer akuten Belastungsreaktion geführt habe, die in der Zwischenzeit, spätestens ab dem 14.07.2004, ausgeheilt sei. Aus dem Entlassungsbericht der Psychosomatischen Fachklinik G. ergäben sich keine Hinweise für das Vorliegen einer PTBS. Die Antriebsminderung sei möglicherweise Ausfluss der unfallunabhängig vorliegenden rezidivierenden Depression. Allerdings seien auch die diagnostischen Kriterien für eine depressive Störung gemäß dem DSM-IV-TR weder auf der Beschwerde- noch auf der Befundebene systematisch erfasst worden. Ein Schuldwahn sei keinesfalls gleichbedeutend mit einer PTBS. Der im Bericht von Dr. Kern vom 22.06.2009 angegebene Befund vom 11.05.2009 entspreche nicht einer PTBS, sondern einer depressiven Verstimmung, möglicherweise im Rahmen der unfallunabhängig vorbestehenden rezidivierenden depressiven Störung. Aus dem Entlassungsbericht der L., Zentrum für Verhaltensmedizin, B. D. sei die Diagnose einer PTBS weder auf Beschwerde- noch auf Befundebene nachzuvollziehen. Nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 28.01.2010 führte Prof. Dr. S. in seinem neurologisch-psychiatrischen Befundbericht vom 24.02.2010 weiter aus, der psychiatrische Befund habe keine wesentlichen Auffälligkeiten gezeigt. Unter Bezugnahme auf die diagnostischen Kriterien der DSM-IV-TR sei eine psychiatrische Störung nicht zu diagnostizieren, insbesondere nicht eine PTBS. Auch die diagnostischen Kriterien einer depressiven Episode seien nicht erfüllt. Es sei dem Kläger ein Anliegen, sehr eingehend über den Unfall zu berichten und diesen anhand der Lichtbilder gründlich zu erläutern. Er mache sich weiterhin Vorwürfe, den Tod der Frau mit verursacht zu haben, obwohl er sich bewusst sei, dass man ihm gegenüber keinen Schuldvorwurf erhoben habe. Es bestehe eine Neigung zu dramatischer Beschwerdedarstellung und agitiertem Auftreten, welches aber ebenso rasch wieder nachlasse. Es sei zu berücksichtigen, dass er aufgrund mehrerer unfallunabhängiger Erkrankungen in seiner körperlichen Belastbarkeit deutlich beeinträchtigt sei. Nach dem psychologischen Befundbericht mit testpsychologischer Testung von Dipl.-Psych. L. vom 04.02.2010 habe ein Verfahren zur Kontrolle der Anstrengungsbereitschaft auf eine im Testverlauf schwankende Anstrengungsbereitschaft hingewiesen, die Ergebnisse der Leistungstests seien daher nicht interpretierbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Kläger habe im November 2004 die Tätigkeit unter Umsetzung in einen anderen Arbeitsbereich wieder aufgenommen. Dr. K. habe in seinem Bericht vom 19.06.2006 dargelegt, dass die 2004 erlittene Traumatisierung "mittlerweile gänzlich abgeklungen" sei. Die durch Prof. Dr. S. am 06.08.2009 erhobenen klinisch-neurologisch und psychiatrischen Befunde einschließlich der testpsychologischen Befunderhebung ließen ebenfalls keine Unfallfolgen erkennen. Es ergebe sich kein Hinweis auf eine gleichzeitige unfallbedingte psychische Beschwerdesymptomatik. Auch sei eine PTBS nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf Leistungen über den 14.07.2004 hinaus bestehe nicht.

Hiergegen hat der Kläger am 11.08.2010 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Zur Begründung wurde auf den Vortrag im Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Die Feststellung im Widerspruchsbescheid, dass die bestehenden Beschwerden nicht mehr auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, sei unzutreffend.

Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen und diverse ärztliche Unterlagen beigezogen. Dr. S. hat in Vertretung des Dr. K., Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, am 02.12.2010 angegeben, der Kläger werde wegen einer obstruktiven Schlafapnoe mittels einer CPAP-Therapie sowie wegen einer chronischen Bronchitis mit Emphysem behandelt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. C. hat unter dem 11.01.2011 angegeben, die wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers sei das psychiatrische Problem, d.h. Depression und Belastungsreaktion. Hier könne er keine wesentliche positive Entwicklung feststellen. Er habe den Eindruck, dass das psychiatrische Geschehen das gedankliche Spektrum des Klägers vollkommen beherrsche, dass dahinter alle anderen Lebensbereiche zurückträten, er alles Interesse an privaten und beruflichen Fragen verloren habe und sich im Wesentlichen gedanklich nur noch mit den Folgen dieses Unfalls und den dazugehörigen Gewissensnöten beschäftige. Dr. H., Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, hat mit Schreiben vom 05.05.2011 ausgeführt, im Laufe der kardiologischen Betreuung seit 1992 sei eine Verschlechterungen aufgetreten durch koronare Herzerkrankung mit akutem Coronarsyndrom bei 3-Gefäß-Erkrankung 10/08, PTCA und Stent-Implantation der ACD und PTCA und Stent-Implantation der RIA7, chronische obstruktive Lungenerkrankung, Schlafapnoe-Syndrom, schlechte Toleranz der CPAP-Maske, endogene Depression und akute Psychose 10/08. Dr. K. hat unter dem 10.05.2011 rezidivierende mittel- bis schwergradige depressive Episoden, einen Zustand nach rezidivierender Suizidalität, eine PTBS, eine Anpassungsstörung, eine Dysthymia sowie einen Migrationshintergrund beschrieben und ausgeführt, es habe sich in den vergangenen Jahren zunehmend eine kontinuierliche Verschlechterung unter primär psychiatrischen Gesichtspunkten eingestellt. Die rezidivierende depressive Störung habe ein Ausmaß erreicht, dass mittlerweile eine weitgehende Beschädigung des geistig-seelischen Erlebens in der Gemeinschaft die Folge sei. Der Kläger sei schwer psychisch krank.

Das SG hat den Nervenarzt Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem nervenärztlich-psychosomatischen Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers am 10.08.2011 als Unfallfolgen eine chronifizierte PTBS sowie eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer chronifizierten Depression als Reaktion auf die posttraumatische Symptomatik diagnostiziert. Die gutachterliche Beurteilung habe sich schwierig dargestellt, die Aussagen des langjährig behandelnden Nervenarztes seien widersprüchlich. Auch dass die Ehefrau des Klägers einen offenen Versuch der Bestechung unternommen habe, mache die Wahrheitsfindung nicht leichter. Dennoch sei er der Auffassung, dass man an der Diagnose einer PTBS nur zweifeln könne, wenn man die Validität der gesamten Beschwerdeschilderung infrage stelle. Aus einer sorgfältigen Gesamtbeurteilung aufgrund sämtlicher zur Verfügung stehenden Informationen spreche aus seiner Sicht aber mehr für als gegen die Validität der Beschwerdeschilderung und damit die Diagnose. Da sei zunächst die gut dokumentierte Schwere der Initialreaktion mit dem Übergang in einen primärpathologischen Krankheitsverlauf. Der Kläger präsentiere sich genauso, wie er es bei den schweren klinischen Fällen zu sehen pflege. Keines der geschilderten Symptome sei dabei ungewöhnlich oder unplausibel. Die testpsychologischen Untersuchungen, soweit überhaupt durchführbar gewesen, da ein Abbruch durch den Kläger erfolgt sei, hätten eher Hinweise geliefert, die tendenziell gegen aggravierendes Verhalten sprechen würden. Er neige dazu, der Tatsache erhebliches Gewicht beizumessen. Der Kläger habe seine Beschwerden gerade nicht so geschildert, wie dies Probanden zu tun pflegten, die aggravierten. Schließlich könne noch diskutiert werden, ob speziell die Depression eine bereits vor dem Unfall vorhanden gewesene Störung sei, die sich möglicherweise auch unabhängig von dem Unfall im Laufe der Zeit ausgeprägt hätte, zumal diesbezüglich auch eine familiäre Belastung bestehe. Dies könne er nicht grundsätzlich ausschließen, es spreche aber wenig dafür. Es könne kaum bezweifelt werden, dass der Kläger aufgrund des schweren Verlaufs der PTBS eine gewisse Disposition gehabt haben müsse. In jedem Fall sei Prädisposition immer der Boden für einen entsprechend schweren Verlauf des Unfallereignisses. Jedoch spreche nichts dafür, dass es auch ohne dieses Ereignis annäherungsweise zu einem solchen Verlauf gekommen wäre. Es möge ein gewisser unfallunabhängiger Störungsanteil in der Starre und Fixierung des Klägers bestehen, die mit den Auswirkungen eines chronischen Schlafapnoe-Syndroms zusammenhängen mögen. Insgesamt sei dieser Anteil gegenüber den Symptomen der PTBS aber sicher nachrangig. Gegenwärtig schätze er die MdE auf 30 vom Hundert (v. H.) ein. Es scheine nach einer ersten schweren Krankheitsphase von einem Jahr nach dem Unfall eine gewisse Stabilisierung eingetreten zu sein. Hier könne eine MdE von 20 v. H. angenommen werden, der Kläger sei noch weiter berufstätig gewesen. Spätestens ab Anfang 2008 habe sich die Symptomatik soweit verschlimmert, dass eine stationäre Aufnahme erforderlich geworden sei. Die dabei geschilderte Schwere der Beeinträchtigung entspreche in etwa der heutigen.

Dr. F., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat in seiner von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 03.02.2012 ausgeführt, das Vorliegen einer PTBS sei nicht im Vollbeweis gesichert. Die Kernkriterien, nämlich die erhebliche seelische Belastung und körperliche Begleitreaktion sowie das Wiedererleben des Ereignisses auf Triggerreize könne als widerlegt gelten. Ähnlich sei es mit dem Vermeidungsverhalten. Objektiv habe der Kläger in seiner Firma weitergearbeitet und sei auch weiter Stapler gefahren. Übermäßige Wachsamkeit und Schreckhaftigkeit seien nicht erhoben worden, Schlafstörungen seien Kernsymptom der Depression und Konzentrationsstörungen seien nur bei Prof. Dr. S. themengebunden angegeben worden. Der Kläger leide vielmehr unter wiederkehrenden depressiven Episoden als Traumafolgestörung. Eine seelische Traumatisierung könne als bewiesen gelten, die zeitnah zum Unfall erhobene Konstellation spreche dafür. Dies umso mehr, als sich anhaltend Inhalte des depressiven Erlebens auf das Trauma beziehen ließen. Wenn bei einem Menschen ohne seelischen Vorschaden und ohne erkennbare, leicht anzusprechende Schadensanlage eine seelische Traumatisierung gesichert werde, werde man sich bei einem schwerwiegenden Ereignis wie im vorliegenden Fall schwer tun, später eintretende psychogene Störungen als nicht wenigstens maßgeblich teilursächlich ereignisbedingt anzusehen. Die Depression als Traumafolge sei den mittelschweren Störungen zuzurechnen. Die MdE von 30 v. H., die Prof. Dr. S. vorgeschlagen habe, werde für zutreffend erachtet.

Die Beklagte hat daraufhin einen Vergleichsvorschlag vorgelegt, als weitere Unfallfolge wiederkehrende depressive Episoden anzuerkennen sowie weitere Ermittlungen durchzuführen und abschließend einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid hinsichtlich eines Anspruchs auf Verletztenrente zu erlassen. Diesen Vergleichsvorschlag hat der Kläger nicht angenommen.

Mit Urteil vom 17.04.2012 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2010 verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26.04.2004 ab 01.11.2004 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. und ab 01.01.2008 nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren. Beim Kläger liege eine chronifizierte PTBS sowie eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer chronifizierten Depression als Reaktion auf die posttraumatische Symptomatik vor. Hierbei handele es sich mit Wahrscheinlichkeit um Unfallfolgen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. S., der nach der Untersuchung die Gesundheitsbeeinträchtigungen vor dem Hintergrund der Aktenlage einer nachvollziehbaren und überzeugenden Würdigung zugeführt habe. Die PTBS ziehe sich seit dem Arbeitsunfall durch die gesamte Krankengeschichte. Prof. Dr. S. und Dr. F. seien sich darin einig, dass die Unfallfolgen eine MdE von (aktuell) 30 v. H. bedingten. Anzunehmen, die bereits vor dem Unfall vorhandenen psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen hätten sich auch unabhängig von dem Unfall im Laufe der Zeit in vergleichbarer Weise fortentwickelt, sei spekulativ. Die Rente beginne mit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit und erhöhe sich mit der Verschlimmerung spätestens zu Anfang des Jahres 2008.

Gegen das ihr am 26.04.2012 zugegangene Urteil hat die Beklagte am 24.05.2012 Berufung eingelegt, zu deren Begründung die beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom 10.07.2012 vorgelegt worden ist. In dieser ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die Diagnosen von Prof. Dr. S. und Dr. F. seien nicht zutreffend. Nach den dokumentierten Befunden sei weder eine PTBS noch eine depressive Störung im Vollbeweis gesichert, gesichert sei lediglich die Vortäuschung einer psychiatrischen Krankheit. Prof. Dr. S. habe insbesondere die Befunde, die für offensichtliche und plumpe Beschwerdeübertreibung sprächen, unterdrückt, auch Ausführungen zum Kausalzusammenhang fehlten. Es fehle jede Darlegung, welche konkreten Funktions- und Teilhabestörungen zu einer MdE von 30 v. H. führen sollten. Zur Begründung der Berufung ist weiter ausgeführt worden, das Untersuchungsergebnis von Prof. Dr. S. werde in dem Urteil völlig außer Acht gelassen. Das Ereignis sei für die Verursachung einer nun mehr als 8 Jahre anhaltenden Depression nicht geeignet. Eine andauernde Persönlichkeitsänderung habe eine langdauernde lebensbedrohliche Situation zur Voraussetzung. Eine solche sei keinesfalls gegeben. Unberücksichtigt bleibe ferner die Therapieresistenz trotz mehrfacher stationärer Heilverfahren, der fehlende Nachweis eines Vermeidungsverhaltens, die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit bis 2008 und eine Verschlimmerung ca. 4 Jahre nach dem Unfall. Es sei auch fraglich, ob die prätraumatische Persönlichkeitsstruktur ausreichend ermittelt sei. Prof. Dr. S. prüfe nicht, ob bewusstseinsnahe Tendenzen o.ä. als eventuelle Ursachen auszuschließen seien. Darüber hinaus habe Prof. Dr. S. die Beweiskraft seiner MdE-Beurteilung selbst eingeschränkt und es seien keine Verschlimmerungsmerkmale für die ab 2008 bejahte Verschlimmerung genannt worden. Nach dem Gutachten bestehe keine sozialkommunikative Beeinträchtigung in der Familie. Soziale Kontakte außerhalb der Familie seien, wenn auch reduziert, möglich. Die Beschreibung des Antriebs spreche gegen eine MdE in Höhe von 30 v. H. Das Urteil berücksichtige auch das gegen eine Verschlimmerung und gegen eine MdE-Beurteilung in Höhe von 30 v. H. sprechende unauffällige Untersuchungsergebnis von Prof. Dr. S. vom Januar 2010 nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. April 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er angegeben, die Ausführungen im Urteil seien zutreffend.

Das Gericht hat von Prof. Dr. S. die ergänzende Stellungnahme vom 21.08.2012 eingeholt. Er hat u.a. ausgeführt, die Stellungnahme von Dr. F. sei sorgfältig argumentativ ausgearbeitet und sei als konkurrierende gut begründete Auffassung anzuerkennen. Er halte er an seiner Einschätzung fest. Bezüglich der Stellungnahme von Prof. Dr. S. hat er dargelegt, ein psychischer Befund sei etwas anderes als ein Laborwert. Wegen der Unmöglichkeit zur scharfen Abtrennung von Schilderung und Befund sei es außerhalb des gutachterlichen Kontexts üblich und unvermeidbar, dass diese Dinge etwas ineinander flössen. Es gehe nicht um eine formalistische Bewertung von Einzelbefunden, sondern ein guter Gutachter müsse in der Lage sein, alle Einzelbefunde zu integrieren und das sich ergebende Mosaik als Ganzes abwägend zu bewerten. Die Vorwürfe von Prof. Dr. S. seien teilweise falsch seien. Prof. Dr. S. hat die Ergebnisse des abgebrochenen WMT-Tests vorgelegt.

Dr. S., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat in der von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 04.10.2012 ausgeführt, die Stellungnahmen von Prof. Dr. S. und Dr. F. hätten - nicht zuletzt durch die 8-jährige Entwicklung der Krankengeschichte und die sehr komplexe Gemengelage - Schwachpunkte. Es sei zu fragen, ob es nach einer akuten, vollständig abgeklungenen Belastungsstörung mit Latenz von mehr als 3 Jahren zur Entwicklung einer chronischen PTBS kommen könne. Erinnerungen an das Unfallgeschehen seien keinesfalls mit Intrusionen gleichzusetzen. Schließlich sei auch der früheren Diagnose eines organischen Psychosyndroms bei multiplen Gefäßbelastungsfaktoren zu wenig Rechnung getragen worden. Ebenso sei eine familiäre Belastung des Klägers mit depressiven Erkrankungen nicht hinreichend beleuchtet worden. Diese könnten unfallunabhängig zu einer Vertiefung und Verlängerung seelischer Reaktionen beitragen. Eine seelische Traumatisierung könne eine schwere Depression nach sich ziehen. Wenn die Traumatisierung so schwer gewesen sei, dass sie die gesamte Persönlichkeit und ihre Weltsicht nachhaltig verändert habe, sei allenfalls eine chronische Depression plausibel, nicht aber zwischenzeitliche Besserungen wie bei einer rezidivierenden depressiven Störung, die zweifelsohne vorgelegen hätten. Es sei keine Diagnose im Vollbeweis gesichert. Es müsse die Persönlichkeitsstruktur des Klägers genauer herausgearbeitet werden. Es fehle eine biographische Anamnese.

Daraufhin hat der Senat Prof. Dr. Dr. W., Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Ärztlicher Direktor am Bezirkskrankenhaus G., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers am 03.07.2013 einschließlich neuro-psychologischer Zusatzuntersuchung durch Dr. H.-B. in seinem nervenärztlichen Fachgutachten ausgeführt, auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine depressive Störung vor, deren Schweregrad er auf Grund des Abbruchs der Begutachtung und der ausgeprägten Aggravation nicht abschließend zu beurteilen vermöge. Zwar erscheine durchaus möglich, dass die rezidivierende und offensichtlich progrediente depressive Störung in einem Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehe. Es spreche jedoch mehr gegen als für diese Annahme, so dass er nicht davon überzeugt sei, dass die Symptomatik mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch den Arbeitsunfall verursacht worden sei. Hinreichend zeitnah zu diagnostizieren sei eine akute psychische Belastungsreaktion, die aufgrund des verzögerten Verlaufs als PTBS zu diagnostizieren sei, deren Symptomatik jedoch bis spätestens Anfang 2006 (2 Jahre nach dem Unfallereignis) weitgehend abgeklungen sei. Ab Beginn der Wiedereingliederung im Sommer 2004 schätze er die MdE bis Ende Oktober 2004 mit 30 v. H. ein, danach sei die Einschätzung für die folgenden Monate mangels entsprechender Dokumentation schwierig. In der "Extrapolation" werde man bis zum Ende des ersten Unfalljahres angesichts des Fehlens einer psychotherapeutischen Behandlung eine MdE einschätzen, die 15 v. H. nicht übersteige. Ab April 2005 sei, soweit an Hand der Dokumentation beurteilbar, von einer nicht mehr messbaren MdE von unter 10 v. H. auszugehen. Die Einschätzung von Prof. Dr. S. erscheine zwar durchaus möglich, auf Grund der Aktenlage und der Unmöglichkeit, spätere Aussagen als "harte Fakten" zu werten, jedoch nicht wahrscheinlich.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, streitig sei in diesem Verfahren nur die Frage eines Rentenanspruchs ab 01.11.2004. Das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. bestätige ihre Auffassung und diejenige von Dr. S., dass die Anerkennung einer Depression als Unfallfolge und eine Bewertung der unfallbedingten MdE in Höhe von 20 v. H. ab 01.11.2004 und von 30 v. H. ab 01.01.2008 keinesfalls gerechtfertigt sei. Es könne somit offen bleiben, ob entgegen dem Bescheid eine PTBS und nicht nur eine akute Belastungsreaktion als Unfallfolge anzuerkennen sei. Soweit die unfallbedingte MdE ab 01.11.2004 bis zum Ende des ersten Unfalljahres mit einer MdE eingeschätzt werde, die 15 v. H. nicht übersteige, könne es dahingestellt bleiben, ob diese MdE-Beurteilung überzeugend sei, denn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines ausreichenden Stütztatbestandes mit einer MdE in Höhe von 10 v. H. seien nicht ersichtlich.

Der Kläger hat noch einen kurzen Entlassbericht der L. - Zentrum für Verhaltensmedizin - B. D. über den stationären Aufenthalt vom 12.09.2013 bis zum 02.10.2013 (Diagnosen u.a. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, PTBS, chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Faktoren) vorgelegt und ausgeführt, es werde die Einholung eines Obergutachtens für erforderlich gehalten. Es sei nach wie vor dem Gutachten von Prof. Dr. S. zu folgen, der sich ausführlich auch mit den Kritikpunkten der Beklagten auseinandergesetzt habe.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 10.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Deswegen hat das SG zu Unrecht die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2010 verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26.04.2004 ab 01.11.2004 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. und ab 01.01.2008 nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren.

Rechtsgrundlagen für die Gewährung von Verletztenrente sind die §§ 7, 8, 56 und 72 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII). Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Verletztenrente wird von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).

Mit dem Bescheid vom 10.06.2008 hat die Beklagte den Unfall des Klägers vom 26.04.2004 als Versicherungsfall gemäß § 7 SGB VII im Sinne eines Arbeitsunfalls förmlich anerkannt. Einen Anspruch auf Verletztenrente könnte der bei der Beklagten versicherte Kläger aus diesem Arbeitsunfall nur ableiten, wenn aufgrund des durch den Arbeitsunfall erlittenen Gesundheitserstschadens länger, nämlich über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus, andauernde gesundheitliche Folgeschäden entstanden wären, die mit einer MdE um mindestens 20 v. H. zu bewerten wären. Dies ist indes zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.

Die Rechtsprechung hat folgende Grundsätze entwickelt:

Für die Feststellung von Unfallfolgen ist erforderlich, dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Erforderlich ist für die Gewährung einer Verletztenrente, dass länger andauernde Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden sind (haftungsausfüllende Kausalität) und eine hierdurch bedingte MdE um mindestens 20 v. H. erreicht wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Vollbeweis) nachgewiesen werden. Lässt sich ein Nachweis nicht führen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.

Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen. Die Kausalitätsbeurteilung hat dabei auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.). Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z.B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein. Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursache des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - NZS 2012, 909).

Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).

Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Der Senat konnte sich in Auswertung der eingeholten Gutachten und der aktenkundigen Arztberichte nicht davon überzeugen, dass beim Kläger seit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 01.11.2004 ein psychisches Leiden vorliegt, das wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist und eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingt.

Unfallversicherungsrechtlich relevant ist ein Gesundheitsfolgeschaden nur dann, wenn er sicher feststeht, d. h. im Vollbeweis gesichert ist. Hierbei ist eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosensysteme zu stellen (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - a.a.O.). Der Senat berücksichtigt die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD-10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).

Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger durch den Arbeitsunfall zunächst eine akute Belastungsreaktion erlitten hat, die sich jedoch im Laufe des Jahres 2004 zurückgebildet hat. Dies ergibt sich aus der Auswertung der Arztbriefe des ZP R., des Betriebsarztes Dr. N. sowie des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. K ...

Die akute Belastungsreaktion ist nach der ICD-10 F43.0 eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt. Die individuelle Vulnerabilität und die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen (Coping-Strategien) spielen bei Auftreten und Schweregrad der akuten Belastungsreaktionen eine Rolle. Die Symptomatik zeigt typischerweise ein gemischtes und wechselndes Bild, beginnend mit einer Art von "Betäubung", mit einer gewissen Bewusstseinseinengung und eingeschränkten Aufmerksamkeit, einer Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten, und Desorientiertheit. Diesem Zustand kann ein weiteres Sichzurückziehen aus der Umweltsituation oder aber ein Unruhezustand und eine Überaktivität folgen. Vegetative Zeichen panischer Angst wie Tachykardie, Schwitzen und Erröten treten zumeist auf. Die Symptome erscheinen im allgemeinen innerhalb von Minuten nach dem belastenden Ereignis und gehen innerhalb von 2 oder 3 Tagen, oft innerhalb von Stunden zurück. Wenn die Symptome andauern, sollte eine Änderung der Diagnose in Erwägung gezogen werden.

Der Kläger war nach dem Bericht des ZP R. vom 24.05.2004 bei Aufnahme unruhig, mit schweißiger Haut und eingeschränkter Konzentrationsspanne. Er wirkte verzweifelt und war schnell psychisch erschöpfbar, mit reduziertem Erinnerungsvermögen deutlich labilisiert, Verzweiflung und Traurigkeit waren spürbar, bei eingeschränkter Schwingungsfähigkeit, während die Gedanken immer wieder um den Unfall kreisten. Die Kriterien einer akuten Belastungsreaktion lagen somit vor. Nach den weiteren Berichten vom 29.06.2004, 14.07.2004 und 27.09.2004 besserte sich die psychophysische Stabilität, die Erinnerungen an das Unfallgeschehen waren in Anzahl und Intensität rückläufig bei geringerer Einengung des Denkens auf das Unfallereignis. Der Kläger konnte im Rahmen der familiären Aktivitäten wieder ansatzweise etwas Freude empfinden, nahm eine Arbeitstherapie in der Holzwerkstatt auf und war in der weiteren Folge dazu in der Lage, einmal in der Woche am Nachmittag und an den Wochenenden zu Hause zu sein, um sich auf die Entlassung und den beruflichen Wiedereinstieg vorzubereiten und den Alltag zu trainieren. Der Kläger konnte zum 14.07.2004 entlassen werden und war nach der Auskunft des Betriebsarztes Dr. N. vom 06.10.2004 ab dem 02.08.2004 in der Lage, die Wiedereingliederung mit einem Stundenumfang von zunächst zwei Stunden, dann vier Stunden in einer anderen Abteilung bei seinem Arbeitgeber aufzunehmen, wobei der Kläger sogar auch wieder mit dem Gabelstapler fuhr. Nach der Auskunft des Arbeitgebers vom 10.01.2005 war der Kläger dann ab dem 01.11.2004 wieder in der Lage, vollschichtig tätig zu sein.

Aus diesen Angaben folgt, dass sich die Belastungsreaktion in den Wochen und Monaten nach dem Unfall kontinuierlich zurückgebildet hat und der Kläger sogar bei der Arbeit - zumindest mit reduziertem Stundenumfang - zeitnah wiedereingegliedert werden konnte und ab dem 01.11.2004 wieder vollschichtig tätig war. Dementsprechend diagnostizierte Dr. K. in seinem Bericht vom 20.12.2004 nur noch einen "Z. n. akuter Belastungsreaktion". Darüber hinaus gab er neben einem schwer ausgeprägten obstruktiven Schlafapnoesyndrom mit nachweislich deutlich eingeschränkter Vigilanz und deutlich erhöhter Lidschlagfreqzenz noch an, es fänden sich Hinweise auf ein metabolisch bedingtes hirnorganisches Psychosyndrom bei internistischem Risikoprofil nach der ICD-10 F07.0 (nicht näher bezeichnete organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns, inkl. organisches Psychosyndrom). Bei dem Kläger lagen noch Verzweiflungsphasen, Selbstvorwürfe mit Minderwertigkeitskomplexen, Insuffizienz und Verschuldungsgefühlen vor. Er berichtete, am Tage nach wie vor müde zu sein, klagte über erhebliche Schlafstörungen und erschien wenig belastbar und von zahlreichen vegetativen Symptomen geplagt, so dass Dr. K. - aufgrund des Gesamtzustandes des Klägers - die fortdauernde Einteilung zu einer Halbtagesschicht indiziert sah, obwohl der Kläger seit dem 01.11.2004 bereits wieder vollschichtig tätig war. In seinem weiteren Bericht vom 01.03.2005 wurde von ihm keinerlei psychiatrische Diagnose mehr gestellt. Vielmehr wies er ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger wegen im Wesentlichen unfallunabhängiger Krankheitszeichen ausschließlich auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt werde. Aus seinen Angaben ergibt sich somit ein weiteres Abklingen der unfallbedingten Beschwerden im Zeitraum Ende 2004 bis Anfang 2005. Nach seinen Angaben hätte der Kläger ab Anfang Januar wieder voll im Arbeitseinsatz sein sollen.

Ob, aufgrund der (zunächst) noch im Jahr 2004 bestehenden Restsymptomatik aufgrund des Unfallereignisses im Jahr 2004, wie Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten ausführt, auf Grund des verzögerten Verlaufs eine PTBS zu diagnostizieren ist oder dies noch vom Zeitrahmen der akuten Belastungsreaktion umfasst ist oder als vorübergehende Anpassungsstörung zu diagnostizieren ist, lässt der Senat offen. Hierzu liegen nur die spärlichen Angaben in den Arztbriefen von Dr. K. und damit keine ausreichenden ärztlichen Angaben vor. Aus diesen, wie aus den Berichten des ZP R. ergibt sich nur die gesicherte Diagnose einer akuten Belastungsreaktion, die sich allerdings innerhalb von Monaten bis Ende 2004 kontinuierlich zurückgebildet hat. Jedenfalls waren die Symptome in den Jahren 2005/2006 abgeklungen. So hat Dr. K. in seinem Arztbrief vom 19.06.2006 in Fortsetzung des Berichtes vom 01.03.2005 ausdrücklich ausgeführt, dass die im Jahre 2004 erlittene psychische Traumatisierung mittlerweile gänzlich abgeklungen war.

Daraus folgt, dass seit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 01.11.2004 keine unfallbedingten Funktionseinschränkungen vorlagen, die eine MdE von 20 v. H. zu rechtfertigen vermögen.

Die Bemessung der MdE hängt mit den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. 06.004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Nachdem der Kläger bereits ab dem 01.11.2004 wieder bei seinem früheren Arbeitgeber, wenn auch in einer anderen Halle, vollschichtig tätig war und dabei sogar wieder Gabelstapler gefahren ist und Dr. K. in seinem Befundbericht vom 20.12.2004 unter Diagnosen einen Z.n. akuter Belastungsreaktion und in seinem Befundbericht vom 01.03.2005 keinerlei psychiatrische Diagnose mehr stellt, liegen nicht ausreichend Anhaltspunkte vor, die eine MdE im Zeitraum November 2004 bis Februar 2005 in Höhe von noch mindestens 20 v. H. belegen. Für den Zeitpunkt des Befundberichtes vom 01.03.2005 muss dies sogar als widerlegt gelten und im Hinblick auf den Befundbericht von Dr. K. vom 20.12.2004 ist zu berücksichtigen, dass dieser den Zeitraum ab dem 23.07.2004 - somit fast ab Entlassung aus dem ZP R. - umfasst und daher nicht alle Angaben zum Zustand des Klägers auch noch für den Zeitraum ab November 2004 zutreffend sein dürften. So hat auch Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten richtigerweise ausgeführt, dass die Einschätzung für die Monate ab November 2004 mangels entsprechender Dokumentation schwierig ist. Bis zum Ende des ersten Unfalljahres hat er angesichts des Fehlens einer psychotherapeutischen Behandlung eine MdE eingeschätzt, die 15 v. H. nicht übersteigt. Ab April 2005 ist er, soweit an Hand der Dokumentation von ihm für beurteilbar gehalten, von einer nicht mehr messbaren MdE von unter 10 v. H. ausgegangen. Diese Bewertung ist bei Würdigung der Arztbriefe von Dr. K. überzeugend. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die länger andauernden Unfallfolgen ebenso wie ihr Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Vollbeweis) nachgewiesen sein müssen und die Beweislast hierzu den Kläger trifft. Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten ebenfalls ausgeführt, dass Rückschlüsse auf eine Abstaffelung schwierig zu ziehen sind. Er hat allerdings für die Zeit vor 2008 eine MdE von 20 v. H. vorgeschlagen, da es seiner Ansicht nach zu keiner völligen Remission gekommen sei, der Kläger in dieser Zeit aber berufstätig gewesen sei. Aus den Unterlagen ergeben sich jedoch keine ausreichenden Hinweise auf eine MdE von 20 v. H. rechtfertigende unfallbedingte Funktionseinschränkungen, wobei zusätzlich auch noch die Neigung des Klägers zu dramatisierender Schilderung seiner Beschwerden und Aggravation berücksichtigt werden muss.

Nach Auffassung des Senats ist darüber hinaus nicht hinreichend wahrscheinlich, dass bei dem Kläger ab dem 01.03.2005 eine unfallbedingte psychische Erkrankung vorgelegen hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen einer PTBS nicht vor.

Nach ICD-10 F43.1 entsteht die posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.

Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.

Der Kläger hat zwar nach dem Arztbrief von Dr. K. vom 19.11.2007 im Jahr 2007 angegeben, er leide trotz des nCPAP-Gerätes häufig unter Alpträumen, habe dann am Tage Angst und habe immer wieder das Bild der Kollegin vor Augen, die er 2004 zu Tode gefahren habe. Auch hat er bei den Begutachtungen durch Prof. Dr. S. sowie Prof. Dr. Dr. W. Alpträume geschildert. Allerdings waren diese nicht nur auf das Unfallereignis bezogen, sondern er gab viele weitere unspezifische Alpträume an. So gab er bei Prof. Dr. S. an, der Unfall sei der Anfang, dann kämen Tote, Einbrecher, was er im Fernsehen höre oder sehe und tote im Wasser schwimmende Kinder. Allein die Angabe von Alpträumen, die teilweise das Unfallereignis betreffen, ist noch nicht ausreichend, um das B-Kriterium zu erfüllen. Sogenannte "flashbacks" und Intrusionen wurden ebenfalls nicht in plausiblem Umfang geschildert. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. S., das im Urkundenbeweis verwertet wird, wie auch aus dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. ergeben sich insbesondere auch keine physiologischen Reaktionen im Zusammenhang mit Erzählungen des Klägers zum Unfallereignis. So hat Prof. Dr. S. ausgeführt, dass er keine Zeichen einer PTBS in Form von vegetativen Auffälligkeiten bei der Schilderung hat erkennen können. Lediglich bei der Besprechung des Ereignisses ist es zu einer Erregung mit Selbstvorwürfen gekommen, die aber rasch wieder nachgelassen haben. Ebenso zeigten sich bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. bei der Schilderung des Unfalles keine vegetativen Auffälligkeiten. Hinzu kommt, dass der Kläger bei diesen Begutachtungen auch jeweils eingehend über den Unfall berichtet hat. Bei Prof. Dr. S. hat er sogar anhand von Bildern gründlich die Vorgänge erläutert. Prof. Dr. S. gab hierzu an, dass es dem Kläger ein Anliegen gewesen ist, sehr eingehend über den Unfall zu berichten. Aus diesen Angaben folgt, dass auch ein Vermeidungsverhalten entsprechend dem C-Kriterium nicht vorliegt. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass es dem Kläger wenige Monate nach dem Ereignis bis zum Antritt der Rehabilitationsmaßnahme Anfang des Jahres 2008 möglich war, wieder beim gleichen Arbeitgeber tätig zu sein. Zwar wurde dem Kläger eine andere Tätigkeit in einer anderen Halle zugewiesen, allerdings fuhr er im Rahmen dieser Tätigkeit bereits im Jahr 2004 wieder mit dem Gabelstapler. Nach seinen Angaben bei Prof. Dr. Dr. W. hat er auch nur in der Anfangszeit um das Gebäude, in dem der Unfall passiert ist, einen Bogen gemacht, während er später wieder einen kürzeren Weg genommen hat. Soweit bei dem Kläger ausgeprägte Schlafbeschwerden und Tagesmüdigkeit vorliegen, ist dies im Wesentlichen nicht durch wiederholte Alpträume über das Ereignis verursacht, sondern vielmehr Ausfluss seiner schon vor dem Unfall bestehenden mittelgradig ausgeprägten Schlafapnoe. Wie sich aus der testpsychologischen Untersuchung durch Dr. K. vom 19.11.2007 ergibt, wurde von dem damals 53-jährigen Kläger in kognitiver, konzentrativer und koordinativer Hinsicht mit hoher Genauigkeit, unterhalb des Durchschnitts, gearbeitet. Bei im oberen Normbereich gelegener nonverbaler Begabung und knapp durchschnittlicher verbaler Begabung ergaben sich Hinweise auf eine etwas langsame Arbeitsweise bei hoher Genauigkeit. Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden, zeigten sich somit gerade nicht, so dass auch nicht ausreichend Anhaltspunkte für das Vorliegen des D-Kriteriums gegeben sind.

Soweit der Kläger bei Begutachtungen Konzentrationsschwierigkeiten angegeben hat und teilweise desorientiert wirkte und einfache Fragen nicht sachgerecht beantworten konnte, können diese Angaben und dieses Verhalten der Diagnosestellung nicht unkritisch zugrunde gelegt werden, da er auch äußerst zielgerichtetes Verhalten und Antworten zeigte und Belege für Aggravation und Simulation vorliegen. So wies bereits bei der testpsychologischen Testung, die von Dipl. Psych. L. im Zusammenhang mit der Begutachtung durch Prof. Dr. S. am 28.01.2010 durchgeführt wurde, das Verfahren zur Kontrolle der Anstrengungsbereitschaft auf eine im Testverlauf schwankende Anstrengungsbereitschaft hin und Prof. Dr. S. führte aufgrund des Verhaltens des Klägers während der Begutachtung aus, dass der Kläger zu dramatischer Beschwerdedarstellung und agitiertem Auftreten neigt. Hierzu fügt sich ein, dass auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. am 10.08.2011 die durchgeführten Testergebnisse vom Kläger zwar noch deutlich über der Ratewahrscheinlichkeit, jedoch deutlich unter dem Erwartungswert bei gesunden Personen lagen, wobei die testpsychologische Untersuchung vom Kläger abgebrochen wurde mit der Angabe, sich hierzu nicht mehr in der Lage zu fühlen. Eine Fortsetzung bzw. Steigerung dieser Auffälligkeiten findet sich bei der im Zusammenhang mit dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. von Dr. H.-B. durchgeführten testpsychologischen Untersuchung am 03.07.2013. Bei dort deutlich unter der Zufallswahrscheinlichkeit liegender Ergebnisse muss von einer absichtlichen negativen Verzerrung der kognitiven Leistungsfähigkeit ausgegangen werden. Bei einem Test zur Prüfung der Aufmerksamkeit und des Reaktionsvermögens zeigte der Kläger weit unterdurchschnittliche Reaktionszeiten mit jeweils weit überdurchschnittlich stark ausgeprägter Variabilität. Im Hinblick auf das Gedächtnis zeigte er weit unterdurchschnittliche Leistungen. Aus den Ergebnissen folgt zur Überzeugung des Senats, dass der Kläger bewusst eine nicht vorhandene neurokognitive Störung demonstrieren wollte. Der Kläger brach diese Untersuchung dann ebenfalls ab, weil er sich nicht in der Lage gefühlt habe, diese fortzusetzen. Dabei waren die geschilderten Beschwerden und das gezeigte Verhalten teilweise inkonsistent und wirkten phasenweise bizarr, waren aber vor allem von schnell wechselnden Affekten, demonstrativen und theatralischen Verhaltensweisen geprägt. Während der Kläger bei der Anamnese durch die Neuropsychologin einen desorientierten Eindruck vermittelte und ein vergleichbares Verhalten auch bei Beginn der Exploration durch Prof. Dr. Dr. W. gezeigt hat, ergibt sich aus den von ihm gemachten Angaben jedoch, dass er durchaus bei vielen Fragen zu einer gezielten und damit konzentrierten Beantwortung in der Lage war. Bei Fragen, die insbesondere die Funktionseinschränkungen bzw. Leistungsfähigkeit betreffen, werden seine Antworten konsequent recht vage, relativierend, was ebenfalls auf ein kontrolliertes, zielgerichtetes und damit auch konzentriertes Antwortverhalten hinweist. Die Befragung durch Prof. Dr. Dr. W. stellte sich, nachdem der Kläger sie zunächst leicht schwankend und mit leiser, verwaschener Stimme sprechend begonnen hatte, zunächst unproblematisch dar, obwohl der Kläger zuvor unter äußerst bizarrem Verhalten die testpsychologische Untersuchung abgebrochen hatte. Er berichtete in der Folge lebhaft, machte viele adäquate Ausführungen mit normaler Sprachmelodie. Während der Eigenschilderung und dem nachfolgenden Diktat kam es auch nicht zu einer ersichtlichen vegetativen Veränderung. Er kam vielmehr immer wieder auf seine Schulden und die schwierige finanzielle Lage zu sprechen.

Die "Unkontrolliertheiten" im Verhalten des Klägers erscheinen dem Senat daher kontrolliert und zielgerichtet eingesetzt. So hat der Kläger bereits zu Beginn der Untersuchung durch Dr. H.-B. angegeben, es wäre möglich, dass er im Verlauf der Untersuchung "durchdrehen" würde und er sich vorab dafür entschuldigen wolle. Für aggravierendes Verhalten spricht auch, dass der Kläger zwar leicht schwankend gegangen ist und durchgehend ein Zittern gezeigt hat, es ihm jedoch trotz des Tremors möglich war, eine Wasserflasche zu öffnen und sich, ohne etwas zu verschütten, Wasser in ein Glas einzuschenken. Nach Abbruch der neuropsychologischen Untersuchung und vor Beginn der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. hat sich der Kläger eine ca. 5 cm lange Schnittwunde zugefügt, die dem Gutachter erst nach etwa 1 ½ Stunden aufgrund eines blutig werdenden Ärmels aufgefallen ist und nach einer ersten Wundversorgung zum vorzeitigen Abbruch auch der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. geführt hat. Weitere Schnittverletzungsnarben waren am Arm aber nicht zu erkennen. Den Sinn und Zweck der zugefügten Verletzung wollte der Kläger nicht erklären, ebenso war er nicht bereit anzugeben, wo sich das mitgeführte Messer befunden hat.

Aus dem Verhalten des Klägers folgt damit zur Überzeugung des Senats nachdrücklich eine bewusste zielgerichtete Simulation bzw. Aggravation mit starken Verdeutlichungstendenzen bei einem Versorgungsbegehren. Der Einschätzung von Prof. Dr. S., dass keine Hinweise für Aggravation und Simulation vorlägen, folgt der Senat daher nicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nach den Angaben von Dr. K. aus den Jahren 2005 und 2006 zum gänzlichen Abklingen der psychischen Traumatisierung erstmals in dem Arztbrief von Dr. Kern vom 19.11.2007 - der dem Antrag auf eine Rehabilitationsmaßnahme durch den Rentenversicherungsträger beigefügt wurde - die Erwähnung von Alpträumen bzw. Erinnerungen an die tote Kollegin mit der Diagnose eines "Schuldwahns" erfolgten. Die Diagnose einer PTBS erfolgte sodann im Rahmen der dann durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme, wobei das Verhalten des Klägers während der stationären Rehabilitationsmaßnahme in Gengenbach sogar dazu geführt hat, dass der Kläger, der nach dem Entlassbericht "arbeitsfähig" die Maßnahme angetreten hatte, für seine Tätigkeit als Maschinenführer als unter 3 Stunden und für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur für 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig entlassen wurde. Dies, obwohl der Kläger in den 12 Monaten zuvor nach seinen eigenen Angaben nur 4 Wochen arbeitsunfähig gewesen war und er zuhause auch noch Hasen, Hühner, Tauben und Enten züchtet. Nach den Angaben bei Prof. Dr. S. hat er etwa 30 Hasen, 28 Hühner, 2 Hähne und 70 Tauben von 3 verschiedenen Arten. Dabei versorgt er die Tiere, züchtet und geht auch auf Ausstellungen und versorgt zusammen mit seiner Frau den Garten. Auch ist der Kläger im Heimatverein tätig. Ein zielgerichtetes Verhalten im Hinblick auf ein Versorgungsbegehren, das auch durch den von seiner Ehefrau bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. unternommenen Bestechungsversuch verdeutlicht wird, sowie seine häufigen Hinweise auf die finanziell schwierige Situation bei Prof. Dr. Dr. W., kann daher auch im Rahmen der stationären Aufenthalte bzw. der ambulanten Behandlungstermine bei Dr. K. nicht ausgeschlossen werden. Unmittelbar nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme in Gegenbach hat der Kläger dann den Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente gestellt, nachdem er dies zuvor in den 4 Jahren seit dem Unfallereignis nicht gemacht hatte.

Der Senat folgt daher nicht dem Gutachten von Prof. Dr. S. und sieht das Vorliegen einer PTBS nicht als im Vollbeweis nachgewiesen an.

Soweit der Kläger an einer rezidivierenden depressiven Störung leidet, ist das Unfallereignis hierfür nicht wesentliche Bedingung. Dies ergibt sich aus dem fehlenden ursächlichen Zusammenhang und bei Unterstellung desselben aus der überragenden Bedeutung unfallunabhängiger Faktoren für die psychische Symptomatik des Klägers.

Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht, dass Dr. K. zeitnah nach dem Unfallereignis bereits die depressive Symptomatik von den Unfallfolgen abgegrenzt hat - selbst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Folgen der Belastungsreaktion noch nicht vollständig abgeklungen waren - und eine organische Ursache bzw. möglicherweise vorbestehende rezidivierende depressive Episoden vermutet hat. So hat er in seinem Arztbrief vom 20.12.2004 Hinweise auf ein metabolisch bedingtes hirnorganisches Psychosyndrom bei internistischem Risikoprofil beschrieben und als Diagnose die ICD-10 F07.09 (nicht näher bezeichnete organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns, inkl. organisches Psychosyndrom) aufgeführt. In seinem Arztbrief vom 19.06.2006 gab er dann eine ausschließlich prämorbid und auch postakzidentell vorhandene chronifizierte mittelgradig ausgeprägte depressive Störung an. In seinem Arztbrief vom 19.11.2007 hat er dargelegt, dass beim Kläger aus Anlass des schweren Arbeitsunfalles eine schwere psychische Dekompensation im Sinne einer PTBS bei möglicherweise vorbestehenden rezidivierenden depressiven Episoden aufgetreten ist. Im Vordergrund stand, wie aus Sicht des Dr. K. in der Rückschau deutlich geworden ist, eine seit vielen Jahren rezidivierende depressive Störung. Aus diesen Angaben von Dr. K., der als behandelnder Arzt einen Überblick über den Verlauf der depressiven Störung hat, folgt, dass es sich um eine depressive Störung, die einen fluktuierenden Verlauf mit Phasen der Besserung und Verschlimmerung hat, handelt. Daher hat er in seinem Arztbrief vom 19.11.2007 auch angegeben, dass, da die depressiven Episoden rezidivieren, eine Phasenprophylaxe zu diskutieren sei. Das Auftreten phasisch verlaufender rezidivierender depressiver Störungen ist jedoch als Folge eines Unfallereignisses - zwar nicht völlig auszuschließen, jedoch zumindest sehr ungewöhnlich, wenn keine Retraumatisierungen nachweisbar sind. Dasselbe gilt für eine Progredienz, worauf Prof. Dr. Dr. W. und Dr. S. zu Recht hingewiesen haben. Eine rezidivierende depressive Störung wird im Regelfall nicht durch ein mehrere Jahre zurückliegendes einzelnes Ereignis verursacht (so auch Urteil des Senats vom 21.11.2013 - L 6 U 3079/12). Daher führt Prof. Dr. Dr. W. überzeugend in seinem Gutachten aus, dass es zwar möglich ist, dass die rezidivierende und offensichtlich progrediente depressive Symptomatik in Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht, jedoch mehr gegen als für diese Annahme spricht, so dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Kausalität gegeben ist. Hinzu kommt, dass nach der Stentoperation im Oktober 2008 von der H.-B. postinterventionell sogar noch das Auftreten einer akuten Psychose angegeben worden ist. Das Auftreten psychotischer Symptome ohne Bezug zum Unfallereignis spricht zusätzlich gegen die Ursächlichkeit des Unfalls für das Auftreten der depressiven Störung.

Doch selbst wenn das Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung mitursächlich auf den Arbeitsunfall zurückgeführt würde, so wäre der Unfall jedenfalls nicht die wesentliche Ursache hierfür. Vielmehr liegen zur Überzeugung des Senats nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehende Faktoren vor, die von überragender Bedeutung für die Ausbildung der Störung sind.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger mindestens seit dem Jahr 2003 massiv unter einem Schlafapnoe-Syndrom mit Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit und Syndrom der Restless legs leidet. Dies in einer Ausprägung, dass Dr. K. 2004 vermutet hat, dass der Kläger aufgrund eingeschränkter Vigilanz den Arbeitsunfall verursacht hat, was die Unterlagen der Staatsanwaltschaft jedoch nicht bestätigen. Der Kläger hatte bereits vor dem Unfall unter CPAP-Behandlung gestanden, die nur mäßig erfolgreich war. Weiter lag bei dem Kläger bereits ein erhöhtes arteriosklerotisches Risiko und eine Polyneuropathie vor. Insbesondere der durchgehenden ausgeprägten Müdigkeit aufgrund der Schlafstörungen und der damit einhergehenden schnellen Erschöpfbarkeit und der Einschränkung der Leistungsfähigkeit käme im Zusammenwirken mit der sensiblen, zu hypochondrischer Inspektion neigenden Persönlichkeit des Klägers, bei familiärer Disposition für depressive Störungen, selbst bei Annahme einer Teilursächlichkeit des Arbeitsunfalls, die überragende Bedeutung für die Entwicklung der depressiven Störung zu. Dies wird gestützt durch die Entwicklung der Symptomatik, ihren phasenweisen Verlauf und ihre Progredienz bei Hinzutreten weiterer körperlicher Einschränkungen bzw. Erkrankungen. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger bei Prof. Dr. S. noch angegeben hat, dass auch seine Mutter immer wieder an Depressionen gelitten habe und auch ein Bruder an Depressionen leide. Somit ist eine familiäre Disposition gegeben. Auch Prof. Dr. S. hat angegeben, dass man kaum bezweifeln kann, dass der Kläger eine gewisse Disposition gehabt haben muss. Ferner hat Dr. K. ausgeführt, dass der Kläger stets übervorsichtig wirkt, zu hypochondrischer Inspektion neigt und äußerst sensibel ist.

Hinzu kommt, dass der Kläger insbesondere bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. mehrfach auf die problematische finanzielle Situation bei Schulden durch den erst 2003 durchgeführten Hauskauf und finanzieller Sorgen in den Jahren nach dem Unfall, insbesondere aufgrund der damals im Studium befindlichen Kinder, hingewiesen hat. Unter Würdigung des im Verfahren bei den Begutachtungen jeweils aufgetretenen aggravierenden Verhaltens sowie dem dokumentierten Bestechungsversuch seitens der Ehefrau ist ein ausgeprägtes Versorgungsbegehren des Klägers aufgrund der schwierigen finanziellen Situation dokumentiert. Wunschbedingte Vorstellungen nach einem Unfall und insbesondere nach einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auf eine Verletztenrente vermögen einen wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen allerdings nicht zu begründen, sie sind vielmehr sogar als konkurrierende Ursachen zu würdigen und können der Bejahung eines wesentlichen Ursachenzusammenhangs zwischen der versicherten Ursache, dem Unfallereignis und den psychischen Gesundheitsstörungen sogar entgegen stehen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R a.a.O.).

Damit sind durchgehend ab dem 01.11.2004 keine Erkrankungen mit unfallabhängigen Funktionseinschränkungen, die eine MdE von mindestens 20 v. H. rechtfertigen, nachgewiesen. Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Zu weiteren Ermittlungen, insbesondere zur Einholung eines Obergutachtens, wie von Klägerseite vorgeschlagen, hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, da die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen den medizinischen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt haben.

Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben, das angegriffene Urteil des SG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Grund des § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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