Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 An 2987/95
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 RA 53/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juni 1997 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Bewertung freiwilliger Beiträge für einen später als Ersatzzeit anerkannten Zeitraum als solche der Höherversicherung, hilfsweise die „Streichung“ dieser Ersatzzeit.
Der 1934 in B geborene und seit September 1988 in Österreich lebende Kläger war u.a. vom 14. April 1969 bis zum 19. November 1970 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bzw. im Ostteil Berlins inhaftiert. Sein Begehren, eine entsprechende „Häftlingsbescheinigung“ gemäß § 10 Abs. 4 des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz - HHG -) zu erhalten, blieb letztlich erfolglos (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 1975 - VIII C 89.74 -, BVerwGE 49, 107; die gegen dieses Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss vom 16. Dezember 1975 - 1 BvR 412/75 -).
Am 17. Mai 1975 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung der Zeit seiner Inhaftierung als Ersatzzeit. Nach Ablehnung dieses Antrages und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger dagegen am 31. Mai 1976 Klage beim Sozialgericht H. Dieser Rechtsstreit endete im Februar 1984 durch den Abschluss eines vom Sozialgericht H vorgeschlagenen Vergleichs, wonach sich die Beklagte unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung verpflichtete, über die Anrechnung einer Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vom 14. April 1969 bis 31. Oktober 1971 einen neuen Bescheid zu erteilen, wenn über den Anspruch des Klägers im (seinerzeit ebenfalls beim Sozialgericht H anhängigen) Verfahren gegen die Stadt H ein rechtskräftiges Urteil vorliegen werde. Jener Rechtsstreit, in dem der Kläger die Zulassung zum Härteausgleich nach § 12 HHG erstrebt hatte, endete durch ein Urteil des Landessozialgerichts H vom 12. September 1985, mit dem die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts H vom 13. April 1984 zurückgewiesen wurde; dies teilte der Kläger der Beklagten am 27. September 1994 mit. Einen neuen Bescheid über die 1975 beantragte Anerkennung einer Ersatzzeit hat die Beklagte daraufhin nicht erteilt.
Im Verlauf des damals durchgeführten Widerspruchsverfahrens hatte der Kläger am 1. September 1975 (hilfsweise) die Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für acht Monate im Jahr 1969 und zehn Monate im Jahr 1970 beantragt; einen dafür bestimmten Betrag in Höhe von 5.544,- DM zahlte er im Mai 1976 ein. Mit Bescheid vom 2. Dezember 1976 ließ die Beklagte ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Monate Mai 1969 bis Oktober 1971 zu; den verbleibenden Nachentrichtungsbetrag in Höhe von 4.248,- DM zahlte der Kläger noch im Dezember 1976 ein.
Bereits am 1. September 1976 hatte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. Mit Bescheid vom 4. März 1977 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. Juli 1976, bei deren Berechnung sie u.a. für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 die vom Kläger nachentrichteten freiwilligen Beiträge zugrunde legte.
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs zur Erledigung des seinerzeit beim Sozialgericht H anhängigen Rechtsstreits über die Anerkennung einer Ersatzzeit hatte der Kläger im Februar 1984 die Beklagte gebeten, mit den für diese Zeiträume gezahlten Nachentrichtungsbeiträgen dann (bei Anerkennung der Ersatzzeit) die Zeiten zu belegen, die nach dem Rentenbescheid vom 2. (gemeint offenbar: 4.) März 1977 nicht als Ausfallzeit anerkannt worden seien (März 1968, Oktober und November 1965 sowie Januar 1956 bis April 1960). Die Beklagte schrieb dem Kläger daraufhin am 27. Juli 1984, dass die freiwilligen Beiträge für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 gemäß dem Bescheid vom 2. Dezember 1976 rechtswirksam nachentrichtet worden seien. Eine nachträgliche Abänderung dieses Bescheides sei nicht zulässig; die Möglichkeit der Verschiebung des Nachentrichtungszeitraumes bzw. der Änderung der Beitragsklassenwahl bestehe für ihn jetzt nicht mehr. Aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannten Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 5 AVG würden die freiwilligen Beiträge für diese Zeit als Höherversicherungsbeiträge nach Art. 2 § 15 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) gelten. Sollte er eine Rückzahlung der für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 nachentrichteten Beiträge wünschen, wäre die Beklagte zu einer entsprechenden Erstattung bereit. Der Kläger antwortete darauf, dass er für den vorgeschlagenen Zeitraum eine Höherversicherung wünsche.
Am 5. Oktober 1984 schrieb die Beklagte dem Kläger, dass sie versehentlich davon ausgegangen sei, dass über die Ersatzzeit vom 14. April 1969 bis 31. Oktober 1971 bereits entschieden worden sei. Sie habe jetzt jedoch festgestellt, dass das Klageverfahren mit einem Vergleich abgeschlossen worden sei, wonach über eine eventuelle Neuberechnung erst entschieden werden könne, wenn ein rechtskräftiges Urteil in dem vom Kläger gegen die Stadt H geführten Rechtsstreit vorliege. Ebenfalls erst danach könne entschieden werden, ob die für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 nachentrichteten Beiträge dann gegebenenfalls als Höherversicherungsbeiträge gelten würden. Der Brief vom 27. Juli 1984 sei deshalb insoweit als gegenstandslos zu betrachten. Es bleibe dagegen dabei, dass eine nachträgliche Änderung des bindenden Nachentrichtungsbescheides vom 2. Dezember 1976 nicht mehr möglich sei.
Mit Brief vom 19. November 1990 teilte der Kläger mit, dass er die Rehabilitierung wegen seiner Inhaftierung in der DDR beantragt habe. Für den Fall des Erfolges beantrage er eine neue Rentenberechnung, bei der die freiwillig entrichteten Beiträge als solche der Höherversicherung gelten sollten. Hierum habe er bis 1986 einen Rechtsstreit geführt. Durch das letzte Urteil des Landessozialgerichts H habe sich auch das seinerzeit wegen der Rentenberechnung beim Sozialgericht H geführte Verfahren durch Vergleich erledigt. Diesen Brief beantwortete die Beklagte unter dem 4. Dezember 1990 mit einer Bestätigung, dass sein „Antrag auf Kontenklärung“ bei ihr eingegangen sei und bearbeitet werde; weitere Nachricht erhielt der Kläger dazu nicht.
Nach einer weiteren, von der Beklagten mit Bescheiden vom 20. August 1993 zugelassenen und im September bzw. Dezember 1993 durchgeführten Nachentrichtung von Beiträgen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. März 1994 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Januar 1989 neu fest, wobei sich ein Nachzahlungsbetrag von 8,88 DM ergab.
Bereits am 4. Januar 1994 hatte der Kläger die Gewährung von Altersrente (wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für anerkannte Schwerbehinderte) beantragt. Im April 1994 teilte er mit, dass das Landgericht B in seiner Rehabilitierungssache am 4. Februar 1994 u.a. beschlossen habe, dass das Urteil des Militärobergerichts B vom 24. April 1970 rechtsstaatswidrig sei und aufgehoben werde und er - u.a. - in der Zeit vom 14. April 1969 bis zum 19. November 1970 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten habe. Einen eine weitere Haftzeit betreffenden Beschluss des Landgerichts P vom 13. Juni 1994 teilte er der Beklagten im Juni 1994 mit. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juli 1994 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. August 1991 abermals neu fest, wobei sie nunmehr die Monate Juni bis September 1954 sowie April 1969 als Ersatzzeit (politische Haft, Gewahrsam) und die Monate Mai 1969 bis Oktober 1971 als beitragsgeminderte Zeit (Zusammentreffen einer Beitrags- mit einer Ersatzzeit wegen politischer Haft bzw. Gewahrsams) berücksichtigte. Sie ermittelte daraus insgesamt 40,3741 persönliche Entgeltpunkte, legte der Rentenberechnung jedoch die durch Umwertung der mit Bescheid vom 4. März 1977 zuerkannten Rente gemäß § 307 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (41,1028) zugrunde. Die Neufeststellung sei ab dem Inkrafttreten des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) erfolgt.
Mit Bescheid vom 19. August 1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Altersrente ab dem 1. Oktober 1994, wobei sie eine weitere Ersatzzeit (politische Haft, Gewahrsam) vom 22. Januar 1979 bis 7. April 1981 (sowie zeitgleich eine Anrechnungszeit wegen Rentenbezugs) annahm.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 12. August bzw. 5. September 1994 Widerspruch ein, mit dem er zum einen eine weitere Zurechnungszeit begehrte und zum anderen - nach- dem jetzt die Zeiten seiner Inhaftierung als Ersatzzeiten anerkannt worden seien - die Umwandlung der für die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1971 nachentrichteten freiwilligen Beiträge in solche der Höherversicherung, wie die Beklagte ihm 1984 selbst vorgeschlagen habe.
Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 1. Dezember 1994 die Altersrente des Klägers ab 1. Oktober 1994 neu fest, wobei sie weitere 20 Monate des Rentenbezugs als Anrechnungszeit berücksichtigte; sie ermittelte nunmehr insgesamt 51,3251 persönliche Entgeltpunkte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 1995 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG neben Ersatzzeiten entrichtete freiwillige Beiträge nur dann als Beiträge der Höherversicherung gelten würden, soweit sie in der Zeit vor dem 1. Januar 1957 mit Ersatzzeiten zusammenträfen. Die ihm am 27. Juli 1984 erteilte Auskunft sei unrichtig gewesen, was jedoch unbeachtlich sei. Zum einen sei diese Auskunft berichtigt worden, zum anderen sei für die Rentenberechnung nunmehr ausschließlich das Sechste Buch des Sozialgesetzbuches maßgeblich. Nach den entsprechenden Beschlüssen der Landgerichte B und P vom 4. Februar bzw. 13. Juni 1994 seien gemäß dem am 1. August 1991 in Kraft getretenen § 28 Abs. 1 Nr. 5 a AVG nunmehr Ersatzzeiten anzuerkennen gewesen und die Rente nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X) neu festzustellen gewesen. Nach § 300 Abs. 3 SGB VI sei das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Sechste Buch des Sozialgesetzbuches anzuwenden gewesen. Dieses sehe für die Abgeltung von rechtswirksam entrichteten freiwilligen Beiträgen für Zeiten, die nachträglich als Ersatzzeiten anerkannt worden seien, keine Regelung vor. Diese Zeiten seien vielmehr als beitragsgeminderte Zeiten zu bewerten. Aufgrund der danach maßgeblichen Gesamtleistungsbewertung habe sich zwar eine Verringerung der Entgeltpunkte bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ergeben. § 300 Abs. 3 Satz 2 SGB VI bewirke jedoch, dass sich das neue Recht in diesen Fällen nicht nachteilig auf die Höhe der Rentenleistung auswirke, sondern gemäß § 88 SGB VI ein dynamischer Besitzschutz aus den höheren persönlichen Entgeltpunkten der bisher geleisteten Rente gewährt werde.
Die am 8. Mai 1995 erhobene Klage, mit der der Kläger die Behandlung der von ihm für die Ersatzzeit vom 1. Mai 1969 bis 31. Oktober 1971 gezahlten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung, hilfsweise die vollständige „Streichung“ dieser Ersatzzeit erstrebt, hat das Sozialgericht durch Urteil vom 10. Juni 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte habe die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1970 (gemeint wohl: 1971) zu Recht als Ersatzzeit sowie als beitragsgeminderte Zeit bewertet. Für die Bewertung der für diesen Zeitraum entrichteten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung fehle es an einer Rechtsgrundlage. Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG betreffe nur das Aufeinandertreffen von Ersatzzeiten und freiwilligen Beiträgen vor dem 1. Januar 1957. Eine andere Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sei nicht ersichtlich. Dies gelte auch für den vom Kläger hilfsweise angestrebten Verzicht auf die festgestellte Ersatzzeit. Dahinstehen könne, dass auf den Antrag des Klägers vom 20. November 1990 kein ausdrücklicher Bescheid ergangen sei. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Rentenhöhe nach den Bescheiden vom 26. Juli bzw. 19. August 1994. Ein ausdrücklicher Bescheid der Beklagten auf den Antrag vom 20. November 1990 könnte aus den vorstehenden Gründen auch nicht zur Feststellung von Beiträgen zur Höherversicherung führen.
Gegen das ihm am 4. Dezember 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 1997 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er fragt, wie die Beklagte ihm eine Höherversicherung habe vorschlagen können, wenn es dafür keine gesetzliche Grundlage gebe. Er gibt ferner an, dass ihm nach seiner Rehabilitierung wegen einer anderen Haftzeit eine Kapitalentschädigung in Höhe von 8.400,- DM zuerkannt worden sei; wegen der hier fraglichen Haftzeit habe er noch keine Entschädigung erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juni 1997 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 26. Juli und 19. August 1994 in der Fassung des Bescheides vom 1. Dezember 1994 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1995 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Renten zu gewähren, indem bei deren Berechnung die von ihm für die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1971 entrichteten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung bewertet werden, hilfsweise sie ohne Berücksichtigung einer Ersatzzeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1971 berechnet werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Begründung ihres Widerspruchsbescheides und ihr Vorbringen in der ersten Instanz. Die fehlerhafte Auskunft in dem Schreiben vom 27. Juli 1984 sei bereits mit Brief vom 10. Oktober 1984 berichtigt worden. Dessen ungeachtet könne der Kläger aus Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG keine Rechte herleiten, da für ihn das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Sechste Buch des Sozialgesetzbuches Anwendung finde. Ein „Verzicht“ auf einzelne Berechnungselemente („Streichung der Ersatzzeit“) sei nicht zulässig. Es sei im Übrigen nicht zu vermuten, dass der Kläger bei einem zutreffenden Hinweis darauf, dass die freiwilligen Beiträge auch bei einer Rehabilitierung und anschließenden Anerkennung einer Ersatzzeit, die erst seit dem 1. August 1991 möglich sei, nicht als solche der Höherversicherung zu berücksichtigen seien, auf seine Rehabilitierung und die damit verbundenen Vorteile verzichtet hätte. Die Beklagte teilt ferner mit, dass eine Berechnung der Altersrente ohne die Ersatzzeit vom 1. Mai 1969 bis 31. Oktober 1971 zu 51,8187 persönlichen Entgeltpunkten führen würde.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die den Kläger betreffende Einheitsakte der Beklagten (3 Bände) sowie die Akte des Sozialgerichts H (11 AN 359/76) verwiesen.
Beide Beteiligte haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem beide Beteiligte erklärt haben, dass sie damit einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung erweist sich als unbegründet.
Ein Anspruch auf höhere Renten wegen Erwerbsunfähigkeit und Alters besteht nicht.
Der Kläger kann die von ihm in erster Linie erstrebte Bewertung der für die Monate Mai 1969 bis Oktober 1971 entrichteten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung nicht verlangen. Wie bereits das Sozialgericht erkannt hat, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 AnVNG sieht nur für freiwillige Beiträge, die (im Übrigen nicht „für“, sondern) „in“ der Zeit vor dem 1. Januar 1957 (wiederum nicht „für“, sondern) „in“ Ersatzzeiten entrichtet worden sind, vor, dass sie als solche der Höherversicherung gelten. Dieser Fall ist hier nicht gegeben, denn die fraglichen freiwilligen Beiträge sind (selbst wenn man sie als „in“ einer Ersatzzeit entrichtet ansehen wollte) weder „in“ der Zeit vor dem 1. Januar 1957 noch „für“ diese Zeit (nach)entrichtet worden. Auch eine Berücksichtigung dieser freiwilligen Beiträge als Beiträge der Höherversicherung nach § 32 b Abs. 2 AVG (in Kraft vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1991) scheidet aus, da diese Vorschrift nach Art. 2 § 12 a AnVNG nur für freiwillige Beiträge gilt, die für Zeiten nach dem 31. Dezember 1978 entrichtet sind, und nur für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1980 eingetreten sind. Dies ist hier ebenfalls nicht der Fall. Auch das ab dem 1. Januar 1992 geltende Recht kennt eine Regelung in dem vom Kläger erstrebten Sinn nicht. Im Übrigen liegt eine (anrechenbare) Ersatzzeit erst seit dem 1. August 1991 vor; der Kläger hat aber Leistungen aus den freiwilligen Beiträgen bereits seit Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit 1976 erhalten. Schon deshalb schiede jede „Umbuchung“ aus.
Die von ihm hilfsweise begehrte „Streichung der Ersatzzeit“ (vom 1. Mai 1969 bis 31. Okto-ber 1971) kann der Kläger gleichfalls nicht beanspruchen. Die Beklagte weist mit Fug darauf hin, dass ein Verzicht auf einzelne Berechnungselemente selbst dann nicht möglich ist, wenn dies zu einer höheren Rente führen würde.
Der Senat kann auch unentschieden lassen, ob sich aus dem „sozialrechtlichen Herstellungsanspruch“ ein Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Rentenberechnung (ohne die fragliche Ersatzzeit) ergeben könnte. Zwar kann eine Verletzung der einem Versicherungsträger obliegenden Pflicht zur Auskunft, Belehrung und „verständnisvollen Förderung“ der Interessen des Versicherten dessen Verpflichtung begründen, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn er diese Pflicht richtig erfüllt und der Versicherte sich dementsprechend verhalten hätte. Hier hat zwar die Beklagte dem Kläger nicht nur im Juli 1984 eine falsche Auskunft erteilt. Auch deren diese Auskunft berichtigende Nachricht vom 5. Oktober 1984, in der es heißt, dass erst nach einer Entscheidung über das Vorliegen einer Ersatzzeit entschieden werden könne, ob die nachentrichteten Beiträge dann gegebenenfalls als Höherversicherungsbeiträge gelten würden, war falsch, da dies auch nach dem damals geltenden Recht nicht möglich war (wie oben im Einzelnen ausgeführt). Diese falsche Auskunft hat die Beklagte auch nicht aufgrund des Briefes des Klägers vom 19. November 1990 berichtigt, in dem dieser abermals die „Umwandlung“ der freiwilligen Beiträge in solche der Höherversicherung beantragte, sofern eine Ersatzzeit anerkannt werden würde, sondern diesen Antrag nur mit einer nichtssagenden Eingangsbestätigung beantwortet.
Aus diesem Beratungsfehler kann der Kläger allerdings für die ihm wegen Erwerbsunfähigkeit gewährte Rente kein günstigeres Ergebnis herleiten. Denn insoweit ist dieser Fehler ohne Folgen geblieben. Es ist nicht ersichtlich, dass und wie sich der Kläger 1984 anders verhalten hätte, wenn ihm bereits damals mitgeteilt worden wäre, dass eine Umwandlung der - ja bereits 1976 (nach-)entrichteten - freiwilligen Beiträge in solche der Höherversicherung nicht zulässig sei. Er hat auch nicht etwa 1975 bzw. 1976 die (hilfsweise) Nachentrichtung freiwilliger Beiträge aufgrund dieses Beratungsfehlers beantragt, und es besteht auch kein Anhalt, dass er damals auch nur die Vorstellung gehabt hätte, die noch nachzuentrichtenden bzw. nachentrichteten Beiträge könnten gegebenenfalls als solche der Höherversicherung gelten. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass eine solche Vorstellung auf einem fehlerhaften Verhalten der Beklagten beruht haben könnte. Im Übrigen ist dem Kläger - auch nach der Neuberechnung seiner Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - stets der sich aus der Berechnung ohne diese Ersatzzeit (nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes) ergebende - höhere - Betrag gezahlt worden; die vom Kläger hilfsweise begehrte „Streichung“ würde sich insoweit nicht auswirken.
Aber auch für die Berechnung seiner Altersrente scheidet eine „Streichung der Ersatzzeit“ aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus. Zwar würde diese „Streichung“ zu einer - allerdings nur geringfügig - höheren Rente führen. Indes ist nicht anzunehmen, der Kläger hätte, wenn er zumindest 1990 darauf hingewiesen worden wäre, dass eine „Umwand-lung“ der freiwilligen Beiträge bei Anerkennung einer Ersatzzeit für diesen Zeitraum nicht möglich sei, seinen Antrag auf Rehabilitierung nicht gestellt bzw. zurückgenommen. Angesichts der nur geringfügig höheren Rente auf der einen und der mit einer Rehabilitierung verbundenen ideellen und materiellen Folgen für den Kläger auf der anderen Seite lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger auf seine Rehabilitierung verzichtet hätte. Deshalb kann dahinstehen, ob eine Nicht-Rehabilitierung (als Tatsache) überhaupt „herstellungsfähig“ wäre.
Ob er wegen seiner Haftzeiten den Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung nach den Vorschriften des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) beanspruchen kann (und sich dann eine höhere Rente ergäbe), hat der Senat nicht zu prüfen. Einen entsprechenden Antrag (§ 10 BerRehaG) hat der Kläger bislang nicht gestellt. Im Übrigen ist dazu die Vorlage einer von der zuständigen Rehabilitierungsbehörde zu erteilenden Rehabilitierungsbescheinigung erforderlich, die der Kläger allerdings noch bis zum 31. Dezember 2001 beantragen kann (§ 20 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG).
Die dem Ergebnis der Hauptsache Rechnung tragende Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Bewertung freiwilliger Beiträge für einen später als Ersatzzeit anerkannten Zeitraum als solche der Höherversicherung, hilfsweise die „Streichung“ dieser Ersatzzeit.
Der 1934 in B geborene und seit September 1988 in Österreich lebende Kläger war u.a. vom 14. April 1969 bis zum 19. November 1970 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bzw. im Ostteil Berlins inhaftiert. Sein Begehren, eine entsprechende „Häftlingsbescheinigung“ gemäß § 10 Abs. 4 des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz - HHG -) zu erhalten, blieb letztlich erfolglos (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 1975 - VIII C 89.74 -, BVerwGE 49, 107; die gegen dieses Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss vom 16. Dezember 1975 - 1 BvR 412/75 -).
Am 17. Mai 1975 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung der Zeit seiner Inhaftierung als Ersatzzeit. Nach Ablehnung dieses Antrages und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger dagegen am 31. Mai 1976 Klage beim Sozialgericht H. Dieser Rechtsstreit endete im Februar 1984 durch den Abschluss eines vom Sozialgericht H vorgeschlagenen Vergleichs, wonach sich die Beklagte unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung verpflichtete, über die Anrechnung einer Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vom 14. April 1969 bis 31. Oktober 1971 einen neuen Bescheid zu erteilen, wenn über den Anspruch des Klägers im (seinerzeit ebenfalls beim Sozialgericht H anhängigen) Verfahren gegen die Stadt H ein rechtskräftiges Urteil vorliegen werde. Jener Rechtsstreit, in dem der Kläger die Zulassung zum Härteausgleich nach § 12 HHG erstrebt hatte, endete durch ein Urteil des Landessozialgerichts H vom 12. September 1985, mit dem die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts H vom 13. April 1984 zurückgewiesen wurde; dies teilte der Kläger der Beklagten am 27. September 1994 mit. Einen neuen Bescheid über die 1975 beantragte Anerkennung einer Ersatzzeit hat die Beklagte daraufhin nicht erteilt.
Im Verlauf des damals durchgeführten Widerspruchsverfahrens hatte der Kläger am 1. September 1975 (hilfsweise) die Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für acht Monate im Jahr 1969 und zehn Monate im Jahr 1970 beantragt; einen dafür bestimmten Betrag in Höhe von 5.544,- DM zahlte er im Mai 1976 ein. Mit Bescheid vom 2. Dezember 1976 ließ die Beklagte ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Monate Mai 1969 bis Oktober 1971 zu; den verbleibenden Nachentrichtungsbetrag in Höhe von 4.248,- DM zahlte der Kläger noch im Dezember 1976 ein.
Bereits am 1. September 1976 hatte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. Mit Bescheid vom 4. März 1977 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. Juli 1976, bei deren Berechnung sie u.a. für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 die vom Kläger nachentrichteten freiwilligen Beiträge zugrunde legte.
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs zur Erledigung des seinerzeit beim Sozialgericht H anhängigen Rechtsstreits über die Anerkennung einer Ersatzzeit hatte der Kläger im Februar 1984 die Beklagte gebeten, mit den für diese Zeiträume gezahlten Nachentrichtungsbeiträgen dann (bei Anerkennung der Ersatzzeit) die Zeiten zu belegen, die nach dem Rentenbescheid vom 2. (gemeint offenbar: 4.) März 1977 nicht als Ausfallzeit anerkannt worden seien (März 1968, Oktober und November 1965 sowie Januar 1956 bis April 1960). Die Beklagte schrieb dem Kläger daraufhin am 27. Juli 1984, dass die freiwilligen Beiträge für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 gemäß dem Bescheid vom 2. Dezember 1976 rechtswirksam nachentrichtet worden seien. Eine nachträgliche Abänderung dieses Bescheides sei nicht zulässig; die Möglichkeit der Verschiebung des Nachentrichtungszeitraumes bzw. der Änderung der Beitragsklassenwahl bestehe für ihn jetzt nicht mehr. Aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannten Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 5 AVG würden die freiwilligen Beiträge für diese Zeit als Höherversicherungsbeiträge nach Art. 2 § 15 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) gelten. Sollte er eine Rückzahlung der für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 nachentrichteten Beiträge wünschen, wäre die Beklagte zu einer entsprechenden Erstattung bereit. Der Kläger antwortete darauf, dass er für den vorgeschlagenen Zeitraum eine Höherversicherung wünsche.
Am 5. Oktober 1984 schrieb die Beklagte dem Kläger, dass sie versehentlich davon ausgegangen sei, dass über die Ersatzzeit vom 14. April 1969 bis 31. Oktober 1971 bereits entschieden worden sei. Sie habe jetzt jedoch festgestellt, dass das Klageverfahren mit einem Vergleich abgeschlossen worden sei, wonach über eine eventuelle Neuberechnung erst entschieden werden könne, wenn ein rechtskräftiges Urteil in dem vom Kläger gegen die Stadt H geführten Rechtsstreit vorliege. Ebenfalls erst danach könne entschieden werden, ob die für die Zeit von Mai 1969 bis Oktober 1971 nachentrichteten Beiträge dann gegebenenfalls als Höherversicherungsbeiträge gelten würden. Der Brief vom 27. Juli 1984 sei deshalb insoweit als gegenstandslos zu betrachten. Es bleibe dagegen dabei, dass eine nachträgliche Änderung des bindenden Nachentrichtungsbescheides vom 2. Dezember 1976 nicht mehr möglich sei.
Mit Brief vom 19. November 1990 teilte der Kläger mit, dass er die Rehabilitierung wegen seiner Inhaftierung in der DDR beantragt habe. Für den Fall des Erfolges beantrage er eine neue Rentenberechnung, bei der die freiwillig entrichteten Beiträge als solche der Höherversicherung gelten sollten. Hierum habe er bis 1986 einen Rechtsstreit geführt. Durch das letzte Urteil des Landessozialgerichts H habe sich auch das seinerzeit wegen der Rentenberechnung beim Sozialgericht H geführte Verfahren durch Vergleich erledigt. Diesen Brief beantwortete die Beklagte unter dem 4. Dezember 1990 mit einer Bestätigung, dass sein „Antrag auf Kontenklärung“ bei ihr eingegangen sei und bearbeitet werde; weitere Nachricht erhielt der Kläger dazu nicht.
Nach einer weiteren, von der Beklagten mit Bescheiden vom 20. August 1993 zugelassenen und im September bzw. Dezember 1993 durchgeführten Nachentrichtung von Beiträgen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. März 1994 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Januar 1989 neu fest, wobei sich ein Nachzahlungsbetrag von 8,88 DM ergab.
Bereits am 4. Januar 1994 hatte der Kläger die Gewährung von Altersrente (wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für anerkannte Schwerbehinderte) beantragt. Im April 1994 teilte er mit, dass das Landgericht B in seiner Rehabilitierungssache am 4. Februar 1994 u.a. beschlossen habe, dass das Urteil des Militärobergerichts B vom 24. April 1970 rechtsstaatswidrig sei und aufgehoben werde und er - u.a. - in der Zeit vom 14. April 1969 bis zum 19. November 1970 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten habe. Einen eine weitere Haftzeit betreffenden Beschluss des Landgerichts P vom 13. Juni 1994 teilte er der Beklagten im Juni 1994 mit. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juli 1994 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. August 1991 abermals neu fest, wobei sie nunmehr die Monate Juni bis September 1954 sowie April 1969 als Ersatzzeit (politische Haft, Gewahrsam) und die Monate Mai 1969 bis Oktober 1971 als beitragsgeminderte Zeit (Zusammentreffen einer Beitrags- mit einer Ersatzzeit wegen politischer Haft bzw. Gewahrsams) berücksichtigte. Sie ermittelte daraus insgesamt 40,3741 persönliche Entgeltpunkte, legte der Rentenberechnung jedoch die durch Umwertung der mit Bescheid vom 4. März 1977 zuerkannten Rente gemäß § 307 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (41,1028) zugrunde. Die Neufeststellung sei ab dem Inkrafttreten des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) erfolgt.
Mit Bescheid vom 19. August 1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Altersrente ab dem 1. Oktober 1994, wobei sie eine weitere Ersatzzeit (politische Haft, Gewahrsam) vom 22. Januar 1979 bis 7. April 1981 (sowie zeitgleich eine Anrechnungszeit wegen Rentenbezugs) annahm.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 12. August bzw. 5. September 1994 Widerspruch ein, mit dem er zum einen eine weitere Zurechnungszeit begehrte und zum anderen - nach- dem jetzt die Zeiten seiner Inhaftierung als Ersatzzeiten anerkannt worden seien - die Umwandlung der für die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1971 nachentrichteten freiwilligen Beiträge in solche der Höherversicherung, wie die Beklagte ihm 1984 selbst vorgeschlagen habe.
Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 1. Dezember 1994 die Altersrente des Klägers ab 1. Oktober 1994 neu fest, wobei sie weitere 20 Monate des Rentenbezugs als Anrechnungszeit berücksichtigte; sie ermittelte nunmehr insgesamt 51,3251 persönliche Entgeltpunkte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 1995 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG neben Ersatzzeiten entrichtete freiwillige Beiträge nur dann als Beiträge der Höherversicherung gelten würden, soweit sie in der Zeit vor dem 1. Januar 1957 mit Ersatzzeiten zusammenträfen. Die ihm am 27. Juli 1984 erteilte Auskunft sei unrichtig gewesen, was jedoch unbeachtlich sei. Zum einen sei diese Auskunft berichtigt worden, zum anderen sei für die Rentenberechnung nunmehr ausschließlich das Sechste Buch des Sozialgesetzbuches maßgeblich. Nach den entsprechenden Beschlüssen der Landgerichte B und P vom 4. Februar bzw. 13. Juni 1994 seien gemäß dem am 1. August 1991 in Kraft getretenen § 28 Abs. 1 Nr. 5 a AVG nunmehr Ersatzzeiten anzuerkennen gewesen und die Rente nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X) neu festzustellen gewesen. Nach § 300 Abs. 3 SGB VI sei das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Sechste Buch des Sozialgesetzbuches anzuwenden gewesen. Dieses sehe für die Abgeltung von rechtswirksam entrichteten freiwilligen Beiträgen für Zeiten, die nachträglich als Ersatzzeiten anerkannt worden seien, keine Regelung vor. Diese Zeiten seien vielmehr als beitragsgeminderte Zeiten zu bewerten. Aufgrund der danach maßgeblichen Gesamtleistungsbewertung habe sich zwar eine Verringerung der Entgeltpunkte bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ergeben. § 300 Abs. 3 Satz 2 SGB VI bewirke jedoch, dass sich das neue Recht in diesen Fällen nicht nachteilig auf die Höhe der Rentenleistung auswirke, sondern gemäß § 88 SGB VI ein dynamischer Besitzschutz aus den höheren persönlichen Entgeltpunkten der bisher geleisteten Rente gewährt werde.
Die am 8. Mai 1995 erhobene Klage, mit der der Kläger die Behandlung der von ihm für die Ersatzzeit vom 1. Mai 1969 bis 31. Oktober 1971 gezahlten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung, hilfsweise die vollständige „Streichung“ dieser Ersatzzeit erstrebt, hat das Sozialgericht durch Urteil vom 10. Juni 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte habe die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1970 (gemeint wohl: 1971) zu Recht als Ersatzzeit sowie als beitragsgeminderte Zeit bewertet. Für die Bewertung der für diesen Zeitraum entrichteten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung fehle es an einer Rechtsgrundlage. Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG betreffe nur das Aufeinandertreffen von Ersatzzeiten und freiwilligen Beiträgen vor dem 1. Januar 1957. Eine andere Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sei nicht ersichtlich. Dies gelte auch für den vom Kläger hilfsweise angestrebten Verzicht auf die festgestellte Ersatzzeit. Dahinstehen könne, dass auf den Antrag des Klägers vom 20. November 1990 kein ausdrücklicher Bescheid ergangen sei. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Rentenhöhe nach den Bescheiden vom 26. Juli bzw. 19. August 1994. Ein ausdrücklicher Bescheid der Beklagten auf den Antrag vom 20. November 1990 könnte aus den vorstehenden Gründen auch nicht zur Feststellung von Beiträgen zur Höherversicherung führen.
Gegen das ihm am 4. Dezember 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 1997 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er fragt, wie die Beklagte ihm eine Höherversicherung habe vorschlagen können, wenn es dafür keine gesetzliche Grundlage gebe. Er gibt ferner an, dass ihm nach seiner Rehabilitierung wegen einer anderen Haftzeit eine Kapitalentschädigung in Höhe von 8.400,- DM zuerkannt worden sei; wegen der hier fraglichen Haftzeit habe er noch keine Entschädigung erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juni 1997 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 26. Juli und 19. August 1994 in der Fassung des Bescheides vom 1. Dezember 1994 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1995 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Renten zu gewähren, indem bei deren Berechnung die von ihm für die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1971 entrichteten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung bewertet werden, hilfsweise sie ohne Berücksichtigung einer Ersatzzeit vom 1. Mai 1969 bis zum 31. Oktober 1971 berechnet werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Begründung ihres Widerspruchsbescheides und ihr Vorbringen in der ersten Instanz. Die fehlerhafte Auskunft in dem Schreiben vom 27. Juli 1984 sei bereits mit Brief vom 10. Oktober 1984 berichtigt worden. Dessen ungeachtet könne der Kläger aus Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG keine Rechte herleiten, da für ihn das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Sechste Buch des Sozialgesetzbuches Anwendung finde. Ein „Verzicht“ auf einzelne Berechnungselemente („Streichung der Ersatzzeit“) sei nicht zulässig. Es sei im Übrigen nicht zu vermuten, dass der Kläger bei einem zutreffenden Hinweis darauf, dass die freiwilligen Beiträge auch bei einer Rehabilitierung und anschließenden Anerkennung einer Ersatzzeit, die erst seit dem 1. August 1991 möglich sei, nicht als solche der Höherversicherung zu berücksichtigen seien, auf seine Rehabilitierung und die damit verbundenen Vorteile verzichtet hätte. Die Beklagte teilt ferner mit, dass eine Berechnung der Altersrente ohne die Ersatzzeit vom 1. Mai 1969 bis 31. Oktober 1971 zu 51,8187 persönlichen Entgeltpunkten führen würde.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die den Kläger betreffende Einheitsakte der Beklagten (3 Bände) sowie die Akte des Sozialgerichts H (11 AN 359/76) verwiesen.
Beide Beteiligte haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem beide Beteiligte erklärt haben, dass sie damit einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung erweist sich als unbegründet.
Ein Anspruch auf höhere Renten wegen Erwerbsunfähigkeit und Alters besteht nicht.
Der Kläger kann die von ihm in erster Linie erstrebte Bewertung der für die Monate Mai 1969 bis Oktober 1971 entrichteten freiwilligen Beiträge als solche der Höherversicherung nicht verlangen. Wie bereits das Sozialgericht erkannt hat, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 AnVNG sieht nur für freiwillige Beiträge, die (im Übrigen nicht „für“, sondern) „in“ der Zeit vor dem 1. Januar 1957 (wiederum nicht „für“, sondern) „in“ Ersatzzeiten entrichtet worden sind, vor, dass sie als solche der Höherversicherung gelten. Dieser Fall ist hier nicht gegeben, denn die fraglichen freiwilligen Beiträge sind (selbst wenn man sie als „in“ einer Ersatzzeit entrichtet ansehen wollte) weder „in“ der Zeit vor dem 1. Januar 1957 noch „für“ diese Zeit (nach)entrichtet worden. Auch eine Berücksichtigung dieser freiwilligen Beiträge als Beiträge der Höherversicherung nach § 32 b Abs. 2 AVG (in Kraft vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1991) scheidet aus, da diese Vorschrift nach Art. 2 § 12 a AnVNG nur für freiwillige Beiträge gilt, die für Zeiten nach dem 31. Dezember 1978 entrichtet sind, und nur für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1980 eingetreten sind. Dies ist hier ebenfalls nicht der Fall. Auch das ab dem 1. Januar 1992 geltende Recht kennt eine Regelung in dem vom Kläger erstrebten Sinn nicht. Im Übrigen liegt eine (anrechenbare) Ersatzzeit erst seit dem 1. August 1991 vor; der Kläger hat aber Leistungen aus den freiwilligen Beiträgen bereits seit Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit 1976 erhalten. Schon deshalb schiede jede „Umbuchung“ aus.
Die von ihm hilfsweise begehrte „Streichung der Ersatzzeit“ (vom 1. Mai 1969 bis 31. Okto-ber 1971) kann der Kläger gleichfalls nicht beanspruchen. Die Beklagte weist mit Fug darauf hin, dass ein Verzicht auf einzelne Berechnungselemente selbst dann nicht möglich ist, wenn dies zu einer höheren Rente führen würde.
Der Senat kann auch unentschieden lassen, ob sich aus dem „sozialrechtlichen Herstellungsanspruch“ ein Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Rentenberechnung (ohne die fragliche Ersatzzeit) ergeben könnte. Zwar kann eine Verletzung der einem Versicherungsträger obliegenden Pflicht zur Auskunft, Belehrung und „verständnisvollen Förderung“ der Interessen des Versicherten dessen Verpflichtung begründen, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn er diese Pflicht richtig erfüllt und der Versicherte sich dementsprechend verhalten hätte. Hier hat zwar die Beklagte dem Kläger nicht nur im Juli 1984 eine falsche Auskunft erteilt. Auch deren diese Auskunft berichtigende Nachricht vom 5. Oktober 1984, in der es heißt, dass erst nach einer Entscheidung über das Vorliegen einer Ersatzzeit entschieden werden könne, ob die nachentrichteten Beiträge dann gegebenenfalls als Höherversicherungsbeiträge gelten würden, war falsch, da dies auch nach dem damals geltenden Recht nicht möglich war (wie oben im Einzelnen ausgeführt). Diese falsche Auskunft hat die Beklagte auch nicht aufgrund des Briefes des Klägers vom 19. November 1990 berichtigt, in dem dieser abermals die „Umwandlung“ der freiwilligen Beiträge in solche der Höherversicherung beantragte, sofern eine Ersatzzeit anerkannt werden würde, sondern diesen Antrag nur mit einer nichtssagenden Eingangsbestätigung beantwortet.
Aus diesem Beratungsfehler kann der Kläger allerdings für die ihm wegen Erwerbsunfähigkeit gewährte Rente kein günstigeres Ergebnis herleiten. Denn insoweit ist dieser Fehler ohne Folgen geblieben. Es ist nicht ersichtlich, dass und wie sich der Kläger 1984 anders verhalten hätte, wenn ihm bereits damals mitgeteilt worden wäre, dass eine Umwandlung der - ja bereits 1976 (nach-)entrichteten - freiwilligen Beiträge in solche der Höherversicherung nicht zulässig sei. Er hat auch nicht etwa 1975 bzw. 1976 die (hilfsweise) Nachentrichtung freiwilliger Beiträge aufgrund dieses Beratungsfehlers beantragt, und es besteht auch kein Anhalt, dass er damals auch nur die Vorstellung gehabt hätte, die noch nachzuentrichtenden bzw. nachentrichteten Beiträge könnten gegebenenfalls als solche der Höherversicherung gelten. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass eine solche Vorstellung auf einem fehlerhaften Verhalten der Beklagten beruht haben könnte. Im Übrigen ist dem Kläger - auch nach der Neuberechnung seiner Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - stets der sich aus der Berechnung ohne diese Ersatzzeit (nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes) ergebende - höhere - Betrag gezahlt worden; die vom Kläger hilfsweise begehrte „Streichung“ würde sich insoweit nicht auswirken.
Aber auch für die Berechnung seiner Altersrente scheidet eine „Streichung der Ersatzzeit“ aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus. Zwar würde diese „Streichung“ zu einer - allerdings nur geringfügig - höheren Rente führen. Indes ist nicht anzunehmen, der Kläger hätte, wenn er zumindest 1990 darauf hingewiesen worden wäre, dass eine „Umwand-lung“ der freiwilligen Beiträge bei Anerkennung einer Ersatzzeit für diesen Zeitraum nicht möglich sei, seinen Antrag auf Rehabilitierung nicht gestellt bzw. zurückgenommen. Angesichts der nur geringfügig höheren Rente auf der einen und der mit einer Rehabilitierung verbundenen ideellen und materiellen Folgen für den Kläger auf der anderen Seite lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger auf seine Rehabilitierung verzichtet hätte. Deshalb kann dahinstehen, ob eine Nicht-Rehabilitierung (als Tatsache) überhaupt „herstellungsfähig“ wäre.
Ob er wegen seiner Haftzeiten den Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung nach den Vorschriften des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) beanspruchen kann (und sich dann eine höhere Rente ergäbe), hat der Senat nicht zu prüfen. Einen entsprechenden Antrag (§ 10 BerRehaG) hat der Kläger bislang nicht gestellt. Im Übrigen ist dazu die Vorlage einer von der zuständigen Rehabilitierungsbehörde zu erteilenden Rehabilitierungsbescheinigung erforderlich, die der Kläger allerdings noch bis zum 31. Dezember 2001 beantragen kann (§ 20 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG).
Die dem Ergebnis der Hauptsache Rechnung tragende Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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