L 11 KR 5226/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 7177/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5226/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2014 und der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Patientenlifter Victor Magnum (Hilfsmittel-Nr. 22.40.01.0068) als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers und des Beigeladenen zu 1) in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Bereitstellung eines mobilen Patientenlifters als Sachleistung von der Beklagten.

Der 1987 geborene Kläger leidet ua an hereditärer spastischer Spinalparalyse, Inkontinenz und einem mental kognitiven Leistungsdefizit. Er ist 1,93 m groß und wiegt ca 100 kg. Er lebt seit September 2012 in einer Wohngemeinschaft der Behinderteneinrichtung b. S. eV (Beigeladener zu 1); er bewohnt mit einem Mitbewohner eine abgeschlossene 2-Zimmer-Wohnung. In der Wohngruppe "K." leben insgesamt 12 behinderte Menschen. Zwei weitere Bewohner benötigen und besitzen einen Lifter und haben diesen jeweils bereits bei Einzug in die Einrichtung mitgebracht. Seit Dezember 2012 ist der Kläger in die Pflegestufe I, seit Dezember 2013 in die Pflegestufe II eingestuft. Es sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen B, G, aG, H und RF festgestellt (Bl 127 Verwaltungsakte).

Seit 2006 arbeitet der Kläger in der Behindertenwerkstatt S.-F. (jeweils Montag bis Freitag 8-16 Uhr). Er ist dort mit leichten Verpackungsarbeiten betraut. Morgens um 6.00 Uhr wird der Kläger in der Einrichtung des Beigeladenen zu 1) geweckt, mit einem (bis Januar 2015 geliehenen, jedoch unzureichenden) Lifter in den Duschstuhl gesetzt und ins Bad gefahren; nach der Morgentoilette wird er mit dem Lifter in den Rollstuhl gesetzt. Nach dem Frühstück wird er von einem Fahrdienst abgeholt und in die Werkstatt für behinderte Menschen gebracht.

Der Kläger erhält ua Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung. Er war zunächst in Hilfebedarfsgruppe 3, seit April 2014 ist er in Hilfebedarfsgruppe 4 eingestuft. Entsprechend der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung erhält die vollstationäre Wohngruppe einen Tagessatz von 131,49 EUR (bei 30 Tagen pro Monat 3.944,70 EUR) zuzüglich einer Maßnahmepauschale für den Besuch der Werkstätte für behinderte Menschen.

Im März 2013 beantragte der Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Facharztes für Allgemeinmedizin G. vom 07.03.2013 und eines Kostenvoranschlags der Orthopädie Technik R. GmbH vom 27.03.2013 über 7.057,89 EUR bei der Beklagten einen mobilen Patientenlifter Victor 2600 mit einer Traglast von 227 kg.

Mit Bescheid vom 28.03.2013 (Bl 21 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Übernahme durch die Krankenversicherung sei nicht möglich, da eine stationäre Pflegeeinrichtung die im Rahmen der Pflege erforderlichen Hilfsmittel selbst zur Verfügung zu stellen habe.

Hiergegen erhob der Kläger am 12.04.2013 Widerspruch. Er wohne nicht in einer Pflegeeinrichtung, sondern in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe, die nicht für die Anschaffung eines persönlichen Lifters zuständig sei.

Die Beklagte zog den Rahmenvertrag nach § 79 Abs 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII für Baden-Württemberg vom 15.12.1998 in der Fassung vom 22.11.2012 (Bl 52 Verwaltungsakte), den Wohnheim- und Betreuungsvertrag (Bl 39 Verwaltungsakte) und die Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem örtlichen Sozialhilfeträger (Bl 33 Verwaltungsakte) bei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 (Bl 129 Verwaltungsakte) als unbegründet zurück. Der Beigeladene zu 1) habe für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs bei stationärer Pflege notwendigen Hilfsmittel zu sorgen. Die gesetzliche Krankenversicherung habe nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die nicht dem Bereich der vollstationären Pflege zuzurechnen seien. Das seien im Wesentlichen individuell angepasste Hilfsmittel, die nur für den einzelnen Versicherten bestimmt und verwendbar seien (zB Brillen, Hörgeräte, Prothesen). Bei dem mobilen Patientenlifter handele es sich nicht um ein individuell angepasstes Hilfsmittel, sondern um ein Serienfabrikat, das grundsätzlich auch von anderen Bewohnern der Einrichtung benutzt werden könne. Es sei Aufgabe der Einrichtung, geeignete Hilfsmittel vorzuhalten, soweit sie von allen Patienten der Einrichtung genutzt werden könnten. Eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Pflegeversicherung sei ebenfalls nicht möglich, da Pflegehilfsmittel von den Pflegekassen nur im Rahmen der häuslichen Pflege übernommen würden. Der Kläger werde jedoch in einer Einrichtung der Behindertenhilfe betreut.

Hiergegen hat der Kläger am 19.12.2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Die Beklagte sei zur Übernahme des beantragten Hilfsmittels verpflichtet. Selbst wenn dies nicht der Fall sei und gegebenenfalls entweder die Pflegeversicherung oder der Träger der Sozialhilfe zur Kostenübernahme verpflichtet seien, sei trotzdem zunächst die Beklagte zur Erbringung der Leistung verpflichtet, weil sie den Antrag des Klägers nicht rechtzeitig gemäß § 14 SGB IX weitergeleitet habe. In diesem Fall bliebe die Beklagte als zuerst angegangener Träger zuständig.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Mit Beschlüssen vom 22.04.2014 und 08.05.2014 hat das SG die Einrichtung b. S. e.V., die D. Pflegekasse und das Landratsamt L. (SGB XII-Kostenträger) zum Verfahren beigeladen.

Der Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, die Leistungsverweigerung der Beklagten gehöre zu verschiedenen in neuerer Zeit zu beobachtenden Versuchen der gesetzlichen Krankenkassen, sich ihren gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber Bewohnern stationärer Einrichtungen der Behindertenhilfe dadurch zu entziehen, dass sie behaupten, die Ansprüche ihnen gegenüber seien subsidiär gegenüber Ansprüchen, die den Bewohnern – auch ohne ausdrückliche Regelungen – aus ihren Vertragsverhältnissen gegenüber den Einrichtungen der Behindertenhilfe zustünden. Würde dies Schule machen, würde der Charakter dieser Einrichtungen in Richtung von quasi-Krankenhäusern und Pflegeheimen verändert werden, denn nur für Bewohner von qualifizierten stationären Pflegeeinrichtungen könne davon ausgegangen werden, dass die Einrichtungen nach ihrer sächlichen Ausstattung die benötigten Hilfsmittel stellten. Der Beigeladene zu 1) betreibe hingegen eine Einrichtung der Eingliederungs-/Behindertenhilfe; der Kläger erhalte Leistungen nach dem Leistungstyp I.2.1, bei dem gerade keine wesentlichen Grundpflegeleistungen enthalten seien. Schwerpunkt sei die Förderung und Betreuung im Wohnbereich einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung und Förderung. Im Vordergrund stünden nicht Pflegeleistungen, sondern Leistungen der Eingliederungshilfe. Diesbezüglich sei das benötigte Hilfsmittel gerade nicht in die Berechnung der Investitionskosten eingeflossen. Anders sei dies bei stationären Einrichtungen der Pflege. Insofern sei der vorliegende Fall auch nicht mit der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Thüringischen LSG (L 6 KR 955/09) vergleichbar, denn dort habe die Behinderteneinrichtung besondere Vereinbarungen mit dem Kostenträger getroffen, auch hinsichtlich des Entgelts, die sich gerade auf die Aufnahme von schwerpflegebedürftigen Personen gerichtet habe.

Die Beigeladene zu 2) hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.

Der Beigeladene zu 3) hat zunächst die Auffassung vertreten, ein Patientenlifter gehöre zum Inventar der Einrichtung und sei vom Beigeladenen zu 1) zur Verfügung zu stellen. Wenn die vollstationäre Wohngruppe behinderte Menschen pflege und betreue, die eine so hohe Hilfebedarfsgruppe auswiesen und auch in hohem Maße pflegebedürftig seien, das sage die Pflegestufe II aus, dann habe die Einrichtung auch die Hilfsmittel vorzuhalten, die diese Pflege und die Mobilität des Klägers unterstützten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass die Vorhaltepflicht mit derartigen Hilfsmitteln steige, je mehr Bewohner auf solche Hilfsmittel angewiesen seien. Die stationäre Wohngruppe sei auf eine Bewohnerzahl von 12 begrenzt. Davon seien mittlerweile drei auf einen Patientenlifter angewiesen. Das sei mit 25 Prozent bereits ein beträchtlicher Anteil. Trotzdem gehöre bisher kein einziger Patientenlifter zum Inventar der Einrichtung. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beigeladene zu 3) seine Auffassung unter Berufung die Entscheidung des BSG vom 10.02.2000, B 3 KR 26/99 R, BSGE 85, 287 geändert und beantragt, der Klage stattzugeben.

Mit Urteil vom 12.12.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Gewährung eines mobilen Patientenlifters als Sachleistung. Mobile Patientenlifter bei vollstationärer Pflege in einem zugelassenen Pflegeheim seien grundsätzlich vom Heimträger zur Verfügung zu stellen. Sie gehörten im Regelfall nicht zu den individuell angepassten Hilfsmitteln, für die stets die Krankenkassen zuständig seien. Zwar könne in Fällen, in denen die Einrichtung Schwerpflegebedürftige grundsätzlich nicht aufnehme, weder vom Sozialhilfeträger noch vom Einrichtungsträger die Finanzierung des Vorhaltens eines individuellen Hilfsmittels - hier des mobilen Patientenlifters - erwartet werden. Bei derartigen Einrichtungen sei es vorrangig Aufgabe der Krankenkasse, den Versicherten individuell mit Hilfsmitteln auszustatten, auch wenn dieses nur zur Mobilität innerhalb der Sphäre des Heimes dienen solle. Ein solcher Ausnahmefall liege aber nicht vor. Aktuell befänden sich in der Einrichtung des Beigeladenen zu 1) drei Menschen, die aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit auf einen mobilen Patientenlifter angewiesen seien. Dies entspreche einem Viertel der insgesamt 12 Bewohner und stelle nach Ansicht der Kammer nicht mehr die vom BSG erwähnte Ausnahme dar. Je mehr Schwerpflegebedürftige (zB Rollstuhlfahrer) in einer Einrichtung der Behindertenhilfe aufgenommen würden, desto höher seien auch die Anforderungen an die im Rahmen der Bereitstellungspflicht des Einrichtungsträgers vorzuhaltenden Hilfsmittel.

Am 17.12.2014 hat der Kläger gegen das Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen im Klageverfahren Bezug genommen. Bislang sei ein Lifter benutzt worden, der aus einer anderen Einrichtung des Beigeladenen zu 1) ausgeliehen wurde. Mittlerweile sei es nicht mehr möglich, den geliehenen Patientenlifter zu nutzen. Wenn er keinen geeigneten Lifter erhalte, stehe zu befürchten, dass er nicht mehr in der jetzigen Wohnung verbleiben könne. Die Einrichtung sei auf seine Bedürfnisse abgestimmt; auch der Besuch der Arbeitsstelle in der Werkstatt für behinderte Menschen könne mit dem Lifter aufrechterhalten werden. Aus den bestehenden Vereinbarungen nach dem SGB XII könne keine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1) abgeleitet werden, den Lifter vorzuhalten. Das SG habe die Vereinbarungen unzutreffend ausgelegt.

Der Kläger hat ein Schreiben der Wohnbereichsleitung (Frau V.) des Beigeladenen zu 1) vom 16.12.2014 vorgelegt (Bl 14 Senatsakte). Der weitere Aufenthalt des Klägers könne ohne den beantragten Lifter nicht mehr gewährleistet werden. Der Gesundheitszustand habe sich im Laufe der Zeit deutlich verschlechtert. Der Lifter werde morgens benötigt, um den Kläger vom Bett in den Duschstuhl zu setzen und anschließend nach der Morgentoilette in den Rollstuhl zu liften. Der Kläger müsse vormittags in einem kurzen Zeitfenster von 6:00 Uhr bis 7:45 Uhr mit seiner Morgentoilette und dem Frühstück fertig sein, da er dann mit dem Bus zur Werkstatt für behinderte Menschen abgeholt werde. Nach seiner Rückkehr werde der Lifter wiederum gebraucht, um ihn vom Rollstuhl auf die Toilette zu setzen bzw vom Rollstuhl oder Duschstuhl ins Bett zu liften. Man habe sich nun etwa ein Jahr lang mit einem alten ausgeliehenen Lifter beholfen. Dieser sei aber für den Kläger nicht geeignet. Er sei damit schon zweimal samt Lifter umgekippt und zu Boden gegangen. Es werde dringend ein für den Kläger angepasster (Gewicht, Größe, Behinderung, Spasmus) Lifter benötigt. Ohne den Lifter könne der Kläger nicht mehr an der Tagesstruktur (Werkstatt für behinderte Menschen) oder an anderen Aktivitäten teilnehmen.

Mit Beschluss vom 22.12.2014, L 11 KR 5255/14 ER, hat der Senat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den beantragten mobilen Patientenlifter als Sachleistung zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger Ende Januar 2015 in Umsetzung des Senatsbeschlusses vom 22.12.2014 einen Patientenlifter "Victor Magnum" unter dem Vorbehalt der Rückforderung zur Verfügung gestellt (Bl 56 Senatsakte).

Der Kläger beantragt

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Patientenlifter Victor Magnum (Hilfsmittel-Nr. 22.40.01.0068) als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie hat auf ihr bisheriges Vorbringen und die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen. Es komme nicht darauf an, wie sich ein etwaiger Krankheitsprogress beim Kläger entwickelt habe.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger den für ihn geeigneten Patientenlifter wie beantragt als Sachleistung zu gewähren.

Der Kläger lebe in einer Einrichtung, bei der der Einrichtungszweck der Eingliederungshilfe im Vordergrund stehe und den der Pflege überwiege. Es handle sich um eine Wohngruppe in einem eigenen Haus mit 12 Bewohnern. Der Schwerpunkt der Einrichtung liege in der Förderung der geistig behinderten Menschen im Sinne von §§ 53 ff SGB XII und des Leistungstyps I.2.1 der Eingliederungshilfe in stationären Einrichtungen für geistig behinderte Menschen. Der Kläger benötige den Lifter für alle seine Bewegungen und nicht nur für Bewegungsabläufe im Zusammenhang mit pflegerischen Leistungen. Es handle sich daher um ein Krankenbehandlungshilfsmittel im Sinne von § 33 SGB V. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Wohngruppe habe der Kläger noch keinen Lifter benötigt, da er sich noch hinreichend ohne Hilfsmittel habe bewegen können. Erst im späteren Verlauf habe er gesundheitlich so abgebaut, dass er heute einen aufwendigen, an sein starkes Körpergewicht angepassten Lifter benötige, weil er sonst in der Wohngruppe nicht mehr gehalten werden könne. Die Einrichtung des Beigeladenen zu 1) sei keine stationäre Pflegeeinrichtung, sondern eine Einrichtung der Eingliederungshilfe. Dies habe das SG verkannt. Die Einrichtung sei nach ihrer sächlichen Ausstattung nicht in der Lage, entsprechende individuelle Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Es seien ausschließlich Regelungen und Leistungstypen des Rahmenvertrags zur Eingliederungshilfe und nicht zur Pflege vereinbart. Konzeption, Ausstattung und Vergütung richte sich in Baden-Württemberg nach den Vorschriften des SGB XII zur Eingliederungshilfe. Es komme nicht darauf an, wie viele geistig und körperlich behinderte Menschen oder gar Menschen mit einer Pflegestufe in eine stationäre Einrichtung aufgenommen würden. Niemand solle aus einer Regeleinrichtung der stationären Behindertenhilfe im Sinne der Eingliederungshilfe abgewiesen oder ausgeschlossen werden, weil er zusätzlich besondere Hilfsmittel benötige. Der Leistungstyp I.2.1 aus der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung zwischen dem Beigeladenen zu 1) und den Kostenträgern enthalte keine Bestimmungen über die Stellung von Kranken-/Pflegehilfsmitteln und deren Finanzierung. Auch nach dem Heimvertrag mit dem Kläger sei die Einrichtung gerade nicht verpflichtet, derartige qualifizierte und kostenaufwendige Krankenhilfsmittel selbst zu stellen. So sei dort in § 5 (Unterstützung bei Krankenhilfe und therapeutischen Leistungen) ua geregelt, dass die Einrichtung dem Bewohner auf Wunsch die entsprechenden Hilfen lediglich "vermittle". Soweit das SG darauf abgestellt habe, dass im Rahmenvertrag nach dem SGB XII auch der Begriff "Pflege" verwendet werde, so müsse differenziert werden nach den Leistungsgruppen I (Eingliederungshilfe) und II (Pflege). Letztere sei vorliegend nicht vereinbart. Unter dem Leistungstyp I gehe es offensichtlich nicht um die speziellen Leistungen im engeren Sinn der gesetzlichen Pflegeversicherung. Gemeint sei ein weiter Begriff der Pflege im Sinne der Sorge um das körperliche Wohl der zu betreuenden Menschen. Der Begriff der stationären Pflegeeinrichtung (§ 71 Abs 2 SGB XI) sei vom SG vorliegend zu Unrecht auf die Einrichtung des Beigeladenen zu 1) übertrage worden.

Der Beigeladene zu 3) hat darauf hingewiesen, dass zwischen allen Beteiligten Einigkeit bestehe, dass der Kläger den beantragten Patientenlifter benötige. Bedeutsam sei vorliegend, dass der Kläger bei der Aufnahme in die Einrichtung nicht schwer pflegebedürftig gewesen sei. Aufgrund der chronischen Erkrankung sei die Pflegebedürftigkeit entgegen der Prognose überproportional schnell angestiegen. Eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1) zur Vorhaltung des Patientenlifters bestehe nur dann, wenn das Leistungsangebot auch die Pflege von schwer Pflegebedürftigen umfasse.

In einem Erörterungstermin am 18.06.2015 ist der Sachverhalt mit den Beteiligten eingehend erörtert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat Erfolg.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zurverfügungstellung eines Patientenlifters Victor Magnum (Hilfsmittel-Nr. 22.40.01.0068) als Sachleistung.

Nach § 33 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Die Leistungen der GKV müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 Abs 1 S 1 SGB V). Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 S 2 SGB V).

Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, Rn 13; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 Rn 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (vgl BSG 07.10.2010, B 3 KR 13/09 R, BSGE 107, 44, SGb 2011, 654 mwN).

Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt (§ 33 Abs 1 Satz 2 SGB V). Versicherte, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung die Fähigkeit zum selbstständigen Aufstehen, Gehen und Stehen verloren haben, können danach zur Erhaltung ihrer Mobilität grundsätzlich einen mobilen Patientenlifter als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beanspruchen. Er ist kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, weil er von Gesunden nicht benutzt wird. Auch ist der Patientenlifter nicht aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen und kann die Versorgungsziele des § 33 Abs 1 SGB V erfüllen. Er ist geeignet, erhebliche Auswirkungen der Behinderung des Antragstellers zu mildern und es ihm zu ermöglichen, das Bett zu verlassen. Dem steht nicht entgegen, dass er nicht unmittelbar am Körper der kranken oder behinderten Person wirkt und der Antragsteller auch mit seiner Hilfe nicht zu einer eigenständigen Bewegung in seinem Wohnbereich befähigt wird. Ohne Bedeutung ist auch, in welchem Umfang der behinderte Mensch noch selbst Hilfestellung dabei leisten kann, seine Grundbedürfnisse zu erfüllen (BSG 12.06.2008, B 3 P 6/07 R, BSGE 101, 22, SozR 4-3300 § 40 Nr 8).

Der Anspruch nach § 33 SGB V ist nicht aufgrund des Aufenthalts des Klägers in der Wohngruppe des Beigeladenen zu 1) ausgeschlossen. Die GKV ist zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln grundsätzlich unabhängig davon verpflichtet, ob sie in einer eigenen Wohnung oder in einem Heim leben. Bei der Behinderteneinrichtung des Beigeladenen zu 1) handelt es sich nicht um ein Pflegeheim, sondern um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe, die nach ihrer sächlichen Ausstattung den beantragten und erforderlichen Lifter nicht bereitzustellen hat.

Nach den vom BSG aufgestellten Grundsätzen kommt es darauf an, ob es sich beim Beigeladenen zu 1) um eine Einrichtung mit einer erheblichen Zahl von Schwer- und Schwerstpflegebedürftigen handelt und ob die Vereinbarungen mit dem Träger der Einrichtung hinsichtlich der sächlichen Ausstattung die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten (BSG 10.02.2000, B 3 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 36, juris Rn 24). Beides ist nicht der Fall.

Das Vorhalten bestimmter Hilfsmittel gehört nicht zum Leistungsprofil bzw zum notwendigen Inventar der Einrichtung des Beigeladenen zu 1). Dort stehen Maßnahmen der Eingliederungshilfe, nicht der Pflege im Vordergrund. Soweit eine Einrichtung Schwerpflegebedürftige nicht aufnimmt, kann nach der BSG-Rechtsprechung weder vom Sozialhilfeträger noch vom Einrichtungsträger die Finanzierung des Vorhaltens von Liftern erwartet werden. Bei derartigen Einrichtungen ist es vorrangig Aufgabe der Krankenkasse, den Versicherten individuell mit Hilfsmitteln auszustatten, auch wenn diese nur zu Mobilität innerhalb der Sphäre des Heimes dienen sollen (BSG 10.02.2000, B 3 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 36, juris Rn 24).

Der Beigeladene zu 1) führt eine vollstationäre Einrichtung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene Leistungen erbringt. Die Pflicht der GKV zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln findet erst dort ihre Grenze, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt (vgl BSG 10.02.2000, B 3 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 36). Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur soweit zur Bereitstellung/Verschaffung von Hilfsmitteln verpflichtet, wie dies aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann (vgl zur medizinischen Behandlungspflege BSG 25.02.2015, B 3 KR 11/14 R, für BSGE und SozR4 vorgesehen).

Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iSv § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch so pflegebedürftig, dass seine Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, wird vereinbart, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird. Dieses Stadium ist beim Kläger nicht erreicht.

Der Kläger leidet zwar an einer progredienten Erkrankung, so konnte er zB anfangs noch selbst gehen, was jetzt nicht mehr der Fall ist und er wurde zu einem Zeitpunkt in die Einrichtung aufgenommen, als noch keine Pflegestufe festgestellt war. Nach wie vor stehen aber die Zwecke der Eingliederungshilfeleistungen, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben so lange wie möglich zu sichern und zu fördern, im Vordergrund. Weder bei Aufnahme in die Einrichtung noch bis zum jetzigen Zeitpunkt hat eine "Fehlbelegung" vorgelegen. Weiterhin kann der Kläger selbständig in einer abgeschlossenen 2-Zimmer-Wohnung mit einem Mitbewohner wohnen. Nach wie vor kann der Kläger die Werkstatt für behinderte Menschen in S.-F. regelmäßig besuchen. Ziel des Gesetzes ist es, diese Teilhabemöglichkeiten und –chancen aufrechtzuerhalten. Der beantragte Lifter ist hierfür erforderlich und geeignet.

Die Einrichtungen der Eingliederungshilfe müssen nicht dafür sorgen, dass sie auch jedes erforderliche Hilfsmittel erbringen können. Es bestehen keine weitergehenden Pflichten, als die Einrichtung aufgrund ihrer Ausrichtung, ihres Eingliederungszwecks und nach den Vereinbarungen nach § 75 ff SGB XII schuldet (BSG 25.02.2015, B 3 KR 11/14 R, für BSGE und SozR4 vorgesehen). Insbesondere besteht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige zu erbringenden pauschalen Abgeltung nach § 43a SGB XI eine Verpflichtung, grundsätzlich alle im Einzelfall erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Ebenso wie die medizinische Behandlungspflege iSv § 37 Abs 2 SGB V kann durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift aber nicht die Versorgung mit erforderlichen Hilfsmitteln vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden (vgl zu § 37 Abs 2 SGB V BSG 25.02.2015, B 3 KR 11/14 R, Rn 25; BSG 01.09.2005, B 3 KR 19/04 R, SozR 4-2500 § 37 Nr 5 Rn 17). Aus § 55 Abs 2 SGB XII ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch individuell erforderliche Hilfsmittel zur Verfügung stellen muss. Es kommt daher im Einzelfall auf die sächliche Ausstattung der Einrichtung unter Berücksichtigung ihrer Leistungsziele und –zwecke an.

Nach dem zwischen dem Versicherten und dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Wohnheim- und Betreuungsvertrag schuldet der Beigeladene zu 1) die Überlassung von Wohnraum sowie Verpflegung und Betreuungsleistungen (§ 1 Nr 2 des Wohnheim- und Betreuungsvertrags). Letztere richten sich nach den gesetzlichen Vorgaben über die Eingliederungshilfe (§ 4 Nr 1 des Wohnheim- und Betreuungsvertrags) und nach dem Leistungstyp I.2.1 (vgl § 10 des Wohnheim- und Betreuungsvertrags).

Dies entspricht Art und Umfang der nach dem Rahmenvertrag nach § 79 Abs 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII für Baden-Württemberg (vom 15.12.1998, idF vom 22.11.2012) für stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Dienste im Leistungstyp I.2.1 (stationäre Hilfe ohne tagesstrukturierendes Angebot iS der Ziffer I.4 für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene) geschuldeten Leistungen. Ziel und Zweck der Einrichtung ist bei Leistungstyp I.2.1 nach dem Rahmenvertrag die Beseitigung oder Milderung der behinderungsbedingten Einschränkung der Teilhabe, die Ermöglichung und Förderung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in der Gemeinschaft sowie Förderung von Selbsthilfepotentialen und selbstbestimmter unabhängiger Lebensführung. Nach dem Rahmenvertrag gehört zu dem Angebot dieses Leistungstyps nur die Bereitstellung von individuellem Wohnraum, die Sicherstellung der hauswirtschaftlichen Versorgung, die Erschließung von Strukturen und Angeboten im Sozialraum, Pflegeleistungen iS des § 55 SGB XII.

Im Unterschied hierzu – und daraus erschließt sich die Begrenzung der Leistungspflicht von Einrichtungen des Typs der Leistungsgruppe I - müssen Pflegeheime der vorliegend nicht einschlägigen Leistungsgruppe II die jeweils im Einzelfall erforderlichen Betreuungs- und Pflegeleistungen zur Unterstützung, zur teilweisen oder zur vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder zur Beaufsichtigung und Anleitung erbringen. In einem solchen Fall hätte der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§ 43 Abs 1, 2 und § 43 a SGB XI).

Mit der vom SG und von der Beklagten angeführten Entscheidung des Thüringischen LSG (L 6 KR 955/09) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, denn dort hat die Behinderteneinrichtung besondere Vereinbarungen mit dem Kostenträger getroffen, auch hinsichtlich des Entgelts, die sich gerade auf die Aufnahme von schwerpflegebedürftigen Personen mit speziellen Anforderungen gerichtet haben (vgl juris Rn 28 der genannten Entscheidung).

Auch aus der Tatsache, dass zwei weitere Bewohner der insgesamt 12 Personen umfassenden einen bereits bei ihrem Einzug mitgebrachten Lifter besitzen und benötigen, folgt nicht, dass der Beigeladene zu 1) auch dem Kläger den benötigten Lifter zur Verfügung stellen muss. Das SG hat darauf abgestellt, dass damit insgesamt 3 Personen einen Lifter benötigten, dies einem Viertel der insgesamt 12 Bewohner entspreche und somit – ohne dies näher zu begründen - keine "Ausnahme" iS der BSG-Rechtsprechung (BSG 10.02.2000, B 3 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 36) vorliege. Bei einem Anteil, der bereits jedem vierten Bewohner entspricht, habe die Kammer nicht mehr davon ausgehen können, dass der Beigeladene zu 1) behinderte Menschen, die auf einen Patientenlifter angewiesen seien, grundsätzlich nicht aufnehme.

Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Einrichtung schwerpflegebedürftige Menschen aufnimmt, sind die vertraglichen Vereinbarungen, die die Struktur der Einrichtung vorgeben. Vorliegend sind ausschließlich Regelungen und Leistungstypen des Rahmenvertrags zur Eingliederungshilfe und nicht zur Pflege vereinbart. Der Leistungstyp I.2.1 aus der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem Kostenträger enthält gerade keine Bestimmungen über die Stellung von Hilfsmitteln und deren Finanzierung. Auch nach dem Wohnheim- und Betreuungsvertrag mit dem Kläger ist der Beigeladene zu 1) nicht verpflichtet, derartige qualifizierte und kostenaufwendige Hilfsmittel selbst zu stellen. Dafür erhält er keine finanzielle Ausstattung.

Zum anderen – auch wenn es hierauf nach dem Vorstehenden nicht ankommt - teilt der Senat nicht die Auffassung des SG, wonach bei einem Verhältnis von 75:25 ein Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht mehr vorliege. So hat etwa der verfassungsändernde Gesetzgeber des Art 91e des Grundgesetzes das dort in Abs 1 und Abs 2 normierte Regel-Ausnahme-Verhältnis in der Gesetzesbegründung gerade mit 75:25 umschrieben (BT-Drs 17/1554, S 4) und damit klar gestellt, dass ein Viertel noch als Ausnahme zu werten ist. Zudem hat sich der Gesundheitszustand des Klägers auch erst nach Aufnahme in die Einrichtung progredient verschlechtert (keine Pflegestufe bei Einzug, Pflegestufe I ab Dezember 2012, Pflegestufe II ab Dezember 2013), so dass der Schluss, die Einrichtung nehme grundsätzlich schwerpflegebedürftige Menschen auf, nicht zutreffend ist. Dass eine Fehlbelegung nicht vorliegt, ist bereits oben dargelegt worden.

Der Senat ist schließlich – wie alle Beteiligten - davon überzeugt, dass der begehrte mobile Patientenlifter medizinisch notwendig ist.

Erforderlich ist ein den individuellen Bedürfnissen des Antragstellers (Gewicht, Körpergröße, Behinderung, Spasmus) angepasster Lifter. Diese Voraussetzungen erfüllt der beantragte Lifter. Damit wird nicht nur die weitere Betreuung in der Einrichtung des Beigeladenen zu 1) sichergestellt. Damit wird vor allem das Erschließen eines körperlichen Freiraums - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit – ermöglicht, denn ohne den Lifter könnte der Kläger schon nicht das Bett verlassen. Die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen ist von der Rechtsprechung seit jeher als Zweck der von der GKV zu leistenden medizinischen Rehabilitation anerkannt (vgl BSG 07.10.2010, B 3 KR 13/09 R, BSGE 107, 44, SGb 2011, 654 mwN). Der zuletzt vorhandene ausgeliehene Lifter ist hingegen nicht geeignet, dieses Grundbedürfnis sicherzustellen. Dies ist für den Senat plausibel dargelegt im Schreiben der Frau V. vom 16.12.2014. Danach ist der Kläger wegen der Beschaffenheit des vorhandenen Lifters bereits mehrfach umgekippt und zu Boden gestürzt. Die Mobilität in der Wohnung und die weitere Betreuung sind ebenso wenig sichergestellt gewesen wie der Besuch der Werkstatt für behinderte Menschen. Die weitere Benutzung dieses Lifters ist für den Kläger unzumutbar. Der von der Beklagten in der Folge des Senatsbeschlusses vom 22.12.2014 L 11 KR 5255/14 ER dem Kläger Ende Januar 2015 zur Verfügung gestellte Patientenlifter "Victor Magnum" entspricht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Hilfsmittelversorgung (§ 12 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V); andere preisgünstigere, ebenso geeignete Lifter sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG. Nach § 193 Abs 4 SGG sind nur die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Das sind lediglich Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen, nicht also Beigeladene (BSG 02.11.2011, B 12 KR 34/11 B, juris). Im Übrigen wäre der Beigeladene zu 1) auch nicht verpflichtet, Pauschgebühren zu entrichten.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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