L 9 KR 33/97

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 Kr 521/95
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 33/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 1996 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der beklagten Krankenkasse, dem Kläger Krankengeld zu gewähren.

Der 1946 geborene Kläger ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Nach den Feststellungen seiner behandelnden Ärzte und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung -MDK- war er zunächst vom 2. März 1993 bis zum 29. August 1994 u.a. wegen einer Meniskusläsion rechts medial mit Knorpelschäden, erheblicher Adipositas, Psoriasis vulgaris, einem Postcholezystektomie-Syndrom, einem vertebragenen Schmerzsyndrom cervikolumbal bei degenerativen Veränderungen, einer chronischen Blockierung der Halswirbelsäule mit Muskelverspannungen, einer Osteoarthrose, einer Spondylosis bzw. einer Spondylochondrose der Halswirbel- und der Brustwirbelsäule, eines Cervikobrachialsyndroms, einer Cholezystolitiasis sowie einer Gonarthrose arbeitsunfähig erkrankt (vgl. die Bescheinigungen des den Kläger behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 2., 12., 19. und 31. März, 3. Mai, 8. Juni und 14. September 1993 sowie vom 13. Juni 1994 und die Bescheinigungen des MDK vom 15. Juli und 12. Oktober 1993).

Er erhielt während dieses Zeitraumes bis zum 12. April 1993 von der Bundesanstalt für Arbeit Arbeitslosengeld; vom 13. April 1993 bis zum 29. August 1994 gewährte ihm die Beklagte Krankengeld. Sie wies ihn mit Bescheid vom 18. Juli 1994 auf das Ende seines Krankengeldanspruches zum 29. August 1994 hin. Zwischen dem 30. August 1994 und dem 6. März 1995 bezog der Kläger erneut Arbeitslosengeld.

Gestützt auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seines behandelnden Orthopäden (vom 24. Januar, 8. Februar, 13. April, 28. April, 12. Mai, 13. Juni, 27. Juni, 11. Juli, 17. Juli, 26. Juli und 8. August 1995) sowie die der von ihm zusätzlich konsultierten Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr.L (vom 9. Juni, 30. Juni, 18.Juli, 7. August, 11. August und 24. Oktober 1995) beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm im Hinblick auf die bei ihm in den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab 24. Januar 1995 bis zum 8. November 1995 festgestellten Erkrankungen (Lendenwirbelsäulen-Syndrom, Halswirbelsäulen-Syndrom, Cervikobrachialsyndrom, Blockierung C1/C2 und C7/TH 1 und Chondropathie und Arthrose des rechten Kniegelenkes) ab 7. März 1995 erneut Krankengeld zu gewähren.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. März 1995 - bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 1995 - ab. Der Kläger sei ab 2. März 1993 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Anlässlich dieser Arbeitsunfähigkeit sei es bereits zu einer Erschöpfung der Anspruchsdauer nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V- gekommen, so dass die Zahlung des Krankengeldes mit dem 29. August 1994 habe eingestellt werden müssen. Dies sei dem Kläger mit Bescheid vom 18. Juli 1994 auch mitgeteilt worden. Er habe den Bescheid nicht widersprochen, so dass dieser bindend geworden sei. Die in dem Bescheid genannte Blockfrist vom 2. März 1993 bis zum 1. März 1996 sei daher verbindlich geworden. Bei den beim Kläger ab 2. März 1993 und ab 24. Januar 1995 festgestellten, zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen handele es sich um dieselben Krankheiten, d.h. um dieselben medizinisch nicht ausgeheilten Grundleiden. Da beide Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in dem festgestellten Dreijahreszeitraum lägen und es bereits zur Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld gekommen sei, bestehe anlässlich der Arbeitsunfähigkeit ab 24. Januar 1995 kein Anspruch auf Krankengeld mehr.

Das Sozialgericht Berlin hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 15. August 1996 unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides abgewiesen.

Gegen das ihm am 22. Januar 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Februar 1997 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass ihm die Beklagte durch ein Schreiben der Geschäftsstelle Lichtenberg ohne Datum unter der Überschrift „Zahlung von Geldleistungen aus Anlass ihrer Arbeitsunfähigkeit ab 24. Januar 1995" die Zahlung von Krankengeld zugesichert habe. In diesem Schreiben werde an der Absicht der Beklagten, Krankengeld zu zahlen, kein Zweifel gelassen. Der Charakter einer Zusicherung ergebe sich neben der Überschrift auch aus dem Satz: „Sobald wir Ihr Krankengeld berechnet haben, erhalten Sie von uns den Auszahlungsschein für Krankengeld". Der Kläger habe zwei Auszahlungsscheine für Krankengeld von der Beklagten erhalten. Außerdem habe die Beklagte durch ein Schreiben vom 6. Juni 1996 zu erkennen gegeben, dass auch für sie die Festsetzung der Blockfrist vom 2. März 1993 bis zum 1. März 1996 nicht bindend geworden sei. Schließlich habe Frau Dr. L beim Kläger ab dem 29. Mai 1995 Arbeitsunfähigkeit wegen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung festgestellt. Diese neue Krankheit begründe einen neuen Anspruch auf Krankengeld vom 7. März 1995 bis zum 1. März 1996, da die Beschränkung des § 48 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB V auf 78 Wochen nur für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit gelte. Die Krankheit, die zur Ausschöpfung des Anspruchs geführt habe, sei aber ein Rückenleiden gewesen. Dem Anspruch stehe auch nicht § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V entgegen, da dieser nur den Fall betreffe, dass während des Leistungsbezuges eine weitere Krankheit hinzutrete. Der Kläger habe aber zu dem Zeitpunkt, als eine neue Krankheit eingetreten sei, keine Leistungen bezogen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 7. März 1995 bis zum 1. März 1996 Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und beruft sich zur Begründung ihres Abweisungsantrages auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides. Aus dem dem Kläger übersandten Formschreiben ergebe sich kein Anspruch auf weiteres Krankengeld. Mit diesem Schreiben habe dem Kläger lediglich die Absicht angezeigt werden sollen, einen Anspruch auf Krankengeld dem Grund und der Höhe nach zu prüfen. Deshalb lasse sich aus diesem Schreiben kein verbindlicher Anspruch auf Krankengeld ableiten. Während des Dreijahreszeitraumes vom 2. März 1993 bis zum 1. März 1996 sei der Krankengeldanspruch des Klägers erschöpft, weil die bei ihm am 29. Mai 1995 festgestellte Herz-Kreislauf-Erkrankung lediglich eine zu den fortbestehenden orthopädischen Leiden hinzugetretene Erkrankung darstelle. Auf sie könne deshalb ein weiterer Krankengeldanspruch nicht gestützt werden. Im Übrigen lägen nur bis zum 8. November 1995 bzw. erst ab 13. Februar 1996 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten und zur Gerichtsakte gelangten Schriftsätze sowie die den Krankengeldanspruch des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Der Senat hat darüber hinaus die Akten des Rechtsstreites S 23 J 679/96 vom Sozialgericht Berlin beigezogen, in dem der Kläger sein Begehren auf die Gewährung einer Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente verfolgt. Die vom Sozialgericht Berlin in diesem Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten und Befundberichte sind vom Senat auch zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht worden; dies gilt insbesondere für die Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers, Dr. W vom 6. September 1996 und Dr. L vom 27. Juli 1996.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die das Begehren des Klägers ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung weiteren Krankengeldes über den 7. März 1995 hinaus.

1. Der Kläger kann einen Anspruch auf das begehrte Krankengeld nicht aus dem ihm aus Anlass seiner Arbeitsunfähigkeit ab 24. Januar 1995 ohne Angabe eines Datums übersandten Schreiben der Geschäftsstelle Lichtenberg der Beklagten herleiten. Denn dieses Schreiben enthält entgegen seiner Auffassung weder einen Verwaltungsakt, mit dem ihm das Bestehen eines Krankengeldanspruches mitgeteilt wurde, noch eine entsprechende Zusage. Nach §§ 31 Satz 1, 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch -SGB X- ist u.a. Voraussetzung für einen Verwaltungsakt bzw. eine Zusicherung, dass sie zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ergehen. Entscheidendes Merkmal der „Regelung" ist, ob die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt oder zugesagt hat, d.h. ob durch sie Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden oder eine solche Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte mit Außenwirkung zugesichert wird (vgl. BVerwGE 55, 280, 285; 69, 374, 377; 77, 268, 271 sowie BSG SozR 3-2200 § 306 RVO Nr. 2 mit weiteren Nachweisen). Ebenso wie das sogenannte „Begrüßungsschreiben" der Krankenkassen bei Beginn eines Versicherungsverhältnisses - dessen Regelungscharakter das Bundessozialgericht in der oben angegebenen Entscheidung verneint hat - enthält auch das vorliegende Formschreiben zur Gewährung von Krankengeld weder eine eigenständige Regelung noch eine entsprechende Zusage. Vielmehr soll dieses Schreiben, das außer der Überschrift keinen Raum für ein Eingehen auf den konkreten Einzelfall zulässt, die Versicherten der Beklagten zum einen über ihre Ansprüche bei Arbeitsunfähigkeit informieren und zum anderen auf ihre Mitwirkungspflicht bei der Feststellung eines möglichen Krankengeldanspruches und die einzelnen dafür erforderlichen Mitwirkungshandlungen hinweisen, um ein Krankengeld gegebenenfalls schnell auszahlen zu können. In einem Massenverwaltungsverfahren wie es das der Gewährung von Krankengeld darstellt, enthalten undatierte, keinen Bezug zum konkreten Einzelfall aufweisende Formschreiben einer Krankenkasse grundsätzlich keine Regelungen eines konkreten Einzelfalles oder eine entsprechende Zusicherung. Dies wird bei dem vorliegenden Formschreiben auch für die Adressaten erkennbar, weil das Schreiben durch die Formulierung von Fragen und Antworten auf verschiedene Fallgestaltungen zugeschnitten ist und damit offensichtlich keinen Bezug zu einem einzelnen Leistungsfall aufweist, sondern möglichst viele typischerweise vorkommende Fälle erfassen soll.

2. Dem Kläger steht auch kein gesetzlicher Anspruch auf Krankengeld zu. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Nach § 46 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

a) Danach scheitert ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld vom 9. November 1995 bis zum 12. Februar 1996 bereits daran, dass es für diesen Zeitraum an der ärztlichen Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit bei ihm fehlt. Die ihn behandelnden Ärzte Dr. W und Dr. L haben bei ihm für den streitigen Zeitraum ab 7. März 1995 Arbeitsunfähigkeit lediglich bis einschließlich 8. November 1995 festgestellt. Darüber hinaus liegen der Beklagten weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab 13. Februar 1996 vor. Für den zwischen dem 9. November 1995 und dem 12. Februar 1996 liegenden Zeitraum fehlen ärztliche Feststellungen über die Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Hierauf hat ihn bereits der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin hingewiesen. Diesen Hinweis hat der Senat im Berufungsverfahren wiederholt. Der Kläger hat jedoch zu keinem Zeitpunkt auch nur substantiiert behauptet, dass für diesen Zeitraum ärztliche Feststellungen einer Arbeitsunfähigkeit für ihn vorliegen und er diese der Beklagten übersandt hat.

b) Dem Kläger steht ein Krankengeldanspruch auch für die Zeiträume vom 7. März 1995 bis zum 8. November 1995 und vom 13. Februar bis zum 1.März 1996 nicht zu.

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Danach hatte der Kläger in dem mit dem 2. März 1993 - dem Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit - beginnenden Dreijahreszeitraum bis zum 1.März 1996 einen Anspruch auf Krankengeld für 78 Wochen wegen der bei ihm im Widerspruchsbescheid fehlerfrei dargestellten orthopädischen Erkrankungen der Wirbelsäule, des Oberarms und der Knie sowie wegen des erheblichen Übergewichts, der Schuppenflechte und der Entfernung der Gallenblase. Diesen Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung von Krankengeld vom 13.April 1993 bis zum 29. August 1994 erfüllt; denn die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld vom 2. März bis zum 12. April 1993 wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V wie eine Zeit der Krankengeldgewährung berücksichtigt. Auf die Frage, ob der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 1994 den Dreijahres- und den 78-Wochenzeitraum für die Beteiligten bindend festgestellt hat, kommt es nicht an, weil die Feststellungen dieser Zeiten in dem angefochtenen Bescheid vom 24. März 1995 wiederholt und richtig errechnet worden sind.

Die Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankungen hat auch im streitigen Zeitraum ab 7. März 1995 an fortgedauert. Der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. W hat seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 24. Januar 1995 an auf das Bestehen eines Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndroms, ein Cervikobrachialsyndrom und die Chondropathie und Arthrose des rechten Kniegelenkes gestützt. In seinem im Rentenrechtsstreit abgegebenen Befundbericht vom 6. September 1996 hat er darüber hinaus mitgeteilt, dass diese Erkrankungen beginnend mit dem 2. März 1993 bis zum September 1996 bestanden und den Kläger während des gesamten Zeitraums arbeitsunfähig gemacht hätten. Insbesondere die Beschwerden im Kniegelenk, in der Halswirbel- und der Lendenwirbelsäule sowie in beiden Armen seien seit dem Beginn der Erkrankung stärker geworden. Diese Angaben decken sich mit den Feststellungen des vom Sozialgericht eingeholten orthopädischen Fachgutachtens des Leitenden Arztes der Orthopädischen Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses Berlin Dr. Frank Rauhut vom 5. April 1997 und werden auch durch den Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Iris L vom 28. Juli 1996 bestätigt. Diese den Kläger seit April 1995 behandelnde Ärztin hat in ihrem Befundbericht darauf hingewiesen, dass der Kläger seit Behandlungsbeginn am 25. April 1995 neben der bei ihm festgestellten Herz-Kreislauf-Erkrankung insbesondere auch wegen der oben genannten orthopädischen Leiden arbeitsunfähig gewesen sei. Auch die im Dezember 1995 durchgeführte Kur sei bezüglich der orthopädischen Beschwerden erfolglos gewesen, der Gesundheitszustand des Klägers wegen dieser Beschwerden sei unverändert schlecht. Auch die von ihr festgestellte erhebliche Leistungsinsuffizienz stützt sie in ihrem Befundbericht u.a. auf die Erkrankung der Wirbelsäule.

Diese übereinstimmenden ärztlichen Feststellungen belegen damit zur Überzeugung des Senats, dass die beim Kläger in dem Zeitraum vom 2. März 1993 bis zum 29. August 1994 aufgetretenen Erkrankungen auch in dem streitigen Zeitraum ab 7. März 1995 fortbestanden und schon für sich genommen seine Arbeitsunfähigkeit begründeten. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Leistungsdauer nicht verlängert. Deshalb vermag die beim Kläger von Dr. L diagnostizierte Herz-Kreislauf-Krankheit auch einen neuen Anspruch auf Krankengeld nicht zu begründen. Denn nach den ärztlichen Feststellungen handelt es sich dabei um eine hinzugetretene weitere Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Als hinzugetreten gilt eine Krankheit, die während der Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Krankheit eingetreten ist und für sich allein ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde oder in unmittelbarem Anschluss an die Arbeitsunfähigkeit wegen der zuerst eingetretenen Krankheit für sich allein Arbeitsunfähigkeit verursacht. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Feststellung der weiteren Krankheit kein Krankengeld mehr von der Beklagten bezog. Denn das Gesetz stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut für die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht auf die Leistung von Krankengeld, sondern auf das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ab. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift bilden die zuerst eingetretene und Arbeitsunfähigkeit verursachende sowie die hinzugetretene Krankheit innerhalb des Dreijahreszeitraumes eine Einheit. Innerhalb dieses Zeitraumes besteht deshalb für die zuerst eingetretene und die hinzugetretene Krankheit zusammen für längsten 78 Wochen Anspruch auf Krankengeld. Deshalb ist es unerheblich, ob die weitere, Arbeitsunfähigkeit begründende Krankheit während des Leistungsbezuges oder erst nach Erfüllung des Krankengeldanspruches nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V eintritt, solange die Arbeitsunfähigkeit wegen der ursprünglichen Krankheit fortbesteht.

Die Berufung musste deshalb in vollem Umfange erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz -SGG-.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorlagen.
Rechtskraft
Aus
Saved