L 9 SO 335/15 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 52 SO 295/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 335/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Auch der notwendig Beigeladene kann Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung nur bei materieller Beschwer einlegen.
2.
In einem Rechtsstreit um die sozialhilferechtliche Kostenübernahme steht dem notwendig beigeladenen Leistungserbringers ein Rechtsmittel nicht zu; denn der Beigeladene ist nicht in eigenen Rechten betroffen, da sein Zahlungsanspruch lediglich akzessorisch ist.
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.07.2015 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

1.) Die fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 09.07.2015 ist bereits unzulässig.

Entscheidungen des SG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind grundsätzlich mit der Beschwerde anfechtbar, soweit in der Hauptsache - wie hier - die Berufung zulässig wäre (§ 172 SGG). Beigeladene sind dann beschwerdebefugt, wenn der ergangene Beschluss sie materiell beschwert, also in eine eigene Rechtsposition des Beigeladenen eingreift oder zu einer Beeinträchtigung subjektiver Rechte des Beigeladenen führen kann (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 14. Aufl. (2014), vor § 143 Rn. 4a m. w. N.). Eine Beeinträchtigung berechtigter Interessen genügt insoweit nicht (vgl. Leitherer, a.a.O., § 75 Rn. 19 und Vor § 143 Rn. 4a).

Der Beigeladene kann vorliegend nicht geltend machen, dass er aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Beschlusses (analog § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG) unmittelbar in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt ist (vgl. nur Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 143 Rn. 16; Leitherer, a.a.O., § 75 Rn. 19 und Vor § 143 Rn. 4a, 8; Sommer in: Roos/Wahrendorf, SGG (2014), § 143 Rdnr. 24; Straßfeld, ebd., § 75 Rn. 264, 270).

Zwar hat das SG den Beigeladenen als Leistungserbringer in dem Rechtsstreit der Hilfeempfängerin (Antragstellerin) gegen den Sozialhilfeträger (Antragsgegnerin) um die vorläufige Verpflichtung zur Übernahme von Schulden, die ihr aufgrund der Nichtzahlung von Pflegekosten für ihre Unterbringung in dem Pflegeheim des Beigeladenen entstanden sind, nach dem SGB XII zu Recht notwendig beigeladen (grundlegend BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, juris Rn. 13 ff.; s. hierzu auch Senat, Beschluss vom 26.11.2014 - L 9 SO 429/14 B ER -, juris Rn. 29). Es handelt sich dabei um eine echte notwendige Beiladung, weil die Entscheidung über die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer aufgrund des in dem in der Hauptsache begehrten Bewilligungsbescheid zu erklärenden Schuldbeitritts des Sozialhilfeträgers (vgl. dazu sogleich) nur einheitlich ergehen kann (vgl. § 75 Abs. 2, 1. Alt. SGG). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil in eine (eigene) Rechtsposition des Beigeladenen (Leistungserbringer) eingegriffen wird, sondern weil die erstrebte gerichtliche Entscheidung unmittelbar auch die Rechtsbeziehungen des Leistungserbringers betrifft, was für eine echte notwendige Beiladung ausreicht (vgl. Jaritz/Eicher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. (2014), § 75 Rn. 56).

Die zutreffend erfolgte notwendige Beiladung führt allerdings nicht dazu, dass der Leistungserbringer im sozialgerichtlichen Klageverfahren abweichende Sachanträge stellen oder ein Rechtsmittel einlegen könnte, denn sein Zahlungsanspruch ist lediglich akzessorisch (vgl. Coseriu, Sozialrecht Aktuell 2012, 99, 101 f.; Eicher, SGb 2013, 127, 130; Jaritz/Eicher a.a.O., § 75 Rn. 47, 56; Leitherer, a.a.O., § 75 Rn. 19). Er ist durch den angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin somit nicht in eigenen subjektiven Rechten betroffen und durch den antragsabweisenden Beschluss des SG nicht materiell beschwert (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2015 - L 7 SO 1447/11 -, juris Rn. 61; Coseriu, a.a.O., Eicher, a.a.O.; Leitherer, a.a.O.).

Denn erst durch einen Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers erwirbt der Leistungserbringer einen Zahlungsanspruch gegen diesen im Umfang der dem Hilfeempfänger bewilligten Leistungen. Vor der Bewilligung steht ihm keine Rechtsposition zu. Ein eigenes Klagerecht auf Bewilligung der Leistung überhaupt besitzt er hingegen nicht (Jaritz/Eicher a.a.O., § 75 Rn. 61, m.w.N.). Denn der Schuldbeitritt durch den Sozialhilfeträger erstreckt sich nur auf die durch Verwaltungsakt übernommenen Kosten, er sichert den Anspruch des Leistungserbringers nur in der Höhe, in der dem Hilfebedürftigen auch Leistungen zugebilligt worden sind. Einen solchen Schuldbeitritt hat die Antragsgegnerin mit dem in der Hauptsache angefochtenen Bescheid vom 08.01.2015 aber gerade abgelehnt, so dass zugunsten des Beigeladenen insofern bisher keine Rechtsposition besteht.

2.) Eine (Anschluss-)Beschwerde der anwaltlich vertretenen Antragstellerin liegt nicht vor. Sie hat sich lediglich inhaltlich dem Beschwerdevorbringen des Beigeladenen angeschlossen (" dem Schriftsatz beigepflichtet.") und keinen eigenen Antrag formuliert.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4.) Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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