Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 5188/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 5292/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Werden Geschäftsräume teilweise als privater Wohnraum genutzt, können die anteiligen Kosten, die auf die private Nutzung entfallen, im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB II übernommen werden.
2. Auch wenn die Unterkunft nicht über ein Bad oder eine Küche verfügt, kann sie geeignet sein, als Unterkunft i.S. von § 22 Abs. 1 SGB II zu dienen.
2. Auch wenn die Unterkunft nicht über ein Bad oder eine Küche verfügt, kann sie geeignet sein, als Unterkunft i.S. von § 22 Abs. 1 SGB II zu dienen.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 19.11.2014 abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab dem 10.11.2014 bis 31.05.2015, längstens bis zur Beendigung des Klageverfahrens in dem Rechtsstreit S 16 AS 5159/14 beim Sozialgericht Freiburg, monatlich 69,39 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung zu erbringen. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen.
Dem Kläger wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt K., F., beigeordnet.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Der 1963 geborene Antragsteller ist mit der Vermittlung u.a. von Versicherungen und Bausparverträgen selbstständig tätig. Er meldete sich zum 01.07.2014 von W. kommend unter der Adresse " A.-H.-Str., F." an (Anmeldung/Anmeldebestätigung der Stadt F. vom 03.07.2014). Hierbei handelt es sich um Geschäftsräume (60 qm), von denen der Antragsteller nach eigenen Angaben 10 qm privat als Wohnung nutzt. Die Räume verfügen nicht über Küche oder Bad. Als monatliche Kosten hat er in seinem Antrag zur Feststellung der angemessenen KdU unter dem 15.07.2014 angegeben, dass er 340,00 EUR als Miete, 34,00 EUR für die Nebenkosten (Strom), 29,00 EUR für Gas und 13,34 EUR für Wasser, d.h. insgesamt 416,34 EUR zu zahlen hat.
Mit Schreiben vom 23.06.2014 kündigten die Erben der bisherigen Vermieterin in Erbengemeinschaft die von dem Antragsteller mündlich angemieteten Geschäftsräume unter der genannten Adresse fristlos zum 01.07.2014, spätestens zum 31.12.2014, wegen Zahlungsverzuges (Mietschulden i.H.v. insgesamt 2.380,00 EUR betreffend die Monate Juli 2013 und Januar bis Juni 2014). Die Nutzung zu Wohnzwecken untersagten sie in einem weiteren Schreiben vom 06.08.2014, in dem sie auch weitere Kosten für den Monat Juli 2014 (340,00 EUR) geltend machten.
Der Antragsteller beantragte am 03.07.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei dem Antragsgegner, da er nach seiner vorläufigen Einschätzung nur Verluste aus seiner Tätigkeit erwarte. Mit Bescheid vom 21.08.2014 bewilligte der Antragsgegner Arbeitslosengeld II (Alg II) ab dem 01.07.2014 bis 31.12.2014 vorläufig und berücksichtigte dabei nur den Regelbedarf und Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung. Kosten der Unterkunft könnten nicht gewährt werden, da das Mietverhältnis gekündigt sei.
Der Antragsteller legte hiergegen Widerspruch ein, da er noch in der Wohnung lebe und gerade dabei sei, sich mit seinem Vermieter zu einigen. Das "gestörte" Mietverhältnis werde aufgrund des Leistungsanspruches ab dem 01.07.2014 "geheilt". Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2014 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass keine Erklärung oder Bestätigung der Vermieter vorliege. Es erscheine auch unwahrscheinlich, dass die Räume ohne Küche und Bad zu Mietzwecken geeignet seien.
Der Antragsteller hat am 09.11.2014 beim Sozialgericht Freiburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, da er ab 01.01.2015 keine Unterkunft habe, ein Mietrückstand über 3.740,00 EUR bestehe, wozu noch die Mieten für November und Dezember 2014 hinzu kämen. Ferner sei die Gasheizung kaputt; die Reparatur koste laut Kaminfeger ca. 200,00 bis 250,00 EUR. Die Badenova habe den Gaszähler wegen fehlender Nachzahlung und Vorauszahlungen abgehängt. Auch stehe die Müllgebühr noch aus. Der Antragsteller hat ferner ein Schreiben einer Miterbin vom 19.10.2014 vorgelegt, in dem "Rückstände" für die vertragswidrige Nutzung der Räume bis Oktober 2014 geltend gemacht wurden. Der Antragsteller hat ferner zur Fristwahrung Klage erhoben (Az. S 16 AS 5159/14). Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes hatte er beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Januar 2015 eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, den Mietrückstand in Höhe von 3.740,00 EUR sowie die laufende Miete für November und Dezember 2014, die Kosten für die Reparatur der Gasheizung und der Wiederinbetriebnahme der Gasversorgung und die Müllgebühren seit Juli 2014 zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Räumlichkeiten i.H.v. 315,83 EUR in der Berechnung des selbstständigen Einkommens berücksichtigt worden seien.
Mit Beschluss vom 19.11.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es handle sich nicht um eine Unterkunft, da die Vermieter einer Nutzung der Räume zu Wohnzwecken mit Schreiben vom 06.08.2014 ausdrücklich widersprochen und den Antragsteller aufgefordert hätten, diese Nutzung sofort einzustellen. Auch nach dem Schreiben der Vermieter vom 19.10.2014 handle es sich bei dem geforderten Betrag um eine "Geschäftsraummiete", sodass eine Zustimmung der Vermieter zu einer Nutzung zu Wohnzwecken - unabhängig von der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit - auch weiterhin nicht ersichtlich sei. Aus diesem Grunde sei auch kein Anordnungsanspruch hinsichtlich der Übernahme von Müllgebühren ersichtlich. Soweit der Antragsteller die Kosten für die Reparatur der Gasheizung geltend mache, sei nicht ersichtlich, dass er diese Kosten selbst tragen müsse und es sich für ihn um tatsächliche Aufwendungen handle, die nach § 22 SGB II übernommen werden könnten. Soweit er eine Unterkunft ab 01.01.2015 geltend mache, bestehe kein Anspruch im Rahmen des SGB II gegenüber dem Antragsgegner auf Zuweisung in eine Unterkunft, da § 22 SGB II nur eine Geldleistung und keine Sachleistung vorsehe. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 24.11.2014 zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich die am 22.12.2014 vom (nunmehr vertretenen) Antragsteller beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Beschwerde, mit der er im Wesentlichen geltend macht, bei den bewohnten Räumlichkeiten handele es sich um eine taugliche Unterkunft. Er wohne dort tatsächlich. Die ordnungsrechtliche Unzulässigkeit der Wohnraumnutzung stehe der Anerkennung eines Bedarfs nicht entgegen. Darüber hinaus habe die frühere (verstorbene) Vermieterin die wohnraummäßigen Nutzung jedenfalls konkludent genehmigt. Deswegen bestehe auch ein Anspruch auf Übernahme der Mietschulden.
Der Antragsteller beantragt,
der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 19.11.2014 wird aufgehoben und der Antragsgegner vorläufig verpflichtet, ihm Leistungen für Unterkunft und Heizung und ein Mietsicherungsdarlehen zu bewilligen,
ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Es handle sich nicht um Wohnraum, sondern um Gewerberäume. Das Nutzungsentgelt für die Geschäftsräume habe man berücksichtigt. Auf die ordnungsrechtliche Lage komme es daher nicht an. Zudem fehle ein Nachweis, wann und wieviel Entgelt geschuldet sei.
Auf Nachfrage des Senats hat der Antragsteller am 16.01.2015 mitgeteilt, dass er weiterhin in der A.-H.-Str. wohne und derzeit nicht über alterbnativen Wohnraum verfüge.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von dem Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung des Art. 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl. I, 1127) ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig.
Die Beschwerde ist auch teilweise begründet, denn das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht vollständig abgelehnt. Der Antragsteller hat im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes sowohl (zumindest teilweise) einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er kann vorläufig ein Sechstel der geltend gemachten KdU beanspruchen.
Streitgegenständlich sind im Beschwerdeverfahren nur noch die geltend gemachte Übernahme der KdU sowie die Übernahme der Mietschulden im Rahmen eines Mietsicherungsdarlehens. Die weiteren in der erster Instanz geltend gemachten Ansprüche werden gemäß dem Antrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt. Dabei geht der Senat zugunsten des Antragstellers davon aus, dass er (damals unvertreten) bereits in erster Instanz die Übernahme der Mietschulden begehrt hatte.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage 2014, § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und v. 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Dabei ist das Rechtsschutzbedürfnis als prozessuale Voraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 45 S 93).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat das SG zu Unrecht einen Anspruch auf die begehrten Leistungen für die KdU verneint. Aufgrund der von dem Antragsteller im Verwaltungsverfahren vorgelegten Schreiben der Erbengemeinschaft vom 23.06. und 06.08.2014, dem Schreiben der Miterbin vom 19.10.2014 und seinen eigenen Angaben geht der Senat davon aus, dass ein Anspruch auf KdU als vorläufig zu leistender Zuschuss hinreichend glaubhaft gemacht ist. Dabei ist vorab darauf hinzuweisen, dass eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen für die Vergangenheit bzw. vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim SG ausscheidet. Dies beruht auf dem für das SGB II geltenden Grundsatz, dass Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht für die Vergangenheit erbracht werden dürfen, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.12.2011 - L 12 AS 5133/11 ER-B). Ein solcher Nachholbedarf wurde vom Antragsteller weder geltend gemacht noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor.
Darüber hinaus ist der Anspruch auf Übernahme von Mietschulden von dem vorrangigen Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II abzugrenzen. Soweit Schulden aus der Zeit stammen, in der der Betroffene keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II (BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41 RdNr. 19). So liegt der Fall hier. Denn der erwerbsfähige Antragsteller bezieht erst seit dem 01.07.2014 Leistungen nach dem SGB II. Dies ergibt sich aus dem Bescheid des Antragsgegners vom 21.08.2014. Die vom Antragsteller geltend gemachten Mietschulden beziehen sich aber nach seinen eigenen Angaben auf den Juli 2013 und die Monate Januar bis Juni 2014. Dies ergibt sich auch aus dem Schreiben der Erbengemeinschaft vom 23.06.2014.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt: Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass danach nur solche Bedarfe zu berücksichtigen sind, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Der Wortlaut der Regelung steht dem vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Der Gesetzgeber verwendet in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht den Begriff der Wohnung, sondern den seinem Wortsinn nach tendenziell weiteren Begriff der Unterkunft (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 1/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 14). Nicht berücksichtigungsfähig sind aber die Kosten für Geschäftsräume, die nicht der Verwirklichung privater Wohnbedürfnisse dienen (BSG, a.a.O., RdNr. 13). Kosten für ein Arbeits- oder betrieblich genutztes Zimmer, welche - wie vorliegend - als Betriebsausgaben beim Einkommen in Abzug gebracht werden sollen, sind mithin nicht als Kosten der Unterkunft anzusehen. Umfasst sind nur Leistungen für privaten Wohnraum (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R = BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr. 21, jeweils RdNr. 36 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ergibt sich vorliegend Folgendes: Nach seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren nutzt der Antragsteller von der Gesamtfläche der sich in der A.-H.-Str. in befindlichen Unterkunft (60 qm, 2 Räume) insgesamt 10 qm als private Wohnung. Die restlichen 50 qm dienen danach als Geschäftsraum. Dafür, dass er einen Teil der genannte Unterkunft als private Wohnung nutzt, spricht auch seine entsprechende Ummeldung zum 01.07.2014 (vgl. Anmeldung/Anmeldebestätigung der Stadt F. vom 03.07.2014, Bl. 5 der Verw.-Akte). Auch wenn die Unterkunft nicht über ein Bad oder eine Küche verfügt, so ist sie doch geeignet, vor den Unbilden des Wetters bzw. der Witterung zu schützen und bietet insoweit eine gewisse Privatsphäre (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 14). Entgegen der Ansicht des SG liegt daher eine Unterkunft i.S. von § 22 Abs. 1 SGB II vor.
Ob die private Wohnraumnutzung von der früheren (verstorbenen) Vermieterin zumindest konkludent genehmigt oder nunmehr von der jetzt zuständigen Miterbengemeinschaft ausdrücklich untersagt wurde, kommt es im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB II nicht an. Denn maßgeblich ist allein die tatsächliche Nutzung von Räumen als Unterkunft, wenn - wie vorliegend - keine ordnungsrechtliche Untersagung vorliegt (vgl. hierzu Luik in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 RdNr. 35) und die Eigentümer der Unterkunft für die Nutzung der Wohnung ein "Entgelt" verlangen. Dass ein solches (wohl Nutzungs-) Entgelt vom Antragsteller geschuldet wird, ergibt sich vorliegend aus dem Schreiben der Miterbengemeinschaft vom 06.08.2014 und dem Schreiben der Miterbin vom 19.10.2014. Darin wird jeweils für die ("vertragswidrige") Nutzung der Unterkunft ein monatliches Entgelt i.H.v. 340,00 EUR vom Antragsteller gefordert.
Der Umstand, dass der Antragsteller für die Unterkunft im streitigen Zeitraum keine Zahlungen an die Erbengemeinschaft geleistet hat, steht seinem Anspruch auf (teilweise - dazu sogleich -) Übernahme der KdU nicht entgegen. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Unterkunft liegen nicht nur dann vor, wenn die Miete bereits gezahlt wurde und nunmehr deren Erstattung verlangt wird, sondern es genügt, dass der Leistungsberechtigte im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Forderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217; Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179; Luik, a.a.O. RdNr. 46; Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, § 22 RdNr. 43). Dies gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis wirksam gekündigt worden ist. Denn dadurch, dass der Antragsteller - trotz der Kündigung - weiterhin in den Räumlichkeiten in der A.-H.-Str. lebt (was der Senat den Angaben des Antragstellers im Beschwerdeverfahren entnimmt), unterliegt er der Verpflichtung, den Eigentümern der Räumlichkeiten (der Erbengemeinschaft) zumindest eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Dieser Entschädigungsanspruch tritt im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses nach beendetem Mietvertrag als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Mietzinsanspruchs und ist diesem zivilrechtlich weitgehend gleichgestellt (LSG Hamburg, Urteil vom 21.01.2013 - L 4 SO 50/12 - juris; BGH, Urteil vom 15.2.1984, VIII ZR 213/82, BGHZE 90, 145, zur Vorgängervorschrift des § 557 BGB in der bis zum 31.08.2001 geltenden Fassung; im Ergebnis ebenso LSG Bayern, Urteil vom 14.05.2014 - L 11 AS 261/12 = juris). Aus den bereits genannten Schreiben der Erbengemeinschaft vom 06.08.2014 bzw. der Miterbin vom 19.10.2014 folgt auch, dass ein monatliches Entgelt i.H.v. 340,00 EUR für die weitere Nutzung der Räumlichkeiten tatsächlich gefordert wird. Im Übrigen geht auch der Antragsgegner davon aus, dass der Antragsteller einer wirksamen Forderung unterliegt. Denn ansonsten wäre nicht erklärlich, weshalb er die entsprechenden Kosten als Betriebsausgabe i.H.v. 315,83 EUR anerkennt.
Als monatliche Kosten hat der Antragsteller in seinem Antrag zur Feststellung der angemessenen KdU unter dem 15.07.2014 angegeben, dass er 340,00 EUR als Miete, 34,00 EUR für die Nebenkosten (Strom), 29,00 EUR für Gas und 13,34 EUR für Wasser, d.h. insgesamt 416,34 EUR zu zahlen habe. Wie bereits dargelegt, können die Kosten für beruflich genutzte Räume aber nicht im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II übernommen werden. Liegt aber eine teilweise private (Wohnraum-)Nutzung vor, können die anteiligen Kosten, die auf die private Nutzung entfallen, übernommen werden (Luik, a.a.O., § 22 RdNr. 40). Von den Räumlichkeiten mit 60 qm werden nach den eigenen Angaben des Antragstellers 10 qm privat zu Wohnraumzwecken genutzt, mithin ein Sechstel der Gesamtfläche. Daher kann im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II auch nur ein Sechstel der geltend gemachten KdU übernommen werden. Dies sind vorliegend 69,34 EUR (= 416,34./. 6). Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller hilfebedürftig ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, und er noch nicht über anderen Wohnraum verfügt, ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die tenorierte zeitliche Befristung entspricht dem sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Gründe für eine längere Bewilligung (§ 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.
Ein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die Übernahme der geltend gemachten Mietschulden besteht hingegen nicht.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II können bzw. sollen Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt bzw. notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die Übernahme von Mietschulden nur Wohnraum erhalten und nicht ein gewerbliches Mietverhältnis zur Fortsetzung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gesichert werden soll (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.06.2009 – L 14 AS 618/09 B ER = juris). Darüber hinaus scheitert ein Anspruch nach § 22 Abs. 8 SGB II vorliegend schon daran, dass die Unterkunft auch bei einer Übernahme der Schulden nicht dauerhaft gesichert werden kann. Denn der Mietvertrag wurde bereits (spätestens zum 31.12.2014) gekündigt und aus den vorliegenden Schreiben der Miterbengemeinschaft geht klar hervor, dass diese an der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Antragsteller kein Interesse hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller nur teilweise Erfolg hatte.
Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war vor diesem Hintergrund stattzugeben (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Antragsteller, der Alg II bezieht, ist nach den von ihm belegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung - auch nicht ratenweise - aufzubringen. Der Kläger ist mithin bedürftig im Sinne der §§ 114, 115 ZPO. Ihm war deshalb antragsgemäß Rechtsanwalt K., F., beizuordnen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 Abs. 2 SGG).
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab dem 10.11.2014 bis 31.05.2015, längstens bis zur Beendigung des Klageverfahrens in dem Rechtsstreit S 16 AS 5159/14 beim Sozialgericht Freiburg, monatlich 69,39 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung zu erbringen. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen.
Dem Kläger wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt K., F., beigeordnet.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Der 1963 geborene Antragsteller ist mit der Vermittlung u.a. von Versicherungen und Bausparverträgen selbstständig tätig. Er meldete sich zum 01.07.2014 von W. kommend unter der Adresse " A.-H.-Str., F." an (Anmeldung/Anmeldebestätigung der Stadt F. vom 03.07.2014). Hierbei handelt es sich um Geschäftsräume (60 qm), von denen der Antragsteller nach eigenen Angaben 10 qm privat als Wohnung nutzt. Die Räume verfügen nicht über Küche oder Bad. Als monatliche Kosten hat er in seinem Antrag zur Feststellung der angemessenen KdU unter dem 15.07.2014 angegeben, dass er 340,00 EUR als Miete, 34,00 EUR für die Nebenkosten (Strom), 29,00 EUR für Gas und 13,34 EUR für Wasser, d.h. insgesamt 416,34 EUR zu zahlen hat.
Mit Schreiben vom 23.06.2014 kündigten die Erben der bisherigen Vermieterin in Erbengemeinschaft die von dem Antragsteller mündlich angemieteten Geschäftsräume unter der genannten Adresse fristlos zum 01.07.2014, spätestens zum 31.12.2014, wegen Zahlungsverzuges (Mietschulden i.H.v. insgesamt 2.380,00 EUR betreffend die Monate Juli 2013 und Januar bis Juni 2014). Die Nutzung zu Wohnzwecken untersagten sie in einem weiteren Schreiben vom 06.08.2014, in dem sie auch weitere Kosten für den Monat Juli 2014 (340,00 EUR) geltend machten.
Der Antragsteller beantragte am 03.07.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei dem Antragsgegner, da er nach seiner vorläufigen Einschätzung nur Verluste aus seiner Tätigkeit erwarte. Mit Bescheid vom 21.08.2014 bewilligte der Antragsgegner Arbeitslosengeld II (Alg II) ab dem 01.07.2014 bis 31.12.2014 vorläufig und berücksichtigte dabei nur den Regelbedarf und Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung. Kosten der Unterkunft könnten nicht gewährt werden, da das Mietverhältnis gekündigt sei.
Der Antragsteller legte hiergegen Widerspruch ein, da er noch in der Wohnung lebe und gerade dabei sei, sich mit seinem Vermieter zu einigen. Das "gestörte" Mietverhältnis werde aufgrund des Leistungsanspruches ab dem 01.07.2014 "geheilt". Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2014 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass keine Erklärung oder Bestätigung der Vermieter vorliege. Es erscheine auch unwahrscheinlich, dass die Räume ohne Küche und Bad zu Mietzwecken geeignet seien.
Der Antragsteller hat am 09.11.2014 beim Sozialgericht Freiburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, da er ab 01.01.2015 keine Unterkunft habe, ein Mietrückstand über 3.740,00 EUR bestehe, wozu noch die Mieten für November und Dezember 2014 hinzu kämen. Ferner sei die Gasheizung kaputt; die Reparatur koste laut Kaminfeger ca. 200,00 bis 250,00 EUR. Die Badenova habe den Gaszähler wegen fehlender Nachzahlung und Vorauszahlungen abgehängt. Auch stehe die Müllgebühr noch aus. Der Antragsteller hat ferner ein Schreiben einer Miterbin vom 19.10.2014 vorgelegt, in dem "Rückstände" für die vertragswidrige Nutzung der Räume bis Oktober 2014 geltend gemacht wurden. Der Antragsteller hat ferner zur Fristwahrung Klage erhoben (Az. S 16 AS 5159/14). Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes hatte er beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Januar 2015 eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, den Mietrückstand in Höhe von 3.740,00 EUR sowie die laufende Miete für November und Dezember 2014, die Kosten für die Reparatur der Gasheizung und der Wiederinbetriebnahme der Gasversorgung und die Müllgebühren seit Juli 2014 zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Räumlichkeiten i.H.v. 315,83 EUR in der Berechnung des selbstständigen Einkommens berücksichtigt worden seien.
Mit Beschluss vom 19.11.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es handle sich nicht um eine Unterkunft, da die Vermieter einer Nutzung der Räume zu Wohnzwecken mit Schreiben vom 06.08.2014 ausdrücklich widersprochen und den Antragsteller aufgefordert hätten, diese Nutzung sofort einzustellen. Auch nach dem Schreiben der Vermieter vom 19.10.2014 handle es sich bei dem geforderten Betrag um eine "Geschäftsraummiete", sodass eine Zustimmung der Vermieter zu einer Nutzung zu Wohnzwecken - unabhängig von der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit - auch weiterhin nicht ersichtlich sei. Aus diesem Grunde sei auch kein Anordnungsanspruch hinsichtlich der Übernahme von Müllgebühren ersichtlich. Soweit der Antragsteller die Kosten für die Reparatur der Gasheizung geltend mache, sei nicht ersichtlich, dass er diese Kosten selbst tragen müsse und es sich für ihn um tatsächliche Aufwendungen handle, die nach § 22 SGB II übernommen werden könnten. Soweit er eine Unterkunft ab 01.01.2015 geltend mache, bestehe kein Anspruch im Rahmen des SGB II gegenüber dem Antragsgegner auf Zuweisung in eine Unterkunft, da § 22 SGB II nur eine Geldleistung und keine Sachleistung vorsehe. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 24.11.2014 zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich die am 22.12.2014 vom (nunmehr vertretenen) Antragsteller beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Beschwerde, mit der er im Wesentlichen geltend macht, bei den bewohnten Räumlichkeiten handele es sich um eine taugliche Unterkunft. Er wohne dort tatsächlich. Die ordnungsrechtliche Unzulässigkeit der Wohnraumnutzung stehe der Anerkennung eines Bedarfs nicht entgegen. Darüber hinaus habe die frühere (verstorbene) Vermieterin die wohnraummäßigen Nutzung jedenfalls konkludent genehmigt. Deswegen bestehe auch ein Anspruch auf Übernahme der Mietschulden.
Der Antragsteller beantragt,
der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 19.11.2014 wird aufgehoben und der Antragsgegner vorläufig verpflichtet, ihm Leistungen für Unterkunft und Heizung und ein Mietsicherungsdarlehen zu bewilligen,
ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Es handle sich nicht um Wohnraum, sondern um Gewerberäume. Das Nutzungsentgelt für die Geschäftsräume habe man berücksichtigt. Auf die ordnungsrechtliche Lage komme es daher nicht an. Zudem fehle ein Nachweis, wann und wieviel Entgelt geschuldet sei.
Auf Nachfrage des Senats hat der Antragsteller am 16.01.2015 mitgeteilt, dass er weiterhin in der A.-H.-Str. wohne und derzeit nicht über alterbnativen Wohnraum verfüge.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von dem Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung des Art. 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl. I, 1127) ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig.
Die Beschwerde ist auch teilweise begründet, denn das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht vollständig abgelehnt. Der Antragsteller hat im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes sowohl (zumindest teilweise) einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er kann vorläufig ein Sechstel der geltend gemachten KdU beanspruchen.
Streitgegenständlich sind im Beschwerdeverfahren nur noch die geltend gemachte Übernahme der KdU sowie die Übernahme der Mietschulden im Rahmen eines Mietsicherungsdarlehens. Die weiteren in der erster Instanz geltend gemachten Ansprüche werden gemäß dem Antrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt. Dabei geht der Senat zugunsten des Antragstellers davon aus, dass er (damals unvertreten) bereits in erster Instanz die Übernahme der Mietschulden begehrt hatte.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage 2014, § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und v. 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Dabei ist das Rechtsschutzbedürfnis als prozessuale Voraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 45 S 93).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat das SG zu Unrecht einen Anspruch auf die begehrten Leistungen für die KdU verneint. Aufgrund der von dem Antragsteller im Verwaltungsverfahren vorgelegten Schreiben der Erbengemeinschaft vom 23.06. und 06.08.2014, dem Schreiben der Miterbin vom 19.10.2014 und seinen eigenen Angaben geht der Senat davon aus, dass ein Anspruch auf KdU als vorläufig zu leistender Zuschuss hinreichend glaubhaft gemacht ist. Dabei ist vorab darauf hinzuweisen, dass eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen für die Vergangenheit bzw. vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim SG ausscheidet. Dies beruht auf dem für das SGB II geltenden Grundsatz, dass Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht für die Vergangenheit erbracht werden dürfen, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.12.2011 - L 12 AS 5133/11 ER-B). Ein solcher Nachholbedarf wurde vom Antragsteller weder geltend gemacht noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor.
Darüber hinaus ist der Anspruch auf Übernahme von Mietschulden von dem vorrangigen Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II abzugrenzen. Soweit Schulden aus der Zeit stammen, in der der Betroffene keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II (BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41 RdNr. 19). So liegt der Fall hier. Denn der erwerbsfähige Antragsteller bezieht erst seit dem 01.07.2014 Leistungen nach dem SGB II. Dies ergibt sich aus dem Bescheid des Antragsgegners vom 21.08.2014. Die vom Antragsteller geltend gemachten Mietschulden beziehen sich aber nach seinen eigenen Angaben auf den Juli 2013 und die Monate Januar bis Juni 2014. Dies ergibt sich auch aus dem Schreiben der Erbengemeinschaft vom 23.06.2014.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt: Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass danach nur solche Bedarfe zu berücksichtigen sind, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Der Wortlaut der Regelung steht dem vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Der Gesetzgeber verwendet in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht den Begriff der Wohnung, sondern den seinem Wortsinn nach tendenziell weiteren Begriff der Unterkunft (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 1/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 14). Nicht berücksichtigungsfähig sind aber die Kosten für Geschäftsräume, die nicht der Verwirklichung privater Wohnbedürfnisse dienen (BSG, a.a.O., RdNr. 13). Kosten für ein Arbeits- oder betrieblich genutztes Zimmer, welche - wie vorliegend - als Betriebsausgaben beim Einkommen in Abzug gebracht werden sollen, sind mithin nicht als Kosten der Unterkunft anzusehen. Umfasst sind nur Leistungen für privaten Wohnraum (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R = BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr. 21, jeweils RdNr. 36 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ergibt sich vorliegend Folgendes: Nach seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren nutzt der Antragsteller von der Gesamtfläche der sich in der A.-H.-Str. in befindlichen Unterkunft (60 qm, 2 Räume) insgesamt 10 qm als private Wohnung. Die restlichen 50 qm dienen danach als Geschäftsraum. Dafür, dass er einen Teil der genannte Unterkunft als private Wohnung nutzt, spricht auch seine entsprechende Ummeldung zum 01.07.2014 (vgl. Anmeldung/Anmeldebestätigung der Stadt F. vom 03.07.2014, Bl. 5 der Verw.-Akte). Auch wenn die Unterkunft nicht über ein Bad oder eine Küche verfügt, so ist sie doch geeignet, vor den Unbilden des Wetters bzw. der Witterung zu schützen und bietet insoweit eine gewisse Privatsphäre (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 14). Entgegen der Ansicht des SG liegt daher eine Unterkunft i.S. von § 22 Abs. 1 SGB II vor.
Ob die private Wohnraumnutzung von der früheren (verstorbenen) Vermieterin zumindest konkludent genehmigt oder nunmehr von der jetzt zuständigen Miterbengemeinschaft ausdrücklich untersagt wurde, kommt es im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB II nicht an. Denn maßgeblich ist allein die tatsächliche Nutzung von Räumen als Unterkunft, wenn - wie vorliegend - keine ordnungsrechtliche Untersagung vorliegt (vgl. hierzu Luik in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 RdNr. 35) und die Eigentümer der Unterkunft für die Nutzung der Wohnung ein "Entgelt" verlangen. Dass ein solches (wohl Nutzungs-) Entgelt vom Antragsteller geschuldet wird, ergibt sich vorliegend aus dem Schreiben der Miterbengemeinschaft vom 06.08.2014 und dem Schreiben der Miterbin vom 19.10.2014. Darin wird jeweils für die ("vertragswidrige") Nutzung der Unterkunft ein monatliches Entgelt i.H.v. 340,00 EUR vom Antragsteller gefordert.
Der Umstand, dass der Antragsteller für die Unterkunft im streitigen Zeitraum keine Zahlungen an die Erbengemeinschaft geleistet hat, steht seinem Anspruch auf (teilweise - dazu sogleich -) Übernahme der KdU nicht entgegen. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Unterkunft liegen nicht nur dann vor, wenn die Miete bereits gezahlt wurde und nunmehr deren Erstattung verlangt wird, sondern es genügt, dass der Leistungsberechtigte im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Forderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217; Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179; Luik, a.a.O. RdNr. 46; Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, § 22 RdNr. 43). Dies gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis wirksam gekündigt worden ist. Denn dadurch, dass der Antragsteller - trotz der Kündigung - weiterhin in den Räumlichkeiten in der A.-H.-Str. lebt (was der Senat den Angaben des Antragstellers im Beschwerdeverfahren entnimmt), unterliegt er der Verpflichtung, den Eigentümern der Räumlichkeiten (der Erbengemeinschaft) zumindest eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Dieser Entschädigungsanspruch tritt im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses nach beendetem Mietvertrag als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Mietzinsanspruchs und ist diesem zivilrechtlich weitgehend gleichgestellt (LSG Hamburg, Urteil vom 21.01.2013 - L 4 SO 50/12 - juris; BGH, Urteil vom 15.2.1984, VIII ZR 213/82, BGHZE 90, 145, zur Vorgängervorschrift des § 557 BGB in der bis zum 31.08.2001 geltenden Fassung; im Ergebnis ebenso LSG Bayern, Urteil vom 14.05.2014 - L 11 AS 261/12 = juris). Aus den bereits genannten Schreiben der Erbengemeinschaft vom 06.08.2014 bzw. der Miterbin vom 19.10.2014 folgt auch, dass ein monatliches Entgelt i.H.v. 340,00 EUR für die weitere Nutzung der Räumlichkeiten tatsächlich gefordert wird. Im Übrigen geht auch der Antragsgegner davon aus, dass der Antragsteller einer wirksamen Forderung unterliegt. Denn ansonsten wäre nicht erklärlich, weshalb er die entsprechenden Kosten als Betriebsausgabe i.H.v. 315,83 EUR anerkennt.
Als monatliche Kosten hat der Antragsteller in seinem Antrag zur Feststellung der angemessenen KdU unter dem 15.07.2014 angegeben, dass er 340,00 EUR als Miete, 34,00 EUR für die Nebenkosten (Strom), 29,00 EUR für Gas und 13,34 EUR für Wasser, d.h. insgesamt 416,34 EUR zu zahlen habe. Wie bereits dargelegt, können die Kosten für beruflich genutzte Räume aber nicht im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II übernommen werden. Liegt aber eine teilweise private (Wohnraum-)Nutzung vor, können die anteiligen Kosten, die auf die private Nutzung entfallen, übernommen werden (Luik, a.a.O., § 22 RdNr. 40). Von den Räumlichkeiten mit 60 qm werden nach den eigenen Angaben des Antragstellers 10 qm privat zu Wohnraumzwecken genutzt, mithin ein Sechstel der Gesamtfläche. Daher kann im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II auch nur ein Sechstel der geltend gemachten KdU übernommen werden. Dies sind vorliegend 69,34 EUR (= 416,34./. 6). Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller hilfebedürftig ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, und er noch nicht über anderen Wohnraum verfügt, ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die tenorierte zeitliche Befristung entspricht dem sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Gründe für eine längere Bewilligung (§ 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.
Ein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die Übernahme der geltend gemachten Mietschulden besteht hingegen nicht.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II können bzw. sollen Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt bzw. notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die Übernahme von Mietschulden nur Wohnraum erhalten und nicht ein gewerbliches Mietverhältnis zur Fortsetzung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gesichert werden soll (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.06.2009 – L 14 AS 618/09 B ER = juris). Darüber hinaus scheitert ein Anspruch nach § 22 Abs. 8 SGB II vorliegend schon daran, dass die Unterkunft auch bei einer Übernahme der Schulden nicht dauerhaft gesichert werden kann. Denn der Mietvertrag wurde bereits (spätestens zum 31.12.2014) gekündigt und aus den vorliegenden Schreiben der Miterbengemeinschaft geht klar hervor, dass diese an der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Antragsteller kein Interesse hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller nur teilweise Erfolg hatte.
Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war vor diesem Hintergrund stattzugeben (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Antragsteller, der Alg II bezieht, ist nach den von ihm belegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung - auch nicht ratenweise - aufzubringen. Der Kläger ist mithin bedürftig im Sinne der §§ 114, 115 ZPO. Ihm war deshalb antragsgemäß Rechtsanwalt K., F., beizuordnen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 Abs. 2 SGG).
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