S 9 KR 1/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 1/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 3,12 EURO zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 ab dem 01.10.2001 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung einer schriftlichen Mitteilung.

Der Kläger ist Physiotherapeut. Er besitzt die Zulassung nach § 124 SGB V zur Heilmittelabgabe an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung und betreibt eine Praxis für Massage, Krankengymnastik und Physiotherapie.

Er ist Mitglied VDB-Physiotherapieverbandes, Landesverband NRW. Über diesen Berufsverband hat er die für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Vereinbarung, den Rahmenvertrag nach § 124 Abs. 2 Ziffer 4 SGB V anerkannt. Nach Abschnitt VII Nr. 29.5 der zum 01.07.2001 in Kraft getretenen Heilmittel-Richtlinien "ist der Therapeut gehalten, den verordnenden Vertragsarzt jeweils nach Abschluss einer Behandlungsserie schriftlich über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Eine prognostische Einschätzung hinsichtlich der Erreichung des Therapieziels ist abzugeben, sofern er die Fortsetzung der Therapie für erforderlich hält. "Nach § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages nach § 125 SGB V über die Erbringung und Vergütung physikalisch-therapeutischer/physiotherapeutischer Leistungen in NRW für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung vom 01.10.1994 zwischen dem Berufsverband der Physiotherapeuten und den Landesverbänden der Krankenkasse richten sich Art und Umfang der Leistungen im Sinne des Vertrages nach der vertragsärztlichen Verordnung auf der Grundlage der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in der jeweils geltenden Fassung. Nach § 8 Abs. 1 des Vertrages werden die Leistungen nach den Anlagen 5/5a als Höchstpreise vergütet. Die Vereinbarung über Höchstpreise vom 18.12.2000 sieht keine "Berichtsgebühr" vor. Nach Abschnitt III Nr. 2 der Höchstpreisvereinbarung können Leistungen, die nicht Bestandteil der Preisvereinbarung sind, mit den jeweiligen Sätzen abgerechnet werden, die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Berufsverbänden der Physiotherapeuten vereinbart sind. Nach der Ergänzungsvereinbarung über Höchstpreise für krankengymnastische Leistungen ab 01.07.2002 wird "für die Preisvereinbarung ab 01.08.2002 auch für die Position X 9701 (Mitteilung/Bericht an den Arzt/Übermittlungsgebühr) eine Vergütung unter Berücksichtigung der bis dahin auf Bundesebene geltenden Regelungen zu finden sein". Eine Vergütungsvereinbarung über diese Leistungen für das Jahr 2001 ist nicht zustande gekommen.

Der Kläger stellte der Beklagten mit Schreiben vom 31.08.2001 für die Erstellung eines Berichts an den verordnenden Arzt über die Behandlung einer Versicherten 5,00 DM in Rechnung. Mit Schreiben vom 26.09.2001 lehnte die Beklagte eine Zahlung ab. Am 07.12.2001 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben.

Er ist der Auffassung, die Beklagte sei trotz Scheiterns einer Vergütungsvereinbarung zur Zahlung der üblichen Vergütung verpflichtet. Nach EBM sei die geringste Vergütung für den Bericht eines Vertragsarztes 8,66 DM bzw. für eine kurze Bescheinigung der Regelsatz 10,49 DM, so dass an der Angemessenheit des Betrages von 5,00 DM zuzüglich Portokosten von 1,10 DM keine Zweifel bestehen könnten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 3,12 EURO zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 ab dem 01.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Vergütungsanspruch nur dann entstehen könne, wenn er vereinbart sei. Dies könne allenfalls für die Zeit ab 22.01.2002 möglich sein, ohne dass allerdings Vergütungsansprüche für die Vergangenheit hieraus abgeleitet werden könnten.

Das Sozialgericht Düsseldorf hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 21.12.2001 an das Sozialgericht Köln verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung für die Erstellung des nach Abschnitt VII Nr. 29.5 der Heilmittel-Richtlinien in der Fassung vom 01.07.2001 erforderlichen Berichts an den verordnenden Vertragsarzt. Dabei geht die Kammer davon aus, dass der geltend gemachte Betrag von 5,00 DM zuzüglich Portokosten von 1,10 DM (insgesamt 3,12 EURO) angemessen ist.

Aufgrund der dem Kläger gemäß § 124 SGB V erteilten Zulassung steht ihm grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung der vertraglich vereinbarten Leistungen zu. Der Kläger hat mit dem seinerzeit gestellten Zulassungsantrag konkludent die Vergütungssätze der entsprechenden zwischen den Berufsverbänden der Physiotherapeuten und den Landesverbänden der Krankenkassen vereinbarten Vergütungen anerkannt. Denn die Zulassung setzt nach § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V voraus, dass der Leistungserbringer die für die Versorgung für die Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt. Existiert für einen Heilmittelbereich eine Vereinbarung, so ist im Zulassungsantrag des Heilmittelerbringers konkludent auch die Erklärung zu sehen, diese Vereinbarung anzuerkennen, (BSG, Urteil vom 17.01.1996, Az.3 RK 2/95). Vorliegend ist über die Vereinbarung für die Erstellung eines Berichts entsprechend der neuen Heil- und Hilfsmittelrichtlinien aber gerade keine Vereinbarung zustande gekommen. Vielmehr wurde eine solche nach der Ergänzungsvereinbarung über Höchstpreise für krankengymnastische Leistungen ab 01.07.2002 ausdrücklich für die Zukunft in Aussicht gestellt, dann aber bis zum heutigen Tage doch nicht getroffen. Aus dem Fehlen einer solchen Vereinbarung kann aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht geschlossen werden, dass für diese Leistungen keine Vergütung zu zahlen wäre. Vielmehr ist für solche Leistungen die "übliche Vergütung", die bei der Erbringung derartiger Leistungen anfallen würde, zu zahlen. Dies folgt aus § 612 BGB, der die Vergütung der hier betroffenen Dienstleistungen regelt (vgl. BSG, Urteil vom 17.01.1996, Az. 3 RK 2/95). Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist und eine taxmäßige Vergütung nicht besteht. Als taxmäßige Vergütung kommen nur nach Bundes- oder Landesrecht zugelassene und festgelegte Vergütungssätze (z.B. Gebühren) in Betracht. Hierunter fallen die von den Landesverbänden der Leistungserbringer und den Landesverbänden der Krankenkassen vereinbarten Vergütungssätze nicht. Nach Auffassung der Kammer sind jedoch die von den Vertragsärzten abrechenbaren Vergütungssätze für die Erstellung schriftlicher Mitteilungen nach EBM bei der Bestimmung der üblichen Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB entsprechend heranzuziehen. Nach Ziffer 71 EBM sind für die Bescheinigung zur Feststellung des Erreichens der Belastgrenze 40 Punkte, nach Ziffer 72 für eine kurze Bescheinigung oder ein kurzes Zeugnis auf besonderes Verlangen der Krankenkasse 60 Punkte abrechenbar. Unter Zugrundelegung dieser Vergütung, die an einen Vertragsarzt zu leisten wäre, erscheint der vom Kläger in Rechnung gestellte Betrag von 5,00 DM für die schriftliche Mitteilung entsprechend der zum 01.07.2001 in Kraft getretenen Heil- und Hilfsmittelrichtlinien zuzüglich 1,10 DM Portokosten als angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Gericht hat die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
Saved