L 9 KR 34/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 KR 64/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 34/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur zeitgeringfügigen Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Betrieb.
2. Der Rentenversicherungsträger genügt seiner Pflicht zur Amtsermittlung im Rahmen der Betriebsprüfung nicht, wenn er entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgebers eine Beitragspflicht nach § 249b SGB V annimmt, ohne zu prüfen, ob die betroffenen Beschäftigten
„Versicherte“ im Sinne dieser Vorschrift sind.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Beiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008.

Die klagende GmbH betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Sie beschäftigte im o.g. Zeitraum u.a. die folgenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig wiederkehrend an 2 bis 4 Tagen monatlich (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt II/30 bis II/54 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen), wobei das monatliche Arbeitsentgelt 400.- EUR nie überschritt: Name Zeitraum Status

G K 01.01.05 - 28.02.07 freiwillig versichert, selbständig Ge K 01.10.06 - 31.12.08 pflichtversichert aufgrund Regelaltersvollrente E U 01.01.05 - 20.09.06 pflichtversichert aufgrund Vollrente wg. Arbeitslosigkeit, Eu U 01.10.06 - 31.12.08 pflichtversichert aufgrund Regelaltersvollrente S K 01.05.05 - 31.12.08 privat krankenversichert C K 01.01.05 - 01.02.07 familienversichert bis 07.02.06, danach pflichtversichert E S 01.01.05 - 31.12.08 pflichtversichert aufgrund anderweitiger Beschäftigung Matthias S 01.01.05 - 31.12.08 Studium, familienversichert

Der beklagte Rentenversicherungsträger führte am 11. September 2009 bei der Klä¬gerin eine Betriebsprüfung für den o.g. Zeitraum durch. Nach Anhörung der Klägerin setzte er mit Bescheid vom 4. November 2009, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2010, eine Nachforderung i.H.v. 15.582,82 EUR fest. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass die Klägerin die o.g. Personen seit Jahren als Aushilfen beschäftige. Eine kurzfristige Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch/ Vier¬tes Buch (SGB IV) liege jedoch nicht vor, weil nach den ihr zugesandten Unterlagen alle Personen durchweg jeden Monat entlohnt und demzufolge auch tätig gewesen seien. Die Tätigkeiten seien ohne Unterbrechung und unbegrenzt über mehr als ein Jahr lang ausgeübt worden, so dass es sich um dauerhaft geringfügige Beschäftigungen handele, für die der Arbeitgeber pauschale Beiträge an die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung abzuführen habe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine kurzfristige Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liege nicht vor, wenn sie regelmäßig ausgeübt werde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werde eine Beschäftigung regelmäßig ausgeübt, die von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet sei und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden solle. Dies sei im vorliegenden Fall zu bejahen. Die betroffenen acht Arbeitnehmer seien über mehrere Jahre hinweg jeden Monat für einige Tage beschäftigt worden. Damit werde zwar die Frist von 2 Monaten bzw. 50 Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht überschritten, jedoch sei die Beschäftigung nicht auf ein Jahr begrenzt gewesen, sondern seit 2005 durchgehend immer wieder erfolgt. Schriftliche Rahmenarbeitsverträge, aus denen sich eine Einschränkung oder eine weitere inhaltliche Ausgestaltung der Beschäftigungen hätten ergeben können, habe die Klägerin nicht vorlegen können. Ihre Angaben, wonach die Aushilfen in den bei landwirtschaftlichen Unternehmen üblichen Arbeitszeitspitzen und bei Bedarf erfolgt seien, könnten die sich aus den Lohnunterlagen ergebende regelmäßige wiederkehrende Beschäftigung nicht widerlegen. Auf Vertrauensschutz, etwa aufgrund bisheriger Prüfungen oder wegen Broschüren, könne sich die Klägerin nicht berufen, da es eines schuldhaften Handelns für die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht bedürfe. Hätte die Klägerin es nicht versäumt, die von ihr zu Unrecht als kurzfristig eingeschätzten Beschäftigungen zu melden, wäre gegebenenfalls zu einem früheren Zeitpunkt bereits eine Nachfrage erfolgt. Hinsichtlich der Höhe der Beiträge verweise die Kammer gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Bescheide der Beklagten.

Gegen dieses ihr am 19. Januar 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 7. Februar 2012, die sie wie folgt begründet: Sie habe sich bei der Beschäftigung der hier in Rede stehenden Mitarbeiter an den vom Gesetz vorgegebenen Rahmen gehalten. Die von der Beklagten verwendeten Begrifflichkeiten eines "Dauerarbeitsverhältnisses" oder "regelmäßig wiederkehrendes Arbeitsverhältnis" finde sie im Gesetz nicht. Sie räume aber ein, dass die von der Beklagten geprüften Mitarbeiter wohl tatsächlich länger als 12 Monate beschäftigt worden seien, zum Teil über eine längere Dauer des Prüfungszeitraumes. Sie stelle jedoch zum Streit, dass etliche Mitarbeiter zum Teil erst im laufenden Jahr die kurzfristige Beschäftigung aufgenommen und zum Teil auch innerhalb des Jahres beendet hätten. Sie vertrete daher die Auffassung, dass sich die von der Beklagten gesehene "Dauerbeschäftigung" nur jeweils auf das Kalenderjahr beziehen könne und demnach bei unterjährig begonnener oder beendeter Beschäftigung Versicherungsfreiheit bestehe. Ferner gehe sie davon aus, dass Altersrentner von der Versicherungspflicht befreit seien, so dass auch keine Beiträge nachzuberechnen seien. Der Mitarbeiter G K sei während des gesamten Prüfungszeitraumes als selbständiger Unternehmer in die Handwerksrolle eingetragen gewesen und habe seine Altersabsicherung und seine Krankenversicherung (freiwillige Versicherung bei der DAK) selbst geregelt. Warum für ihn Versicherungsbeiträge abgeführt werden sollten, erschließe sich nicht. Gleiches gelte für die Mitarbeiterin C K, die während des gesamten Zeitraumes Studentin gewesen sei. Die Mitarbeiterin S K habe ihre Krankenversicherung bei der D Krankenversicherung AG unterhalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 15. Dezember 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 4. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, räumt hingegen ein, dass die Forderung der pauschalen Krankenversicherungsbeiträge für die Mitarbeiterin S K zurückzunehmen sei, weil sie privat krankenversichert gewesen sei.

Dementsprechend hat die Beklagte den Bescheid vom 4. November 2009 in Höhe der auf diese Mitarbeiterin entfallenden pauschalen Krankenversicherungsbeiträge (1.241,93 EUR) aufgehoben. Das darin liegende Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.

Die Beigeladenen äußern sich nicht.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Nachdem die Beklagte die Nachforderung im o.g. Umfang reduziert hat und die Klägerin das darin liegende Teilanerkenntnis angenommen hat, steht noch eine Beitragsnachforderung i.H.v. 14.340,89 EUR im Streit. In diesem Umfang sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.

I. Rechtsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) nicht. Hierzu prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern gemäß § 28p SGB IV, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen, ordnungsgemäß erfüllen.

Grundlage für die Versicherungs- und Beitrags(tragungs)pflicht der Klägerin sind die in den einzelnen Teilen des SGB enthaltenen speziellen Regelungen, die grund¬sätzlich an das Bestehen einer Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV anknüpfen, d.h. in den hier jeweils in den streitigen Jahren 2005 bis 2008 geltenden Fassungen § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 249, § 249b SGB V (für die gesetzliche Krankenversicherung), § 1 S. 1 Nr. 1, § 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI (für die gesetzliche Rentenversicherung) und § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 10 Lohnfortzahlungsgesetz - LFZG - (hinsichtlich der Umlage U1 für das Jahr 2005) bzw. § 7 i.V.m. § 1 Abs. 1 Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG - (hinsichtlich der Umlage U1 ab 2006).

II. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ihre Pflicht zur Beitrags¬zahlung deshalb nicht erfüllt hat, weil sie die o.g. Mitarbeiter zu Unrecht als kurzzeitig geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV – was keine Beitragslast nach sich ziehen würde – angesehen hat. Diese Mitarbeiter waren als entgeltgeringfügig nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV einzustufen, sodass deswegen Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen sind.

1. Die jeweiligen Arbeitseinsätze der o.g. Mitarbeiter sind als Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs.1 SGB IV zu qualifizieren. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.

2. Die Einschätzung der Klägerin, sie habe keine Beiträge abzuführen, weil es sich bei den o.g. Beschäftigten um geringfügige Beschäftigungen i.S.v. § 8 Abs.1 Nr. 2 SGB IV handelt, war unzutreffend.

a. Nach der in den Jahren 2005 bis 2008 maßgebenden Fassung (alte Fassung – aF) von § 8 Abs.1 SGB IV liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, 1. wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt, 2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist eine strikte Zuordnung zu einer der beiden Fallgruppen des § 8 SGB IV geboten. Danach ist den Regelungen der Nr. 1 und Nr. 2 nach ihrem systematischen Zusammenhang im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass es für ihre Anwendung zunächst darauf ankommt, ob eine Beschäftigung regelmäßig ausgeübt wird (dann gilt Nr. 1) oder nicht regelmäßig, d.h. nur gelegentlich (dann gilt Nr. 2). Denn § 8 Abs.1 Nr. 1 SGB IV kann neben "regelmäßigen" Beschäftigungen nicht auch "gelegentliche" erfassen, weil das Merkmal "berufsmäßig" in Nr. 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV sonst leerlaufen würde. Auch unter Berücksichtigung der an der Regelung geübten Kritik mit eher rechtspolitischer Zielrichtung hat das BSG an dieser Abgrenzung festgehalten (BSG, Urteil vom 07. Mai 2014 – B 12 R 5/12 R –, juris, m.w.N.).

b. Zu Recht hat das Sozialgericht festgestellt, dass die o.g. Beschäftigten in den jeweils betroffenen Zeiträumen nicht nur gelegentlich für die Klägerin tätig waren. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist er darauf hin, dass nach den von der Klägerseite eingereichten Unterlagen alle Beschäftigungen einen Rhythmus der Einsätze erkennen lassen. Die weiblichen Beschäftigten sowie der Mitarbeiter M S arbeiteten in der Regel jedes zweite Wochenende, während der Mitarbeiter U nur einmal monatlich an drei bis vier aufeinanderfolgenden Tagen tätig wurde. Gegen diese Beurteilung des Sozialgerichts wendet sich die Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht mehr. Ob die Beschäftigung im Einzelfall unterjährig begonnen oder beendet wurde, ist entgegen der klägerischen Auffassung irrelevant, da schon die Regelmäßigkeit der Beschäftigung den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV aF verschließt.

3. Demgegenüber liegen die Voraussetzungen von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aF vor, weil die Entgeltgrenze von 400.- EUR in keinem Fall überschritten wurde. Auch dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.

4. Aus einer zeitgeringfügigen Beschäftigung i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aF resultieren einerseits Versicherungsfreiheit, andererseits aber auch (nur) für den Arbeitgeber Beitragspflichten nach § 172 Abs. 3 SGB VI aF, § 249b SGB V und § 7 Abs. 2 Satz 2 AAG. Diese Vorschriften hat die Beklagte im Wesentlichen zutreffend angewandt.

a. Nach § 172 Abs. 3 SGB VI aF gilt:

"Für Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach § 5 Abs. 4 versicherungsfrei sind, tragen die Arbeitgeber einen Beitragsanteil in Höhe von 12 [für die Zeit ab dem 1. Juli 2006: 15] vom Hundert des Arbeitsentgelts, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären. Dies gilt nicht für Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das nicht in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist."

Diese Voraussetzungen sind bei allen o.g. Beschäftigten erfüllt. Soweit sie eine Vollrente wegen Alters bezogen (G K, E U, E U), beruht die Versicherungsfreiheit auf § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI. Im Übrigen führte die geringfügige Beschäftigung nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI aF zur Versicherungsfreiheit in dieser Beschäftigung. Soweit die geringfügige Beschäftigung teilweise neben einer selbständigen Tätigkeit (G K) oder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (C K, E S) ausgeübt wurde, blieb die Versicherungsfreiheit erhalten (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB IV aF). Die von der Klägerin insoweit vorgebrachten Einwände sind daher unberechtigt.

b. Nach § 249b Satz 1 SGB V aF gilt:

"Der Arbeitgeber einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches hat für Versicherte, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig sind, einen Beitrag in Höhe von 11 [für die Zeit ab dem 1. Juli 2006: 13] vom Hundert des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung zu tragen."

Diese Voraussetzungen liegen bei allen noch betroffenen Mitarbeitern vor. Denn Versicherte i.S. dieser Vorschrift sind alle gesetzlich Versicherten, unabhängig davon, ob sie pflicht-, familien- oder freiwillig versichert sind (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003 – B 12 KR 20/01 R –, juris; Peters, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 249b SGB V Rd. 14; Ulmer, in: Beck’scher OnlineKommentar zum Sozialrecht, § 249b Rd. 1; Hebeler, in: Hänlein/Kruse/Schuler, Sozialgesetzbuch V – Lehr- und Praxiskommentar, § 249b Rd. 5). Im Übrigen ist es für die Beitragspflicht nach dieser Vorschrift unerheblich, ob Beschäftigte bereits eine Absicherung gegen das Krankheitsrisiko besitzen.

c. Nach der ab 2006 geltenden Vorschrift des § 7 Abs. 2 S. 2 AAG sind bei der Berechnung der Umlage für Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 AAG (Entgeltfortzahlungs-Umlage) Entgelte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, deren Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber nicht länger als vier Wochen besteht und bei denen wegen der Art des Beschäftigungsverhältnisses auf Grund des § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetzes kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entstehen kann, sowie einmalig gezahlte Arbeitsentgelte nach § 23a SGB IV nicht zu berücksichtigen. Nach der nur 2005 noch geltenden Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 1 LFZG sind in den Fällen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 LZFG (Entgeltfortzahlungs-Umlage) die Umlagebeträge in Vomhundertsätzen des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen für die im Betrieb beschäftigten Arbeiter und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen zu bemessen wären.

Beide Normen stellen daher nur auf die Eigenschaft als Arbeitnehmer/in ab. Diese ist hier unstreitig gegeben.

5. Fehler bei der Berechnung der Beitragshöhe sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

6. Einen rechtlich relevanten Vertrauensschutz kann die Klägerin nicht für sich in Anspruch nehmen. Selbst wenn bei früheren Betriebsprüfungen der Beklagten die von der Klägerin für richtig erachtete Bewertung der geringfügigen Beschäftigung nicht beanstandet wurde, schließt dies eine Korrektur für spätere Jahre nicht aus. Denn ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht existiert schon wegen der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) nicht (BVerfGE 50, 142 [166]; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 1). Andernfalls wäre es einer Behörde nicht möglich, sich von einer einmal vorgenommenen, nachträglich aber als rechtswidrig erkannten Einschätzung zu lösen.

7. Der Senat verkennt im vorliegenden Fall nicht die Komplexität der Rechtslage. Für juristisch nicht bewanderte Arbeitgeber ist es in der Tat nicht einfach, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der unterschiedlichen Arten geringfügiger Beschäftigung zu erfassen, insbesondere wegen des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Regelmäßigkeit. Die daraus resultierende trennscharfe Unterscheidung zwischen den beiden Fallgruppen der geringfügigen Beschäftigung hat der Gesetzgeber offenkundig akzeptiert. Gleichwohl wäre es wünschenswert, wenn in solchen Fällen die ständige Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts in den Gesetzeswortlaut aufgenommen würde, damit auch juristisch nicht bewanderte Arbeitgeber durch eine Lektüre des Gesetzes die notwendigen Differenzierungen erkennen können. Auch wenn der Senat daher nachvollziehen kann, dass die Klägerin die gegenwärtige Rechtslage für unbefriedigend hält, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte die o.g. Rechtsvorschriften (weitgehend) zutreffend angewandt hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten waren der Klägerin nicht die gesamten Kosten aufzuerlegen. Denn sie hat in Höhe des Teilanerkenntnisses obsiegt. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin hätte einen Nachweis über die private Krankenversicherung der Mitarbeiterin SK zu den Lohnunterlagen nehmen müssen, weil "für geringfügig Beschäftigte grundsätzlich (als Regelfall) Pauschalbeiträge" zu zahlen seien, überzeugt nicht. Er ist schon im Ausgangspunkt unzutreffend, weil für die von der Klägerin als einschlägig erachtete Fallgruppe der (zeit-)geringfügigen Beschäftigung gerade keine (anderweitige) Beitragspflicht besteht. Auch der Hinweis auf § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Beitragsverfahrensverordnung, wonach die Lohnunterlagen des Arbeitgebers u.a. die für die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht maßgebenden Angaben enthalten müssen, geht fehl. Denn die private Krankenversicherung der o.g. Mitarbeiterin betraf weder die Versicherungsfreiheit bzw. die Befreiung von der Versicherungspflicht, sondern schloss die Beitragspflicht des Arbeitgebers nach § 249b Satz 1 SGB V aF aus. Ob diese Mitarbeiterin Versicherte i.S. dieser Vorschrift war, hätte die Beklagte von Amts wegen (§ 20 SGB X) prüfen müssen, weil es sich hierbei um eine Tatbestandsvoraussetzung des von ihr geltend gemachten Beitragsanspruchs handelte. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte das Bestehen einer privaten Krankenversicherung – ausweislich der handschriftlichen Eintragungen in ihrer "Grundverfügung/Widerspruchs-verfahren" – offensichtlich gesehen hatte.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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