L 9 KR 157/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KR 353/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 157/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2002 und der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2002 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene seit dem 1. Mai 2001 bei der Beklagten familienversichert ist. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer Familienversicherung.

Der Kläger war bis Ende März 2001 als Bezieher von Arbeitslosengeld bei der Beklagten pflichtversichert. Mit Rücksicht hierauf bestand für seine zum hiesigen Rechtsstreit beigeladene Ehefrau, die seit spätestens 20. April 2001 ein Gewerbe für Badgestaltung betreibt, bei der Beklagten eine Familienversicherung. Am 20. April 2001 schlossen der Kläger und die Beigeladene einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Nach diesem Vertrag war der Kläger ab dem 1. Mai 2001 bei der Beigeladenen mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 6.600,-- DM als technischer Sachbearbeiter beschäftigt. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2001 erzielte er in diesem Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 52.800,-- DM sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.910,-- DM. Die mit ihm gemeinsam veranlagte Beigeladene erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.677,-- DM sowie negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 24.261,-- DM. Weitere Einkünfte aus sonstigen Einkunftsarten erwirtschafteten die Ehegatten nicht.

Mit ihrem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 6. Juni 2001 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger auf dessen Antrag hin fest, dass er in der von ihm ausgeübten abhängigen Beschäftigung als „Badplaner“ ab dem 1. Mai 2001 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Den weiteren Antrag, die Beigeladene aufgrund der festgestellten Pflichtversicherung ab dem 1. Mai 2001 als Familienversicherte anzusehen, lehnte die Beklagte demgegenüber mit ihrem ebenfalls an den Kläger gerichteten Bescheid vom 13. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2002 mit der Begründung ab: Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) komme eine Familienversicherung nicht in Betracht. Die Beigeladene sei hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Denn sie beschäftige mit dem Kläger zumindest einen Mitarbeiter, der mehr als nur geringfügig beschäftigt sei. Ob sie aus ihrer selbständigen Tätigkeit einen Gewinn erziele, sei unerheblich.

Mit seiner daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Die Beigeladene sei nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Denn sie wende für das von ihr betriebene Gewerbe eine Arbeitszeit von unter 15 Stunden wöchentlich auf und erziele hieraus ein allenfalls geringfügiges Einkommen. Neben ihrer selbständigen Tätigkeit übe sie keine weitere Berufstätigkeit aus und verfüge dementsprechend auch nicht über der Familienversicherung entgegenstehende weitere Einkünfte.

Mit seinem Urteil vom 26. August 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beigeladene sei nicht familienversichert, weil sie im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei dies bereits deshalb anzunehmen, weil es neben ihrem „Hauptberuf“ als Selbständige keinen „Nebenberuf“ gebe. Ob die ausgeübte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) geringfügig sei, sei damit unerheblich. Davon abgesehen, erscheine die Bewertung ihrer selbständigen Tätigkeit als hauptberuflich aber auch deswegen geboten, weil anderenfalls die für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erforderliche persönliche Abhängigkeit des Klägers von der Beigeladenen und dessen (umfassende) Weisungsunterworfenheit in Frage gestellt würden.

Gegen dieses ihm am 8. Oktober 2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 6. November 2002. Zu ihrer Begründung trägt der Kläger vor: Die Auffassung des Sozialgerichts, die selbständige Tätigkeit der Beigeladenen schon deshalb als „Hauptberuf“ anzusehen, weil es keinen „Nebenberuf“ gebe, sei nicht haltbar. Denn abgesehen davon, dass ein selbständig tätiger Ehepartner als Folge dieser Auffassung niemals in den Genuss der Familienversicherung kommen könnte, wäre auch die vom Wortlaut des Gesetzes her angelegte Unterscheidung zwischen hauptberuflicher Tätigkeit und sonstiger Erwerbstätigkeit sinnlos. Diese Unterscheidung habe der Gesetzgeber jedoch bewusst gewählt, um zu verhindern, dass der von einem Ehegatten nach jahrelanger Erwerbslosigkeit gewagte Wiedereintritt in das Erwerbsleben an hohen, anfänglich noch nicht aufzubringenden Krankenversicherungsbeiträgen scheitere. Im Übrigen habe das Sozialgericht nicht überzeugend dargelegt, warum ein nebenberuflich selbständig Erwerbstätiger nicht Arbeitgeber sein könne. Seiner Auffassung nach sei diese Frage allein anhand des Arbeitsvertrages zu beurteilen. Hiernach bestünden im vorliegenden Fall gegen die Arbeitgebereigenschaft der Beigeladenen keine Bedenken. Zur Unterstützung seiner Beschäftigung habe sie von der Bundesanstalt für Arbeit in den Jahren 2001 und 2002 Zuschüsse zur Eingliederung älterer Arbeitnehmer in Höhe von 60 % des an ihn gezahlten Bruttoarbeitsentgeltes erhalten. Diese Zuschüsse habe sie gegenüber dem Finanzamt ordnungsgemäß als Einnahmen deklariert. Trotz dieser Einnahmen habe sie bereits im Jahre 2001 nur negative Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb erzielt. Danach hätten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse weiter verschlechtert, weil kaum noch Aufträge eingegangen seien. Mit Rücksicht auf die schlechte Auftragslage habe die Beigeladene zur Finanzierung des an ihn gezahlten Bruttoarbeitsentgeltes bereits von Anfang an auf ihr aus einem Sparkonto bestehenden Kapitalvermögen zurückgreifen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2002 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene seit dem 1. Mai 2001 bei der Beklagten familienversichert ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie bestätigt die Angaben des Klägers zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegatten sowie zur finanziellen Lage ihres Gewerbebetriebes. Ergänzend führt sie aus: Sie wende für das von ihr betriebene Gewerbe nicht mehr als eine Stunde in der Woche auf. In dieser Zeit mache sie die Buchhaltung, tätige die Überweisungen und nehme Telefonate entgegen, wenn der Kläger unterwegs sei. Alle anderen Arbeiten, die für die Ausübung des Gewerbebetriebes notwendig seien, verrichte der Kläger nach gemeinsamer Absprache.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2002 ist unzutreffend.

Die vom Kläger erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig. Für sie ist der Kläger insbesondere klagebefugt. Denn er ist nicht nur Adressat des das Bestehen einer Familienversicherung der Beigeladenen verneinenden Bescheides der Beklagten vom 13. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2002, sondern auch in seiner ihm durch den bestandskräftig gewordenen Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2001 zuerkannten Eigenschaft als pflichtversicherter Stammversicherter berechtigt, die Feststellung der Familienversicherung der Beigeladenen zu betreiben.

Die Klage ist auch begründet. Denn der die Familienversicherung der Beigeladenen verneinende Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts ist die Beigeladene seit dem 1. Mai 2001 bei der Beklagten familienversichert, was unter gleichzeitiger Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf den entsprechenden Antrag des Klägers durch den Senat festzustellen war.

Nach § 10 Abs. 1 SGB V ist der Ehegatte eines Mitglieds (familien-)versichert, wenn er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Satz 1 Nr. 1), nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert ist (Satz 1 Nr. 2), nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit ist, wobei die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht zu bleiben hat (Satz 1 Nr. 3), nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist (Satz 1 Nr. 4) und kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet (Satz 1 Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind bei der Beigeladenen seit dem 1. Mai 2001 erfüllt, was hinsichtlich ihrer Ehe mit dem Kläger, ihrem Wohnsitz im Inland sowie hinsichtlich der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 geregelten Anforderungen keiner näheren Begründung bedarf. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten folgt aus § 186 Abs. 1 i.V.m. § 190 Abs. 2 SGB V. Soweit sie nach diesen Bestimmungen vom Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses abhängig ist, ist ein solches hier bereits mit Rücksicht auf den bestandskräftig gewordenen Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2001 zu bejahen. Dieser Bescheid wirkt hinsichtlich der darin für die Zeit ab dem 1. Mai 2001 festgestellten Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als „Badplaner“ statusbegründend und entfaltet für das hiesige Verfahren Tatbestandswirkung. Ob er mit der Rechtslage übereinstimmt, d.h. der Kläger seit dem 1. Mai 2001 tatsächlich bei der Beigeladenen in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht oder er möglicherweise in dem der Beigeladenen zugeordneten Gewerbe selbständig tätig ist, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Die Beigeladene genießt auch keinen anderweitigen Versicherungsschutz im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Insbesondere ist sie nicht ihrerseits als versicherungspflichtig Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V anzusehen. Insoweit erscheint zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie unter sozialversicherungsrechtlichen Aspekten nicht selbständig tätig, sondern bei dem Kläger - sollte er in dem hier in Rede stehenden Gewerbebetrieb selbständig erwerbstätig sein - abhängig beschäftigt ist. Die Prüfung dieser Frage ist dem Senat jedoch im Hinblick auf den auch insoweit sperrenden Feststellungsbescheid der Beklagten vom 6. Juni 2001 verwehrt, weil der Kläger danach nicht als Arbeitgeber, sondern als versicherungspflichtig Beschäftigter der Beigeladenen anzusehen ist.

Des Weiteren überschreitet das von der Beigeladenen erzielte Gesamteinkommen nicht regelmäßig im Monat die in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V geregelte Grenze von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Denn der insoweit einzuhaltende Grenzwert betrug im Jahr 2001 640,-- DM und im Jahr 2002 335,-- Euro pro Monat; im Jahr 2003 liegt er bei monatlich 340,-- Euro. Demgegenüber belief sich das von der Beigeladenen erzielte Gesamteinkommen, bei dem es sich nach der in § 16 SGB IV enthaltenen Legaldefinition um die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt, nach dem zu Beweiszwecken vorgelegten Einkommensteuerbescheid im Jahr 2001 auf 1.677,-- DM, d.h. knapp 140,-- DM pro Monat. Dieser Betrag entspricht den positiven Einkünften aus Kapitalvermögen. Gewinne aus Gewerbebetrieb hat die Beigeladene ausweislich des Einkommen steuerbescheides im Jahr 2001 nicht erzielt. In den Jahren 2002 und 2003 hat sich die Einkommenslage der Beigeladenen nach den von ihr als zutreffend bestätigten Angaben des Klägers weiter verschlechtert. An der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, sieht der Senat angesichts des in der mündlichen Verhandlung von beiden Ehegatten gewonnenen persönlichen Eindrucks sowie der für das Jahr 2001 belegten Zahlen keinen Anlass.

Schließlich ist die Beigeladene entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Wie sich aus der Gesetzesbegründung zu der genannten Vorschrift entnehmen lässt, ist die Regelung aus Gründen der Rechtsklarheit geschaffen worden (vgl. BT-Drucks. 11/2237 S. 161).

Sie hat - ebenso wie § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V - den Sinn, bestimmte Angehörige von der Familienversicherung auszuschließen, die - mangels Schutzbedürftigkeit - nicht zu dem von der gesetzlichen Krankenversicherung geschützten Personenkreis gehören und deshalb auch auf dem Umweg über die Familienversicherung nicht in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden sollen. Da sie einen Ausschlusstatbestand enthält, ist sie eng auszulegen. Hierbei ist zu beachten, dass der Ausschlusstatbestand schon vom Wortlaut her nicht jeden selbständig Erwerbstätigen erfasst, sondern sich nur auf solche Selbständige bezieht, die mit ihrer Tätigkeit das qualifizierende Merkmal der Hauptberuflichkeit erfüllen. Dieses Merkmal ist dem § 5 Abs. 5 SGB V entnommen worden, wonach gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 12 SGB V nicht versicherungspflichtig ist, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Dies wiederum ist nach der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 5 SGB V derjenige, dessen selbständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (vgl. BT-Drucks. 11/2237 S. 159 f.). Im Rahmen des § 5 Abs. 5 SGB V ist folglich eine Abwägung zwischen der die Versicherungspflicht ausschließenden selbständigen Tätigkeit und den übrigen Erwerbstätigkeiten des Selbständigen vorzunehmen, was nach dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 5 SGB V unmittelbar einleuchtet. Denn diese Vorschrift hat nach der weiteren Gesetzesbegründung zum Ziel, die das Kriterium der Hauptberuflichkeit erfüllenden selbständig Erwerbstätigen von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 SGB V auch dann auszuschließen, wenn sie deren Voraussetzungen erfüllen. So soll mit ihr z.B. vermieden werden, dass ein versicherungsfreier Selbständiger durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung versicherungspflichtig wird und damit den umfassenden Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung erhält.

Das Merkmal der Hauptberuflichkeit allein anhand einer Abwägung im vorstehenden Sinne zu bestimmen, erscheint für § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V indes zu kurz gegriffen. Da sich dieser Vorschrift Anhaltspunkte für die Notwendigkeit eines Vergleichs mit anderen Erwerbstätigkeiten nicht entnehmen lassen und die selbständige Tätigkeit nach dem Wortlaut der Bestimmung eine gewisse Qualität verlangt, ist die Auslegung des Merkmals der Hauptberuflichkeit in Anlehnung an die Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 5 SGB V vielmehr daran zu orientieren, ob die in Rede stehende selbständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung des Betroffenen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gibt. Dies wiederum ist - anders als das Sozialgericht gemeint hat - nicht immer schon dann der Fall, wenn neben der selbständigen Tätigkeit keine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Denn diese Auffassung ließe den der Familienversicherung immanenten Schutzgedanken außer Betracht. Aus ihm ist abzuleiten, dass eine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit neben einem gewissen zeitlichen Einsatz des Betroffenen grundsätzlich auch Einnahmen verlangt, die zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes wesentlich beitragen. Im Hinblick auf die Vielzahl der denkbaren Fallgestaltungen lassen sich genaue Grenzen insoweit allerdings nicht ziehen. Vielmehr hängt die Beurteilung von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Als Richtschnur kann in diesem Zusammenhang jedoch festgehalten werden, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit in der Regel jedenfalls dann hauptberuflich ausgeübt wird, wenn der mit ihr verbundene Zeitaufwand den Versicherten mehr als halbtags in Anspruch nimmt. Denn es ist zu vermuten, dass ein Selbständiger, der seine überwiegende Arbeitszeit einer solchen Erwerbstätigkeit widmet, daraus auch Einkünfte erzielt, die einen wesentlichen Teil seines Lebensunterhaltes decken. Unterschreitet der zeitliche Aufwand für eine selbständige Erwerbstätigkeit den einer Halbtagsbeschäftigung, wird sie in der Regel gleichwohl hauptberuflich ausgeübt, wenn der Betroffene entweder keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht oder eine weitere Erwerbstätigkeit sich vom zeitlichen Aufwand oder den erzielten Einkünften der selbständigen Tätigkeit unterordnet und der Betroffene seinen Lebensunterhalt zumindest überwiegend aus der selbständigen Tätigkeit decken kann. Dass der Betroffene aus ihr vorübergehend keine Einkünfte im Sinne eines Zuflusses von Vermögenswerten erzielen kann, steht der Annahme von Hauptberuflichkeit nicht entgegen. Denn es entspricht dem Wesen selbständiger Tätigkeit, dass der in dieser Weise Erwerbstätige - anders als der abhängig Beschäftigte - das Entgelt für seine Tätigkeit oft erst lange nach ihrer Beendigung erhalten kann. Anders verhält es sich jedoch mit Selbständigen, die über einen längeren Zeitraum hinweg keine oder nur so geringe Einkünfte erzielen können, dass sie für nicht unbeträchtliche Zeit auf die Inanspruchnahme sonstiger Mittel zur Deckung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind. Müssen sie ihren Lebensunterhalt auf längere oder unabsehbare Zeit vollständig aus derartigen Mitteln bestreiten, sind sie für diese Zeit nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig (vgl. Urteil des Senats vom 4. September 1996 - L 9 Kr 71/94 -, E-LSG Kr-112, zu § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V).

Gemessen an diesen Grundsätzen übt die Beigeladene seit dem 1. Mai 2001 keine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit aus. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung, an deren Richtigkeit der Senat aufgrund des gewonnenen persönlichen Eindrucks keinen Anlass zu zweifeln sieht, ist die Beigeladene in dem von ihr betriebenen Gewerbe für die Buchhaltung zuständig. Ferner tätigt sie Überweisungen und nimmt Telefonate entgegen, wenn der Kläger unterwegs ist, was sie insgesamt nicht mehr als eine Stunde in der Woche in Anspruch nimmt. Wie sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 sowie ihren mit den Einlassungen des Klägers übereinstimmenden Angaben ergibt, erzielt sie trotz erheblicher Fördermittel der Bundesanstalt für Arbeit aus dem Gewerbebetrieb nur negative Einkünfte, von denen sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Stattdessen erwirbt sie ihren Lebensunterhalt aus den vom Kläger erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus ihrem Kapitalvermögen. Dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit von ihr als Gewerbetreibende gezahlt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Beigeladene erwirtschaftet diese Einkünfte nicht durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft. Vielmehr handelt es sich nach ihren nicht in Zweifel zu ziehenden Angaben, die mit den Darlegungen des Klägers übereinstimmen, insoweit um von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlte Eingliederungszuschüsse, die zweckgebunden an den Kläger weitergereicht werden müssen, sowie um Gelder, die aus ihrem Kapitalvermögen stammen. Vor diesem Hintergrund kommt auch dem Umstand, dass sie - wovon nach dem statusbegründenden Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2001 auszugehen ist - einen mehr als nur geringfügig beschäftigten Mitarbeiter beschäftigt, keine Bedeutung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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