Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 53 R 753/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 124/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Der Kläger hat 225,00 Euro Verschuldenskosten an die Staatskasse zu zahlen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am xxxxx 1964 geborene Kläger übte zunächst ohne abgeschlossene Berufsausbildung diverse Tätigkeiten aus, unter anderem arbeitete er als Landschaftsgärtner, Koch, Binnenschiffer, Schiffsmechaniker, Betreuer in den A. Anstalten und Heilerzieher. Im Jahr 2001 absolvierte er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer, arbeitete als solcher sowie als Busfahrer und war zuletzt im Jahr 2008 für wenige Monate bei der Stadtreinigung Hamburg sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
1995 beantragte der Kläger erstmals eine Erwerbsminderungsrente und legte ein neurologisch-psychiatrisches Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 25. September 1995 vor, wonach er wegen eines massiven depressiven Versagens sowie einer neurotischen Persönlichkeitsstörung nicht erwerbsfähig sei. Daraufhin erfolgte eine sechstägige stationäre Begutachtung in der psychiatrischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses O., auf deren die attestierten Gesundheitsstörungen nicht bestätigendes Ergebnis (Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W2 vom 14. Februar 1996) dann der ablehnende, bestandskräftig gewordene Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19. März 1996 gestützt wurde.
Im Dezember 2004 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und verwies auf ein Rückenleiden, einen Tinnitus, Depressionen, eine chronische Bronchitis sowie einen Bluthochdruck. Auch dieser Antrag blieb erfolglos (Bescheid vom 16. März 2005 nach Gutachten des Chirurgen Dr. S2 vom Seeärztlichen Dienst vom 9. Februar 2005, Widerspruchsbescheid vom 26. August 2005, Rücknahme der Klage beim Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 12 R 2285/05 KN in der mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme vom 18. August 2006 nach Einholung eines eine rentenrelevante Leistungseinschränkung verneinenden Sachverständigengutachtens von der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie, Sozialmedizin B. vom 22. Juni 2006).
Nach zuvor 20 ab dem 18. August 1995 (Bescheid des Versorgungsamts Hamburg vom 21. November 1995) wurde beim Kläger mit Abhilfebescheid des Versorgungsamts vom 18. Februar 2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ab dem 10. November 2004 und von 70 und ab dem 7. Mai 2009 festgestellt. Dabei wurden folgende Gesundheitsstörungen berücksichtigt: • Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und Schlaf-Apnoe-Syndrom: Teil-GdB 40 • Nierenfunktionseinschränkung: Teil-GdB 30 • Funktionsstörung der Wirbelsäule: Teil-GdB 30 • Bluthochdruck: Teil-GdB 20 • Psychische Störung: Teil-GdB 20 • Ohrgeräusche links: Teil-GdB 10 • Minderbelastbarkeit des rechten Fusses: Teil-GdB 10
Am 19. Januar 2010 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er begründete den Rentenantrag mit seiner Schwerbehinderung und benannte im Einzelnen die Niere, die Psyche, den Rücken, den Tinnitus sowie die Bronchitis.
Die Beklagte holte Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie Berichte über Krankenhausbehandlungen und eine Untersuchung im Schlaflabor am Jerusalemkrankenhaus ein und veranlasste sodann eine Untersuchung durch den Sozialmedizinischen Dienst, die am 6. April 2010 durch die Fachärztin für Innere Medizin/Nephrologie S. erfolgte. In ihrem Gutachten stellte Frau S. folgende Diagnosen: • Ausgeprägte Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) mit erheblicher Funktionseinschränkung • Verschleißumformung der gesamten Wirbelsäule mit erheblicher Funktionseinschränkung • Leicht- bis mäßiggradige Nierenfunktionseinschränkung bei IgA-Nephropathie • Nierenbedingte Bluthochdruckerkrankung, aktuell gut eingestellt • Chronische Raucherbronchitis • Schlafapnoesyndrom • Zustand nach kürzlicher OP eines durchgebrochenen Magengeschwürs im März 2010 • Frühere Dysthymie und • Tinnitus im linken Ohr.
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei stark gemindert. Er sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne langes Stehen, Gehen oder Sitzen zu verrichten. Zwangshaltungen, Klettern, Überkopfarbeiten, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Armvorhalte, Kälte und Nässe seien zu vermeiden; ebenso Tätigkeiten mit erhöhter Stress- oder Lärmbelastung. Mit den genannten Einschränkungen sei eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber über 6 Stunden täglich zumutbar.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 15. April 2010 ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. Bei dem Kläger lägen eine Skoliose im Thorakolumbalbereich, eine sonstige Spondylose (mehrere Lokalisationen) der Wirbelsäule sowie eine chronische Nierenkrankheit Stadium III vor. Die Einschränkungen, die sich aus diesen Krankheiten oder Behinderungen ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Denn der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23. April 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Gutachterin S. habe sein Leistungsbild nicht aus orthopädischer Sicht geklärt. Die Bewertung der Nierenfunktion sei nicht richtig. Die Nierenerkrankung führe zu erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten. Außerdem müsse er sich wegen Erschöpfung jeden Mittag zwei bis drei Stunden hinlegen. In der Zusammenschau führe das zu Erwerbsunfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde der Kläger nicht erneut ärztlich untersucht. Die Beklagte lud ihn mehrfach zu einem Untersuchungstermin bei einem Orthopäden ein, der Kläger erschien dort aber nicht bzw. sagte wegen Erkrankung ab. Nach Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage durch den Facharzt für Orthopädie Rix vom 21. Juli 2010 sowie einer nephrologischen durch Frau S. vom 30. Juli 2010, die beide keine rentenrelevante Verschlechterung zu erkennen vermochten, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2010 zurück. Die im Widerspruchsverfahren angegebenen Gesundheitsstörungen seien bereits im Antragsverfahren bekannt gewesen und bei der Beurteilung des Leistungsvermögens berücksichtigt worden. Die gesundheitlichen Funktionsstörungen (Skoliose mit erheblicher Funktionseinschränkung, Verschleißumformung der gesamten Wirbelsäule mit erheblicher Funktionseinschränkung, leicht- bis mäßiggradige Nierenfunktionseinschränkung, nierenbedingte Bluthochdruckerkrankung, chronische Raucherbronchitis, schlafbezogene Atemstörung, Zustand nach kürzlicher OP eines durchgebrochenen Magengeschwürs im März 2010, frühere Dysthymie, Tinnitus im linken Ohr) führten zu bestimmten Arbeitseinschränkungen. Folgendes positives/negatives Leistungsbild sei festgestellt worden: Leichte körperliche Tätigkeiten, im Wechselrhythmus ohne langes Stehen, ohne langes Gehen und Sitzen, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Armvorhalte, ohne Einfluss von Kälte und Nässe, ohne erhöhte Stressbelastung, Lärmbelastung könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Bei diesem Sachverhalt liege weder ein Zustand der teilweisen Erwerbsminderung (Leistungsvermögen von weniger als 6 Stunden täglich), noch der vollen Erwerbsminderung (Leistungsvermögen von weniger als 3 Stunden täglich) vor. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe schon deshalb nicht, weil diese Rentenleistung nur für Versicherte in Betracht komme, die vor dem 2. Januar 1961 geboren seien. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung sei nicht gleichbedeutend mit dem der Erwerbsminderung. Ein arbeitsunfähiger Versicherter müsse infolgedessen nicht auch erwerbsgemindert sein.
Am 2. September 2010 hat der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und ergänzend vorgetragen, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und die kardiopulmonale Minderbelastbarkeit seien nicht erörtert worden. Er hat im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ein Gutachten des Internisten/Nephrologen Dr. S1 vom 17. Oktober 2010 eingereicht, das dieser für den Kläger für einen Rechtsstreit mit der Unfallkasse N. bezüglich der Ursache der Nierenerkrankung erstellt hat. Diese führt der Kläger – ebenso wie Dr. S1 – auf einen Arbeitsunfall bzw. eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK 3101) im Oktober 2008 zurück, als der Kläger nach seinem Vortrag beim Verladen organischer Abfälle eine Verletzung am linken Unterschenkel erlitt, aus der sich ein Erysipel (Wundbrand) entwickelt habe. Der Kläger hat ferner ein Gutachten von Prof. Dr. H., ebenfalls Internist/Nephrologe, vom 16. Dezember 2010 zur Akte gereicht, in dem es ebenfalls um die Ursache der Nierenerkrankung geht, sowie eine gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Höhne vom 1. Juni 2011 zur Höhe der aus der Nierenerkrankung resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt, die Schwerbehinderten-Akte des Klägers und die Krankenakte des W. Krankenhauses "G1" (Aufenthalt 2008) sowie die Prozessakte zum Verfahren S 12 R 2285/05 KN beigezogen und schließlich zwei Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Auf Veranlassung des Gerichts hat der Internist Dr. W1 den Kläger am 12. August 2011 untersucht. In seinem Gutachten ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch das Bluthochdruckleiden, die Nierenfunktionseinschränkung, die chronische Bronchitis und die schlafbezogene Atmungsstörung sowie die Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule eingeschränkt, aber keineswegs ausgeschlossen sei. Der Kläger könne noch leichte und zeitlich begrenzt auch mittelschwere körperliche Arbeiten ausführen. Auszuschließen seien erhöhter Zeitdruck, Nachtarbeit, Tätigkeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen und Zwangshaltungen. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen ohne Witterungseinflüsse, ohne Belastung durch Stäube und Dämpfe und ohne Nässe- und Kälteeinwirkung ausgeführt werden. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Internist/Nephrologe Dr. S1 den Kläger am 11. April 2012 untersucht und in seinem Gutachten vom 30. Juli 2012 ausgeführt, bei dem Kläger lägen eine chronische Niereninsuffizienz Stadium III auf Stadium IV zugehend mit renalem Hypertonus Grad IV und mit dadurch bedingtem progressivem chronischem zentralen Erschöpfungs-Syndrom (ICD 10 G 93.3) und progressivem sekundären Hyperaparathyreoidismus sowie zusätzlich eine renale sensible Polyneuropathie und renale Ödeme der Beine vor. Aufgrund dieser Befunde sei eine gesundheitlich zumutbare Arbeit ausgeschlossen. Der Kläger sei nicht in der Lage, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen und zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel viermal täglich Wegstrecken von mehr als 500 Meter zu Fuß ohne erhebliche Schmerzen, übermäßige körperliche Anstrengung oder erhebliche Gesundheitsgefährdung zurückzulegen. Ferner sei der Kläger auch nicht in der Lage, unter diesen Voraussetzungen 500 Meter in weniger als 20 Minuten zu bewältigen. Wegen der Höhe der Entschädigung für dieses Gutachten ist es zum Streit gekommen, sodass der Kostenrichter des Sozialgerichts die Entschädigung festsetzen musste; auf den Inhalt des entsprechenden, neben der Prozessakte geführten Kostenretents wird Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 25. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Vernehmung des medizinischen Sachverständigen Dr. W1 und daraufhin die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 15. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2010 sei rechtmäßig. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und insbesondere der Beweisaufnahme sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger voll oder wenigstens teilweise erwerbsgemindert sei. Das Leistungsvermögen des Klägers sei zwar aufgrund verschiedener Gesundheitsstörungen eingeschränkt. Es reiche jedoch noch aus, um leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit des Wechsels zwischen Sitzen, Stehen und Gehen auszuführen. Gesundheitlich nicht zumutbar seien Arbeiten unter Einnahme von Wirbelsäulenzwangshaltungen, Arbeiten mit Armvorhalte, Überkopfarbeiten, erhöhtem Zeitdruck, Nachtarbeit und Tätigkeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen. Auch Tätigkeiten mit Witterungseinflüssen (Kälte/Nässe) und mit Belastung durch Stäube oder Dämpfe schieden aus. Ferner sei der Kläger in der Lage, Strecken von mehr als 500 Metern täglich viermal mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Die genannten Einschränkungen des Leistungsvermögens beruhten auf folgenden Gesundheitsstörungen: Auf orthopädischem Fachgebiet sei die Leistungsfähigkeit des Klägers beeinträchtigt durch eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) der Brust- und Lendenwirbelsäule und verschleißbedingten Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule. Aus diesen Befunden resultiere in sozialmedizinischer Hinsicht, dass Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, mit Armvorhalte und Überkopftätigkeiten für den Kläger nicht mehr zumutbar seien. Die Arbeitsschwere sei auf leichte Tätigkeiten reduziert. Darüber hinaus forderten die festgestellten Gesundheitsstörungen Arbeiten in wechselhafter Körperhaltung mit der Möglichkeit, zwischen Sitzen, Stehen und Gehen wechseln zu können. Ferner sei die Leistungsfähigkeit auf internistischem Fachgebiet beeinträchtigt durch die Nierenerkrankung, den Bluthochdruck, die chronische Bronchitis und die schlafbezogene Atemstörung (Schlafapnoe-Syndrom). Der Bluthochdruck mache körperlich schwerere Arbeiten unzumutbar. Die Nierenerkrankung führe dazu, dass Arbeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr, also insbesondere Arbeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen nicht zumutbar seien. Die chronische Bronchitis stehe einer Belastung durch Stäube und Dämpfe, aber auch Arbeiten unter Witterungseinflüssen entgegen. Aufgrund der schlafbezogenen Atemstörung seien Nachtarbeiten, Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck sowie ebenfalls Arbeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen auszuschließen. Eine Herzerkrankung mit Auswirkungen auf das Leistungsvermögen werde von keinem der Gutachter festgestellt. Der im März 2010 operierte Magendurchbruch habe keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers. Gleiches gelte für den Tinnitus im linken Ohr, der seit vielen Jahren bestehe und nicht zu einer relevanten Einschränkung des Hörvermögens geführt habe. Eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens durch Erkrankungen oder Behinderungen auf psychiatrischem Gebiet sei – derzeit – nicht erkennbar. Der Kläger sei auch nicht in psychiatrischer/psychotherapeutischer Behandlung. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nach Überzeugung der Kammer erhalten. Mit dem Begriff der Wegefähigkeit werde die Befähigung eines Versicherten umschrieben, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Hiervon werde in typisierender Betrachtung ausgegangen, wenn ein Versicherter in der Lage sei, täglich viermal Wegstrecken von 500 Metern in weniger als 20 Minuten zu Fuß, gegebenenfalls mit Unterstützung von Hilfsmitteln, zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Dies gelte unabhängig von der tatsächlichen Wohnlage des Versicherten. Objektive Gründe, von einer fehlenden Wegefähigkeit des Klägers auszugehen, seien nach den ermittelten medizinischen Befunden nicht anzunehmen. Insbesondere stünden der Wegefähigkeit nicht die Ödeme an den Knöcheln/Unterschenkeln entgegen, da diese entsprechend den Ausführungen im Gutachten von Dr. W1 nur gering seien und auch eine Schonung der Beine nicht erforderlich machten. Diese Feststellungen auf medizinischem Gebiet treffe das Gericht insbesondere auf Grundlage der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Dr. W1. Dieser habe Kläger eingehend und sorgfältig ambulant untersucht. Er habe sich zur Überzeugung des Gerichts in seinem Gutachten ausführlich, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sowohl mit den in der Vergangenheit als auch gegenwärtig beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auseinandergesetzt. Die Begutachtung sei unter Auswertung aller zur Verfügung stehenden Befund- und Behandlungsberichte der den Kläger behandelnden Ärzte erfolgt, wie sich aus dem Sachverständigengutachten ergebe. Den vorhandenen gesundheitlichen Störungen werde durch die Benennung der verschiedenen qualitativen Leistungseinschränkungen angemessen Rechnung getragen. Anhaltspunkte für Zweifel an seinen Erkenntnissen habe die Kammer nicht gefunden. Das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin sei nicht in rentenrelevantem Umfang eingeschränkt. Auch insoweit folge das Gericht den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. W1. Nicht zu folgen vermöge das Gericht hingegen dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. S1. Dessen Gutachten vom 30. Juli 2012 weise sowohl formale als auch inhaltliche Mängel auf. Soweit Dr. S1 von einem aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers ausgehe, sei dieses Ergebnis nicht hinreichend begründet. Gerade eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens bedürfe einer besonderen Begründung, die hier fehle. Auch enthalte das Gutachten keinerlei Ausführungen dazu, warum nicht auch qualitative Leistungseinschränkungen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers hinreichend Rechnung tragen könnten. Dies sei im Zusammenhang damit zu sehen, dass das Gutachten zahlreiche Ausführungen zur Ursache der Nierenerkrankung und zum Kausalzusammenhang mit einem Unfall am Arbeitsplatz enthalte. Hieran werde deutlich, dass Dr. S1 in erster Linie für den Kläger im Rahmen von dessen Rechtsstreit mit der Unfallversicherung tätig geworden sei. Eine eigenständige vertiefte Auseinandersetzung mit den rentenrechtlichen Kriterien zur Feststellung des Leistungsvermögens/der Erwerbsminderung fehle dementsprechend. Ferner fehle eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen Dr. W1. Dr. S1 lasse dabei nicht nur die Ergebnisse und Einschätzungen durch Dr. W1 unkommentiert, sondern gehe auch nicht auf die von Dr. W1 erhobenen Befunde ein. Soweit Dr. S1 eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium III auf Stadium IV zugehend diagnostiziere, lasse sich das anhand der von ihm erhobenen Befunde zudem nicht belegen. Nierenerkrankungen seien insbesondere anhand der glomerulären Filtrationsrate (GFR) zu klassifizieren, die das Maß für die Nierenfunktion darstelle. Dabei werde das Stadium I durch eine GFR von ) 89 ml/min gekennzeichnet, im Stadium II betrage die GFR 60 – 89 ml/min, im Stadium III 30 – 59 ml/min, im Stadium IV 15 – 29 ml/min und im Stadium V ( 15 ml/min. Dr. W1 habe bei seiner Untersuchung des Klägers im August 2011 eine GFR von 53 ml/min festgestellt, Dr. S1 habe am 24. November 2010 eine GFR von 53,4 ml/min und am 11. April 2012 von 53,9 ml/min ermittelt. Damit sei die Nierenfunktionseinschränkung des Klägers deutlich dem Stadium III und dort eher dem Beginn zuzuordnen. Eine Nähe zum Stadium IV sei definitiv nicht erkennbar. Im Übrigen sei für die Frage der Erwerbsminderung auch weniger die Diagnose entscheidend, als vielmehr die konkreten Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Hierzu habe sich Dr. S1 nicht geäußert. Hingegen habe Dr. W1 überzeugend dargelegt, dass sich aus der Nierenfunktionseinschränkung keine Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit ergäben, die über die Einschränkungen infolge des Bluthochdruckleidens hinausgingen. Hinsichtlich der vom Kläger geklagten Erschöpfung und Müdigkeit würden diese von Dr. S1 in seinem Gutachten ohne hinreichende Auseinandersetzung damit und im Wesentlichen ungeprüft zur Grundlage der Beurteilung des Leistungsvermögens gemacht. Dies reiche jedoch nicht aus, um ein aufgehobenes Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht zu begründen. Insoweit sei insbesondere auch zu beachten, dass nach den Ausführungen von Dr. W1 in der mündlichen Verhandlung die Therapiemöglichkeiten keineswegs ausgeschöpft seien. Insbesondere habe noch kein nachhaltiger Versuch stattgefunden, die schlafbezogene Atemstörung – die als Ursache für die Erschöpfung in Betracht komme – durch eine nächtliche Maskenbehandlung zu verbessern. Ähnliches gelte für den Befund des schlecht eingestellten Bluthochdrucks: Auch hier bestünden weitere Möglichkeiten, eine bessere medikamentöse Behandlung zu erreichen. Soweit der Kläger auf den ihm zuerkannten GdB hinweise, sei festzustellen, dass der GdB – gleich welcher Höhe – nicht geeignet sei, eine valide Aussage über die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu treffen. Mit dem GdB werde versucht, die gesamtgesellschaftlichen Einschränkungen einer Person im Leben aufgrund von Behinderungen zu kennzeichnen. Eine spezifische Wertung in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit sei ihm nicht zu entnehmen. Insbesondere existiere kein Rechtssatz des Inhalts, dass ein bestimmter bzw. hoher GdB zugleich die Gewährung einer Erwerbsminderung nach sich zöge. In diesem Zusammenhang relevant seien lediglich die während des Verwaltungsverfahrens auf Zuerkennung eines GdB festgestellten Diagnosen und Gesundheitsstörungen. Diese seien von Dr. W1 in seinem Gutachten aufgegriffen und gewürdigt worden. Sofern der Kläger vortrage, die Nierenerkrankung führe zu erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten, lasse sich daraus nicht auf eine geminderte Erwerbsfähigkeit schließen. Zunächst handele es sich lediglich um eine pauschale, nicht näher substantiierte Behauptung. Darüber hinaus lasse sich auch aus einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht auf eine Erwerbsminderung schließen (Hinweis auf Bayerisches Landesozialgericht, Urteil vom 25. März 2009 – L 13 R 56/08, juris). Die Arbeitsunfähigkeit betreffe allein den konkret zuletzt ausgeübten Beruf. Der Begriff der Erwerbsminderung sei demgegenüber deutlich weiter gefasst und betreffe daneben auch andere zumutbare Tätigkeiten und vor allem auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Mit seiner am 16. November 2012 eingelegten Berufung gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 7. November 2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts vom 25. Oktober 2012 wiederholt und vertieft der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungs-, Vor- und Klageverfahren. Er rügt die fehlende Kompetenz der Vorgutachter, über die allein Dr. S1 verfüge. Insbesondere sei Dr. W1 kein Nephrologe und könne deshalb die Leistungseinbußen des Klägers durch die Niereninsuffizienz nicht beurteilen. Unter Bezugnahme auf näher benannte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Bundessozialgerichts führt der Kläger aus, das die Feststellungen des Versorgungsamtes hinsichtlich des Grades der Behinderung und der diesen zu Grunde liegenden Erkrankungen für alle Behörden bindend seien, so dass die Beklagte als Rentenversicherungsträger nicht einmal mehr medizinisch ermitteln dürfe, sondern die Einschränkung seines Leistungsvermögens durch die 70%ige Behinderung zu Grunde zu legen habe. Der Kläger hat umfangreiche Unterlagen zur Akte gereicht, die sich mit dem Streit über den von ihm angenommenen Zusammenhang zwischen dem Erysipel und der Nierenerkrankung befassen, zuletzt eine von ihm eingeholte ärztliche Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin, Umweltmedizin, Betriebsmedizin und Psychotherapie Höhne, der unter dem 21. Oktober 2014 den Zusammenhang zwischen der bei versicherter Tätigkeit erlittenen Unterschenkelverletzung, dem in der Folge aufgetretenen Erysipel sowie der heutigen Nierenerkrankung beleuchtet und bejaht hat. Auf Nachfrage des Berichterstatters, ob er sich in neurologisch-psychiatrischer Behandlung befinde, hat der Kläger sich in eine solche bei Dr. R. begeben, der nach einmaliger Untersuchung am 22. Januar 2014 mit Befundbericht vom 4. Februar 2014 nicht sicher eine psychische Erkrankung hat feststellen können, jedoch eine möglicherweise leicht querulatorische Art bei auffällig vielen Gedächtnislücken. Nach Vorlage des Befundberichts hat der Kläger mitgeteilt, dass Dr. R. nicht sehr überzeugend sei, und er zu einem anderen entsprechenden Facharzt gehen wolle, was jedoch nicht mehr erfolgt ist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Oktober 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweise Erwerbsminderung auf Dauer nach einem Leistungsfall vom 19. Januar 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für richtig und vermag keinen neuen, dieses in Frage stellenden Vortrag zu erkennen.
Der Senat hat ein Sachverständigengutachten von dem Internisten, Nephrologen und Diabetologen Dr. T. eingeholt, der den Kläger am 19. Mai 2014 untersucht hat und in dem Gutachten vom 9. Juli 2014 zu der Einschätzung gekommen ist, dass der Kläger bei vorhandener Wegefähigkeit noch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden pro Tag regelmäßig unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten könne, ohne dass längere Arbeitsunfähigkeitszeiten regelhaft zu erwarten seien. In der Anamnese gibt der Sachverständige wieder, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 gesund gewesen sei, er die orthopädische Behandlung aufgegeben habe und eine psychische Erkrankung nicht erwähnt werde; im Vordergrund stehe die Angst vor erschöpfungsbedingtem Einschlafen am Steuer. Dabei erwähnt der Sachverständige, dass der Kläger mit dem eigenen Pkw zur Begutachtung gekommen sei, beschreibt einen unauffälligen psychischen Befund und ein Blutbild, das eine mittelgradige Nierenfunktionsstörung belege; im orthopädischen Befund werden ein eingeschränkter Schürzengriff sowie ein unsicherer Zehen- und Hackengang bei unauffälligen Gangbild und beidseits kräftigen Händen beschrieben. Anders als noch Dr. S1 hat Dr. T. keine Ödeme und einen nur leicht erhöhten Blutdruck festgestellt. Dem Gutachten des Herrn Dr. S1 vermöge er nicht zu folgen, weil dieses die rentenrelevante Leistungseinschätzung nicht begründe und Ausführungen fast ausschließlich zur hier nicht maßgeblichen angenommenen Kausalität zwischen dem Erysipel und der Nierenerkrankung mache.
Der Kläger hat mit zwei Befangenheitsanträgen vom 29. Juli 2014 und 6. Oktober 2014 die Ablehnung des Sachverständigen Dr. T. und die Entfernung seines Gutachtens begehrt, wobei er dem Sachverständigen in erster Linie näher bezeichnete Fehler bei der Anamnesewiedergabe sowie eine widersprüchliche Einschätzung des Leistungsvermögens vorgehalten hat. Der Kläger hat seine Ansicht vertiefend wiederholt, dass ärztliche Sachverständige sich nur zu medizinischen Sachverhalten zu äußern hätten und berufliche Leistungsanforderungen nicht verlässlich beurteilen könnten. Dr. T. habe dagegen verstoßen und sich darüber hinaus widersprüchlich geäußert, weil er dem Kläger einerseits ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert, aber in dem gleichen Gutachten diverse Leistungshemmnisse festgestellt habe. Entgegen der Einschätzung des Sachverständigen sei ein Kausalzusammenhang zwischen dem Erysipel und der Nierenerkrankung sehr wohl relevant. Das Anforderungsprofil des allgemeinen Arbeitsmarktes werde nicht transparent gemacht. Sein Restleistungsvermögen reiche nicht aus, um die vom Bundessozialgericht bei der zweischrittigen Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, genannten typischen Verrichtungen oder Tätigkeiten wie Verpacken, Sortieren oder Zusammensetzen von Teilen auszuüben, zumal er nicht nur körperlich, sondern auch psychisch beeinträchtigt sei. Ihm müsse eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden.
Dr. T. hat in einer Stellungnahme vom 14. August 2014 an seiner Leistungseinschätzung festgehalten.
Der Berichterstatter hat beide Anträge mit Beschlüssen vom 10. September 2014 und 7. Oktober 2014 abgelehnt bzw. verworfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19. November 2014 sowie den Inhalt der darin aufgeführten Akten und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der maßgeblichen, seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. I S. 554).
Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Kostenrichters des Sozialgerichts im Beschluss vom 2. August 2013 über die Festsetzung der Vergütung für das Sachverständigengutachten des Dr. S1, wonach dessen Gutachten praktisch nicht verwertbar sei und am Thema vorbei gehe.
Der im Wesentlichen wiederholende Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren sowie das Ergebnis der weiteren Ermittlungen des Senats geben keinen Anlass, das sozialgerichtliche Urteil in Zweifel zu ziehen. Das vom Senat eingeholte weitere Gutachten des Herrn Dr. T., der als Nephrologe auch nach Auffassung des Klägers über die erforderliche Qualifikation verfügen dürfte, hat die Befunde und die Einschätzung des Herrn Dr. W1 sowie diejenigen aus dem Vorverfahren im Wesentlichen bestätigt. Befunde, die über die beschriebenen qualitativen Funktionsbeeinträchtigungen hinausgehende oder gar quantitative begründen könnten, hat Dr. T. nicht erhoben. Vielmehr sind die von Dr. S1 zu einem viel früheren Zeitpunkt festgestellten Ödeme, mit denen er eine Einschränkung der Wegefähigkeit – im Übrigen unschlüssig – begründet hat, oder ein sehr stark erhöhter Blutdruck gerade nicht mehr festgestellt worden. Auch Hinweise auf die von Dr. S1 behaupteten Spätfolgen der Nierenerkrankung, z.B. in Gestalt einer Polyneuropathie, haben weder durch den Sachverständigen noch durch den aufgesuchten Neurologen und Psychiater Dr. R. bestätigt werden können. Dr. S1 wiederum hat in seinem für das Sozialgericht erstellten Gutachten praktisch keine objektivierbaren, leistungsmindernden Befunde, sondern nur Laborwerte wiedergegeben und im Übrigen lediglich die vom Kläger angegebenen Beschwerden, die sich vor allem in einer raschen Erschöpfbarkeit zeigten.
Das Sozialgericht hat bereits zu Recht ausgeführt, dass nicht einmal die Einordnung der Laborwerte durch Dr. S1 nachvollziehbar erscheint. Die von ihm beschriebenen Laborwerte rechtfertigen nach der auch unter anderem im Pschyrembel (Niereninsuuffizienz, S. 1175 der 259. Aufl.) wiedergegebenen Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz "lediglich" die Einordnung der Nierenerkrankung des Klägers als mittelgradig (Stufe II-III), nicht jedoch als schwergradig bis terminal (Stufe III-IV), wie Dr. S1 geschrieben hat.
Im Übrigen sind im Rentenversicherungsrecht allein die von Dr. S1 nicht konkret beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund festgestellter Gesundheitsstörungen relevant. Auf die Kausalität für die Gesundheitsstörungen kommt es nicht an.
Die vom Kläger dargelegten sachlichen Fehler im Gutachten des Herrn Dr. T. hinsichtlich der Anamneseangaben (z.B. falsche Adresse eines behandelnden Arztes, Zeitpunkt der Trennung von der Ehefrau) beeinträchtigen die Schlüssigkeit von dessen Leistungseinschätzung aufgrund der von ihm erhobenen und mit den früher erhobenen im Einklang stehenden Befunden nicht. Das Gutachten des Herrn Dr. T. ist nicht widersprüchlich, sondern vielmehr schlüssig, und er führt zu Recht aus, dass eine etwaige Kausalität zwischen dem Erysipel und der jetzigen Nierenerkrankung für den Rentenanspruch irrelevant ist. Der vom Kläger behauptete Widerspruch zwischen der Angabe eines vollschichtigen Leistungsvermögens bei gleichzeitiger Angabe von Einschränkungen besteht nicht, denn die angegebenen Einschränkungen sind lediglich qualitativer Art.
Die vom Kläger behauptete rasche Erschöpfbarkeit ist durch keinen Befundbericht und kein Gutachten objektiviert worden. Lediglich in dem Bericht über eine nervenärztliche Untersuchung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Mascher M. vom 14. Dezember 1994 ist die Rede von erheblicher Schläfrigkeit des Klägers. Entsprechende Wahrnehmungen sind seither zu keinem Zeitpunkt wiedergegeben worden, weder in dem kurz darauf erstellten Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W2 nach sechstägiger Begutachtung noch in späteren Gutachten. Dass auch nach der Untersuchung im Schlaflabor keine Überdruckbehandlung erfolgt ist, deutet auf einen insoweit fehlenden Leidensdruck hin. Gegen ein erhebliches Ausmaß der Erschöpfbarkeit sprechen sämtliche erhobenen allgemeinen Befunde, der Umstand, dass der Kläger auch zur letzten Begutachtung mit dem eigenen Pkw angereist ist, bei den Begutachtungen mit Ausnahme derjenigen im Dezember 1994 stets angemessen hat kooperieren können, sowie der Umstand, dass bereits 1995 eine ähnliche Leistungsunfähigkeit beschrieben wurde, ohne dass dies im Rahmen der folgenden stationären Begutachtung nachvollzogen werden konnte und wonach der Kläger noch jahrelang erwerbstätig war.
Die vom Kläger weiter behauptete psychische Beeinträchtigung neben der körperlichen ist in keiner Weise belegt, sondern vielmehr durch die bereits 1995 erfolgte stationäre Begutachtung und den nunmehr erstellten Befundbericht des Herrn Dr. R. bei gleichzeitig fehlenden Auffälligkeiten in anderen Begutachtungen widerlegt. Die körperlichen Beeinträchtigungen wiederum rechtfertigen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen, die das Ausmaß einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe z.B. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 ; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R und Beschluss vom selben Tag B 13 R 135/11) nicht erreichen, so dass die Nennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit seinem Restleistungsvermögen Verrichtungen oder Tätigkeiten nicht mehr ausüben könne, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie sie zum Beispiel in der Stellungnahme des Sachverständigen Meinhard vom 7. Oktober 2012 aufgeführt werden.
Soweit der Kläger aufgrund eines Fehlverständnisses verschiedener Gerichtsentscheidungen eine Bindungswirkung der Feststellungen des Versorgungsamtes für alle Behörden annimmt und darüber hinaus den Grad der Behinderung als unumstößlichen Gradmesser für die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hält, irrt er.
Schließlich könnte der Kläger mit seiner Berufung selbst dann nicht durchdringen, wenn der Senat nicht davon überzeugt wäre, dass keine rentenrelevante Erwerbsminderung vorliegt. Denn das Gegenteil lässt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen, was sich nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Ungunsten des Klägers auswirkt.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Die Entscheidung über die Verschuldenskosten ergibt sich aus § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 sowie Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei mindestens der Betrag von 225,00 Euro. Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss; dabei ist von einem Rechtsanwalt zu verlangen, dass er sich mit der Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen prüft und die Erfolgsaussichten eingehend abwägt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. Juli 1995 – 2 BvR 1379/95, NJW 1996, 1273; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. August 2013 – L 22 R 317/12, juris; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 192 Rn. 8; s.a. BT-Drucks 17/4987, Nr. 55 vom 4. März 2011). Der Kläger ist selbst und über seine bevollmächtigte Rechtsanwältin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19. November 2011 durch den Vorsitzenden auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits im Umfang von 225,00 Euro hingewiesen worden. Insbesondere ist ausführlich dargelegt worden, dass die Beweissituation angesichts der schlüssigen und fachlich einwandfreien Sachverständigengutachten insbesondere der Dres. W1 und T. sowie des fachlich und inhaltlich mangelhaften Sachverständigengutachtens des Dr. S1 für den Kläger aussichtslos war.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am xxxxx 1964 geborene Kläger übte zunächst ohne abgeschlossene Berufsausbildung diverse Tätigkeiten aus, unter anderem arbeitete er als Landschaftsgärtner, Koch, Binnenschiffer, Schiffsmechaniker, Betreuer in den A. Anstalten und Heilerzieher. Im Jahr 2001 absolvierte er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer, arbeitete als solcher sowie als Busfahrer und war zuletzt im Jahr 2008 für wenige Monate bei der Stadtreinigung Hamburg sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
1995 beantragte der Kläger erstmals eine Erwerbsminderungsrente und legte ein neurologisch-psychiatrisches Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 25. September 1995 vor, wonach er wegen eines massiven depressiven Versagens sowie einer neurotischen Persönlichkeitsstörung nicht erwerbsfähig sei. Daraufhin erfolgte eine sechstägige stationäre Begutachtung in der psychiatrischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses O., auf deren die attestierten Gesundheitsstörungen nicht bestätigendes Ergebnis (Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W2 vom 14. Februar 1996) dann der ablehnende, bestandskräftig gewordene Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19. März 1996 gestützt wurde.
Im Dezember 2004 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und verwies auf ein Rückenleiden, einen Tinnitus, Depressionen, eine chronische Bronchitis sowie einen Bluthochdruck. Auch dieser Antrag blieb erfolglos (Bescheid vom 16. März 2005 nach Gutachten des Chirurgen Dr. S2 vom Seeärztlichen Dienst vom 9. Februar 2005, Widerspruchsbescheid vom 26. August 2005, Rücknahme der Klage beim Sozialgericht Hamburg zum Aktenzeichen S 12 R 2285/05 KN in der mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme vom 18. August 2006 nach Einholung eines eine rentenrelevante Leistungseinschränkung verneinenden Sachverständigengutachtens von der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie, Sozialmedizin B. vom 22. Juni 2006).
Nach zuvor 20 ab dem 18. August 1995 (Bescheid des Versorgungsamts Hamburg vom 21. November 1995) wurde beim Kläger mit Abhilfebescheid des Versorgungsamts vom 18. Februar 2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ab dem 10. November 2004 und von 70 und ab dem 7. Mai 2009 festgestellt. Dabei wurden folgende Gesundheitsstörungen berücksichtigt: • Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und Schlaf-Apnoe-Syndrom: Teil-GdB 40 • Nierenfunktionseinschränkung: Teil-GdB 30 • Funktionsstörung der Wirbelsäule: Teil-GdB 30 • Bluthochdruck: Teil-GdB 20 • Psychische Störung: Teil-GdB 20 • Ohrgeräusche links: Teil-GdB 10 • Minderbelastbarkeit des rechten Fusses: Teil-GdB 10
Am 19. Januar 2010 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er begründete den Rentenantrag mit seiner Schwerbehinderung und benannte im Einzelnen die Niere, die Psyche, den Rücken, den Tinnitus sowie die Bronchitis.
Die Beklagte holte Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie Berichte über Krankenhausbehandlungen und eine Untersuchung im Schlaflabor am Jerusalemkrankenhaus ein und veranlasste sodann eine Untersuchung durch den Sozialmedizinischen Dienst, die am 6. April 2010 durch die Fachärztin für Innere Medizin/Nephrologie S. erfolgte. In ihrem Gutachten stellte Frau S. folgende Diagnosen: • Ausgeprägte Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) mit erheblicher Funktionseinschränkung • Verschleißumformung der gesamten Wirbelsäule mit erheblicher Funktionseinschränkung • Leicht- bis mäßiggradige Nierenfunktionseinschränkung bei IgA-Nephropathie • Nierenbedingte Bluthochdruckerkrankung, aktuell gut eingestellt • Chronische Raucherbronchitis • Schlafapnoesyndrom • Zustand nach kürzlicher OP eines durchgebrochenen Magengeschwürs im März 2010 • Frühere Dysthymie und • Tinnitus im linken Ohr.
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei stark gemindert. Er sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne langes Stehen, Gehen oder Sitzen zu verrichten. Zwangshaltungen, Klettern, Überkopfarbeiten, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Armvorhalte, Kälte und Nässe seien zu vermeiden; ebenso Tätigkeiten mit erhöhter Stress- oder Lärmbelastung. Mit den genannten Einschränkungen sei eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber über 6 Stunden täglich zumutbar.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 15. April 2010 ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. Bei dem Kläger lägen eine Skoliose im Thorakolumbalbereich, eine sonstige Spondylose (mehrere Lokalisationen) der Wirbelsäule sowie eine chronische Nierenkrankheit Stadium III vor. Die Einschränkungen, die sich aus diesen Krankheiten oder Behinderungen ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Denn der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23. April 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Gutachterin S. habe sein Leistungsbild nicht aus orthopädischer Sicht geklärt. Die Bewertung der Nierenfunktion sei nicht richtig. Die Nierenerkrankung führe zu erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten. Außerdem müsse er sich wegen Erschöpfung jeden Mittag zwei bis drei Stunden hinlegen. In der Zusammenschau führe das zu Erwerbsunfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde der Kläger nicht erneut ärztlich untersucht. Die Beklagte lud ihn mehrfach zu einem Untersuchungstermin bei einem Orthopäden ein, der Kläger erschien dort aber nicht bzw. sagte wegen Erkrankung ab. Nach Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage durch den Facharzt für Orthopädie Rix vom 21. Juli 2010 sowie einer nephrologischen durch Frau S. vom 30. Juli 2010, die beide keine rentenrelevante Verschlechterung zu erkennen vermochten, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2010 zurück. Die im Widerspruchsverfahren angegebenen Gesundheitsstörungen seien bereits im Antragsverfahren bekannt gewesen und bei der Beurteilung des Leistungsvermögens berücksichtigt worden. Die gesundheitlichen Funktionsstörungen (Skoliose mit erheblicher Funktionseinschränkung, Verschleißumformung der gesamten Wirbelsäule mit erheblicher Funktionseinschränkung, leicht- bis mäßiggradige Nierenfunktionseinschränkung, nierenbedingte Bluthochdruckerkrankung, chronische Raucherbronchitis, schlafbezogene Atemstörung, Zustand nach kürzlicher OP eines durchgebrochenen Magengeschwürs im März 2010, frühere Dysthymie, Tinnitus im linken Ohr) führten zu bestimmten Arbeitseinschränkungen. Folgendes positives/negatives Leistungsbild sei festgestellt worden: Leichte körperliche Tätigkeiten, im Wechselrhythmus ohne langes Stehen, ohne langes Gehen und Sitzen, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Armvorhalte, ohne Einfluss von Kälte und Nässe, ohne erhöhte Stressbelastung, Lärmbelastung könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Bei diesem Sachverhalt liege weder ein Zustand der teilweisen Erwerbsminderung (Leistungsvermögen von weniger als 6 Stunden täglich), noch der vollen Erwerbsminderung (Leistungsvermögen von weniger als 3 Stunden täglich) vor. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe schon deshalb nicht, weil diese Rentenleistung nur für Versicherte in Betracht komme, die vor dem 2. Januar 1961 geboren seien. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung sei nicht gleichbedeutend mit dem der Erwerbsminderung. Ein arbeitsunfähiger Versicherter müsse infolgedessen nicht auch erwerbsgemindert sein.
Am 2. September 2010 hat der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und ergänzend vorgetragen, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und die kardiopulmonale Minderbelastbarkeit seien nicht erörtert worden. Er hat im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ein Gutachten des Internisten/Nephrologen Dr. S1 vom 17. Oktober 2010 eingereicht, das dieser für den Kläger für einen Rechtsstreit mit der Unfallkasse N. bezüglich der Ursache der Nierenerkrankung erstellt hat. Diese führt der Kläger – ebenso wie Dr. S1 – auf einen Arbeitsunfall bzw. eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK 3101) im Oktober 2008 zurück, als der Kläger nach seinem Vortrag beim Verladen organischer Abfälle eine Verletzung am linken Unterschenkel erlitt, aus der sich ein Erysipel (Wundbrand) entwickelt habe. Der Kläger hat ferner ein Gutachten von Prof. Dr. H., ebenfalls Internist/Nephrologe, vom 16. Dezember 2010 zur Akte gereicht, in dem es ebenfalls um die Ursache der Nierenerkrankung geht, sowie eine gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Höhne vom 1. Juni 2011 zur Höhe der aus der Nierenerkrankung resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt, die Schwerbehinderten-Akte des Klägers und die Krankenakte des W. Krankenhauses "G1" (Aufenthalt 2008) sowie die Prozessakte zum Verfahren S 12 R 2285/05 KN beigezogen und schließlich zwei Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Auf Veranlassung des Gerichts hat der Internist Dr. W1 den Kläger am 12. August 2011 untersucht. In seinem Gutachten ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch das Bluthochdruckleiden, die Nierenfunktionseinschränkung, die chronische Bronchitis und die schlafbezogene Atmungsstörung sowie die Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule eingeschränkt, aber keineswegs ausgeschlossen sei. Der Kläger könne noch leichte und zeitlich begrenzt auch mittelschwere körperliche Arbeiten ausführen. Auszuschließen seien erhöhter Zeitdruck, Nachtarbeit, Tätigkeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen und Zwangshaltungen. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen ohne Witterungseinflüsse, ohne Belastung durch Stäube und Dämpfe und ohne Nässe- und Kälteeinwirkung ausgeführt werden. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Internist/Nephrologe Dr. S1 den Kläger am 11. April 2012 untersucht und in seinem Gutachten vom 30. Juli 2012 ausgeführt, bei dem Kläger lägen eine chronische Niereninsuffizienz Stadium III auf Stadium IV zugehend mit renalem Hypertonus Grad IV und mit dadurch bedingtem progressivem chronischem zentralen Erschöpfungs-Syndrom (ICD 10 G 93.3) und progressivem sekundären Hyperaparathyreoidismus sowie zusätzlich eine renale sensible Polyneuropathie und renale Ödeme der Beine vor. Aufgrund dieser Befunde sei eine gesundheitlich zumutbare Arbeit ausgeschlossen. Der Kläger sei nicht in der Lage, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen und zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel viermal täglich Wegstrecken von mehr als 500 Meter zu Fuß ohne erhebliche Schmerzen, übermäßige körperliche Anstrengung oder erhebliche Gesundheitsgefährdung zurückzulegen. Ferner sei der Kläger auch nicht in der Lage, unter diesen Voraussetzungen 500 Meter in weniger als 20 Minuten zu bewältigen. Wegen der Höhe der Entschädigung für dieses Gutachten ist es zum Streit gekommen, sodass der Kostenrichter des Sozialgerichts die Entschädigung festsetzen musste; auf den Inhalt des entsprechenden, neben der Prozessakte geführten Kostenretents wird Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 25. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Vernehmung des medizinischen Sachverständigen Dr. W1 und daraufhin die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 15. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2010 sei rechtmäßig. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und insbesondere der Beweisaufnahme sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger voll oder wenigstens teilweise erwerbsgemindert sei. Das Leistungsvermögen des Klägers sei zwar aufgrund verschiedener Gesundheitsstörungen eingeschränkt. Es reiche jedoch noch aus, um leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit des Wechsels zwischen Sitzen, Stehen und Gehen auszuführen. Gesundheitlich nicht zumutbar seien Arbeiten unter Einnahme von Wirbelsäulenzwangshaltungen, Arbeiten mit Armvorhalte, Überkopfarbeiten, erhöhtem Zeitdruck, Nachtarbeit und Tätigkeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen. Auch Tätigkeiten mit Witterungseinflüssen (Kälte/Nässe) und mit Belastung durch Stäube oder Dämpfe schieden aus. Ferner sei der Kläger in der Lage, Strecken von mehr als 500 Metern täglich viermal mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Die genannten Einschränkungen des Leistungsvermögens beruhten auf folgenden Gesundheitsstörungen: Auf orthopädischem Fachgebiet sei die Leistungsfähigkeit des Klägers beeinträchtigt durch eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) der Brust- und Lendenwirbelsäule und verschleißbedingten Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule. Aus diesen Befunden resultiere in sozialmedizinischer Hinsicht, dass Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, mit Armvorhalte und Überkopftätigkeiten für den Kläger nicht mehr zumutbar seien. Die Arbeitsschwere sei auf leichte Tätigkeiten reduziert. Darüber hinaus forderten die festgestellten Gesundheitsstörungen Arbeiten in wechselhafter Körperhaltung mit der Möglichkeit, zwischen Sitzen, Stehen und Gehen wechseln zu können. Ferner sei die Leistungsfähigkeit auf internistischem Fachgebiet beeinträchtigt durch die Nierenerkrankung, den Bluthochdruck, die chronische Bronchitis und die schlafbezogene Atemstörung (Schlafapnoe-Syndrom). Der Bluthochdruck mache körperlich schwerere Arbeiten unzumutbar. Die Nierenerkrankung führe dazu, dass Arbeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr, also insbesondere Arbeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen nicht zumutbar seien. Die chronische Bronchitis stehe einer Belastung durch Stäube und Dämpfe, aber auch Arbeiten unter Witterungseinflüssen entgegen. Aufgrund der schlafbezogenen Atemstörung seien Nachtarbeiten, Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck sowie ebenfalls Arbeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen auszuschließen. Eine Herzerkrankung mit Auswirkungen auf das Leistungsvermögen werde von keinem der Gutachter festgestellt. Der im März 2010 operierte Magendurchbruch habe keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers. Gleiches gelte für den Tinnitus im linken Ohr, der seit vielen Jahren bestehe und nicht zu einer relevanten Einschränkung des Hörvermögens geführt habe. Eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens durch Erkrankungen oder Behinderungen auf psychiatrischem Gebiet sei – derzeit – nicht erkennbar. Der Kläger sei auch nicht in psychiatrischer/psychotherapeutischer Behandlung. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nach Überzeugung der Kammer erhalten. Mit dem Begriff der Wegefähigkeit werde die Befähigung eines Versicherten umschrieben, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Hiervon werde in typisierender Betrachtung ausgegangen, wenn ein Versicherter in der Lage sei, täglich viermal Wegstrecken von 500 Metern in weniger als 20 Minuten zu Fuß, gegebenenfalls mit Unterstützung von Hilfsmitteln, zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Dies gelte unabhängig von der tatsächlichen Wohnlage des Versicherten. Objektive Gründe, von einer fehlenden Wegefähigkeit des Klägers auszugehen, seien nach den ermittelten medizinischen Befunden nicht anzunehmen. Insbesondere stünden der Wegefähigkeit nicht die Ödeme an den Knöcheln/Unterschenkeln entgegen, da diese entsprechend den Ausführungen im Gutachten von Dr. W1 nur gering seien und auch eine Schonung der Beine nicht erforderlich machten. Diese Feststellungen auf medizinischem Gebiet treffe das Gericht insbesondere auf Grundlage der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Dr. W1. Dieser habe Kläger eingehend und sorgfältig ambulant untersucht. Er habe sich zur Überzeugung des Gerichts in seinem Gutachten ausführlich, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sowohl mit den in der Vergangenheit als auch gegenwärtig beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auseinandergesetzt. Die Begutachtung sei unter Auswertung aller zur Verfügung stehenden Befund- und Behandlungsberichte der den Kläger behandelnden Ärzte erfolgt, wie sich aus dem Sachverständigengutachten ergebe. Den vorhandenen gesundheitlichen Störungen werde durch die Benennung der verschiedenen qualitativen Leistungseinschränkungen angemessen Rechnung getragen. Anhaltspunkte für Zweifel an seinen Erkenntnissen habe die Kammer nicht gefunden. Das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin sei nicht in rentenrelevantem Umfang eingeschränkt. Auch insoweit folge das Gericht den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. W1. Nicht zu folgen vermöge das Gericht hingegen dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. S1. Dessen Gutachten vom 30. Juli 2012 weise sowohl formale als auch inhaltliche Mängel auf. Soweit Dr. S1 von einem aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers ausgehe, sei dieses Ergebnis nicht hinreichend begründet. Gerade eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens bedürfe einer besonderen Begründung, die hier fehle. Auch enthalte das Gutachten keinerlei Ausführungen dazu, warum nicht auch qualitative Leistungseinschränkungen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers hinreichend Rechnung tragen könnten. Dies sei im Zusammenhang damit zu sehen, dass das Gutachten zahlreiche Ausführungen zur Ursache der Nierenerkrankung und zum Kausalzusammenhang mit einem Unfall am Arbeitsplatz enthalte. Hieran werde deutlich, dass Dr. S1 in erster Linie für den Kläger im Rahmen von dessen Rechtsstreit mit der Unfallversicherung tätig geworden sei. Eine eigenständige vertiefte Auseinandersetzung mit den rentenrechtlichen Kriterien zur Feststellung des Leistungsvermögens/der Erwerbsminderung fehle dementsprechend. Ferner fehle eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen Dr. W1. Dr. S1 lasse dabei nicht nur die Ergebnisse und Einschätzungen durch Dr. W1 unkommentiert, sondern gehe auch nicht auf die von Dr. W1 erhobenen Befunde ein. Soweit Dr. S1 eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium III auf Stadium IV zugehend diagnostiziere, lasse sich das anhand der von ihm erhobenen Befunde zudem nicht belegen. Nierenerkrankungen seien insbesondere anhand der glomerulären Filtrationsrate (GFR) zu klassifizieren, die das Maß für die Nierenfunktion darstelle. Dabei werde das Stadium I durch eine GFR von ) 89 ml/min gekennzeichnet, im Stadium II betrage die GFR 60 – 89 ml/min, im Stadium III 30 – 59 ml/min, im Stadium IV 15 – 29 ml/min und im Stadium V ( 15 ml/min. Dr. W1 habe bei seiner Untersuchung des Klägers im August 2011 eine GFR von 53 ml/min festgestellt, Dr. S1 habe am 24. November 2010 eine GFR von 53,4 ml/min und am 11. April 2012 von 53,9 ml/min ermittelt. Damit sei die Nierenfunktionseinschränkung des Klägers deutlich dem Stadium III und dort eher dem Beginn zuzuordnen. Eine Nähe zum Stadium IV sei definitiv nicht erkennbar. Im Übrigen sei für die Frage der Erwerbsminderung auch weniger die Diagnose entscheidend, als vielmehr die konkreten Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Hierzu habe sich Dr. S1 nicht geäußert. Hingegen habe Dr. W1 überzeugend dargelegt, dass sich aus der Nierenfunktionseinschränkung keine Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit ergäben, die über die Einschränkungen infolge des Bluthochdruckleidens hinausgingen. Hinsichtlich der vom Kläger geklagten Erschöpfung und Müdigkeit würden diese von Dr. S1 in seinem Gutachten ohne hinreichende Auseinandersetzung damit und im Wesentlichen ungeprüft zur Grundlage der Beurteilung des Leistungsvermögens gemacht. Dies reiche jedoch nicht aus, um ein aufgehobenes Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht zu begründen. Insoweit sei insbesondere auch zu beachten, dass nach den Ausführungen von Dr. W1 in der mündlichen Verhandlung die Therapiemöglichkeiten keineswegs ausgeschöpft seien. Insbesondere habe noch kein nachhaltiger Versuch stattgefunden, die schlafbezogene Atemstörung – die als Ursache für die Erschöpfung in Betracht komme – durch eine nächtliche Maskenbehandlung zu verbessern. Ähnliches gelte für den Befund des schlecht eingestellten Bluthochdrucks: Auch hier bestünden weitere Möglichkeiten, eine bessere medikamentöse Behandlung zu erreichen. Soweit der Kläger auf den ihm zuerkannten GdB hinweise, sei festzustellen, dass der GdB – gleich welcher Höhe – nicht geeignet sei, eine valide Aussage über die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu treffen. Mit dem GdB werde versucht, die gesamtgesellschaftlichen Einschränkungen einer Person im Leben aufgrund von Behinderungen zu kennzeichnen. Eine spezifische Wertung in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit sei ihm nicht zu entnehmen. Insbesondere existiere kein Rechtssatz des Inhalts, dass ein bestimmter bzw. hoher GdB zugleich die Gewährung einer Erwerbsminderung nach sich zöge. In diesem Zusammenhang relevant seien lediglich die während des Verwaltungsverfahrens auf Zuerkennung eines GdB festgestellten Diagnosen und Gesundheitsstörungen. Diese seien von Dr. W1 in seinem Gutachten aufgegriffen und gewürdigt worden. Sofern der Kläger vortrage, die Nierenerkrankung führe zu erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten, lasse sich daraus nicht auf eine geminderte Erwerbsfähigkeit schließen. Zunächst handele es sich lediglich um eine pauschale, nicht näher substantiierte Behauptung. Darüber hinaus lasse sich auch aus einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht auf eine Erwerbsminderung schließen (Hinweis auf Bayerisches Landesozialgericht, Urteil vom 25. März 2009 – L 13 R 56/08, juris). Die Arbeitsunfähigkeit betreffe allein den konkret zuletzt ausgeübten Beruf. Der Begriff der Erwerbsminderung sei demgegenüber deutlich weiter gefasst und betreffe daneben auch andere zumutbare Tätigkeiten und vor allem auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Mit seiner am 16. November 2012 eingelegten Berufung gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 7. November 2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts vom 25. Oktober 2012 wiederholt und vertieft der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungs-, Vor- und Klageverfahren. Er rügt die fehlende Kompetenz der Vorgutachter, über die allein Dr. S1 verfüge. Insbesondere sei Dr. W1 kein Nephrologe und könne deshalb die Leistungseinbußen des Klägers durch die Niereninsuffizienz nicht beurteilen. Unter Bezugnahme auf näher benannte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Bundessozialgerichts führt der Kläger aus, das die Feststellungen des Versorgungsamtes hinsichtlich des Grades der Behinderung und der diesen zu Grunde liegenden Erkrankungen für alle Behörden bindend seien, so dass die Beklagte als Rentenversicherungsträger nicht einmal mehr medizinisch ermitteln dürfe, sondern die Einschränkung seines Leistungsvermögens durch die 70%ige Behinderung zu Grunde zu legen habe. Der Kläger hat umfangreiche Unterlagen zur Akte gereicht, die sich mit dem Streit über den von ihm angenommenen Zusammenhang zwischen dem Erysipel und der Nierenerkrankung befassen, zuletzt eine von ihm eingeholte ärztliche Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin, Umweltmedizin, Betriebsmedizin und Psychotherapie Höhne, der unter dem 21. Oktober 2014 den Zusammenhang zwischen der bei versicherter Tätigkeit erlittenen Unterschenkelverletzung, dem in der Folge aufgetretenen Erysipel sowie der heutigen Nierenerkrankung beleuchtet und bejaht hat. Auf Nachfrage des Berichterstatters, ob er sich in neurologisch-psychiatrischer Behandlung befinde, hat der Kläger sich in eine solche bei Dr. R. begeben, der nach einmaliger Untersuchung am 22. Januar 2014 mit Befundbericht vom 4. Februar 2014 nicht sicher eine psychische Erkrankung hat feststellen können, jedoch eine möglicherweise leicht querulatorische Art bei auffällig vielen Gedächtnislücken. Nach Vorlage des Befundberichts hat der Kläger mitgeteilt, dass Dr. R. nicht sehr überzeugend sei, und er zu einem anderen entsprechenden Facharzt gehen wolle, was jedoch nicht mehr erfolgt ist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Oktober 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweise Erwerbsminderung auf Dauer nach einem Leistungsfall vom 19. Januar 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für richtig und vermag keinen neuen, dieses in Frage stellenden Vortrag zu erkennen.
Der Senat hat ein Sachverständigengutachten von dem Internisten, Nephrologen und Diabetologen Dr. T. eingeholt, der den Kläger am 19. Mai 2014 untersucht hat und in dem Gutachten vom 9. Juli 2014 zu der Einschätzung gekommen ist, dass der Kläger bei vorhandener Wegefähigkeit noch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden pro Tag regelmäßig unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten könne, ohne dass längere Arbeitsunfähigkeitszeiten regelhaft zu erwarten seien. In der Anamnese gibt der Sachverständige wieder, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 gesund gewesen sei, er die orthopädische Behandlung aufgegeben habe und eine psychische Erkrankung nicht erwähnt werde; im Vordergrund stehe die Angst vor erschöpfungsbedingtem Einschlafen am Steuer. Dabei erwähnt der Sachverständige, dass der Kläger mit dem eigenen Pkw zur Begutachtung gekommen sei, beschreibt einen unauffälligen psychischen Befund und ein Blutbild, das eine mittelgradige Nierenfunktionsstörung belege; im orthopädischen Befund werden ein eingeschränkter Schürzengriff sowie ein unsicherer Zehen- und Hackengang bei unauffälligen Gangbild und beidseits kräftigen Händen beschrieben. Anders als noch Dr. S1 hat Dr. T. keine Ödeme und einen nur leicht erhöhten Blutdruck festgestellt. Dem Gutachten des Herrn Dr. S1 vermöge er nicht zu folgen, weil dieses die rentenrelevante Leistungseinschätzung nicht begründe und Ausführungen fast ausschließlich zur hier nicht maßgeblichen angenommenen Kausalität zwischen dem Erysipel und der Nierenerkrankung mache.
Der Kläger hat mit zwei Befangenheitsanträgen vom 29. Juli 2014 und 6. Oktober 2014 die Ablehnung des Sachverständigen Dr. T. und die Entfernung seines Gutachtens begehrt, wobei er dem Sachverständigen in erster Linie näher bezeichnete Fehler bei der Anamnesewiedergabe sowie eine widersprüchliche Einschätzung des Leistungsvermögens vorgehalten hat. Der Kläger hat seine Ansicht vertiefend wiederholt, dass ärztliche Sachverständige sich nur zu medizinischen Sachverhalten zu äußern hätten und berufliche Leistungsanforderungen nicht verlässlich beurteilen könnten. Dr. T. habe dagegen verstoßen und sich darüber hinaus widersprüchlich geäußert, weil er dem Kläger einerseits ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert, aber in dem gleichen Gutachten diverse Leistungshemmnisse festgestellt habe. Entgegen der Einschätzung des Sachverständigen sei ein Kausalzusammenhang zwischen dem Erysipel und der Nierenerkrankung sehr wohl relevant. Das Anforderungsprofil des allgemeinen Arbeitsmarktes werde nicht transparent gemacht. Sein Restleistungsvermögen reiche nicht aus, um die vom Bundessozialgericht bei der zweischrittigen Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, genannten typischen Verrichtungen oder Tätigkeiten wie Verpacken, Sortieren oder Zusammensetzen von Teilen auszuüben, zumal er nicht nur körperlich, sondern auch psychisch beeinträchtigt sei. Ihm müsse eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden.
Dr. T. hat in einer Stellungnahme vom 14. August 2014 an seiner Leistungseinschätzung festgehalten.
Der Berichterstatter hat beide Anträge mit Beschlüssen vom 10. September 2014 und 7. Oktober 2014 abgelehnt bzw. verworfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19. November 2014 sowie den Inhalt der darin aufgeführten Akten und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der maßgeblichen, seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. I S. 554).
Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Kostenrichters des Sozialgerichts im Beschluss vom 2. August 2013 über die Festsetzung der Vergütung für das Sachverständigengutachten des Dr. S1, wonach dessen Gutachten praktisch nicht verwertbar sei und am Thema vorbei gehe.
Der im Wesentlichen wiederholende Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren sowie das Ergebnis der weiteren Ermittlungen des Senats geben keinen Anlass, das sozialgerichtliche Urteil in Zweifel zu ziehen. Das vom Senat eingeholte weitere Gutachten des Herrn Dr. T., der als Nephrologe auch nach Auffassung des Klägers über die erforderliche Qualifikation verfügen dürfte, hat die Befunde und die Einschätzung des Herrn Dr. W1 sowie diejenigen aus dem Vorverfahren im Wesentlichen bestätigt. Befunde, die über die beschriebenen qualitativen Funktionsbeeinträchtigungen hinausgehende oder gar quantitative begründen könnten, hat Dr. T. nicht erhoben. Vielmehr sind die von Dr. S1 zu einem viel früheren Zeitpunkt festgestellten Ödeme, mit denen er eine Einschränkung der Wegefähigkeit – im Übrigen unschlüssig – begründet hat, oder ein sehr stark erhöhter Blutdruck gerade nicht mehr festgestellt worden. Auch Hinweise auf die von Dr. S1 behaupteten Spätfolgen der Nierenerkrankung, z.B. in Gestalt einer Polyneuropathie, haben weder durch den Sachverständigen noch durch den aufgesuchten Neurologen und Psychiater Dr. R. bestätigt werden können. Dr. S1 wiederum hat in seinem für das Sozialgericht erstellten Gutachten praktisch keine objektivierbaren, leistungsmindernden Befunde, sondern nur Laborwerte wiedergegeben und im Übrigen lediglich die vom Kläger angegebenen Beschwerden, die sich vor allem in einer raschen Erschöpfbarkeit zeigten.
Das Sozialgericht hat bereits zu Recht ausgeführt, dass nicht einmal die Einordnung der Laborwerte durch Dr. S1 nachvollziehbar erscheint. Die von ihm beschriebenen Laborwerte rechtfertigen nach der auch unter anderem im Pschyrembel (Niereninsuuffizienz, S. 1175 der 259. Aufl.) wiedergegebenen Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz "lediglich" die Einordnung der Nierenerkrankung des Klägers als mittelgradig (Stufe II-III), nicht jedoch als schwergradig bis terminal (Stufe III-IV), wie Dr. S1 geschrieben hat.
Im Übrigen sind im Rentenversicherungsrecht allein die von Dr. S1 nicht konkret beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund festgestellter Gesundheitsstörungen relevant. Auf die Kausalität für die Gesundheitsstörungen kommt es nicht an.
Die vom Kläger dargelegten sachlichen Fehler im Gutachten des Herrn Dr. T. hinsichtlich der Anamneseangaben (z.B. falsche Adresse eines behandelnden Arztes, Zeitpunkt der Trennung von der Ehefrau) beeinträchtigen die Schlüssigkeit von dessen Leistungseinschätzung aufgrund der von ihm erhobenen und mit den früher erhobenen im Einklang stehenden Befunden nicht. Das Gutachten des Herrn Dr. T. ist nicht widersprüchlich, sondern vielmehr schlüssig, und er führt zu Recht aus, dass eine etwaige Kausalität zwischen dem Erysipel und der jetzigen Nierenerkrankung für den Rentenanspruch irrelevant ist. Der vom Kläger behauptete Widerspruch zwischen der Angabe eines vollschichtigen Leistungsvermögens bei gleichzeitiger Angabe von Einschränkungen besteht nicht, denn die angegebenen Einschränkungen sind lediglich qualitativer Art.
Die vom Kläger behauptete rasche Erschöpfbarkeit ist durch keinen Befundbericht und kein Gutachten objektiviert worden. Lediglich in dem Bericht über eine nervenärztliche Untersuchung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Mascher M. vom 14. Dezember 1994 ist die Rede von erheblicher Schläfrigkeit des Klägers. Entsprechende Wahrnehmungen sind seither zu keinem Zeitpunkt wiedergegeben worden, weder in dem kurz darauf erstellten Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W2 nach sechstägiger Begutachtung noch in späteren Gutachten. Dass auch nach der Untersuchung im Schlaflabor keine Überdruckbehandlung erfolgt ist, deutet auf einen insoweit fehlenden Leidensdruck hin. Gegen ein erhebliches Ausmaß der Erschöpfbarkeit sprechen sämtliche erhobenen allgemeinen Befunde, der Umstand, dass der Kläger auch zur letzten Begutachtung mit dem eigenen Pkw angereist ist, bei den Begutachtungen mit Ausnahme derjenigen im Dezember 1994 stets angemessen hat kooperieren können, sowie der Umstand, dass bereits 1995 eine ähnliche Leistungsunfähigkeit beschrieben wurde, ohne dass dies im Rahmen der folgenden stationären Begutachtung nachvollzogen werden konnte und wonach der Kläger noch jahrelang erwerbstätig war.
Die vom Kläger weiter behauptete psychische Beeinträchtigung neben der körperlichen ist in keiner Weise belegt, sondern vielmehr durch die bereits 1995 erfolgte stationäre Begutachtung und den nunmehr erstellten Befundbericht des Herrn Dr. R. bei gleichzeitig fehlenden Auffälligkeiten in anderen Begutachtungen widerlegt. Die körperlichen Beeinträchtigungen wiederum rechtfertigen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen, die das Ausmaß einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe z.B. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 ; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R und Beschluss vom selben Tag B 13 R 135/11) nicht erreichen, so dass die Nennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit seinem Restleistungsvermögen Verrichtungen oder Tätigkeiten nicht mehr ausüben könne, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie sie zum Beispiel in der Stellungnahme des Sachverständigen Meinhard vom 7. Oktober 2012 aufgeführt werden.
Soweit der Kläger aufgrund eines Fehlverständnisses verschiedener Gerichtsentscheidungen eine Bindungswirkung der Feststellungen des Versorgungsamtes für alle Behörden annimmt und darüber hinaus den Grad der Behinderung als unumstößlichen Gradmesser für die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hält, irrt er.
Schließlich könnte der Kläger mit seiner Berufung selbst dann nicht durchdringen, wenn der Senat nicht davon überzeugt wäre, dass keine rentenrelevante Erwerbsminderung vorliegt. Denn das Gegenteil lässt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen, was sich nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Ungunsten des Klägers auswirkt.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Die Entscheidung über die Verschuldenskosten ergibt sich aus § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 sowie Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei mindestens der Betrag von 225,00 Euro. Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss; dabei ist von einem Rechtsanwalt zu verlangen, dass er sich mit der Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen prüft und die Erfolgsaussichten eingehend abwägt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. Juli 1995 – 2 BvR 1379/95, NJW 1996, 1273; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. August 2013 – L 22 R 317/12, juris; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 192 Rn. 8; s.a. BT-Drucks 17/4987, Nr. 55 vom 4. März 2011). Der Kläger ist selbst und über seine bevollmächtigte Rechtsanwältin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19. November 2011 durch den Vorsitzenden auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits im Umfang von 225,00 Euro hingewiesen worden. Insbesondere ist ausführlich dargelegt worden, dass die Beweissituation angesichts der schlüssigen und fachlich einwandfreien Sachverständigengutachten insbesondere der Dres. W1 und T. sowie des fachlich und inhaltlich mangelhaften Sachverständigengutachtens des Dr. S1 für den Kläger aussichtslos war.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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