Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 88/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 15/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Kostenübernahme für eine Behandlung mit einem Gamma-Knife (14.743,68 DM in Euro).
Die am 1959 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin wurde im Dezember 1987 an einem parasagittalen Meningeom rechts operiert; nach Angaben des behandelnden Neurologen Dr.L. vom 29.11.2001 haben sich zwei kleine Rezidivtumore gefunden, eine dringliche Indikation zur Operation bestehe derzeit nicht. Das von der Klägerin aufgesuchte Bundeswehrkrankenhaus U. hat eine stereotaktische Bestrahlung bzw. eine Behandlung mit einem Gamma-Knife vorgeschlagen. Das Klinikum der Universität M. (Neurochirurgische Klinik und Poliklinik - G.) hat im Arztbrief vom 11.10.2001 eine zwingende Indikation für eine operative Therapie gleichfalls verneint, die Klägerin über die Möglichkeiten einer Bestrahlungsbehandlung aufgeklärt und eine bildgebende Verlaufskontrolle in einem halben bis einem Jahr empfohlen.
Am 04.12.2001 beantragte Dr.L. für die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Bestrahlung mit einem Gamma-Knife durch den Vertragsarzt Priv.Doz. Dr.W. unter Beifügung eines Aufsatzes dieses Arztes. Die Kosten der Behandlung wurden auf der Grundlage der GOÄ mit 14.743,68 DM angegeben, wobei der strahlenchirurgische Eingriff (Gamma-Knife) in entsprechender Anwendung der Nr.5855 GOÄ 10-mal in Ansatz kam. Nach den Ausführungen von Priv.Doz.Dr.W. handelt es sich bei der Radiochirurgie mit dem Gamma-Knife um eine seit 1994 in mehr als 100.000 Fällen durchgeführte Therapie. Die Geräteeinheit besteht aus einem stereotaktischen Rahmen, Geräten der digitalen Bildgebung (Magnetresonanztomographie, Computertomographie, Angiographie), einer medizinischen Computerstation, einer Gamma-Einheit, d.h. einem Präzisionsbestrahlungsgerät, mit dem ein Krankheitsherd ausgeschaltet wird, und einem Überwachungs- und Dokumentationssystem. Die Behandlung mit dem Gamma-Knife wird in verschiedenen Einstellungen für jeweils wenige Minuten durchgeführt und dauert insgesamt etwa zwei bis vier Stunden. Nach Beendigung der Behandlung kann der Patient die Praxis verlassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.12.2001 eine Kostenübernahme ab. Nach den vorliegenden Erkenntnissen und ärztlichen Aussagen seien die Voraussetzungen für die Übernahme der neuen Behandlungsmethode nicht erfüllt. Nach Aussage des Medizinischen Dienstes bestehe mit einem adaptierten, für die Radiochirurgie umgerüsteten Linearbeschleuniger eine gleichwertige vertragliche Behandlungsmöglichkeit, z.B. in den Universitätskliniken in München, Heidelberg, Tübingen, Marburg und Köln.
Der Widerspruch der Klägerin vom 18.12.2001 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2002 zurückgewiesen. Die Gamma-Knife-Behandlung habe keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden. Gehöre eine Behandlungsmethode nicht zur vertragsärztlichen Versorgung, dürfe auch für eine entsprechende Privatbehandlung keine Kostenerstattung vorgenommen werden. In der vertragsärztlichen Versorgung dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Nicht im "Einheitlichen Bewertungsmaßstab" (EBM) aufgeführte Behandlungsmethoden dürften als sogenannte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erst dann erbracht werden, wenn sie vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannt seien. Für die Gamma-Knife-Behandlung fehle eine solche Anerkennung. Die Erkrankung der Klägerin könne mittels adaptierter Linearbeschleuniger in den radiologischen Kliniken der Universitäten München, Heidelberg, Tübingen, Marburg, Köln durchgeführt werden.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 22.04.2002 beim Sozialgericht Augsburg (SG) geltend gemacht, die Behandlung mit dem Gamma-Knife sei anderen Behandlungsmethoden überlegen. Die Therapie mittels eines Linearbeschleunigers enthalte für den Patienten erhebliche Risiken. Mehrere gesetzliche Krankenkassen, auch die Beklagte, hätten in zahlreichen anderen Fällen die Kosten der Gamma-Knife-Behandlung übernommen. Nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung sei die Beklagte auch im vorliegenden Fall zur Kostenübernahme verpflichtet.
Das SG hat über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) medizinisch-wissenschaftliche Aufsätze über die Gamma-Knife-Behandlung sowie Stellungnahmen ärztlicher Fachgesellschaften und einen Befundbericht von Dr.L. beigezogen. Es hat mit Urteil vom 11.12.2002 die Klage abgewiesen. Es sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksichtigen, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sich bislang zu der Behandlungsmethode Gamma-Knife nicht geäußert habe. In der wissenschaftlichen Literatur würden unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob die Behandlungsmethode einer stereotaktischen Linearbeschleuniger-Bestrahlung entspreche bzw bei bestimmten Indikationen überlegen sei oder umgekehrt. Nach den Angaben der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie werde die Verwendung des Gamma-Knife und des Linearbeschleunigers durch eine neue Entwicklung in der Strahlentherapie überholt. Eine Behandlung mittels stereotaktischen Linearbeschleunigers werde auch bei hoher Auslastung für kostengünstiger erachtet als nach der Methode Gamma-Knife. Selbst wenn in Einzelfällen die gesetzlichen Krankenkassen die streitige Leistung erbracht hätten, bestehe dennoch kein Anspruch auf Gleichbehandlung, auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.
Die Klägerin macht mit der Berufung vom 27.01.2003 geltend, die Behandlung mit dem Gamma-Knife werde in der Bundesrepublik Deutschland in mittlerweile fünf Leistungszentren erfolgreich praktiziert. Priv.Doz. Dr.W. sei als Neurochirurg seit 1993 in der vertragsärztlichen Versorgung tätig und habe dementsprechend Patienten aller gesetzlichen Krankenkassen behandelt. Obwohl die Gamma-Knife-Behandlung nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sei, habe er bislang rund 2.400 derartige Behandlungen durchgeführt, wovon in 70 % der Fälle die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernommen hätten. Der Vorteil der Gamma-Knife-Methode bestehe darin, dass aufgrund spezieller, ganz gezielter Laserbehandlung punktuell nur der befallene Gewebeanteil im Kopf des Patienten vernichtet werde und empfindliche Nebenwirkungen nicht aufträten. Auch die Neuentwicklung in der Strahlentherapie, nämlich die fraktionierte Konformationsbestrahlung, sei nicht in der Lage, die Gleichwertigkeit der Behandlungsmethode Gamma-Knife mit dem Linearbeschleuniger herzustellen. Auch nach dem heutigen Kenntnis- und Behandlungsstand der Neurochirurgie sei die Gamma-Knife-Methode nach wie vor das speziellere und zielgenauere Behandlungsinstrumentarium im Gegensatz zum Linearbeschleuniger.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.12.2002 sowie den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 11.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit einer Gamma-Knife-Operation zu versorgen und sie von den dafür anfallenden Kosten für die Behandlung durch Dr.W. freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 15.10.2002 darauf hin, dass eine Überprüfung der Gamma-Knife-Methode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bisher nicht beantragt worden ist. Es lägen auch keine Unterlagen vor, aus denen sich die Notwendigkeit der Aufnahme in die vertragsärztliche Versorgung ergeben würde. Eine Überprüfung dieser Methode sei zur Zeit nicht vorgesehen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Behandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,- Euro (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht entschieden und zutreffend begründet, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenübernahme der beantragten Behandlung mit dem Gamma-Knife hat. Da die Behandlung bisher nicht durchgeführt worden ist, handelt es sich hier um einen Kostenfreistellungsanspruch (Bundessozialgericht vom 15.04.1997 SozR 3-2500 § 13 Nr.14), der in § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) mitenthalten ist. Der Anspruch gemäß § 13 Abs.3 SGB V kann auch entstehen, ebenfalls iS der Freistellung, wenn der Versicherte für die Behandlung etwas schuldet, d.h. der Versicherte einem Vergütungsanspruch des Leistungserbringers ausgesetzt ist. Dies ist hier der Fall, wobei zu berücksichtigen ist, dass aufgrund der medizinischen Beurteilung der behandelnden Ärzte der Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt sich bereits die Frage der Weiterbehandlung der Krankheit stellt, so dass die Klägerin ein konkretes, berechtigtes Interesse an der Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten für die streitige Behandlungsmethode hat (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG).
Maßstab für die Leistungsverpflichtung der Beklagten sind § 27 Abs.1 Satz 2 SGB V, wonach die Krankenbehandlung die ärztliche Behandlung umfasst, und §§ 2 Abs.1, 12 Abs.1 SGB V. Danach haben die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung zu stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntis zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs.2 SGB V). Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs.1 SGB V). Ergänzend hierzu regelt § 135 Abs.1 SGB V als Erlaubnisvorbehalt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf Antrag einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung.
Die Gamma-Knife-Behandlung ist trotz ihrer langjährigen Anwendung in der Medizin eine neue Behandlungsmethode in diesem Sinne. Nach Nr.2 der BUB-Richtlinien (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs.1 SGB V vom 10.12.1999 BAnz 2000 Nr.56 S.4602) können als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur Leistungen gelten, die noch nicht als abrechnungsfähige Leistungen im EBM enthalten sind oder die als ärztliche Leistungen im EBM aufgeführt sind, deren Indikationen aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren. Diese Auffassung hat auch das BSG bereits im Urteil vom 16.09.1997 (1 RK 28/95 = SozR 3-2500 § 135 Nr.4 = BSGE 81, 54 = NJW 1999, 1805) vertreten. Demgemäß hat Priv.Doz.Dr.W. in der Patienteninformation für die Klägerin die Abrechnung auf der Grundlage der GOÄ unter analoger Anwendung der Gebührenordnungs-Nr.5860 bis 5863 erstellt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind bei einer neuen Behandlungsmethode, die in den BUB-Richtlinien in der Anlage A (anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden) nicht aufgeführt ist, die Krankenkassen zu einer Leistung nicht verpflichtet (BSG vom 16.09.1997 a.a.O.; BSG vom 28.03.2000 BSGE 86, 54, BSG vom 19.02.2002 SozR 3-2500 § 92 Nr.12; BSG vom 19.02.2003 SGb 2003, 2074). Einen Anspruch gemäß § 13 Abs.3 SGB V steht vorliegend daher entgegen, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen dieses Verfahren in den Richtlinien gemäß § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V nicht als therapeutisch zweckmäßige Behandlungsmethode empfohlen hat.
In diesen Fällen bedarf es der Prüfung, ob die fehlende Anerkennung des Therapieverfahrens auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht, der auch darin bestehen kann, dass das im Gesetz für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vorgesehene Anerkennungsverfahren trotz Anhaltspunkte für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der streitigen Behandlung nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt worden ist. Ergibt sich ein solcher Mangel, so kann in diesen Fällen ein Anspruch aus § 13 Abs.3 SGB V auf Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Leistung bzw auf Freistellung dieser Kosten in Betracht kommen.
In den vom BSG am 16.09.1997 entschiedenen Streitverfahren, bei denen der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen keine Empfehlung abgegeben hatte (1 RK 28/95 a.a.O. und 1 RK 17/95 USK 97114) kam es darauf an, ob die angewandten Behandlungsmethoden als therapeutisch zweckmäßig zu bewerten waren, d.h. die Wirksamkeit der Therapie muss wissenschaftlich nachgewiesen sein. Bei Erkrankungen jedoch, deren Entstehung und Verlauf weitgehend unerforscht sind und die auch mit herkömmlichen Mitteln nicht nachhaltig wirksam zu beeinflussen sind, hat es das BSG als ausreichend angesehen, dass sich die Behandlungsweise in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Davon ist auszugehen, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewendet wird.
Die fehlende Anerkennung der Behandlung mit dem Gamma-Knife durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ist jedoch keine Systemstörung. Die BUB-Richtlinien regeln in Nr.2, 4, 5, 6 ff. das Verfahren vor dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Einzelnen. Gemäß Nr.2.2 erfolgt die Überprüfung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode auf Antrag der o.g. Stellen, der Angaben zum Nutzen der neuen Methode, zur medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu bereits erbrachten Methoden enthalten muss. Nr.7 der BUB-Richtlinien fordert ferner, dass mit dem Antrag Nachweise in Form von Studien zum Nutzen, zu der medizinischen Notwendigkeit und zur Wirtschaftlichkeit der zur Überprüfung gestellten Methode vorgelegt werden. Diese Unterlagen müssen, wie sich aus den einzelnen Kriterien in Nr.7 und der Zuordnung zu Evidenzstufen in Nr.8 der BUB-Richtlinien ergibt, einem medizinisch-wissenschaftlichen Standard genügen. Zur weiteren Sachbehandlung nimmt der vom Bundesausschuss beauftragte Arbeitsausschuss eine Prioritätenfestlegung vor (Nr.4 BUB-Richtlinien). Nach der Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung") vom 15.10.2002 liegt bisher kein Antrag vor, diese Methode einer Überprüfung gemäß § 135 Abs.1 SGB V zu unterziehen. Es sind ferner dem Bundesausschuss auch keine Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich die Erfüllung der Kriterien eines nachgewiesenen diagnostischen oder therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ergibt. Eine Überprüfung der Gamma-Knife-Behandlung ist daher zur Zeit nicht vorgesehen.
Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Bundesausschuss von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, die Gamma-Knife-Behandlung einer Überprüfung bezüglich deren therapeutischen Nutzens zu unterziehen. Der BSG hat hierzu in mehreren Entscheidungen festgestellt (BSG vom 28.03.2000 BSGE 86, 54 unter Fortführung von BSGE 81, 54; BSG vom 19.03.2002 SozR 3-2500 § 138 Nr.2; BSG vom 19.02.2003 SGb 2003, 274), dass eine Versorgungslücke anzunehmen ist, wenn der Bundesausschuss die Einhaltung oder Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und daher eine für die Behandlung benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden kann. Es muss also eine rechtliche Verpflichtung zum Handeln bestehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bundesausschuss bei der Bewertung der medizinischen Dringlichkeit einen weiten Ermessensspielraum hat.
Hiervon kann aber nicht die Rede sein. Zum einen fehlt es, wie bereits ausgeführt worden ist, an einem entsprechenden Antrag einer der o.g. zuständigen Stellen beim Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Zum anderen lassen die im erstinstanziellen Verfahren vom MDK beigezogenen Unterlagen erkennen, dass der Einsatz der Gamma-Knife-Methode im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) umstritten ist (z.B. Becker u.a., Gamma-Knife versus stereotaktische Liniearbeschleunigerbestrahlung, Radiologe (1996) 36: 345 - 353). In dieser Studie kommt der Verfasser insgesamt zu dem Ergebnis, dass sich keine physikalisch-methodischen, klinischen oder Kostengründe finden, die für den Einsatz eines Gamma-Knife sprechen, insbesondere, da die Entwicklung sich von der Applikation hoher Einzeitdosen zu der fraktionierten Konformationsbestrahlung hinwendet. Für die Anwendung der hier streitigen Methode spricht zwar die Publikation des von der Klägerin konsultierten Arztes Priv.Doz.Dr.W ... Es ist aber nicht die Aufgabe eines Gerichts in einem Rechtsstreit über den therapeutischen Nutzen bzw die Überlegenheit der einen oder anderen Behandlungsmethode zu entscheiden. Vielmehr hat das BSG in den Entscheidungen vom 16.09.1997 zum Ausdruck gebracht, dass eine eigene medizinische Beurteilung von Behandlungsmethoden durch die Gerichte fragwürdig ist. Abgesehen von dem Eingriff in die Kompetenzen des Bundesausschusses können wissenschaftstheoretische Grundlagen im Streit sein oder es müssen neueste wissenschaftliche Ergebnisse interpretiert und bewertet werden. Es kann aber - auch mit sachverständiger Unterstützung - nicht Sinn eines Gerichtsverfahrens sein, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft voranzutreiben oder in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Position zu beziehen (BSG vom 16.09.1997, 1 RK 17/95 a.a.O.).
Ob sich die Behandlungsmethode mit dem Gamma-Knife in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat, wovon ausgegangen werden kann, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt wird, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn hieraus könnte sich ein Kostenerstattungsanspruch nur ergeben, wenn die Meningeome der Klägerin mit herkömmlichen Mitteln nicht nachhaltig zu beeinflussen sind. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Klägerin vom Bundeswehrkrankenhaus U. entweder eine stereotaktische Bestrahlung bzw eine Behandlung mit Gamma-Knife vorgeschlagen worden ist (Attest Dr.L. vom 29.11.2001). Damit steht der Klägerin eine Behandlungsmethode zur Verfügung, für die eine Kostenübernahme durch die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zugesichert worden ist.
Die Beklagte ist auch zur Kostenübernahme nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verpflichtet. Selbst wenn die Beklagte oder eine andere Krankenkasse anderen Versicherten die Kosten einer Gamma-Knife-Behandlung erstattet hat, ist sie im vorliegenden Fall zur Leistung nicht verpflichtet. Denn aus den o.g. Gründen kommt eine Leistungspflicht nicht in Betracht und der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt im Unrecht nicht. Eine Gleichheit im Unrecht und damit einen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung gibt es nicht. Die Berufung auf rechtswidrige Parallelfälle ist daher unerheblich (Jarass-Pieroth, GG, 4.Aufl, Art.3, Rn.26 m.w.N.).
Ebensowenig zwingt die Therapiefreiheit des von der Klägerin konsultierten Arztes die Beklagte zur Kostenübernahme (BSG vom 25.09.2000 SozR 3-2500 § 13 Nr.23). Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, dass Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig eingesetzt werden könnten, kennt weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Die in der Bundesärzteordnung in § 1 Abs.2 enthaltene Therapiefreiheit ist schon berufsrechtlich durch die Bindung an den medizinischen Standard und die Regeln der ärztlichen Kunst eingeschränkt und wird in der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Erfordernisse einer beitragsfinanzierten, solidarischen Krankenversicherung ebenfalls faktisch begrenzt. Dies bedeutet, dass die Klägerin die beantragte Behandlung zwar erbringen lassen kann, aber die Beklagte zu einer Kostenübernahme nicht verpflichtet ist.
Eine Kostenübernahme der Beklagten ist auch nicht aus anderen in § 13 Abs.3 SGB V genannten Gründen geboten. Insbesondere kommt der Gesichtspunkt der Unaufschiebbarkeit der Behandlung nicht zum Tragen, da zum einen nach Angaben der behandelnden Ärzte eine dringende Behandlungsbedürftigkeit noch nicht besteht und zum anderen der Klägerin Behandlungsmöglichkeiten in den von der Beklagten genannten Universitätskliniken zur Verfügung stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Kostenübernahme für eine Behandlung mit einem Gamma-Knife (14.743,68 DM in Euro).
Die am 1959 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin wurde im Dezember 1987 an einem parasagittalen Meningeom rechts operiert; nach Angaben des behandelnden Neurologen Dr.L. vom 29.11.2001 haben sich zwei kleine Rezidivtumore gefunden, eine dringliche Indikation zur Operation bestehe derzeit nicht. Das von der Klägerin aufgesuchte Bundeswehrkrankenhaus U. hat eine stereotaktische Bestrahlung bzw. eine Behandlung mit einem Gamma-Knife vorgeschlagen. Das Klinikum der Universität M. (Neurochirurgische Klinik und Poliklinik - G.) hat im Arztbrief vom 11.10.2001 eine zwingende Indikation für eine operative Therapie gleichfalls verneint, die Klägerin über die Möglichkeiten einer Bestrahlungsbehandlung aufgeklärt und eine bildgebende Verlaufskontrolle in einem halben bis einem Jahr empfohlen.
Am 04.12.2001 beantragte Dr.L. für die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Bestrahlung mit einem Gamma-Knife durch den Vertragsarzt Priv.Doz. Dr.W. unter Beifügung eines Aufsatzes dieses Arztes. Die Kosten der Behandlung wurden auf der Grundlage der GOÄ mit 14.743,68 DM angegeben, wobei der strahlenchirurgische Eingriff (Gamma-Knife) in entsprechender Anwendung der Nr.5855 GOÄ 10-mal in Ansatz kam. Nach den Ausführungen von Priv.Doz.Dr.W. handelt es sich bei der Radiochirurgie mit dem Gamma-Knife um eine seit 1994 in mehr als 100.000 Fällen durchgeführte Therapie. Die Geräteeinheit besteht aus einem stereotaktischen Rahmen, Geräten der digitalen Bildgebung (Magnetresonanztomographie, Computertomographie, Angiographie), einer medizinischen Computerstation, einer Gamma-Einheit, d.h. einem Präzisionsbestrahlungsgerät, mit dem ein Krankheitsherd ausgeschaltet wird, und einem Überwachungs- und Dokumentationssystem. Die Behandlung mit dem Gamma-Knife wird in verschiedenen Einstellungen für jeweils wenige Minuten durchgeführt und dauert insgesamt etwa zwei bis vier Stunden. Nach Beendigung der Behandlung kann der Patient die Praxis verlassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.12.2001 eine Kostenübernahme ab. Nach den vorliegenden Erkenntnissen und ärztlichen Aussagen seien die Voraussetzungen für die Übernahme der neuen Behandlungsmethode nicht erfüllt. Nach Aussage des Medizinischen Dienstes bestehe mit einem adaptierten, für die Radiochirurgie umgerüsteten Linearbeschleuniger eine gleichwertige vertragliche Behandlungsmöglichkeit, z.B. in den Universitätskliniken in München, Heidelberg, Tübingen, Marburg und Köln.
Der Widerspruch der Klägerin vom 18.12.2001 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2002 zurückgewiesen. Die Gamma-Knife-Behandlung habe keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden. Gehöre eine Behandlungsmethode nicht zur vertragsärztlichen Versorgung, dürfe auch für eine entsprechende Privatbehandlung keine Kostenerstattung vorgenommen werden. In der vertragsärztlichen Versorgung dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Nicht im "Einheitlichen Bewertungsmaßstab" (EBM) aufgeführte Behandlungsmethoden dürften als sogenannte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erst dann erbracht werden, wenn sie vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannt seien. Für die Gamma-Knife-Behandlung fehle eine solche Anerkennung. Die Erkrankung der Klägerin könne mittels adaptierter Linearbeschleuniger in den radiologischen Kliniken der Universitäten München, Heidelberg, Tübingen, Marburg, Köln durchgeführt werden.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 22.04.2002 beim Sozialgericht Augsburg (SG) geltend gemacht, die Behandlung mit dem Gamma-Knife sei anderen Behandlungsmethoden überlegen. Die Therapie mittels eines Linearbeschleunigers enthalte für den Patienten erhebliche Risiken. Mehrere gesetzliche Krankenkassen, auch die Beklagte, hätten in zahlreichen anderen Fällen die Kosten der Gamma-Knife-Behandlung übernommen. Nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung sei die Beklagte auch im vorliegenden Fall zur Kostenübernahme verpflichtet.
Das SG hat über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) medizinisch-wissenschaftliche Aufsätze über die Gamma-Knife-Behandlung sowie Stellungnahmen ärztlicher Fachgesellschaften und einen Befundbericht von Dr.L. beigezogen. Es hat mit Urteil vom 11.12.2002 die Klage abgewiesen. Es sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksichtigen, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sich bislang zu der Behandlungsmethode Gamma-Knife nicht geäußert habe. In der wissenschaftlichen Literatur würden unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob die Behandlungsmethode einer stereotaktischen Linearbeschleuniger-Bestrahlung entspreche bzw bei bestimmten Indikationen überlegen sei oder umgekehrt. Nach den Angaben der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie werde die Verwendung des Gamma-Knife und des Linearbeschleunigers durch eine neue Entwicklung in der Strahlentherapie überholt. Eine Behandlung mittels stereotaktischen Linearbeschleunigers werde auch bei hoher Auslastung für kostengünstiger erachtet als nach der Methode Gamma-Knife. Selbst wenn in Einzelfällen die gesetzlichen Krankenkassen die streitige Leistung erbracht hätten, bestehe dennoch kein Anspruch auf Gleichbehandlung, auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.
Die Klägerin macht mit der Berufung vom 27.01.2003 geltend, die Behandlung mit dem Gamma-Knife werde in der Bundesrepublik Deutschland in mittlerweile fünf Leistungszentren erfolgreich praktiziert. Priv.Doz. Dr.W. sei als Neurochirurg seit 1993 in der vertragsärztlichen Versorgung tätig und habe dementsprechend Patienten aller gesetzlichen Krankenkassen behandelt. Obwohl die Gamma-Knife-Behandlung nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sei, habe er bislang rund 2.400 derartige Behandlungen durchgeführt, wovon in 70 % der Fälle die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernommen hätten. Der Vorteil der Gamma-Knife-Methode bestehe darin, dass aufgrund spezieller, ganz gezielter Laserbehandlung punktuell nur der befallene Gewebeanteil im Kopf des Patienten vernichtet werde und empfindliche Nebenwirkungen nicht aufträten. Auch die Neuentwicklung in der Strahlentherapie, nämlich die fraktionierte Konformationsbestrahlung, sei nicht in der Lage, die Gleichwertigkeit der Behandlungsmethode Gamma-Knife mit dem Linearbeschleuniger herzustellen. Auch nach dem heutigen Kenntnis- und Behandlungsstand der Neurochirurgie sei die Gamma-Knife-Methode nach wie vor das speziellere und zielgenauere Behandlungsinstrumentarium im Gegensatz zum Linearbeschleuniger.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.12.2002 sowie den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 11.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit einer Gamma-Knife-Operation zu versorgen und sie von den dafür anfallenden Kosten für die Behandlung durch Dr.W. freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 15.10.2002 darauf hin, dass eine Überprüfung der Gamma-Knife-Methode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bisher nicht beantragt worden ist. Es lägen auch keine Unterlagen vor, aus denen sich die Notwendigkeit der Aufnahme in die vertragsärztliche Versorgung ergeben würde. Eine Überprüfung dieser Methode sei zur Zeit nicht vorgesehen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Behandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,- Euro (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht entschieden und zutreffend begründet, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenübernahme der beantragten Behandlung mit dem Gamma-Knife hat. Da die Behandlung bisher nicht durchgeführt worden ist, handelt es sich hier um einen Kostenfreistellungsanspruch (Bundessozialgericht vom 15.04.1997 SozR 3-2500 § 13 Nr.14), der in § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) mitenthalten ist. Der Anspruch gemäß § 13 Abs.3 SGB V kann auch entstehen, ebenfalls iS der Freistellung, wenn der Versicherte für die Behandlung etwas schuldet, d.h. der Versicherte einem Vergütungsanspruch des Leistungserbringers ausgesetzt ist. Dies ist hier der Fall, wobei zu berücksichtigen ist, dass aufgrund der medizinischen Beurteilung der behandelnden Ärzte der Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt sich bereits die Frage der Weiterbehandlung der Krankheit stellt, so dass die Klägerin ein konkretes, berechtigtes Interesse an der Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten für die streitige Behandlungsmethode hat (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG).
Maßstab für die Leistungsverpflichtung der Beklagten sind § 27 Abs.1 Satz 2 SGB V, wonach die Krankenbehandlung die ärztliche Behandlung umfasst, und §§ 2 Abs.1, 12 Abs.1 SGB V. Danach haben die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung zu stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntis zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs.2 SGB V). Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs.1 SGB V). Ergänzend hierzu regelt § 135 Abs.1 SGB V als Erlaubnisvorbehalt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf Antrag einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung.
Die Gamma-Knife-Behandlung ist trotz ihrer langjährigen Anwendung in der Medizin eine neue Behandlungsmethode in diesem Sinne. Nach Nr.2 der BUB-Richtlinien (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs.1 SGB V vom 10.12.1999 BAnz 2000 Nr.56 S.4602) können als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur Leistungen gelten, die noch nicht als abrechnungsfähige Leistungen im EBM enthalten sind oder die als ärztliche Leistungen im EBM aufgeführt sind, deren Indikationen aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren. Diese Auffassung hat auch das BSG bereits im Urteil vom 16.09.1997 (1 RK 28/95 = SozR 3-2500 § 135 Nr.4 = BSGE 81, 54 = NJW 1999, 1805) vertreten. Demgemäß hat Priv.Doz.Dr.W. in der Patienteninformation für die Klägerin die Abrechnung auf der Grundlage der GOÄ unter analoger Anwendung der Gebührenordnungs-Nr.5860 bis 5863 erstellt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind bei einer neuen Behandlungsmethode, die in den BUB-Richtlinien in der Anlage A (anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden) nicht aufgeführt ist, die Krankenkassen zu einer Leistung nicht verpflichtet (BSG vom 16.09.1997 a.a.O.; BSG vom 28.03.2000 BSGE 86, 54, BSG vom 19.02.2002 SozR 3-2500 § 92 Nr.12; BSG vom 19.02.2003 SGb 2003, 2074). Einen Anspruch gemäß § 13 Abs.3 SGB V steht vorliegend daher entgegen, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen dieses Verfahren in den Richtlinien gemäß § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V nicht als therapeutisch zweckmäßige Behandlungsmethode empfohlen hat.
In diesen Fällen bedarf es der Prüfung, ob die fehlende Anerkennung des Therapieverfahrens auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht, der auch darin bestehen kann, dass das im Gesetz für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vorgesehene Anerkennungsverfahren trotz Anhaltspunkte für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der streitigen Behandlung nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt worden ist. Ergibt sich ein solcher Mangel, so kann in diesen Fällen ein Anspruch aus § 13 Abs.3 SGB V auf Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Leistung bzw auf Freistellung dieser Kosten in Betracht kommen.
In den vom BSG am 16.09.1997 entschiedenen Streitverfahren, bei denen der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen keine Empfehlung abgegeben hatte (1 RK 28/95 a.a.O. und 1 RK 17/95 USK 97114) kam es darauf an, ob die angewandten Behandlungsmethoden als therapeutisch zweckmäßig zu bewerten waren, d.h. die Wirksamkeit der Therapie muss wissenschaftlich nachgewiesen sein. Bei Erkrankungen jedoch, deren Entstehung und Verlauf weitgehend unerforscht sind und die auch mit herkömmlichen Mitteln nicht nachhaltig wirksam zu beeinflussen sind, hat es das BSG als ausreichend angesehen, dass sich die Behandlungsweise in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Davon ist auszugehen, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewendet wird.
Die fehlende Anerkennung der Behandlung mit dem Gamma-Knife durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ist jedoch keine Systemstörung. Die BUB-Richtlinien regeln in Nr.2, 4, 5, 6 ff. das Verfahren vor dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Einzelnen. Gemäß Nr.2.2 erfolgt die Überprüfung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode auf Antrag der o.g. Stellen, der Angaben zum Nutzen der neuen Methode, zur medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu bereits erbrachten Methoden enthalten muss. Nr.7 der BUB-Richtlinien fordert ferner, dass mit dem Antrag Nachweise in Form von Studien zum Nutzen, zu der medizinischen Notwendigkeit und zur Wirtschaftlichkeit der zur Überprüfung gestellten Methode vorgelegt werden. Diese Unterlagen müssen, wie sich aus den einzelnen Kriterien in Nr.7 und der Zuordnung zu Evidenzstufen in Nr.8 der BUB-Richtlinien ergibt, einem medizinisch-wissenschaftlichen Standard genügen. Zur weiteren Sachbehandlung nimmt der vom Bundesausschuss beauftragte Arbeitsausschuss eine Prioritätenfestlegung vor (Nr.4 BUB-Richtlinien). Nach der Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung") vom 15.10.2002 liegt bisher kein Antrag vor, diese Methode einer Überprüfung gemäß § 135 Abs.1 SGB V zu unterziehen. Es sind ferner dem Bundesausschuss auch keine Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich die Erfüllung der Kriterien eines nachgewiesenen diagnostischen oder therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ergibt. Eine Überprüfung der Gamma-Knife-Behandlung ist daher zur Zeit nicht vorgesehen.
Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Bundesausschuss von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, die Gamma-Knife-Behandlung einer Überprüfung bezüglich deren therapeutischen Nutzens zu unterziehen. Der BSG hat hierzu in mehreren Entscheidungen festgestellt (BSG vom 28.03.2000 BSGE 86, 54 unter Fortführung von BSGE 81, 54; BSG vom 19.03.2002 SozR 3-2500 § 138 Nr.2; BSG vom 19.02.2003 SGb 2003, 274), dass eine Versorgungslücke anzunehmen ist, wenn der Bundesausschuss die Einhaltung oder Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und daher eine für die Behandlung benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden kann. Es muss also eine rechtliche Verpflichtung zum Handeln bestehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bundesausschuss bei der Bewertung der medizinischen Dringlichkeit einen weiten Ermessensspielraum hat.
Hiervon kann aber nicht die Rede sein. Zum einen fehlt es, wie bereits ausgeführt worden ist, an einem entsprechenden Antrag einer der o.g. zuständigen Stellen beim Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Zum anderen lassen die im erstinstanziellen Verfahren vom MDK beigezogenen Unterlagen erkennen, dass der Einsatz der Gamma-Knife-Methode im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) umstritten ist (z.B. Becker u.a., Gamma-Knife versus stereotaktische Liniearbeschleunigerbestrahlung, Radiologe (1996) 36: 345 - 353). In dieser Studie kommt der Verfasser insgesamt zu dem Ergebnis, dass sich keine physikalisch-methodischen, klinischen oder Kostengründe finden, die für den Einsatz eines Gamma-Knife sprechen, insbesondere, da die Entwicklung sich von der Applikation hoher Einzeitdosen zu der fraktionierten Konformationsbestrahlung hinwendet. Für die Anwendung der hier streitigen Methode spricht zwar die Publikation des von der Klägerin konsultierten Arztes Priv.Doz.Dr.W ... Es ist aber nicht die Aufgabe eines Gerichts in einem Rechtsstreit über den therapeutischen Nutzen bzw die Überlegenheit der einen oder anderen Behandlungsmethode zu entscheiden. Vielmehr hat das BSG in den Entscheidungen vom 16.09.1997 zum Ausdruck gebracht, dass eine eigene medizinische Beurteilung von Behandlungsmethoden durch die Gerichte fragwürdig ist. Abgesehen von dem Eingriff in die Kompetenzen des Bundesausschusses können wissenschaftstheoretische Grundlagen im Streit sein oder es müssen neueste wissenschaftliche Ergebnisse interpretiert und bewertet werden. Es kann aber - auch mit sachverständiger Unterstützung - nicht Sinn eines Gerichtsverfahrens sein, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft voranzutreiben oder in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Position zu beziehen (BSG vom 16.09.1997, 1 RK 17/95 a.a.O.).
Ob sich die Behandlungsmethode mit dem Gamma-Knife in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat, wovon ausgegangen werden kann, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt wird, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn hieraus könnte sich ein Kostenerstattungsanspruch nur ergeben, wenn die Meningeome der Klägerin mit herkömmlichen Mitteln nicht nachhaltig zu beeinflussen sind. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Klägerin vom Bundeswehrkrankenhaus U. entweder eine stereotaktische Bestrahlung bzw eine Behandlung mit Gamma-Knife vorgeschlagen worden ist (Attest Dr.L. vom 29.11.2001). Damit steht der Klägerin eine Behandlungsmethode zur Verfügung, für die eine Kostenübernahme durch die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zugesichert worden ist.
Die Beklagte ist auch zur Kostenübernahme nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verpflichtet. Selbst wenn die Beklagte oder eine andere Krankenkasse anderen Versicherten die Kosten einer Gamma-Knife-Behandlung erstattet hat, ist sie im vorliegenden Fall zur Leistung nicht verpflichtet. Denn aus den o.g. Gründen kommt eine Leistungspflicht nicht in Betracht und der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt im Unrecht nicht. Eine Gleichheit im Unrecht und damit einen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung gibt es nicht. Die Berufung auf rechtswidrige Parallelfälle ist daher unerheblich (Jarass-Pieroth, GG, 4.Aufl, Art.3, Rn.26 m.w.N.).
Ebensowenig zwingt die Therapiefreiheit des von der Klägerin konsultierten Arztes die Beklagte zur Kostenübernahme (BSG vom 25.09.2000 SozR 3-2500 § 13 Nr.23). Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, dass Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig eingesetzt werden könnten, kennt weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Die in der Bundesärzteordnung in § 1 Abs.2 enthaltene Therapiefreiheit ist schon berufsrechtlich durch die Bindung an den medizinischen Standard und die Regeln der ärztlichen Kunst eingeschränkt und wird in der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Erfordernisse einer beitragsfinanzierten, solidarischen Krankenversicherung ebenfalls faktisch begrenzt. Dies bedeutet, dass die Klägerin die beantragte Behandlung zwar erbringen lassen kann, aber die Beklagte zu einer Kostenübernahme nicht verpflichtet ist.
Eine Kostenübernahme der Beklagten ist auch nicht aus anderen in § 13 Abs.3 SGB V genannten Gründen geboten. Insbesondere kommt der Gesichtspunkt der Unaufschiebbarkeit der Behandlung nicht zum Tragen, da zum einen nach Angaben der behandelnden Ärzte eine dringende Behandlungsbedürftigkeit noch nicht besteht und zum anderen der Klägerin Behandlungsmöglichkeiten in den von der Beklagten genannten Universitätskliniken zur Verfügung stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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