Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 3270/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 41/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger beansprucht die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Der Kläger ist 1939 in H geboren und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Rahmen eines Verfahrens zur Kontenklärung hat die Beklagte im Konto des Klägers 36 Monate Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung sowie Ausbildungsanrechnungszeiten anerkannt (Bescheid vom 29. Januar 1992). Der Kläger studierte in Frankreich und arbeitete anschließend auch dort. Er war dort bis zum 31. August 1991 beschäftigt und ist nach seinen Angaben seitdem arbeitslos; vom französischen Versicherungsträger sind von 1968 bis 1999 125 Trimester Versicherungszeiten bescheinigt. Er wohnt in Frankreich und bezieht vom französischen Versicherungsträger nach eigenen Angaben eine Altersrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Am 26. Januar 1999 beantragte der Kläger über die französische Sozialversicherung die Gewährung einer Rente. In Auswertung des dazu übersandten ärztlichen Berichts verneinte der ärztliche Dienst der Beklagten das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 7. April 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres gemäß § 38 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung mit der Begründung ab, es fehle an der insoweit erforderlichen Arbeitslosigkeit. Hierbei genüge es nicht, dass ein Versicherter in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft (EG) arbeitslos sei. Arbeitslosigkeit liege nur dann vor, wenn ein Versicherter bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet gewesen sei bzw. dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe; daran fehle es jedoch vorliegend. Gleichzeitig lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und des Vorliegens von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung gemäß § 37 SGB VI ab, weil der Kläger trotz seiner Erkrankung an Prostatakrebs weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, es erschiene ihm nicht im Sinne der europäischen Verordnungen, einen Arbeitsverlauf, der sich auf mehrere EG-Länder verteile, gegenüber demselben Verlauf in einem einzigen Land zu bestrafen. Er habe sich nur bei einem französischen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet; die Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt sei für ihn nicht in Betracht gekommen, da sein Wohnsitz ca. 800 km von der deutschen Grenze entfernt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1999 bestätigte die Beklagte, dass dem Kläger eine Rente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 SGB VI nicht zustehe. Sie führte dazu unter Hinweis auf entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung aus, dass der Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne der deutschen Arbeitslosenversicherung zu verstehen sei und ein Versicherter mithin dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müsse. Auf Grund seines grenzfernen Wohnsitzes erfülle der Kläger diese Voraussetzung nicht.
Dagegen hat sich der Kläger mit seiner am 5. August 1999 erhobenen Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin gewandt und sein Begehren weiter verfolgt. Ergänzend hat er auf Nachfrage des SG mitgeteilt, dass er eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit in diesem Rechtsstreit nicht geltend macht.
Sodann hat das SG mit Urteil vom 18. Dezember 2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 SGB VI ab 1. April 1999. Er erfülle nicht die u.a. erforderliche Voraussetzung, bei Beginn der Rente und innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos gewesen zu sein. Zwar sei er in den letzten eineinhalb Jahren 52 Wochen ohne Arbeit, jedoch nicht arbeitslos im Sinne der §§ 118, 119 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) gewesen. In diesen Vorschriften werde definiert, wann Arbeitslosigkeit nach deutschem Recht vorliege. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass nur Zeiten der Arbeitslosigkeit in Deutschland dieses Tatbestandsmerkmal (des § 38 SGB VI) erfüllten. Diese Rechtsprechung sei zwar noch zu der inzwischen außer Kraft getretenen Vorschrift des § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergangen, doch gelte diese Rechtsprechung auch im Rahmen des § 38 SGB VI, weil insofern keine sachliche Änderung eingetreten sei. Der Grund für das Vorliegen einer Arbeitslosigkeit in Deutschland liege darin, dass das Angebot an offenen Stellen in der Gemeinschaft regional schwanke. Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit werde letztlich deshalb gewährt, weil der Versicherte schon längere Zeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt arbeitslos und nicht mehr zu erwarten sei, dass er noch vor Erreichen der „normalen“ Altersgrenze in das Arbeitsleben im Inland wieder eingegliedert werden könne. Die Rente werde daher vorgezogen und der Bedürfnisfall der Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der inländischen Verhältnisse damit abgedeckt. Gerade für Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sehe aber das europäische Recht eine Regionalisierung vor. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 9. Juli 1975 (SozR 6050 Artikel 45 Nr. 1) bereits entschieden, dass dieses Verständnis des § 1248 Abs. 2 RVO nicht gegen supranationales Recht der Europäischen Union verstoße. Verfassungsrechtliche Bedenken ergäben sich im Übrigen aus der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitslosigkeit in Deutschland und in Frankreich nicht.
Nach der veranlassten förmlichen (aber bisher nicht belegten) Zustellung hat das SG dem Kläger eine Kopie des Urteils mit einfachem Schreiben vom 31. Juli 2002 übersandt.
Gegen das Urteil des SG richtet sich die am 15. August 2002 eingelegte Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aus der deutschen Rentenversicherung weiter verfolgt und im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der in Frankreich zurückgelegten Arbeitslosigkeit einen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht rügt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. April 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Vers.Nr. ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Streitig ist im vorliegenden Rechtsstreit nur die Gewährung einer vorgezogenen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, nicht dagegen (auch) die Gewährung einer vorgezogenen Altersrente wegen des Gesundheitszustandes des Klägers und einer dadurch möglicherweise eingeschränkten oder aufgehobenen Erwerbsfähigkeit, wie der Kläger auf Nachfrage des SG mit seinem Schriftsatz vom 25. Oktober 2000 klargestellt hat.
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine (vorgezogene) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung; zur Aufhebung der Bestimmung ab 1. Januar 2000 siehe die Übergangsregelung in § 237 SGB VI). Ob der Kläger die geforderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 38 Satz 1 Nrn. 3 und 4 SGB VI) erfüllt, bedarf keiner abschließenden Prüfung. Denn er erfüllt nicht die in Satz 1 Nr. 2a (Hinweise auf einen Sachverhalt nach Buchstabe b finden sich nicht) geforderte Voraussetzung, bei Beginn der Rente arbeitslos zu sein und innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos gewesen zu sein. Der im Recht der Rentenversicherung nicht näher definierte Begriff der Arbeitslosigkeit ist dem Arbeitsförderungsrecht zu entnehmen und unter Beachtung von Sinn und Zweck der jeweiligen rentenrechtlichen Regelung zu verwenden (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr. 5 m.w.N.). Obwohl nach der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Legaldefinition in § 101 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) - anders als nach der Gesetzeslage ab 1. Januar 1998 mit § 16 Abs. 1 SGB III - die Verfügbarkeit nicht als ausdrückliches Merkmal der (arbeitsförderungsrechtlichen) Arbeitslosigkeit, sondern in § 103 AFG gesondert geregelt war, gehört die Verfügbarkeit nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in der Rentenversicherung zum Merkmal der (rentenversicherungsrechtlichen) Arbeitslosigkeit (BSG a.a.O.; Kasseler Kommentar Rdnr. 7ff zu § 38 SGB VI m.w.N.). Daran fehlt es jedoch bei einer Arbeitslosigkeit im Ausland, denn der Versicherte steht dem deutschen Arbeitsmarkt weder objektiv noch subjektiv zur Verfügung. Er sucht keine in der deutschen Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung und steht auch nicht den Vermittlungsbemühungen des deutschen Arbeitsamtes jederzeit zur Verfügung bzw. kann ein deutsches Arbeitsamt täglich aufsuchen und ist für dieses erreichbar. Wie der Hinweis des Klägers auf seinen ca. 800 km von der deutschen Grenze entfernten Wohnort deutlich macht, stand der Kläger während der gesamten Zeit seiner Arbeitslosigkeit in Frankreich seit 1991 dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Angesichts der großen Entfernung bedarf auch keiner weiteren Begründung, dass der Kläger nicht als Grenzgänger angesehen werden kann, für die eine Ausnahme gilt. Mithin fehlt es mangels Verfügbarkeit am deutschen Arbeitsmarkt an dem Merkmal der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 38 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI.
Diese Auslegung des § 38 Satz 1 SGB VI bzw. der Vorgängervorschriften des § 1248 Abs. 2 RVO und des § 25 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes verstößt auch nicht gegen supranationales Recht der Europäischen Union, und zwar weder gegen primäres Gemeinschaftsrecht, etwa gegen den Vertrag zur Gründung der EG vom 25. März 1957 (BGBl. II S. 766), noch gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht, etwa gegen die Verordnung Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Dies hat bereits der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 9. Juli 1975 (SozR 6050 Artikel 45 Nr. 1) entschieden. Eine Rechtsänderung hat sich insofern nicht ergeben. Das SG hat unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (zuletzt BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995 -5 RJ 26/95- m.w.N.) die maßgebenden Erwägungen zutreffend dargestellt, so dass der Senat darauf zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Die vom Kläger angesprochene Notwendigkeit einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sieht der Senat demzufolge nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger beansprucht die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Der Kläger ist 1939 in H geboren und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Rahmen eines Verfahrens zur Kontenklärung hat die Beklagte im Konto des Klägers 36 Monate Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung sowie Ausbildungsanrechnungszeiten anerkannt (Bescheid vom 29. Januar 1992). Der Kläger studierte in Frankreich und arbeitete anschließend auch dort. Er war dort bis zum 31. August 1991 beschäftigt und ist nach seinen Angaben seitdem arbeitslos; vom französischen Versicherungsträger sind von 1968 bis 1999 125 Trimester Versicherungszeiten bescheinigt. Er wohnt in Frankreich und bezieht vom französischen Versicherungsträger nach eigenen Angaben eine Altersrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Am 26. Januar 1999 beantragte der Kläger über die französische Sozialversicherung die Gewährung einer Rente. In Auswertung des dazu übersandten ärztlichen Berichts verneinte der ärztliche Dienst der Beklagten das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 7. April 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres gemäß § 38 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung mit der Begründung ab, es fehle an der insoweit erforderlichen Arbeitslosigkeit. Hierbei genüge es nicht, dass ein Versicherter in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft (EG) arbeitslos sei. Arbeitslosigkeit liege nur dann vor, wenn ein Versicherter bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet gewesen sei bzw. dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe; daran fehle es jedoch vorliegend. Gleichzeitig lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und des Vorliegens von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung gemäß § 37 SGB VI ab, weil der Kläger trotz seiner Erkrankung an Prostatakrebs weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, es erschiene ihm nicht im Sinne der europäischen Verordnungen, einen Arbeitsverlauf, der sich auf mehrere EG-Länder verteile, gegenüber demselben Verlauf in einem einzigen Land zu bestrafen. Er habe sich nur bei einem französischen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet; die Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt sei für ihn nicht in Betracht gekommen, da sein Wohnsitz ca. 800 km von der deutschen Grenze entfernt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1999 bestätigte die Beklagte, dass dem Kläger eine Rente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 SGB VI nicht zustehe. Sie führte dazu unter Hinweis auf entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung aus, dass der Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne der deutschen Arbeitslosenversicherung zu verstehen sei und ein Versicherter mithin dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müsse. Auf Grund seines grenzfernen Wohnsitzes erfülle der Kläger diese Voraussetzung nicht.
Dagegen hat sich der Kläger mit seiner am 5. August 1999 erhobenen Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin gewandt und sein Begehren weiter verfolgt. Ergänzend hat er auf Nachfrage des SG mitgeteilt, dass er eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit in diesem Rechtsstreit nicht geltend macht.
Sodann hat das SG mit Urteil vom 18. Dezember 2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 SGB VI ab 1. April 1999. Er erfülle nicht die u.a. erforderliche Voraussetzung, bei Beginn der Rente und innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos gewesen zu sein. Zwar sei er in den letzten eineinhalb Jahren 52 Wochen ohne Arbeit, jedoch nicht arbeitslos im Sinne der §§ 118, 119 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) gewesen. In diesen Vorschriften werde definiert, wann Arbeitslosigkeit nach deutschem Recht vorliege. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass nur Zeiten der Arbeitslosigkeit in Deutschland dieses Tatbestandsmerkmal (des § 38 SGB VI) erfüllten. Diese Rechtsprechung sei zwar noch zu der inzwischen außer Kraft getretenen Vorschrift des § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergangen, doch gelte diese Rechtsprechung auch im Rahmen des § 38 SGB VI, weil insofern keine sachliche Änderung eingetreten sei. Der Grund für das Vorliegen einer Arbeitslosigkeit in Deutschland liege darin, dass das Angebot an offenen Stellen in der Gemeinschaft regional schwanke. Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit werde letztlich deshalb gewährt, weil der Versicherte schon längere Zeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt arbeitslos und nicht mehr zu erwarten sei, dass er noch vor Erreichen der „normalen“ Altersgrenze in das Arbeitsleben im Inland wieder eingegliedert werden könne. Die Rente werde daher vorgezogen und der Bedürfnisfall der Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der inländischen Verhältnisse damit abgedeckt. Gerade für Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sehe aber das europäische Recht eine Regionalisierung vor. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 9. Juli 1975 (SozR 6050 Artikel 45 Nr. 1) bereits entschieden, dass dieses Verständnis des § 1248 Abs. 2 RVO nicht gegen supranationales Recht der Europäischen Union verstoße. Verfassungsrechtliche Bedenken ergäben sich im Übrigen aus der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitslosigkeit in Deutschland und in Frankreich nicht.
Nach der veranlassten förmlichen (aber bisher nicht belegten) Zustellung hat das SG dem Kläger eine Kopie des Urteils mit einfachem Schreiben vom 31. Juli 2002 übersandt.
Gegen das Urteil des SG richtet sich die am 15. August 2002 eingelegte Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aus der deutschen Rentenversicherung weiter verfolgt und im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der in Frankreich zurückgelegten Arbeitslosigkeit einen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht rügt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. April 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Vers.Nr. ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Streitig ist im vorliegenden Rechtsstreit nur die Gewährung einer vorgezogenen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, nicht dagegen (auch) die Gewährung einer vorgezogenen Altersrente wegen des Gesundheitszustandes des Klägers und einer dadurch möglicherweise eingeschränkten oder aufgehobenen Erwerbsfähigkeit, wie der Kläger auf Nachfrage des SG mit seinem Schriftsatz vom 25. Oktober 2000 klargestellt hat.
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine (vorgezogene) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung; zur Aufhebung der Bestimmung ab 1. Januar 2000 siehe die Übergangsregelung in § 237 SGB VI). Ob der Kläger die geforderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 38 Satz 1 Nrn. 3 und 4 SGB VI) erfüllt, bedarf keiner abschließenden Prüfung. Denn er erfüllt nicht die in Satz 1 Nr. 2a (Hinweise auf einen Sachverhalt nach Buchstabe b finden sich nicht) geforderte Voraussetzung, bei Beginn der Rente arbeitslos zu sein und innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos gewesen zu sein. Der im Recht der Rentenversicherung nicht näher definierte Begriff der Arbeitslosigkeit ist dem Arbeitsförderungsrecht zu entnehmen und unter Beachtung von Sinn und Zweck der jeweiligen rentenrechtlichen Regelung zu verwenden (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr. 5 m.w.N.). Obwohl nach der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Legaldefinition in § 101 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) - anders als nach der Gesetzeslage ab 1. Januar 1998 mit § 16 Abs. 1 SGB III - die Verfügbarkeit nicht als ausdrückliches Merkmal der (arbeitsförderungsrechtlichen) Arbeitslosigkeit, sondern in § 103 AFG gesondert geregelt war, gehört die Verfügbarkeit nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in der Rentenversicherung zum Merkmal der (rentenversicherungsrechtlichen) Arbeitslosigkeit (BSG a.a.O.; Kasseler Kommentar Rdnr. 7ff zu § 38 SGB VI m.w.N.). Daran fehlt es jedoch bei einer Arbeitslosigkeit im Ausland, denn der Versicherte steht dem deutschen Arbeitsmarkt weder objektiv noch subjektiv zur Verfügung. Er sucht keine in der deutschen Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung und steht auch nicht den Vermittlungsbemühungen des deutschen Arbeitsamtes jederzeit zur Verfügung bzw. kann ein deutsches Arbeitsamt täglich aufsuchen und ist für dieses erreichbar. Wie der Hinweis des Klägers auf seinen ca. 800 km von der deutschen Grenze entfernten Wohnort deutlich macht, stand der Kläger während der gesamten Zeit seiner Arbeitslosigkeit in Frankreich seit 1991 dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Angesichts der großen Entfernung bedarf auch keiner weiteren Begründung, dass der Kläger nicht als Grenzgänger angesehen werden kann, für die eine Ausnahme gilt. Mithin fehlt es mangels Verfügbarkeit am deutschen Arbeitsmarkt an dem Merkmal der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 38 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI.
Diese Auslegung des § 38 Satz 1 SGB VI bzw. der Vorgängervorschriften des § 1248 Abs. 2 RVO und des § 25 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes verstößt auch nicht gegen supranationales Recht der Europäischen Union, und zwar weder gegen primäres Gemeinschaftsrecht, etwa gegen den Vertrag zur Gründung der EG vom 25. März 1957 (BGBl. II S. 766), noch gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht, etwa gegen die Verordnung Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Dies hat bereits der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 9. Juli 1975 (SozR 6050 Artikel 45 Nr. 1) entschieden. Eine Rechtsänderung hat sich insofern nicht ergeben. Das SG hat unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (zuletzt BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995 -5 RJ 26/95- m.w.N.) die maßgebenden Erwägungen zutreffend dargestellt, so dass der Senat darauf zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Die vom Kläger angesprochene Notwendigkeit einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sieht der Senat demzufolge nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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