L 6 U 5121/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 121/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 5121/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Verletztenrente als vorläufige Entschädigung und als Rente auf unbestimmte Zeit aufgrund eines von der Beklagten anerkannten Wegeunfalls nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 v. H. anstelle der gewährten 30 v. H.

Die am 01.01.1953 geborene Klägerin, eine ausgebildete Einzelhandelskauffrau, arbeitete nur wenige Monate im erlernten Beruf, zog fünf Kinder groß und war bis in die 90er Jahre geringfügig beschäftigt (Zeitungen austragen, Heimarbeit). Danach arbeitete sie zeitweise in einem Altenheim bzw. als Pförtnerin. Von August 2005 bis 2009 war sie als Leiharbeiterin für die Firma T. Zeitarbeit GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Die Klägerin ist in fünfter Ehe verheiratet und führt seit ihrer letzten Heirat im Dezember 2009 den Nachnamen P. (statt bisher S.).

Am 09.10.2008 um 5.30 Uhr kam sie auf der B 313 zwischen M. und K. mit ihrem Pkw auf dem Weg zur Arbeit bei der Firma S. GmbH beim Überholen in einer Kurve mit überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab, prallte gegen Bäume und Sträucher und zog sich eine Fraktur des Brustwirbelkörpers (BWK) 12 mit Spinalkanaleinengung, eine Grundgliedfraktur der linken Kleinzehe, eine Thoraxprellung und eine commotio cerebri zu (Durchgangsarztbericht Chirurg/Unfallchirurg Dr. B. vom selben Tag, S. 4 Verwaltungsvorgang – VV). Der BWK 12 wurde aufgerichtet und mit Fixateur interne stabilisiert, nebenbefundlich wurde ein vorbestehender Bandscheiben(BS)-Vorfall am Lendenwirbelkörper (LWK) 4/5 festgestellt (Behandlungsbericht Kreiskrankenhaus Sigmaringen, Chefarzt Dr. B. vom 22.10.2008, S. 32 VV). Das Computertomogramm (CT) vom 09.10.2008 ergab außer dem inkompletten Bruch von BWK 12 osteochondrotische Veränderungen bei BWK 10/11 mit Schmorl´scher Knorpelimpression (Verlagerung von BS-Gewebe in den Wirbelkörper (WK)) der oberen Schlussplatte von BWK 11, das Magnetresonanztomogramm (MRT) vom selben Tag zeigte nebenbefundlich einen circulären medianbetonten Prolaps bei Lendenwirbelkörper (LWK) 4/5 mit leichter Duralsackimpression und Foramenstenose beidseits (Kreiskrankenhaus S., PD Dr. N., S. 104 VV). Nach der Operation erfolgte die Wundheilung primär, Sonografien des Abdomens zeigten keinen pathologischen Befund, bei Entlassung bestanden reizlose Wundverhältnisse, die Klägerin gab keine Gefühlsstörungen, keine Probleme bei Stuhlgang und Wasserlassen, keine neu aufgetretenen anderweitigen Beschwerden an (Entlassungsbericht vom 22.10.2008, S. 49 VV). Im Zwischenbericht vom 19.11.2008 gab Dr. B. an, der bisherige Verlauf sei zeitgerecht, die Klägerin berichte über wechselnde gürtelförmige Schmerzen im Bereich der oberen Lendenwirbelsäule (LWS), Sitzen sei für maximal 45 Minuten möglich. Er befundete reizlose Narbenverhältnisse am thorakolumbalen Übergang, intakte periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität (DMS), Seitneigung der Brustwirbelsäule (BWS)/LWS 20-0-20°, Rotation re/li 20-0-20°. Die Arbeitsunfähigkeit werde bis 15.01.2008 verlängert, vorübergehend bestehe ein Belastungsdefizit des Rückens (S. 73 VV). Die Arbeitgeberin der Klägerin teilte auf Anfrage mit, die bisherige Tätigkeit der Klägerin sei ständig sitzend (S. 83 VV). Im Zwischenbericht vom 11.12.2008 wurde die Arbeitsunfähigkeit bis 03.02.2009 verlängert, die Bewegungsmaße für Seitneigung und Rotation betrugen 30-0-30°.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. B. einen ambulanten Untersuchungsbericht vom 08.01.2009 (S. 236 VV). Die Klägerin berichte über anhaltende heftige Rückenbeschwerden im Bereich des thorako-lumbalen Übergangs mit Ausstrahlung nach lumbosacral seit ihrer Krankenhausentlassung am 22.10.2008. Sie nehme Voltaren, Valoron und einen Magenschutz. Sie könne kaum eine halbe Stunde am Stück sitzen oder stehen. Heben, Tragen und Bücken seien nicht möglich. Seit der Operation würde immer wieder ein Kribbeln im rechten Bein auftreten. Die Miktion funktioniere, sie habe aber das Gefühl, den Urin nicht so gut halten zu können. Die Darmfunktion sei unauffällig. Im klinischen Befund zeigte sich das Gangbild kleinschrittig, Entkleiden mühsam. Im Operationsgebiet gebe die Klägerin einen ausgeprägten paravertebralen Druckschmerz beidseits an, auch lumbosacral bei L 5/S 1 und L 4/5, jedoch ohne fokale Myogelosen. Die BWS/LWS-Beweglichkeit sei ausgeprägt eingeschränkt (Ott 30/30,5 cm, Schober 10/13 cm). Bereits bei geringer Vornüberneigung gebe die Klägerin heftige Schmerzen im Operationsgebiet an, Drehung und Seitneigung seien schon bei geringen Bewegungsausschlägen ausgeprägt schmerzhaft. Orientierend-neurologisch bestehe ein regelhafter Befund. Die radiologischen Befunde zeigten eine ausgeprägte kyphotische Fehlstellung im Frakturbereich, da eine knöcherne Abstützreaktion im Bereich der Fraktur nicht nachzuweisen sei, sei von einer persistierenden Instabilität auszugehen. Empfohlen wurde eine komplex-stationäre Rehabilitation (KSR).

Prof. Dr. S. fand im neurologischen Befundbericht vom 06.02.2009 (S. 264 VV) neurologisch klinisch unauffällige Befunde, beidseitig leicht verzögerte somatosensibel evozierte Potenzial(SEP)-Latenzen ohne klinisches Korrelat, keine Hinweise auf Konus/Kauda-Schädigung (periphere Querschnittslähmung). Die Beweglichkeit der LWS sei mit einem Finger-Boden-Abstand (FBA) von 35 cm erheblich eingeschränkt, die Halswirbelsäule (HWS) in der Drehung frei, das Gangbild unauffällig, Hocken mühelos, ebenso Aufrichten aus der Hocke. Nach der Beschwerdeschilderung könne ein Restless-legs-Syndrom vorliegen. Nach den Angaben über erhöhte Harnfrequenz, imperativen Harndrang und Stressinkontinenz sollte ein urologisches Konzil wegen fraglicher neurogener Blasenfunktionsstörung eingeholt werden.

Am 13.02.2009 erfolgte eine Nachoperation, bei der ein Wirbelkörperersatz mit Titancage BWK 12 und Knochenspan eingesetzt wurde (S. 281 VV; Befund- und Entlassungsbericht S. 293 VV). Anschließend führte die Klägerin eine Reha-Maßnahme zum muskulären Aufbautraining durch. Darunter kam es zu einer Besserung der Beweglichkeit und zu gewissem Kraftaufbau, jedoch nicht zu wegweisender Besserung der Beschwerdesymptomatik bei Belastung und Bewegung (Befund- und Entlassungsbericht S. 358 VV). Der Zwischenbericht vom 14.05.2009 (Prof. Dr. W., S. 383 VV) ergab weiterhin Schmerzen an der LWS, die Beweglichkeit der unteren BWS und der LWS sei deutlich eingeschränkt, ohne sensomotorische Ausfälle. Im Röntgenbild sei ein guter Sitz der dorsalen und ventralen Instrumentierung zu sehen (S. 384 VV). Danach führte sie eine erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP) durch. Der Zwischenbericht vom 08.07.2009 ergab anhaltende Schmerzen im thorakolumbalen Übergang, Akzentuierung nach Stehen ab 15 Minuten, keine Belastung möglich, Sensibilität und Mobilität der unteren Extremitäten intakt, Zehen- und Hackengang intakt (S. 405 VV). Dem Dienstreisebericht über die Heilverfahrens(HV)-Kontrolle vom 20.07.2009 (S. 407 VV) zufolge berichte die Klägerin, dass seit sechs Wochen im Sitzen die Füße einschliefen; neurologische Abklärung sei erforderlich. Der Zwischenbericht von Prof. Dr. W. vom 06.08.2009 (S. 418 VV) ergab weiterhin Schmerzen, bei klinischer Untersuchung deutlicher Muskelhartspann an der LWS, Beweglichkeit mit 60-0-60° für Drehen nach rechts und links, 30-0-30° für Seitneigung im Sitzen und FBA 80 cm deutlich eingeschränkt. Die Klägerin gebe seit sechs Wochen bestehende neurologische Ausfälle an beiden Beinen an, immer nach längerem Sitzen. Empfohlen werde eine neurologische Untersuchung zum Ausschluss einer Nervenkompression, Arbeitsfähigkeit sei in absehbarer Zeit fraglich, zumal aufgrund der dorso-ventralen Stabilisierung auf Dauer ein Belastungslimit bei 10 kg bestehe.

Bei der anschließenden neurologischen Untersuchung wurde ein Wurzelreizsyndrom L 5 rechts bei BS-Vorfall L 4/5 und Zustand nach (Z. n.) BWK 12-Fraktur diagnostiziert (Befundbericht Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 02.10.2009, S. 443 VV; CT-Befund S. 466 VV). Grobe Kraft und Feinmotorik seien intakt, es bestünden keine Paresen, keine Atrophien, keine trophischen Störungen, die Gang- und Standproben seien unauffällig. In der Folge blieb der klinische Befund unverändert. Prof. Dr. W. empfahl eine weitere KSR zur Abgrenzung der Unfallfolgen, da der sicherlich unfallunabhängig zu wertende BS-Vorfall L 4/5 zum Teil mitverantwortlich für die Beschwerden der Klägerin sei (Befundbericht vom 16.10.2009, S. 462 VV). Im Rahmen der stationären Behandlung vom 29.10.2009 bis 19.11.2009 wurde eine intensive Schmerzbehandlung eingeleitet und optimiert. Die neurologische Untersuchung erbrachte ein Wurzelreizsyndrom BWK 12 beidseits. Das CT habe einen breitbasigen BS-Vorfall der Wurzel L 5 im Sinne eines unfallunabhängigen Geschehens gezeigt. Der Schmerz der unteren BWS sowie der paravertebralen Muskulatur habe nicht gebessert werden können. Es bestehe weiterhin eine deutliche Kraftminderung der Rücken- und Bauchmuskulatur (S. 487 VV). Der auf Veranlassung der Beklagten erstellte neurologische Befundbericht von Prof. Dr. S. vom 25.11.2009 (S. 510 VV) ergab keine wesentliche Befundänderung gegenüber der Voruntersuchung, der FBA betrug 35 cm, weiterhin keine Hinweise auf Störungen der peripheren Nerven oder des Rückenmarks. In der Umgebung des frakturierten BWK 12 seien Muskelverhärtungen tastbar, die Beweglichkeit der LWS sei eingeschränkt; beides Hinweise für eine schmerzbedingte reflektorische Muskelanspannung. Die Beschwerden seien nachvollziehbar und glaubhaft. Die in den Brustkorb einstrahlenden Schmerzen seien eher mit einer Wurzelreizung BWK 12 zu vereinbaren. Ein psychologischer Befundbericht ergab im Bereich der psychophysischen Leistungstüchtigkeit bei komplexen Anforderungen verlangsamte Reaktionsleistungen. Die übrigen Ergebnisse entsprächen dem Altersstandard, es gebe keine Hinweise auf negative Antwortverzerrung (Dipl.-Psych. T., S. 520 VV).

Im Auftrag der Beklagten wurde eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit nach S. Isernhagen (EFL) durchgeführt (S. 537 VV). Die Belastbarkeit der Klägerin konnte dabei nicht genau festgelegt werden, die vermutete Leistungsfähigkeit lag im Bereich einer leichten Arbeit, bei der sie stehen, gehen und sitzen könne. Momentan könnten Hebe- und Tragetätigkeiten nur kurzfristig bis maximal 5 kg ausgeführt werden. Danach entstünden Schmerzen im Bereich der BWS und die Klägerin müsse zur Schmerzreduktion liegen. Die letzte Tätigkeit als Arbeiterin sei nicht mehr möglich, weil die Schmerzen in der BWS zu Einschränkungen der aufrechten Haltung führten. Die Klägerin könne auch nicht länger als 15 Minuten sitzen oder stehen. Sie übe Arbeiten in starrer WS-Haltung aus, um Schmerzen zu vermeiden, und vermeide Ausgleichsbewegungen. Sie sehe für sich wegen der Schmerzen keine Zukunft in einer beruflichen Situation, wolle in Frührente gehen. Der BS-Vorfall mit Wurzelreizsyndrom L 5 stehe klinisch nicht im Vordergrund. Sie habe Schmerzverhalten gezeigt, verminderten Armschwung beim Gehen, starre/abnorme Haltung, Schmerzmimik, übervorsichtige Bewegung, Reiben/Halten des Schmerzbereichs. Sie habe viele Testeinheiten wegen starker Schmerzen abgebrochen, ohne dass eine funktionelle Leistungsgrenze erkennbar gewesen sei. Sie habe bei fast allen EFL-Tests starke Schmerzen im Bereich der BWS gehabt.

Der Zwischenbericht vom 22.02.2010 (S. 597) ergab eine vollkommene Einsteifung der WS an BWS und LWS (Bewegungsmaße Schober 10/12 cm, Ott 30/30 cm, FBA 60 cm), mäßigen Klopf- und Stauchungsschmerz über der WS, Zehen-, Hacken-, Spitzengang durchführbar, Reflexe prompt und seitengleich, Hüften frei beweglich (Durchgangsarzt E. H., S. 597 VV). Das Röntgenbild zeigte den Wirbelköper BWK 12 rudimentär rechts und links angedeutet noch vorhanden, rechts deutlich, links sklerotisch verdichtet. In beiden Aufnahmen bestand an LWS und BWS eine vermehrte Strahlentransparenz im Sinne einer Osteoporose. Das CT der BS vom 18.03.2010 (S. 629 VV) zeigte bei L 1/2 geringe Akzentuierung der Wirbelschlussplatten durch kleinere Spondylophyten, kein BS-Vorfall, keine Einengung des lumbalen Spinalkanals in gleicher Höhe, bei L 3/4 geringe Protrusion der BS ohne Beeinträchtigung der Weite des lumbalen Spinalkanals, keine Wurzelkompression, bei L 4/5 breitbasiger, rechtsbetonter BS-Vorfall, die L 5-Wurzel werde tangiert, jedoch nicht wesentlich komprimiert. Von ventral werde die Kauda durch den vorgewölbten BS-Rand tangiert, jedoch nicht verlagert, bei L 5/S 1 geringe mediale BS-Protrusion ohne Kontakt zur Kauda und zu den Nervenwurzeln, an der unteren Schlussplatte von L 2 bis zur oberen Schlussplatte von L 5 spondylotische Kantenausziehungen lateral und ventral. Radiologe Dr. S. beurteilte dies als breitbasigen ligamentären BS-Vorfall rechtsbetont bei L 4/5 mit Maskierung der L 5-Wurzel und mäßiger Kompression der Kauda von ventral; allgemeine Osteochondrose und Spondylose mittleren Grades, Spondylarthrose der Intervebralgelenke L 3 bis S 1, keine wesentliche Einengung der Neuroforamina durch knöcherne Anbauten der Gelenkfacetten (S. 629 VV).

Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. erstattete ein fachärztliches Zusammenhangs-gutachten vom 17.05.2010 (S. 644 VV). Die Klägerin gebe starke Rückenschmerzen an, habe Schwierigkeiten auch bei leichteren Tätigkeiten, fühle sich seit dem Unfall wie ein Krüppel. Auch unter schmerztherapeutischer Behandlung sei keine Besserung eingetreten, Medikamente (Voltaren 500 mg, Tilidin, Katadolon) hätten nicht geholfen. Im psychischen Befund seien Antrieb und Motorik reduziert, Affekt und Stimmung niedergedrückt. Es bestünden rezidivierende Ein- und Durchschlafstörungen mit nächtlichem Grübelzwang. Diagnostisch bestünden persistierende Bewegungs- und Belastungsschmerzen der BWS nach BWK 12-Fraktur, Z. n. dorsaler Stabilisierung mittels Fixateur interne von BWK 12 auf LWK 1 sowie Z. n. ventraler Spondylodese mit Wirbelkörperersatz und Titancage BWK 12 und Knochenspan. Schlussendlich stehe die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung im Raum. Nach ICD 10 F.45 sei Charakteristikum der somatoformen Schmerzstörung die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischer Untersuchung trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar seien. Dies entspreche der Evaluation der EFL: "Rein medizinisch wäre die Aufnahme einer leichten Tätigkeit mit Stehen, Gehen, Sitzen im Wechsel möglich. Die von der Versicherten angegebenen, jedoch nicht zu objektivierenden Schmerzen verhindern dies jedoch". Natürlich bestehe für die Schmerzen in der BWS mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfall. Dieser sei mit der Fraktur und den daraufhin erfolgten Operationen begründet. Aufgrund dieser Schmerzen sei die Belastbarkeit der Klägerin eingeschränkt, so dass sie nicht länger als fünfzehn Minuten eine Haltung im Sitzen einnehmen oder stehend einer Tätigkeit nachgehen könne, ohne sich danach in liegender Position von den Schmerzen zu erholen. Die Schmerzen in der BWS träten bei allen Tätigkeiten auf, die eine aufrechte Position der WS verlangten.

Differenzierter stelle sich die Situation dar, wenn man von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ausgehe. Hier müsse auf die Vorerkrankung einer mittelgradigen depressiven Episode im Jahre 2007 hingewiesen werden, wegen der der Gutachter die Klägerin mit Cipralex und kognitiver Verhaltenstherapie behandelt habe. Auch damals seien Affekt und Stimmung niedergeschlagen gewesen, es hätten keine Ein- und Durchschlafstörungen bestanden, die Schlafdauer sei aber mit fünf bis sechs Stunden reduziert gewesen. Damals sei die Depression weitgehend abgeklungen. Durch ein Unfalltrauma sei denkbar, dass die damalige Depression, sei es als reaktive Depression, sei es als anhaltende somatoforme Schmerzstörung, reaktiviert worden sei. Der unfallunabhängige Zustand wäre wahrscheinlich remittiert geblieben. Eindeutig unfallunabhängig seien das beschriebene Wurzelreizsyndrom L 5 rechts bei BS-Vorfall L 4/5. Allerdings sei bei den neurologischen Untersuchungen weder durch Prof. Dr. S. noch durch den Gutachter eine entsprechende klinische Symptomatik festgestellt worden. Er schätze die MdE aufgrund der Unfallfolgen auf 30 v. H. für die somatischen und 30 v. H. für die psychischen Erkrankungen, so dass insgesamt ein GdB von 50 v. H. erreicht werden dürfte.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 03.06.2010 schlug Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie PD Dr. R. eine erneute psychiatrische Begutachtung nach stationärer Behandlung zur Abklärung des Unfallzusammenhangs der erstmals von Dr. G. beschriebenen Beeinträchtigungen von Antrieb, Motorik, Affekt und Stimmung vor. Diese rechtfertigten noch nicht sicher die Diagnose eines Rezidivs der depressiven Erkrankung, sondern ließen sich zwanglos als Reaktion auf die Beschwerdesymptomatik bzw. Lebenssituation zurückführen; eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sei als Unfallfolge aber auch nicht auszuschließen, eine erhöhte Vulnerabilität könne aus der Vorgeschichte nicht zwingend abgeleitet werden. Sollte eine somatoforme Schmerzstörung gesichert sein, wäre diese mit einer MdE von 20 v. H., höchstens 30 v. H. zu beziffern.

Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, Handchirurgie Dr. S. sah in seiner beratenden fachärztlichen Stellungnahme ebenfalls keine klare Zuordnung, dass die geklagten Beschwerden nicht organischen Ursprungs seien, da als Grundlage der bilateralen Reizsymptomatik BWK 12 der WK-Bruch, die operative Stabilisierung und die ventrale Spondylose mit WK-Ersatz gesehen werden könne (S. 679 VV). Die schmerztherapeutische Behandlung mit Akupunktur brachte keine Besserung, die vorgeschlagene rückenmarksnahe Betäubung lehnte die Klägerin ab (Bericht Dr. M. vom 26.06.2010, S. 689; vom 06.10.2010, S. 714 VV).

Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie PD Dr. C. erstattete am 07.09.2010 ein Erstes Rentengutachten (S. 719 VV). Die Klägerin komme mit unauffälligem Gangbild auf Stöckelschuhen. Die Entkleidung erfolge selbständig, beim Bücken etwas mühsam. Die BWS/LWS-Beweglichkeit sei ausgeprägt eingeschränkt (Ott 30/31 cm, Schober 10/12 cm, FBA 60 cm), Drehung und Seitneigung schon bei geringen Bewegungsausschlägen ausgeprägt schmerzhaft, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule (HWS) sei endgradig eingeschränkt, X-Beinstand, kein Beckenschiefstand, Hackenstand schmerzhaft, Zehenstand o. B., Muskulatur der Beine regelhaft altersentsprechend, keine Hypästhesien angegeben, aber klinisch deutliche Kraftminderung, Lasegue rechts positiv ab 15°, links ab 20°. Die angesichts des angegebenen fraglichen Stuhlhaltens vorgenommene digitale rektale Untersuchung sei ohne Befund (o. B.) geblieben.

Vom Unfall bis zum Vortag der Untersuchung (08.04.2010) habe Arbeitsunfähigkeit bestanden, danach unter Würdigung des unfallunabhängigen BS-Vorfalls L 4/5 eine MdE von 30 v. H. Durch Anpassung und Gewöhnung könne eine Besserung eintreten. Ab 01.11.2011 werde die MdE auf 20 v. H. geschätzt. Vor der Festlegung der Dauerrente sei eine neue Begutachtung empfohlen. Vorgeschlagen werde eine Entfernung des Fixateur interne. Die Klägerin könne ihren Beruf als Näherin weiterhin ausüben, es sollten keine Wechselhaltungen mit Heben von Gegenständen von mehr als 25 bis 30 kg durchgeführt werden.

Dr. S. sah in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 14.02.2011 eine unfallbedingte MdE von 30 v. H. unter Berücksichtigung einer anteiligen somatoformen Schmerzstörung als Unfallfolge.

Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. führte eine Kryotherapie der Wirbelgelenksfacetten LWK 4/5 bis 5/ S 1 auf der rechten Seite wegen geklagter rechtsbetont pseudoradikulärer lumbaler Rückenschmerzen mit gelegentlicher Schmerzausstrahlung auch in das rechte Bein durch. Der Untersuchungsbefund ergab keine neurologischen Ausfälle, die Muskeleigenreflexe (MER) im Bereich der unteren Extremitäten seien abgeschwächt auslösbar, der Lasegue beidseits negativ, es bestünden paravertebrale lumbale Myogelosen (Arztbrief vom 02.05.2011, S. 833 VV).

Im Gutachten vom 09.08.2011 (S. 843 VV) schätzte Dr. G. unter Bezugnahme auf sein Gutachten vom 17.05.2010 die MdE auf 30, ab 01.10.2011 auf 20, fand eine infolge des Unfalltraumas entstandene anhaltende somatoforme Schmerzstörung "theoretisch vorstellbar". Affekt und Stimmung seien durch die Schmerzen belastet. Er schloss sich ausdrücklich der MdE-Einschätzung des PD Dr. C. an. Dr. K. schätzte in seinem unfallchirurgischen Gutachten zur Bestimmung der Rente auf unbestimmte Zeit vom 04.08.2011 (S. 852 VV) die MdE auf 20 v. H. auf seinem Fachgebiet. Die Klägerin berichte über seit der Vorbegutachtung 2010 nicht wesentlich veränderte Beschwerden. Sie habe auch ohne Belastung Dauerschmerzen. Sie berichte über Panikattacken, insbesondere nachts. Bei jeglichen Bewegungen der BWS und LWS würden Schmerzen geklagt, die HWS sei endgradig eingeschränkt beweglich. Neurologische Ausfallerscheinungen seien nicht festzustellen, Beineigenreflexe seitengleich auslösbar, es bestünden keine Sensibilitätsstörungen, Schober und Lasegue seien aber an beiden Beinen positiv. Über die bekannten Diagnosen hinaus nannte er eine klinisch und radiologisch nachweisbare Kyphosierung in Bereich des frakturierten Wirbelkörpers. Die Beurteilung der erheblichen Schmerzsymptomatik und der beklagten Angst- und Panikattacken erfolge in einem neurologischen Zusatzgutachten. Eine Besserung sei nach dem EFL-Bericht nicht zu erwarten.

PD Dr. R. stimmte der MdE-Einschätzung von Dr. G. zu, nachdem dieser die Beschwerden der Klägerin nunmehr auch allein auf die Unfallverletzungen und die stattgehabten Eingriffe zurückführe und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nur noch für theoretisch vorstellbar halte. Abschließend könne festgestellt werden, dass der Unfall auf nervenärztlichem Gebiet zu keiner bleibenden Beeinträchtigung geführt habe, es weder zu einer Verletzung des zentralen bzw. peripheren Nervensystems noch zu psychoreaktiven Störungen (etwa im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung) gekommen sei (S. 872 VV). Arzt für Unfallchirurgie, Facharzt für Orthopädie und spezielle Unfallchirurgie Dr. F. hielt in seiner beratenden fachärztlichen Stellungnahme vom 08.09.2011 angesichts der schwierigen Situation eine MdE von weiterhin 30 v. H. für korrekt (S. 878 VV).

Die Klägerin bezog bis zum 07.04.2010 (Bescheid vom 12.02.2010), und vom 15.03. bis 30.04.2011 Verletztengeld, ab 01.08.2011 aufgrund Vergleichs vom 26.09.2012 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.02.2011 und wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31.08.2013 (Bescheid vom 31.10.2012, S. 981 VV) und bezieht seit 01.09.2013 Altersrente.

Mit Bescheid vom 02.03.2011 (S. 740 VV) gewährte die Beklagte eine Rente als vorläufige Entschädigung ab 08.04.2010 nach einer MdE von 30 v. H. und erkannte als Unfallfolgen an: erhebliche Bewegungseinschränkung im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule mit anteiliger somatoformer Schmerzstörung im Bereich des Übergangs zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule sowie endgradige Bewegungseinschränkung in der Halswirbelsäule nach operativ versorgtem Bruch des 12. Brustwirbelkörpers bei noch einliegendem Fixateur interne. Der Grundgliedbruch der linken Kleinzehe, die Prellung des Brustbeins und Brustkorbes und die Gehirnerschütterung seien ohne wesentliche Folgen ausgeheilt. Nicht als Folge des Versicherungsfalles, weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung würden anerkannt: die Folgen der somatoformen Schmerzstörung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, die Folgen des Wurzelreizsyndroms im Bereich des 5. Lendenwirbelkörpers nach Bandscheibenvorfall zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper; die Folgen der degenerativen (anlagebedingten) Veränderungen zwischen dem 10. und 11. Brust- sowie dem 3. Lendenwirbel- und dem 1. Kreuzbeinkörper. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2011 zurückgewiesen (S. 867 VV).

Mit Bescheid vom 26.10.2011 (S. 899 VV) gewährte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit statt der bisher gewährten Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 30 v. H. in bisheriger Höhe und erkannte als Folgen des Versicherungsfalls an: erhebliche Bewegungseinschränkung im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule beim Drehen, bei der Seitneigung und bei der Beugung nach vorne sowie glaubhafte anteilige subjektive Beschwerden im Bereich des Übergangs zwischen der Brust- und Lendenwirbelsäule nach operativ stabilisiertem Bruch des 12. Brustwirbelkörpers mittels eines Fixateur interne und nachfolgendem Wirbelkörperersatz sowie nachfolgender leichter Verkrümmung der Wirbelsäule im Bereich des Übergangs zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule. Das Metall liege reizlos. Der Grundgliedbruch der linken Kleinzehe, die Prellung des Brustkorbs und die Gehirnerschütterung seien ohne wesentliche Folgen verheilt. Als Folgen des Versicherungsfalls würden nicht anerkannt, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung: die Folgen des Wurzelreizsyndroms im Bereich des 5. Lendenwirbelkörpers nach Bandscheibenvorfall zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper (anteilige subjektive Beschwerden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule); die Folgen der degenerativen (anlagebedingten) Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule (Sklerosierung/Gewebsverhärtung der Grund- und Deckplatten, Höhenminderung der Zwischenwirbelkörper und osteophytären Randzacken/Knochengewebs-auflagerungen); die Folgen der Minderung des Kalksalzgehalts in allen Wirbelkörpern. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 zurückgewiesen (S. 947 VV).

Gegen die vorläufige Rentengewährung hat die Klägerin am 29.09.2011 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben (S 11 U 2721/11). Gegen die Rente auf unbestimmte Zeit hat die Klägerin am 01.05.2012 Klage beim SG erhoben (S 11 U 1163/12). Sie sei bis zu ihrem Unfall beschwerdefrei gewesen. Die unfallbedingte MdE betrage mindestens 50 v. H. Hinsichtlich der Schmerzen sei eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und von der Beklagten anerkannt. Die Befunde ließen eine berufliche Tätigkeit von 50 % der regulären Arbeitszeit allenfalls dann zu, wenn die Tätigkeit leicht sei und wechselnd sitzend, stehend und gehend ausgeübt werden könne. Eine MdE von mindestens 50 v. H. ergebe sich auch aus den einschlägigen Tabellen zu Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule und bei psychischen Erkrankungen, so dass auch Dr. G. in seinem Gutachten vom Mai 2010 eine MdE von 30 v. H. für die somatischen und von weiteren 30 v. H. für die psychischen Erkrankungen angesetzt habe und insgesamt auf eine MdE von 50 v. H. gekommen sei. Sie wende sich auch gegen die Nichtanerkennung der Folgen der somatoformen Schmerzstörung im Bereich der unteren LWS und gegen die Annahme eines Wurzelreizsyndroms im Bereich des 5. LWK nach BS-Vorfall zwischen dem 4. und 5. LWK. Diese habe vor dem Unfall keine Beschwerden verursacht. Eine klinische Feststellung sei zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen. Prof. Dr. S. habe die Beschwerden der Klägerin im Bereich der LWS nicht auf den Bereich des 5. LWK zurückgeführt, sondern auf eine Wurzelreizung des 12. BWK. Daher müssten auch die im unteren WS-Bereich auftretenden Schmerzen als Unfallfolgen anerkannt werden. Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten.

Die Verfahren sind mit Beschluss vom 04.05.2012 zum Az. S 11 U 2721/11 verbunden worden. Das Klageverfahren S 11 U 2721/11 ist ruhend gestellt und am 15.01.2013 mit dem Aktenzeichen S 11 U 121/13 von Amts wegen fortgeführt worden.

Im parallel geführten Rentenklageverfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (S 7 R 915/11) hat das SG medizinische Ermittlungen durchgeführt, deren Ergebnisse in das Klageverfahren S 11 U 121/13 eingeführt worden sind. Dr. R., Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie hat in seiner Auskunft vom 30.09.2011 angegeben, er habe die Klägerin am 20.01.2010 untersucht, leichte Tätigkeiten auch wechselnder Art auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien vollschichtig möglich. Ärzte für Allgemeinmedizin Dres. B./B. haben angegeben, die Klägerin sei seit dem Unfall arbeitsunfähig. Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. hat angegeben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin verrichten und fügte einen Arztbrief vom 14.01.2011 an, in dem er die MdE auf mindestens 50 v. H. schätzte. Dr. H. hat in seinem fachorthopädischen Gutachten vom 02.02.2012 aufgrund der nachvollziehbaren haltungs- und belastungsabhängigen Schmerzsymptomatik eine leidensgerechte Tätigkeit nur noch für 3 bis unter 6 Stunden für leidensgerecht gehalten. Die Klägerin versorge den Haushalt in ihrem 120 m² großen Eigenheim auf zwei Etagen gemeinsam mit ihrem Ehemann, wobei sie Küchenarbeiten einschließlich Kochen, die Versorgung der Wäsche und körperlich weniger belastende Reinigungsarbeiten übernehme. Belastende Arbeiten wie Fensterputzen sowie das Heben und Tragen mittelschwerer Lasten (Getränkekisten, Wäschekörbe) überlasse sie ihrem Ehemann. Die Garten- und Forstarbeiten auf dem 3.700 m² großen, überwiegend bewaldeten Grundstück übernehme der Ehemann. Sie lese ein bis zwei Stunden am Tag, walke täglich 15 bis 30 Minuten, fahre mit dem Pkw in ein nahe gelegenes Hallenbad zum Schwimmen. Als Beifahrerin toleriere sie eine Fahrzeit von 30 bis 45 Minuten, bevor sie eine Pause machen müsse. Bei der Entkleidung zeige sich eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule (verminderte Rumpfvorneigung). HWS und Kopfgelenke seien nach allen Richtungen frei. Das Gangbild sei in Clogs relativ langsam ohne Hinken, ebenso barfuß. Die angegebenen Beschwerden der Klägerin ließen sich orthopädisch nicht objektivieren. Es fänden sich aber Muskelverspannungen, die auch in entspannter Bauchlage nicht vollständig gelöst werden könnten und manual-medizinisch mehrere Blockierungen in der verletzten WS-Region. Orientierend neurologisch bestünden keine Nervenwurzelreizerscheinungen, keine Verschmächtigungen, keine eindeutigen Kraftminderungen, der Lasegue sei beidseits negativ. Die Muskelverspannungen ließen die angegebene Beschwerdesymptomatik zumindest plausibel erscheinen. Im Übrigen habe die WS durch die Operationen an biomechanischer Stabilität verloren.

In der mündlichen Verhandlung im Rentenklageverfahren S 7 R 9155/11 am 26.09.2012 erklärte die Klägerin, im Rahmen eines Minijobs Zeitungen auszutragen.

Der H-Arztbericht H. vom 18.07.2013 wegen Kontrolle bei zunehmender Verschlimmerung der Schmerzsituation beschreibt eine nunmehr vollständige Versteifung der gesamten BWS, der Lasegue sei beidseits positiv bei 45° links und 50° rechts, das gestreckte Bein könne beidseitig nur wenige Zentimeter von der Unterlage abgehoben werden, bei gebeugter Hüfte sei die anschließende Streckung im Kniegelenk nur bis 30° möglich, Reflexe seien auslösbar, Zehen-, Spitzengang nicht durchführbar, Hackengang möglich. Das Röntgenbild zeige (zusätzlich zu den bekannten Befunden) insgesamt deutlich vermehrte Strahlentransparenz sämtlicher Wirbelkörper, bei L 3/L 4 und L 5 sei zusätzlich im Seitbild ein Baastrup-Phänomen (schmerzhafte Berührung der Dornfortsätze) erkennbar, auch teilweise in a.p. (anterior-posterior).

Das SG hat im Klageverfahren S 11 U 121/13 weitere medizinische Ermittlungen durchgeführt. Dr. G. hat keine Befundänderung seit Januar 2012 berichtet (Bl. 34 SG-Akte), aber die Klägerin zuletzt im September 2012 gesehen, bei Dr. Jetter hat 2012 keine Behandlung stattgefunden (Bl. 35 SG-Akte).

Dr. H. hat im Auftrag des SG ein fachorthopädisches Gutachten nach ambulanter Untersuchung am 26.06.2013 vom 07.07.2013 erstattet. Er hat am linken Unterarm mehrere oberflächliche reizlose querverlaufende Narben gefunden, nach Angaben der Klägerin Folgen von oberflächlichen Schnittverletzungen, die sie sich in der Jugendzeit zugefügt habe. Die Klägerin habe angegeben, seit der Vorbegutachtung im Februar 2012 im Rentenklageverfahren hätten sich die Rückenschmerzen deutlich verstärkt, die körperliche Leistungsfähigkeit habe deutlich abgenommen. Sie begebe sich zwischen 17 und 18 Uhr zu Bett, weil sie es auf den Beinen nicht aushalte, schlafe aber nur drei oder vier Stunden/Nacht. Seit einem halben Jahr werde zusätzlich eine Osteoporose medikamentös behandelt. Sie gehe mit zwei Stöcken nur noch 15 Minuten, für längere Wege benutze sie einen Rollator, auf einem guten Stuhl könne sie ca. 20 Minuten sitzen, danach bekomme sie unerträgliche Schmerzen in der Brustregion. Gelegentliches kurzfristiges Heben und Tragen von ca. 5 kg sei nach wie vor möglich. Sie sei seit mehreren Monaten nicht mehr selbständig Auto gefahren, als Beifahrerin toleriere sie eine Fahrdauer von 15 bis 20 Minuten, bevor sie eine Pause machen müsse. In den letzten 1,5 Jahren habe sie keine längere Reise unternommen. Die Klägerin gebe einen leichten Dauerschmerz im Übergang von BWS und LWS an, der sich unter Belastung verstärke. Er ziehe unter Belastung über das Gesäß bis in die Waden. Zwischenzeitlich habe sich der Schmerz in der unteren Brustregion verstärkt. Gegenüber dem Vorgutachten neu hinzugekommen sei ein Schmerz in der Lendenregion rechts ohne Ausstrahlung, mitunter so ausgeprägt, dass sie sich kaum regen könne. Gelegentlich schliefen Hände und Füße kurzfristig ein. Die Empfindungsstörungen besserten sich rasch unter Bewegung. Die Stimmungslage sei etwas dysphorisch, aber nicht eindeutig depressiv, das Gangbild mit Clogs sicher und langsam. Das T-Shirt werde problemlos beidhändig über Kopf abgestreift ohne auffällige Bewegungseinschränkung der Schultergelenke. Die Hose werde im Stehen geöffnet und im Sitzen ausgezogen. HWS und Kopfgelenke seien nach allen Richtungen frei beweglich. Die Hände zeigten eine seitengleiche, nicht auffällige Beschwielung, an den oberen Gliedmaßen seien keine deutlichen einseitigen Muskelverminderungen erkennbar. Schultergürtel, Ober- und Unterarme seien muskulär normal entwickelt. Endgradige Bewegungen in den Hüft- und Kniegelenken führten zu vermehrten Brustschmerzen. Die Fußbeschwielung sei annähernd seitengleich, die Muskulatur an Gesäß, Ober- und Unterschenkeln normal entwickelt.

Neu hinzugekommen sei eine Beckenverwringung mit sekundärer schmerzhafter Verhärtung der Gesäßmuskulatur beidseits. Im Gegensatz zum Vorgutachten seien die Fußpulse nicht sicher zu ertasten. Die aktuellen kernspintomografischen Bilder unterschieden sich nicht wesentlich von den Voraufnahmen vom 10.11.2009. Details seien wegen Störartefakten nach Metallersatz und Fixateur interne-Implantation nicht erkennbar. Es finde sich eine Knickbildung auf Höhe des verletzten 12. BWK in einer Größenordnung von 15 bis 20°. Die unteren lumbalen BS zeigten nur diskrete degenerative Veränderungen. Die Angaben der Klägerin über Art und Umfang der Beschwerden seien aus orthopädischer Sicht durchaus nachvollziehbar.

Die zusätzlich aufgetretene Beckenverwringung sei prinzipiell geeignet, die von der Klägerin vorgetragene Zunahme der Schmerzsymptomatik zu begründen. Die Beckenverwringung könnte eine weitere Unfallfolge sein. Solche schmerzhaften Beckenverwringungen könnten sich aber auch ohne Unfall einstellen.

Die Bestimmung der MdE falle ihm auch nach acht Jahren und mindestens 400 bis 500 Gutachten schwer. Nehme man den Begriff wörtlich und versuche, sich die Einschränkung auf das allgemeine Erwerbsleben konkret vorzustellen, ergebe sich folgendes Bild: Die Klägerin könne aufgrund der unfallbedingten Strukturschäden im thorakolumbalen Übergang und den zwischenzeitlich ausgeprägten sekundären Funktionsstörungen in Form von Blockierungen und Beckenverwringung sowie sekundären schmerzhaften Muskelverhärtungen nur noch leichte Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen verrichten. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg in aufrechter Rumpfhaltung oder bis 5 kg in Rumpfvor- und Seitneigung seien noch möglich. Aufgrund der vorgetragenen haltungsabhängigen Schmerzen würde er der Klägerin auch auf einem guten Bürostuhl nur Sitzphasen bis zu einer halben Stunde Dauer mehrfach arbeitstäglich abverlangen. Steh- und Gehphasen sollten 15 bis 20 Minuten nicht wesentlich überschreiten. Mit geeigneter Schutzkleidung könne sie durchaus in Nässe, Kälte und Zugluft arbeiten. Ein ständiger Wechsel sei aber ungünstig. Ungünstig seien Arbeiten mit längerer Zwangshaltung der WS. Damit sei ein Großteil der handwerklichen Tätigkeiten in Industrie, Handwerk und Servicebereich verschlossen (Küchenhilfe, Haushaltshilfe, Reinigungskraft, Wald- und Forstarbeiten, Arbeiten auf vibrierenden Maschinen, als Fahrer etc.). Unter diesem Blickwinkel sei eine MdE von 50 v. H. sicher nicht überzogen.

Andererseits ergebe die Beurteilung nach Schönberger und anderen, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, folgendes Bild: Die Klägerin habe einen Stauchungsbruch der unteren BWS mit dauerhafter Knickbildung in einer Größenordnung von 15 bis 20° erlitten. Dafür sähen die einschlägigen Tabellen eine MdE von 20 bis 30 v. H. vor (Seite 442, Fallgruppe 2 und statisch wirksamer Achsenknick). Es sei letztlich eine richterliche Entscheidung, ob bei der Festlegung der MdE eher auf die einschlägige Literatur eingegangen werde oder ob versucht werde, die konkreten Beeinträchtigungen im allgemeinen Arbeitsleben zu berücksichtigen.

Differenzen zur Vorbegutachtung von Dr. G. bestünden insofern, als dieser MdE und GdB vermenge und eine Doppeltbewertung der Beschwerden und Funktionsstörungen einerseits aufgrund somatischer und andererseits aufgrund seelischer Ursachen nicht sachgerecht erscheine. Er teile auch nicht die Einschätzung von Dr. G., dass eine somatoforme Schmerzstörung nachgewiesen sei. Es bestünden durchaus objektiv bedeutsame Struktur- und Funktionsstörungen in der schmerzhaften Körperregion, die geeignet seien, die vorgetragenen Funktionseinbußen und Beschwerden zu erklären. Es bedürfe daher keiner zusätzlichen seelischen Störung, um diese Beschwerden zu begründen. Selbst bei unterstellter seelischer Störung dürfe die unfallbedingte Funktionsstörung nicht doppelt bewertet werden. Frühere seelische Störungen hätten nichts mit den aktuellen unfallbezogenen Beschwerden zu tun. Auch die bei der Untersuchung neu festgestellte Durchblutungsstörung der unteren Gliedmaßen sei unfallunabhängig.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Sachverständige bei Heranziehung der gängigen Erfahrungswerte (Schönberger, Mehrtens, Valentin "Arbeitsunfall und Berufskrankheit") eine MdE von nicht mehr als 30 v. H. für zutreffend halte, er seiner Einschätzung auch die Folgen der von ihm diagnostizierten Beckenverwringung zugrunde lege, die nach den Ausführungen des Sachverständigen selbst nicht hinreichend wahrscheinlich sekundäre Unfallfolge sei. Das Gutachten stütze die Klage nicht. Nachdem die Beteiligen ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt haben, hat das SG die Klage mit Urteil vom 17.10.2013 abgewiesen.

Zu Begründung hat es ausgeführt, es stütze sich in Befunden, Diagnosen und Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs auf das Gutachten von Dr. H., nicht jedoch in der MdE-Bewertung, die als Tatsachenfeststellung vom Gericht selbst nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen sei. Dabei seien die in Jahrzehnten von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum entwickelten Erfahrungssätze zu beachten. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen sei Folge des Arbeitsunfalls eine schmerzhafte Funktionsstörung im thorakolumbalen Übergang als Folge des Stauchungsbruchs des 12. BWK. Der Bruch selbst sei nach operativer Behandlung stabil mit leichter Knickbildung und ohne neurologische Begleitschäden verheilt. Unfallunabhängig bestehe ein BS-Vorfall im Bereich der LWS, dem die dortigen Beschwerden zuzuordnen seien. Ein Zusammenhang bestehe bereits deshalb nicht, weil durch den Unfall dieser Bereich nicht betroffen gewesen sei. Hinsichtlich der von Dr. H. diagnostizierten Beckenverwringung mit schmerzhafter Verhärtung der Gesäßmuskulatur habe Dr. H. einen Unfallzusammenhang nicht gesehen. Hiergegen spreche auch der fehlende zeitliche Zusammenhang, nachdem der Unfall bereits vier Jahre zurückliege und die vorangegangenen Gutachten die Diagnose nicht gestellt hätten. Die Verdachtsdiagnose der somatoformen Schmerzstörung habe sich im Einklang mit Prof. Dr. S., Dr. S., PD Dr. R. und schließlich auch Dr. G. nicht bestätigt. Die geklagten Schmerzen seien Folge der somatischen Schäden, die allerdings nicht vollumfänglich Unfallfolgen seien.

Die MdE sei im Einklang mit der Versicherungsliteratur für die Verletzung im Bereich der BWS mit 30 v. H. zu bewerten, wobei dies bereits im oberen Bereich des Bewertungsrahmens von 20 bis 30 v.H. liege. Schmerzen könnten zu einer Erhöhung der MdE führen, wenn sie über das Maß dessen hinausgingen, was mit einer vergleichbaren rein organischen Verletzung üblicherweise verbunden sei, und somit zu gesondert zu würdigenden funktionellen Einschränkungen führten. Dr. H. als erfahrener Sachverständiger sei in der Lage, Schmerzen angemessen zu beurteilen. Er habe aber keine Erhöhung aufgrund von Schmerzen vorgeschlagen. Die Zunahme der Schmerzen habe er durch die unfallunabhängige Beckenverwringung erklärt. Es stimme mit der Einschätzung von PD Dr. C. überein, wenn man die unfallunabhängigen Gesundheitsbeeinträchtigungen der LWS abziehe. Dr. G. könne nicht gefolgt werden, da nicht hinreichend erkennbar sei, ob er die Maßstäbe für die gesetzliche Unfallversicherung angewendet habe. Der Annahme einer depressiven Störung fehle die klare diagnostische Einordnung mittels eines der üblichen Diagnosesysteme. Auch lasse das Gutachten die Begründung des ursächlichen Zusammenhangs vermissen, da vor dem Unfall bereits eine mittelgradige depressive Episode bestanden habe.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 28.10.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.11.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, sie leide zusätzlich unter der Beckenverwringung, Blockierungen der HWS, einer depressiven Symptomatik, bei über das normale Maß erheblich hinausgehenden Schmerzen. Daraus ergebe sich in Übereinstimmung mit der Bewertung durch Dr. H. eine MdE von mindestens 50 v. H. Dies entspreche dem Umfang der Leistungsminderung und deren Auswirkung auf die Arbeitsmöglichkeiten und sei vorliegend abweichend von den statischen Tabellenwerten zu bestimmen. Diese Gesundheitsstörungen seien alle auf den Unfall zurückzuführen. Vor dem Unfall sei sie nämlich schmerz- und beschwerdefrei gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Oktober 2013 aufzuheben und den Bescheid vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 sowie den Bescheid vom 26. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. ab 8. April 2010 zu gewähren, hilfsweise ein orthopädisches Sachverständigengutachten von Amts wegen zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die Beckenverwringung Unfallfolge ist, hilfsweise weiter ein neurologisches Sachverständigengutachten von Amts wegen zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die Schmerzstörung Unfallfolge ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angegriffenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil. Die Auswertung der Gutachten, insbesondere des Gutachtens von Dr. H., ergebe keine höhere MdE. Insbesondere habe Dr. H. eine höhere MdE wegen der Schmerzen gerade nicht vorgeschlagen, die Zunahme der Schmerzen als nicht unfallabhängig gesehen und ansonsten seine Schwierigkeiten bei der MdE-Bewertung dargelegt, wenn er die von der Klägerin geforderte MdE von 50 v. H. für "nicht überzogen" halte.

Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die SG-Akte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente. Der Bescheid vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2011 und der Bescheid vom 26.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2012 sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage des - zulässigen - klägerischen Begehrens auf höhere Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchti-gungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Wie vom BSG in ständiger Rechtsprechung vertreten, kann es sich bei der Bewertung der MdE grundsätzlich nur um eine Schätzung handeln, bei welcher der Grad der unfallbedingten MdE nicht völlig genau, sondern nur annäherungsweise feststellbar ist. Denn anders als etwa bei dem ebenfalls zu den Grundlagen der Rentenberechnung gehörenden Jahresarbeitsverdienst lässt sich der Prozentsatz der unfallbedingten MdE in aller Regel nicht mathematisch exakt festlegen, sondern nur annähernd bestimmen. Wie ihrem Wesen nach jede Schätzung, ist mithin auch der Bewertung der MdE eine gewisse Schwankungsbreite eigentümlich. Hieraus hat die Rechtsprechung abgeleitet, dass jede innerhalb der Toleranzspanne liegende Schätzung gleichermaßen rechtmäßig ist, soweit dabei bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. Als äußerste Grenzen der Spanne hat schon das frühere Reichsversicherungsamt Abweichungen um fünf Prozentpunkte nach oben oder nach unten angesehen. Das BSG ist dem gefolgt und hat dabei auf gesetzliche Regelungen verwiesen, nach denen eine MdE von 10 v.H. die untere Grenze dessen ist, was medizinisch und wirtschaftlich messbar sei. Dies bedeutet, dass eine Schätzung der MdE durch den Versicherungsträger so lange als rechtmäßig anzusehen ist, als eine spätere Schätzung durch das Gericht bzw. den von ihm gehörten ärztlichen Sachverständigen nicht um mehr als fünf Prozentpunkte von der früheren abweicht. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass im Verwaltungsverfahren die Schätzungsgrund¬lagen richtig ermittelt worden sind, ferner alle für die Schätzung wesentlichen Umstände hinreichend gewürdigt sind, insbesondere die für die Schätzung relevanten Befunde vollständig und richtig erhoben sind und unverändert vorliegen, und die Schätzung selbst nicht auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (BSG, Urteile vom 17.12.1975, 2 RU 35/75 in SozR 2200 § 581 Nr. 5 und 07.12.1976, 8 RU 14/76 in SozR 2200 § 581 Nr. 9).

Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII setzt der Unfallversicherungsträger während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall die Rente als vorläufige Entschädigung fest, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Nach § 62 Abs. 2 SGB VII wird dann spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Da vorliegend die Beklagte nach Ablauf des Dreijahreszeitraumes ausdrücklich anstelle der Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit gewährt in derselben Höhe hat, kann dahinstehen, ob der Bescheid vom 26.10.2011 lediglich deshalb deklaratorischen Charakter hat, weil mit Ablauf dieses Zeitraumes der "Vorläufigkeitsvorbehalt" bereits gesetzesunmittelbar entfallen war (vgl. BSG, Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 2/09 R; juris Rn. 13). Jedenfalls hatte die Klägerin Anspruch auf einen Bescheid hinsichtlich der geänderten Rentenart (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkomm., Stand: Januar 2015, Rn. 9.3 zu § 62 SGB VII). Ein Anspruch auf eine höhere Verletztenrente hat die Klägerin auch nicht für diesen späteren Zeitraum.

Während die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden müssen, ist für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R; SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen. Die Kausalität ist dabei auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu beurteilen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a. a. O.). Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z.B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein. Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursache des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - a. a. O.).

Die Gewährung von Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 30. v.H. war zutreffend. Die Klägerin erlitt bei dem Wegeunfall am 09.10.2008 eine primär instabile Stauchungsfraktur des 12. BWK sowie einige leichte Verletzungen, die innerhalb von wenigen Wochen vollständig und dauerhaft ausgeheilt sind (Rumpfprellung, commotio cerebri, Bruch der Kleinzehe). Der Bruch des 12. BWK wurde durch Implantation eines Fixateur interne von hinten stabilisiert, am 13.02.2009 wurde in einer zweiten Operation der großteils zerstörte BWK 12 durch ein Metallimplantat ersetzt. Auf der Höhe des 12. BWK befindet sich eine Knickbildung von 15° – 20°. Es bestehen keine Zeichen einer Nerven- oder Nervenwurzelschädigung. Dies ergibt sich aus allen im Laufe des Verfahrens erhobenen Befunden und erstatteten Gutachten, zuletzt aus dem fachorthopädischen Gutachten des Dr. H. im SG-Verfahren. Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 442) beträgt bei WK-Bruch mit BS-Beteiligung, Fallgruppe 2 (instabil) mit statisch wirksamem Achsenknick die MdE 20 bis 30 v. H. Die Achsenabweichung ist wirksam bei einem Knickwinkel in einer Größenordnung von 15° bis 20°. Die anteilige somatoforme Schmerzstörung ist von der Beklagten als Unfallfolge anerkannt und daher zu berücksichtigen. Der Senat hält die Bewertung im oberen Bereich mit einer MdE von 30 v. H. danach für ausreichend und angemessen.

Die HWS war bei der Begutachtung durch Dr. B. am 08.01.2009, PD Dr. C. am 07.09.2010 und durch Dr. K. am 04.08.2011 endgradig eingeschränkt (Vorneigen/Rückneigen 50-0-50, Seitneigen 45-0-45, Drehen 60-0-60). Bei beiden Begutachtungen durch Dr. G. am 17.05.2010 und 09.08.2011 sowie bei den Begutachtungen durch Dr. H. am 02.02.2012 und am 07.07.2013 waren HWS und Kopfgelenke nach allen Richtungen frei beweglich. Ob und bis zu welchem Zeitpunkt eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS bestand, kann offen bleiben, denn eine nur endgradige Beeinträchtigung führt nämlich nicht zu einer MdE. Die Messbeispiele mit Normalwerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 445) zeigen eine weite Spanne von Normalwerten. Normal ist danach die Extension zwischen 45° und 70°, die Flexion zwischen 35° und 45°, die Rotation nach rechts und links zwischen 60° und 80°, bei der seitlichen Beugung ist der Normalwert 45°. Danach sind die im Gutachten von PD Dr. C. angegebenen Bewegungsmaße von 50-0-50 für Extension und Flexion, 45° für Seitneigung und 60° für Drehen Normalwerte. Dementsprechend hat keiner der Gutachter, die eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS befundet haben, hierfür eine MdE vorgeschlagen.

Der BS-Vorfall LWK 4/5 mit Wurzelreizsyndrom L 5 ohne Hinweis auf eine Wurzelschädigung lag bereits vor dem Unfall vor und ist nicht Unfallfolge. Darin stimmen sämtliche Befundberichte und Gutachten, die im Laufe des Verfahrens erstattet wurden, überein (vgl. Gutachten Prof. Dr. S. vom 25.11.2009, Befundbericht Dr. G. vom 02.10.2009, Durchgangsarztbericht Dr. B. vom Unfalltag). Dass die Klägerin vor dem Unfall keine Beschwerden hatte und keine Behandlungen der WS dokumentiert sind, steht nicht entgegen. Mehr als die Hälfte aller BS-Vorfälle sind klinisch stumm (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 437). Daher sind auch aus dem BS-Vorfall und dem Wurzelreizsyndrom L 5 folgende Funktionsstörungen sowie die hiermit einhergehenden Schmerzen nicht bei der Feststellung der MdE zu berücksichtigen.

Das Gleiche gilt für die von Dr. H. erstmals bei der Begutachtung der Klägerin im Juli 2013 festgestellte Beckenverwringung mit sekundärer schmerzhafter Verhärtung der Gesäßmuskulatur beidseits. Der Senat hält die Verursachung durch den Unfall in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen für möglich, aber nicht für hinreichend wahrscheinlich. Gegen den Ursachenzusammenhang spricht das erstmalige Auftreten beinahe fünf Jahre nach dem Unfall. Dafür, dass die Beckenverwringung tatsächlich neu aufgetreten ist und nicht nur erstmals befundet wurde, spricht, dass nach Angaben der Klägerin zwischen den Begutachtungen durch Dr. H. im Februar 2012 und im Juli 2013 eine starke Beschwerdezunahme und weitere Funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere hinsichtlich des Sitzens, auch beim Autofahren, und hinsichtlich des Gehens, eingetreten sind. Die Beckenverwringung ist nach den Ausführungen des Sachverständigen grundsätzlich geeignet, die Zunahme der Schmerzsymptomatik zu erklären. Nach Ansicht von Dr. H. kann sie Unfallfolge sein, kann sich aber auch unfallunabhängig eingestellt haben. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zum Unfall besteht daher zur Überzeugung des Senats nicht.

Psychische Gesundheitsstörungen, die insgesamt zu einer höheren MdE als 30 v.H. führen, liegen bei der Klägerin nicht vor. Eine psychische Erkrankung wurde im Verlauf des Verfahrens nur von einem Facharzt, dem vormals behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. G. in seinem Gutachten vom 17.05.2010 diagnostiziert und von der Beklagten als Unfallfolge in Form einer anteiligen somatoformen Schmerzstörung im Bescheid für die Rente als vorläufige Entschädigung festgestellt. Diese ist hinreichend berücksichtigt, indem der Bewertungsrahmen für den BWK-Bruch ausgeschöpft worden ist. Für die Rente auf unbestimmte Zeit hat kein Arzt eine entsprechende Diagnose gestellt. In seinem späteren Gutachten vom 09.08.2011 hielt auch Dr. G. das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung als Unfallfolge nur noch für "theoretisch vorstellbar" und schloss sich der MdE-Bewertung des PD Dr. C. vollständig an, ohne eine eigenständige MdE für psychische Gesundheitsstörungen vorzuschlagen. Der Senat geht daher ebenfalls davon aus, dass für die Rente auf unbestimmte Zeit nicht vom Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auszugehen ist. Die vorherrschende Beschwerde bei dieser Störung ist nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10 – F 45.40) ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht hinreichend erklärt werden kann. Er tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf, denen die Hauptrolle für Beginn, Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen zukommt. Da vorliegend die geklagten Schmerzen durch die Operationen und Operationsfolgen nach dem BWK-Bruch und zuletzt nach weiterer Beschwerdezunahme durch objektiv bedeutsame Struktur- und Funktionsstörungen im lumbosacralen Übergang zu erklären sind, worauf Dr. H. nachvollziehbar hingewiesen hat, fehlt es an der Voraussetzung für die somatoforme Schmerzstörung, dass die Beschwerden nicht somatisch erklärt werden können.

Auch eine "depressive Symptomatik", wie von Dr. G. im Gutachten vom Mai 2010 in den Raum gestellt, vermag der Senat nicht als gesicherte Diagnose zu erkennen. Die depressive Episode oder reaktive Depression (ICD 10 F.32) ist dadurch gekennzeichnet, dass der Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität leidet. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle und Gedanken über die eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten somatischen Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Dr. G. hielt es in seinem Gutachten vom 17.10.2010 im Hinblick auf eine mittelgradige depressive Episode 2007 nach Partnerschaftskonflikt für denkbar, dass die damalige Depression durch ein Unfalltrauma reaktiviert worden sei. Die erhaltene Tagesstruktur mit Hausarbeiten, Sport, Lesen, die die Klägerin Dr. H. anlässlich der Begutachtung im Rentenklageverfahren geschildert hat, ebenso wie die von ihr 2012 ausgeübte geringfügige Beschäftigung als Zeitungsausträgerin sind mit Antriebs-, Aktivitätsminderung und Interessenverlust nicht vereinbar. Damit ist das Vorliegen der Gesundheitsstörung nicht im Vollbeweis dargetan.

Die Hilfsanträge auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten waren abzulehnen. Der auf die Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens von Amts wegen gerichtete Hilfsantrag zum Beweis der Tatsache, dass die Beckenverwringung Unfallfolge ist, war abzulehnen, weil hierzu bereits in erster Instanz das fachorthopädische Gutachten von Dr. H. Aussagen getroffen hat. Dieses Gutachten des Dr. H. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin hat die klärungsbedürftige Frage hinreichend beantwortet (vgl. dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, Komm., 1. Aufl., Rn. 11e zu § 103 SGG m. w. N). Das Gutachten ist überzeugend und von Sachkunde getragen. Es weist keine schweren Mängel auf (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 11b, 11c zu § 103 SGG). Die Klägerin hat auch keine Einwände gegen das Gutachten erhoben. Der weitere Hilfsantrag, ein neurologisches Gutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die Schmerzstörung Unfallfolge ist, war ebenfalls abzulehnen. Für die vorläufige Rentengewährung hat die Beklagte eine anteilige somatoforme Schmerzstörung als Unfallfolge ohnehin anerkannt. Bezüglich der Rente auf unbestimmte Zeit sind die geklagten Schmerzen nach dem Gutachten von Dr. H. durch die Beckenverwringung somatisch erklärbar, so dass die Voraussetzung für das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung, ein Schmerz, der nicht durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung erklärbar ist, nicht gegeben ist. Weitere Erkenntnisse zu dieser vom orthopädischen Sachverständigen getroffenen Feststellung sind von einem fachfremden Neurologen nicht zu erwarten. Der Senat sah sich daher nicht gedrängt, eine Begutachtung auf neurologischem Fachgebiet zu veranlassen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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