L 15 KR 2/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 75 Kr 607/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 KR 2/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 1997 und die Bescheide der Beklagten vom 8. März 1996 und 18. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1996 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Arbeitnehmeranteile der in der Zeit vom 1. Dezember 1990 bis 30. Juni 1994 entrichteten Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung und der in der Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 entrichteten Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Arbeitnehmeranteile von entrichteten Pflichtbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Der Kläger war in der Zeit vom 17. November 1990 bis 30. Juni 1994 und in der Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 bei der H GmbH Import-Export (im Folgenden: Beigeladene zu 1.) als Geschäftsführer tätig. Nach dem Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte vom 10. November 1990 war ein Bruttoarbeitsentgelt von 3.500,00 DM vereinbart und nach dem Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte vom 27. März 1995 ein Bruttoarbeitsentgelt von 4.800,00 DM (Bl. 16 und 17 VA der Beklagten). Die Beigeladene zu 1. meldete den Kläger als versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und entrichtete Pflichtbeiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und ab 1. April 1995 auch zur Pflegeversicherung, und zwar nach folgenden Bruttoarbeitsentgelten:

17. 11. - 31. 12. 90 5.133,-- DM

01. 01. - 31. 03. 9111.700,-- DM

01. 04. - 31. 12. 91 35.100,-- DM

01. 01. - 31. 12. 9242.936,-- DM

01. 01. - 31. 12. 9342.936,-- DM

01. 01. - 30. 06. 9429.268,-- DM

01. 04. - 15. 08. 9521.990,-- DM.

Seit dem Beginn der Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. war der Kläger Mitglied der Beklagten. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1. war der Import und Export sowie der Handel mit Waren, insbesondere mit Holzprodukten, Porzellan und elektrischen Geräten (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Charlottenburg). Der Kläger war zugleich Gesellschafter der Beigeladenen zu 1., deren Stammkapital 50.000,00 DM betrug. Seine Stammeinlage belief sich zunächst auf 26.000,00 DM und die seiner jetzigen Ehefrau auf 24.000,00 DM (notarieller Vertrag vom 29. August 1990). Mit notariellem Vertrag vom 23. Januar 1991 übertrug der Kläger einen Geschäftsanteil in Höhe von 20.000,00 DM an seine Mutter, der mit notariellem Vertrag vom 3. Februar 1993 auf ihn rückübertragen wurde. Der Kläger traf alle maßgeblichen Entscheidungen für die Beigeladene zu 1., schloss Verträge und nahm Kredite auf. Seine jetzige Ehefrau erledigte den An- und Verkauf, wobei sie den Weisungen des Klägers unterlag. Die Mutter des Klägers war in den Geschäftsbetrieb der Beigeladenen zu 1. nicht tatsächlich eingebunden. Die Beigeladene zu 1. kündigte den mit dem Kläger geschlossenen Vertrag zum 15. August 1995 (Schreiben vom 28. Juli 1995). Den Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen lehnte das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluss vom 19. November 1997 mangels Masse ab.

Der Kläger meldete sich mit Wirkung vom 24. August 1995 arbeitslos und bezog zunächst seit diesem Tag Arbeitslosengeld (Bescheid des Arbeitsamtes V Berlin vom 13. Oktober 1995). Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 1. November 1995 wurde der Bescheid über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes mit Wirkung vom 19. November 1995 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben (Aufhebungsbescheid des Arbeitsamtes V Berlin vom 24. November 1995). Die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld lägen nicht vor, da die Beschäftigung auf Grund der Firmenbeteiligung von 52 % bei der Beigeladenen zu 1. nicht beitragspflichtig gewesen sei. Während des Bezuges des Arbeitslosengeldes begab sich der Kläger in ärztliche Behandlung. Der Arzt für Chirurgie Dr. K. behandelte den Kläger in dem Zeitraum vom 30. Oktober bis 3. November 1995. Zudem stellte er am 30. Oktober 1995 Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis voraussichtlich 13. November 1995 fest. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übersandte der Kläger dem Arbeitsamt (Bl. 43 f Leistungsakte).

Am 28. Dezember 1995 beantragten die Beigeladene zu 1. und der Kläger bei der Beklagten die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Das Erstattungsbegehren wurde mit Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 16. Februar 1996 auch ausdrücklich auf die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Pflegeversicherung erweitert.

Die Erstattungsanträge bezüglich der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge leitete die Beklagte zuständigkeitshalber zur Entscheidung an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und das Arbeitsamt weiter (Schreiben vom 8. März 1996). Mit an den Kläger und an die Beigeladene zu 1. gerichteten Bescheiden vom 3. Juli 1996 entschied das Arbeitsamt V Berlin, dass der Erstattungsanspruch für die für die Zeit vom 17. bis 30. November 1990 entrichteten Beiträge verjährt sei, im Übrigen erkannte es aber den Erstattungsanspruch an.

Mit Bescheid vom 8. März 1996 lehnte die Beklagte die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 17. November 1990 bis 30. Juni 1994 und vom 1. April bis 15. August 1995 ab. Es verbleibe bei der Fehlversicherung. Darüber hinaus lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 1996 auch die Erstattung der zur Pflegeversicherung entrichteten Beiträge für die Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 ab.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, keine Leistungen der Beklagten in dem Erstattungszeitraum in Anspruch genommen zu haben. Er könne die unbenutzten Scheckhefte für die ärztliche und zahnärztliche Behandlung vorlegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 1996 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile der in der Zeit vom 17. November 1990 bis 30. Juni 1994 entrichteten Krankenversicherungsbeiträge und der ab 1. April bis 15. August 1995 entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bestehe nach § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) nicht. Mit der Aushändigung der Krankenscheine habe sie bereits ihre Leistungen erbracht, so dass ein Erstattungsanspruch ausscheide. Ergänzend sei festzustellen, dass die im Jahr 1990 entrichteten Beiträge nach § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt seien. Sie mache von der Erhebung der Verjährungseinrede Gebrauch, die insgesamt auch statthaft sei. In der Krankenversicherung würden Leistungen regelmäßig nicht auf Grund einer früheren Entrichtung von Beiträgen, sondern wegen einer gegenwärtig bestehenden Mitgliedschaft erbracht. Eine frühere Beitragsentrichtung habe keine anwartschaftsbegründende Wirkung. Vielmehr erschöpfe sie sich in einer Beteiligung des Versicherten an den Aufwendungen der Krankenkasse zur Zeit der Beitragsentrichtung. Dementsprechend bestehe in der Krankenversicherung kein so wichtiger Grund, von der Regel des Verjährungsbeginns am Ende des Entrichtungsjahres abzuweichen, deren Sinn es sei, weiter zurückliegende Beitragszahlungen auf sich beruhen zu lassen.

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger zwei vollständige Krankenscheinhefte für die ärztliche und zahnärztliche Behandlung vorgelegt, die zu den Akten genommen wurden.

Mit Urteil vom 28. November 1997 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und ausgeführt: Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien zu Unrecht entrichtet worden, weil der Kläger als Geschäftsführer nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 1. gestanden habe. Er sei nicht nur als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1. tätig gewesen, sondern sei auch deren Gesellschafter gewesen und habe infolge seiner Kapitalbeteiligung die Beigeladene zu 1. auch beherrscht. Diese beherrschende Stellung habe sich selbst in der Zeit vom 23. Januar 1991 bis 3. Februar 1993 nicht geändert, als er 20.000,00 DM seiner Geschäftsanteile an seine Mutter übertragen habe. Denn es habe sich an seiner tatsächlichen Einflussnahme auf die Gesellschaft nichts geändert. Die Ehefrau des Klägers habe glaubhaft bekundet, dass seine Mutter nur stille Teilhaberin gewesen sei und mit dem Geschäftsbetrieb an sich nie irgendetwas zu tun gehabt habe. Allerdings scheitere die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge an der Verfallklausel des § 26 Abs. 2 SGB IV (2. Alternative). Zwar greife die Verfallklausel nicht bereits deshalb, weil die Beklagte dem Kläger Krankenscheinhefte bzw. die Versicherungskarte zur Verfügung gestellt habe. Der Anspruch scheitere aber deshalb, weil der Kläger in der Zeit vom 30. Oktober bis 3. November 1995 zu Lasten der Beklagten ärztliche Leistungen des Arztes für Chirurgie Dr. K. in Anspruch genommen habe. Unerheblich sei hierbei, dass diese Leistungen erst während des Arbeitslosengeldbezuges erbracht worden seien. Nach allgemeiner Auffassung werde eine Leistung für die gesamte Zeit erbracht, für welche zuvor Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien. Etwas anderes folge auch nicht auf Grund der vorliegend vorhandenen erheblichen Diskrepanz zwischen der Höhe der an die Beklagte entrichteten Beiträge und der Kosten für die in Anspruch genommene vertragsärztliche Leistung.

Gegen das ihm am 6. Februar 1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 1998 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Erstattungsbegehren für die in der Zeit vom 1. Dezember 1990 bis 30. Juni 1994 entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung und für die in der Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung weiterverfolgt. Im Wesentlichen macht er geltend: Die Verfallswirkung sei nicht eingetreten, da gerade kein Kausalzusammenhang zwischen den bis zum 15. August 1995 entrichteten Beiträgen und der erst anschließend in der Zeit vom 30. Oktober bis 3. November 1995 erfolgten ärztlichen Behandlung bestehe. In dem Zeitraum, in dem die ärztliche Behandlung stattgefunden habe, habe er Arbeitslosengeld bezogen und das Arbeitsamt habe deswegen Krankenversicherungsbeiträge an die Beklagte gemäß § 155 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) übernommen. Der Bezug des Arbeitslosengeldes sei als rechtmäßig anzusehen, denn die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung sei erst mit Wirkung vom 19. November 1995 erfolgt. Im Übrigen habe das Sozialgericht sein Ergebnis über die Verfallswirkung ohne eingehende Begründung auch auf die Beiträge zur Pflegeversicherung übernommen. Von dieser Versicherung seien aber ohnehin keine Leistungen in Anspruch genommen worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 1997 und die Bescheide der Beklagten vom 8. März 1996 und 18. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die für die Zeit vom 1. Dezember 1990 bis 30. Juni 1994 zur Krankenversicherung und die für die Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichteten Arbeitnehmeranteile der Pflichtbeiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Allerdings erhebt sie für den für Dezember 1990 entrichteten Beitrag zur Krankenversicherung nicht mehr die Einrede der Verjährung.

Die Beigeladene zu 1. und die beigeladene Pflegekasse (Beigeladene zu 2.) haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie den Inhalt der Leistungsakte des Arbeitsamtes Berlin-Nord, die Handelsregisterakte des Amtsgerichts Charlottenburg und die Konkursakte des Amtsgerichts Charlottenburg Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung seiner Arbeitnehmeranteile für die in der Zeit vom 1. Dezember 1990 bis 30. Juni 1994 zur Krankenversicherung und für die in der Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 zur Kranken- und Pflegeversicherung zu Unrecht entrichteten Pflichtbeiträge. Das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide der Beklagten waren insoweit zu ändern.

Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Erstattung der Beiträge ist § 26 Abs. 2 SGB IV. Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Die Voraussetzungen für die Erstattung hat der Kläger erfüllt.

Die Beklagte hat als Einzugsstelle über das Begehren des Klägers, ihm die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten, nach §§ 28d Satz 1 i.V.m. Satz 2, 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV entschieden (vgl.: Besprechung der Spitzenverbände und der Bundesanstalt für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung am 2./3. Mai 1995 Nr. 3 Gemeinsame Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vom 3. Mai 1995, abgedruckt: Die Sozialversicherung, September 1995, S. 236-239). Die Entrichtung von Pflichtbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. ist zu Unrecht erfolgt. Der Kläger stand in der Zeit vom 17. November 1990 bis 30. Juni 1994 und 1. April bis 15. August 1995 in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Mithin bestand keine Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und ab 1. April 1995 auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI).

Der Begriff der Beschäftigung für alle Sozialversicherungsverhältnisse ist in § 7 SGB IV bestimmt. Danach ist die Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Diese persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Arbeitsausführung. Demgegenüber wird die selbständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen (ständige Rechtsprechung: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn. 5 und 11). Nach diesen Grundsätzen beurteilt sich auch die Frage, ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH, dessen Organstellung allein eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern nicht ausschließt, eine abhängige und deshalb beitragspflichtige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ist. Ist der Geschäftsführer - wie hier der Kläger - am Kapital der Gesellschaft beteiligt, ist der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Denn wer Kraft seiner Gesellschafterrechte die für das Arbeitnehmerverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitsgeber vermeiden kann, kann nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. Für GmbH-Gesellschafter, die über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügen und damit den maßgeblichen Einfluss auf deren Entscheidungen besitzen, hat die Rechtsprechung grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH verneint (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 5, S. 8). Dies ist vorliegend für die Zeiten anzunehmen, in denen der Kläger auf Grund seiner Stammeinlage in Höhe von 26.000,00 DM 52 % der Gesellschaftsanteile besaß. Gleiches gilt aber auch für die Zeit, in der der Kläger 20.000,00 DM seiner Stammeinlage an seine Mutter veräußert hatte. Auch wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter einen geringeren Kapitalanteil innehat, kann die Arbeitnehmereigenschaft fehlen, und zwar dann, wenn sein tatsächlicher Einfluss auf die Gesellschaft wesentlich größer ist als der ihm auf Grund seines Geschäftsanteils an sich zustehende Einfluss (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 5, S. 8). So verhält es sich hier. Die Mutter des Klägers hatte zu keiner Zeit Einfluss auf die Gesellschaft und befasste sich nicht mit deren geschäftlicher Entwicklung. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach eigener Prüfung auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils (S. 6, 3. Absatz bis S. 8) Bezug und verweist auf sie. Zwischen den Beteiligten besteht im Übrigen auch kein Streit über die rechtliche Beurteilung, dass wegen des fehlenden abhängigen Beschäftigungsverhältnisses die Entrichtung der Krankenversicherungspflichtbeiträge zu Unrecht erfolgt ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind aber auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zu Unrecht entrichtet worden. Zwar geht selbst die Beklagte davon aus, dass eine Pflichtversicherung nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI bestand, sie vertritt jedoch die Auffassung, auch bei einer freiwilligen Versicherung in der Krankenversicherung und bei einer Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen bestünde Versicherungspflicht über § 20 Abs. 3 SGB XI bzw. § 23 Abs. 1 SGB XI und damit läge eine rechtmäßige Entrichtung der Pflegeversicherungsbeiträge vor. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte verkennt, dass der Kläger als Selbständiger nicht verpflichtet gewesen ist, der freiwilligen Krankenversicherung beizutreten oder sich bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zu versichern und tatsächlich auch derartige Versicherungsverhältnisse nicht bestanden haben. Eine Umdeutung der ursprünglich in Annahme der Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI entrichteten Pflichtbeiträge zur Pflegeversicherung in Beiträge nach § 20 Abs. 3 SGB XI bzw. § 23 Abs. 1 SGB XI kommt mithin nicht in Betracht.

Der Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steht auch nicht die Verfallklausel des § 26 Abs. 2 SGB IV entgegen.

Die erste Verfallklausel („auf Grund dieser Beiträge“) ist in der Krankenversicherung nicht anzuwenden, weil in diesem Versicherungszweig Leistungen nicht auf Grund von Beiträgen, sondern auf Grund von Mitgliedschaften erbracht werden. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls für Sachleistungen; Geldleistungen hat der Kläger nicht bezogen, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist (vgl. BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 3, S. 9). Gleiches gilt für die in der Zeit vom 1. April bis 15. August 1995 entrichteten Beiträge zur Pflegeversicherung. Leistungen aus der Pflegeversicherung bedurften für das Kalenderjahr 1995 noch keiner besonderen Vorversicherungszeit; anspruchsbegründend war ebenfalls die Mitgliedschaft in der Pflegekasse (vgl. § 33 Abs. 1 und 2 SGB XI sowie BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 2).

Ebenso wenig kommt die zweite Verfallklausel zur Anwendung.

Im Hinblick auf die ab 1. April 1995 entrichteten Pflichtbeiträge zur Pflegeversicherung ist festzustellen, dass diese Verfallklausel bereits deshalb nicht zum Tragen kommt, weil der Kläger Pflegeleistungen im Sinne des SGB XI unstreitig nicht erhalten hat. Den von der Beklagten aufgestellten Rechtsgrundsatz, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung infolge der Anbindung an die Krankenversicherungsbeiträge („Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung“) deren Schicksal teilen und damit eine Leistungsgewährung aus dem Bereich der Krankenversicherung auch einem Erstattungsanspruch für den Bereich der sozialen Pflegeversicherung entgegenstehe, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es handelt sich vielmehr um zwei getrennte Sozialversicherungsbereiche mit eigenständigen normativen Regelungen.

Bezogen auf die Krankenversicherungsbeiträge ist die zweite Verfallklausel nicht anzuwenden, weil der Kläger in der Zeit seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten vom 17. November 1990 bis 15. August 1995 keine Sachleistungen von ihr erhalten hat. Es erfolgte in dieser Zeit keine ärztliche und zahnärztliche Behandlung, was sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren überreichten unbenutzten Krankenscheinheften ergibt. Auf Nachfrage der Beklagten hat Dr. K. am 23. Mai 1996 zudem mitgeteilt, dass ihm für die Zeiten von 1990 bis August 1995 keine Akteneintragungen über den Kläger vorlägen (Bl. 5 VA der Beklagten). Gegenteilige Anhaltspunkte, die für die Erbringung von Sachleistungen sprächen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe bereits Sachleistungen dadurch erbracht, dass sie dem Kläger die Krankenscheinhefte bzw. die Versicherungskarte zur Verfügung gestellt habe. Denn zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass Krankenscheinhefte lediglich vorbereitend der Entgegennahme und der Absicherung von Leistungen dienten, das Bereitstellen als solches jedoch noch keine Leistung im Sinne § 26 SGB IV sei. Anderenfalls wäre im Bereich der Krankenversicherung stets eine Erstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen ausgeschlossen. Ein derartiger Regelungsinhalt lässt sich der Norm indes nicht entnehmen.

Schließlich ist die bei Dr. K durchgeführte ärztliche Behandlung in der Zeit vom 30. Oktober bis 3. November 1995 nicht anspruchsvernichtend. Denn es besteht während dieser Zeit keine Übereinstimmung zwischen dem Leistungs- und dem Beitragszeitraum. Die Verfallklausel des § 26 Abs. 2 SGB IV schließt die Beitragserstattung dann nicht aus, wenn es an jeder Form eines Zusammenhangs zwischen den zu erstattenden Beiträgen und erbrachten oder zu erbringenden Leistungen fehlt (BSG, Breithaupt 1988, 720, 726). So verhält es sich hier. Während des Behandlungszeitraumes bezog der Kläger bereits Arbeitslosengeld auf Grund seines mit Wirkung vom 24. August 1995 gestellten Antrags auf Arbeitslosengeld. Gemäß § 155 Abs. 1 AFG war er auf Grund des seit dem 24. August 1995 erfolgten Bezuges des Arbeitslosengeldes für den Fall der Krankheit versichert, wobei seine Mitgliedschaft mit dem Tag begann, von dem Arbeitslosengeld bezogen wurde (§ 155 Abs. 3 Satz 1 AFG). Die Beiträge für die Krankenversicherung trug die Bundesanstalt für Arbeit gemäß § 157 Abs. 1 AFG. Diesbezüglich hat die Beklagte gerade keine Leistungen in einem Zeitraum erbracht, in dem Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind. Vielmehr erfolgte die Beitragsentrichtung rechtmäßig durch die Bundesanstalt für Arbeit, da der Kläger Arbeitslosengeld bezogen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Arbeitsamt wegen der fehlenden Anspruchsvoraussetzungen mit Bescheid vom 24. November 1995 die Bewilligung des Arbeitslosengeldes gemäß § 45 SGB X für die Zukunft mit Wirkung vom 19. November 1995 aufgehoben hat. Denn das Arbeitsamt V Berlin hat den Arbeitslosengeldbewilligungsbescheid gerade nicht für die Vergangenheit aufgehoben. Es fand keine gänzliche Rückabwicklung des Leistungsbezuges statt, und der Arbeitslosengeldbezug vom 24. August 1995 bis 18. November 1995 blieb insgesamt unangetastet. Ebenso verblieb es bei der Entrichtung der Krankenversicherungsbeiträge durch die Bundesanstalt für Arbeit. Der Versicherte hat der Bundesanstalt für Arbeit nach § 157 Abs. 3a AFG nur die Beiträge zu erstatten, soweit die Entscheidung, die zu einem Bezug von Arbeitslosengeld geführt hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Letztlich führten die zu Unrecht entrichteten Krankenversicherungsbeiträge auch nicht zur Leistungsgewährung durch das Arbeitsamt. Für den Bezug des Arbeitslosengeldes war die Einschätzung des Arbeitsamtes maßgeblich, dass der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug des Arbeitslosengeldes nach § 100 Abs. 1 AFG erfüllt hat, weil er u.a. in einem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis nach § 168 AFG gestanden hat. Mithin fehlt es insgesamt an einem Zusammenhang zwischen den zu Unrecht entrichteten Krankenversicherungsbeiträgen und der erst im Zeitraum vom 30. Oktober bis 3. November 1995 erfolgten ärztlichen Behandlung des Klägers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr die Erstattung des Krankenversicherungsbeitrages für den Monat November 1990 beansprucht hat, fällt dies nicht maßgeblich ins Gewicht, so dass es billigem Ermessen entspricht, keine Kostenquotelung vorzunehmen.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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