Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AY 70/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 76/14 B ER und L 20 AY 77/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 18.09.2013 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin zu 1 ab dem 15.10.2014 bis zum Ende des Monats der Zustellung der Entscheidung des Senats vorläufig Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 nach Maßgabe der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 und 1/11) abzüglich bereits erbrachter Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 zu gewähren. Den Antragstellern wird für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 15.10.2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu 3/4. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 15.12.2014 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T, C, beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz AsylbLG.
Die im Juli 1990 geborene Antragstellerin zu 1 ist irakischer Staatsangehörigkeit, reiste im Januar 2012 in das Bundesgebiet ein und wurde der Antragsgegnerin zugewiesen. Sie lebt mit ihrem am 00.00.2013 geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 2, der im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, in einem Einfamilienhaus im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin. Das Haus, welches ihr Onkel angemietet hat und in dem neben den Antragstellern fünf weitere Personen leben, verfügt über fünf Zimmer, eine Küche, Bad und zwei WC. Die monatlichen Mietkosten (inklusive Nebenkosten) belaufen sich auf insgesamt 980,00 EUR. Die Antragstellerin zu 1 erhält von der Antragsgegnerin laufend Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Berücksichtigung eines Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 und 1/11) sowie anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung. Seit dem 01.11.2014 erhält sie darüber hinaus laufend eine Mehrbedarfsleistunge für Schwangere.
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen die Leistungsbewilligung für den Monat Juni 2014 und anlässlich eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X fragte die Antragstellerin zu 1 bei der Antragsgegnerin unter dem 17.06.2014 an, aus welchen Gründen der Antragsteller zu 2 keine Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung erhalte.
Mit Bescheid vom 22.08.2014 lehnte die Antragsgegnerin den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin keinen selbständigen Haushalt führe und daher zu Recht der Regelbedarfsstufe 3 zugeordnet worden sei. Zugleich wurde ihr - im Rahmen der Gründe des Bescheides - mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 2 nicht zum Personenkreis des § 1 AsylbLG gehöre. Die Antragsteller erklärten nachfolgend, dass sie innerhalb des Hauses einen eigenen Haushalt führten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 03.09.2014 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den für Juni 2014 ergangenen Bescheid mit der Begründung zurück, dass aufgrund der familiären Gesamtsituation nicht von einer eigenständigen Haushaltsführung auszugehen sei. Die Antragstellerin sei auch nicht der Regelbedarfsstufe 2 zuzuordnen; denn sie führe nicht mit einem Ehegatten, Lebenspartner oder in ehe- bzw. lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt.
Mit Bescheid vom 24.09.2014 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1 Grundleistungen für den Kalendermonat Oktober 2014 i.H.v. 430,00 EUR (= Regelsatz i.H.v. 290,00 EUR zuzüglich Unterkunftskosten i.H.v. 140,00 EUR). Darüber hinaus zahlte die Antragsgegnerin ihr am 14.10.2014 für die Zeit vom 27.05. bis 31.10.2014 eine Mehrbedarfsleistung wegen Schwangerschaft nach.
Gegen den Bescheid vom 24.09.2014 legten die Antragsteller unter dem 10.10.2014 Widerspruch ein. Zugleich beantragten sie die Überprüfung der "vorangegangenen Bescheide" nach § 44 SGB X.
Ferner haben sie am 15.10.2014 bei dem Sozialgericht Detmold um Eilrechtsschutz nachgesucht und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten begehrt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, die mit Bescheid vom 24.09.2014 gewährten Leistungen seien zu gering bemessen. Der alleinerziehenden Antragstellerin zu 1 seien Grundleistungen unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 sowie eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu gewähren. Zudem habe die Antragsgegnerin den Anteil der Antragstellerin an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu gering bemessen. Schließlich gehöre auch der Antragsteller zu 2 zu dem nach § 1 AsylbLG leistungsberechtigten Personenkreis.
Mit Beschluss vom 05.11.2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antragsteller zu 2 könne Leistungen nach dem AsylbLG schon deshalb nicht beanspruchen, weil er nicht zu dem von § 1 AsylbLG begünstigten Personenkreis gehöre und es daher an einem Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 S. 2 SGG fehle. Soweit die Antragstellerin zu 1 höhere Leistungen nach dem AsylbLG unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 begehre, fehle es bei summarischer Prüfung ebenfalls an einem Anordnungsanspruch; denn diese habe weder vorgetragen noch sei ersichtlich, dass sie im Haus ihres Onkels einen eigenen Haushalt führe. Vielmehr sprächen die tatsächlichen Wohnverhältnisse, insbesondere die gemeinsame Nutzung der Küche, dafür, dass sie in den Haushalt des Onkels integriert sei. Im Hinblick auf die ferner beanstandete Höhe der Unterkunftskosten sei die Angelegenheit schon nicht eilbedürftig. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin gegenwärtig der Verlust ihrer Unterkunft drohe.
Dagegen haben die Antragsteller am 11.11.2014 Beschwerde eingelegt. Sie tragen ergänzend vor, für sich selbst einzukaufen und meistens losgelöst von der übrigen Familie zu speisen. Die Antragstellerin zu 1 habe eigene Haushaltsgeräte in der Küche, ein eigenes Kühlschrankfach und ein separates Fach im Badezimmer. Auch verfüge sie innerhalb des Hauses über ein eigenes Zimmer. Anfallende Hausarbeiten würden nicht zusammen ausgeführt. Die Wäsche werde getrennt gewaschen. Zudem habe die Antragsgegnerin ihre Beratungspflichten verletzt; denn sie hätten die Antragsteller darauf hinweisen müssen, dass dem Antragsteller zu 2 Ansprüche nach dem SGB XII zustehen. Dieser sei daher aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als sei eine ordnungsgemäße Beratung erfolgt.
Mit im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ergangenem Bescheid vom 15.12.2014 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2 für den Zeitraum vom 15.10. - 31.12.2014 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII i.H.v. monatlich 185,00 EUR (Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 6 i.H.v 229,00 EUR zuzüglich 140,00 EUR Nebenkoten abzüglich Kindergeld i.H.v. 184,00 EUR) bewilligt.
Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 05.11.2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem AsylblG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen, soweit die Antragsteller Leistungen über die mit Bescheid vom 15.12.2014 bewilligten Leistungen hinaus begehren.
Sie meint weiterhin, die Regelbedarfsstufe 1 stehe der Antragstellerin nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft. Die streitbefangenen Leistungen der Antragsteller übersteigen den Mindestbeschwerdewert von 750,00 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Gegenstand des Eilantrags ist nicht nur die Gewährung höherer Leistungen für den Kalendermonat Oktober 2014. Das Begehren der Antragsteller ist - ausgehend von dem erst- und zweitinstanzlich gestellten Antrag - vielmehr meistbegünstigend auf die zeitlich unbegrenzte Gewährung der geltend gemachten Leistungen gerichtet. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin über den Widerspruch der Antragsteller gegen den Leistungsbewilligungsbescheid vom 24.09.2014 bislang ohnehin noch nicht entschieden, so dass Gegenstand des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 86 SGG auch die nachfolgend monatlich ergangenen Folgebescheide sind (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8 AY 11/07 R). Schon unter Zugrundelegung der begehrten und inzwischen bewilligten Leistungen an den Antragsteller zu 2 für die Zeit vom 15.10.2014 bis Dezember 2014 i.H.v. 462,50 EUR zuzüglich der monatlichen Differenz zwischen dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 und 3 i.H.v. 72,00 EUR (= 362,00 EUR - 290,00 EUR) sowie des Mehrbedarfs für Alleinerziehende i.H.v. monatlich 130,32 EUR (= 36 v.H. der Regelbedarfsstufe 1 nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII), welche die Antragstellerin zu 1 mindestens ab Oktober 2014 begehrt, wird der Mindestbeschwerdewert aber überschritten.
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung der Antragsteller zu Unrecht vollumfänglich abgelehnt. Die Antragstellerin zu 1 kann von der Antragsgegnerin vorläufig höhere Leistungen nach dem AsylbLG unter Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 beanspruchen. Weitergehende Ansprüche, namentlich ein Mehrbedarf für Alleinerziehende sowie höhere Kosten der Unterkunft und Heizung, stehen ihr vorläufig nicht zu (dazu weiter unten). Der Eilantrag des Antragsstellers zu 2 ist hingegen im Wesentlichen schon unzulässig geworden, nachdem die Antragsgegnerin ihm Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bewilligt hat, und im Übrigen unbegründet (dazu im Folgenden).
Da die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2 im Verlauf des Beschwerdeverfahrens für die Zeit ab dem 15.10.2014 (den Tag des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz) vorläufig Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII unter Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 6 sowie anteiliger Kosten der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 140,00 EUR (1/7 der Gesamtaufwendungen) gewährt hat, ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu 2 für den Eilantrag insofern entfallen. Im Übrigen ist sein Eilantrag unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich (vgl. u.a. BVerfG vom 29.07.2003 - 2 BvR 311/03 in NVwZ 2004, 95 f) macht (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Darüber hinaus können sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also dem Bestehen eines Anordnungsanspruchs, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).
Ausgehend hiervon hat der Antragsteller zu 2 schon nicht konkret dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, welche - über die im Beschwerdeverfahren zuerkannten Leistungen hinausgehenden - Leistungen ihm vorläufig zustehen. Insbesondere sind Leistungen für die Zeit vor Eingang des Eilantrags bei dem Sozialgericht - sofern solche geltend gemacht werden sollten - schon mangels Eilbedürftigkeit (= Anordnungsgrund) grundsätzlich nicht zuzusprechen. Eine Verpflichtung zu Leistungen für die Zeit vor Eingang des Eilantrags kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt (vgl. hierzu Keller, a.a.O., § 86b Rn. 35a). Ein solcher "Nachholbedarf" ist vorliegend jedoch nicht dargetan.
Der Eilantrag der Antragstellerin zu 1 ist hingegen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Ausgehend hiervon ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin zu 1 von der Antragsgegnerin höhere Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Berücksichtigung des Regelbedarfs nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe der Übergangsregelung des BVerfG vom 18.07.2012 (= 362,00 EUR) beanspruchen kann (= Anordnungsanspruch).
Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe (RBEG) nach der Anlage zu § 28 SGB XII, welche nach der genannten Entscheidung des BVerfG auf Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG entsprechend herangezogen werden kann, sind für eine leistungsberechtigte Person vorgesehen, die als alleinstehende oder alleinerziehende Personen einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind (vgl. die Anlage zu § 28 SGB XII). Eine Zuordnung in die Regelbedarfsstufe 3 erfolgt hingegen für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Bei volljährigen Personen, die - wie die Antragstellerin zu 1 - nicht mit einem verschieden- oder gleichgeschlechtlichen Partner zusammenleben, ist nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.07.2014 - B 8 SO 14/13 R (vgl. insofern den bislang einzig vorliegenden Terminbericht Nr. 34/14 vom 24.07.2014) jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 1 auch dann besteht, wenn kein eigener Haushalt geführt wird. Anderenfalls verstieße die Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil jede der zusammenlebenden Personen einen Regelbedarf nur i.H.v. 80 v.H. erhielte (vgl. den Terminbericht Nr. 34/14).
Soweit die Antragstellerin zu 1 darüber hinaus einen Mehrbedarf für Alleinerziehende begehrt, fehlt es mangels eines entsprechenden gesetzlichen Ansatzpunktes hingegen schon an einem Anordnungsanspruch.
Ein solcher Ansatzpunkt ergibt sich weder aus § 3 Abs. 1 AsylbLG noch aus der Übergangsregelung des BVerfG in seiner Entscheidung vom 18.07.2012 (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 25.08.2014 - L 20 AY 148/13 B). Beide Regelungen sehen ihrem Wortlaut nach die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung nicht vor. Ohne (einfach-)gesetzliche Grundlage können der Antragstellerin weitere Leistungen auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten jedoch nicht zugesprochen werden (vgl. dazu insbesondere BVerfG, Beschluss vom 30.10.2010 - 1 BvR 2037/10).
Auf die Entscheidung des BSG vom 26.06.2013 - B 7 AY 6/11 R Rn. (24 ff.) lässt sich eine andere Beurteilung nicht mit Erfolg stützen. Die dortigen Ausführungen des BSG, es könne wegen der Unvollständigkeit der Regelungen im AsylbLG im Sinne eines dynamischen Konzepts auf die Vorschriften des SGB XII zurückgegriffen werden, lassen sich nicht auf die hier in Rede stehende analoge Anwendung des § 30 Abs. 3 SGB XII übertragen. In der genannten Entscheidung ging es nicht um die Ausweitung des Leistungsanspruchs bzw. die Berücksichtigung eines weiteren Bedarfs, sondern um die Auslegung des Einkommensbegriffs, zu dem das AsylbLG keinerlei Regelungen enthält. Die Bemessung des Grundleistungsbedarfs ist jedoch im AsylbLG selbst, nämlich in § 3 AsylbLG bzw. inzwischen durch die Übergangsregelung des BVerfG, abschließend geregelt. Nichts anders ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R. Dort (a.a.O., Rn. 16) hat das BSG für die Anwendung von § 25 SGB XII im Bereich der Grundleistungen nach dem AsylbLG die Voraussetzungen einer Gesetzesanalogie für erforderlich gehalten, die hier - mangels unbewusster Regelungslücke - ebenfalls nicht erfüllt wird (vgl. zu alledem schon den Beschluss des Senats vom 25.08.2014 - L 20 AY 148/13 B).
Über die Regelung des § 6 AsylbLG lässt sich ebenfalls ein weiterer Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 1 nicht begründen; denn einen konkreten Mehrbedarf aufgrund der Alleinerziehung hat sie nicht dargelegt. Die pauschale Gewährung höherer Leistungen ohne den konkreten Beleg weiterer Bedarfe ist im Rahmen von § 6 AsylbLG jedoch ausgeschlossen (vgl. dazu bereits den Beschluss des erkennenden Senats vom 26.07.2010 - L 20 AY 13/09 Rn. 75 m.w.N. sowie BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11. Rn. 111 ff.).
Schließlich ist weder geltend gemacht noch sonst nach Aktenlage erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Grundleistungen der Antragstellerin zu 1 auf der Grundlage der Übergangsregelung des BVerfG unzutreffend berechnet hätte (vgl. zu dem Gesichtspunkt des sog. "Quasihöhenstreits" z.B. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Das gilt im Übrigen auch mit Blick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung, welche die Antragsgegnerin - ausgehend von den tatsächlichen Aufwendungen - zu Recht kopfanteilig berücksichtigt hat. Im Übrigen fehlt es insofern ohnehin an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, weil nicht erkennbar ist, dass den Antragstellern der Verlust ihrer Unterkunft droht. Insofern verweist der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen er sich anschließt (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Kann die Antragstellerin somit mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit höhere - existenzsichernde - Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 beanspruchen, so ist es ihr hingegen nicht zumutbar, diesbezüglich den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (= Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht allerdings auch insofern erst seit dem 15.10.20914 (= Eingang des Eilantrags bei dem Sozialgericht); denn für eine Verpflichtung der Behörde zur Erbringung vorläufiger Leistungen für Zeiten vor Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes besteht grundsätzlich kein Bedürfnis (s.o.).
Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hält der Senat es schließlich für angemessen, die Antragsgegnerin lediglich bis zum Ende des Monats der Zustellung der Entscheidung über die Beschwerde vorläufig zu höheren Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu verpflichten; dies schon deshalb, weil Leistungen nach dem AsylbLG lediglich monatsweise erbracht werden und vorliegend auch in monatlichen Abständen bewilligt wurden.
Der Senat geht allerdings davon aus, dass die Antragsgegnerin bei im Wesentlichen gleich bleibenden Umständen unter Berücksichtigung dieser Entscheidung auch über den tenorierten Zeitraum hinaus weiter Grundleistungen nach § 3 AsylbLG nach der Regelbedarfsstufe 1 erbringen wird, bis in Ausführung der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 eine Neuregelung zum AsylbLG in Kraft getreten ist.
Den Antragstellern war für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 15.10.2014 (= Eingang des Prozesskostenhilfeantrags nebst Verweis auf die im Parallelverfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) und für das Beschwerdeverfahren ab dem 15.12.2014 (= Eingang der ergänzend erbetenen Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren; denn die Voraussetzungen des § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO sind seither erfüllt. Auch der Eilantrag und die Beschwerde des Antragstellers zu 2 hatten im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts bzw. der Bewilligungsreife im Beschwerdeverfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bereits der - dem Bewilligungsbescheid vom 24.09.2014 zugrunde liegende - Antrag auf Leistungen nach dem AsylbLG dürfte meistbegünstigend auch als Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII anzusehen sein. Entsprechendes gilt bzgl. der Anfrage der Antragsteller vom 17.06.2014, aus welchen Gründer der Antragsteller zu 2 keine Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung erhält.
Die Kostenentscheidung beruht in der Hauptsache auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und bzgl. der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz AsylbLG.
Die im Juli 1990 geborene Antragstellerin zu 1 ist irakischer Staatsangehörigkeit, reiste im Januar 2012 in das Bundesgebiet ein und wurde der Antragsgegnerin zugewiesen. Sie lebt mit ihrem am 00.00.2013 geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 2, der im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, in einem Einfamilienhaus im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin. Das Haus, welches ihr Onkel angemietet hat und in dem neben den Antragstellern fünf weitere Personen leben, verfügt über fünf Zimmer, eine Küche, Bad und zwei WC. Die monatlichen Mietkosten (inklusive Nebenkosten) belaufen sich auf insgesamt 980,00 EUR. Die Antragstellerin zu 1 erhält von der Antragsgegnerin laufend Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Berücksichtigung eines Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 und 1/11) sowie anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung. Seit dem 01.11.2014 erhält sie darüber hinaus laufend eine Mehrbedarfsleistunge für Schwangere.
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen die Leistungsbewilligung für den Monat Juni 2014 und anlässlich eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X fragte die Antragstellerin zu 1 bei der Antragsgegnerin unter dem 17.06.2014 an, aus welchen Gründen der Antragsteller zu 2 keine Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung erhalte.
Mit Bescheid vom 22.08.2014 lehnte die Antragsgegnerin den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin keinen selbständigen Haushalt führe und daher zu Recht der Regelbedarfsstufe 3 zugeordnet worden sei. Zugleich wurde ihr - im Rahmen der Gründe des Bescheides - mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 2 nicht zum Personenkreis des § 1 AsylbLG gehöre. Die Antragsteller erklärten nachfolgend, dass sie innerhalb des Hauses einen eigenen Haushalt führten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 03.09.2014 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den für Juni 2014 ergangenen Bescheid mit der Begründung zurück, dass aufgrund der familiären Gesamtsituation nicht von einer eigenständigen Haushaltsführung auszugehen sei. Die Antragstellerin sei auch nicht der Regelbedarfsstufe 2 zuzuordnen; denn sie führe nicht mit einem Ehegatten, Lebenspartner oder in ehe- bzw. lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt.
Mit Bescheid vom 24.09.2014 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1 Grundleistungen für den Kalendermonat Oktober 2014 i.H.v. 430,00 EUR (= Regelsatz i.H.v. 290,00 EUR zuzüglich Unterkunftskosten i.H.v. 140,00 EUR). Darüber hinaus zahlte die Antragsgegnerin ihr am 14.10.2014 für die Zeit vom 27.05. bis 31.10.2014 eine Mehrbedarfsleistung wegen Schwangerschaft nach.
Gegen den Bescheid vom 24.09.2014 legten die Antragsteller unter dem 10.10.2014 Widerspruch ein. Zugleich beantragten sie die Überprüfung der "vorangegangenen Bescheide" nach § 44 SGB X.
Ferner haben sie am 15.10.2014 bei dem Sozialgericht Detmold um Eilrechtsschutz nachgesucht und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten begehrt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, die mit Bescheid vom 24.09.2014 gewährten Leistungen seien zu gering bemessen. Der alleinerziehenden Antragstellerin zu 1 seien Grundleistungen unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 sowie eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu gewähren. Zudem habe die Antragsgegnerin den Anteil der Antragstellerin an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu gering bemessen. Schließlich gehöre auch der Antragsteller zu 2 zu dem nach § 1 AsylbLG leistungsberechtigten Personenkreis.
Mit Beschluss vom 05.11.2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antragsteller zu 2 könne Leistungen nach dem AsylbLG schon deshalb nicht beanspruchen, weil er nicht zu dem von § 1 AsylbLG begünstigten Personenkreis gehöre und es daher an einem Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 S. 2 SGG fehle. Soweit die Antragstellerin zu 1 höhere Leistungen nach dem AsylbLG unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 begehre, fehle es bei summarischer Prüfung ebenfalls an einem Anordnungsanspruch; denn diese habe weder vorgetragen noch sei ersichtlich, dass sie im Haus ihres Onkels einen eigenen Haushalt führe. Vielmehr sprächen die tatsächlichen Wohnverhältnisse, insbesondere die gemeinsame Nutzung der Küche, dafür, dass sie in den Haushalt des Onkels integriert sei. Im Hinblick auf die ferner beanstandete Höhe der Unterkunftskosten sei die Angelegenheit schon nicht eilbedürftig. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin gegenwärtig der Verlust ihrer Unterkunft drohe.
Dagegen haben die Antragsteller am 11.11.2014 Beschwerde eingelegt. Sie tragen ergänzend vor, für sich selbst einzukaufen und meistens losgelöst von der übrigen Familie zu speisen. Die Antragstellerin zu 1 habe eigene Haushaltsgeräte in der Küche, ein eigenes Kühlschrankfach und ein separates Fach im Badezimmer. Auch verfüge sie innerhalb des Hauses über ein eigenes Zimmer. Anfallende Hausarbeiten würden nicht zusammen ausgeführt. Die Wäsche werde getrennt gewaschen. Zudem habe die Antragsgegnerin ihre Beratungspflichten verletzt; denn sie hätten die Antragsteller darauf hinweisen müssen, dass dem Antragsteller zu 2 Ansprüche nach dem SGB XII zustehen. Dieser sei daher aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als sei eine ordnungsgemäße Beratung erfolgt.
Mit im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ergangenem Bescheid vom 15.12.2014 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2 für den Zeitraum vom 15.10. - 31.12.2014 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII i.H.v. monatlich 185,00 EUR (Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 6 i.H.v 229,00 EUR zuzüglich 140,00 EUR Nebenkoten abzüglich Kindergeld i.H.v. 184,00 EUR) bewilligt.
Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 05.11.2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem AsylblG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen, soweit die Antragsteller Leistungen über die mit Bescheid vom 15.12.2014 bewilligten Leistungen hinaus begehren.
Sie meint weiterhin, die Regelbedarfsstufe 1 stehe der Antragstellerin nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft. Die streitbefangenen Leistungen der Antragsteller übersteigen den Mindestbeschwerdewert von 750,00 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Gegenstand des Eilantrags ist nicht nur die Gewährung höherer Leistungen für den Kalendermonat Oktober 2014. Das Begehren der Antragsteller ist - ausgehend von dem erst- und zweitinstanzlich gestellten Antrag - vielmehr meistbegünstigend auf die zeitlich unbegrenzte Gewährung der geltend gemachten Leistungen gerichtet. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin über den Widerspruch der Antragsteller gegen den Leistungsbewilligungsbescheid vom 24.09.2014 bislang ohnehin noch nicht entschieden, so dass Gegenstand des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 86 SGG auch die nachfolgend monatlich ergangenen Folgebescheide sind (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8 AY 11/07 R). Schon unter Zugrundelegung der begehrten und inzwischen bewilligten Leistungen an den Antragsteller zu 2 für die Zeit vom 15.10.2014 bis Dezember 2014 i.H.v. 462,50 EUR zuzüglich der monatlichen Differenz zwischen dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 und 3 i.H.v. 72,00 EUR (= 362,00 EUR - 290,00 EUR) sowie des Mehrbedarfs für Alleinerziehende i.H.v. monatlich 130,32 EUR (= 36 v.H. der Regelbedarfsstufe 1 nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII), welche die Antragstellerin zu 1 mindestens ab Oktober 2014 begehrt, wird der Mindestbeschwerdewert aber überschritten.
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung der Antragsteller zu Unrecht vollumfänglich abgelehnt. Die Antragstellerin zu 1 kann von der Antragsgegnerin vorläufig höhere Leistungen nach dem AsylbLG unter Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 beanspruchen. Weitergehende Ansprüche, namentlich ein Mehrbedarf für Alleinerziehende sowie höhere Kosten der Unterkunft und Heizung, stehen ihr vorläufig nicht zu (dazu weiter unten). Der Eilantrag des Antragsstellers zu 2 ist hingegen im Wesentlichen schon unzulässig geworden, nachdem die Antragsgegnerin ihm Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bewilligt hat, und im Übrigen unbegründet (dazu im Folgenden).
Da die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2 im Verlauf des Beschwerdeverfahrens für die Zeit ab dem 15.10.2014 (den Tag des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz) vorläufig Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII unter Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 6 sowie anteiliger Kosten der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 140,00 EUR (1/7 der Gesamtaufwendungen) gewährt hat, ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu 2 für den Eilantrag insofern entfallen. Im Übrigen ist sein Eilantrag unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich (vgl. u.a. BVerfG vom 29.07.2003 - 2 BvR 311/03 in NVwZ 2004, 95 f) macht (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Darüber hinaus können sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also dem Bestehen eines Anordnungsanspruchs, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).
Ausgehend hiervon hat der Antragsteller zu 2 schon nicht konkret dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, welche - über die im Beschwerdeverfahren zuerkannten Leistungen hinausgehenden - Leistungen ihm vorläufig zustehen. Insbesondere sind Leistungen für die Zeit vor Eingang des Eilantrags bei dem Sozialgericht - sofern solche geltend gemacht werden sollten - schon mangels Eilbedürftigkeit (= Anordnungsgrund) grundsätzlich nicht zuzusprechen. Eine Verpflichtung zu Leistungen für die Zeit vor Eingang des Eilantrags kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt (vgl. hierzu Keller, a.a.O., § 86b Rn. 35a). Ein solcher "Nachholbedarf" ist vorliegend jedoch nicht dargetan.
Der Eilantrag der Antragstellerin zu 1 ist hingegen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Ausgehend hiervon ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin zu 1 von der Antragsgegnerin höhere Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Berücksichtigung des Regelbedarfs nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe der Übergangsregelung des BVerfG vom 18.07.2012 (= 362,00 EUR) beanspruchen kann (= Anordnungsanspruch).
Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe (RBEG) nach der Anlage zu § 28 SGB XII, welche nach der genannten Entscheidung des BVerfG auf Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG entsprechend herangezogen werden kann, sind für eine leistungsberechtigte Person vorgesehen, die als alleinstehende oder alleinerziehende Personen einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind (vgl. die Anlage zu § 28 SGB XII). Eine Zuordnung in die Regelbedarfsstufe 3 erfolgt hingegen für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Bei volljährigen Personen, die - wie die Antragstellerin zu 1 - nicht mit einem verschieden- oder gleichgeschlechtlichen Partner zusammenleben, ist nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.07.2014 - B 8 SO 14/13 R (vgl. insofern den bislang einzig vorliegenden Terminbericht Nr. 34/14 vom 24.07.2014) jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 1 auch dann besteht, wenn kein eigener Haushalt geführt wird. Anderenfalls verstieße die Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil jede der zusammenlebenden Personen einen Regelbedarf nur i.H.v. 80 v.H. erhielte (vgl. den Terminbericht Nr. 34/14).
Soweit die Antragstellerin zu 1 darüber hinaus einen Mehrbedarf für Alleinerziehende begehrt, fehlt es mangels eines entsprechenden gesetzlichen Ansatzpunktes hingegen schon an einem Anordnungsanspruch.
Ein solcher Ansatzpunkt ergibt sich weder aus § 3 Abs. 1 AsylbLG noch aus der Übergangsregelung des BVerfG in seiner Entscheidung vom 18.07.2012 (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 25.08.2014 - L 20 AY 148/13 B). Beide Regelungen sehen ihrem Wortlaut nach die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung nicht vor. Ohne (einfach-)gesetzliche Grundlage können der Antragstellerin weitere Leistungen auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten jedoch nicht zugesprochen werden (vgl. dazu insbesondere BVerfG, Beschluss vom 30.10.2010 - 1 BvR 2037/10).
Auf die Entscheidung des BSG vom 26.06.2013 - B 7 AY 6/11 R Rn. (24 ff.) lässt sich eine andere Beurteilung nicht mit Erfolg stützen. Die dortigen Ausführungen des BSG, es könne wegen der Unvollständigkeit der Regelungen im AsylbLG im Sinne eines dynamischen Konzepts auf die Vorschriften des SGB XII zurückgegriffen werden, lassen sich nicht auf die hier in Rede stehende analoge Anwendung des § 30 Abs. 3 SGB XII übertragen. In der genannten Entscheidung ging es nicht um die Ausweitung des Leistungsanspruchs bzw. die Berücksichtigung eines weiteren Bedarfs, sondern um die Auslegung des Einkommensbegriffs, zu dem das AsylbLG keinerlei Regelungen enthält. Die Bemessung des Grundleistungsbedarfs ist jedoch im AsylbLG selbst, nämlich in § 3 AsylbLG bzw. inzwischen durch die Übergangsregelung des BVerfG, abschließend geregelt. Nichts anders ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R. Dort (a.a.O., Rn. 16) hat das BSG für die Anwendung von § 25 SGB XII im Bereich der Grundleistungen nach dem AsylbLG die Voraussetzungen einer Gesetzesanalogie für erforderlich gehalten, die hier - mangels unbewusster Regelungslücke - ebenfalls nicht erfüllt wird (vgl. zu alledem schon den Beschluss des Senats vom 25.08.2014 - L 20 AY 148/13 B).
Über die Regelung des § 6 AsylbLG lässt sich ebenfalls ein weiterer Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 1 nicht begründen; denn einen konkreten Mehrbedarf aufgrund der Alleinerziehung hat sie nicht dargelegt. Die pauschale Gewährung höherer Leistungen ohne den konkreten Beleg weiterer Bedarfe ist im Rahmen von § 6 AsylbLG jedoch ausgeschlossen (vgl. dazu bereits den Beschluss des erkennenden Senats vom 26.07.2010 - L 20 AY 13/09 Rn. 75 m.w.N. sowie BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11. Rn. 111 ff.).
Schließlich ist weder geltend gemacht noch sonst nach Aktenlage erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Grundleistungen der Antragstellerin zu 1 auf der Grundlage der Übergangsregelung des BVerfG unzutreffend berechnet hätte (vgl. zu dem Gesichtspunkt des sog. "Quasihöhenstreits" z.B. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Das gilt im Übrigen auch mit Blick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung, welche die Antragsgegnerin - ausgehend von den tatsächlichen Aufwendungen - zu Recht kopfanteilig berücksichtigt hat. Im Übrigen fehlt es insofern ohnehin an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, weil nicht erkennbar ist, dass den Antragstellern der Verlust ihrer Unterkunft droht. Insofern verweist der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen er sich anschließt (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Kann die Antragstellerin somit mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit höhere - existenzsichernde - Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 beanspruchen, so ist es ihr hingegen nicht zumutbar, diesbezüglich den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (= Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht allerdings auch insofern erst seit dem 15.10.20914 (= Eingang des Eilantrags bei dem Sozialgericht); denn für eine Verpflichtung der Behörde zur Erbringung vorläufiger Leistungen für Zeiten vor Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes besteht grundsätzlich kein Bedürfnis (s.o.).
Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hält der Senat es schließlich für angemessen, die Antragsgegnerin lediglich bis zum Ende des Monats der Zustellung der Entscheidung über die Beschwerde vorläufig zu höheren Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu verpflichten; dies schon deshalb, weil Leistungen nach dem AsylbLG lediglich monatsweise erbracht werden und vorliegend auch in monatlichen Abständen bewilligt wurden.
Der Senat geht allerdings davon aus, dass die Antragsgegnerin bei im Wesentlichen gleich bleibenden Umständen unter Berücksichtigung dieser Entscheidung auch über den tenorierten Zeitraum hinaus weiter Grundleistungen nach § 3 AsylbLG nach der Regelbedarfsstufe 1 erbringen wird, bis in Ausführung der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 eine Neuregelung zum AsylbLG in Kraft getreten ist.
Den Antragstellern war für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 15.10.2014 (= Eingang des Prozesskostenhilfeantrags nebst Verweis auf die im Parallelverfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) und für das Beschwerdeverfahren ab dem 15.12.2014 (= Eingang der ergänzend erbetenen Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren; denn die Voraussetzungen des § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO sind seither erfüllt. Auch der Eilantrag und die Beschwerde des Antragstellers zu 2 hatten im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts bzw. der Bewilligungsreife im Beschwerdeverfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bereits der - dem Bewilligungsbescheid vom 24.09.2014 zugrunde liegende - Antrag auf Leistungen nach dem AsylbLG dürfte meistbegünstigend auch als Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII anzusehen sein. Entsprechendes gilt bzgl. der Anfrage der Antragsteller vom 17.06.2014, aus welchen Gründer der Antragsteller zu 2 keine Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung erhält.
Die Kostenentscheidung beruht in der Hauptsache auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und bzgl. der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved