L 4 KR 233/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KR 206/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 233/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23. September 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für den Zeitraum vom 22.11.1996 bis 31.03.1997.

Die 1950 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin war seit Mitte 1990 bis zum 31.03.1997 beim Arbeitsamt G. in der Leistungsabteilung beschäfigt. Seit 01.04.1997 ist die Klägerin als Amtsbotin bei der B. in N. tätig.

Ab 18.01.1995 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig und bezog im Zeitraum vom 19.01.1995 bis 17.07.1996 für 78 Wochen nach Lohnfortzahlung und Übergangsgeld Krankengeld. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 02.11.1995 (Gutachter Dr.K.) hatte als Hauptdiagnosen festgestellt: Depressiv gefärbtes psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, Epicondylitis humeri ulnaris beidseits, chronisch-rezidivierende Lumboischialgien bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1, multiple Nahrungsmittelallergien und als Nebendiagnosen: Struma diffusa II. Grades, rezidivierendes Gehörgangekzem, rezidivierende Otitis media und Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts. Die Klägerin sei aufgrund des Untersuchungsbefundes für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit weiterhin arbeitsunfähig. Weitere orthopädische, internistische, gynäkologische sowie nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlungen seien erforderlich. Im MDK-Gutachten vom 05.03. 1996 waren folgende Hauptdiagnosen erwähnt worden: Depressiv gefärbtes psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, Epicondylitis humeri ulnaris et radialis, chronisch rezidivierene Lumboischialgien bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1 und Cervikobrachial-Syndrom. Nach der dort getroffenen Beurteilung sei in Anbetracht der Diagnosen, des bisherigen Erkrankungsverlaufes sowie des derzeitigen Befundes mit einer Wiederherstellung von Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei erheblich gefährdet. Die Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 11.03.1996 zur Stellung eines Antrags auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation aufgefordert. Mit Schreiben vom 27.03.1996 war die Mitteilung der Beklagten ergangen, dass das Krankengeld am 17.07.1996 (Ablauf der 78-wöchigen Anspruchsdauer) ende.

Vom 02.07.1996 bis 27.08.1996 fand auf Kosten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine medizinische Reha-Maßnahme in der Klinik A. , I. statt. Aus dem Entlassungsbericht vom 26.08.1996 geht hervor, dass die Klägerin als sofort arbeitsfähig entlassen wurde. Im Entlassungsbericht vom 25.09.1996 werden als Diagnosen aufgeführt: Depressive Reaktion, Adipositas, Hinweise auf eine Borreliose mit Spätfolgen, passagere Hemiparese des linken Armes, rezidivierendes Cervikobrachial- und Lumbalsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen. Eine ambulante Einzeltherapie wurde empfohlen. Die Klägerin wolle trotz ihrer Behinderungen sich wieder um eine Arbeit bemühen, was auch für ihre psychische Stabilität wichtig sei. Sie sei deshalb als arbeitsfähig entlassen worden, jedoch würde der weitere Verlauf zeigen, ob eine nochmalige Reha-Maßnahme erforderlich sein werde. Aufgrund der Beobachtungen solle die Klägerin auf keinen Fall die Arbeit in G. wieder aufnehmen, da sonst eine psychische Dekompensation zu erwarten sei.

Mit den Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen vom 11.10.1996, 21.10. 1996, 28.10.1996, 04.11.1996, 11.11.1996 sowie 18.10. 1996 stellte der behandelnde Internist Dr.S. aufgrund der Diagnosen BWS-Schulter-Syndrom Arbeitsunfähigkeit fest. Auf Anfrage teilte er am 05.12.1996 mit, dass die Herstellung der Arbeitsfähigkeit vom Orthopäden abhänge und das Krankheitsbild vorwiegend psychomatisch sei.

Im MDK-Gutachten vom 19.12.1996 wird auf das Schreiben des Dr.S. vom 05.12.1996 verwiesen. Am 19.12.1996 teilte er nach Anfrage der Beklagten sinngemäß mit, dass der Arbeitsunfähigkeit ab 11.10.1996 wegen BWS-Syndroms und psychosomatischen Krankheitsbilds dieselbe Krankheit zugrunde liege, wegen der vorher Arbeitsunfähigkeit vom 18.01.1995 bis 27.08.1996 bestanden habe.

Mit Bescheid vom 23.01.1997 stellte die Beklagte fest, die am 11.10.1996 eingetretene Erkrankung stehe in ursächlichem Zusammenhang mit der Erkrankung vom 18.01.1995 bis 27.08.1996 und frühestens ab 18.01.1998 könne erneut ein Anspruch auf Krankengeld entstehen. Hiergegen legte die Klägerin am 04.02.1997 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 07.02.1996 (richtiges Datum wohl der 07.02.1997) lehnte die Beklagte einen Krankengeldanspruch aufgrund der Erkrankung seit 11.10.1996 ab. Für die Zeit vom 19.01.1995 bis 17.07.1996 habe aufgrund der Erkrankungen Abdominalkoliken, Stuhlunregelmäßigkeit, psychosomatische Depression, Struma II. Grades und funktionelle Beschwerden Anspruch auf Krankengeld bestanden. Die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen würden allesamt von dem Internisten Dr.S. stammen, der ausdrücklich bestätigt habe, dass vorwiegend das psychosomatische Krankheitsbild zum Tragen komme, aufgrund dessen es auch zu der Leistungsunterbrechung gekommen sei.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 04.02.1997 gleichfalls Widerspruch ein. Nach dem Attest der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. B./H. vom 24.02.1997 bestünden ein DaCosta-Syndrom rechts, Cervikobrachialgie, Schultersteife links und ein Lipom der rechten Schulter. Mit Schreiben vom 09.04.1997 legte die Klägerin weitere Befunde vor. Auf Nachfrage der Beklagten bestätigte der Internist Dr.S. , dass die psychosomatischen Beschwerden der Klägerin seit vier bis fünf Jahren bestünden, wechselnde Gelenk-Wirbelsäulenbeschwerden ebenfalls. Seit ca. 05.10.1996 seien akute Schmerzen in der Brustwirbelsäule aufgetreten. Die psychosomatische Erkrankung hätte auch allein Arbeitsunfähigkeit verursacht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.1997 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Begründung entsprach der der vorausgegangenen Bescheide.

Mit der am 10.10.1997 erhobenen Klage hat die Klägerin beim Sozialgericht Nürnberg (SG) geltend gemacht, zwischen der ursprünglichen Arbeitsunfähigkeit im Jahre 1995 und der Arbeitsunfähigkeit vom 10.10.1996 bestehe kein Zusammenhang. Sie sei am 11.10.1996 ausschließlich aufgrund ihrer orthopädischen Beschwerden arbeitsunfähig. Sie hat weitere Befunde vorgelegt.

Das SG hat die Rentenakte (S 14 RA 442/98) beigezogen. Aus dem beigezogenen Gutachten des Neurologen und Psychiaters Prof.Dr. G. vom 13.09.1999 ergibt sich, dass dem psychischen Beschwerdeanteil im Sinne seelischer Funktionsstörungen in gewissem Umfang Krankheitswert zuzumessen sei. Eine erhebliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben lasse sich seitens des neurologischen und auch des psychiatrischen/psychotherapeutischen Gebietes trotz glaubhaft ausgeprägter und umfangreicher Beschwerden nicht begründen.

Dr.S. hat mit Befundbericht vom 09.07.1999 mitgeteilt, dass die Klägerin sehr klagsam sei, die objektiven Befunde würden meist kein gravierendes pathologisches Ergebnis zeigen. Auch andere Kollegen hätten ein depressives Erscheinungsbild festgestellt. Im Dezember 1996 hätte eine orthopädische Behandlung im Vordergrund gestanden, die auch noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die anderen bekannten Erkrankungen hätten weiter mehr oder weniger latent bestanden.

Der vom SG beauftragte ärztliche Sachverständige Dr.G. hat im Gutachten vom 02.03.2000 ausgeführt, dass die Klägerin vom 18.01.1995 bis 07.07.1996 wegen eines depressiv gefärbten, psychovegetativen Erschöpfungssyndroms, vom 11.10.1996 bis 31.03. 1997 jedoch wegen eines BWS-Syndroms arbeitsunfähig gewesen sei. Die Arbeitsunfähigkeit in den vorgenannten Zeiträumen beruhe auf unterschiedlichen Erkrankungen.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.03.2000 die Auffassung vertreten, es gehe hier nicht um zwei unterschiedliche Arbeitsunfähigkeitszeiten; lediglich der Anspruch auf Krankengeld, nicht jedoch die Arbeitsunfähigkeit habe am 17.07.1996 geendet. In der Zeit vom 18.01.1995 bis 31.03.1997 hätte durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestanden.

Das SG hat weitere Befunde des Orthopäden Dr.H. sowie des Internisten Dr.S. beigezogen, die den Zeitraum vom 27.08. bis 10.10.1996 betreffen. Dr.H. beschreibt in dem fraglichen Zeitraum zwei Behandlungen wegen orthopädischer Beschwerden, eine Behandlung durch Dr.S. hat in diesem Zeitraum nicht stattgefunden.

Nach Vertagung der mündlichen Verhandlung am 28.09.2000 hat das SG eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 29.10.2000 eingeholt. Dem Reha-Bericht vom 25.09.1996 sei zu entnehmen, dass sich die psychische Befindlichkeit der Klägerin im Laufe der Behandlung gebessert habe und auch die sonstigen Beschwerden eine Besserung erfahren hätten. Daher sei die Entlassung als arbeitsfähig für andere als die bisherigen Tätigkeiten erfolgt. Aus Gründen der psychischen Belastungseinschränkung sei es jedoch nicht für möglich gehalten worden, die Arbeit wieder aufzunehmen, da sonst eine psychische Dekompensation zu erwarten gewesen wäre. Diese Auffassung sei nur so zu interpretieren, dass hinsichtlich der früheren Tätigkeit immer noch Arbeitsunfähigkeit angenommen worden sei. Unter dem Aspekt, dass die Klägerin einen Arbeitsplatz bis 31.03.1997 inne gehabt habe, sei auch für den fraglichen Zeitraum vom 28.08. bis 10.10.1996 Arbeitsunfähigkeit anzunehmen gewesen.

Mit Schreiben vom 12.09.2002 hat die Klägerin eingewendet, dass sie als arbeitsfähig aus der Reha-Maßnahme entlassen wurde, Urlaub beantragt habe und ihr dieser auch genehmigt worden sei.

Das SG hat mit Urteil vom 23.09.2002 den Bescheid der Beklagten vom 07.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.1997 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Krankengeld vom 22.11.1996 bis 31.03.1997 in gesetzlicher Höhe zu zahlen. In der Zeit vom 11.10.1996 bis 31.03.1997 habe das BWS-Syndrom zur anhaltenden Arbeitsunfähigkeit geführt, es handele sich somit nicht um dieselbe Erkrankung. Auch sei die Oktober 1996 neu hinzugekommene Krankheit nicht während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten. Die Klägerin sei damit nicht durchgehend arbeitsunfähig gewesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 28.11. 2002. Die Arbeitsunfähigkeit wegen der psychischen Erkrankung hätte weiter bestanden und die orthopädische Erkrankung sei hinzugetreten. Die Entlassung aus der Reha-Klinik A. am 27.08.1996 sei zwar als arbeitsfähig erfolgt, nicht jedoch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit beim Arbeitsamt in G ... Im Entlassungsbericht werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf keinen Fall die Arbeit in G. wieder aufnehmen solle, da sonst eine psychische Dekompensation zu erwarten sei. Arbeitsunfähigkeit liege dann vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder auch nur auf die Gefahr hin verichten kann, seinen Zustand zu verschlimmern.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.09.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG einschließlich der erledigten Akte S 7 Kr 76/96. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschriften wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und statthaft (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstandes (Krankengeld vom 22.11.1996 bis 31.03.1997) 500,- Euro übersteigt.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen; denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankengeld im obengenannten Zeitraum. Sie war vom 18.01.1995 bis 22.11.1996 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, so dass über den 22.11.1996 der Anspruch auf Krankengeld nicht mehr bestehen konnte.

Gemäß § 44 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs.4, §§ 24, 40 Abs.2 und § 41) behandelt werden. Nach § 48 Abs.1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Kalenderjahren (sog. Blockfrist), gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.

Nach allgemeiner Meinung liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin verrichten kann, seinen Zustand zu verschlimmern (KassKomm- Höfler, § 44, Rdnr.10 m.w.Hinweisen auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)). Wegen des Zwecks des Krankengelds, den vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Lebensstandart des Versicherten zu sichern, kommt als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht. Darunter ist die unmittelbar vor Eintritt der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung zu verstehen. Die gesundheitliche Unfähigkeit zur Verrichtung dieser Erwerbstätigkeit ist gegeben, wenn der Versicherte die genannten Arbeiten überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin verrichten kann, seinen Zustand zu verschlimmern; dies gilt auch bei Dauerleiden (KassKomm-Höfler, a.a.O., Rdnr.11, 19 m.w. Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG). Die Arbeitsunfähigkeit ist dann beendet, wenn der Versicherte die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnliche oder gleich geartete Tätigkeit wieder ausüben kann. In der Regel wird die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit den Schluss zulassen, dass der Versicherte zur Ausübung dieser Tätigkeit in der Lage ist, es sei denn, er arbeitet auf Kosten seiner Gesundheit.

Bezüglich der Dauer des Krankengelds regelt § 48 Abs.1 SGB V zunächst, dass Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung gewährt wird. Diese Regelung wird jedoch eingeschränkt durch § 48 Abs.1 Satz 1 2.Halbsatz sowie Satz 2 SGB V aus Gründen der Risikoabgrenzung zur Rentenversicherung. Damit wird der Anspruch auf Krankengeld bei einem einheitlichen Grundleiden auf Intervallzahlungen begrenzt. Ist ein Versicherter wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, so beträgt die Höchstdauer des Krankengelds 78 Wochen innerhalb des Zeitraums von drei Jahren (Blockfrist). Diese Regelung bezweckt, die Krankenkassen bei Dauerleiden, die eher dem Risikobereich der Rentenversicherung zugeordnet sind, finanziell zu entlasten.

Dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 Abs.1 SGB V liegt vor bei einem einheitlichen Krankheitsgeschehen im ursächlichen Sinn. Nicht entscheidend sind das Erscheinungsbild oder die Erscheinungsformen der Krankheit. Es genügt daher, dass ein nicht ausgeheiltes Grundleiden Krankheitsschübe bewirkt, die in zeitlichen Abständen behandlungsbedürftige Beschwerden auslösen (KassKomm-Höfler, a.a.O, Rdnr.3, 4 m.w. Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des BSG). Eine weitere Begrenzung der Anspruchsdauer des Krankengelds liegt in § 48 Abs.1 Satz 2 SGB V, wonach eine hinzutretende Krankheit die Leistungsdauer nicht verlängert. Diese Vorschrift bezweckt, dass die Höchstbezugsdauer des § 48 Abs.1 Satz 1 2. Halbsatz SGB V auch bei unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten wird. Ihre Rechtswirkung liegt darin, dass die schon bestehende, also dieselbe Krankheit und die hinzutretende in der laufenden Blockfrist als einheitliche Krankheit behandelt und die zeitlichen Bezugsgrenzen darauf angewendet werden. Fällt z.B. die Arbeitsunfähigkeit wegen der ersten Erkrankung weg, ist der Versicherte nur noch wegen der hinzu getretenen Krankheit arbeitsunfähig, so wird diese Leistungszeit auf den Anspruch wegen der ersten Erkrankung angerechnet und verlängert die Leistungsdauer von 78 Wochen nicht. Eine weitere Krankheit kann nur vorliegen, wenn es sich nicht um dieselbe Krankheit handelt. Es muss daher ein Krankheitsgeschehen mit einer anderen medizinischen Ursache feststellbar sein. Dabei ist unerheblich, ob die hinzugetretene weitere Krankheit für sich allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hätte. Auch wenn dies der Fall ist, tritt die Rechtswirkung des § 48 Abs.1 Satz 2 SGB V ein (KassKomm-Höfler, a.a.O., Rdnr.7, 7 b mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des BSG).

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld in der ab 18.01.1995 laufenden Blockfrist am 17.07.1996 wegen der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen beendet war. Der Nachweis der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit über den 17.07.1996 hinaus ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der Klinik A. vom 25.09.1996, den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr.S. , der Arbeitsunfähigkeit vom 11.10.1996 bis 18.11.1996 festgestellt hat, sowie dessen Schreiben vom 5.12.1996 und 09.06.1997 und dem Sachverständigengutachten von Dr.G. vom 02.03.2000 einschließlich dessen ergänzender Stellungnahme vom 29.10.2000. Der Sachverständige hat im Gutachten ausgeführt, dass die Klägerin im Zeitraum vom 18.01.1995 bis 31.03.1997 arbeitsunfähig gewesen ist. Es handelt sich hierbei um chronische Gesundheitsstörungen, die zwar in ihrer Intensität variabel sind, aber nie vollständig zum Abklingen gebracht werden können. Im ersten Zeitraum vom 18.01.1995 bis 17.07.1996 hat das psychische Beschwerdebild im Vordergrund gestanden, die sonstigen Diagnosen, insbesondere die Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule, sind zum damaligen Zeitpunkt hinsichtlich des Beschwerdebildes offensichtlich nicht so gravierend gewesen. Auch durch die Krankenhausbehandlung vom 27.04. bis 19.07.1995 in der Klinik für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin in N. ist eine wesentliche Besserung nicht erreicht worden. Die neuerliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 11.10.1996 ist nach dem Sachverständigen primär durch das BWS-Syndrom begründet, bei dem es sich nicht um eine psychosomatische Erkrankung, sondern um ein pathologisches anatomisches Krankheitsbild handelt, das eventuell durch die bestehende psychovegetative Labilität der Klägerin überlagert worden ist. Der Sachverständige hat im Anschluss an die Fragestellung des SG zusammenfassend ausgeführt, dass in der Zeit vom 18.01.1995 bis 17.07.1996 das psychosomatische Beschwerdebild und in der Zeit vom 11.10. 1996 bis 31.03.1997 das BWS-Syndrom zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben und hat daraus gefolgert, dass die Arbeitsunfähigkeit in beiden Zeiträumen auf unterschiedlichen Erkrankungen beruht habe.

Auf diese Schlussfolgerung kommt es aber für den vorliegenden Fall nicht an, da es dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der ab 11.10.1996 zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung um dieselbe oder eine neue Krankheit gehandelt hat. Denn in beiden Fällen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld im streitigen Zeitraum. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin bei der Entlassung aus der Klinik A. am 27.08.1996 nicht arbeitsfähig gewesen ist. Denn in dem Entlassungsbericht vom 25.09.1996 wird angegeben, dass die Klägerin im Hinblick auf ihre Bemühungen, einen neuen Arbeitsplatz zu erlangen, als arbeitsfähig entlassen worden ist. Sie sollte jedoch auf keinen Fall die Arbeit an ihrem früheren Arbeitsplatz in G. wieder aufnehmen, da sonst eine psychische Dekompensation zu erwarten sei. Daraus kann nach dem Sachverständigen nur der Schluss gezogen werden, dass die Klinik der Klägerin die Erlangung eines neue Arbeitsplatzes erleichtern wollte und dass bei Wiederaufnahme der früheren Arbeitstätigkeit wieder eine Verschlimmerung ihres Gesundheitszustandes gedroht hat. Hierzu hat der Sachverständige Dr.G. in der ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass die Klägerin auch im Zwischenzeitraum vom 28.08. bis 10.10.1996 durchgehend arbeitsunfähig gewesen ist. Somit ist die Entlassung als arbeitsfähig für andere als die bisherigen Tätigkeiten erfolgt. Aus Gründen der psychischen Belastbarkeitseinschränkung sei es jedoch nicht für möglich gehalten worden, den Arbeitsplatz in G. wieder aufzunehmen. Damit ergibt sich nach Auffassung des Sachverständigen hinsichtlich dieser Tätigkeit weiterhin noch Arbeitsunfähigkeit bis 10.10.1996.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1,2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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