Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 3291/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Allein der Umstand, dass ein Hilfesuchender aufgrund eines Titels verpflichtet ist, seine angemietete Wohnung zu räumen und an den Vermieter herauszugeben, führt, solange er die Wohnung tatsächlich noch nutzt, nicht zu einer Änderung seiner Bedarfssituation. Die hieraus gestützte (Zahlungs-)Einstellung der Hilfeleistungen durch den Sozialhilfeträger ist rechtswidrig.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 06. Oktober 2014 bis zum 31. Oktober 2014 441,05 EUR und für die Monate November und Dezember 2014 monatlich jeweils 525,87 EUR Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Dritten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - zu erbringen. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgewiesen. Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits. Dem Antragsteller wird für die Durchführung des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt A., K., als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
Gründe:
Der am 06.10.2014 beim erkennenden Gericht eingegangene Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist im tenorierten Umfang auch begründet.
1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall von § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind gemäß Satz 2 der genannten Bestimmung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG).
Vorliegend kommt, da es ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Zustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86 b, Rd-Nr. 26 ff.), und des Weiteren auf der Begründetheitsebene die - summarische (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86 b, Rd-Nrn. 16 c und 36; Binder in Hk-SGG, 4. Aufl. 2012, § 86 b Rd-Nr. 41) - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs, ferner die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123, Rd-Nr. 64, 73 ff. und 80 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 123, Rd-Nr. 23 ff.). Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung), wobei mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) und die Ausgestaltung des Eilverfahrens die diesbezüglichen Anforderungen um so niedriger sind, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG, NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f und NVwZ 2005, 927 ff. sowie SuP 2009, 235). Deshalb ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen für den Antragsteller geht, den Gerichten eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich verwehrt; vielmehr müssen die Gerichte unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen. Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, NVwZ 2005, 927, 928; vom 06.02.2007 - 1 BvR 3101/06 - (juris) und BVerfG, SuP 2009, 235 sowie Bay. LSG vom 06.03.2009 - L 17 U 167/08 ER -). Dies gilt indes nicht, wenn die Aufklärung des Sachverhalts an der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers scheitert (vgl. Hess. LSG vom 08.08.2008 - L 7 AS 149/08 b ER -).
2. Orientiert an diesen rechtlichen Bestimmungen sind hier die Voraussetzungen für den Erlass der von dem Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung gegenüber der Antragsgegnerin für die Zeit vom 06.10.2014, dem Zeitpunkt des Antragseingangs beim erkennenden Gericht, bis zum 31.12.2014 gegeben. Insoweit hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
a) Materiell-rechtliche Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers sind die §§ 27 ff. des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII). Nach § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Der für die Gewährung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst nach § 27 a Abs. 1 Satz 1 SGB XII insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Haushalt, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Abs. 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf (§ 27 a Abs. 2 Satz 1). Zur Deckung der Regelbedarfe sind monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27 a Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Soweit die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 und 2 erfüllt sind, können für - wie hier - freiwillig Versicherte u.a. im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 8 des Fünften Buches Krankenversicherungsbeiträge übernommen werden. In diesem Fall werden auch die damit zusammenhängenden Beiträge zur Pflegeversicherung übernommen (§ 32 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB XII). Außerdem besteht gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Erbringung von Leistungen für die Unterkunft grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen.
b) Dass der Antragsteller zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, dem grundsätzlich Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Dritten Kapitels SGB XII zusteht, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Denn die Antragsgegnerin hat ihm entsprechende Leistungen bereits ab dem 01.10.2013 bis zum 31.08.2014 erbracht, zuletzt durch den Bescheid vom 10.07.2014 in Höhe von 525,87 EUR für den Monat August 2014.
c) Beim derzeitigen Sach- und Streitstand ist der Antragsteller nach Aktenlage indes auch weiterhin bedürftig. Denn er dürfte nicht in der Lage sein, seinen monatlichen Bedarf, den die Antragstellerin im Bescheid vom 10.07.2014 mit 1.092,59 EUR (= Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1: 391,00 EUR zzgl. Aufwendungen für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung von zusammen 215,59 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft einschließlich Nebenkosten und Heizung: 486,00 EUR) errechnet hat - diesen Gesamtbedarf hat auch der Antragsteller mit der Antragsschrift weiter geltend gemacht -, aus seinem Einkommen aus der Altersrente von insgesamt 566,72 EUR in voller Höhe zu bestreiten. Allein der Umstand, dass der Antragsteller nach dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts K. vom 01.07.2014 (x C xxx/14) verpflichtet ist, die von ihm aktuell noch bewohnte Wohnung im Anwesen E-Str. xx, K., zu räumen und geräumt an seinen Vermieter herauszugeben, führt, solange der Antragsteller die Wohnung tatsächlich noch nutzt, nicht zu einer Änderung seiner Bedarfssituation. Vor diesem Hintergrund durfte die Antragsgegnerin die gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nicht allein unter Hinweis auf die Räumungsklage und Mietrückstände bereits zum 01.09.2014 vollständig einstellen, wie sie durch Bescheid vom 13.08.2014 verfügt hat. Denn damit ist das soziokulturelle Existenzminimum des Antragstellers seither nicht - mehr - gewährleistet.
d) Die Antragsgegnerin ist daher verpflichtet, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers vorläufig für die Zeit ab Eingang des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. hierzu u.a. LSG Baden-Württemberg vom 22.02.2008 - L 2 SO 233/08 ER-B - und vom 11.08.2010 - L 7 SO 420/10 ER-B - sowie Bay. LSG vom 12.05.2010 - L 11 AS 42/10 B ER - (jeweils Juris)) zunächst bis zum 31.12.2014 in der zuletzt durch Bescheid vom 10.07.2014 festgesetzten Höhe monatlich weiter zu gewähren. Für die Zeit vom 06.10.2014 bis zum 31.10.2014 resultiert hieraus ein Betrag von 441,05 EUR (= 525,87 EUR: 31 x 26) und für die Monate November und Dezember 2014 monatlich jeweils 525,87 EUR.
Die Begrenzung der Leistung bis zum 31.12.2014 hat das Gericht im Hinblick auf die Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 3 SGB XII vorgenommen. Denn der am xx.xx.1949 geborene Antragsteller erreicht mit Ablauf des xx ...xx.2014 die für ihn gültige Altersgrenze von 65 Jahren und xx Monaten, weshalb ihm ab dem 01.01.2015 dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII zustehen könnte. Insoweit liegen indes weder ein Leistungsantrag des Antragstellers noch eine Entscheidung der Antragsgegnerin vor, weshalb auch das erkennende Gericht insoweit keine - auch keine vorläufige - Entscheidung treffen kann.
e) Um die zweckentsprechende Verwendung der dem Antragsteller vorläufig zugesprochenen Leistung sicherzustellen, kann die Antragsgegnerin diese in Höhe der tatsächlich zu zahlenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung unmittelbar an den Vermieter des Antragstellers auskehren (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). Seinen darüber hinausgehenden Lebensunterhalt kann der Antragsteller aus seiner Altersrente und - in den Monaten November und Dezember 2014 - den überschießenden Hilfeleistungen (39,87 EUR monatlich) selbst sicherstellen.
f) Aus dem Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ergibt sich zugleich auch das Vorliegen eines Ordnungsgrundes im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit.
3. Aus eben diesen Gründen war dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
4. Dem Antrag auf Gewährung ratenfreier Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt A. als Prozessbevollmächtigten war stattzugeben. Denn der Antragsteller verfügt allein unter Berücksichtigung seiner Altersrente über keine ausreichenden finanziellen Mitteln, um die Kosten der Prozessführung ganz oder teilweise - auch nicht in Raten - zu begleichen. Er ist damit bedürftig im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Aus den obigen Ausführungen zu 2. ergibt sich zudem, dass die Rechtsverfolgung jedenfalls teilweise Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtsverfolgung ist überdies nicht mutwillig. Schließlich ist auch die Beiordnung von Rechtsanwalt A. als Prozessbevollmächtigter erforderlich (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO), denn der Antragsteller ist rechtlich ungewandt und dem entscheidungserheblichen Streitstoff ohne anwaltliche Unterstützung nicht ausreichend gewachsen.
Gründe:
Der am 06.10.2014 beim erkennenden Gericht eingegangene Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist im tenorierten Umfang auch begründet.
1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall von § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind gemäß Satz 2 der genannten Bestimmung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG).
Vorliegend kommt, da es ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Zustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86 b, Rd-Nr. 26 ff.), und des Weiteren auf der Begründetheitsebene die - summarische (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86 b, Rd-Nrn. 16 c und 36; Binder in Hk-SGG, 4. Aufl. 2012, § 86 b Rd-Nr. 41) - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs, ferner die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123, Rd-Nr. 64, 73 ff. und 80 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 123, Rd-Nr. 23 ff.). Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung), wobei mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) und die Ausgestaltung des Eilverfahrens die diesbezüglichen Anforderungen um so niedriger sind, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG, NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f und NVwZ 2005, 927 ff. sowie SuP 2009, 235). Deshalb ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen für den Antragsteller geht, den Gerichten eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich verwehrt; vielmehr müssen die Gerichte unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen. Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, NVwZ 2005, 927, 928; vom 06.02.2007 - 1 BvR 3101/06 - (juris) und BVerfG, SuP 2009, 235 sowie Bay. LSG vom 06.03.2009 - L 17 U 167/08 ER -). Dies gilt indes nicht, wenn die Aufklärung des Sachverhalts an der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers scheitert (vgl. Hess. LSG vom 08.08.2008 - L 7 AS 149/08 b ER -).
2. Orientiert an diesen rechtlichen Bestimmungen sind hier die Voraussetzungen für den Erlass der von dem Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung gegenüber der Antragsgegnerin für die Zeit vom 06.10.2014, dem Zeitpunkt des Antragseingangs beim erkennenden Gericht, bis zum 31.12.2014 gegeben. Insoweit hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
a) Materiell-rechtliche Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers sind die §§ 27 ff. des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII). Nach § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Der für die Gewährung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst nach § 27 a Abs. 1 Satz 1 SGB XII insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Haushalt, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Abs. 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf (§ 27 a Abs. 2 Satz 1). Zur Deckung der Regelbedarfe sind monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27 a Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Soweit die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 und 2 erfüllt sind, können für - wie hier - freiwillig Versicherte u.a. im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 8 des Fünften Buches Krankenversicherungsbeiträge übernommen werden. In diesem Fall werden auch die damit zusammenhängenden Beiträge zur Pflegeversicherung übernommen (§ 32 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB XII). Außerdem besteht gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Erbringung von Leistungen für die Unterkunft grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen.
b) Dass der Antragsteller zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, dem grundsätzlich Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Dritten Kapitels SGB XII zusteht, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Denn die Antragsgegnerin hat ihm entsprechende Leistungen bereits ab dem 01.10.2013 bis zum 31.08.2014 erbracht, zuletzt durch den Bescheid vom 10.07.2014 in Höhe von 525,87 EUR für den Monat August 2014.
c) Beim derzeitigen Sach- und Streitstand ist der Antragsteller nach Aktenlage indes auch weiterhin bedürftig. Denn er dürfte nicht in der Lage sein, seinen monatlichen Bedarf, den die Antragstellerin im Bescheid vom 10.07.2014 mit 1.092,59 EUR (= Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1: 391,00 EUR zzgl. Aufwendungen für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung von zusammen 215,59 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft einschließlich Nebenkosten und Heizung: 486,00 EUR) errechnet hat - diesen Gesamtbedarf hat auch der Antragsteller mit der Antragsschrift weiter geltend gemacht -, aus seinem Einkommen aus der Altersrente von insgesamt 566,72 EUR in voller Höhe zu bestreiten. Allein der Umstand, dass der Antragsteller nach dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts K. vom 01.07.2014 (x C xxx/14) verpflichtet ist, die von ihm aktuell noch bewohnte Wohnung im Anwesen E-Str. xx, K., zu räumen und geräumt an seinen Vermieter herauszugeben, führt, solange der Antragsteller die Wohnung tatsächlich noch nutzt, nicht zu einer Änderung seiner Bedarfssituation. Vor diesem Hintergrund durfte die Antragsgegnerin die gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nicht allein unter Hinweis auf die Räumungsklage und Mietrückstände bereits zum 01.09.2014 vollständig einstellen, wie sie durch Bescheid vom 13.08.2014 verfügt hat. Denn damit ist das soziokulturelle Existenzminimum des Antragstellers seither nicht - mehr - gewährleistet.
d) Die Antragsgegnerin ist daher verpflichtet, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers vorläufig für die Zeit ab Eingang des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. hierzu u.a. LSG Baden-Württemberg vom 22.02.2008 - L 2 SO 233/08 ER-B - und vom 11.08.2010 - L 7 SO 420/10 ER-B - sowie Bay. LSG vom 12.05.2010 - L 11 AS 42/10 B ER - (jeweils Juris)) zunächst bis zum 31.12.2014 in der zuletzt durch Bescheid vom 10.07.2014 festgesetzten Höhe monatlich weiter zu gewähren. Für die Zeit vom 06.10.2014 bis zum 31.10.2014 resultiert hieraus ein Betrag von 441,05 EUR (= 525,87 EUR: 31 x 26) und für die Monate November und Dezember 2014 monatlich jeweils 525,87 EUR.
Die Begrenzung der Leistung bis zum 31.12.2014 hat das Gericht im Hinblick auf die Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 3 SGB XII vorgenommen. Denn der am xx.xx.1949 geborene Antragsteller erreicht mit Ablauf des xx ...xx.2014 die für ihn gültige Altersgrenze von 65 Jahren und xx Monaten, weshalb ihm ab dem 01.01.2015 dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII zustehen könnte. Insoweit liegen indes weder ein Leistungsantrag des Antragstellers noch eine Entscheidung der Antragsgegnerin vor, weshalb auch das erkennende Gericht insoweit keine - auch keine vorläufige - Entscheidung treffen kann.
e) Um die zweckentsprechende Verwendung der dem Antragsteller vorläufig zugesprochenen Leistung sicherzustellen, kann die Antragsgegnerin diese in Höhe der tatsächlich zu zahlenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung unmittelbar an den Vermieter des Antragstellers auskehren (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). Seinen darüber hinausgehenden Lebensunterhalt kann der Antragsteller aus seiner Altersrente und - in den Monaten November und Dezember 2014 - den überschießenden Hilfeleistungen (39,87 EUR monatlich) selbst sicherstellen.
f) Aus dem Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ergibt sich zugleich auch das Vorliegen eines Ordnungsgrundes im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit.
3. Aus eben diesen Gründen war dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
4. Dem Antrag auf Gewährung ratenfreier Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt A. als Prozessbevollmächtigten war stattzugeben. Denn der Antragsteller verfügt allein unter Berücksichtigung seiner Altersrente über keine ausreichenden finanziellen Mitteln, um die Kosten der Prozessführung ganz oder teilweise - auch nicht in Raten - zu begleichen. Er ist damit bedürftig im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Aus den obigen Ausführungen zu 2. ergibt sich zudem, dass die Rechtsverfolgung jedenfalls teilweise Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtsverfolgung ist überdies nicht mutwillig. Schließlich ist auch die Beiordnung von Rechtsanwalt A. als Prozessbevollmächtigter erforderlich (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO), denn der Antragsteller ist rechtlich ungewandt und dem entscheidungserheblichen Streitstoff ohne anwaltliche Unterstützung nicht ausreichend gewachsen.
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