S 23 AS 3357/13

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
23
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 23 AS 3357/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Übernahme von Schülerbeförderungskosten gemäß § 28 Abs. 4 SGB II ist bei Bezug von BAföG-Leistungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ausgeschlossen.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten vorliegend über einen Anspruch des Klägers auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten im Zeitraum von Mai bis Juli 2013.

Der am 22.01.1993 geborene Kläger stand im streitgegenständlichen Zeitraum beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er bildete zusammen mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Bruder eine Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 11.04.2013 gewährte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für den Zeitraum Mai bis Oktober 2013 i. H. v. monatlich 911,92 Euro, wobei auf den Kläger 12,26 Euro für den Regelbedarf und 104,88 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung entfielen. Bei der Berechnung berücksichtigte der Beklagte u. a. Einkommen des Klägers i. H. v. 184,- Euro aus Kindergeld und i. H. v. 123,- Euro aus sonstigem Einkommen.

Der Kläger befand sich seit August 2010 in einer schulischen Ausbildung zum Staatlich geprüften Diätassistenten an der in der ... Hierfür bezog er vom L. A. L. – A. für A. – Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) i. H. v. monatlich 216,- Euro. Mit Bescheid vom 28.03.2013 bewilligte das L. dem Kläger auch für den Zeitraum August 2012 bis Juli 2013 BAföG i. H. v. 216,- Euro monatlich.

Von diesem Betrag setzte der Beklagte in seinen Leistungsberechnungen jeweils 93,- Euro für ausbildungsbedingten Bedarf ab und berücksichtigte die verbleibenden 123,- Euro als sonstiges Einkommen des Klägers.

Am 27.04.2011 beantragte der Kläger erstmals beim damals zuständigen Träger, dem L. A. L. ( ), die Erstattung der für die Fahrt mit dem Bus vom Wohnort zur Ausbildungsstätte anfallenden Schülerbeförderungskosten. Zunächst fielen für das Azubi-Abo monatlich 46,90 Euro an, ab 2012 beliefen sich die monatlichen Fahrtkosten auf 48,30 Euro. Das. forderte den BAföG-Bescheid vom Kläger an und bewilligte ihm sodann beginnend ab 01.01.2011 die tatsächlich für das Busticket anfallenden Kosten. Auf spätere Anträge des Klägers erstattete auch der Beklagte die tatsächlich anfallenden Fahrtkosten, für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013 jedoch unter Abzug von 12,- Euro als Eigenanteil, den der Kläger aus dem Anteil für Mobilität aus dem Regelbedarf aufzubringen habe.

Am 22.01.2013 stellte der Kläger erneut Antrag auf Übernahme der Kosten seiner Monatskarte beim Beklagten. Diese werde für die tägliche Fahrt zur Euro-Schule in Altenburg benötigt.

Mit Bescheid vom 19.04.2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten ab. Der Kläger beziehe Leistungen nach dem BAföG. Diese Leistung werde in der Arbeitslosengeld II (ALG II)-Berechnung als Einkommen berücksichtigt, jedoch nicht der zweckentsprechende Anteil, welcher für Fahrtkosten und andere ausbildungsbedingte Aufwendungen bestimmt sei. Unabhängig von der individuell zustehenden BAföG-Förderleistung sei immer ein Betrag von 20 % des für die jeweilige Art der Ausbildung maßgebenden bedarfsdeckenden Förderungssatzes nach dem BAföG als zweckbestimmte Einnahme gemäß § 11a Abs. 3 SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Auch im Fall des Klägers würden 93,- Euro aus dem Bafög nicht als Einkommen angerechnet. Die tatsächlichen Fahrtkosten für den Besuch der Berufsschule betrügen monatlich 48,30 Euro. Diese seien daher durch den Absetzungsbetrag von 93,- Euro abgedeckt.

Gegen den am 23.04.2013 zugegangenen Bescheid legte der Kläger am 23.05.2013 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2013 (W 928/13) wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger absolviere eine schulische Ausbildung und beziehe Leistungen nach dem BAföG, er gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 28 Abs. 1 SGB II. Die tatsächlichen Fahrtkosten von 48,30 Euro seien aus dem Teil des BAföGs zu tragen, welcher nicht als Einkommen auf die Leistungen nach SGB II angerechnet werde. Die in der Vergangenheit bewilligten Fahrtkosten für Schülerbeförderung würden aufgrund Vertrauensschutzes nicht zurückgefordert. Der Widerspruchsbescheid ist dem Klägerbevollmächtigten am 26.08.2013 zugegangen.

Am 26.09.2013 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die täglichen Fahrten zur Ausbildungsstätte zusteht. Insbesondere beziehe er keine eigentliche Ausbildungsvergütung, sondern BAföG. Er habe die Ausbildung im Juli 2013 beendet. Im Termin zur mündlichen Verhandlung machte der Kläger zudem geltend, dass er für die Ausbildung erhebliche Aufwendungen aufzubringen gehabt habe, die den Absetzbetrag von 93,- Euro bei Weitem überschritten hätten. Insbesondere habe er auch Schulgeld zu zahlen gehabt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 19.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2013 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum 01.05.2013 bis 31.07.2013 Fahrtkosten für die Fahrten vom Wohnort zur Ausbildungsstätte als Leistungen für Bildung- und Teilhabe in gesetzlicher Höhe als monatliche Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte sowie der Akte für Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) des Beklagten Bezug genommen, die der Kammer bei Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid vom 19.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der ihm für die Monatskarte des Nahverkehrs für die täglichen Fahrten mit dem Bus zur Schule angefallenen Kosten.

Gemäß § 28 Abs. 1 SGB II werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler). Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden gemäß § 28 Abs. 4 SGB II die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Zwar gehörte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum zum anspruchsberechtigten Personenkreis und war er auch auf die Schülerbeförderung angewiesen. Zur Überzeugung der Kammer ist jedoch davon auszugehen, dass die dafür erforderlichen Aufwendungen bereits in den BAföG-Leistungen enthalten waren und daher "von Dritten übernommen" wurden.

1.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II erwerbsfähige Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann. Der Kläger erfüllte unstreitig die Voraussetzungen der § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 1 SGB II, war insbesondere hilfebedürftig, da er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern konnte. Er war nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft seiner leistungsberechtigten Mutter und Geschwister. Der Anspruch des Klägers auf Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhaltes war auch nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II von vornherein ausgeschlossen. Zwar war seine Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderfähig, jedoch bemaß sich sein Bedarf nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, so dass gemäß § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II der Leistungsausschluss nach Abs. 5 keine Anwendung fand. Der Kläger erhielt Ausbildungsförderung i. H. v. 216,- Euro monatlich. Dies stellt den Bedarf nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG dar, welcher für Schüler von Berufsfachschulen und Fachschulklassen gilt, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, wenn diese Schüler noch bei ihren Eltern wohnen.

Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum ein Schüler im Sinne des § 28 SGB II. Er war 20 Jahre alt und besuchte mit der. eine Berufsfachschule, also eine berufsbildende Schule im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 2 SGB II. Hierfür erhielt er keine Ausbildungsvergütung. Die Leistungen nach dem BAföG stellen keine Ausbildungsvergütung dar, da hiervon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur eine Vergütung für die vom Schüler im Ausbildungsverhältnis geleisteten Tätigkeiten erfasst ist (vgl. Leupold in Juris-PK, SGB II, § 28 Rn. 44). Der Ausschlusstatbestand des Bezugs von Ausbildungsvergütung rechtfertigt sich daraus, dass dieser Personenkreis Aufwendungen für die Ausbildung vom Einkommen absetzen (§ 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II) und zudem Erwerbstätigenfreibeträge (§ 11b Abs. 4 SGB II) für sich nutzen kann. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung schulspezifischer Bedarfe ist nicht notwendig (vgl. Leupold, a. a. O.; BT-Drs. 17/3404, S. 104). Solche Absetzungen nach § 11b SGB II sind beim Bezug von Ausbildungsförderung nach dem BAföG jedenfalls nicht möglich (siehe dazu auch unten Ziff. 3), so dass der Kläger zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehörte.

Der Kläger war auch auf die Schülerbeförderung angewiesen. Die Entfernung von seinem Wohnort zur Berufsfachschule beträgt 19 km. Dieser tägliche Weg ist nicht zumutbar zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Ein KFZ besaß der Kläger nicht. Die erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen betrugen mit der Monatskarte für den Bus-Nahverkehr 48,30 Euro monatlich.

2.

Bedarfe für Schülerbeförderung können jedoch nur dann anerkannt werden, wenn und soweit die Beförderungskosten nicht durch Dritte übernommen werden. Eine Kostenübernahme scheidet z. B. in dem Umfang aus, in welchem landesrechtlich eine (vollständige oder teilweise) Kostenübernahme durch die Träger der Schülerbeförderung vorgesehen ist. Dies war hier nicht der Fall. Dritte in diesem Sinne können aber auch Wohlfahrtsverbände oder sonstige Personen aus dem privaten Umfeld des Betroffenen sein (vgl. BT-Drs. 17/4095, S. 30; Lenze in LPK-SGB II, § 28 Rn. 17), z. B. Verwandte, die – auch in Fahrgemeinschaften – die Beförderung der Kinder und Jugendlichen auf eigene Kosten sicherstellen können (vgl. Leupold in Juris-PK, SGB II, § 28 Rn. 94). Vorliegend ist zur Überzeugung der Kammer davon auszugehen, dass mit den Leistungen für Ausbildungsförderung des Landratsamtes auch die Schülerbeförderungskosten übernommen wurden, so dass eine Übernahme durch den Beklagten letztlich ausscheidet (vgl. auch SG Dresden, Urt. v. 27.09.2013, Az.: S 21 AS 671/12).

Der Beklagte berücksichtigte bei der Leistungsberechnung den in den BAföG-Leistungen enthaltenen Anteil für ausbildungsbedingte Kosten i. H. v. 93,- Euro als zweckbestimmte Einnahme gemäß § 11a Abs. 3 SGB II nicht als Einkommen des Klägers. Die Höhe des Absetzbetrages geht auf die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 17.03.2009 (Az.: B 14 AS 63/07 R) zurück, wonach unabhängig vom individuell gewährten Förderbetrag eine Pauschale von 20 % des durch den BAföG-Gesetzgeber festgesetzten Gesamtbedarfs eines Auszubildenden in der entsprechenden Ausbildungsform abzusetzen ist. Dieser Gesamtbedarf betrug gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG 465,- Euro. Die Pauschalierung muss sich aus Sicht des BSG von dem Betrag ableiten, der nach dem BAföG insgesamt als bedarfsdeckend angesehen wird. Gerade bei der Leistungsbemessung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, der nur einen geringen Gesamtbedarf des Auszubildenden zugrunde legt, könne nicht davon ausgegangen werden, dass noch der überwiegende Teil davon zur Deckung des Lebensunterhaltes verwandt werden muss. Der Gesetzgeber des BAföG gehe im Grundsatz davon aus, dass sich wegen des Zusammenlebens des Auszubildenden mit den Eltern die Kosten des Lebensunterhaltes insbesondere durch Gewährung von Naturalunterhalt erheblich vermindern (vgl. BSG, Urt. v. 17.03.2009, Az.: B 14 AS 63/07 R, RNr. 30).

Mit diesen 93,- Euro sind daher pauschal die Kosten erfasst und von der Anrechnung ausgenommen, die für die Ausbildung selbst anfallen. Der verbleibende Betrag von 123,- Euro dient der Deckung des Lebensunterhaltes während der Ausbildung.

Zwar regelt auch § 1 Abs. 1 Nr. 10 der Arbeitslosengeld II-Verordnung (ALG II-VO) nochmals ausdrücklich, dass Leistungen der Ausbildungsförderung, soweit sie für Fahrtkosten zur Ausbildung oder für Ausbildungsmaterial verwendet werden, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Setzt jedoch wie hier der SGB II-Träger dafür schon pauschal 20 % der Ausbildungsförderungsleistungen ab, ist Nr. 10 nur bei noch darüber hinausgehenden Aufwendungen einschlägig (vgl. Geiger in LPK-SGB II, § 11a Rn. 28). Der Kläger hat hier für Fahrtkosten und Ausbildungsmaterial keinen höheren monatlichen Aufwand als 93,- Euro geltend gemacht.

Gemäß §§ 1 und 11 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Vom Gesetzgeber ist unter anderem für Schüler von Berufsfachschulen, die in besonders einkommensschwachen Familien leben, zwar anerkannt, dass die dem Auszubildenden gewährten Leistungen nach dem BAföG den notwendigen Lebensunterhalt typischerweise nicht ausreichend abdecken. Deshalb kommen nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II in diesen Fällen ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Betracht. Gleichwohl sollen durch die gewährten Leistungen nach §§ 19 ff SGB II die eigentlichen Ausbildungskosten nicht finanziert werden. Das wird schon daraus erkennbar, dass solche Kosten für Bildung und Ausbildung in der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II nicht abgebildet sind (so BSG, Urt. v. 17.03.2009, Az.: B 14 AS 63/07 R, RNr. 26). Die nach dem BAföG vorgesehenen Pauschalen für die Ausbildungsförderung werden ohne Rücksicht darauf gewährt, dass sowohl die Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt, als auch für den ausbildungsbedingten Bedarf je nach Ausbildungsort und Art der Ausbildung unterschiedlich sein können. Insbesondere die Schulkosten und Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte gehören dabei zu den Ausgaben, die von den Pauschalen grundsätzlich abgedeckt sind (vg. BSG, a. a. O., RNr. 29 mit Hinweis auf Rothe/Blanke, BAföG, § 11 Rn. 10).

Wenn nun die Fahrtkosten bereits in der BAföG-Leistung enthalten sind, dann können sie nicht nochmals gegenüber dem Beklagten im Rahmen von SGB II-Leistungen geltend gemacht werden. Dies muss nach Auffassung der Kammer unabhängig davon gelten, ob diese überhaupt bzw. in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Da der BAföG-Gesetzgeber sich hinsichtlich der Ausbildungsförderung für eine Leistung nach Pauschalsätzen entschieden hat, kann es auf die tatsächlichen Umstände beim einzelnen Schüler nicht ankommen. Der Bedarf umfasst die Aufwendungen, die nach der Art der Ausbildung und Unterbringung typischerweise erforderlich sind, und in einer Höhe, wie sie hierfür üblicherweise anfallen (vgl. BAföG-ÄndVwV 2001, GMBl. 2001, 1143). Dies bringt es z. B. auch mit sich, dass derjenige Auszubildende, dem gar keine Fahrtkosten entstehen, weil er etwa zur Ausbildungsstätte laufen kann, den gleichen Förderbetrag erhält, wie derjenige, der auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist. Selbst die Kosten des Nahverkehrs können je nach Ort und Einzugsbereich der Ausbildungsstätte erheblich voneinander abweichen. Andere Auszubildende brauchen ggf. keine Mittel für Bücher oder Materialien aufbringen, da sie diese vielleicht von älteren Geschwistern übernehmen können. Trotzdem erhalten auch sie den entsprechenden Teil des Bedarfssatzes für Lernmittel mit ausgezahlt. Dass der Kläger im vorliegenden Fall für seine Ausbildung an der ... – insbesondere einschließlich des von ihm zu zahlenden Schulgeldes – sehr viel höhere ausbildungsbedingte Kosten hatte, als im Bedarfssatz dafür vorgesehen sind, kann andererseits nicht dazu führen, dass höhere Leistungen als die vorgesehenen Pauschalen für diese Ausbildungskosten ausgekehrt werden. Weder ist im BAföG vorgesehen, die Pauschalen im Einzelfall zu erhöhen, noch darf durch entsprechende Leistungen nach dem SGB II derselbe Effekt erzielt werden. Das grundsätzlich nachrangige System der Grundsicherung dient jedenfalls nicht dazu, das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderfähigen Ausbildung auf der "zweiten Ebene" (weitergehend) zu ermöglichen (vgl. BSG, Urt. v. 30.09.2008, Az.: B 4 AS 28/07). Wie oben bereits dargestellt, sollen jedenfalls durch Leistungen nach dem SGB II Ausbildungskosten nicht finanziert werden (BSG, Urt. v. 17.03.2009, Az.: B 14 AS 63/07 R, RNr. 26).

3.

Der Kläger kann diejenigen Ausbildungskosten, die über die anerkannten 93,- Euro hinausgehen, auch nicht als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben im Sinne des § 11b Abs. 1 S 1 Nr. 5 SGB II vom Einkommen absetzen. Welche Ausgaben im Einzelnen abzusetzen sind, ist nach den Besonderheiten der einzelnen Einkunftsarten zu beurteilen. Es können dabei solche Ausgaben nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II nicht abgesetzt werden, die der Art nach bereits bei der Ermittlung des Einkommens wegen einer besonderen Zweckbestimmung berücksichtigt worden sind (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rn. 117). Wenn sich die Zweckbindung nach objektiven Kriterien bestimmen lassen muss, kann eine weitergehende subjektive Zweckbestimmung bei der Anwendung des § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II keine Beachtung finden (vgl. BSG, Urt. v. 17.03.2009, Az.: B 14 AS 63/07 R, RNr. 34).

Die Klage konnte nach allem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Berufung war zuzulassen. Der Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750,- Euro wird nicht erreicht. Jedoch liegen die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor. Die Frage, ob die Übernahme von Schülerbeförderungskosten bei Bezug von BAföG-Leistungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ausgeschlossen ist, sofern die Beförderungskosten den pauschalen Absetzbetrag nicht übersteigen, ist grundsätzlich klärungsbedürftig und hat über den vorliegenden Einzelfall hinaus Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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