Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 11 AS 19/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 52/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. Januar 2015 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abgelehnt.
Den Beschwerdegegnern wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsgegner) begehrt die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) mit dem der Antragsgegner, unter Antragsablehnung im Übrigen, im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet worden ist, den Antragstellern für den Zeitraum vom 1. Januar bis 28. Februar 2015 monatlich 656,00 EUR an Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu zahlen.
Die Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Antragsteller) leben in einer Bedarfsgemeinschaft in einem Eigenheim in R. Der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. sind verheiratet und haben fünf minderjährige Kinder (Antragsteller zu 3.: geboren 2003; Antragsteller zu 4.: geboren 2005; Antragsteller zu 5.: geboren 2008; Antragsteller zu 6: geboren 2012; Antragsteller zu 7.: geboren 2014). Die Bedarfsgemeinschaft steht im Leistungsbezug beim Beklagten und erhält Leistungen nach dem SGB II. Nach einem Grundbuchauszug des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen vom 19. Juli 2013 ist der Antragsteller zu 1. Eigentümer der Gebäude- und Nebenfläche in B. Mit Schreiben vom 6. Februar 2014 forderte der Antragsgegner vom Antragsteller zu 1. u.a. Lagepläne von dem Grundstück in B. vorzulegen. Der Antragsgegner errechnete auf der Grundlage der Bodenrichtwerte einen Wert des Grundstücks von 43.260,00 EUR.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2014 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern im Wege der vorläufigen Bewilligung darlehensweise SGB II-Leistungen gemäß § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Zugleich gab er den Antragstellern u.a. auf, innerhalb des Bewilligungsabschnitts umfassende Verkaufsbemühungen der Flurstücke 22/2 und 23/1 in B. zu dokumentieren und nachzuweisen. Am 14. Juli 2014 ging eine Erklärung des Antragstellers zu 1. vom 10. Juli 2014 beim Antragsgegner ein. Darin gab dieser an: Er habe Kontakt mit zwei Immobilienverwaltern und einem Hausverwalter Anfang/Mitte Juni 2014 aufgenommen. Hierüber habe er keine schriftliche Auskunft erhalten. Nach mündlicher Aussage der Verwalter sei das Grundstück unattraktiv und schwer verkäuflich.
Am 30. Oktober 2014 stellten die Antragsteller einen Weiterbewilligungsantrag auf Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 5. November 2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab und führte aus: Der Antragsteller zu 1. verfüge wegen des Grundstücks in B. über ein verwertbares Vermögen von insgesamt 45.090,00 EUR. Nach Abzug der Freibeträge in Höhe von 18.600,00 EUR bestehe keine Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft. In zwei Schreiben vom selben Tage belehrte der Antragsgegner die Antragsteller über einen Ersatzanspruch bei schuldhafter Herbeiführung der Bedürftigkeit gemäß § 34 SGB II sowie über die Möglichkeit einer darlehensweisen Gewährung der Leistungen nach dem SGB II. Sollte der sofortige Zugriff auf die berücksichtigungsfähigen Vermögenswerte unmöglich sein, könne die Leistungsgewährung in Form eines Darlehens erfolgen. Wörtlich wird in diesem Schreiben weiter ausgeführt: "Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie die darlehensweise Gewährung der Leistung wünschen." Mit einem weiteren Schreiben vom 5. November 2014 hat der Antragsgegner ein Verkehrswertgutachten beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation in Auftrag gegeben und gleichzeitig den Antragsteller zu 1. darüber informiert.
Am 17. November 2014 legten die Antragsteller, nunmehr anwaltlich vertreten, gegen den Bescheid Widerspruch ein und machten geltend: Bei dem Grundstück in B. handele es sich um ein unbebautes Grundstück. Der Antragsteller zu 1. habe in der Vergangenheit mehrfach und ernsthaft versucht, das Grundstück zu veräußern, was jedoch nicht gelungen sei. Das Grundstück sei nicht als "bereites Mittel" anzusehen, so dass weiterhin SGB II-Leistungen vom Antragsgegner zu bewilligen seien. Der Verkehrswert des Grundstücks betrage zudem höchstens 15.000,00 EUR. Der Antragsteller zu 1. habe am besagten Objekt Abrissarbeiten vornehmen und hierfür 14.000,00 EUR aufbringen müssen, mit denen er immer noch belastet sei.
Mit Schreiben vom 21. November 2014, das am selben Tage per Fax an den Prozessbevollmächtigten übermittelt wurde, bat der Antragsgegner um Vorlage von Nachweisen zum behaupteten Verkehrswert von 15.000,00 EUR sowie um einen aktuellen Grundbuchauszug wegen der behaupteten Belastungen. Er habe den Antragstellern bereits im Schreiben vom 5. November 2014 eine darlehensweise Leistungsgewährung angeboten. Diese hätten sich aber nicht gemeldet.
Am 5. Dezember 2014 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärt, die Antragsteller seien nicht verpflichtet, auf eigene Kosten ein Verkehrswertgutachten einzuholen. Das sei Aufgabe des Leistungsträgers. Sollte bis zum 10. Dezember 2014 kein Bewilligungsbescheid erlassen sein, werde er einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014, der am selben Tag per Fax an den Prozessbevollmächtigten versandt wurde, wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück und führte u.a. aus, dass die Antragsteller auf die Möglichkeit der darlehensweisen Gewährung hingewiesen worden seien. Hierauf hätten diese nicht reagiert.
Am 8. Januar 2015 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, den Antragsgegner zu verpflichten, Grundsicherungsleistungen in Höhe von mindestens 748,40 EUR monatlich vom 1. Januar bis 31. Mai 2015 zu gewähren. In der Sache haben die Antragsteller vorgetragen: Sie erhielten Kindergeld in Gesamthöhe von 773,00 EUR sowie Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR. Der Antragsteller zu 1. beziehe Krankengeld in Höhe von 9,31 EUR täglich. Der Antragsteller zu 4. sei schwerbehindert und erhalte Pflegegeld der Stufe II in Höhe von 525,00 EUR monatlich. Wegen Baufälligkeit habe der Antragsteller zu 1. auf seinem Grundstück in B. die dort befindliche Immobilie abreißen lassen müssen. Seither bemühe er sich das Grundstück zu veräußern. Es sei aber nicht bereit, die Immobilie "zu verschleudern". Jedenfalls stehe der Wert des Grundstücks nicht als sog. bereites Mittel zur Verfügung. Mithin seien die Leistungen zumindest darlehensweise zu gewähren. Die Eilbedürfigkeit sei gegeben, da nach dem vorgelegten Kontoauszug nur noch 1.328,50 EUR vorhanden seien und zu Jahresbeginn einige Versicherungen zu zahlen seien.
Der Antragsgegner hat ausgeführt: Den Antragstellern sei wiederholt die darlehensweise Gewährung von Leistungen angeboten worden. Es verwundere daher, wenn die Antragsteller nun selbst hilfsweise die Gewährung eines Leistungsdarlehens begehrten, obwohl sie sich zuvor hierzu nie geäußert hätten. Eine gerichtliche Eilentscheidung sei daher nicht erforderlich. Der Antragsgegner sei bereit, den Antragstellern gegen dingliche Sicherung des Rückzahlungsanspruchs darlehensweise Grundsicherungsleistungen nach § 24 SGB II zu gewähren.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2015 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2015 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 656,00 EUR monatlich zu zahlen und im Übrigen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Aktuell sei der Wert des nicht genutzten Grundstücks nicht zu ermitteln. Für die Zeit ab 1. März 2015 fehle es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Der Antragsgegner habe den Antragstellern ein Darlehen gegen Sicherheit (§ 24 SGB II) angeboten. Hierzu hätten sich die Antragsgegner nicht geäußert. Soweit eine realistische Möglichkeit bestehe, auf diesem Weg seinen Lebensunterhalt zu sichern, fehle es an einer Eilbedürftigkeit des Antrages, da es den Antragstellern zumutbar sei, die Entscheidung der Hauptsache abzuwarten. Zur Umsetzung der Sicherung des Darlehens dürfte eine Zeit bis Ende Februar 2015 realistisch sein.
Am 28. Januar 2015 hat der Antragsteller zu 1. ergänzend vorgetragen und eine eidesstattliche Versicherung vom 23. Januar 2015 vorgelegt: Bei dem Grundstück in der B.-straße ..., ... B., handele es sich um ein unbebautes ca. 4000 qm großes Grundstück. Darauf befinde sich ein umgebautes Wasserwerk. Dieses habe nach Angaben von Maklern einen Wert von ca. 30.000,00 bis 50.000,00 EUR. Wegen Baufälligkeit habe dort ein Wohnobjekt im Jahr 2013 abgerissen werden müssen. Er habe mehrfach und intensiv versucht, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu veräußern, was nicht gelungen sei. Ein aufgesuchter Makler habe ihm erklärt, dass das Grundstück zu einem Preis von 15.000,00 EUR veräußert werden könne.
Am 6. Februar 2015 hat der Antragsgegner gegen den am 29. Januar 2015 zugestellten Beschluss Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und ergänzend ausgeführt: Die Antragsteller hätten versäumt, auf die wiederholt angebotene darlehensweise Gewährung von Leistungen zu reagieren. Es fehle daher am Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auf der Grundlage der Bodenrichtwerte des Landesamtes für Vermessung sei von einem Wert des Grundstücks in B. von 43.260,00 EUR auszugehen. Die Unverwertbarkeit des Grundstücks habe der Antragsteller zu 1. nicht glaubhaft gemacht und seine Verwertungsbemühungen auch nicht nachgewiesen.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. Januar 2015 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragssteller nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsteller haben Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt und ergänzend vorgetragen: Der Antragsgegner sei seinen Aufklärungspflichten nicht nachgekommen. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse könne der Antragsteller zu 1. kein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Wertes der unbewohnten Grundstücksfläche beauftragen. Soweit der Antragsgegner der Auffassung sei, den Antragstellern die Leistungen lediglich als Darlehen zu gewähren, hätte er dies veranlassen können. Der Antrag auf Bewilligung von Leistungen hätte vom Antragsgegner auch als Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Darlehensleistungen ausgelegt werden müssen. Nach einem zwischenzeitlich erhaltene Gutachten des Ausschusses für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt vom 12. März 2015 habe das Flurstück der Gemarkung B. einen Wert von 16.000,00 EUR.
Mit Beschluss vom 17. Februar 2015 hat der Vorsitzende des Senats die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 27. Januar 2015 ausgesetzt, soweit der Antragsgegner verpflichtet worden ist, vorläufig mehr als 436,50 EUR (Januar 2015) bzw. 454,60 EUR (Februar 2015) zu zahlen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert des § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR ist überschritten, denn der Antragsgegner ist für die Monate Januar bis Februar 2015 in der angegriffenen Entscheidung zu Leistungen in Höhe von insgesamt 1.312,00 EUR verpflichtet worden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lagen nicht vor, da kein Anordnungsgrund besteht.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für die Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht der Hauptsache nicht bindet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b RN 16b).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist den Antragstellern kein vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, da es an einem Anordnungsgrund fehlt.
Der Anordnungsgrund setzt eine Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit der Rechtsschutzgewährung voraus, die erst bei einer akuten, aktuell andauernden Notlage vorliegt und ein sofortiges gerichtliches Eingreifen erfordert. Eine Notlage, der im Wege der einstweiligen Anordnung zu begegnen wäre, liegt aber dann nicht vor, wenn der Antragsteller die benötigte Hilfe auch ohne Inanspruchnahme des Gerichts erlangen kann. Ein gerichtliches Einschreiten mittels einstweiliger Anordnung ist regelmäßig dann noch nicht erforderlich, wenn der Antragsteller durch eine darlehensweise Leistungsgewährung die finanzielle Notlage selbst beseitigen kann (vgl. Landessozialgericht Baden Württemberg Beschluss vom 22. Februar 2008, L 2 SO 233/08 ERB; LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 05. April 2006, L 23 B 19/06 SO ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 6. Mai 2009, L 8 SO 45/09 B ER; Bayerisches LSG Beschluss vom 23. Juli 2009, L 11 AS 433/09 B ER, jeweils zitiert nach juris).
So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hatte, wie bereits im vorangegangen Bewilligungszeitraum praktiziert, in seinem Schreiben vom 5. November und nochmals am 21. November 2014 eine mögliche darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angeboten und die Antragsteller diesbezüglich zur Äußerung aufgefordert. Hierauf haben die Antragsteller auch nach Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten nicht reagiert. Weder im Widerspruchsschreiben noch im anwaltlichen Schreiben vom 4. Dezember 2014 finden sich Hinweise, wie von Seiten der Antragsteller eine darlehensweise Leistungsgewährung bewertet wird. Erst in der Antragsschrift vom 7. Januar 2015, d.h. mit Einleitung des gerichtlichen Verfahrens, haben sie hilfsweise Darlehensleistungen beantragt. Die Antragsteller haben damit ohne Klärung der vom Antragsgegner aufgezeigten Möglichkeit, Leistungen darlehensweise zu erhalten, mutwillig gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen, obwohl sie die Notlage durch ein anderes Verhalten gegenüber dem Antragsgegner hätten selbst abwenden können. In der Zeit von Anfang November bis zum Zeitpunkt des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war zudem genügend Zeit, um die Einzelheiten der angebotenen Darlehensgewährung mit dem Antragsgegner abschließend zu klären.
Die Antragsteller waren vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe daher zunächst verpflichtet, die genauen Modalitäten einer in Aussicht gestellten darlehensweisen Gewährung von Leistungen durch Kontaktaufnahme mit dem Antragsgegner zu klären. Erst bei Erfolglosigkeit dieser Bemühungen oder ggf. unzumutbaren Bedingungen für eine Darlehensgewährung hätte möglicherweise ein Anlass für die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes bestanden. Solange die Antragsteller der ihnen zumutbaren Selbsthilfeverpflichtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II) nicht nachgekommen sind, bestand kein Anordnungsgrund, der das SG hätte zum Einschreiten veranlassen können. Der Beschluss war daher aufzuheben.
Mit ihrem Schweigen auf das Angebot zur Bewilligung von Leistungen auf Darlehensbasis haben die Antragsteller die konkrete Möglichkeit zur Gewährung solcher Leistungen verhindert. Ein Anordnungsgrund, der eine besondere Eilbedürftigkeit zur Vermeidung von besonderen Härten voraussetzt, lag damit bei Antragstellung am 8. Januar 2015 nicht vor. Nachdem ein Anordnungsgrund damit ausscheidet, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mehr an. Ob der Leistungsanspruch der Antragsteller nach Zugang des Gutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte ggf. anders zu bewerten ist, kann der Senat offenlassen, da lediglich die Monate Januar bis Februar 2015 im Streit stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe war für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Die Antragsteller sind bedürftig. Auf die Frage, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a Abs. 1 SGG iVm §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO)) kommt es nicht an, da hier der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Den Beschwerdegegnern wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsgegner) begehrt die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) mit dem der Antragsgegner, unter Antragsablehnung im Übrigen, im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet worden ist, den Antragstellern für den Zeitraum vom 1. Januar bis 28. Februar 2015 monatlich 656,00 EUR an Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu zahlen.
Die Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Antragsteller) leben in einer Bedarfsgemeinschaft in einem Eigenheim in R. Der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. sind verheiratet und haben fünf minderjährige Kinder (Antragsteller zu 3.: geboren 2003; Antragsteller zu 4.: geboren 2005; Antragsteller zu 5.: geboren 2008; Antragsteller zu 6: geboren 2012; Antragsteller zu 7.: geboren 2014). Die Bedarfsgemeinschaft steht im Leistungsbezug beim Beklagten und erhält Leistungen nach dem SGB II. Nach einem Grundbuchauszug des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen vom 19. Juli 2013 ist der Antragsteller zu 1. Eigentümer der Gebäude- und Nebenfläche in B. Mit Schreiben vom 6. Februar 2014 forderte der Antragsgegner vom Antragsteller zu 1. u.a. Lagepläne von dem Grundstück in B. vorzulegen. Der Antragsgegner errechnete auf der Grundlage der Bodenrichtwerte einen Wert des Grundstücks von 43.260,00 EUR.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2014 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern im Wege der vorläufigen Bewilligung darlehensweise SGB II-Leistungen gemäß § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Zugleich gab er den Antragstellern u.a. auf, innerhalb des Bewilligungsabschnitts umfassende Verkaufsbemühungen der Flurstücke 22/2 und 23/1 in B. zu dokumentieren und nachzuweisen. Am 14. Juli 2014 ging eine Erklärung des Antragstellers zu 1. vom 10. Juli 2014 beim Antragsgegner ein. Darin gab dieser an: Er habe Kontakt mit zwei Immobilienverwaltern und einem Hausverwalter Anfang/Mitte Juni 2014 aufgenommen. Hierüber habe er keine schriftliche Auskunft erhalten. Nach mündlicher Aussage der Verwalter sei das Grundstück unattraktiv und schwer verkäuflich.
Am 30. Oktober 2014 stellten die Antragsteller einen Weiterbewilligungsantrag auf Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 5. November 2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab und führte aus: Der Antragsteller zu 1. verfüge wegen des Grundstücks in B. über ein verwertbares Vermögen von insgesamt 45.090,00 EUR. Nach Abzug der Freibeträge in Höhe von 18.600,00 EUR bestehe keine Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft. In zwei Schreiben vom selben Tage belehrte der Antragsgegner die Antragsteller über einen Ersatzanspruch bei schuldhafter Herbeiführung der Bedürftigkeit gemäß § 34 SGB II sowie über die Möglichkeit einer darlehensweisen Gewährung der Leistungen nach dem SGB II. Sollte der sofortige Zugriff auf die berücksichtigungsfähigen Vermögenswerte unmöglich sein, könne die Leistungsgewährung in Form eines Darlehens erfolgen. Wörtlich wird in diesem Schreiben weiter ausgeführt: "Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie die darlehensweise Gewährung der Leistung wünschen." Mit einem weiteren Schreiben vom 5. November 2014 hat der Antragsgegner ein Verkehrswertgutachten beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation in Auftrag gegeben und gleichzeitig den Antragsteller zu 1. darüber informiert.
Am 17. November 2014 legten die Antragsteller, nunmehr anwaltlich vertreten, gegen den Bescheid Widerspruch ein und machten geltend: Bei dem Grundstück in B. handele es sich um ein unbebautes Grundstück. Der Antragsteller zu 1. habe in der Vergangenheit mehrfach und ernsthaft versucht, das Grundstück zu veräußern, was jedoch nicht gelungen sei. Das Grundstück sei nicht als "bereites Mittel" anzusehen, so dass weiterhin SGB II-Leistungen vom Antragsgegner zu bewilligen seien. Der Verkehrswert des Grundstücks betrage zudem höchstens 15.000,00 EUR. Der Antragsteller zu 1. habe am besagten Objekt Abrissarbeiten vornehmen und hierfür 14.000,00 EUR aufbringen müssen, mit denen er immer noch belastet sei.
Mit Schreiben vom 21. November 2014, das am selben Tage per Fax an den Prozessbevollmächtigten übermittelt wurde, bat der Antragsgegner um Vorlage von Nachweisen zum behaupteten Verkehrswert von 15.000,00 EUR sowie um einen aktuellen Grundbuchauszug wegen der behaupteten Belastungen. Er habe den Antragstellern bereits im Schreiben vom 5. November 2014 eine darlehensweise Leistungsgewährung angeboten. Diese hätten sich aber nicht gemeldet.
Am 5. Dezember 2014 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärt, die Antragsteller seien nicht verpflichtet, auf eigene Kosten ein Verkehrswertgutachten einzuholen. Das sei Aufgabe des Leistungsträgers. Sollte bis zum 10. Dezember 2014 kein Bewilligungsbescheid erlassen sein, werde er einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014, der am selben Tag per Fax an den Prozessbevollmächtigten versandt wurde, wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück und führte u.a. aus, dass die Antragsteller auf die Möglichkeit der darlehensweisen Gewährung hingewiesen worden seien. Hierauf hätten diese nicht reagiert.
Am 8. Januar 2015 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, den Antragsgegner zu verpflichten, Grundsicherungsleistungen in Höhe von mindestens 748,40 EUR monatlich vom 1. Januar bis 31. Mai 2015 zu gewähren. In der Sache haben die Antragsteller vorgetragen: Sie erhielten Kindergeld in Gesamthöhe von 773,00 EUR sowie Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR. Der Antragsteller zu 1. beziehe Krankengeld in Höhe von 9,31 EUR täglich. Der Antragsteller zu 4. sei schwerbehindert und erhalte Pflegegeld der Stufe II in Höhe von 525,00 EUR monatlich. Wegen Baufälligkeit habe der Antragsteller zu 1. auf seinem Grundstück in B. die dort befindliche Immobilie abreißen lassen müssen. Seither bemühe er sich das Grundstück zu veräußern. Es sei aber nicht bereit, die Immobilie "zu verschleudern". Jedenfalls stehe der Wert des Grundstücks nicht als sog. bereites Mittel zur Verfügung. Mithin seien die Leistungen zumindest darlehensweise zu gewähren. Die Eilbedürfigkeit sei gegeben, da nach dem vorgelegten Kontoauszug nur noch 1.328,50 EUR vorhanden seien und zu Jahresbeginn einige Versicherungen zu zahlen seien.
Der Antragsgegner hat ausgeführt: Den Antragstellern sei wiederholt die darlehensweise Gewährung von Leistungen angeboten worden. Es verwundere daher, wenn die Antragsteller nun selbst hilfsweise die Gewährung eines Leistungsdarlehens begehrten, obwohl sie sich zuvor hierzu nie geäußert hätten. Eine gerichtliche Eilentscheidung sei daher nicht erforderlich. Der Antragsgegner sei bereit, den Antragstellern gegen dingliche Sicherung des Rückzahlungsanspruchs darlehensweise Grundsicherungsleistungen nach § 24 SGB II zu gewähren.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2015 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2015 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 656,00 EUR monatlich zu zahlen und im Übrigen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Aktuell sei der Wert des nicht genutzten Grundstücks nicht zu ermitteln. Für die Zeit ab 1. März 2015 fehle es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Der Antragsgegner habe den Antragstellern ein Darlehen gegen Sicherheit (§ 24 SGB II) angeboten. Hierzu hätten sich die Antragsgegner nicht geäußert. Soweit eine realistische Möglichkeit bestehe, auf diesem Weg seinen Lebensunterhalt zu sichern, fehle es an einer Eilbedürftigkeit des Antrages, da es den Antragstellern zumutbar sei, die Entscheidung der Hauptsache abzuwarten. Zur Umsetzung der Sicherung des Darlehens dürfte eine Zeit bis Ende Februar 2015 realistisch sein.
Am 28. Januar 2015 hat der Antragsteller zu 1. ergänzend vorgetragen und eine eidesstattliche Versicherung vom 23. Januar 2015 vorgelegt: Bei dem Grundstück in der B.-straße ..., ... B., handele es sich um ein unbebautes ca. 4000 qm großes Grundstück. Darauf befinde sich ein umgebautes Wasserwerk. Dieses habe nach Angaben von Maklern einen Wert von ca. 30.000,00 bis 50.000,00 EUR. Wegen Baufälligkeit habe dort ein Wohnobjekt im Jahr 2013 abgerissen werden müssen. Er habe mehrfach und intensiv versucht, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu veräußern, was nicht gelungen sei. Ein aufgesuchter Makler habe ihm erklärt, dass das Grundstück zu einem Preis von 15.000,00 EUR veräußert werden könne.
Am 6. Februar 2015 hat der Antragsgegner gegen den am 29. Januar 2015 zugestellten Beschluss Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und ergänzend ausgeführt: Die Antragsteller hätten versäumt, auf die wiederholt angebotene darlehensweise Gewährung von Leistungen zu reagieren. Es fehle daher am Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auf der Grundlage der Bodenrichtwerte des Landesamtes für Vermessung sei von einem Wert des Grundstücks in B. von 43.260,00 EUR auszugehen. Die Unverwertbarkeit des Grundstücks habe der Antragsteller zu 1. nicht glaubhaft gemacht und seine Verwertungsbemühungen auch nicht nachgewiesen.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. Januar 2015 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragssteller nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsteller haben Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt und ergänzend vorgetragen: Der Antragsgegner sei seinen Aufklärungspflichten nicht nachgekommen. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse könne der Antragsteller zu 1. kein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Wertes der unbewohnten Grundstücksfläche beauftragen. Soweit der Antragsgegner der Auffassung sei, den Antragstellern die Leistungen lediglich als Darlehen zu gewähren, hätte er dies veranlassen können. Der Antrag auf Bewilligung von Leistungen hätte vom Antragsgegner auch als Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Darlehensleistungen ausgelegt werden müssen. Nach einem zwischenzeitlich erhaltene Gutachten des Ausschusses für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt vom 12. März 2015 habe das Flurstück der Gemarkung B. einen Wert von 16.000,00 EUR.
Mit Beschluss vom 17. Februar 2015 hat der Vorsitzende des Senats die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 27. Januar 2015 ausgesetzt, soweit der Antragsgegner verpflichtet worden ist, vorläufig mehr als 436,50 EUR (Januar 2015) bzw. 454,60 EUR (Februar 2015) zu zahlen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
II.
Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert des § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR ist überschritten, denn der Antragsgegner ist für die Monate Januar bis Februar 2015 in der angegriffenen Entscheidung zu Leistungen in Höhe von insgesamt 1.312,00 EUR verpflichtet worden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lagen nicht vor, da kein Anordnungsgrund besteht.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für die Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht der Hauptsache nicht bindet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b RN 16b).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist den Antragstellern kein vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, da es an einem Anordnungsgrund fehlt.
Der Anordnungsgrund setzt eine Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit der Rechtsschutzgewährung voraus, die erst bei einer akuten, aktuell andauernden Notlage vorliegt und ein sofortiges gerichtliches Eingreifen erfordert. Eine Notlage, der im Wege der einstweiligen Anordnung zu begegnen wäre, liegt aber dann nicht vor, wenn der Antragsteller die benötigte Hilfe auch ohne Inanspruchnahme des Gerichts erlangen kann. Ein gerichtliches Einschreiten mittels einstweiliger Anordnung ist regelmäßig dann noch nicht erforderlich, wenn der Antragsteller durch eine darlehensweise Leistungsgewährung die finanzielle Notlage selbst beseitigen kann (vgl. Landessozialgericht Baden Württemberg Beschluss vom 22. Februar 2008, L 2 SO 233/08 ERB; LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 05. April 2006, L 23 B 19/06 SO ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 6. Mai 2009, L 8 SO 45/09 B ER; Bayerisches LSG Beschluss vom 23. Juli 2009, L 11 AS 433/09 B ER, jeweils zitiert nach juris).
So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hatte, wie bereits im vorangegangen Bewilligungszeitraum praktiziert, in seinem Schreiben vom 5. November und nochmals am 21. November 2014 eine mögliche darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angeboten und die Antragsteller diesbezüglich zur Äußerung aufgefordert. Hierauf haben die Antragsteller auch nach Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten nicht reagiert. Weder im Widerspruchsschreiben noch im anwaltlichen Schreiben vom 4. Dezember 2014 finden sich Hinweise, wie von Seiten der Antragsteller eine darlehensweise Leistungsgewährung bewertet wird. Erst in der Antragsschrift vom 7. Januar 2015, d.h. mit Einleitung des gerichtlichen Verfahrens, haben sie hilfsweise Darlehensleistungen beantragt. Die Antragsteller haben damit ohne Klärung der vom Antragsgegner aufgezeigten Möglichkeit, Leistungen darlehensweise zu erhalten, mutwillig gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen, obwohl sie die Notlage durch ein anderes Verhalten gegenüber dem Antragsgegner hätten selbst abwenden können. In der Zeit von Anfang November bis zum Zeitpunkt des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war zudem genügend Zeit, um die Einzelheiten der angebotenen Darlehensgewährung mit dem Antragsgegner abschließend zu klären.
Die Antragsteller waren vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe daher zunächst verpflichtet, die genauen Modalitäten einer in Aussicht gestellten darlehensweisen Gewährung von Leistungen durch Kontaktaufnahme mit dem Antragsgegner zu klären. Erst bei Erfolglosigkeit dieser Bemühungen oder ggf. unzumutbaren Bedingungen für eine Darlehensgewährung hätte möglicherweise ein Anlass für die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes bestanden. Solange die Antragsteller der ihnen zumutbaren Selbsthilfeverpflichtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II) nicht nachgekommen sind, bestand kein Anordnungsgrund, der das SG hätte zum Einschreiten veranlassen können. Der Beschluss war daher aufzuheben.
Mit ihrem Schweigen auf das Angebot zur Bewilligung von Leistungen auf Darlehensbasis haben die Antragsteller die konkrete Möglichkeit zur Gewährung solcher Leistungen verhindert. Ein Anordnungsgrund, der eine besondere Eilbedürftigkeit zur Vermeidung von besonderen Härten voraussetzt, lag damit bei Antragstellung am 8. Januar 2015 nicht vor. Nachdem ein Anordnungsgrund damit ausscheidet, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mehr an. Ob der Leistungsanspruch der Antragsteller nach Zugang des Gutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte ggf. anders zu bewerten ist, kann der Senat offenlassen, da lediglich die Monate Januar bis Februar 2015 im Streit stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe war für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Die Antragsteller sind bedürftig. Auf die Frage, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a Abs. 1 SGG iVm §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO)) kommt es nicht an, da hier der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved