Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 1 KR 21/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 40/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 3/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hat ein Rentner nach Beginn seiner Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nicht innerhalb der dreimonatigen Antragsfrist gestellt führt ein späterer Verzicht auf die Rentenzahlung weder zur Beendigung der Versicherungspflicht noch zur Eröffnung eines neuen Befreiungsrechts nach Wiederaufnahme der Rentenzahlung.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der 1983 geborene Kläger bezog aus der Versicherung seiner im Januar 1989 verstorbenen Mutter eine Halbwaisenrente, die seit Januar 1992 nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) berechnet und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährt wird. Als am 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Kraft trat, wurde der Kläger nach dessen Vorschriften versicherungspflichtig in der KVdR und Mitglied der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Im Juli 1992 wurde sein Vater ins Beamtenverhältnis berufen und auch für den Kläger beihilfeberechtigt. Vertreten durch seinen Vater betrieb der Kläger gegenüber der AOK ab November 1994 unter Hinweis auf den Beihilfeanspruch und eine 1992 für ihn abgeschlossene private Krankenversicherung die "Entlassung" aus der KVdR. Die beklagte AOK teilte ihm mit, eine Befreiung von der Versicherungspflicht scheide aus, weil der erforderliche Befreiungsantrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht, dh bis zum 31. März 1991 gestellt worden sei.
Daraufhin verzichtete der Kläger im Dezember 1995 bei der BfA auf die Zahlung der Halbwaisenrente für einen Monat. Zugleich erklärte er den Widerruf seines Verzichts ab dem Folgemonat. Die BfA stellte mit bestandskräftigem Bescheid vom 6. Februar 1996 fest, dass der Verzicht ab 1. Januar 1996 wirksam geworden sei, die Rente auf Grund des Widerrufs jedoch ab 1. Februar 1996 wieder gezahlt werde. Am 15. Februar 1996 beantragte der Kläger sodann bei der Beklagten, ihn nunmehr ab Februar 1996 von der Versicherungspflicht zu befreien. Die Beklagte lehnte dies ab. Der Verzicht auf die Halbwaisenrente sei für Januar 1996 zwar wirksam. Dies führe nach dem Widerruf des Verzichts zum 1. Februar 1996 aber nicht zu einem erneuten Befreiungsrecht, weil sonst Rechtsvorschriften umgangen würden. Bei einem Verzicht und dessen späterem Widerruf erlösche das der Rentenzahlung zu Grunde liegende Stammrecht nicht. Die Versicherungspflicht des Klägers in der KVdR werde somit durch den Verzicht auf die Halbwaisenrente im Januar 1996 nicht berührt (Bescheid vom 11. März 1996, Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1996).
Der Kläger hat Klage erhoben und beim Sozialgericht (SG) beantragt, unter Aufhebung dieser Bescheide festzustellen, dass bei ihm ab 31. März 1991 eine Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V nicht bestand. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 9. Juni 2000 abgewiesen. Der Kläger hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat er im September 2000 eine versicherungspflichtige Ausbildung aufgenommen. Er hat zuletzt neben der Aufhebung des Bescheides nur noch beantragt festzustellen, dass er von Februar 1996 bis August 2000 nicht der Versicherungspflicht in der KVdR unterlag. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 29. Januar 2002 zurückgewiesen. Die Antragsfrist für den Befreiungsantrag sei am 31. März 1991 abgelaufen. Durch den Verzicht auf die Rentenleistung für Januar 1996 sei das Befreiungsrecht nicht wieder aufgelebt. Der Verzicht sei nach § 46 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) unwirksam, weil dadurch die Vorschrift des § 8 Abs 2 SGB V umgangen würde.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 46 SGB I.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 29. Januar 2002 und das Urteil des SG vom 9. Juni 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 aufzubeben und festzustellen, dass er in der Zeit vom 1. Februar 1996 bis 31. August 2000 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat seine Berufung gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, den Kläger ab 1. Februar 1996 von der Versicherungspflicht in der KVdR zu befreien.
1. Beim Kläger trat auf Grund seines Rechts auf eine Halbwaisenrente aus der Rentenversicherung seiner 1989 verstorbenen Mutter Versicherungspflicht in der KVdR ein. Nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, "die die Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben", wenn sie die erforderliche Vorversicherungszeit erfüllt haben. Bei Personen, die - wie der Kläger - ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gilt die Vorversicherungszeit als erfüllt, wenn die andere Person (hier seine Mutter) diese Voraussetzungen erfüllt hat (vgl § 5 Abs 2 Satz 2 SGB V). Dies traf hier zu, wie nicht umstritten ist. Nach § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V wird auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente versicherungspflichtig wird. Nach § 8 Abs 2 Satz 1 SGB V ist der Antrag auf Befreiung innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Diese im Jahre 1991 abgelaufene Frist hat der Kläger nicht eingehalten. Ein erkennbares Interesse daran, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, bestand für den Kläger auch erst, als sein Vater ab Juli 1992 Beamter wurde und einen Beihilfeanspruch für ihn erwarb. Erst jetzt bemühte er sich darum, aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszuscheiden.
2. Der Kläger hatte im Jahre 1996 nicht erneut das Recht, sich von der KVdR befreien zu lassen. Nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V setzt die Begründung der Versicherungspflicht neben der Erfüllung der erforderlichen Vorversicherungszeiten (nur) voraus, dass die "Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung" vorliegen und die Rente beantragt ist. Die tatsächliche Zahlung der Rente ist zur Begründung der Versicherungspflicht in der KVdR nicht erforderlich, wenngleich eine solche Zahlung regelmäßig vorliegen wird. Durch die Nichtzahlung der Rente im Januar 1996 auf Grund des Verzichts wurde die Versicherungspflicht nicht beendet und anschließend ein neues Befreiungsrecht nicht eröffnet.
Nach § 190 Abs 11 Nr 1 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Rentner mit Ablauf des Monats, in dem der Anspruch auf Rente wegfällt oder die Entscheidung über den Wegfall oder den Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist, frühestens mit Ablauf des Monats, für den letztmalig Rente zu zahlen ist. Anknüpfungspunkt für das Ende der Mitgliedschaft ist danach der Wegfall der Voraussetzungen für das Recht auf Rente oder die Entscheidung über einen solchen Wegfall oder Entzug der Rente. Die bloße Nichtzahlung der Rente führt demgegenüber nicht zur Beendigung der Versicherungspflicht oder der Mitgliedschaft bei der zuständigen Krankenkasse.
Wird die Rente für einzelne Kalendermonate nicht gezahlt, weil der Rentner insoweit auf die Zahlung verzichtet, so lässt dies das Stammrecht auf die Rente nicht erlöschen und damit den Anknüpfungspunkt für die Versicherungspflicht in der KVdR nicht entfallen. Auf das Stammrecht der Rente kann nicht verzichtet werden (vgl BSGE 66, 44, 49 = SozR 5795 § 7 Nr 1 S 5; SozR 3-1200 § 46 Nr 3 S 5 zum Stammrecht des Beitragszuschusses; desgl BSG SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Ab Februar 1996 entstand das Recht des Klägers auf die Rente somit nicht neu.
Mangels Entstehung eines neuen Rechts auf Rente liegt auch kein erneuter Beginn der Versicherungspflicht iS von § 8 Abs 2 Satz 1 SGB V vor. Vielmehr wurde die Zahlung aus dem bereits früher entstandenen Recht wieder aufgenommen. Die Befreiungsfrist wurde durch den Verzicht des Klägers nicht erneut eröffnet. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand, durch einen monatsweisen Verzicht auf Rentenzahlbeträge über die Versicherungspflicht und das Befreiungsrecht zu verfügen. Dies stünde in Widerspruch zum Zweck des § 8 Abs 2 SGB V. Dieser lässt die Befreiung bei bestimmten, im Gesetz abschließend aufgeführten Versicherungspflichttatbeständen nur innerhalb einer Dreimonatsfrist zu. Innerhalb dieser Frist soll sich der Versicherungspflichtige darüber klar werden, ob er der gesetzlichen Krankenversicherung angehören will oder nicht. Allerdings wird er an seiner Wahl auch dann festgehalten, wenn er später glaubt, dass eine andere Entscheidung vorteilhafter gewesen wäre. Für den Fall, dass sich der Versicherte für die Befreiung von der Versicherungspflicht entscheidet, ist dies dadurch klargestellt, dass § 8 Abs 2 Satz 3 SGB V den Widerruf der Befreiung ausschließt. Wer sich demnach einmal für die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht entschieden hat, kann diese Entscheidung später durch den Widerruf seines Befreiungsantrages nicht rückgängig machen und durch eine solche Erklärung die Versicherungspflicht nicht wieder eintreten lassen. Wer umgekehrt wie der Kläger zunächst die Befreiungsfrist hat verstreichen lassen, wird an seiner darin liegenden Entscheidung für die gesetzliche Krankenversicherung in gleicher Weise festgehalten. Das Gesetz sieht, solange der zur Versicherungspflicht führende Tatbestand unverändert fortbesteht, eine Neueröffnung des Befreiungsrechts nicht vor.
3. Gegen die vorstehende Auffassung von der Fortdauer der Versicherungspflicht und der Mitgliedschaft trotz des Verzichts auf die Rente kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, sie führe dazu, dass der Kläger im Januar 1996 beitragsfrei versichert gewesen sei. Denn der Verzicht des Klägers auf den Rentenzahlbetrag für Januar 1996 lässt seine Beitragspflicht für diesen Monat nicht entfallen. Insoweit war der Verzicht auf die Rente gemäß § 46 Abs 2 SGB I in Höhe des Beitrags zur Krankenversicherung unwirksam, weil weiterhin Versicherungsschutz bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes.
Gründe:
I
Streitig ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der 1983 geborene Kläger bezog aus der Versicherung seiner im Januar 1989 verstorbenen Mutter eine Halbwaisenrente, die seit Januar 1992 nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) berechnet und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährt wird. Als am 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Kraft trat, wurde der Kläger nach dessen Vorschriften versicherungspflichtig in der KVdR und Mitglied der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Im Juli 1992 wurde sein Vater ins Beamtenverhältnis berufen und auch für den Kläger beihilfeberechtigt. Vertreten durch seinen Vater betrieb der Kläger gegenüber der AOK ab November 1994 unter Hinweis auf den Beihilfeanspruch und eine 1992 für ihn abgeschlossene private Krankenversicherung die "Entlassung" aus der KVdR. Die beklagte AOK teilte ihm mit, eine Befreiung von der Versicherungspflicht scheide aus, weil der erforderliche Befreiungsantrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht, dh bis zum 31. März 1991 gestellt worden sei.
Daraufhin verzichtete der Kläger im Dezember 1995 bei der BfA auf die Zahlung der Halbwaisenrente für einen Monat. Zugleich erklärte er den Widerruf seines Verzichts ab dem Folgemonat. Die BfA stellte mit bestandskräftigem Bescheid vom 6. Februar 1996 fest, dass der Verzicht ab 1. Januar 1996 wirksam geworden sei, die Rente auf Grund des Widerrufs jedoch ab 1. Februar 1996 wieder gezahlt werde. Am 15. Februar 1996 beantragte der Kläger sodann bei der Beklagten, ihn nunmehr ab Februar 1996 von der Versicherungspflicht zu befreien. Die Beklagte lehnte dies ab. Der Verzicht auf die Halbwaisenrente sei für Januar 1996 zwar wirksam. Dies führe nach dem Widerruf des Verzichts zum 1. Februar 1996 aber nicht zu einem erneuten Befreiungsrecht, weil sonst Rechtsvorschriften umgangen würden. Bei einem Verzicht und dessen späterem Widerruf erlösche das der Rentenzahlung zu Grunde liegende Stammrecht nicht. Die Versicherungspflicht des Klägers in der KVdR werde somit durch den Verzicht auf die Halbwaisenrente im Januar 1996 nicht berührt (Bescheid vom 11. März 1996, Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1996).
Der Kläger hat Klage erhoben und beim Sozialgericht (SG) beantragt, unter Aufhebung dieser Bescheide festzustellen, dass bei ihm ab 31. März 1991 eine Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V nicht bestand. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 9. Juni 2000 abgewiesen. Der Kläger hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat er im September 2000 eine versicherungspflichtige Ausbildung aufgenommen. Er hat zuletzt neben der Aufhebung des Bescheides nur noch beantragt festzustellen, dass er von Februar 1996 bis August 2000 nicht der Versicherungspflicht in der KVdR unterlag. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 29. Januar 2002 zurückgewiesen. Die Antragsfrist für den Befreiungsantrag sei am 31. März 1991 abgelaufen. Durch den Verzicht auf die Rentenleistung für Januar 1996 sei das Befreiungsrecht nicht wieder aufgelebt. Der Verzicht sei nach § 46 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) unwirksam, weil dadurch die Vorschrift des § 8 Abs 2 SGB V umgangen würde.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 46 SGB I.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 29. Januar 2002 und das Urteil des SG vom 9. Juni 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 aufzubeben und festzustellen, dass er in der Zeit vom 1. Februar 1996 bis 31. August 2000 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat seine Berufung gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, den Kläger ab 1. Februar 1996 von der Versicherungspflicht in der KVdR zu befreien.
1. Beim Kläger trat auf Grund seines Rechts auf eine Halbwaisenrente aus der Rentenversicherung seiner 1989 verstorbenen Mutter Versicherungspflicht in der KVdR ein. Nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, "die die Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben", wenn sie die erforderliche Vorversicherungszeit erfüllt haben. Bei Personen, die - wie der Kläger - ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gilt die Vorversicherungszeit als erfüllt, wenn die andere Person (hier seine Mutter) diese Voraussetzungen erfüllt hat (vgl § 5 Abs 2 Satz 2 SGB V). Dies traf hier zu, wie nicht umstritten ist. Nach § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V wird auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente versicherungspflichtig wird. Nach § 8 Abs 2 Satz 1 SGB V ist der Antrag auf Befreiung innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Diese im Jahre 1991 abgelaufene Frist hat der Kläger nicht eingehalten. Ein erkennbares Interesse daran, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, bestand für den Kläger auch erst, als sein Vater ab Juli 1992 Beamter wurde und einen Beihilfeanspruch für ihn erwarb. Erst jetzt bemühte er sich darum, aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszuscheiden.
2. Der Kläger hatte im Jahre 1996 nicht erneut das Recht, sich von der KVdR befreien zu lassen. Nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V setzt die Begründung der Versicherungspflicht neben der Erfüllung der erforderlichen Vorversicherungszeiten (nur) voraus, dass die "Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung" vorliegen und die Rente beantragt ist. Die tatsächliche Zahlung der Rente ist zur Begründung der Versicherungspflicht in der KVdR nicht erforderlich, wenngleich eine solche Zahlung regelmäßig vorliegen wird. Durch die Nichtzahlung der Rente im Januar 1996 auf Grund des Verzichts wurde die Versicherungspflicht nicht beendet und anschließend ein neues Befreiungsrecht nicht eröffnet.
Nach § 190 Abs 11 Nr 1 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Rentner mit Ablauf des Monats, in dem der Anspruch auf Rente wegfällt oder die Entscheidung über den Wegfall oder den Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist, frühestens mit Ablauf des Monats, für den letztmalig Rente zu zahlen ist. Anknüpfungspunkt für das Ende der Mitgliedschaft ist danach der Wegfall der Voraussetzungen für das Recht auf Rente oder die Entscheidung über einen solchen Wegfall oder Entzug der Rente. Die bloße Nichtzahlung der Rente führt demgegenüber nicht zur Beendigung der Versicherungspflicht oder der Mitgliedschaft bei der zuständigen Krankenkasse.
Wird die Rente für einzelne Kalendermonate nicht gezahlt, weil der Rentner insoweit auf die Zahlung verzichtet, so lässt dies das Stammrecht auf die Rente nicht erlöschen und damit den Anknüpfungspunkt für die Versicherungspflicht in der KVdR nicht entfallen. Auf das Stammrecht der Rente kann nicht verzichtet werden (vgl BSGE 66, 44, 49 = SozR 5795 § 7 Nr 1 S 5; SozR 3-1200 § 46 Nr 3 S 5 zum Stammrecht des Beitragszuschusses; desgl BSG SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Ab Februar 1996 entstand das Recht des Klägers auf die Rente somit nicht neu.
Mangels Entstehung eines neuen Rechts auf Rente liegt auch kein erneuter Beginn der Versicherungspflicht iS von § 8 Abs 2 Satz 1 SGB V vor. Vielmehr wurde die Zahlung aus dem bereits früher entstandenen Recht wieder aufgenommen. Die Befreiungsfrist wurde durch den Verzicht des Klägers nicht erneut eröffnet. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand, durch einen monatsweisen Verzicht auf Rentenzahlbeträge über die Versicherungspflicht und das Befreiungsrecht zu verfügen. Dies stünde in Widerspruch zum Zweck des § 8 Abs 2 SGB V. Dieser lässt die Befreiung bei bestimmten, im Gesetz abschließend aufgeführten Versicherungspflichttatbeständen nur innerhalb einer Dreimonatsfrist zu. Innerhalb dieser Frist soll sich der Versicherungspflichtige darüber klar werden, ob er der gesetzlichen Krankenversicherung angehören will oder nicht. Allerdings wird er an seiner Wahl auch dann festgehalten, wenn er später glaubt, dass eine andere Entscheidung vorteilhafter gewesen wäre. Für den Fall, dass sich der Versicherte für die Befreiung von der Versicherungspflicht entscheidet, ist dies dadurch klargestellt, dass § 8 Abs 2 Satz 3 SGB V den Widerruf der Befreiung ausschließt. Wer sich demnach einmal für die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht entschieden hat, kann diese Entscheidung später durch den Widerruf seines Befreiungsantrages nicht rückgängig machen und durch eine solche Erklärung die Versicherungspflicht nicht wieder eintreten lassen. Wer umgekehrt wie der Kläger zunächst die Befreiungsfrist hat verstreichen lassen, wird an seiner darin liegenden Entscheidung für die gesetzliche Krankenversicherung in gleicher Weise festgehalten. Das Gesetz sieht, solange der zur Versicherungspflicht führende Tatbestand unverändert fortbesteht, eine Neueröffnung des Befreiungsrechts nicht vor.
3. Gegen die vorstehende Auffassung von der Fortdauer der Versicherungspflicht und der Mitgliedschaft trotz des Verzichts auf die Rente kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, sie führe dazu, dass der Kläger im Januar 1996 beitragsfrei versichert gewesen sei. Denn der Verzicht des Klägers auf den Rentenzahlbetrag für Januar 1996 lässt seine Beitragspflicht für diesen Monat nicht entfallen. Insoweit war der Verzicht auf die Rente gemäß § 46 Abs 2 SGB I in Höhe des Beitrags zur Krankenversicherung unwirksam, weil weiterhin Versicherungsschutz bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes.
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