Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AL 156/03 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 B 75/03 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 02. Oktober 2003 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 15. September 2003 vorläufig Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften bis zum 31. März 2004, längstens jedoch bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens in der Hauptsache zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zur Hälfte.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 30.10.2003), ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung der Bedürftigkeit des Antragsstellers gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO 2002 vom 13.12.2001, Bundesgesetzblatt I S. 3734 in der Fassung durch Artikel 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, Bundesgesetzblatt I S. 4607) mit Rücksicht auf die Frage der Verwertbarkeit des im Alleineigentum der Ehefrau des Antragsstellers stehenden Hausgrundstücks eine zeitliche Dimension aufwirft und durchaus ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe begründet sein kann. Dabei geht der Senat auf Grund der Darlegung des Antragstellers, die letztlich auch von der Antragsgegnerin nicht bezweifelt wird, davon aus, dass hier eine Verwertung lediglich in Form der Veräußerung in Betracht kommt, weil eine weitere Belastung durch Darlehen derzeit ausgeschlossen ist. Angesichts der Lage des Hausgrundstücks im ehemaligen Zonenrandgebiet teilt der Senat ebenso wie die Antragsgegnerin auch die Bedenken, ob überhaupt eine Veräußerung mit der Folge eines im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung relevanten Veräußerungsgewinns hier realistisch ist. Ausnahmsweise mit Rücksicht darauf kommt daher auch nach Auffassung des Senats vorerst eine Verweisung auf die vorrangig in Betracht zu ziehende Sozialhilfe nicht in Betracht, so dass grundsätzlich ein Anordnungsanspruch in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht gegeben ist.
Andererseits berücksichtigt die Entscheidung des Sozialgerichts nach Auffassung des Senats nicht hinreichend, dass es sich in diesem Verfahren um eine vorläufige Entscheidung handelt, die in aller Regel die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf. Die Ausnahmegründe, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Weder ist Rechtsschutz für den Antragsteller ansonsten nicht erreichbar noch ist eine andere als die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung für den Antragsteller unzumutbar. Hierfür sind folgende Gründe ausschlaggend:
Es ist zunächst kein Grund dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden ist, dem Antragsteller Arbeitslosenhilfe bereits ab 15.04.2003 zu zahlen. Das Gesuch auf einstweiligen Rechtsschutz ist erstmals am 15.09.2003 beim Sozialgericht angebracht worden. Da mit der beantragten Arbeitslosenhilfe in erster Linie eine Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers und seiner Familie jetzt und in der Zukunft erreicht werden soll, bedürfte es besonderer Gründe, um eine rückwirkende Bewilligung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auszusprechen. Derartige Gründe hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere reicht es nicht aus, dass, wie erst mit Schreiben vom 17.11.2003 geltend gemacht, mit der rückwirkenden Zahlung der Arbeitslosenhilfe vorerst das Anwachsen der Schulden verhindert werden soll. Dies begründet eine rückwirkende vorläufige Entscheidung nicht, weil sich die Situation des Antragstellers für den Fall, dass er im Hauptsacheverfahren nicht obsiegt, noch ungünstiger darstellen wird: Der Antragsteller dürfte dann sogar noch verpflichtet sein, die vorläufig gezahlte Arbeitlosenhilfe zurückzuzahlen, was letztlich eine noch größere Schuldenlast zur Folge hätte.
Die Antragsgegnerin darf auch nicht verpflichtet werden, ohne eine zeitliche Grenze vorläufig Arbeitslosenhilfe zu zahlen. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 17.11.2003 im Beschwerdeverfahren hat beim Senat Zweifel geweckt, ob der Antragsteller überhaupt ernsthaft an einer Verbesserung seiner finanziellen Situation durch den Verkauf des Hausgrundstücks interessiert ist, bzw. nachhaltig um eine Verbesserung dieser Situation bemüht ist. Da der Antragsteller offenbar bislang noch nicht einen Versuch unternommen hat, das Hausgrundstück zu verkaufen, er sogar diesbezüglich zumindest unter Berücksichtigung seines Vorbringens noch nichts in die Wege geleitet hat, um eine etwaige Verkaufsmöglichkeit zu erkunden, hätte er es bei einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zur unbegrenzten Zahlung von Arbeitslosenhilfe in der Hand, allein durch eine Verzögerung des Verfahrens hier die Dauer seines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe zu bestimmen. Sollte nämlich entgegen den noch nicht einmal glaubhaft gemachten Darlegungen des Antragstellers eine Veräußerung durchaus mit einem unter Berücksichtigung der Arbeitslosenhilfeverordnung relevanten Veräußerungsgewinn möglich sein, ist es nicht gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin Arbeitslosenhilfe zahlt. Sollte hingegen die Veräußerung unwirtschaftlich sein, was immerhin auch unter Berücksichtigung der Darstellung der Antragsgegnerin nicht ausgeschlossen werden kann, besteht ein Anspruch des Antragstellers auf Arbeitslosenhilfe, den die Beklagte offenbar zu erfüllen bereit ist. Mit Rücksicht auf diese Konstellation hat der Senat die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe vorläufig bis zum 31. März 2004 befristet.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird sich klären lassen, ob ein Verkauf des Hausgrundstückes überhaupt wirtschaftlich ist. Das Sozialgericht wird bis dahin auch klären können, ob der Antragsteller überhaupt bereit ist, das Hausgrundstück zu veräußern. Denn wenn er sich trotz eines möglichen Veräußerungsgewinns aus den im Schriftsatz vom 17.11.2003 dargelegten Gründen (Alleineigentum der Ehefrau, eigenes Dach im Alter) nicht zu einem Verkauf entschließen kann, dürfte ein zukünftiger Anspruch auf Arbeitslosenhilfe an der Voraussetzung der Bedürftigkeit unter dem Gesichtspunkt eines verwertbaren Vermögensbestandes in Frage stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 30.10.2003), ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung der Bedürftigkeit des Antragsstellers gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Nr. 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO 2002 vom 13.12.2001, Bundesgesetzblatt I S. 3734 in der Fassung durch Artikel 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, Bundesgesetzblatt I S. 4607) mit Rücksicht auf die Frage der Verwertbarkeit des im Alleineigentum der Ehefrau des Antragsstellers stehenden Hausgrundstücks eine zeitliche Dimension aufwirft und durchaus ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe begründet sein kann. Dabei geht der Senat auf Grund der Darlegung des Antragstellers, die letztlich auch von der Antragsgegnerin nicht bezweifelt wird, davon aus, dass hier eine Verwertung lediglich in Form der Veräußerung in Betracht kommt, weil eine weitere Belastung durch Darlehen derzeit ausgeschlossen ist. Angesichts der Lage des Hausgrundstücks im ehemaligen Zonenrandgebiet teilt der Senat ebenso wie die Antragsgegnerin auch die Bedenken, ob überhaupt eine Veräußerung mit der Folge eines im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung relevanten Veräußerungsgewinns hier realistisch ist. Ausnahmsweise mit Rücksicht darauf kommt daher auch nach Auffassung des Senats vorerst eine Verweisung auf die vorrangig in Betracht zu ziehende Sozialhilfe nicht in Betracht, so dass grundsätzlich ein Anordnungsanspruch in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht gegeben ist.
Andererseits berücksichtigt die Entscheidung des Sozialgerichts nach Auffassung des Senats nicht hinreichend, dass es sich in diesem Verfahren um eine vorläufige Entscheidung handelt, die in aller Regel die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf. Die Ausnahmegründe, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Weder ist Rechtsschutz für den Antragsteller ansonsten nicht erreichbar noch ist eine andere als die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung für den Antragsteller unzumutbar. Hierfür sind folgende Gründe ausschlaggend:
Es ist zunächst kein Grund dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden ist, dem Antragsteller Arbeitslosenhilfe bereits ab 15.04.2003 zu zahlen. Das Gesuch auf einstweiligen Rechtsschutz ist erstmals am 15.09.2003 beim Sozialgericht angebracht worden. Da mit der beantragten Arbeitslosenhilfe in erster Linie eine Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers und seiner Familie jetzt und in der Zukunft erreicht werden soll, bedürfte es besonderer Gründe, um eine rückwirkende Bewilligung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auszusprechen. Derartige Gründe hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere reicht es nicht aus, dass, wie erst mit Schreiben vom 17.11.2003 geltend gemacht, mit der rückwirkenden Zahlung der Arbeitslosenhilfe vorerst das Anwachsen der Schulden verhindert werden soll. Dies begründet eine rückwirkende vorläufige Entscheidung nicht, weil sich die Situation des Antragstellers für den Fall, dass er im Hauptsacheverfahren nicht obsiegt, noch ungünstiger darstellen wird: Der Antragsteller dürfte dann sogar noch verpflichtet sein, die vorläufig gezahlte Arbeitlosenhilfe zurückzuzahlen, was letztlich eine noch größere Schuldenlast zur Folge hätte.
Die Antragsgegnerin darf auch nicht verpflichtet werden, ohne eine zeitliche Grenze vorläufig Arbeitslosenhilfe zu zahlen. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 17.11.2003 im Beschwerdeverfahren hat beim Senat Zweifel geweckt, ob der Antragsteller überhaupt ernsthaft an einer Verbesserung seiner finanziellen Situation durch den Verkauf des Hausgrundstücks interessiert ist, bzw. nachhaltig um eine Verbesserung dieser Situation bemüht ist. Da der Antragsteller offenbar bislang noch nicht einen Versuch unternommen hat, das Hausgrundstück zu verkaufen, er sogar diesbezüglich zumindest unter Berücksichtigung seines Vorbringens noch nichts in die Wege geleitet hat, um eine etwaige Verkaufsmöglichkeit zu erkunden, hätte er es bei einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zur unbegrenzten Zahlung von Arbeitslosenhilfe in der Hand, allein durch eine Verzögerung des Verfahrens hier die Dauer seines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe zu bestimmen. Sollte nämlich entgegen den noch nicht einmal glaubhaft gemachten Darlegungen des Antragstellers eine Veräußerung durchaus mit einem unter Berücksichtigung der Arbeitslosenhilfeverordnung relevanten Veräußerungsgewinn möglich sein, ist es nicht gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin Arbeitslosenhilfe zahlt. Sollte hingegen die Veräußerung unwirtschaftlich sein, was immerhin auch unter Berücksichtigung der Darstellung der Antragsgegnerin nicht ausgeschlossen werden kann, besteht ein Anspruch des Antragstellers auf Arbeitslosenhilfe, den die Beklagte offenbar zu erfüllen bereit ist. Mit Rücksicht auf diese Konstellation hat der Senat die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe vorläufig bis zum 31. März 2004 befristet.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird sich klären lassen, ob ein Verkauf des Hausgrundstückes überhaupt wirtschaftlich ist. Das Sozialgericht wird bis dahin auch klären können, ob der Antragsteller überhaupt bereit ist, das Hausgrundstück zu veräußern. Denn wenn er sich trotz eines möglichen Veräußerungsgewinns aus den im Schriftsatz vom 17.11.2003 dargelegten Gründen (Alleineigentum der Ehefrau, eigenes Dach im Alter) nicht zu einem Verkauf entschließen kann, dürfte ein zukünftiger Anspruch auf Arbeitslosenhilfe an der Voraussetzung der Bedürftigkeit unter dem Gesichtspunkt eines verwertbaren Vermögensbestandes in Frage stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved