B 13 RJ 43/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 RA 1969/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 RJ 43/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 43/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das einer Sozialleistung zugrunde liegende Arbeitsentgelt wird für die Berücksichtigung der Sozialleistung als Hinzuverdienst bei gleichzeitigem Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundsätzlich nach den Bestimmungen des jeweiligen Leistungsrechts unter Berücksichtigung der allgemeinen Begriffsbestimmungen im SGB ermittelt.
2. Die Behandlung der Sozialleistung als Erwerbsersatzeinkommen führt im Hinblick auf das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze beim gleichzeitigen Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu einer Verschlechterung. Sinn und Zweck der Berücksichtigung von Hinzuverdienst gebieten eine Rückkoppelung zur Art und Weise der Berücksichtigung des Erwerbseinkommens.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch für das Revisionsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis 31. Juli 2002 nicht zu zahlen ist, weil wegen zeitgleichen Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) die Hinzuverdienstgrenze überschritten worden ist. Streitig ist auch, ob die Beklagte für den Monat Juli 2001 die erbrachte Rentenleistung in Höhe von 464 DM zurückfordern durfte.

Mit Bescheiden vom 7. und 26. März 2001 gewährte die Beklagte dem am 26. Juli 1942 geborenen Kläger - nach vorheriger Durchführung eines Heilverfahrens mit Gewährung von Übergangsgeld - beginnend mit dem 29. Dezember 2000 - unter Bezugnahme auf die Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - Rente wegen Berufsunfähigkeit als Teilrente in Höhe von einem Drittel (454,90 DM), weil der Kläger während seiner Tätigkeit als Kassen- und Vollstreckungsstellenleiter weiterhin Arbeitsentgelt in Höhe von 5.468,93 DM brutto (im Dezember 2000) bzw 5.487,70 DM brutto (ab Januar 2001) monatlich bezog.

Nachdem der Kläger seine zuletzt auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübte Tätigkeit aufgegeben hatte, bewilligte ihm das Arbeitsamt ab dem 6. Juni 2001 bis längstens 21. Januar 2004 (960 Tage) Alg. Der wöchentlichen Leistung in Höhe von 554,26 DM lag ein Bemessungsentgelt von 1.370 DM (ab 1. Januar 2002 700 Euro) wöchentlich zu Grunde, welches aus dem im Bemessungszeitraum vom 1. Juni 2000 bis 31. Mai 2001 erzielten Bruttolohn - einschließlich der geleisteten Einmalzahlungen - in Höhe von insgesamt 71.347,51 DM, dividiert durch 52 Wochen, errechnet worden war.

Mit Bescheid vom 11. Juli 2001 berechnete die Beklagte die Rentenleistung des Klägers auf Grund der "Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes" neu mit dem Ergebnis, dass ab 1. Juli 2001 Rente wegen Berufsunfähigkeit auch als Teilrente von einem Drittel nicht mehr zu zahlen sei, weil der insoweit zulässige Hinzuverdienst überschritten werde. Für die Zeit vom 1. bis 31. Juli 2001 errechnete die Beklagte eine Überzahlung in Höhe von 464 DM. Widerspruch und Klage, mit denen sich der Kläger gegen die Einbeziehung von Einmalleistungen in Form von Weihnachts- und Urlaubsgeld in das dem Alg zu Grunde liegende Bemessungsentgelt wandte, blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. September 2001; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) vom 19. Dezember 2001).

Den Antrag des Klägers vom 15. Mai 2002, Teilrente zumindest für den Monat Februar 2002 zu gewähren, weil die Hinzuverdienstgrenze - berechnet nach Tagen - für die nur 28 Tage im Monat Februar nicht überschritten werde, lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 3. Juni 2002 ab, weil es auf die tatsächlichen Leistungstage des jeweiligen Monats nicht ankomme. Den hiergegen gemäß der ihm erteilten Rechtsbehelfsbelehrung am 28. Juni 2002 erhobenen Widerspruch nahm der Kläger am 23. Juli 2002 im Hinblick auf das anhängige Berufungsverfahren zurück.

Das Landessozialgericht (LSG) hat - ohne den Bescheid vom 3. Juni 2002, um den die Beklagte ihre Verwaltungsakten ergänzt hatte, in seine Entscheidung einzubeziehen - den Gerichtsbescheid des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2001 aufgehoben (Urteil vom 24. September 2002) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe über den 30. Juni 2001 hinaus einen Zahlungsanspruch in Höhe eines Drittels der ihm bewilligten Rente wegen Berufsunfähigkeit; eine wesentliche Änderung der Rechtslage iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei seither nicht eingetreten. Im Vergleich zum Zeitpunkt der Bewilligung der Rente hätten sich die maßgeblichen Verhältnisse in Bezug auf die Berechnung des Hinzuverdienstes nicht geändert. Nach § 96a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI in der hier anwendbaren, insoweit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung iVm der Besitzschutzregelung des § 313 SGB VI werde eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Sie werde nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im Monat die in Abs 1 der Vorschrift genannten Beträge nicht übersteige, wobei jedoch ein zweimaliges Überschreiten derselben um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs 2 der Vorschrift im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibe. Bei der Feststellung des Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen Berufsunfähigkeit erzielt werde, stehe dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen das Alg gleich (§ 96a Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI iVm § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) und § 313 Abs 1 SGB VI). Als Hinzuverdienst sei das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (§ 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI).

Die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze habe der Kläger auch dann nicht überschritten, wenn man das der Sozialleistung (Alg) zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen berücksichtige. Monatliches Arbeitsentgelt sei das im Zeitraum vom 1. Juni 2000 bis 31. Mai 2001 monatlich gezahlte Entgelt; das im Juli zusätzlich gewährte Urlaubsgeld und die Einmalzahlung im November (Weihnachtsgeld) seien hierbei nicht mit einzubeziehen, weil ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze unschädlich sei. Der Umstand, dass der Kläger ab Juli 2001 Alg bezogen habe, ändere nichts an dem zu Grunde liegenden monatlichen Arbeitsentgelt. § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI lasse sich nicht entnehmen, dass ein vom monatlichen Arbeitsentgelt abweichendes monatliches "Bemessungsentgelt" zu Grunde zu legen sei, welches die Einmalzahlungen einschließe. Dies entspreche dem Sinn und der Entstehungsgeschichte des § 96a SGB VI: Durch die erstmals mit Wirkung vom 1. Januar 1999 eingeführte Vorschrift solle lediglich sichergestellt werden, dass ein Versicherter, dessen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen eines Hinzuverdienstes gekürzt werde, nicht besser gestellt werde, wenn an die Stelle des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens eine kurzfristige Lohnersatzleistung (hier: Alg) trete (BT-Drucks 13/8671 S 145 Nr 47a). Lohnbestandteile, die Gegenleistung für eine Arbeit in mehreren Lohnabrechnungszeiträumen ohne Zuordnung zu einem bestimmten Abrechnungszeitraum seien, dürften nicht zu dem monatlichen Arbeitsentgelt iS des § 96a Abs 3 SGB VI zählen. Um unbillige Ergebnisse, insbesondere eine Benachteiligung von Arbeitslosen, zu vermeiden, komme nur die Auslegung in Betracht, dass das monatliche Arbeitsentgelt, das der Sozialleistung zu Grunde liege, dasselbe sein müsse wie das Arbeitsentgelt iS des § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI und nicht das hiervon abweichend berechnete Bemessungsentgelt.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI; § 14 SGB IV). Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: "Monatlich" iS des § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI beziehe sich auf den rentenrechtlichen Anrechnungsbetrag, womit allein das in der Arbeitsverwaltung maßgebende wöchentliche Entgelt mit dem monatlichen Hinzuverdienst in der Rentenversicherung kompatibel gemacht werde. Eine Vergleichbarkeit mit dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt iS des § 96a Abs 1 SGB VI bestehe nicht. Daher könne auch nicht auf das in einzelnen Monaten - ohne Einmalzahlung - erzielte Arbeitsentgelt abgestellt werden; der Anrechnungsbetrag ermittele sich allein aus dem nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu berechnenden Bemessungsentgelt. Da es sich bei der Hinzuverdienstregelung des § 96a SGB VI um eine Vorschrift des Rentenversicherungsrechts handele, seien auch die für diesen Bereich festgeschriebenen Berechnungsgrundsätze allein maßgeblich (§§ 121 ff SGB VI). Entsprechend hätten sich die Verhältnisse des Klägers beim Wechsel vom Bezug von Arbeitsentgelt zum Bezug einer Lohnersatzleistung (Alg) wesentlich geändert iS des § 48 SGB X.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 2002 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Dezember 2001 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, weil sich nur so unbillige Ergebnisse vermeiden ließen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Der Senat ist an einer Entscheidung in der Sache nicht gehindert, weil das LSG den am 3. Juni 2002 ergangenen weiteren Bescheid der Beklagten nicht in seine Entscheidung mit einbezogen hat. Dieser Bescheid ersetzt oder ändert den Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2001 iS der § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG nicht. Denn geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer nur dann, wenn in seine Regelung, den Verfügungssatz, eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSGE 4, 24, 26; BSGE 32, 11, 12; BSGE 47, 168, 170 = SozR 1500 § 96 Nr 13; Pawlack in Hennig, SGG-Komm, Stand März 1998, RdNr 36 zu § 96; Binder in SGG-Handkomm, 2003, RdNr 7 zu § 96). Die Beklagte hatte aber über den Monat Februar 2002, um den es dem Kläger im Antrag vom 15. Mai 2002 allein ging, im Bescheid vom 11. Juli 2001 bereits mit entschieden; der weitere Bescheid vom 3. Juni 2002 brachte demgegenüber nur - iS einer (nicht anfechtbaren) wiederholenden Verfügung - zum Ausdruck, dass die Beklagte an ihrer Entscheidung festhalte. In eine erneute - inhaltliche - Sachprüfung ist die Beklagte nicht eingetreten, weil es auf die vom Kläger angeführten (geringeren) tatsächlichen Leistungstage im Monat Februar nicht ankomme. Eine Änderung oder (teilweise) Ersetzung des Bescheids vom 11. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2001 hat die Beklagte mithin gerade nicht vorgenommen, sondern abgelehnt.

Im Ergebnis zu Recht hat das LSG die angefochtenen Bescheide sowie den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und eine wesentliche Änderung der Rechtslage iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X verneint. Allerdings geht der Senat von einem anderen rechtlichen Ansatz aus. Auch dieser unterschiedliche Ansatz führt indes dazu, dass dem Kläger über den 30. Juni 2001 hinaus unverändert ein Zahlungsanspruch aus der bewilligten Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von einem Drittel zusteht.

Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche wesentliche Änderung liegt nach Auffassung des Senats im Übergang des Klägers vom Arbeitsverhältnis mit Bezug eines monatlichen Arbeitsentgelts in die Arbeitslosigkeit mit Bezug von Alg, das sich nach einer monatlichen Bemessungsgrenze berechnet, nicht vor.

Gemäß § 96a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI in der hier anwendbaren, insoweit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung iVm der Besitzschutzregelung des § 313 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im Monat die in Abs 2 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Da der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit am 31. Dezember 2000 bestand, beträgt die Hinzuverdienstgrenze nach § 313 Abs 3 Nr 2 Buchst c SGB VI bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von einem Drittel das 87,5-fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB VI) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten.

Bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen Berufsunfähigkeit erzielt wird, stehen dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die in § 96a Abs 3 SGB VI aufgezählten Lohnersatzleistungen gleich. Nach § 96a Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI idF des Jahres 2001 iVm § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV und § 313 Abs 1 SGB VI zählt zu diesen Sozialleistungen das Alg. Als Hinzuverdienst ist nach § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI idF des Jahres 2001 das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.

Die Hinzuverdienstgrenze des Klägers betrug - wie das LSG im angefochtenen Urteil zutreffend berechnet hat - für die Rente des Klägers wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von einem Drittel ab Juli 2001 5.718,41 DM, errechnet aus dem Produkt der im Jahre 1999 erzielten Entgeltpunkte von 1,32, des aktuellen Rentenwerts von 49,51 DM und des Faktors 87,5. Nach den unwidersprochen gebliebenen und den Senat daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG belief sich das monatliche Arbeitsentgelt des Klägers - solange dieser in einem Arbeitsverhältnis stand - jeweils auf Beträge unterhalb dieser Hinzuverdienstgrenze, wobei der Umstand, dass zusätzlich zu den Monatsbeträgen für Juli und November 2000 noch Beträge von 900 DM (im Juli: Urlaubsgeld) bzw 4.711,75 DM (Einmalzahlung im November: Weihnachtsgeld) hinzukamen, trotz Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze von 5.718,41 DM in den besagten Monaten ohne Auswirkungen auf die Rentenleistung blieb, weil ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze unschädlich war (§ 96a Abs 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB VI idF des Jahres 2001).

Durch den Umstand, dass der Kläger ab Juli 2001 Alg bezog, ergibt sich seit diesem Zeitpunkt zwar eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze von monatlich 5.718, 41 DM. Denn anders als das LSG geht der erkennende Senat davon aus, dass sich das erzielte Arbeitsentgelt iS des § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI idF des Jahres 2001 begrifflich und inhaltlich - nach Wortlaut und Systematik des Gesetzes - von dem der Sozialleistung zu Grunde liegenden Entgelt iS des § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI idF des Jahres 2001 unterscheidet. Bereits der Wortlaut des Abs 3 Satz 3 der Vorschrift, der auf das der Berechnung der Sozialleistung zu Grunde gelegte Arbeitsentgelt Bezug nimmt, indiziert, dass insoweit auf die "Zugrundelegung" nach dem jeweils für die Sozialleistung zuständigen Leistungsgesetz abzustellen ist; und die Systematik im Aufbau des SGB in seinen verschiedenen Büchern weist darauf hin, dass hinsichtlich des Begriffes "Arbeitsentgelt" zunächst auf die Definition dieses Begriffes in § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV zurückzugreifen ist. Danach sind - regelmäßig - Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Höhe des als Hinzuverdienst zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts bestimmt sich sodann nach den Vorschriften des Rechtsbereichs, aus dem die Sozialleistung gewährt wird. Grundsätzlich sind daher Einmalzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld in den Arbeitsentgeltbegriff einzubeziehen, es sei denn, das Gesetz sieht hierfür eine besondere Ausnahme vor (Regel-Ausnahme-Prinzip). Eine solche Ausnahme ist in § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI idF des Jahres 2001 vorgesehen, nicht hingegen in Abs 3 Satz 3 dieser Vorschrift. Hätte der Gesetzgeber ein von § 14 SGB IV abweichendes begriffliches Verständnis des "Arbeitsentgelts" auch hier gewollt, hätte er den Begriff einschränken müssen (etwa: " ... iS des § 96a Abs 1 Satz 2" oder " ... ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen"). Das dem Alg zu Grunde liegende Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 1.370 DM ergibt aber - umgerechnet auf den Monat (x 4,3) - 5.891 DM und liegt damit über der oben genannten Hinzuverdienstgrenze von monatlich 5.718, 41 DM.

Die Überzahlung resultiert daraus, dass in Anwendung des für die Gewährung von Alg anzuwendenden Leistungsgesetzes bestimmt ist (§ 129 SGB III), dass das Alg 67 % oder 60 % des pauschalierten Nettoentgelts beträgt, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 132 Abs 1 Satz 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt; gemäß Abs 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist für die Berechnung des Bemessungsentgelts das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist.

Mithin berechnet sich das Bemessungsentgelt für die Lohnersatzleistung Alg aus allen erhaltenen Zahlungen - auch Einmalzahlungen -, soweit sie der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterliegen. Im Gegensatz zur Bestimmung des § 96a Abs 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB VI idF des Jahres 2001 für die Berücksichtigung von tatsächlich erzieltem Arbeitsentgelt sind also aus dem Arbeitsentgelt, das dem Bemessungsentgelt für die Berechnung des Alg zu Grunde liegt, Einmalzahlungen nicht herauszurechnen.

Entgegen der Ansicht des LSG kann bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nach § 132 Abs 1 Satz 1 SGB III auch nicht gezielt nur auf Monate abgestellt werden, in denen Einmalzahlungen nicht geleistet worden sind. Denn gemäß § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum alle Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Eine entsprechende "Korrektur" dieses gesetzlich genau beschriebenen Bemessungszeitraums "im Lichte des § 96a Abs 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB VI idF des Jahres 2001", wie sie das LSG zur Vermeidung "unbilliger Ergebnisse" vornehmen möchte, verbietet sich daher.

Zumindest in der Konstellation des Klägers, der als Angestellter im öffentlichen Dienst - typischerweise - Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtgeld hatte, erfordern Sinn und Zweck der Regelung des § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI in der Fassung des Jahres 2001 bei einem Übergang von Erwerbs- zu Erwerbsersatzeinkommen in der Gestalt des Alg indes eine Rückkoppelung zu Abs 1 Satz 2 der Vorschrift. Denn mit der Berücksichtigung des Erwerbsersatzeinkommens bei der Hinzuverdienstgrenze sollte nicht grundsätzlich etwas Anderes geschaffen werden als bei der Berücksichtigung eines durch Arbeit erzielten Hinzuverdienstes selbst. Vielmehr sollte die Gesetzesänderung sicher stellen, "dass ein Versicherter, dessen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen eines Hinzuverdienstes gekürzt wird, nicht besser gestellt wird, wenn an die Stelle des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens eine kurzfristige Lohnersatzleistung tritt" (BT-Drucks 13/8671 S 118 zu Nr 47a (neu)).

Dass der Versicherte durch den Bezug einer kurzfristigen Lohnersatzleistung (hier: Alg) nicht etwa schlechter gestellt werden sollte, versteht sich nach dem Inhalt der Gesetzesmaterialien nicht nur von selbst; dies lässt sich auch dem Wortlaut des § 96a Abs 3 Satz 1 SGB VI in der Fassung des Jahres 2001 entnehmen, wonach bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen Berufsunfähigkeit erzielt wird, dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die dort genannten Lohnersatzleistungen "gleich" stehen. Überdies ist dieses Verständnis des § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI in der Fassung des Jahres 2001 unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots des Art 3 Abs 1 Grundgesetz auch verfassungsrechtlich geschuldet. Denn der Arbeitnehmer verliert allein durch Eintritt einer - vorübergehenden - Arbeitslosigkeit nicht seinen Status als Arbeitnehmer. Ihn - bezogen auf Hinzuverdienstgrenzen - schlechter zu stellen als einen Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis Einkommen erzielt, führte zu einer Ungleichbehandlung im Wesentlichen gleicher Sachverhalte. Für eine Gleichbehandlung spricht auch das Ziel des SGB III, einen arbeitslosen Versicherten möglichst effizient wieder in ein Arbeitsverhältnis zu vermitteln (Vorrang der Vermittlung vor den Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit, § 4 Abs 1 iVm § 5 SGB III).

§ 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI in der Fassung des Jahres 2001 ist daher insoweit "im Lichte" der (Grund-)Regel des Abs 1 Satz 2 der Vorschrift zu lesen, als lediglich das der Lohnersatzleistung zu Grunde liegende Bemessungsentgelt - begrenzt auf den Höchstbetrag des im Falle der Erzielung von Arbeitsentgelt anrechenbaren Hinzuverdienstes - Anrechnung findet. Nur so lässt sich eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung des "passiven" gegenüber dem "aktiven" Arbeitnehmer vermeiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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