L 6 SB 1958/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SB 3858/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1958/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. März 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) im Wege der Neufeststellung streitig.

Die am 20.05.1974 geborene Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit siedelte 1994 ins Bundesgebiet über. Sie hat keinen Beruf erlernt und arbeitet bei einer Gebäudereinigungsfirma in geringfügigem Umfang. Ihr Ehemann bezieht eine Erwerbsminderungsrente. Die Klägerin leidet an einer attenuierten familiären adenomatösen Polyposis. Dabei handelt es sich um eine seltene vererbte Erkrankung, die durch das Auftreten einer großen Anzahl von kolorektalen Adenomen charakterisiert ist und bei der sich bei ausbleibender Therapie häufig kolorektale Karzinome entwickeln. Aufgrund Nachweis eines Adenokarzinoms im Sigma sowie im Colon descendens erfolgte am 24.04.2006 eine subtotale Kolektomie (nicht vollständige Entfernung des Dickdarms) mit Ileorektostomie (operative Verbindung [Anastomose] zwischen Dünndarm [Ileum] und Mastdarm [Rektum], nach Entfernung des Dickdarms).

Auf den Erstantrag der Klägerin vom 24.01.2007 stellte die Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme (Teilverlust des Dickdarm, Dickdarmerkrankung [in Heilungsbewährung] Teil-GdB 50, Kopfschmerzsyndrom/psychovegetatives Erschöpfungs-syndrom Teil-GdB 20, Mitralklappen-Prolaps, Blutarmut Teil-GdB 20, Schilddrüsenver-größerung [Struma] kein Teil-GdB von mindestens 10, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule nicht nachgewiesen) mit Bescheid vom 07.03.2007 den GdB mit 70 seit 24.01.2007 fest. Auf einen Antrag der Klägerin vom 17.08.2007 auf Rückdatierung des Behindertenausweises auf das Jahr 2006 wurde mit Bescheid vom 21.08.2007 der GdB mit 70 seit 14.03.2006 festgestellt.

Von Amts wegen leitete der Beklagte am 05.02.2008 die Überprüfung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin ein und zog Befundunterlagen bei. Es wurden von behandelnden Ärzten vorgelegt ein Tonaudiogramm vom 31.01.2008 vom Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. H., ein Bericht über eine Sonographie und Szintigraphie der Schilddrüse am 27.02.2008 durch den Facharzt für Radiologie Dr. B. (geringgradige linksseitige Struma mit großem autonomen Adenom bei euthyreoter Stoffwechsellage), ein Bericht der Schilddrüsenambulanz des Universitätsklinikums Freiburg vom 29.01.2007 (Struma multinodosa linksbetont bei derzeit euthyreoter Stoffwechsellage ohne schilddrüsenspezifische Medikation), ein Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F.-W. vom 06.11.2006 (keine sensomotorischen Defizite, kein peripheres Engpass-Syndrom) und Untersuchungsbefunde des Internisten und Gastroenterologen Dr. S. von Koloskopien (Darmspiegelungen) vom 05.02.2008 und 22.10.2007 (unauffälliger Befund bei Zustand nach subtotaler Kolektomie) und vom 03.11.2006 (Anastomose bei 25 cm ab ano normal weit, schlitzförmig entzündlich verändert mit zartem Fibrinbelag, im Rektum Verdacht auf kleine Knospe, proktoskopisch bei Schmerzen im Enddarm kleine frische Fissur) und ein histologischer Bericht der Pathologie des Universitätsspitals B. vom 03.11.2006 (Kolonschleimhautfragmente ohne wesentliche pathologische Veränderungen).

Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. T.-T. (Kopfschmerz-Syndrom, psychovegetatives Erschöpfungssyndrom Teil-GdB 20, Mitralklappen-Prolaps, Blutarmut Teil-GdB 20, Schwerhörigkeit beidseits Teil-GdB 20 und Teilverlust des Dickdarms Teil-GdB 10) wurde nach Anhörung mit Bescheid vom 26.08.2008 der Bescheid vom 07.03.2007 in Verbindung mit dem Bescheid vom 21.08.2007 aufgehoben. Der GdB betrage 40 ab 30.08.2008.

Mit Änderungsantrag vom 29.01.2009 beantragte die Klägerin die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen. Es liege eine operative Entfernung des Dickdarms vor, sie leide sehr oft (ca. einmal pro Woche) an Migräneanfällen, habe permanente Schmerzen in der LWS und HWS sowie Taubheitsgefühle in den Armen und Wadenschmerzen. Es lägen eine Schilddrüsenerkrankung (Knoten) mit Enge- und Würgegefühl sowie Herzprobleme (Mitralprolaps) und psychische Probleme mit Depressionen (Angst wegen Krebs, Angst wegen der Kinder, weil der Krebs genetisch sei) und Schwerhörigkeit an beiden Ohren vor.

Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte bei behandelnden Ärzten ein. Dr. H. legte ein Tonaudiogramm vom 06.02.2009 vor. Dr. F.-W. gab an, die Klägerin sei nur einmalig am 06.11.2006 in Behandlung gewesen und wiederholte die Angaben aus dem Befundbericht vom 06.11.2006. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. M. legte noch den Untersuchungsbefund über eine Koloskopie am 10.12.2008 (bis auf geringe partielle Verunreinigungen im Restkolon, das eine Länge von 25 cm hat, unauffälliger Befund) vor.

Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K., dass keine wesentliche Änderung eingetreten sei, wurde mit Bescheid vom 07.07.2009 der Antrag auf Neufeststellung des GdB abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung lägen nicht vor.

Die Klägerin legte am 22.07.2009 Widerspruch ein, der Gesundheitszustand habe sich nicht verbessert, insbesondere sei eine psychosomatische bzw. psychische Komponente hinzugetreten. Dr. M. gab in seiner von dem Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 22.11.2009 an, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen seien ihm nie aufgefallen und seien - wie auch psychosomatische Beschwerden - nie geäußert worden. 2006 sei eine Abklärung des Herzens ohne wesentlichen Befund erfolgt. Bekannt sei eine Struma nodosa (Euthyreose). Unverändert bestehe ein Zustand nach subtotaler Kolektomie mit einer Anastomosenentzündung im November 2009 und Beschwerden bei der Defäkation bei einer Analfissur derzeit, die Stuhlkontinenz sei eher flüssig. Die Klägerin klage auch über Rückenschmerzen und Brachialgien (Armschmerzen), die sich durch Krankengymnastik besserten. Funktionseinschränkungen an Armen und Beinen seien nicht bekannt. Er legte einen Befundbericht von Dr. S. zu einer Koloskopie vom 12.10.2009 vor (unauffälliger Befund). Die Klägerin legte noch ein Gutachten von Dr. G. für die Agentur für Arbeit vom 15.09.2009 vor und vom Facharzt für Orthopädie K. wurde ein Befundbericht vom 25.02.2010 (Cervicobrachialgie, Steilstellung HWS, Karpaltunnelsyndrom rechts, Senk-Spreiz-Fuß, mäßige Bewegungseinschränkung der HWS) vorgelegt.

Dr. A. führte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, dass zwar weitere Leiden - so eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und ein Schulter-Arm-Syndrom mit einem Teil-GdB von 10 und eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform mit einem Teil-GdB von 10 - anzuerkennen seien, insgesamt jedoch kein höherer GdB als 40. Daraufhin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010 der Widerspruch zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 27.07.2010 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Sie habe aufgrund der Vielzahl ihrer Erkrankungen, insbesondere aufgrund des Verlustes des Dickdarms, eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung auf Dauer hinzunehmen. Wegen der schlechten Speichermöglichkeit des Stuhlgangs müsse sie zum Teil bis zu achtmal täglich kleinere Mengen Stuhlgang lassen. Gelegentlich komme es auch zu Stuhlinkontinenz, da sie ihren Stuhlgang nicht länger als zehn Minuten zurückhalten könne. Es sei durch die starke psychische Belastung auch eine depressive Episode eingetreten. Durch die eingetretenen Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, des Schulter-Arm-Syndroms und der beidseitigen Fußfehlform sei der Teil-GdB für orthopädische Beeinträchtigungen mit mindestens 20 festzustellen.

Das SG hat Dr. M. als sachverständigen Zeugen schriftlich einvernommen. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 15.05.2011 ausgeführt, während Neurosen und Persönlichkeitsstörungen ihm nie aufgefallen und auch nie geäußert worden seien, seien psychosomatische Beschwerden in den letzten Jahren häufiger geäußert worden. Die Klägerin beklage Kopfschmerzen, diffuse Rückenschmerzen und multiple Schmerzen in den Beinen. Auch seien Ängste und Panikattacken mit Luftnot geäußert worden. Es bestünden deutliche Hinweise auf ein depressives Geschehen. Körperlich bestünden keine neurologischen Störungen, auch orthopädisch seien keine Defizite vorhanden. Von Seiten des Darms klage sie über dranghaften Durchfall. Das soziale Leben der Klägerin sei durch ihre Erkrankung und die Erkrankung ihres Ehemannes als eingeschränkt zu bezeichnen. 2006 sei eine Struma ohne Einschränkungen diagnostiziert worden, 2010 ein Karpaltunnel-Syndrom rechts mit leichten körperlichen Einschränkungen. Es liege eine Cervicobrachialgie mit geringfügigen Einschränkungen vor, ein Mitralklappen-Prolaps sei seit 2006 nicht mehr nachweisbar gewesen. Es bestehe nur noch ein kleines Stück Restdarm. Seiner Einschätzung nach sei der GdB mit 10 hierfür zu niedrig angesetzt. Dr. M. legte einen Untersuchungsbefund über eine Koloskopie von Dr. S. vom 03.06.2008 (unauffälliges Restkolon), einen Befundbericht von Dr. R., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 03.05.2011 (Dysthymia und mittelgradige depressive Episode), einen Befundbericht von Dr. G., Arzt für Innere Medizin, Kardiologie, vom 18.08.2006 (aktuell kein Mitralsegelprolaps nachweisbar, gute links- und rechtsventrikuläre Funktion, anamnestisch Extrasystoli) und einen pathologisch-anatomischen Befundbericht des Universitätsklinikums Freiburg vom 24.05.2011 (kein Nachweis von malignem invasivem Wachstum) sowie einen Bericht von Dr. S. vom 25.05.2011 (erneut drei kleine Polypenknospen im anastomosennahmen Restkolon mit der Zange abgetragen) vor.

Die Klägerin hat angegeben, sie befinde sich nun bei Dr. R., Facharzt für Psychiatrie, in Behandlung. Die Verabreichung der psychiatrischen Medikamente habe für sie erhebliche Schwierigkeiten mit sich gebracht. Sie sei aufgrund ihrer Dickdarmresektion nicht in der Lage, verdauungsspezifisch auffällige Psychopharmaka-Medikamente zu sich zu nehmen. Daraufhin sei angeregt worden, die Medikation abzusetzen bzw. auf leichtere Medikamente umzustellen, wodurch es zu einer Verschlechterung ihrer psychischen Situation gekommen sei.

Das SG hat Dr. R. und Dr. S. als sachverständige Zeugen schriftlich einvernommen. Dr. R. hat in seiner Stellungnahme vom 29.09.2011 angegeben, die Klägerin habe sich am 04.03.2010, 03.05.2011 und 10.05.2011 in Behandlung befunden. Diagnostisch werde von einer Dysthymia ausgegangen. Am 04.03.2010 habe die Klägerin über Kopfschmerzen, Verunsicherung, generalisierte Schwäche und Ängste geklagt, so dass zum damaligen Zeitpunkt ein mittelgradiges depressives Syndrom im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode diagnostiziert und mit der Behandlung mit Citalopram begonnen worden sei. Die Klägerin habe dies jedoch nicht vertragen, über Schwindel geklagt, so dass sie in der Folge keiner Medikation bedurft und eine Folgebehandlung nicht stattgefunden habe. Die Dysthymia könne unter dem Begriff psychovegetatives Erschöpfungs-Syndrom aufgehen und werde letztlich auch mit einem GdB von maximal 20 beurteilt. Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 09.12.2011 ausgeführt, nach Verkürzung des Kolons auf wenige Zentimeter werde die Klägerin im Verlauf sicherlich an häufigen Stuhlgängen leiden, andere Einschränkungen seien jedoch nicht zu erwarten. Eine Inkontinenz sei nicht angegeben worden, so dass die Durchfälle zu keiner relevanten Einschränkung der Lebensqualität führen dürften. Die häufigen Stuhlfrequenzen durch Verkürzung des Kolons würden ein dauerhaftes Problem bleiben, obgleich auch medikamentöse Maßnahmen zur Reduktion der Stuhlfrequenz möglich seien. Die Auffassung des Versorgungsärztlichen Dienstes teile er. Die psychovegetative Problematik stehe deutlich im Vordergrund.

Das SG hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Prof. Dr. T. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem fachinternistischen Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 28.06.2012 einen Zustand nach (sub-)totaler Kolektomie mit Ileorektostomie am 24.04.2006 bei attenuierter familiärer adenomatöser Polyposis mit Nachweis eines Adenokarzinoms im Sigma sowie im Colon descendens, aktuell in kompletter Remission diagnostiziert. Beeinträchtigungen wie weicher Stuhl, häufiger Stuhlgang sowie Stuhldrang seien Folge der Operation und würden die Klägerin ein Leben lang begleiten. Eine seelische Belastung hierdurch sei denkbar. Hinzu komme die Gewissheit, die Anlagen ihren Töchtern vererbt zu haben. Es lägen weiter eine Struma diffusa et multinodosa und eine Helicobacter pylori-assoziierte Gastritis vor, die durch eine Eradikationstherapie gut behandelt werden könne. Hierbei handle es sich um keine wesentlichen Gesundheitsstörungen. Die Beeinträchtigungen durch die Dickdarm-Entfernung könnten bei anhaltenden Beschwerden mit einem Teil-GdB von 20 angesetzt werden. Hinzu komme eine Afterschließmuskelschwäche mit seltenem, nur unter Belastungen auftretendem, unwillkürlichen Stuhlabgang, die zusätzlich einen GdB von 10 ergebe. Unter Kenntnis der dauerhaft bestehenden Funktionseinschränkungen sei der GdB mit insgesamt 50 anzusetzen. Der Mitralklappen-Prolaps habe nicht mehr nachgewiesen werden können und könne somit auch nicht mehr berücksichtigt werden.

Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. ausgeführt, es ergebe sich auch bei einem Teil-GdB von 20 für den Teilverlust des Dickdarms sowie einem Teil-GdB von 10 für die Afterschließmuskelschwäche, ein Gesamt-GdB von 40.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Funktionsbeeinträchtigungen bezogen auf das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche seien mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend bewertet. Für den Hörverlust von 40 % beidseits sei ein GdB von 20 angemessen. Hinsichtlich des Funktionssystems Herz-Kreislauf bestehe keine Funktionsbeeinträchtigung, die einen GdB von wenigstens 10 zur Folge habe. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Verdauung seien mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Dieser GdB erhöhe sich durch eine Afterschließmuskelschwäche nicht weiter. Eine über Stuhldrang hinausgehende Inkontinenz werde weder von Dr. M. noch von Dr. S. berichtet. Die Struma stelle keine wesentliche Gesundheitsstörung und Behinderung dar. Die beidseitige Fußfehlform mit allenfalls geringgradigen statischen Auswirkungen sei mit einem Teil-GdB von 10 ausreichend bewertet. Die Funktionsbehinderung der HWS sei als Wirbelsäulen-Syndrom mit geringen funktionellen Auswirkungen mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Die Behinderungen seien mit einem Gesamt-GdB von 40 ausreichend berücksichtigt.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.05.2013 Berufung eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es habe sich eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit dem 30.08.2008 eingestellt. Insbesondere sei aufgrund der Stuhlinkontinenz eine erhebliche Verschlimmerung der psychischen Situation eingetreten. Sie ist der Ansicht, das Gericht sei nicht befugt, eine medizinische Feststellung oder Wertung dem Sachverständigen gegenüber zu stellen.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. März 2013 sowie den Bescheid vom 7. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2010 aufzuheben, den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 26. August 2008 abzuändern und festzustellen, dass der GdB wenigstens 50 beträgt, hilfsweise Prof. Dr. E. zur erneuten Stellungnahme aufzufordern oder ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine wesentliche Verschlimmerung gegenüber der vorherigen bindenden Feststellung sei nicht eingetreten, weshalb der GdB weiterhin 40 betrage.

Die frühere Berichterstatterin hat am 24.09.2013 die Sach- und Rechtslage im Rahmen eines Erörterungstermins mit den Beteiligten besprochen. Die Klägerin hat unter Vorlage eines Attestes von Dr. M. vom 19.09.2013, wonach sie aufgrund Darminkontinenz keine längeren Autofahrten durchhalten könne, nicht teilgenommen. Ihr Bevollmächtigter hat insbesondere darauf hingewiesen, dass der Ehemann mitgeteilt habe, sie könne ihn und die Kinder nicht mehr begleiten oder 10 Minuten einkaufen gehen, da sie den Stuhldrang dann nicht zurückhalten könne.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat der Senat Prof. Dr. E. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat ausgeführt, die Klägerin, die weiterhin geringfügig beschäftigt ist, nehme Schmerzmittel (Ibuprofen und Aspirin) sowie Beta-Blocker, aber nach wie vor keine Psychopharmaka und sei auch nicht mehr in psychiatrischer Behandlung. Er hat in seinem psychiatrischen Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 05.03.2014 eine depressive Episode diagnostiziert, die wahrscheinlich seit 2006 bestehe und vom behandelnden Psychiater seit 2010 dokumentiert sei. Es seien Affektivität, Antrieb, Denken und Kognition sowie Vegetativum beeinträchtigt. Die Funktionsbeeinträchtigungen seien leicht bis mittelschwer ausgeprägt. Der GdB werde auf 30 eingeschätzt. Zusätzlich seien die Kopfschmerzen mit einem GdB von 20 zu nennen. Das Kopfschmerz-Syndrom und die Depression seien bei Überschneidung der Symptome mit einem Gesamt-GdB von 30 zu bewerten. Damit ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50.

Der Beklagte hat eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. H. vorgelegt, wonach es unter Ausnutzung des Ermessensspielraums möglich sei, den GdB von 30 von Prof. Dr. E. zu übernehmen, wobei damit die Bewertung am oberen Rand des Möglichen angesiedelt sei. Bei der Klägerin liege allenfalls eine mäßig behindernde Störung vor. Eine erhebliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei nicht dokumentiert. Deswegen lasse sich auch unter Berücksichtigung der übrigen Gesundheitsstörungen keine Anhebung des Gesamt-GdB auf 50 begründen, da vorher der Gesamt-GdB von 40 großzügig festgesetzt worden sei.

Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, die Depression, die depressive Verstimmung als auch die Kopfschmerzen seien einzeln zu bewerten. Es liege eine starke Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Somit sei zutreffend von einem Gesamt-GdB von 50 auszugehen.

Am 25.07.2014 hat die Berichterstatterin erneut mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert, wobei die Klägerin unter Vorlage eines Attestes von Dr. M., dass sie wegen einer Darminkontinenz keine längeren Autofahrten durchhalten könne, wiederum nicht an dem Termin teilgenommen hat. Der Klägervertreter hat in dem Termin darauf hingewiesen, dass die Klägerin derzeit im Landkreis keine psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten habe und insbesondere aufgrund ihrer Darmproblematik nur kurze Weg- und Fahrstrecken zurücklegen könne.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß erhobene Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 07.07.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40.

Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt für ausreichend aufgeklärt und die Einholung weiterer Gutachten oder einer Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. E. für nicht erforderlich. Dass der Senat der abweichenden Einschätzung des Sachverständigen nicht folgt (dazu unten), begründet für sich betrachtet allein nicht die Erforderlichkeit weiterer Sachaufklärung (so im Ergebnis auch die vom klägerischen Bevollmächtigten zitierte Entscheidung des BSG vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R- juris). Denn der Sachverständige hat seine Schlussfolgerungen allein auf die subjektiven Schilderungen der Klägerin gestützt, ohne diese kritisch zu hinterfragen. So hat er beispielsweise keine körperlichen Auffälligkeiten gefunden, obwohl die Klägerin angeblich nichts mehr machen will, was zumindest einen Muskelabbau, aber auch einen schlechten Allgemeinzustand nahegelegt hätte. Sie behauptet, nicht auf deutsch kommunizieren zu können, dem Sachverständigen war aber eine Anamneseerhebung und Verständigung ohne Dolmetscher möglich. Sie war wach und zu allen Qualitäten orientiert, es sollen aber Auffassungsgabe und Konzentration gemindert sein. Auch führt der Gutachter selbst aus, dass die Funktionsbeeinträchtigungen leicht bis mittelschwer sind und keine sehr großen Auswirkungen auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit festzustellen sind. Die von ihm vorgeschlagene Bewertung des GdB erfordert jedoch das Vorliegen stärker behindernder Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. All diese Umstände machen ein Gutachten unschlüssig, begründen aber nicht die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen, zumal der Senat sich insoweit in Übereinstimmung mit der Beratungsärztin des Beklagten sieht.

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen ist. Die Änderung muss sich mithin nach dem zugrunde liegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Wesentlich ist eine Änderung im Hinblick auf die Feststellung des GdB dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Dagegen ergibt sich aus der Änderung oder dem Hinzutreten weiterer Behinderungen allein keine wesentliche Änderung des ursprünglichen Bescheids. Denn weder die einzelnen Behinderungen noch die hierfür angesetzten Teil-GdB-Sätze gehören zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50). Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Das Vorliegen einer oder mehrerer neuer Behinderungen begründet einen Anspruch auf Abänderung des ursprünglichen Bescheids daher nur dann, wenn sich hieraus eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergibt. Maßgeblich ist der letzte Feststellungsbescheid, hier der Bescheid vom 26.08.2008, mit dem festgestellt worden ist, dass ab 30.08.2008 der GdB 40 beträgt.

Ausgehend hiervon hat das SG zu Recht festgestellt, dass keine Änderung hinsichtlich des GdB seit dem Antrag auf Neufeststellung am 29.01.2009 eingetreten ist. Denn die Feststellung eines über 40 hinaus gehenden GdB lässt sich weiterhin nicht begründen.

Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 69 Abs. 1, 3 und 4 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30.06.2011 § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 01.01.2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird wie zuvor in den AHP der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.

Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e; so auch BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - juris).

Liegen - wie im Falle der Klägerin - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung (vgl. Teil A Nr. 7 a Satz 1 der VG). Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern unter Beachtung der VG auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - juris). Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen.

In Anwendung dieser durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin keinen höheren GdB als 40 rechtfertigen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens und der Ermittlungen im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des SG nicht die Anhebung des GdB auf über 40 gerechtfertigt.

Für das mittlerweile im Vordergrund der Beeinträchtigungen stehende Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche ist zur Überzeugung des Senats nur ein Teil-GdB von 20 zu berücksichtigen. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 und bei schweren Störungen (zum Beispiel schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70.

Soweit die Klägerin an psychosomatischen Beschwerden in Form von regelmäßigen Kopfschmerzen sowie der von Dr. M. geschilderten Rückenschmerzen und Armschmerzen, denen keine neurologischen bzw. orthopädischen Erkrankungen zugrunde liegen, leidet, ordnet der Senat regelmäßig somatoforme Schmerzstörungen ebenfalls den nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 zu bewertenden psychischen Störungen zu.

Ob bei der Klägerin eine gravierende seelische Erkrankung vorliegt, lässt sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen. So hat der Hausarzt Dr. M. noch zum Antragszeitpunkt 2009 angegeben, dass ihm Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen wie auch psychosomatische Beschwerden nie aufgefallen und auch nie geschildert worden sind. Erst in seiner Stellungnahme vom 15.05.2011 hat er dann ausgeführt, dass deutliche Hinweise auf ein depressives Geschehen bestehen und psychosomatische Beschwerden (Kopfschmerzen, diffuse Rückenschmerzen, multiple Schmerzen in den Beinen, Ängste und Panikattacken mit Luftnot, obwohl körperlich keine neurologischen Störungen, wie auch keine orthopädischen Defizite bestehen) in den letzten Jahren häufiger geäußert worden sind. Auch der von März 2010 bis Mai 2011 behandelnde Psychiater Dr. R. hat nur eine Dysthymia sowie ein mittelgradiges depressives Syndrom festgestellt. Nach ICD-10 F34.1 setzt eine Dysthymia eine andauernde depressive Verstimmung voraus, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen. Demgegenüber ist Prof. Dr. E. von einem depressiven Syndrom ausgegangen und hat des Weiteren ein Kopfschmerzsyndrom diagnostiziert, obwohl die Klägerin zum Begutachtungszeitpunkt keinerlei richtungsweisende Behandlung durchführt. Bei fehlender ärztliche Behandlung kann aber in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze (GdB 30 bis 40) darstellt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10).

Ausgehend von den - hier (wie häufig auf psychiatrischem Fachgebiet) nicht völlig eindeutigen - medizinischen Diagnosen ist zur Ermittlung des GdB die funktionelle Auswirkung der Erkrankung auf die Teilhabefähigkeit der Klägerin auf der Grundlage der VG festzustellen. Nicht die Diagnose, sondern die Leistungs-(besser: Funktions-)Einschränkung ist entscheidend. Insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet beruht die Beurteilung der Teilhabefähigkeit in erheblichem Umfang auf den validierten anamnestischen Angaben des/der Betroffenen, die daher im Einzelnen auszuwerten sind. Die Klägerin hat sich zwar zuletzt im Antrieb und der affektiven Schwingungsfähigkeit eingeschränkt gezeigt, Störungen von Merkfähigkeit und Gedächtnis sind jedoch nicht nachweisbar, die Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit sind nur subjektiv vermindert gewesen, wie auch nur subjektiv eine psychomotorische Hemmung geschildert worden ist. Der formale Gedankengang ist hingegen geordnet, wenn auch verarmt. Die Klägerin ist aber noch in der Lage, den Haushalt für sich, ihren (ebenfalls kranken) Ehemann und die drei Töchter zu führen. Dass die Töchter ihr teilweise helfen, ist in Anbetracht dessen, dass eine Tochter bereits volljährig und eine bereits eine Jugendliche ist, nicht krankheitsbedingt und belegt für sich genommen keine Erforderlichkeit aus gesundheitlichen Gründen. Zusätzlich kann die Klägerin noch täglich für 2 Stunden einer Tätigkeit als Reinigungskraft nachgehen. Dies spricht für einen strukturierten Tagesablauf und geringe Auswirkungen auf die Gestaltungsfähigkeit. Soweit die Klägerin angegeben hat, im Gegensatz zu früher nicht mehr lange Spaziergänge zu machen, ist ihr dies bereits aufgrund ihrer häufigen Stuhlgänge mit Stuhldrang nicht mehr möglich, wie auch diese sie in ihrer Gestaltungsfähigkeit für Unternehmungen und soziale Kontakte einschränken.

Hieraus ergibt sich, wie auch von Prof. Dr. E. ausgeführt, dass die Funktionsbeeinträchtigungen nur leicht bis mittelschwer ausgeprägt sind. Denn große Auswirkungen auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit können nicht festgestellt werden. Das gilt umso mehr, als die Klägerin keinerlei richtungsweisende Behandlung durchführt, was nach der Senatsrechtsprechung gegen eine manifeste depressive Erkrankung spricht. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, sie vertrage die Medikamente aufgrund ihrer Darmprobleme nicht und finde keinen türkischsprachigen Therapeuten. An der Richtigkeit dieser Darlegung hat der Senat aber begründete Zweifel, da die Klägerin Schmerzmittel ohne jeden Magenschutz einnehmen kann und über Jahre bei einem deutschsprachigen Therapeuten, nämlich Dr. R., in Behandlung war. Dieser hat im Übrigen auch nicht davon berichtet, dass die Klägerin durch die Medikation Verdauungsprobleme bekam, sondern sie an Schwindel litt und eine Umstellung allein deswegen nicht erfolgt ist, weil sie "in Folge keiner Medikation bedurfte". Die Einschätzung von nur leicht bis mittelschweren Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung entspricht auch der Einschätzung des Dr. R., bei dem die Klägerin Kopfschmerzen, Verunsicherung, generalisierte Schwäche und Ängste geschildert und der ausgeführt hat, dass mit dem chronifizierten depressiven Syndrom leichte Einschränkungen mit Konzentrationsstörungen, zeitweise Stimmungstief, Ängstlichkeit und Unsicherheit verbunden sind. Ebenso wird diese Beurteilung dadurch gestützt, dass die Klägerin, nachdem sie Citalopram nicht vertragen hat, das nach dem Befundbericht vom 03.05.2011 auch nur mit 10 mg am Morgen verschrieben worden war, nach Ansicht von Dr. R., keiner weiteren Medikation bedurfte und eine Folgebehandlung nicht stattgefunden hat, auch keine psychotherapeutische oder schmerztherapeutische.

Auch unter Berücksichtigung der psychosomatisch bedingten Schmerzstörungen kann bei der Klägerin damit keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit festgestellt werden. Damit ist ein Teil-GdB von 20 hierfür angemessen und ausreichend, wobei darauf hinzuweisen ist, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung am 29.01.2009 unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. M. vom 22.11.2009 noch nicht ein Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem Gehirn und Psyche festgestellt werden kann, sondern frühestens ab der Vorstellung bei Dr. R. im März 2010.

Das Funktionssystem Ohren ist weiterhin mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Maßgebend für die Bewertung ist die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist. Nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.2 wird der prozentuale Hörverlust aus dem Tonaudiogramm bei unregelmäßigem Verlauf der Tongehörskurve durch Addition der vier Teilkomponenten (4-Frequenztabelle nach Röser 1973) bei 500 Hz, 1000 Hz, 2000 Hz und 4000 Hz ermittelt. Aus dem Tonaudiogramm vom 06.02.2009 errechnet sich danach ein Hörverlust von links 43 % und rechts 42 %. Nach der Tabelle D zur Ermittlung des GdB aus den Schwerhörigkeitsgraden für beide Ohren in den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 ermittelt sich bei einem beidseitigen Hörverlust von 40 % ein Teil-GdB von 20. Daraus folgt, dass weiterhin ein Teil-GdB von 20 für die Hörstörung noch ausreichend und angemessen ist.

Hinsichtlich der auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen hat das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt, dass und warum die Teil-GdB-Werte von 20 für das Funktionssystem Verdauung, von 10 für die Wirbelsäule und von 10 für die Fußfehlform angemessen sind und die weiteren auf internistischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen keinen Teil-GdB von wenigstens 10 begründen. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.

Bezüglich der bei der Klägerin vorliegenden chronischen Darmerkrankung mit Darmteilresektion lässt sich nach der überzeugenden Bewertung des Sachverständigen Prof. Dr. T. kein GdB über 20 feststellen. Nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.2 beträgt bei chronischen Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion) ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen der GdB 0 bis 10, mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen (z.B. Durchfälle, Spasmen) 20 bis 30 und mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes 40 bis 50.

Nachdem bisher kein weiteres Karzinom aufgetreten ist, sondern nur am 25.05.2011 drei kleine Polypenknospen ohne malignen Befund abgetragen worden sind, liegt im Hinblick auf die Karzinome eine Heilungsbewährung vor. Da - wie Prof. Dr. T. ausgeführt hat - das Tumorstadium bei der (sub-)totalen Kolektomie noch wenig fortgeschritten war, ist nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.2 nur eine Heilungsbewährung von zwei Jahren zu berücksichtigen. Dieser Zeitraum war bei Stellung des Verschlimmerungsantrages bereits überschritten. Daher sind nur die tatsächlich bestehenden Funktionseinschränkungen zu berücksichtigen. Eine erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes liegt bei der Klägerin nicht vor. Die Klägerin befand sich bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand bei einem Gewicht von 74 kg bei einer Größe von 166 cm und einem daraus folgenden Body-Mass-Index von 26,9. Auch ist die Klägerin in der Lage, täglich zwei Stunden der körperlich fordernden Tätigkeit als Reinigungskraft nachzugehen und sich um den Haushalt zu kümmern. Allerdings liegen anhaltende Symptome aufgrund der täglichen häufigen Stuhlgänge, dem damit einhergehenden Stuhldrang und immer wieder auftretender Durchfälle vor. Hinzu kommen temporär auftretende Beschwerden wie Anastomoseentzündungen, die von Dr. M. im November 2009 und von Dr. S. im November 2006 angegeben wurden, sowie Analfissuren, wie im November 2009 beschrieben. Diese zusätzlichen Beschwerden treten jedoch, wie sich aus den vorliegenden Untersuchungsberichten über Koloskopien ergibt, nur recht selten auf, meistens liegt hingegen ein unauffälliger Befund bei den Koloskopien vor. Für eine Fistel in der Umgebung des Afters mit geringer, nicht ständiger Sekretion, ist nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.4 auch nur ein GdB von 10 zu berücksichtigen. Unter Stuhlinkontinenz leidet die Klägerin nur gelegentlich. Nach der Stellungnahme von Dr. S. vom 09.12.2011 hat die Klägerin bei ihm keine Inkontinenz angegeben. Auch im Rahmen der Begutachtungen durch Prof. Dr. T. und Prof. Dr. E., zu denen die Klägerin in der Lage war anzureisen, werden keine Unterbrechungen durch auffällig häufige Toilettenbesuche erwähnt. Im Klageverfahren hat die Klägerin gelegentliche Stuhlinkontinenz angegeben, bzw., dass sie bei Stuhldrang rasch eine Toilette aufsuchen muss. Eine Afterschließmuskelschwäche mit seltenem, nur unter besonderen Belastungen auftretendem, unwillkürlichem Stuhlgang begründet nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.4 einen GdB von 10. Nachdem nach den VG, Teil A, Nr. 2 e) die Funktionssysteme wie die Verdauung zusammenfassend beurteilt werden sollen, ist damit insgesamt für das Funktionssystem Verdauung ein Teil-GdB von 20 ausreichend und angemessen.

Eine weitere Erhöhung dieses Teil-GdB aufgrund seelischer Begleiterscheinungen hat nicht zu erfolgen. Bei ausgedehntem Mastdarmvorfall, künstlichem After oder stark sezernierenden Kotfisteln, die zu starker Verschmutzung führen, sind nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.4 gegebenenfalls außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen zusätzlich zu berücksichtigen. Keine dieser Konstellationen ist vorliegend erfüllt. Die üblichen seelischen Begleiterscheinungen sind bereits nach den VG, Teil A Nr. 2 i) in den niedergelegten GdB-Sätzen begründet. Nur wenn die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher sind, als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, so ist ein höherer GdB hierdurch gerechtfertigt. Außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind demnach anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z.B. eine Psychotherapie - erforderlich ist. Vorliegend wird jedoch bereits ein Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem Psyche berücksichtigt. Eine nochmalige Berücksichtigung der besonderen psychischen Auswirkungen im Rahmen der Darmerkrankung ist daher ausgeschlossen.

Der Teil-GdB für die von der Wirbelsäule ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin ist mit 10 ausreichend bewertet. Nach den VG Teil B Nr. 18.9 beträgt der GdB bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) 10 und nur bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) 20.

Bei der Klägerin liegt nach dem Befund des Facharztes für Orthopädie K. vom 25.02.2010 nur eine mäßige Bewegungseinschränkung der HWS vor. Aus den dort erhobenen Bewegungsausmaßen mit Normalwerten von 70/0/70° bei der Seitdrehung links-rechts, einer eingeschränkten Rückwärtsneigung bei Werten von 20/0/50° bei der Reklination/Inklination und einer eingeschränkten Seitneigung links-rechts bei Werten von 25/0/25° ergeben sich nur funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, die insgesamt als gering zu bewerten sind. Hierfür spricht auch, dass sich die Klägerin nicht in laufender orthopädischer Behandlung befindet. Die geklagten Rückenschmerzen und Kopfschmerzen werden im Übrigen bereits im Rahmen des Teil-GdB für das Funktionssystem Psyche erhöhend berücksichtigt, so dass eine weitere Bewertung ausgeschlossen ist.

Soweit der Facharzt für Orthopädie K. das Vorliegen eines Senk-Spreizfußes mit Metatarsalgie 2 bis 4 rechts stärker links angegeben hat, ist diese Fußdeformität, für die fußbettende Einlagen verordnet wurde und die allenfalls mit statischen Auswirkungen geringen Grades verbunden ist, nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 mit einem Teil-GdB von 10 ebenfalls ausreichend berücksichtigt.

Die darüber hinaus auf dem internistischen Fachgebiet bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen einer Struma diffusa et mulitnodosa sowie einer Helicobacter pylori-assoziierten Gastritis begründen mangels Funktionsbeeinträchtigungen keinen GdB. Ein Mitralklappenprolaps ist bereits seit 2006 durch Dr. G. nicht mehr feststellbar gewesen und zeigte sich auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. T. nicht. Insoweit wird auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen des SG verwiesen. Der Facharzt für Orthopädie K. gibt nur den Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom an, während Dr. M. ein Karpaltunnelsyndrom und hieraus folgende Funktionseinschränkungen überhaupt nicht erwähnt, so dass hierfür ebenfalls kein Teil-GdB festzustellen ist.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Teil-GdB-Werte (jeweils Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem Psyche, das Funktionssystem Ohr sowie das Funktionssystem Verdauung und jeweils Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem Rumpf und die Füße) beträgt der Gesamt-GdB weiterhin nicht mehr als 40. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Überschneidung der aus der Darmstörung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen im Hinblick auf die Einschränkungen der Gestaltungsfähigkeit mit denen aus den psychischen Beeinträchtigungen vorliegt. So folgt bereits aus den häufigen Stuhlgängen mit Stuhldrang eine Einschränkung der Gestaltungsfähigkeit, wie sie sich auch aus den Erkrankungen des psychischen Formenkreises mit Zurückgezogenheit ergibt. Ebenso liegen im Hinblick auf Ängste und psychische Auswirkungen der Darmerkrankung Überschneidungen vor. Im Übrigen bestehen aufgrund der ebenfalls bestehenden psychosomatischen Komponente Überschneidungen mit den orthopädischen Erkrankungen. Nachdem nach den VG, Teil A, Nr. 3 a, ee leichte, nur einen GdB von 10 bedingende Gesundheitsstörungen von Ausnahmefällen abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen und es auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen und Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen verschiedener Erkrankungen vorliegen, ist es daher nicht gerechtfertigt, einen Gesamt-GdB über 40 festzusetzen. Eine wesentliche Verschlimmerung ist gerade nicht nachgewiesen.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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