Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 20 KR 190/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 28/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 10/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse verpflichtet ist, die Klägerin mit Iris-gestützten Linsen (Artiflex-Linsen) als Sachleistung zu versorgen.
Die Klägerin ist 1974 geboren. Sie leidet nach einem Bericht der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. vom 21. Juli 2008 am linken Auge an einer Myopie (Kurzsichtigkeit) und am rechten Auge an einer Hyperopie (Weitsichtigkeit). Es besteht an beiden Augen ein Astigmatismus (Stabsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung) sowie Anisometropie (Unterschied der Fehlsichtigkeit an beiden Augen).
Unter dem 9. Juni 2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme für die Versorgung mit Iris-gestützten Linsen (Artiflex-Linsen). Dabei legte sie dar, ihre Kurzsichtigkeit hätte sich auf dem linken Auge stetig verschlechtert. Dies führe zu einer spürbaren Beeinträchtigung im täglichen Leben und vor allen Dingen bei der Teilnahme im Straßenverkehr. Zudem sei sie in ihrer beruflichen Tätigkeit als Dolmetscherin und Übersetzerin auf ein gutes Sehvermögen angewiesen. Dieses sei auf dem linken Auge mit einer Brille nicht mehr zu korrigieren. Der Direktor der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. Prof. Dr. B. habe die Ansicht vertreten, dass eine Korrektur durch Laser angesichts der hochgradigen Kurzsichtigkeit und der Hornhautdicke medizinisch nicht mehr vertretbar sei. Eine Korrektur durch Kontaktlinsen scheide ebenfalls aus, da sie an einem starken Heuschnupfen leide und in dieser Zeit keine harten Kontaktlinsen vertrage. Nur solche kämen aber aufgrund des hohen Zylinders auf dem rechten Auge in Frage. Eine Iris-gestützte Linse sei eine Möglichkeit, den Sehfehler zu korrigieren und die Sehfähigkeit erheblich zu verbessern. Beigefügt war eine Bescheinigung des Facharztes für Augenheilkunde Dr. M. von April 2008, wonach folgende Refraktionswerte vorlagen:
Rechtes Auge: - 1,75 + 3,75/104 Grad
Linkes Auge: - 9,00 + 1,00/86 Grad.
Ferner fügte die Klägerin einen Kostenvoranschlag bei, wonach für die Versorgung mit den Linsen ca. 3400 EUR pro Auge veranschlagt wurden.
Im Weiteren bestätigte die Klinik für Augenheilkunde der Universität M., dass aufgrund der hohen Anisometropie eine volle Korrektur am linken Auge mit einer Brille nicht möglich sei, da dies aufgrund des entstehenden Bildgrößenunterschieds zu einem Doppelsehen führen würde. Aufgrund des Heuschnupfenleidens der Klägerin bestehe die Gefahr von wiederkehrenden Bindehautentzündungen. Deshalb habe man die Implantation von Artiflexlinsen empfohlen.
In einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 16. Januar 2009 kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) zu dem Ergebnis, dass die "Brillenunverträglichkeit", nicht aber eine Kontaktlinsenunverträglichkeit nachvollziehbar sei. Lediglich ein Trageversuch vor einigen Jahren sei nicht als ausreichend anzusehen. Versuche sollten nochmals bei spezialisierten Anbietern mit verschiedenen Kontaktlinsenmaterialien durchgeführt werden. Diese Versorgungsform biete auch die Möglichkeit, eventuell auftretende Doppelbilder bei plötzlicher Vollkorrektur beider Augen durch Anpassen der zu tragenden Linsen zu minimieren bzw. auszugleichen, was bei einer implantierten Linse nicht ohne weiteres möglich sei.
Mit Bescheid vom 29. Januar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme ab und führte aus, Verfahren der refraktiven Augenchirurgie seien durch den Gemeinsamen Bundessausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA) nicht als vertragsärztliche Leistung eingestuft worden; dies habe das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen bestätigt. Weiter wiederholte die Beklagte den Vorschlag des MDK, Kontaktlinsen durch spezialisierte Anbieter erneut zu probieren.
Hiergegen legte die Klägerin am 18. Februar 2009 Widerspruch ein und führte aus, die negative Empfehlung des GBA beziehe sich nur auf refraktiv-chirurgische Eingriffe an der Hornhaut. Die Implantation von permanenten Kontaktlinsen zähle nicht hierzu. Im Gegenteil werde die von ihr begehrte Methode bereits als wirksames Mittel zur Behandlung des grauen Stars verwandt. Ein so erheblicher Unterschied in der Sehfähigkeit, wie er bei ihr vorliege, sei äußerst selten. Daher könne nicht von einer gängigen alternativen Versorgung gesprochen werden. Auf ihre Kontaktlinsenunverträglichkeit gehe die Beklagte überhaupt nicht ein. Sie habe zwei Kontaktlinsentrageversuche jeweils für vier bis fünf Tage vorgenommen. Hierbei seien erhebliche Reizungen und Rötungen der Augen aufgetreten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte aus, bei der hier beantragten Leistung handele es sich um eine neue Behandlungsmethode. Grundsätzlich seien nach den "Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung" Anlage II Nr. 13 die refraktive Augenchirurgie von der Versorgung ausgeschlossen. Auch wenn sich der GBA bislang mit linsenchirurgischen Verfahren nicht befasst habe, müsse hier ein Fall der refraktiven Augenchirurgie angenommen werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2009 Klage erhoben und ihren bisherigen Vortrag weiter vertieft: Ausgeschlossen seien lediglich Verfahren, die mit einer Schädigung der Hornhaut einhergingen. Daher sei die vorliegende Methode bislang nicht ausgeschlossen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten. Unter dem 31. Juli 2011 hat Dr. L. bestätigt, dass die Klägerin an mehreren Allergien leide. Dr. M. hat seine bisherigen Feststellungen wiederholt und eine mittelgradige Kurzsichtigkeit an beiden Augen diagnostiziert. Auf Nachfrage hat er bestätigt, dass die vorliegende Sehschwäche nicht durch eine Brille ausgeglichen werden könne. Bei dem vorliegenden Augenbefund und der bestehenden Allergie sei ein "längerfristiger" Ausgleich der bestehenden Sehschärfe mit Kontaktlinsen nicht "wahrscheinlich". Ferner hat das Gericht Befundberichte der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. und der praktischen Ärztin Dipl.-Med. H. eingeholt; letztere hat diverse Allergien diagnostiziert (vgl. Bl. 185 Gerichtsakte).
Mit Urteil vom 1. März 2012 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer positiven Entscheidung über diese Behandlungsmethode durch den GBA. Ein Fall, in dem ausnahmsweise hiervon abgewichen werden dürfe, liege nicht vor.
Gegen das ihr am 28. März 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. April 2012 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Seit Anfang der 90er Jahre seien bezüglich der Artiflex-Linsenimplantate mehrere klinische Studien durchgeführt worden, in denen deren Sicherheit bestätigt worden sei. Diese könnten jahrzehntelang im Auge bleiben. Vorliegend sei ein Seltenheitsfall gegeben. Bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung liege eine Anisometropie von mindestens vier Dioptrien vor. Da bei ihr ein deutlich höherer Wert gegeben sei, liege eine noch seltenere Erkrankung vor. Insbesondere liege bei ihr auch eine meridionale Aniseikonie (Größenunterschied der beiden Bilder, die beim Sehen auf die Netzhaut des rechten und linken Auges projiziert werden). Es drohe eine Erblindung. Weiterhin liege ein sogenanntes Systemversagen vor, was daran deutlich werde, dass bislang kein Antrag beim GBA vorliege.
Die im Termin nicht erschiene und nicht vertretene Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 1. März 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
3. August 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Implantation von Artiflexlinsen für beide Augen zu übernehmen,
hilfsweise,
durch Einholung eines schriftlichen, augenfachärztlichen Sachverständigengutachtens mit persönlicher Untersuchung zu überprüfen, dass bei ihr ein Seltenheitsfall vorliegt, insbesondere nach der extrem hochgradigen Anisometropie mit ihren Folgen und deren Fortschreiten, bei dem eine Alternative oder/und im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannte Behandlungsmöglichkeit nicht zur Verfügung steht und nur mit der begehrten Behandlungsmethode der Linsenimplantation Aussicht auf Vollkorrektur der Fehlsichtigkeit mit Stabilisierung ihrer Sehsituation besteht,
weiter hilfsweise,
durch Einholung eines schriftlichen fachmedizinischen Sachverständigengutachtens auf dem Gebiet der spezialfachärztlichen Versorgung nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu prüfen, ob es sich bei dem Verfahren der Implantation der irisgestützten Vorderkammerlinse unter Einschluss der Artiflex-Linse nach medizinischen Kriterien um eine wirksame Behandlungsmethode handelt, die sich in der medizinischen Praxis und der fachlichen Diskussion durchgesetzt hat und in erheblicher Anzahl angewendet wird,
weiter hilfsweise,
ein schriftliches ophthalmologisches Sachverständigengutachten mit Untersuchung zur Frage einzuholen, ob bei ihr ein Schweregrad der Sehbehinderung nach den verschiedenen Sehfunktionen vorliegt, der zu ihrer drohenden Erblindung führt,
weiter hilfsweise,
beim Direktor der Universitätsaugenklinik im Universitätsklinikum M., eine Stellungnahme und Auskunft einzuholen zur Frage, nach welchen medizinischen Erwägungen und Erkenntnissen und nach welchen Richtlinien die Implantation einer Artiflex-Linse für die Klägerin und Berufungsklägerin empfohlen und deren Auswahl vorgenommen wurde. An der Universitätsaugenklinik M. sind die vorgesehenen Untersuchungen und Maßnahmen nach Richtlinien über den Bundesverband der Augenärzte Deutschlands e. V. der präoperativen Diagnostik für eine Artiflex-Implantation vorgenommen worden (vgl. auch Anlage 2 Aufschlüsselung der GOÄ-Ziffern für Versorgung mit Artiflex-Linse der Universitätsaugenklinik M., Stand August 2006).
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben bei der Entscheidungsfindung vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 27 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) auf eine Implantation von Artiflexlinsen.
1) § 135 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der GBA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung der diagnostischen und therapeutischen Nutzen der neuen Methode abgegeben hat.
Hier ist die "refraktive Augenchirurgie" durch den Beschluss GBA vom 11. Mai 1993 aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen und in der Anlage 2 (Nr. 13) der Richtlinien über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (Bundesanzeiger vom 21. August 1993, S. 7869) unter die Behandlungsmethoden eingeordnet worden, deren therapeutischer Nutzen nicht festgestellt werden kann (jetzt Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung Anlage II Nr. 13). Diese Richtlinien sind nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V untergesetzliche Rechtsnormen, die verbindlich das vertragsärztliche Leistungsspektrum regeln.
Die Beklagte hat in dem angefochten Bescheid und dem Widerspruchsbescheid ausgeführt, bei der begehrten Operation handele es sich um eine solche ausgeschlossene refraktive Augenchirurgie (so auch ausführlich LSG NRW, 10. Oktober 2002, L 16 KR 177/01, Juris). Diese medizinische Bewertung der Operation geht bereits aus dem Befundbericht der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. für das Sozialgericht hervor, in der die von der Klägerin gewünschte Behandlung als refraktive Augenchirurgie bezeichnet wird; gleiches gilt für den beigezogenen Internet-Ausdruck eines Anbieters dieser Operation, der nach eigenen Angaben zu den Zentren mit der weltweit größten Erfahrung mit dieser Operation zählt (über 3000 Implantationen seit 1996). Schließlich hat die Klägerin selbst mehrfach allgemein zugängliche Unterlagen vorgelegt, in denen die begehrte Operation so klassifiziert wird.
Allerdings hat der Senat Zweifel, ob die Nr. 13 der Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung Anlage II so wortgetreu auszulegen ist. Hier hat sich der GBA bislang nach seinem Schreiben vom 27. Januar 2012 mit linsenchirurgischen Verfahren nicht befasst, so dass unabhängig vom medizinischen Sprachgebrauch die hier eingeklagte Methode möglicherweise nicht gemeint ist (vgl. § 133 Bürgerliches Gesetzbuch; gegen eine nur am Wortlaut orientierte Auslegung bezogen auf den EBM auch BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, Juris; anders für einen vergleichbaren Fall aber LSG NRW, 10. Oktober 2002, L 16 KR 177/01, Juris).
Allerdings kann der Senat dies offen lassen, denn an diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn man wie die Klägerin die begehrte Operation entgegen dem klaren medizinischen Sprachgebrauch als nicht durch Anlage II Nr. 13 Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung ausgeschlossen ansieht. Denn dann fehlt es an einer Empfehlung der Methode durch den zuständigen GBA. Es handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, die im Rahmen der ambulanten Versorgung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden darf, solange der GBA den therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode nicht in dem dafür gesetzlich vorgesehen Verfahren positiv festgestellt hat.
An dieser positiven Feststellung fehlt es (dazu unter a.). Der Anspruch ist auch nicht ausnahmsweise begründet (dazu unter b.). Die von der Klägerin begehrte Behandlungsmethode - die Implantation von Artiflexlinsen - ist vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
a. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte u.s.w.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, 16. Dezember 2008, B 1 KR 2/08 R, Rn. 20 m.w.N., Juris). "Neu" ist eine Methode, wenn sie - wie die Implantation von Artiflexlinsen - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (BSG, 22. März 2005, B 1 A 1/03 R, SozR 4-2400 § 89 Nr. 3; Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 12 Rn. 21).
So liegt es hier. Hieran ändert es nichts, wenn die Implantation von Artiflexlinsen zur Behandlung des Grauen Stars Standard sein sollte, denn es handelt sich um eine andere Erkrankung.
b. Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor.
aa) Für einen Seltenheitsfall, bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl. dazu BSG, 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, Rn. 21 ff), ist konkret nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Das BSG hat das Vorliegen eines Seltenheitsfalles bei einer Erkrankung abgelehnt, weil sie nachweislich mehr als 6000 Patienten weltweit betraf (BSG, 28. Februar 2008, B 1 KR 16/07 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 9; Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 12 Rn. 34) und in anderen Entscheidungen auf Art. 3 Abs. 1 EWGV 141/2000 vom 16. Dezember 1999 über "Arzneimittel für seltene Leiden" (ABlEG 2000 L 18/1) hingewiesen. Danach liegt ein solches Leiden vor, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Personen daran erkranken (BSG, 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252).
Kurz- und Weitsichtigkeit sind weit verbreitete Volksleiden. Ebenfalls nicht selten ist eine unterschiedliche Ausprägung dieser Erkrankungen auf dem linken und rechten Auge. Diese Anisometropie ist sogar in den Hilfsmittelrichtlinien als Erkrankung aufgeführt, die die Verordnung von Kontaktlinsen rechtfertigt (vgl. § 16 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie); aus diesem Grunde hat die Beklagte mehrfach eine solche Versorgung angeboten.
Die Klägerin bestätigt letztlich selbst, dass es sich nicht um eine seltene Erkrankung handelt. Nach ihrem eigenen Vortrag leiden rund ein Prozent der bundessdeutschen Bevölkerung an einer Anisometropie von vier Dioptrien oder mehr. Dass diese Erkrankung bei der Klägerin stärker ausgeprägt ist, macht diese nicht zu einer seltenen Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Damit handelt es sich nicht um eine Erkrankung, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet (vgl. grundlegend BSG 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1; BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R; siehe zur Anisometropie konkret bereits LSG NRW, 23. Mai 2007, L 16 KR 237/06, Juris; LSG NRW, 25. April 2002, L 16 KR 39/00, SG Aachen, 5. Oktober 2010, S 13 KR 157/10, Juris; ähnlich LSG Schleswig-Holstein, 17. Januar 2002, L 1 KR 26/01, Juris). Die diesbezügliche Behauptung widerlegt die Klägerin mit ihrem eigenen Vortrag, wonach sich die von ihr begehrte Behandlung in der medizinischen Praxis und der fachlichen Diskussion durchgesetzt habe und in erheblicher Anzahl bereits angewandt werde. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass ca. 70 Kliniken und Ärzte deutschlandweit jene Linsen einsetzten. Weiter hat sie in ihrem Schreiben vom 29. November 2013 darauf hingewiesen, dass in Bezug auf diese Erkrankung eine häufige Anwendung, eine lange Erprobung mit einer besonders großen Datenfülle vorliege. Eine häufige Anwendung belegt auch der vom Senat beigezogene Internet-Ausdrucks eines Anbieters dieser Operation, der nach eigenen Angaben mehr als 3000 Implantationen seit 1996 durchgeführt hat, wobei er als Diagnosen ausdrücklich nur auf Fehlsichtigkeiten von +8 bis zu -25 Dioptrien abstellt. Dies alles belegt die Häufigkeit der Erkrankung.
Der Senat sieht keinen Anlass, angesichts dieser widersprüchlichen und in keiner Weise konkretisierten Behauptungen der Klägerin "ins Blaue" hinein weiter zu ermitteln (vgl. BSG, 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, Juris). Zudem beruht die Feststellung, ob ein Seltenheitsfall" vorliegt, auf einer rechtlichen Wertung und ist keinem unmittelbaren Sachverständigenbeweis zugänglich.
bb) Bei einem Systemmangel oder Systemversagen bestehen weitere Ausnahmen von der oben dargelegten Bindung an den GBA (hierzu grundlegend: BSG, 5. Juli 1995, 1 RK 6/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 5; BSG, 28. März 2000, B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14; BSG, 19. Februar 2002, B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens zur Beurteilung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V verzögert wird oder der GBA grob fehlerhaft gehandelt hat.
Ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode kann hier ausgeschlossen werden (vgl. dazu BSG, 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Wie der GBA dem Sozialgericht unter dem 27. Januar 2012 mitgeteilt hat, liegt kein Antrag zur Überprüfung der Implantation von Artiflex-Linsen vor.
Auch für eine verzögerte Einleitung eines Verfahrens gibt es keinen Anhaltspunkt, wie aus dem Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 25. September 2012 und des GKV Spitzenverbandes vom 27. März 2012 hervorgeht (vgl. BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R; zur Bedeutung solcher Entscheidungen BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, Juris). Hier fehlen nach dem Schreiben des GKV Spitzenverbandes vom 27. März 2012 einwandfrei geführte Statistiken (dazu grundsätzlich BSG, 28. März 2000, B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14; BSG, 19. Februar 2002, B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Der Senat hat die von der Klägerin als Anlage zum Schreiben vom 13. November 2013 erwähnten Studien nicht selbständig zu würdigen. Selbst wenn es sich dabei um wissenschaftlich korrekte Studien handeln sollte - was weder ersichtlich noch behauptet ist - würde dies selbstverständlich noch nicht zur Zulassung der begehrten Operation führen. Vielmehr müssten dann die Risiken und die Vorteile in einem abwägenden Prozess vom GBA geprüft werden.
Nur wenn solche Wirksamkeitsbelege nicht möglich sind, reicht es ersatzweise aus, wenn sich die in Anspruch genommene Therapie in der medizinischen Praxis und/oder in der medizinischen Fachdiskussion durchgesetzt hat (BSG, 3. Februar 2010, B 6 KA 37/08 R, Juris m.w.N.). Für die Unmöglichkeit von Wirksamkeitsbelegen gibt es hier keine Anhaltspunkte; im Gegenteil ist das von der Klägerin selbst angeführte Patientenvolumen grundsätzlich ohne Weiteres geeignet, aussagekräftige statistische Daten zu generieren, um den Nutzen der Therapie zu beurteilen. Es ist kein Grund erkennbar, warum keine kontrollierte prospektive klinische Studien mit einem aussagekräftigen Design über die Methode zur Bewertung der Vor- und Nachteile erstellt werden könnten (vgl. dazu jüngst BSG, 7. Mai 2013, B 1 KR 26/12 R, Juris). Auch die Klägerin behauptet dies nicht, so dass eine Beweiserhebung über die Verwendung dieser Methode in der medizinischen Praxis nicht zielführend wäre, da dies rechtlich unerheblich ist.
Die Meinung einzelner Mediziner ist grundsätzlich nicht geeignet ist, einen allgemein anerkannten Stand zu begründen (BSG, 21. März 2013, B 3 KR 2/12 R, Juris). Schon aus diesen Gründen hat es der Senat nicht für notwendig erachtet, den Direktor der Universitätsaugenklinik in M. zu der Frage zu vernehmen, aus welchen medizinischen Erwägungen und Erkenntnissen und nach welchen Richtlinien die Implantation der Artiflex-Linse für die Klägerin empfohlen worden sei. Im Übrigen ergibt sich diese Motivation bereits aus den bereits vorliegenden Unterlagen. Danach hat sich Prof. Dr. B. für diese Methode entschieden, da eine Korrektur durch Laser angesichts der Hornhautdicke nicht mehr medizinisch vertretbar sei. Damit gibt er zumindest deutlich zu erkennen, dass er den Ausschluss dieser letztgenannten Methode durch den GBA aufgrund der besonderen Risiken dieser Methode nicht akzeptiert. Eine Korrektur durch Kontaktlinsen lehnt er ab, da die Klägerin nach seinen Ausführungen an einem starken Heuschnupfen leide und "in dieser Zeit" keine harten Kontaktlinsen vertrage. Soweit die Klägerin mehr als diese Aussage erwartet, müsste sie dies näher konkretisieren. So fehlt dem Antrag ein Beweisthema, so dass es sich nicht um einen Beweisantrag, sondern um eine Beweisanregung handelt (vgl. zu dieser Unterscheidung BSG, 24. Mai 1993, 9 BV 26/93, Juris), die zudem ins "ins Blaue" hinein geht (vgl. BSG, 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, Juris). Dem muss der Senat nicht nachgehen.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass antragsberechtigt nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V der Unparteiische nach § 91 Abs. 2 Satz 1, eine Kassenärztlichen Bundesvereinigung, eine Kassenärztlichen Vereinigung und Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen sind. Weiter trägt § 140f Abs. 2 SGB V den berechtigten Anliegen der Patienten Rechnung, indem bestimmten bundesweit agierenden Dachorganisationen von Patienten ebenfalls ein Antragsrecht eingeräumt wird. Dies sind zurzeit der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. und die Verbraucherzen-trale Bundesverband e. V. Schließlich wäre auch der Hersteller der Artiflex-Linsen gemäß § 137e Abs. 7 SGB V berechtigt, einen Antrag auf Zulassung dieser Linsen zu stellen.
Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass alle die vorgenannten Organisationen und Personen missbräuchlich von ihrem Antragsrecht keinen Gebrauch machen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat von der Richtigkeit des Schreibens des GKV Spitzenverbandes vom 27. März 2012 überzeugt, es fehle an einwandfrei geführten Statistiken. Hiergegen hat sich die Klägerin nie gewandt.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind auch die Voraussetzungen des mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1a SGB V nicht erfüllt (siehe zur grundrechtsorientierten Auslegung BSG, 28. Februar 2008, B 1 KR 16/07 R Rn. 32, SozR 4-2500 § 31 Nr. 9; vgl. zum Ganzen z.B.: Hauck NJW 2007, 1320, Kretschmer, MEDSACH 2009, 54 ff).
Dies setzt voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (vgl. BSG, 4. April 2006, B 1 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt (vgl. BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7, jeweils Rn. 31, 32). Daran fehlt es. Um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung geht es bei der Klägerin nicht. Vielmehr ist ihre Sehfähigkeit beeinträchtigt. Ihre Sehstörung kann indes nicht in der Bewertung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden.
Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sogenannten Off-Label-Use formuliert ist (vgl. BSG, 14. Dezember 2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 17).
Dagegen hat das BSG es für erwägenswert gehalten, den Fall drohender Erblindung als mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar anzusehen. Er hat zugleich aber betont, dass kein Anlass besteht, die Rechtsgedanken einer grundrechtsorientierten Auslegung auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen den Leistungsumfang bewusst eingeschränkt hat (vgl. dazu BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7, jeweils Rn. 31, 32; dies für Arzneimittel verfassungsrechtlich nicht beanstandend: BVerfG, 30. Juni 2008, 1 BvR 1665/07, NJW 2008, 3556).
Einen solchen Schweregrad, der die Gleichstellung mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung rechtfertigt, erreicht die Erkrankung der Klägerin nicht. Dabei kann der Senat auch dahingestellt sein lassen, ob die Klägerin am rechten Auge weit- oder kurzsichtig ist (vgl. die Berichte der Augenklinik der Universität M. einerseits und Dr. M. andererseits). Die Fehlsichtigkeit, kombiniert mit Astigmatismus sowie einer Kontaktlinsenunverträglichkeit beeinträchtigt die Sehfähigkeit der Klägerin zwar hochgradig, entspricht aber im Schweregrad bisher nicht einer Erblindung. Im Gegenteil hat die Klägerin selbst ausgeführt, die Fehlsichtigkeit sei auf dem linken Auge mit einer Brille nicht mehr zu korrigieren; im Umkehrschluss muss sie daher auf dem rechten Augen ausreichend korrigiert sein. Auch die Augenklinik der Universität M. hat bestätigt, dass aufgrund der hohen Anisometropie eine volle Korrektur am linken Auge mit einer Brille nicht möglich sei; in dem Befundbericht vom 24. August 2011 wird der Visus in der Nähe und in der Ferne sogar auf beiden Augen mit 1,0 (d.h. nicht eingeschränkt) angegeben. Eine Verbesserung auf dem linken Auge durch eine Brille ist möglich. Ausgeschlossen ist an diesem Auge eventuell eine vollständige Korrektur.
Für eine drohende Erblindung gibt es keinen Hinweis; auch die Klägerin nennt in ihrem Beweisantrag keine konkrete Erkrankung, die zu einer Erblindung führen könnte. Stattdessen bezieht sie sich auf den (aktuellen) "Schweregrad der Sehbehinderung nach den verschiedenen Sehfunktionen". Hier kann der Senat nach den Befundberichten eine Erblindung oder einen ähnlichen Zustand auch bei Fortschreiten der Erkrankung ausschließen. Da die Klägerin auch keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes behauptet hat, geht der Senat nur von dem Vorliegen einer Kurzsichtigkeit (bzw. auf einem Auge Weitsichtigkeit), Astigmatismus sowie einer Anisometropie aus. Ohne einen Anhaltspunkt gibt es angesichts der diversen Befundberichte keinen Grund, auf den widersprüchlichen Vortrag der Klägerin ins Blaue hinein weiter zu ermitteln (vgl. BSG, 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, Juris). Von einer notstandsähnlichen Extremsituation ist danach nicht auszugehen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei der Klägerin ersichtlich auch keine Brillenunverträglichkeit vorliegt. Dies behauptet sie selbst auch nicht. Zwar hat der MDK auf eine "Brillenunverträglichkeit" hingewiesen. Dies geschah jedoch in einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage, so dass sich die Ärztin soweit nur auf die vorliegenden Unterlagen stützen konnte. Aus diesen ergibt sich jedoch lediglich, dass keine volle Korrektur der Sehschärfe auf dem linken Auge mittels Brille möglich ist. Im Gegenteil hat die Klägerin bereits in ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass sie bereits seit dem Vorschulalter Brillenträgerin sei und im Verwaltungs- und Berufungsverfahren ihren Brillenpass vorgelegt. Selbst bei einer Brillenunverträglichkeit bestände im Übrigen kein Anspruch der Klägerin (vgl. BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R, Juris).
Soweit das LSG Bayern in der von der Klägerin zitierten Entscheidung (25. Mai 2005, L 4 KR 51/04, Juris) von einer solchen notstandsähnlichen Situation ausgegangen ist, legt er die gleichen rechtlichen Grundsätze wie das BSG und der erkennende Senat zugrunde. Unterschiede in dem Sachverhalt hat der Senat nicht zu beurteilen, sondern nur den hier vorliegenden Fall.
2) Unabhängig von dem oben Ausgeführten ergibt sich die Unbegründetheit des Anspruchs zusätzlich auch aus der fehlenden Notwendigkeit der Versorgung mit Artiflexlinsen. Denn die im konkreten Einzelfall gewünschte Leistungen müssen unvermeidlich sein, um im Einzelfall eine Krankheit zu erkennen oder zu heilen, die Verschlimmerung zu verhindern bzw. die Krankheitsbeschwerden zu lindern (Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 12 Rn. 13). Eine Leistung ist dabei nur dann als notwendig anzusehen, wenn sie unter den ausreichenden und zweckmäßigen die kostengünstigste ist (Beck-OK/Joussen § 12 SGB V Rn. 9).
Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin - wie in § 16 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie bei einer schweren Anisometropie vorgesehen - mit Kontaktlinsen versorgt werden kann und so eine ausreichende Sehschärfe hergestellt werden kann. Hier hat die Beklagte - gestützt auf den MDK - vorgeschlagen, die Verwendung von Kontaktlinsen durch spezialisierte Anbieter erneut zu probieren. Hierauf ist die Klägerin ohne nähere Begründung nicht eingegangen. Zwar behauptet sie vor, sie habe zwei Kontaktlinsentrageversuche jeweils für vier bis fünf Tage vorgenommen, die misslungen seien. Belege hierfür fehlen; zumindest hat sie hierbei auch nach eigenen Angaben keine spezialisierten Anbieter aufgesucht.
Insgesamt sind die Anwendungsmöglichkeiten dieser - relativ deutlich preiswerteren und in § 16 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie als Regelversorgung bei der Anisometropie vorgesehen - noch nicht ausreichend probiert worden, wie bereits des MDK festgestellt hat. Dies sollte nicht theoretisch medizinisch diskutiert werden, sondern schlicht ausgetestet werden. Es sind Anpassungsprotokolle mit näheren Angaben zu den getesteten Kontaktlinsen notwendig (Trageversuch/Tage/Dauer, Art der Linsen, Testdatum, Beschwerden; vgl. Schreiben der Beklagten vom 29. Juni 2010 und 8. Dezember 2011). Es gibt keinen Grund, hier ungesicherte Wahrscheinlicheitsprognosen zugrunde zu legen, wie es Dr. M. in seinem Bericht vom 3. Februar 2012 tut oder ein Sachverständiger tun müsste (vgl. zur kritischen Prüfung in Fällen wie vorliegend auch BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R, Juris), zumal nicht erkennbar ist, wie ein Sachverständiger diese Unverträglichkeit ohne einen konkreten Anpassungsversuch feststellen sollte. Die Angaben der Klägerin zu den Beschwerden bei einem Trageversuch sind nirgends dokumentiert. Sie selbst stellt im Übrigen hier auch keinen Zusammenhang mit den Allergien bzw. dem Heuschnupfen auf, die sich zudem - wenn überhaupt - nicht ganzjährig auswirken würden. Hinzu kommt, dass diese Versorgungsform auch die Möglichkeit bietet, eventuell auftretende Doppelbilder bei plötzlicher Vollkorrektur beider Augen durch Anpassen der zu tragenden Linsen zu minimieren bzw. auszugleichen, was bei einer implantierten Linse nicht ohne weiteres möglich ist, wie der MDK überzeugend ausführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht, da sich der Senat der Rechtsprechung des BSG anschließt (vgl. insbesondere BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R, Juris).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse verpflichtet ist, die Klägerin mit Iris-gestützten Linsen (Artiflex-Linsen) als Sachleistung zu versorgen.
Die Klägerin ist 1974 geboren. Sie leidet nach einem Bericht der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. vom 21. Juli 2008 am linken Auge an einer Myopie (Kurzsichtigkeit) und am rechten Auge an einer Hyperopie (Weitsichtigkeit). Es besteht an beiden Augen ein Astigmatismus (Stabsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung) sowie Anisometropie (Unterschied der Fehlsichtigkeit an beiden Augen).
Unter dem 9. Juni 2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme für die Versorgung mit Iris-gestützten Linsen (Artiflex-Linsen). Dabei legte sie dar, ihre Kurzsichtigkeit hätte sich auf dem linken Auge stetig verschlechtert. Dies führe zu einer spürbaren Beeinträchtigung im täglichen Leben und vor allen Dingen bei der Teilnahme im Straßenverkehr. Zudem sei sie in ihrer beruflichen Tätigkeit als Dolmetscherin und Übersetzerin auf ein gutes Sehvermögen angewiesen. Dieses sei auf dem linken Auge mit einer Brille nicht mehr zu korrigieren. Der Direktor der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. Prof. Dr. B. habe die Ansicht vertreten, dass eine Korrektur durch Laser angesichts der hochgradigen Kurzsichtigkeit und der Hornhautdicke medizinisch nicht mehr vertretbar sei. Eine Korrektur durch Kontaktlinsen scheide ebenfalls aus, da sie an einem starken Heuschnupfen leide und in dieser Zeit keine harten Kontaktlinsen vertrage. Nur solche kämen aber aufgrund des hohen Zylinders auf dem rechten Auge in Frage. Eine Iris-gestützte Linse sei eine Möglichkeit, den Sehfehler zu korrigieren und die Sehfähigkeit erheblich zu verbessern. Beigefügt war eine Bescheinigung des Facharztes für Augenheilkunde Dr. M. von April 2008, wonach folgende Refraktionswerte vorlagen:
Rechtes Auge: - 1,75 + 3,75/104 Grad
Linkes Auge: - 9,00 + 1,00/86 Grad.
Ferner fügte die Klägerin einen Kostenvoranschlag bei, wonach für die Versorgung mit den Linsen ca. 3400 EUR pro Auge veranschlagt wurden.
Im Weiteren bestätigte die Klinik für Augenheilkunde der Universität M., dass aufgrund der hohen Anisometropie eine volle Korrektur am linken Auge mit einer Brille nicht möglich sei, da dies aufgrund des entstehenden Bildgrößenunterschieds zu einem Doppelsehen führen würde. Aufgrund des Heuschnupfenleidens der Klägerin bestehe die Gefahr von wiederkehrenden Bindehautentzündungen. Deshalb habe man die Implantation von Artiflexlinsen empfohlen.
In einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 16. Januar 2009 kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) zu dem Ergebnis, dass die "Brillenunverträglichkeit", nicht aber eine Kontaktlinsenunverträglichkeit nachvollziehbar sei. Lediglich ein Trageversuch vor einigen Jahren sei nicht als ausreichend anzusehen. Versuche sollten nochmals bei spezialisierten Anbietern mit verschiedenen Kontaktlinsenmaterialien durchgeführt werden. Diese Versorgungsform biete auch die Möglichkeit, eventuell auftretende Doppelbilder bei plötzlicher Vollkorrektur beider Augen durch Anpassen der zu tragenden Linsen zu minimieren bzw. auszugleichen, was bei einer implantierten Linse nicht ohne weiteres möglich sei.
Mit Bescheid vom 29. Januar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme ab und führte aus, Verfahren der refraktiven Augenchirurgie seien durch den Gemeinsamen Bundessausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA) nicht als vertragsärztliche Leistung eingestuft worden; dies habe das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen bestätigt. Weiter wiederholte die Beklagte den Vorschlag des MDK, Kontaktlinsen durch spezialisierte Anbieter erneut zu probieren.
Hiergegen legte die Klägerin am 18. Februar 2009 Widerspruch ein und führte aus, die negative Empfehlung des GBA beziehe sich nur auf refraktiv-chirurgische Eingriffe an der Hornhaut. Die Implantation von permanenten Kontaktlinsen zähle nicht hierzu. Im Gegenteil werde die von ihr begehrte Methode bereits als wirksames Mittel zur Behandlung des grauen Stars verwandt. Ein so erheblicher Unterschied in der Sehfähigkeit, wie er bei ihr vorliege, sei äußerst selten. Daher könne nicht von einer gängigen alternativen Versorgung gesprochen werden. Auf ihre Kontaktlinsenunverträglichkeit gehe die Beklagte überhaupt nicht ein. Sie habe zwei Kontaktlinsentrageversuche jeweils für vier bis fünf Tage vorgenommen. Hierbei seien erhebliche Reizungen und Rötungen der Augen aufgetreten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte aus, bei der hier beantragten Leistung handele es sich um eine neue Behandlungsmethode. Grundsätzlich seien nach den "Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung" Anlage II Nr. 13 die refraktive Augenchirurgie von der Versorgung ausgeschlossen. Auch wenn sich der GBA bislang mit linsenchirurgischen Verfahren nicht befasst habe, müsse hier ein Fall der refraktiven Augenchirurgie angenommen werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2009 Klage erhoben und ihren bisherigen Vortrag weiter vertieft: Ausgeschlossen seien lediglich Verfahren, die mit einer Schädigung der Hornhaut einhergingen. Daher sei die vorliegende Methode bislang nicht ausgeschlossen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten. Unter dem 31. Juli 2011 hat Dr. L. bestätigt, dass die Klägerin an mehreren Allergien leide. Dr. M. hat seine bisherigen Feststellungen wiederholt und eine mittelgradige Kurzsichtigkeit an beiden Augen diagnostiziert. Auf Nachfrage hat er bestätigt, dass die vorliegende Sehschwäche nicht durch eine Brille ausgeglichen werden könne. Bei dem vorliegenden Augenbefund und der bestehenden Allergie sei ein "längerfristiger" Ausgleich der bestehenden Sehschärfe mit Kontaktlinsen nicht "wahrscheinlich". Ferner hat das Gericht Befundberichte der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. und der praktischen Ärztin Dipl.-Med. H. eingeholt; letztere hat diverse Allergien diagnostiziert (vgl. Bl. 185 Gerichtsakte).
Mit Urteil vom 1. März 2012 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer positiven Entscheidung über diese Behandlungsmethode durch den GBA. Ein Fall, in dem ausnahmsweise hiervon abgewichen werden dürfe, liege nicht vor.
Gegen das ihr am 28. März 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. April 2012 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Seit Anfang der 90er Jahre seien bezüglich der Artiflex-Linsenimplantate mehrere klinische Studien durchgeführt worden, in denen deren Sicherheit bestätigt worden sei. Diese könnten jahrzehntelang im Auge bleiben. Vorliegend sei ein Seltenheitsfall gegeben. Bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung liege eine Anisometropie von mindestens vier Dioptrien vor. Da bei ihr ein deutlich höherer Wert gegeben sei, liege eine noch seltenere Erkrankung vor. Insbesondere liege bei ihr auch eine meridionale Aniseikonie (Größenunterschied der beiden Bilder, die beim Sehen auf die Netzhaut des rechten und linken Auges projiziert werden). Es drohe eine Erblindung. Weiterhin liege ein sogenanntes Systemversagen vor, was daran deutlich werde, dass bislang kein Antrag beim GBA vorliege.
Die im Termin nicht erschiene und nicht vertretene Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 1. März 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
3. August 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Implantation von Artiflexlinsen für beide Augen zu übernehmen,
hilfsweise,
durch Einholung eines schriftlichen, augenfachärztlichen Sachverständigengutachtens mit persönlicher Untersuchung zu überprüfen, dass bei ihr ein Seltenheitsfall vorliegt, insbesondere nach der extrem hochgradigen Anisometropie mit ihren Folgen und deren Fortschreiten, bei dem eine Alternative oder/und im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannte Behandlungsmöglichkeit nicht zur Verfügung steht und nur mit der begehrten Behandlungsmethode der Linsenimplantation Aussicht auf Vollkorrektur der Fehlsichtigkeit mit Stabilisierung ihrer Sehsituation besteht,
weiter hilfsweise,
durch Einholung eines schriftlichen fachmedizinischen Sachverständigengutachtens auf dem Gebiet der spezialfachärztlichen Versorgung nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu prüfen, ob es sich bei dem Verfahren der Implantation der irisgestützten Vorderkammerlinse unter Einschluss der Artiflex-Linse nach medizinischen Kriterien um eine wirksame Behandlungsmethode handelt, die sich in der medizinischen Praxis und der fachlichen Diskussion durchgesetzt hat und in erheblicher Anzahl angewendet wird,
weiter hilfsweise,
ein schriftliches ophthalmologisches Sachverständigengutachten mit Untersuchung zur Frage einzuholen, ob bei ihr ein Schweregrad der Sehbehinderung nach den verschiedenen Sehfunktionen vorliegt, der zu ihrer drohenden Erblindung führt,
weiter hilfsweise,
beim Direktor der Universitätsaugenklinik im Universitätsklinikum M., eine Stellungnahme und Auskunft einzuholen zur Frage, nach welchen medizinischen Erwägungen und Erkenntnissen und nach welchen Richtlinien die Implantation einer Artiflex-Linse für die Klägerin und Berufungsklägerin empfohlen und deren Auswahl vorgenommen wurde. An der Universitätsaugenklinik M. sind die vorgesehenen Untersuchungen und Maßnahmen nach Richtlinien über den Bundesverband der Augenärzte Deutschlands e. V. der präoperativen Diagnostik für eine Artiflex-Implantation vorgenommen worden (vgl. auch Anlage 2 Aufschlüsselung der GOÄ-Ziffern für Versorgung mit Artiflex-Linse der Universitätsaugenklinik M., Stand August 2006).
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben bei der Entscheidungsfindung vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 27 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) auf eine Implantation von Artiflexlinsen.
1) § 135 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der GBA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung der diagnostischen und therapeutischen Nutzen der neuen Methode abgegeben hat.
Hier ist die "refraktive Augenchirurgie" durch den Beschluss GBA vom 11. Mai 1993 aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen und in der Anlage 2 (Nr. 13) der Richtlinien über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (Bundesanzeiger vom 21. August 1993, S. 7869) unter die Behandlungsmethoden eingeordnet worden, deren therapeutischer Nutzen nicht festgestellt werden kann (jetzt Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung Anlage II Nr. 13). Diese Richtlinien sind nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V untergesetzliche Rechtsnormen, die verbindlich das vertragsärztliche Leistungsspektrum regeln.
Die Beklagte hat in dem angefochten Bescheid und dem Widerspruchsbescheid ausgeführt, bei der begehrten Operation handele es sich um eine solche ausgeschlossene refraktive Augenchirurgie (so auch ausführlich LSG NRW, 10. Oktober 2002, L 16 KR 177/01, Juris). Diese medizinische Bewertung der Operation geht bereits aus dem Befundbericht der Klinik für Augenheilkunde der Universität M. für das Sozialgericht hervor, in der die von der Klägerin gewünschte Behandlung als refraktive Augenchirurgie bezeichnet wird; gleiches gilt für den beigezogenen Internet-Ausdruck eines Anbieters dieser Operation, der nach eigenen Angaben zu den Zentren mit der weltweit größten Erfahrung mit dieser Operation zählt (über 3000 Implantationen seit 1996). Schließlich hat die Klägerin selbst mehrfach allgemein zugängliche Unterlagen vorgelegt, in denen die begehrte Operation so klassifiziert wird.
Allerdings hat der Senat Zweifel, ob die Nr. 13 der Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung Anlage II so wortgetreu auszulegen ist. Hier hat sich der GBA bislang nach seinem Schreiben vom 27. Januar 2012 mit linsenchirurgischen Verfahren nicht befasst, so dass unabhängig vom medizinischen Sprachgebrauch die hier eingeklagte Methode möglicherweise nicht gemeint ist (vgl. § 133 Bürgerliches Gesetzbuch; gegen eine nur am Wortlaut orientierte Auslegung bezogen auf den EBM auch BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, Juris; anders für einen vergleichbaren Fall aber LSG NRW, 10. Oktober 2002, L 16 KR 177/01, Juris).
Allerdings kann der Senat dies offen lassen, denn an diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn man wie die Klägerin die begehrte Operation entgegen dem klaren medizinischen Sprachgebrauch als nicht durch Anlage II Nr. 13 Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung ausgeschlossen ansieht. Denn dann fehlt es an einer Empfehlung der Methode durch den zuständigen GBA. Es handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, die im Rahmen der ambulanten Versorgung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden darf, solange der GBA den therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode nicht in dem dafür gesetzlich vorgesehen Verfahren positiv festgestellt hat.
An dieser positiven Feststellung fehlt es (dazu unter a.). Der Anspruch ist auch nicht ausnahmsweise begründet (dazu unter b.). Die von der Klägerin begehrte Behandlungsmethode - die Implantation von Artiflexlinsen - ist vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
a. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte u.s.w.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, 16. Dezember 2008, B 1 KR 2/08 R, Rn. 20 m.w.N., Juris). "Neu" ist eine Methode, wenn sie - wie die Implantation von Artiflexlinsen - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (BSG, 22. März 2005, B 1 A 1/03 R, SozR 4-2400 § 89 Nr. 3; Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 12 Rn. 21).
So liegt es hier. Hieran ändert es nichts, wenn die Implantation von Artiflexlinsen zur Behandlung des Grauen Stars Standard sein sollte, denn es handelt sich um eine andere Erkrankung.
b. Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor.
aa) Für einen Seltenheitsfall, bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl. dazu BSG, 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, Rn. 21 ff), ist konkret nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Das BSG hat das Vorliegen eines Seltenheitsfalles bei einer Erkrankung abgelehnt, weil sie nachweislich mehr als 6000 Patienten weltweit betraf (BSG, 28. Februar 2008, B 1 KR 16/07 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 9; Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 12 Rn. 34) und in anderen Entscheidungen auf Art. 3 Abs. 1 EWGV 141/2000 vom 16. Dezember 1999 über "Arzneimittel für seltene Leiden" (ABlEG 2000 L 18/1) hingewiesen. Danach liegt ein solches Leiden vor, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Personen daran erkranken (BSG, 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252).
Kurz- und Weitsichtigkeit sind weit verbreitete Volksleiden. Ebenfalls nicht selten ist eine unterschiedliche Ausprägung dieser Erkrankungen auf dem linken und rechten Auge. Diese Anisometropie ist sogar in den Hilfsmittelrichtlinien als Erkrankung aufgeführt, die die Verordnung von Kontaktlinsen rechtfertigt (vgl. § 16 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie); aus diesem Grunde hat die Beklagte mehrfach eine solche Versorgung angeboten.
Die Klägerin bestätigt letztlich selbst, dass es sich nicht um eine seltene Erkrankung handelt. Nach ihrem eigenen Vortrag leiden rund ein Prozent der bundessdeutschen Bevölkerung an einer Anisometropie von vier Dioptrien oder mehr. Dass diese Erkrankung bei der Klägerin stärker ausgeprägt ist, macht diese nicht zu einer seltenen Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Damit handelt es sich nicht um eine Erkrankung, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet (vgl. grundlegend BSG 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1; BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R; siehe zur Anisometropie konkret bereits LSG NRW, 23. Mai 2007, L 16 KR 237/06, Juris; LSG NRW, 25. April 2002, L 16 KR 39/00, SG Aachen, 5. Oktober 2010, S 13 KR 157/10, Juris; ähnlich LSG Schleswig-Holstein, 17. Januar 2002, L 1 KR 26/01, Juris). Die diesbezügliche Behauptung widerlegt die Klägerin mit ihrem eigenen Vortrag, wonach sich die von ihr begehrte Behandlung in der medizinischen Praxis und der fachlichen Diskussion durchgesetzt habe und in erheblicher Anzahl bereits angewandt werde. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass ca. 70 Kliniken und Ärzte deutschlandweit jene Linsen einsetzten. Weiter hat sie in ihrem Schreiben vom 29. November 2013 darauf hingewiesen, dass in Bezug auf diese Erkrankung eine häufige Anwendung, eine lange Erprobung mit einer besonders großen Datenfülle vorliege. Eine häufige Anwendung belegt auch der vom Senat beigezogene Internet-Ausdrucks eines Anbieters dieser Operation, der nach eigenen Angaben mehr als 3000 Implantationen seit 1996 durchgeführt hat, wobei er als Diagnosen ausdrücklich nur auf Fehlsichtigkeiten von +8 bis zu -25 Dioptrien abstellt. Dies alles belegt die Häufigkeit der Erkrankung.
Der Senat sieht keinen Anlass, angesichts dieser widersprüchlichen und in keiner Weise konkretisierten Behauptungen der Klägerin "ins Blaue" hinein weiter zu ermitteln (vgl. BSG, 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, Juris). Zudem beruht die Feststellung, ob ein Seltenheitsfall" vorliegt, auf einer rechtlichen Wertung und ist keinem unmittelbaren Sachverständigenbeweis zugänglich.
bb) Bei einem Systemmangel oder Systemversagen bestehen weitere Ausnahmen von der oben dargelegten Bindung an den GBA (hierzu grundlegend: BSG, 5. Juli 1995, 1 RK 6/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 5; BSG, 28. März 2000, B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14; BSG, 19. Februar 2002, B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens zur Beurteilung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V verzögert wird oder der GBA grob fehlerhaft gehandelt hat.
Ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode kann hier ausgeschlossen werden (vgl. dazu BSG, 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Wie der GBA dem Sozialgericht unter dem 27. Januar 2012 mitgeteilt hat, liegt kein Antrag zur Überprüfung der Implantation von Artiflex-Linsen vor.
Auch für eine verzögerte Einleitung eines Verfahrens gibt es keinen Anhaltspunkt, wie aus dem Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 25. September 2012 und des GKV Spitzenverbandes vom 27. März 2012 hervorgeht (vgl. BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R; zur Bedeutung solcher Entscheidungen BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, Juris). Hier fehlen nach dem Schreiben des GKV Spitzenverbandes vom 27. März 2012 einwandfrei geführte Statistiken (dazu grundsätzlich BSG, 28. März 2000, B 1 KR 11/98 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 14; BSG, 19. Februar 2002, B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Der Senat hat die von der Klägerin als Anlage zum Schreiben vom 13. November 2013 erwähnten Studien nicht selbständig zu würdigen. Selbst wenn es sich dabei um wissenschaftlich korrekte Studien handeln sollte - was weder ersichtlich noch behauptet ist - würde dies selbstverständlich noch nicht zur Zulassung der begehrten Operation führen. Vielmehr müssten dann die Risiken und die Vorteile in einem abwägenden Prozess vom GBA geprüft werden.
Nur wenn solche Wirksamkeitsbelege nicht möglich sind, reicht es ersatzweise aus, wenn sich die in Anspruch genommene Therapie in der medizinischen Praxis und/oder in der medizinischen Fachdiskussion durchgesetzt hat (BSG, 3. Februar 2010, B 6 KA 37/08 R, Juris m.w.N.). Für die Unmöglichkeit von Wirksamkeitsbelegen gibt es hier keine Anhaltspunkte; im Gegenteil ist das von der Klägerin selbst angeführte Patientenvolumen grundsätzlich ohne Weiteres geeignet, aussagekräftige statistische Daten zu generieren, um den Nutzen der Therapie zu beurteilen. Es ist kein Grund erkennbar, warum keine kontrollierte prospektive klinische Studien mit einem aussagekräftigen Design über die Methode zur Bewertung der Vor- und Nachteile erstellt werden könnten (vgl. dazu jüngst BSG, 7. Mai 2013, B 1 KR 26/12 R, Juris). Auch die Klägerin behauptet dies nicht, so dass eine Beweiserhebung über die Verwendung dieser Methode in der medizinischen Praxis nicht zielführend wäre, da dies rechtlich unerheblich ist.
Die Meinung einzelner Mediziner ist grundsätzlich nicht geeignet ist, einen allgemein anerkannten Stand zu begründen (BSG, 21. März 2013, B 3 KR 2/12 R, Juris). Schon aus diesen Gründen hat es der Senat nicht für notwendig erachtet, den Direktor der Universitätsaugenklinik in M. zu der Frage zu vernehmen, aus welchen medizinischen Erwägungen und Erkenntnissen und nach welchen Richtlinien die Implantation der Artiflex-Linse für die Klägerin empfohlen worden sei. Im Übrigen ergibt sich diese Motivation bereits aus den bereits vorliegenden Unterlagen. Danach hat sich Prof. Dr. B. für diese Methode entschieden, da eine Korrektur durch Laser angesichts der Hornhautdicke nicht mehr medizinisch vertretbar sei. Damit gibt er zumindest deutlich zu erkennen, dass er den Ausschluss dieser letztgenannten Methode durch den GBA aufgrund der besonderen Risiken dieser Methode nicht akzeptiert. Eine Korrektur durch Kontaktlinsen lehnt er ab, da die Klägerin nach seinen Ausführungen an einem starken Heuschnupfen leide und "in dieser Zeit" keine harten Kontaktlinsen vertrage. Soweit die Klägerin mehr als diese Aussage erwartet, müsste sie dies näher konkretisieren. So fehlt dem Antrag ein Beweisthema, so dass es sich nicht um einen Beweisantrag, sondern um eine Beweisanregung handelt (vgl. zu dieser Unterscheidung BSG, 24. Mai 1993, 9 BV 26/93, Juris), die zudem ins "ins Blaue" hinein geht (vgl. BSG, 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, Juris). Dem muss der Senat nicht nachgehen.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass antragsberechtigt nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V der Unparteiische nach § 91 Abs. 2 Satz 1, eine Kassenärztlichen Bundesvereinigung, eine Kassenärztlichen Vereinigung und Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen sind. Weiter trägt § 140f Abs. 2 SGB V den berechtigten Anliegen der Patienten Rechnung, indem bestimmten bundesweit agierenden Dachorganisationen von Patienten ebenfalls ein Antragsrecht eingeräumt wird. Dies sind zurzeit der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. und die Verbraucherzen-trale Bundesverband e. V. Schließlich wäre auch der Hersteller der Artiflex-Linsen gemäß § 137e Abs. 7 SGB V berechtigt, einen Antrag auf Zulassung dieser Linsen zu stellen.
Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass alle die vorgenannten Organisationen und Personen missbräuchlich von ihrem Antragsrecht keinen Gebrauch machen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat von der Richtigkeit des Schreibens des GKV Spitzenverbandes vom 27. März 2012 überzeugt, es fehle an einwandfrei geführten Statistiken. Hiergegen hat sich die Klägerin nie gewandt.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind auch die Voraussetzungen des mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1a SGB V nicht erfüllt (siehe zur grundrechtsorientierten Auslegung BSG, 28. Februar 2008, B 1 KR 16/07 R Rn. 32, SozR 4-2500 § 31 Nr. 9; vgl. zum Ganzen z.B.: Hauck NJW 2007, 1320, Kretschmer, MEDSACH 2009, 54 ff).
Dies setzt voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (vgl. BSG, 4. April 2006, B 1 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt (vgl. BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7, jeweils Rn. 31, 32). Daran fehlt es. Um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung geht es bei der Klägerin nicht. Vielmehr ist ihre Sehfähigkeit beeinträchtigt. Ihre Sehstörung kann indes nicht in der Bewertung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden.
Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sogenannten Off-Label-Use formuliert ist (vgl. BSG, 14. Dezember 2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 17).
Dagegen hat das BSG es für erwägenswert gehalten, den Fall drohender Erblindung als mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar anzusehen. Er hat zugleich aber betont, dass kein Anlass besteht, die Rechtsgedanken einer grundrechtsorientierten Auslegung auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen den Leistungsumfang bewusst eingeschränkt hat (vgl. dazu BSG, 4. April 2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7, jeweils Rn. 31, 32; dies für Arzneimittel verfassungsrechtlich nicht beanstandend: BVerfG, 30. Juni 2008, 1 BvR 1665/07, NJW 2008, 3556).
Einen solchen Schweregrad, der die Gleichstellung mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung rechtfertigt, erreicht die Erkrankung der Klägerin nicht. Dabei kann der Senat auch dahingestellt sein lassen, ob die Klägerin am rechten Auge weit- oder kurzsichtig ist (vgl. die Berichte der Augenklinik der Universität M. einerseits und Dr. M. andererseits). Die Fehlsichtigkeit, kombiniert mit Astigmatismus sowie einer Kontaktlinsenunverträglichkeit beeinträchtigt die Sehfähigkeit der Klägerin zwar hochgradig, entspricht aber im Schweregrad bisher nicht einer Erblindung. Im Gegenteil hat die Klägerin selbst ausgeführt, die Fehlsichtigkeit sei auf dem linken Auge mit einer Brille nicht mehr zu korrigieren; im Umkehrschluss muss sie daher auf dem rechten Augen ausreichend korrigiert sein. Auch die Augenklinik der Universität M. hat bestätigt, dass aufgrund der hohen Anisometropie eine volle Korrektur am linken Auge mit einer Brille nicht möglich sei; in dem Befundbericht vom 24. August 2011 wird der Visus in der Nähe und in der Ferne sogar auf beiden Augen mit 1,0 (d.h. nicht eingeschränkt) angegeben. Eine Verbesserung auf dem linken Auge durch eine Brille ist möglich. Ausgeschlossen ist an diesem Auge eventuell eine vollständige Korrektur.
Für eine drohende Erblindung gibt es keinen Hinweis; auch die Klägerin nennt in ihrem Beweisantrag keine konkrete Erkrankung, die zu einer Erblindung führen könnte. Stattdessen bezieht sie sich auf den (aktuellen) "Schweregrad der Sehbehinderung nach den verschiedenen Sehfunktionen". Hier kann der Senat nach den Befundberichten eine Erblindung oder einen ähnlichen Zustand auch bei Fortschreiten der Erkrankung ausschließen. Da die Klägerin auch keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes behauptet hat, geht der Senat nur von dem Vorliegen einer Kurzsichtigkeit (bzw. auf einem Auge Weitsichtigkeit), Astigmatismus sowie einer Anisometropie aus. Ohne einen Anhaltspunkt gibt es angesichts der diversen Befundberichte keinen Grund, auf den widersprüchlichen Vortrag der Klägerin ins Blaue hinein weiter zu ermitteln (vgl. BSG, 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, Juris). Von einer notstandsähnlichen Extremsituation ist danach nicht auszugehen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei der Klägerin ersichtlich auch keine Brillenunverträglichkeit vorliegt. Dies behauptet sie selbst auch nicht. Zwar hat der MDK auf eine "Brillenunverträglichkeit" hingewiesen. Dies geschah jedoch in einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage, so dass sich die Ärztin soweit nur auf die vorliegenden Unterlagen stützen konnte. Aus diesen ergibt sich jedoch lediglich, dass keine volle Korrektur der Sehschärfe auf dem linken Auge mittels Brille möglich ist. Im Gegenteil hat die Klägerin bereits in ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass sie bereits seit dem Vorschulalter Brillenträgerin sei und im Verwaltungs- und Berufungsverfahren ihren Brillenpass vorgelegt. Selbst bei einer Brillenunverträglichkeit bestände im Übrigen kein Anspruch der Klägerin (vgl. BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R, Juris).
Soweit das LSG Bayern in der von der Klägerin zitierten Entscheidung (25. Mai 2005, L 4 KR 51/04, Juris) von einer solchen notstandsähnlichen Situation ausgegangen ist, legt er die gleichen rechtlichen Grundsätze wie das BSG und der erkennende Senat zugrunde. Unterschiede in dem Sachverhalt hat der Senat nicht zu beurteilen, sondern nur den hier vorliegenden Fall.
2) Unabhängig von dem oben Ausgeführten ergibt sich die Unbegründetheit des Anspruchs zusätzlich auch aus der fehlenden Notwendigkeit der Versorgung mit Artiflexlinsen. Denn die im konkreten Einzelfall gewünschte Leistungen müssen unvermeidlich sein, um im Einzelfall eine Krankheit zu erkennen oder zu heilen, die Verschlimmerung zu verhindern bzw. die Krankheitsbeschwerden zu lindern (Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 12 Rn. 13). Eine Leistung ist dabei nur dann als notwendig anzusehen, wenn sie unter den ausreichenden und zweckmäßigen die kostengünstigste ist (Beck-OK/Joussen § 12 SGB V Rn. 9).
Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin - wie in § 16 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie bei einer schweren Anisometropie vorgesehen - mit Kontaktlinsen versorgt werden kann und so eine ausreichende Sehschärfe hergestellt werden kann. Hier hat die Beklagte - gestützt auf den MDK - vorgeschlagen, die Verwendung von Kontaktlinsen durch spezialisierte Anbieter erneut zu probieren. Hierauf ist die Klägerin ohne nähere Begründung nicht eingegangen. Zwar behauptet sie vor, sie habe zwei Kontaktlinsentrageversuche jeweils für vier bis fünf Tage vorgenommen, die misslungen seien. Belege hierfür fehlen; zumindest hat sie hierbei auch nach eigenen Angaben keine spezialisierten Anbieter aufgesucht.
Insgesamt sind die Anwendungsmöglichkeiten dieser - relativ deutlich preiswerteren und in § 16 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie als Regelversorgung bei der Anisometropie vorgesehen - noch nicht ausreichend probiert worden, wie bereits des MDK festgestellt hat. Dies sollte nicht theoretisch medizinisch diskutiert werden, sondern schlicht ausgetestet werden. Es sind Anpassungsprotokolle mit näheren Angaben zu den getesteten Kontaktlinsen notwendig (Trageversuch/Tage/Dauer, Art der Linsen, Testdatum, Beschwerden; vgl. Schreiben der Beklagten vom 29. Juni 2010 und 8. Dezember 2011). Es gibt keinen Grund, hier ungesicherte Wahrscheinlicheitsprognosen zugrunde zu legen, wie es Dr. M. in seinem Bericht vom 3. Februar 2012 tut oder ein Sachverständiger tun müsste (vgl. zur kritischen Prüfung in Fällen wie vorliegend auch BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R, Juris), zumal nicht erkennbar ist, wie ein Sachverständiger diese Unverträglichkeit ohne einen konkreten Anpassungsversuch feststellen sollte. Die Angaben der Klägerin zu den Beschwerden bei einem Trageversuch sind nirgends dokumentiert. Sie selbst stellt im Übrigen hier auch keinen Zusammenhang mit den Allergien bzw. dem Heuschnupfen auf, die sich zudem - wenn überhaupt - nicht ganzjährig auswirken würden. Hinzu kommt, dass diese Versorgungsform auch die Möglichkeit bietet, eventuell auftretende Doppelbilder bei plötzlicher Vollkorrektur beider Augen durch Anpassen der zu tragenden Linsen zu minimieren bzw. auszugleichen, was bei einer implantierten Linse nicht ohne weiteres möglich ist, wie der MDK überzeugend ausführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht, da sich der Senat der Rechtsprechung des BSG anschließt (vgl. insbesondere BSG, 5. Mai 2009, B 1 KR 15/08 R, Juris).
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