S 12 KA 616/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 616/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 20/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 6/19 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine sachlich-rechnerische Prüfung zur Einhaltung der Grenzen einer Notfall-Erstversorgung beruht auf einer Einzelfallprüfung. Die generelle Absetzung aller Laborleistungen der Notfallambulanz eines Krankenhauses unter Hinweis auf eine fehlende Berechnungsfähigkeit ist unzulässig, da ein allgemeiner Leistungsausschluss von Laborleistungen im Rahmen einer Notfallbehandlung nicht besteht. In diesen Fällen kann ein Bescheid nach § 131 Abs. 5 SGG aufgehoben werden.
2. Auch ein Tatsachenvortrag zur Notwendigkeit der Laborleitungen im Rahmen einer Notfall-Erstversorgung kann noch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 20.03.2013 - L 4 KA 60/10 - juris Rdnr. 32; nicht eindeutig BSG, Urt. v. 12.12.2012 B 6 KA 5/12 R - SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 = KHE 2012/149 = MedR 2013, 555 = USK 2012-125 = GesR 2014, 35 = Breith 2013, 567, juris, Rdnr. 17).
1. Die Honorarbescheide für die Quartale I/09 bis I/13, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 werden insoweit aufgehoben, als Laborleistungen nach Kap. 32 EBM abgesetzt worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beteiligten haben jeweils zu ½ die Gerichtkosten zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung in den 13 Quartalen I/09 bis I/13 in Höhe von insgesamt 274.319,15 EUR netto wegen der Absetzung von im Rahmen von Notfallbehandlungen erbrachter Laborleistungen des Kapitels 32 EBM.

Die Klägerin betreibt ein Klinikum im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. In den streitbefangenen Quartalen erbrachten die Ärzte der Klägerin Notfallbehandlungen, deren Vergütung die Beklagte jeweils mit Honorarbescheiden festsetzte. Laborleistungen des Kapitels 32 EBM setzte sie ab, da diese bei Notfallbehandlungen nicht abgerechnet werden könnten.

Hiergegen legte die Klägerin jeweils Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Absetzung sämtlicher Laborziffern wandte.

Die Beklagte wies die Klägerin unter Datum vom 23.07.2013 auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hin und gab ihr Gelegenheit, substantiiert anhand der Einzelfälle die Notwendigkeit der von ihr zur Abrechnung eingereichten Laborleistungen für die Notfall-Erstversorgung darzulegen.

Die Klägerin trug zur Begründung ihrer Widersprüche unter Datum vom 21.11.2014 vor, eine Kernaufgabe der interdisziplinären Notaufnahme sei die Sicherstellung einer unverzüglichen Notfalldiagnostik: EKG, Labor, Sonographie, Echoröntgen, CT, Endoskopie. Auch einzelne Fachgesellschaften betonten die Notwendigkeit von Labordiagnostik in der Notaufnahme. Sie verdeutliche dies anhand von vier definierten Fallbeispielen. Zur Basisdiagnostik gehörten: Harnstoff, Kreatinin, Serumelektrolyte, Leberwerte, Lipase, CRP, INR, pTT, Kreatinkinase, Laktatdehydrogenase, C-reaktives Protein, Serumlaktat, hs-Troponin, D-Dimer, Blutbild, arterielle Blutgasanalyse. In ausgewählten Patientenfällen könne auch eine weiterführende Labordiagnostik erforderlich werden. Dies werde durch die Leitlinien der verschiedenen Fachgesellschaften einwandfrei belegt. Laborparameter würden oft den entscheidenden diagnostischen Hinweis liefern und dabei die Entscheidung zwischen ambulanter Betreuung und stationärer Aufnahme beeinflussen. Zahlreiche vergleichbare Fälle würden täglich in ihrer zentralen Notaufnahme versorgt werden.

Die Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2014 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Notfalldienst sei nur auf die Notfall-Erstversorgung ausgerichtet. Der Arzt dürfe nicht mehr Leistungen erbringen und verordnen, als es dem Rahmen der Notfall-Erstversorgung entspreche. Der Behandlungsumfang sei beschränkt auf die Maßnahmen, die bis zum erneuten Einsetzen der Regelversorgung in den üblichen Sprechstundenzeiten erforderlich seien. Nach BSG, Urteil v. 12.12.2012 - B 6 KA 5/12 R - sei es nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Einzelfällen im Notfalldienst die Erhebung von Laborwerten erforderlich sein könne. Wegen des Ausnahmecharakters dieser Fälle müssten die insoweit maßgeblichen medizinischen Diagnosen jedenfalls für die Abrechnungsprüfung erkennbar sein. Sie habe der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, anhand der Einzelfälle die Notwendigkeit der Laborleistungen für die Notfall-Erstversorgung darzulegen. Von dieser Möglichkeit habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Es sei somit nicht substantiiert dargelegt worden, dass die Erbringung der abgerechneten Laborleistungen notwendig gewesen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.12.2014 die Klage erhoben. Die Beklagte folgere aus der angeführten Entscheidung des Bundessozialgerichts eine gesteigerte Darlegungslast für den Leistungserbringer. Das Bundessozialgericht differenziere zwischen Spezial- und Basislaborleistungen. Es sei ausschließlich um Laboruntersuchungen der Blutalkoholkonzentration und des C-reaktiven Proteins gegangen. Lediglich für diese Leistungen habe das Bundessozialgericht festgestellt, dass diese nicht zur Basisversorgung des Notfalldienstes gehörten und ausgeführt, dass die Ergebnisse der Laboruntersuchungen regelmäßig erst einige Stunden später vorlägen und daher in die ambulante Weiterbehandlung fielen. Auch nur für diese Leistungen habe das Bundessozialgericht eine gesteigerte Darlegungslast festgestellt, nicht aber für Basislaborleistungen. Eine solche treffe sie nicht. Insb. bei Basislaborleistungen, bei denen das Ergebnis sofort vorliege, sei die Sachlage eine völlig andere. Die Abrechnungs-Richtlinie der Beklagten verweise auf die Satzarten. Ein Feld für eine besondere Begründung sehe die Satzart nicht vor. Das Urteil des Bundessozialgerichts sei auch erst Anfang 2013 veröffentlicht worden. Die Notwendigkeit der Laboruntersuchungen ergebe sich im Übrigen in den meisten Fällen bereits aus den Abrechnungsscheinen anhand der Diagnosen, Befunde und ICD-10-Codes. Sie führe vier repräsentative Patientenfälle – diese sind mit den im Widerspruchsverfahren aufgeführten Fällen identisch – auf. Nach Kap. II Nr. 1.2.4 EBM dürften Notfallambulanzen Leistungen nur abrechnen, wenn die Erkrankung des Patienten aufgrund ihrer Beschaffenheit einer sofortigen Maßnahme bedürfe und die Versorgung durch einen Vertragsarzt entsprechend § 76 SGB V nicht möglich und/oder aufgrund der Umstände nicht vertretbar sei. Könne ein Vertragsarzt diese Leistung in seiner Praxis nicht erbringen, bedeute dies nicht, dass die Leistung medizinisch nicht notwendig sei. Sie verweise auf verschiedene Leitlinien, die für verschiedene Beschwerden belegten, dass und in welchem Rahmen Laboruntersuchungen vorzunehmen seien. Ferner übersende sie Auszüge aus dem "Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus der Management Consulting C. GmbH", das auf der Grundlage der Befragung von 55 Notfallambulanzen erstellt worden sei. Die Patientenstruktur der Notfallambulanzen sei unterschiedlich zu der der Vertragsärzte. Der Patient müsse in jedem Fall dahingehend untersucht werden, ob ihm eine Verweisung an den nächsten Vertragsarzt zumutbar sei. Der Patient könne sich aussuchen, ob er eine Notfallambulanz oder einen Vertragsarzt aufsuche. Wenn sie ausführe, ein Patient mit Verdacht auf Herzinfarkt könne nicht ohne eine Bestimmung von Troponin I entlassen werde, dann könne dies auf alle entsprechenden Fälle übertragen werden. Es wäre der Beklagten im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht zuzumuten, weitere Informationen anzufordern. Sie sei nicht mit weiterem Vortrag ausgeschlossen.

Die Klägerin beantragt,
die Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale I/09 bis I/13 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 insoweit aufzuheben, als Laborleistungen nach Kap. 32 EBM abgesetzt worden sind und die Beklagte zu verurteilen, an sie die bisher nicht vergüteten Laborleistungen entsprechend der Leistungsanforderungen zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid sowie in den jeweiligen Honorarbescheiden (Information über die wesentlichen Änderungen der Abrechnung). Sie sei zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung. Sie berufe sich weiterhin auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, was sie im Einzelnen ausgeführt hat. Sie könne die Laborleistungen nicht als Notfall-Erstversorgung erkennen, weshalb sie die Klägerin zur Darlegung aufgefordert habe. Auch sie gehe davon aus, dass es entscheidend sei, ob die erhobenen Laborparameter zur Notfallerstversorgung gehörten. Die aus dem Jahr 2014 vorgelegten Behandlungsfälle folgten immer dem gleichen stereotypen Muster. Es würden nur einzelne Maßnahmen begründet, nicht aber der gesamte Umfang der Leistungen. Soweit ein Laborparameter im Einzelfall notwendig sein sollte, müsse dies auf dem Abrechnungsschein kenntlich gemacht werden. Bei einem Herzinfarkt sei der Patient stationär aufzunehmen, so dass Laborleistungen im Rahmen des DRG zu erbringen seien. Die Klägerin sei zur Substantiierung der Notwendigkeit der Leistungen verpflichtet. Dies könne sie im gerichtlichen Verfahren nicht nachholen. Die Abrechnung nach einem stereotypen Muster gelte auch für die vorgelegten 11 Behandlungsfälle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch z. T. begründet. Die Honorarbescheide für die Quartale I/09 bis I/13 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 waren wegen fehlender Sachaufklärung der Beklagten insoweit aufzuheben, als Laborleistungen nach Kapitel 32 EBM abgesetzt worden sind. Die Klage war im Übrigen abzuweisen, weil gegenwärtig nicht feststeht, welche abgesetzten Laborleistungen nachzuvergüten sind.

Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen (§ 131 Abs. 5 Satz 1, 2 und 5 SGG).

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Dies wird nunmehr durch den ab 01.01.2004 geltenden § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V klargestellt, wonach die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte feststellt. Die Beklagte kann die sachlich-rechnerische Richtigstellung wie vorliegend sogleich im Zusammenhang mit der Erteilung des Quartalshonorarbescheids vornehmen.

Im Rahmen der sachlich-rechnerische Berichtigung kann die Beklagte auch überprüfen, ob die Grenzen einer Notfall-Erstversorgung eingehalten sind.

Der Notfalldienst ist - nur - auf die Notfall-Erstversorgung ausgerichtet: Der Arzt darf nicht mehr Leistungen erbringen und verordnen, als es dem Rahmen der Notfall-Erstversorgung entspricht. Behandlungen im Rahmen des Notfalldienstes haben sich auf die Erstversorgung zu beschränken; sie sind darauf zu konzentrieren, Gefahren für Leib und Leben sowie unzumutbaren Schmerzen der Patienten zu begegnen sowie die Notwendigkeit einer stationären Behandlung abzuklären. Der Behandlungsumfang ist beschränkt auf die Maßnahmen, die bis zum erneuten Einsetzen der Regelversorgung in den üblichen Sprechstundenzeiten erforderlich sind. Der Umfang der Diagnostik ist auf die Erstversorgung des Patienten ausgerichtet. Befunde, die dazu nicht benötigt werden, sind im Notfalldienst nicht zu erheben. Das schließt prinzipiell weder Röntgen- noch Laboruntersuchungen aus, begrenzt diese indessen vom Ziel der sofortigen, aber oft nur zeitlich begrenzten Behandlung her auf Maßnahmen, die bis zum Übergang des Patienten in die ambulante oder stationäre Regelversorgung unerlässlich sind. Der medizinische Bedarf für die Erstversorgung und nicht die medizinische Infrastruktur der Praxis, in der der Notfalldienst angeboten wird, bestimmen den Umfang der Diagnostik. So kann ein vollwertiger Notfalldienst nach wie vor in Arztpraxen durchgeführt werden, in denen - wenn überhaupt - nur einfache Laboruntersuchungen sofort ausgeführt werden können. Schon deshalb kann eine umfangreiche Labordiagnostik nicht zur Basisversorgung im organisierten Notfalldienst gehören (so BSG, Urt. v. 12.12.2012 B 6 KA 5/12 R - SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 = KHE 2012/149 = MedR 2013, 555 = USK 2012-125 = GesR 2014, 35 = Breith 2013, 567, juris, Rdnr. 15).

Eine sachlich-rechnerische Berichtigung erfolgt grundsätzlich im Einzelfall. Kommt eine generelle Erbringung oder Abrechnung der Leistung nicht in Betracht, z. B. im Falle eines Leistungsausschlusses nach den Gebührenregelungen oder bei Fehlen einer Abrechnungsberechtigung, so kann nach Auffassung der Kammer eine allgemeine ("maschinelle") Berichtigung erfolgen, ohne im Einzelfall auf den Behandlungsfall hinzuweisen und die Absetzung zu begründen. In diesen Fällen reicht es aus, unter Hinweis auf den allgemeinen Absetzungsgrund die Anzahl der abgesetzten Leistungen im Honorarbescheid aufzuführen. In dieser Weise ist die Beklagte hinsichtlich sämtlicher Laborleistungen der Klägerin verfahren. Sie hat in den Honorarbescheiden zu den Absetzungen lapidar bemerkt: "Im Rahmen einer Notfallbehandlung sind die nachfolgend aufgeführten GOP´s nicht berechnungsfähig. Regel: 00000.3020VB" (in den Quartal I/09 bis II/10 wurde als Endzahl der Regel angegeben:302VB). Dies hält die Kammer allerdings für unzulässig, da ein allgemeiner Leistungsausschluss von Laborleistungen im Rahmen einer Notfallbehandlung weder nach gesetzlichen oder untergesetzlichen Gebührenregelungen oder nach der genannten Rechtsprechung besteht. Eine besondere Begründungspflicht für die Erbringung von Laborleistungen besteht nicht, auch nicht im Rahmen einer Notfallbehandlung. Sie ist weder aus dem EBM noch aus sonstigen normativen Regelungen herzuleiten. Nach der Regelungstechnik des EBM enthalten entweder die Legenden der jeweiligen Leistungen die Bestimmung, dass die Leistung nur bei Angabe einer Begründung bzw. einer besonderen Begründung abgerechnet werden kann, oder die zusätzlichen Abrechnungsvorschriften des EBM fordern die Angabe einer Begründung (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 - B 6 KA 48/97 R - SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 16). Ein genereller Ausschluss der Laborleistungen im Rahmen einer Notfallbehandlung besteht auch nicht aus denklogischen Gründen, sondern ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Dies hat die Erörterung beispielhafter Einzelfälle in der mündlichen Verhandlung nochmals nachdrücklich gezeigt. Das Fehlen einer eindeutigen fallbezogenen Zuordnung zeigte sich in der mündlichen Verhandlung z. B. auch bei Erörterung des Beispielfalls Nr. 11. Erst nach einer genauen Durchsicht des von der Beklagten vorgelegten Abrechnungsscheins mit den Kürzungen konnte die Kammer feststellen, dass in diesem Behandlungsfall kein CK abgerechnet worden war.

Von daher hat die Beklagte grundsätzlich eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Zu dieser gehört als erster Schritt die Benennung des Behandlungsfalls, der Diagnose und des Absetzungsgrundes. Dabei steht es der Beklagten frei, bei sich wiederholenden Absetzungsgründen auf eine allgemeine Begründung oder auf allgemeine Begründungselemente zu verweisen.

Die Beklagte kann nicht auf eine generelle und vollständige Beweislastumkehr verweisen. Die Beklagte hat in keinem der streitbefangenen Quartale eine sachlich-rechnerische Berichtigung auf der Grundlage eines Plausibilitätsverfahrens durchgeführt. Auch wenn § 106a Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 mit der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnungen auf Plausibilität das Auffinden von Abrechnungsfehlern jeglicher Art beinhaltet (vgl. Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V K § 106a, Rdnr. 38; anders Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V, Rdnr. 6), so haben sich bisher nur zwei Fallgruppen herausgebildet. Soweit eine Plausibilitätsprüfung als Grundlage einer sachlich-rechnerischen Berichtigung dient, beschränkt sich dies bisher auf die Fallgruppe einer zeitbezogenen Prüfung unter Verwendung von Tagesprofilen (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 = BSGE 73, 234 = MedR 1994, 206 = NJW 1995, 1636 = USK 93141, juris Rdnr. 24 ff.; BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - SozR 3-2500 § 83 Nr. 1 = BSGE 86, 30 = NZS 2001, 213 = USK 2000-111, juris Rdnr. 48) oder einer patientenbezogenen Prüfung, die darauf beruht, dass die Partner einer Praxisgemeinschaft die Patienten zu einem hohen Anteil gemeinschaftlich behandeln und sich der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft missbräuchlich bedienen (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R - SozR 4-5520 § 33 Nr. 6 = BSGE 96, 99 = ZMGR 2006, 148 = NZS 2006, 544 = GesR 2006, 450 = MedR 2006, 611 = Breith 2007, 185, juris Rdnr. 19 f.; BSG, Beschl. v. 05.11.2008 B 6 KA 17/07 B - juris Rdnr. 12). Abgesehen von den beiden genannten Fallgruppen als besonderer Form der Plausibilitätsprüfung ersetzt ein Plausibilitätsverfahren nicht eine sachlich-rechnerische Berichtigung. Plausibilitätsprüfungen stellen mithin ein Verfahren dar, aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen im Ergebnis die Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen aufzudecken. An einer gesetzlichen Ermächtigung zur Normierung einer Beweislastumkehr fehlt es (zur Rechtslage nach § 83 Abs. 2 SGB V a. F. vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - SozR 3-2500 § 83 Nr. 1 = BSGE 86, 30 = NZS 2001, 213 = USK 2000-111, juris Rdnr. 38). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Beklagte eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen haben sollte. Hierauf beruft sie sich auch nicht.

Eine Kassenärztliche Vereinigung darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8). Grundsätzlich muss die Kassenärztliche Vereinigung die Fehlerhaftigkeit der Honorarabrechnung beweisen. Eine Ausnahme hiervon ist allein gegeben, wenn feststeht, dass ein Arzt vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig falsch abgerechnet hat. Nur in diesem Fall hat der Arzt die ordnungsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen nachzuweisen (vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - a.a.O., Rdnr. 32). Kann sich die Kassenärztliche Vereinigung eine solche Überzeugung von der Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nicht bilden, kann der erforderliche Nachweis nicht durch eine "Vermutung" ersetzt und der Nachweis der ordnungsgemäßen Abrechnung im Wege der Beweislastumkehr auf den Vertragsarzt verlagert werden (vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - a.a.O., Rdnr. 38).

Dabei ist aber nicht davon auszugehen, dass es allein einer Kassenärztlichen Vereinigung obliegt, die nicht ordnungsgemäße Leistungserbringung nachzuweisen, was ihr im Einzelfall ohne die Mitwirkung des Arztes durch die Vorlage z. B. seiner Dokumentation nicht möglich sein dürfte. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass die vollständige Leistungserbringung grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen ist, was im Regelfall allein mit der Abrechnung bzw. durch sie geschieht. Weitere Nachweise sind abgesehen von speziellen Abrechnungsvoraussetzungen oder Abrechnungsnachweisen nicht erforderlich. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung wird der Vertragsarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragsarzt nachweisen, dass er die Leistung erbracht hat (vgl. SG Marburg, Urt. v. 07.07.2010 - S 12 KA 768/09 - juris Rdnr. 28; SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 - juris Rdnr. 73). Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse. Es besteht lediglich keine generelle Pflicht eines Vertragsarztes zur Abgabe einer einzelfallbezogenen Begründung für jede abgerechnete Leistung, auch hat eine Kassenärztliche Vereinigung nicht die Befugnis, schon nach bloßer Durchsicht der Honorarabrechnung auf ihre Plausibilität hin Honoraranforderungen pauschal zu kürzen (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).

Soweit die Klägerin im gesamten Verwaltungsverfahren keine Begründung zum Ansatz der Laborleistungen im Einzelfall abgegeben hat, war die Klage entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon aus diesem Grund abzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen wegen des Ausnahmecharakters der Erbringung von Laborleistungen, jedenfalls soweit sie seinerzeit streitgegenständlich waren, die insoweit maßgeblichen medizinischen Diagnosen für die Abrechnungsprüfung erkennbar sein. Bereits aus der Anforderung der seinerzeit streitgegenständlich Leistungen beim Krankenhauslabor oder aus der Dokumentation über die Notfallbehandlung - anhand der dokumentierten Befunde und/oder Diagnose - müssen sich die für diese ungewöhnliche Diagnostik im Notfalldienst maßgeblichen Umstände ergeben; möglicherweise reicht es auch aus, wenn die nähere Begründung im Verfahren des Widerspruchs gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung nachgeliefert wird. Jedenfalls darf eine solche Substantiierung vom Leistungserbringer im Notfalldienst bei der Erbringung normalerweise nur zur Regelversorgung gehöriger Leistungen gefordert werden; denn nur er ist in der Lage, die Umstände zu schildern, aus denen sich die Besonderheit des Falles ergeben könnte (vgl. BSG, Urt. v. 12.12.2012 B 6 KA 5/12 R - a.a.O. Rdnr. 17).

Hinsichtlich der Substantiierungspflicht kann die Kammer der genannten Rechtsprechung nicht entnehmen, dass ein Vortrag im gerichtlichen Verfahren unzulässig sein soll. Anders als im Terminbericht Nr. 65/12 (zur Terminvorschau Nr. 65/12) des Bundessozialgerichts v. 13.12.2012, in dem es heißt, falls keine Begründung erfolgt, muss sie "spätestens" im Verfahren des Widerspruchs gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung nachgeliefert werden, heißt es in der Entscheidung selbst, wie bereits zitiert (a.a.O. Rdnr. 17), möglicherweise würde es auch ausreichen, wenn die nähere Begründung im Verfahren des Widerspruchs gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung nachgeliefert wird. Insofern geht die Kammer davon aus, dass die Substantiierungspflicht auf die Inhalte und damit den Nachweis der korrekten Leistungserbringung und nicht auf den Zeitpunkt des Vortrags zu beziehen ist.

Wollte man die Ausführungen des Bundessozialgerichts aber im Sinne der Beklagten verstehen, so handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, die frühestens mit Veröffentlichung der Urteilsgründe, also nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum, zum Tragen käme (vgl. zur Anfechtung der Zuweisung eines Regelleistungsvolumens BSG, Urt. v. 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 1 = NZS 2013, 197 = MedR 2013, 331 = USK 2012-56, juris Rdnr. 16; zur Frist für die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem Medizinischen Versorgungszentrum LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.03.2013 - L 11 KA 96/12 B ER - GesR 2013, 504 = ZMGR 2013, 248 = MedR 2013, 686, juris Rdnr. 45).

Dies zeigt im Übrigen auch die Rechtsprechung des LSG Hessen. Nach LSG Hessen ist in Verfahren der sachlich-rechnerischen Berichtigung anders als in den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung grundsätzlich nicht nur der Tatsachenvortrag zu berücksichtigen, der bereits Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war. Die Ärzte sind daher mit neuem Sachvortrag im sozialgerichtlichen Verfahren nicht ausgeschlossen. Bei der Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung der Vertragsärzte durch die Kassenärztliche Vereinigung geht es insb. um die Frage, ob eine ärztliche Leistung überhaupt bzw. entsprechend den Voraussetzungen der Leistungslegende ordnungsgemäß erbracht und in zutreffender Anwendung der Abrechnungsvorschriften abgerechnet wurde. Hierfür ist weder ein besonderes fachkundiges Gremium vorgesehen, noch sind hierbei Fragen zu entscheiden, bei denen in besonderer und umfassender Weise Kenntnis von den Eigenarten des ärztlichen Praxisbetriebs und des fachlich gebotenen Vorgehens erforderlich ist und/oder die in eine Beurteilungssituation mündet, die im gerichtlichen Verfahren nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nachvollzogen werden kann. Vielmehr handelt es sich regelhaft um einen schlichten Abrechnungsstreit, bei der eine einzelne ärztliche Leistung auf tatsächliche, vollständige und ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung untersucht wird und bei der die Erkenntnismittel des Gerichts im Wesentlichen die gleichen sind wie die der Beklagten. Mangels einer besonderen (über die allgemeine Regelung des § 106a SGG hinausgehenden) gesetzlichen Präklusionsvorschrift ist es dem Arzt daher nicht verwehrt, den Nachweis der ordnungsgemäßen Leistungserbringung auch noch im gerichtlichen Verfahren bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz zu führen (LSG Hessen, Urt. v. 20.03.2013 - L 4 KA 60/10 - juris Rdnr. 32). Im Hinblick auf diese Entscheidung hat die Kammer daher ihre Auffassung, dass entsprechend den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch im Verfahren der sachlich-rechnerischen Berichtigung grundsätzlich nur der Tatsachenvortrag zu berücksichtigen ist, der bereits Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war und die Ärzte mit neuem Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen sind, aufgegeben. Eine Präklusionswirkung in Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung besteht daher nicht.

Im Übrigen hat die Beklagte der Klägerin keine Frist zur abschließenden Stellungnahme gesetzt oder sie gar auf die Ausschlusswirkung hingewiesen. Dies hält die Kammer aber jedenfalls dann aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes und fairen Verfahrens (Art. 19 Abs. 4 GG) für erforderlich, wenn wie hier eine pauschale Leistungsabsetzung erfolgt. Die Beklagte hat im Widerspruchsverfahren die Klägerin unter Datum vom 23.07.2013 unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.12.2012 um Mitteilung gebeten, ob sie die Widerspruchsverfahren für erledigt erkläre und für den Fall, dass eine Rücknahme der Widersprüche für die Klägerin nicht in Betracht komme, abschließend Gelegenheit gegeben, substantiiert anhand der Einzelfälle die Notwendigkeit der zur Abrechnung eingereichten Laborleistungen für die Notfall-Erstversorgung darzulegen. Eine Frist zur Stellungnahme hat sie weder in diesem noch in einem anderen Schreiben gesetzt. Daraufhin erging das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Datum vom 21.11.2014 zur Begründung der Widersprüche, das aber dem Widerspruchsausschuss nicht mehr vorgelegt wurde. Die Beklagte teilte der Klägerin hierzu im Schreiben vom 01.12.2014 mit, dass der Widerspruchsausschuss über die hier streitbefangenen Quartale bereits in seiner Sitzung vom 05.11.2014 entschieden habe, weshalb sie die Begründung den Widerspruchsverfahren für die Folgequartale ab II/13 zuordnen werde.

Der Umfang der noch erforderlichen Ermittlungen ist erheblich. Dies wird schon deutlich durch die mündliche Verhandlung. Auf Anfrage der Kammer hat dir Klägerin Unterlagen zu elf Behandlungsfällen zur Gerichtsakte gereicht, zu zehn Behandlungsfällen hat die Beklagte die dazu gehörigen Abrechnungsscheine mit den vorgenommenen Berichtigungen eingereicht. Es handelt sich um folgende Behandlungsfälle, von denen nach Mitteilung der Klägerin Fall Nr. 2 als Nachzüglerfall im Folgequartal I/13 abgerechnet und damit ebf. noch in den strittigen Zeitraum fällt:
Nr. Patient Diagnose nach Arztb. Tag Quartal
1 Patient 1 Verdacht auf Lungenembolie 10.08.2012 Fr, 14:12 III/12
2 Patient 2 Ausschluss tiefe Beinvenenthrombose, V.a. Lumboischialgie 28.11.2012 Mi, 9:11 IV/12
3 Patient 3 Ausschluss tiefe Beinvenenthrombose 08.07.2012 So, 8:37 III/12
4 Patient 4 u.a. Ausschluss Myokardinfarkt 16.07.2012 Mo, 00:45 III/12
5 Patient 5 Ausschluss tiefe Beinvenenthrombose 13.07.2012 Fr, 10:56 III/12
6 Patient 6 Ausschluss Myokardinfarkt 16.08.2012 Do, 10:05 III/12
7 Patient 7 Ausschluss Myokardinfarkt 16.04.2012 Mo, 17:26 II/12
8 Patient 8 Ausschluss Meningitis, HIV-1 21.08.2012 Di, 9:23 III/12
9 Patient 9 V.a. beginnende Gastroenteritis 10.11.2012 Sa, 8:04 IV/12
10 Patient 10 09.11.2012 Fr, 12:18 IV/12
11 Patient 11 Ausschluss Myokardinfarkt 13.08.2012 Mo, 11:31 III/12

In der annähernd zweistündigen Verhandlung konnten nicht alle Behandlungsfälle besprochen werden, lediglich drei Behandlungsfälle konnten im Einzelnen besprochen werden, da es bereits an einer strukturierten Verwaltungsentscheidung fehlt. So ergab sich z. B. im Behandlungsfall 11, dass eine CK wohl erbracht, aber nicht abgerechnet und damit nicht abgesetzt worden war. Der Umfang der Ermittlungen zeigt sich nicht nur in der Vielzahl der Fälle, sondern auch darin, dass letztlich nur bei Würdigung des Einzelfalls eine Entscheidung über die unmittelbare Notwendigkeit getroffen werden kann. Kritisch sieht die Kammer lediglich den routinemäßigen Ansatz der Laborleistungen an, was in der mündlichen Verhandlung seitens der Klägerin z. T. eingeräumt wurde, auch dadurch, dass diese darauf hinwies, zwischenzeitlich die üblichen Laborparameter enger gefasst zu haben. Den Nachweis von Troponin, der im Blut einen Herzmuskelschaden anzeigen kann, hält die fachkundig mit zwei Vertragsärzten besetzte Kammer im Regelfall, jedenfalls aber in den hier besprochenen Behandlungsfällen, zum Ausschluss eines Myokardinfarkts für unerlässlich, weshalb der auch im ärztlichen Bereitschaftsdienst vorgenommen wird. Dennoch hat die Beklagte offensichtlich auch diese Leistung generell abgesetzt. Im Fall Nr. 4 hält die Kammer eine Blutgasanalyse für notwendig. Im Fall Nr. 8 sind aufgrund der klinischen Voruntersuchung ein Liquor, das CRP (C-reaktive Protein) und ein kleines Blutbild nachvollziehbar.

Die Entscheidung der Kammer konnte auch ergehen, weil die Akten der Behörde bei Gericht erst am 15.01.2015 und damit vor weniger als sechs Monaten eingegangen sind. Eine weitere Sachaufklärung ist auch notwendig. Bereits die fehlende Benennung der Behandlungsfälle verhindert eine Überprüfung der Kammer. Aufgrund der fehlenden Benennung der Behandlungsfälle war auch bisher eine ausreichende Anhörung unterblieben und muss die Beklagte diese nachholen. Soweit Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, hat sie dann in eine vertiefte Sachprüfung einzutreten und die Absetzungen zu begründen. Aus diesen Gründen ist die Zurückweisung auch sachdienlich. Ohne jegliche Vorstrukturierung der Absetzungsfälle kann eine Überprüfung durch das Gericht nicht stattfinden bzw. müsste die Kammer sämtliche Ermittlungen nachholen. Eine Entscheidung der Kammer ermöglicht den Beteiligten auch die Überprüfung der Entscheidung in der Berufungsinstanz, ob insb. seitens der Klägerin ein allgemeiner Vortrag ausreichend ist bzw. ob ein weiterer Tatsachenvortrag der Klägerin ausgeschlossen ist.

Soweit die Kammer die Klage im Übrigen abgewiesen hat (anders z. B. Keller in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz. Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 131, Rdnr. 20), wollte sie zum Ausdruck bringen, dass gegenwärtig kein Vergütungsanspruch festgestellt werden kann, da es insoweit an hinreichenden Ermittlungen fehlt. Nach einer Neubescheidung steht es der Klägerin jedenfalls frei, ggf. neu die Vergütung der dann wieder bzw. noch abgesetzten Leistungen einzuklagen.

Die Kammer erlaubt sich im Hinblick darauf, dass in drei der elf vorgelegten Behandlungsfälle eine Verordnung von Krankenhausbehandlung vorliegt, vorsorglich den Hinweis, dass in diesen Fällen eine vertragsärztliche Vergütung generell ausscheidet, da es sich um Krankenhausbehandlung nach § 115a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V handelt. Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer anschließt, hat der Vertragsarzt zur Unterstützung der Diagnostik und Therapie, der Vermeidung von Doppeluntersuchungen und der Verkürzung der Verweildauer im Rahmen der Krankenhausbehandlung der Verordnung von Krankenhausbehandlung die für die Indikation der stationären Behandlung des Patienten bedeutsamen Unterlagen hinsichtlich Anamnese, Diagnostik und ambulanter Therapie beizufügen hat, soweit sie ihm vorliegen (§ 6 Krankenhausbehandlungs-Richtlinien, Zusammenarbeit von Vertragsarzt und Krankenhaus). Ergibt sich daraus ohne Weiteres, dass der Vertragsarzt pflichtwidrig die notwendige vertragsärztliche Diagnostik nicht ausgeschöpft hat, sodass das Krankenhaus den Versicherten zumutbar und kunstgerecht hierauf verweisen kann, hat das Krankenhaus hiernach zu verfahren und eine vorstationäre Abklärung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abzulehnen. In einem solchen Fall kann das Krankenhaus keine vorstationäre Vergütung beanspruchen. Lässt der bei Aufnahme des Patienten zur vorstationären Abklärung dem aufnehmenden Arzt verfügbare Wissens- und Kenntnisstand demgegenüber keine Verweisung des Patienten auf notwendige vertragsärztliche Diagnostik zu, sondern erfordert er den Eintritt in eine Untersuchung, begründet dies zugleich den Anspruch auf Vergütung des Krankenhauses. Stellt sich bei der weiteren Untersuchung heraus, dass vertragsärztliche Diagnostik ausgereicht hätte, geht dies nicht zu Lasten der Vergütung des Krankenhauses (vgl. BSG, Urt. v. 17.09.2013 - B 1 KR 21/12 R - BSGE 114, 99 = SozR 4-2500 § 115a Nr. 4 = GesR 2014, 249 = KHE 2013/80 = Breith 2014, 396 = MedR 2014, 343 = USK 2013-73 = KRS 13.049, juris Rdnr. 25 f.; BSG, Urt. v. 17.09.2013 - B 1 KR 67/12 R - GesR 2014, 169 = NZS 2014, 219 = KHE 2013/76, juris Rdnr. 26 f.; BSG, Urt. v. 14.10.2014 - B 1 KR 28/13 R - SozR 4-2500 § 115a Nr. 5 = KrV 2014, 262 = KHE 2014/82 = NZS 2015, 182, juris Rdnr. 17 f.).

Nach allem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben, im Übrigen war sie aber abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Quotelung folgt dem Anteil des jeweiligen Unterliegens.
Rechtskraft
Aus
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